DRK Krankenhaus Kirchen Siegener Zeitung vom 13.07.2012, Seite 9 Kaiserschnitt-Quote im Keller KIRCHEN DRK-Krankenhaus verzeichnet mit 23 Prozent einen sehr niedrigen Wert Zur Jahresmitte kamen in Kirchen bereits über 500 Babys zur Welt. thor ♦ Dr. Bernd Mittag ist Gynäkologe und kein Hotelier - was ein gewisser Unterschied sein soll. Zwar kann auch er Übernachtungsmöglichkeiten und regelmäßige Mahlzeiten anbieten - das war es aber schon an Gemeinsamkeiten. Und während der Hotelier mittels "Holiday Check" und anderer Portale im Internet stets darüber informiert ist, was die (ehemaligen) Gäste von seiner Unterkunft und seinen Leistungen halten, stochert Mittag bei dieser Frage oft genug im Nebel. Zwar gibt es auch Foren für Klinikbewertungen, die aber - auch weil wenig genutzt - nur wenig aussagekräftig sind. Umso mehr freut sich der Chefarzt der gynäkologischen Abteilung des DRK-Krankenhauses über eine Zahl, mit der sich objektiv belegen lässt, dass die Arbeit auf der 3. Etage der Kirchener Klinik so schlecht nicht sein kann. Die Kaiserschnitt-Quote bei den Geburten in diesem Jahr ist auf 23 Prozent abgesackt - ein mehr als beachtlicher Wert, der in der Region seinesgleichen sucht. Bundesweit erblickt mittlerweile fast jedes dritte Kind mit einem operativen Eingriff das Licht der Welt, in Rheinland-Pfalz sind es sogar fast 35 Prozent. Dabei könnte sich Mittag fast schon ruhigen Gewissens eine Quote gönnen, die über dem Bundesdurchschnitt liegt. Als Perinatalzentrum des Levels II (zweithöchste Versorgungsstufe) werden in Kirchen auch zahlreiche Risiko-Geburten begleitet. "Das ist ein objektives Kriterium für die Qualität der Zuwendung während der Geburt", freut sich Mittag, "ein erarbeiteter Erfolg, der ist uns nicht zugeflogen ist." Wer sich in der entscheidenden Phase gut betreut fühle, entscheide sich oft genug gegen den Kaiserschnitt und für eine natürliche Geburt. Die Arbeit von Hebammen und Ärzten hat also so direkten Einfluss auf die Quote. Dabei steigt seit Jahren die Zahl der Fälle, bei denen sich Frauen - und auch Ärzte - bewusst für den "sectio caesarea" entscheiden. Was teilweise auch absurde Ausmaße annimmt bzw. Ursachen hat: So verzeichnete die Techniker Krankenkasse am 11.11.2011 mehr als doppelt so viele Kaiserschnitte wie üblich. [email protected] 2012-07-13, Pressespiegel_SZ, Kaiserschnitt-Quote im Keller Seite 1/2 DRK Krankenhaus Kirchen Der Anteil der medizinisch notwendigen Eingriffe schätzt Mittag auf 10 bis 15 Prozent. Ein solcher werde in erster Linie notwendig, wenn während der Geburt ein Sauerstoffmangel beim Kind befürchtet wird. Die berühmtberüchtigte Steißlage sei hingegen "kein Grund, einen Kaiserschnitt durchzuführen", wenn die medizinischen Voraussetzungen stimmten. Auch wenn alle die natürliche Geburt wollen: Erkennt das medizinische Team ein Risiko für das Kind oder ist einfach kein Fortschritt zu verzeichnen (Wehenschwäche etc.), bleibt keine andere Möglichkeit als der Griff zum Skalpell. Nach Angaben von Mittag ist die wachsende Zahl der Kaiserschnitte auch damit zu erklären, dass sich immer mehr Eltern und Ärzte absichern wollen: "Das Sicherheitsbedürfnis ist riesig." Angesichts immenser Schadenssummen, die vor Gericht erstritten wurden, seien die Haftpflichtprämien der Versicherungen zuletzt in die Höhe geschossen. Die niedrige Kaiserschnitt-Quote ist freilich nicht die einzige frohe Kunde: Vor einer Woche wurde bereits Baby Nr. 500 in der Abteilung begrüßt - die kleine Leonita (bis gestern waren es 512). Während zuletzt in der SZ von sinkenden Geburtenzahlen in Deutschland und immer weniger Menschen im Kreis Altenkirchen zu lesen war, steuert man in Kirchen auf einen neuen Spitzenwert zu. Seit Jahren kennt die Kurve ohnehin nur eine Richtung, 2012 könnte man sogar vierstellig werden, wobei Mittag eher von rund 970 Kindern am Jahresende ausgeht. Aber auch das wäre schon wieder eine enorme Steigerung: 2011 gab es 893 Geburten mit 904 Kindern. Ganz klar: Die neuen Erdenbürger kommen nicht alle aus dem AK-Land, sonst sähe die Statistik der Einwohnermeldeämter anders aus. Viele Eltern aus dem Umland entscheiden sich aber mittlerweile bewusst für das DRK-Krankenhaus, auch wegen der guten Kooperation mit der Pädiatrie vor Ort.. Die Klinikleitung hat auf die Beliebtheit der Geburtshilfe bereits reagiert und eine zusätzliche Hebammenstelle bewilligt. Auch räumlich müsste sich etwas tun, sollte der Trend anhalten. Dafür liegt nach Angaben von Mittag schon ein "Reserveplan" in der Schublade. SZ, 13.07.2012, Seite 9 [email protected] 2012-07-13, Pressespiegel_SZ, Kaiserschnitt-Quote im Keller Seite 2/2