Abstract Maagh Petra Determinanten des Sauerstoffverbrauchs in Allgemeinanästhesie. Ein Vergleich von Körperoberfläche und Körperzellmasse Problem: Minutenvolumina von Atmung und Kreislauf reflektieren den Sauerstoffverbrauch (V´O2) des Körpers. Bei Intensivpatienten erfordert ihre Berechnung die Angabe einfacher Größen wie Körpergewicht (KG), Körpergröße (Gr) oder Körperoberfläche (KOF). Statt dieser Größen sollte die fettfreie Körperzellmasse (body cell mass, BCM) als das eigentlich sauerstoffverbrauchende Kompartiment des Körpers eine genauere Abschätzung des V´O2 ermöglichen. Ziel der Studie war erstens, die Wertigkeit der BCM zur Abschätzung des V´O2 im Vergleich zur KOF zu prüfen, und zweitens die dabei erarbeitete neue Formel zur Vorhersage des V´O2 mit bis heute anerkannten Methoden zu vergleichen. Methode: Nach positivem Ethikvotum und schriftlichem Einverständnis wurden insgesamt 106 Patienten in die Studie eingeschlossen (4 Drop-outs). 1. Teil: Bei 51 Pat. (ASA I-II, 15-81 Jahre) wurden Gr und KG bestimmt, die BCM mittels Multifrequenz-Bioimpedanzanalyse (BIA) ermittelt (Nutriguard-M™, Data Input GmbH, Frankfurt) und der Sauerstoffverbrauch intraoperativ mit dem Beatmungsgerät PhysioFlex™ (Dräger Medical Lübeck) gemessen (V´O2 gemessen). Statistik mit SPSS 11.5: Korrelation nach Pearson, Multiple Lineare Regressionsanalyse, Herleitung einer Formel zur Vorhersage des V´O2 (V´O2 predicted). 2. Teil: Bei weiteren 51 Pat. (ASA I-II, 14-81 Jahre) überprüften wir die neue Formel und verglichen sie mit den Formeln von Brody (V´O2 Brody) und Kleiber (V´O2 Kleiber). Statistik: Differenzenplot nach Bland und Altmann. Ergebnis 1. Teil: Signifikante Korrelationen (alle p<0,001) des V´O2 gemessen jeweils mit (Mittelwert±Standardabweichung; R²): KOF (1,89±0,2m²; 0,777), KG (81±18kg; 0,727), BCM (27±8kg, 0,468), Gr (166±10cm; 0,326), BMI (29±6kg/m²; 0,327), Geschlecht (33 Frauen, 18 Männer, R²=0,26). KOF korrelierte signifikant besser mit V´O2 gemessen als BCM (Vergleich der Residuen, t-Test, p=0,015). Die Residuen der KOF zeigten eine signifikante Korrelation mit dem Alter (R2=0,108; p=0,019), die Residuen der BCM dagegen nicht. Die Durchführung der schrittweise multiplen linearen Regressionsanalyse berücksichtigte KOF und Alter (R²=0,801), die schrittweise multiple lineare Regressionsanalyse aller Variablen außer der KOF berücksichtigte KG, BMI und Alter (R²=0,818). Folgende verbesserte Formel ergab sich: Formel: V´O2 predicted [ml] = 173,3* KOF [m2] - 0,418 * Alter [Jahre]] -81,4 Ergebnis 2. Teil: Differenzenplot nach Bland und Altmann: V´O2 gemessen vs. V´O2 predicted bias=8,6ml/min, 2SD=32,8ml/min; V´O2 gemessen vs. V´O2 Brody bias=49,2ml/min, 2SD=42,0ml/min; V´O2 gemessen vs. V´O2 Kleiber bias=50,6ml/min, 2SD=50,6ml/min. Unsere Daten belegen eine systematische Überschätzung des V´O2 in anästhesierten Patienten. Dabei wird nach der Formel von Brody und der Formel von Kleiber der V´O2 um 20% überschätzt; nach unserer Formel dagegen um weniger als 4%. Diskussion: Die aus den exakt gemessenen Variablen Gr und KG nach der Dubois-Formel ermittelte KOF erwies sich als der bessere Prädiktor für V´O2 und damit für die Stoffwechselleistung in Allgemeinanästhesie. Durch Hinzunahme des Alters konnte die Vorhersage noch verbessert werden. Zwar verspricht die mit der Multifrequenz-Bioimpedanzanalyse ermittelte BCM einen theoretischen Vorteil, da sie Trainingszustand und Alter mit berücksichtigt, allerdings führten eine hohe Streuung der Werte zu einer signifikant schlechteren Vorhersage des V´O2. Die in dieser Studie erarbeitete Formel beschreibt V´O2 in Allgemeinanästhesie genauer als die Formeln von Brody bzw. Kleiber. Aufgrund der vorliegenden Daten kann Geräteherstellern (Monitoring und Unterstützung von Atmung und Kreislauf) die Verwendung der o.g. Formel mit Berücksichtigung von KOF und Alter empfohlen werden.