Information zur betrieblichen Altersversorgung Pflichten und Haftungsrisiken des Arbeitgebers Haftung aufgrund der Informationspflichten des Arbeitgebers Jeder Arbeitnehmer hat seit dem 01.01.2002 einen einklagbaren Rechtsanspruch auf die Durchführung einer betrieblichen Altersversorgung durch Entgeltumwandlung. Eine Informationspflicht des Arbeitgebers über gesetzliche Grundlagen besteht aber nicht. Ist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer jedoch bei der Wahrnehmung seiner Interessen „behilflich“, muss der Arbeitgeber zweckentsprechend verfahren und seine Arbeitnehmer vor drohenden Nachteilen bewahren. Informiert er, muss er dies vollständig und richtig machen. Daher ist es ratsam die Durchführung des Anspruchs durch eine Vereinbarung (Versorgungsordnung) zu regeln. Vorgaben des Tarifrechts sind gegebenenfalls zu beachten. Quelle: § 1a BetrAVG i. V. m. BAG, 21.01.2014 – 3 AZR 807/11 Übertragung bei Ausscheiden (Portabilität) Im Falle des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis hat der Arbeitnehmer grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Übertragung des Werts seiner unverfallbaren Versorgungsanwartschaft auf seinen neuen Arbeitgeber bzw. dessen Versorgungsträger. Dies gilt für Zusagen, die nach dem 01.01.2005 erteilt wurden. Der Arbeitgeber muss einen Rahmen schaffen, der dies ermöglicht. Eine freiwillige Übernahme der Zusage des Vertrags kann durch den neuen Arbeitgeber ebenfalls erfolgen. Quelle: § 4 Betriebsrentengesetz Haftung aus der Tarifwahl/Verletzung der Fürsorgepflicht Ein Arbeitgeber verletzt seine Fürsorgepflicht, falls für den Arbeitnehmer – ohne vorherige Information – ein gezillmerter Tarif mit Stornoabzug abgeschlossen wird. Dies stellt eine unangemessene Benachteiligung dar (§ 307 BGB). Der Arbeitgeber haftet für den entstandenen Schaden. Quelle:§ 242 BGB Urteil Arbeitsgericht Stuttgart vom 17.01.2005 (AZ: 19 Ca 3152/04) § 307 BGB, BAG-Urteil vom 15.09.2009 (3 AZR 17/09) Wahl des Versicherungsträgers bei Entgeltumwandlung Es obliegt dem Arbeitgeber, den Versorgungsträger (Versicherer) auszuwählen. Ein Wahlanspruch des Arbeitnehmers führe zu einem zu hohen Verwaltungsaufwand, den der Gesetzgeber deutlich nicht gewollt habe. Quelle: BAG-Urteil vom 19.07.2005 – 3 AZR 502/04 Stand 01.05.2017 Information zur betrieblichen Altersversorgung Haftungsrisiken · Seite 1 Information zur betrieblichen Altersversorgung Pflichten und Haftungsrisiken des Arbeitgebers Risiko der Erfüllungshaftung/aufgrund des Verschaffungsanspruchs Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistung ein, auch wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt. Der Umfang der Nachschusspflicht wird von der Zusage bestimmt. Eine Nichterfüllung des Versorgungsträgers schlägt grundsätzlich auf den Arbeitgeber durch. Im Falle einer Insolvenz des Versorgungsträgers im Rahmen der Direktversicherung und Pensionskasse tritt i. d. R. Protektor als Versorgungsträger ein. Die Höhe der zugesagten Leistung bestimmt den Umfang einer eventuellen Nachschusspflicht. Diese Verpflichtung ist unabhängig, ob die Beiträge durch eine Entgeltumwandlung oder als zusätzliche Arbeitgeberleistung finanziert werden. Quelle: § 1 BetrAVG Risiko aufgrund der Anpassungsprüfungspflicht Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, alle 3 Jahre eine Anpassung der laufenden Betriebsrenten zu prüfen. Hierbei wird die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers berücksichtigt. Die Renten müssen gemäß Inflationsrate bzw. der Lohnsteigerung vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens erhöht werden. Kann der externe Versorgungsträger diese Anpassung nicht leisten, so greift wiederum die Erfüllungshaftung gemäß § 1 BetrAVG. Das Risiko der Anpassungsprüfungspflicht kann bei entsprechender Gestaltung des Versorgungsmodells ausgeschlossen werden. Um der Verpflichtung des Arbeitgebers nachzukommen, kann die steigende Überschussrente vereinbart werden (für Versorgung im Rahmen der Direktversicherung). Quelle: § 16 BetrAVG Haftung aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz Einem Arbeitgeber ist es nicht erlaubt, einzelne Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund von begünstigenden Regeln auszuschließen und schlechterzustellen. Ein Verstoß ist immer dann gegeben, wenn einzelne Arbeitnehmer willkürlich von der betrieblichen Altersversorgung ausgeschlossen werden oder wenn eine diskriminierende Unterscheidung vorgenommen wird. Insbesondere sollten Arbeitgeberbeiträge diesbezüglich beurteilt werden. Quelle: Artikel 3 Grundgesetz i. V. m. AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) Wahl mehrerer Versicherungsträger bei Entgeltumwandlung Lässt der Arbeitgeber mehr als einen Versorgungsträger (Versicherer) zu und bietet er aktiv die Entgeltumwandlung an, hat er möglicherweise die Pflicht, auf Produktunterschiede (z. B. Risikoschutz, Zusageart, garantierte Leistung oder Fondsanlage) hinzuweisen. Quelle: Fürsorgepflicht, vgl. Andresen/Förster/Rößler/Rühmann, Kommentar 7D RZ 71 Stand 01.05.2017 Information zur betrieblichen Altersversorgung Haftungsrisiken · Seite 2 Information zur betrieblichen Altersversorgung Pflichten und Haftungsrisiken des Arbeitgebers Folgen ·· Mögliche Regressansprüche von Arbeitnehmern werden in der Regel immer im strittigen Verfahren vor dem Arbeitsgericht entschieden. ·· Verjährungsfristen sind sehr lang (ggf. 30 Jahre) und beginnen erst mit Eintritt des Versorgungsfalls. ·· Mündliche Zusagen und nicht schriftlich dokumentierte Vorgänge sind meist nur schwer zu belegen. ·· Das Arbeitsgericht prüft dabei unter anderem die folgenden Sachverhalte: ·· Wurde die Entgeltumwandlung zugelassen? ·· Wurden gegebenenfalls die tarifvertraglichen Vereinbarungen/Regelungen beachtet? ·· Sind alle notwendigen Informationen den Arbeitnehmern zugänglich gemacht worden (z. B. Stornoabzug)? ·· Sind alle Arbeitnehmer nachweislich gleich behandelt worden? Strategie zur Vermeidung von Haftungsrisiken mithilfe einer Versorgungsordnung ·· Analyse der Ist-Situation ·· Unternehmensziele für ein bAV-Konzept festlegen (z. B. Ausschluss von bestimmten Haftungsrisiken) ·· Auswahl der Durchführungswege ·· Festlegung auf bestimmte Anbieter ·· Formulierung einer verbindlichen Versorgungsordnung zur bAV ·· Kommunikation der bAV des Unternehmens an jeden Mitarbeiter (Informationsveranstaltung, Einzelberatungen) ·· Jährliche Gespräche zum aktuellen Stand der Versorgung und der Situation im Unternehmen Stand 01.05.2017 Dieses Informationsblatt finden Sie in seiner immer aktuellsten Version zum Herunterladen auf www.vgh.de/bav. Information zur betrieblichen Altersversorgung Haftungsrisiken · Seite 3