Vorwort zu der Veröffentlichung über hermetische Schraubenverdichter mit Frequenzumformer. Auszug aus der Unternehmensgeschichte Bitzer: 1979 - der BMFT-Auftrag zur Entwicklung regelbarer hermetischer Drehkolbenverdichter für Wärmepumpen mit Antriebsleistungen von 3 bis 5 kW wird 1979 erfolgreich abgeschlossen. Die Serienproduktion dieser Verdichter wird aber, nach Abflauen des Wärmepumpenmarktes, zu Gunsten der zum gleichen Zeitpunkt begonnenen Entwicklung von Schraubenverdichtern, zurückgestellt. Bitzer hatte seine Entwicklung der Schraubenverdichter zu Beginn auf ein weltweit völlig neues Anwendungsfeld ausgerichtet und zwar auf Fördervolumen unter 300 m³/h mit einem neuen sehr spitzen Evolventprofil. Damit konnten dann auch sehr kleine HermetikSchraubenverdichter für Bahnklimaanlagen hergestellt werden, die gegenüber bisher verwendeten halbhermetischen Kolbenverdichtern entscheidende Vorteile aufwiesen wie: kleinere Baumasse, geringeres Gewicht, laufruhiger und geräuschärmer – ganz wesentlich für den Betrieb waren aber die völlige Unempfindlichkeit gegenüber Flüssigkeitsschlägen – es bedurfte keinerlei Kurbelgehäuseheizung oder eines speziellen Startmanagements mit automatischen Absperrventilen. 1 Betrieb eines hermetischen Schraubenverdichters in Verbindung mit einem statischen Frequenzumformer Dipl.-Ing. (FH) Adalbert Stenzel Bitzer Kühlmaschinenbau, Sindelfingen Vortrag gehalten auf der DKV Tagung 1987 1. Einführung Schraubenverdichter eignen sich wie alle Drehkolbenverdichter besonders gut für den drehzahlvariablen Antrieb. Wenn man von offenen Verdichtern und deren möglichen variablen Antrieben wie Turbine, Verbrennungsmotor oder Regelgetriebe einmal absieht, so ist für halbhermetische und hermetische Verdichter mit Drehstrom-Asynchronmotoren eine Veränderung der Drehzahl nur durch Frequenzänderung möglich. Am Beispiel eines kleinen hermetischen Schraubenverdichters mit statischem Frequenzumformer soll über das Betriebs- und Leistungsverhalten dieser Kombination berichtet werden. Den Darlegungen liegen umfangreiche Untersuchungen in Kälte-und Klimakreisläufen zugrunde. 2. Verdichter / Frequenzumformer Ausgangspunkt der Betrachtungen ist ein kleiner hermetischer ZweiwellenSchraubenverdichter mit Öleinspritzung. Das Fördervolumen des Verdichters beträgt 46 m3/h bei 29oo min -1. Der Verdichter ist sauggasgekühlt, d.h. der Antriebsmotor wird von dem Sauggasstrom des Kältemittels umströmt und dabei die Verlustwärme des Motors abgeführt. Bild 1 - Schnittbild eines hermetischen Schraubenverdichters In dem Gehäuse ist druckseitig auch der Ölabscheider und die Öleinsprit zu ng i n t eg r ier t , so da ss k e in er le i zu sä t zl i c h e I nst a l la t i o ne n - a uß er dem Anschluss des Verdichters an den Kreislauf - erforderlich sind. Die Speisung des Antriebsmotors erfolgt durch einen statischen Frequenz umf ormer. Besonder e Bedeutung hat in diesem Zusammenhang die W ahl der 2 Anschlussspannung des Antriebsmotors. Für den Bereich bis l 00 Hz können zwei Motor-Standardspannungen eingesetzt werden. Dabei ist zu berück sichtigen, dass der Umformer immer nur maximal die Netzspannung liefern kann. Bild 2. mögliche Auslegungsspannungen des Antriebsmotors Bei der Wahl der Motorspannung von 22o V kann im gesamten Anwendungsbereich die Spannung proportional der Frequenz geändert werden; die Konsequenz ist aber gegebenenfalls ein größerer Umformer, da der Strom im Vergleichspunkt 5o Hz um den Faktor f3 größer ist. Bei der Auslegung auf 38o Volt erhält man auch bis 5o Hz einen proportionalen Bereich, bei höheren Frequenzen kann die Spannung jedoch nicht mehr angehoben werden, der Antriebsmotor wird dementsprechend dann bei Unterspannung. betrieben und das mögliche Drehmoment fällt ab.- Diese Anschlussart' kann nur gewählt werden, wenn das Betriebsmoment bei höheren Drehzahlen z.B. auf Grund der Auslegung kleiner ist als das Auslegungsmoment zum Herunterfahren der Anlage auf das Nennmoment.- Da für den vorgesehenen Anwendungsfall ein weitgehend konstanter Momentenbedarf anzunehmen war, wurde die Auslegung mit 22o V 5o Hz gewählt. 3. Allgemeines Betriebsverhalten Der hermetische Schraubenverdichter konnte in Verbindung mit dem Frequenzumformer bei allen interessierenden Einsatzbedingungen der Klimaanwendung und einem Drehzahlbereich von l000 bis 6000 min -1 betrieben werden. Frequenzumformer und Antriebsmotor wurden dabei bis an die Auslegungsgrenzen eingesetzt, was ohne Schwierigkeiten möglich war. Hervorzuheben ist dabei die Laufruhe des untersuchten Verdichters in allen Drehzahlbereichen. Das ist ganz wesentlich auf Profil und Zähnezahl der Schraubenrotoren sowie auf die Dämpfung durch die Öleinspritzung und die Kapselung aller wesentlichen Teile des Verdichters einschließlich Ölabscheider zurückzuführen. Es traten auch keine Probleme beim Start auf, wobei sich hier das spezifische Verhalten des Schraubenverdichters besonders vorteilhaft auswirkt. Beim Start erzeugt der Verdichter bis ca. 3oo min-1 - außer für Massenbeschleunigung - kein Gegenmoment. Die Kombination Verdichter/Frequenzumformer startet mit dem Nennstrom des Umformers; dieser Wert kann ganz wesentlich unter dem sonst bei Netzbetrieb auftretenden Anlaufstrom des Antriebsmotors liegen. 3 4. Einfluss der Frequenzregelung auf das Leistungsverhalten Das Leistungsverhalten von Schraubenverdichtern ist über der Drehzahl weitgehend proportional. Bei dem untersuchten Verdichter handelt es sich jedoch um eine sehr kleine Leistungsgröße-mit Umfangsgeschwindigkeiten am Hauptrotor bis ca. 5 m/s. An dem Verlauf des Liefergrades in einem für die Klimaanwendung interessanten Druckverhältnisbereich von p/po = 2 bis 4 ist ein deutlicher Abfall des Liefergrades bei niederen Drehzahlen festzustellen. Das ist natürlich bei diesem kleinen Schraubenverdichter besonders deutlich, da bei den niederen Drehzahlen die Umfangsgeschwindigkeit sehr gering ist - bei n = l000 U/min = 4,2 m/s. Die Umfangsgeschwindigkeit ist jedoch ausschlaggebend für die innere Abdichtung des Verdichters, die im Gegensatz zu Kolbenverdichtern dynamisch erfolgt.- Weitgehende Dichtheit wird erst ab ≈ 12 m/s erreicht.- Größere Schraubenverdichter haben entsprechend größere Rotordurchmesser und höhere Umfangsgeschwindigkeiten. Zum Vergleich wurde deshalb auch das Liefergradverhalten eines Verdichters mit 14o mm 3 Rotordurchmesser und einem Fördervolumen von 22o m /h aufgetragen. Bild 3 - Einfluss der Drehzahl auf den Liefergrad Im Gegensatz zum Liefergrad ist das Drehmoment des untersuchten Schraubenverdichters - bezogen auf einen Nennpunkt - weitgehend konstant. In dem Bereich zwischen 2000 bis 5000 Umdrehungen beträgt die Schwankungsbreite ± 5 % und ist damit weitgehend unabhängig von der Förderleistung; was auch für größere Verdichter zutrifft.Interessant ist auch der Drehmomentenverlauf beim Start bzw. bei n ≥ l000 min-1. Bis ca. 100 Umdrehungen ist das Moment quasi 0, d.h. es sind nur geringe Reibmomente zu überwinden sowie die Beschleunigungsmomente der Rotoren. Ab ca.-3oo Umdrehungen beginnt die Verdichtung und bei 600 Umdrehungen ist die volle Druckdifferenz aufgebaut. Dieser Drehmomentenverlauf eignet sich ganz besonders für den Antrieb mit einem Drehstromasynchronmotor und Speisung durch einen Frequenzumformer. Es sind keine Drehmomentspitzen zu berücksichtigen. Die Auslegung kann entsprechend dem 4 Nennmoment mit nur geringen Zuschlägen erfolgen, was zur Wirtschaftlichkeit des Betriebes und der Investitionen wesentlich beitragen kann. Bild 4 - Drehmomentverlauf in Abhängigkeit von der Verdichterdrehzahl 5. Der Einfluss der Frequenzregelung auf die Wirtschaftlichkeit Der Wirkungsgrad eines Frequenzumformers bei verschiedenen Frequenzen ist nicht so einfach feststellbar, da die Ausgangsspannung des Umformers nur quasi sinusförmig verläuft und durch eine große Zahl von Unterbrechungen und Spitzen gekennzeichnet ist. Da es im Wesentlichen auf den Einfluss des Umformers auf den Wirkungsgrad des Motors ankommt, wurde bei den vorliegenden Untersuchungen der Einbaumotor bei den Netzfrequenzen 5o und 6o Hz ohne Umformer gemessen und dann entsprechend mit Umformer im gesamten Frequenzbereich. Aus der Differenz der Aufnahmeleistung des Motors mit und ohne Umformer wurde auf den Einfluss des Umformers auf den Antriebsmotor geschlossen. Die Erfassung der Aufnahmeleistung erfolgte bei Netzbetrieb an den Motorklemmen, bei Umformerbetrieb an den Umformeranschlussklemmen. Bei der Ermittlung der Werte wurde der an sich bekannte Motorwirkungsgrad bei Netzbetrieb herausgerechnet, so dass der dargestellte Kurvenverlauf nur den Einfluss des Umformers bei verschiedener Frequenz und Auslastung wiedergibt. Bild 5 - Wirkungsverlauf des Frequenzumformers - Einfluss auf den Einbaumotor 5 An dem Verlauf ist zu ersehen, dass der Betrieb bei höheren Frequenzen vorteilhafter ist und bei großer Auslastung bessere Ergebnisse erzielt werden. - Der Verlauf ist sicher auch von der Technik des Umformers sowie von seiner Leistungsgröße abhängig, ebenso von der Baugröße und Auslegung des Einbaumotors. Der Kurvenverlauf ist deshalb nur als Tendenz dargestellt. Berücksichtigt man diese Kurve zur Ermittlung der Leistungsaufnahme bei Frequenzregelung im Vergleich zu bisher üblichen Regelverfahren, so kann auch hieraus wiederum eine Tendenz abgeleitet werden. Es ist bekannt, dass die Drehzahlregelung von Schraubenverdichtern das wirtschaftlichste Regelverfahren darstellt. Im Vergleich dazu ist die Schieberregelung - wie sie bei Großschrauben angewendet wird - zwar sehr elegant, aber auch sehr unwirtschaftlich im Teillastbereich. - Ausgehend von den gleichen Parametern der Verdichtergröße ist dagegen die Regelung mit einem statischen Frequenzumformer , bei Volllast unwirtschaftlicher als die Schieberregelung; bei allen anderen Regelzuständen jedoch vergleichbar oder sogar wesentlich überlegen - das hängt ganz davon ab, bei welchen Teillastbedingungen der überwie gende Einsatz erfolgt. - Unberücksichtigt ist dabei allerdings noch der höhere Investitionsaufwand für den Umformer. Er wird durch die mögliche Mehrleistung des Verdichters bei höheren Frequenzen als 5o Hz nur zum Teil kompensiert. Bild 6 - Einfluss der Leistungsregelung auf den Energiebedarf 6. Anwendungsbeispiele Wenn ein Frequenzumformer zum Einsatz kommen soll, so ist die erforderte Regelgenauigkeit der Anlage häufig ein wesentliches Argument. Am Beispiel einer anspruchsvollen Raumtemperaturregelung ist das recht gut darzustellen. Um hier den Anforderungen bei üblicher Technik Rechnung zu tragen, ist das nur mit einem Wasserkühlsatz und einer entsprechenden Regelung auf der Wasserseite zu bewerkstelligen. 6 Bild 7 - Raumkühlung durch Kaltwasser und Kaltwassersatz Im Gegensatz dazu ist die gleiche Aufgabe mit einem frequenzgeregelten Schraubenverdichter und direkter Raumkühlung durch einen Verdampfer zu erfü llen. Die Anpassung der Leistung an den Bedarf bzw. die Temperatur oder Feuchteregelung kann direkt über den Frequenzumformer stufenlos erfolgen; sie ist sehr schnell und kann höchste Anforderungen hinsichtlich Genauigkeit erfüllen. Diese direkte Regelung kann energetische Vorteile bieten, da die Verdampfungstemperatur höher liegt und Wärmeübergangsverluste für das Transportmedium Wasser und der zusätzliche Energiebedarf für die Umwälzung entfallen.' Auch die Investitionskosten einer Direktverdampfungsanlage mit Schraubenverdichter und Frequenzregelung kann günstiger sein als ein Wasserkühlsatz mit entsprechender Regelung; trotz der heute noch recht hohen Kosten für den Umformer. - Entscheidend ist jedoch, dass es sich um einen zu regelnden Verbraucher handelt, z.B. einen Raum oder ein Zentralluft-gerät. Sollen dagegen mehrere Verbraucher bedient werden, so wird dies über einen Kaltwasserkreislauf in jedem Fall zweckmäßiger auszuführen sein. Bild 8 - Raumkühlung durch Direktverdampfung Schraubenverdichter mit Frequenzumformer 7 7. Schlussbetrachtung Nach den vorliegenden Untersuchungen eignen sich Schraubenverdichter sehr gut für den frequenzvariablen Antrieb. Dies gilt insbesondere für die Anwendung zur Raumkühlung und Klimatisierung. Die Leistung eines solchen Verdichters ist im Vergleich zu anderen Regelungsarten und Betriebsweisen in einem sehr weiten Bereich recht wirtschaftlich und sehr genau zu regeln. Die Kombination Schraubenverdichter/statischer Frequenzumformer kann daher eine interessante Alternative zu anderen Regelverfahren und Anlagenkonzepten darstellen, wenn das Bauvolumen der Anlage, die Laufruhe des Verdichters, die Regelgenauigkeit, der Regelbereich und die Wirtschaftlichkeit bei Teillast entscheidende Faktoren für die Auswahl sind. 8