JUSTUS-LIEBIG UNIVERSITÄT GIESSEN Fachbereich Veterinärmedizin 5. Gießener Wintersymposium der Klinik für Kleintiere (Innere Medizin und Chirurgie) in Zusammenarbeit mit der DGK-DVG Samstag, 29. November 2008 „Erkrankungen des Dünn- und Dickdarms beim Hund“ VE TERINARY EXCLUSIVE Referatesammlung des 5. Giessener Wintersymposiums der Klinik für Kleintiere (Innere Medizin und Chirurgie) in Zusammenarbeit mit der DGK –DVG „Erkrankungen des Dünn- und Dickdarms beim Hund“ Verantwortliche: Prof. Dr. Martin Kramer (Organisator) Prof. Dr. Reto Neiger (Organisator) Dr. Franziska Conrad (Royal Canin) Dr. Alexandra Rosé (Referatesammlung) II Inhalt Grundlagen des Darms, Physiologie 1 M. Diener Grundlagen des Darms, Pathologie 5 Ch. Herden Klinische Vorgehensweise und Laborparameter bei Erkrankungen des Darmes 8 A. Moritz Bildgebende Verfahren (Röntgen & Ultraschall) im Bereich des Darmes 16 M. Gerwing Infektionserkrankungen am Dünn- und Dickdarm 21 R. Neiger Ileus, Invagination, Volvulus 25 A. Fischer Fallvorstellung 30 Chronische Enteropathien 31 Silke Schmitz Tumoren im Bereich des Dünn- und Dickdarmes und deren Behandlung 42 M. Kessler Fallvorstellung 49 Diätetik bei Erkrankungen des Darmes 50 F. Conrad Tenesmus, Obstipation 52 J. Bokemeyer III Autoren Dr. Franziska Conrad Royal Canin Tierernährung GmbH und Co. KG Altenburger Str. 142 50968 Köln Prof. Dr. M. Diener Institut für VeterinärPhysiologie Frankfurter Str. 100 35392 Giessen Prof. Dr. Reto Neiger Klinik für Kleintiere (Innere Medizin) Frankfurter Str. 126 35392 Giessen Dr. A. Fischer Klinik für Kleintiere (Chirurgie) Frankfurter Str. 108 35392 Giessen Dr. M. Kessler Tierklinik Hofheim (Klinikleitung) Im Langgewann 9 65719 Hofheim Dr. J. Bokemeyer Klinik für Kleintiere (Chirurgie) Frankfurter Str. 108 35392 Giessen IV Priv.-Doz. Dr. Ch. Herden Institut für Veterinär-Pathologie Frankfurter Str. 96 35392 Giessen Prof. Dr. A. Moritz Klinik für Kleintiere (Innere Medizin) Frankfurter Str. 126 35392 Giessen Priv.-Doz. Dr. M. Gerwing Klinik für Kleintiere (Chirurgie) Frankfurter Str. 108 35392 Giessen Dr. S. Schmitz Klinik für Kleintiere (Innere Medizin) Frankfurter Str. 126 35392 Giessen Physiologie des Dünn- und Dickdarms M. Diener Der Magen-Darm-Trakt bildet schematisch betrachtet ein langgestrecktes Rohrsystem, in das die Ausführungsgänge von für die Verdauung wichtigen Drüsen wie der Bauchspeicheldrüse und der Leber münden. Seine Hauptaufgabe ist die Versorgung des Körpers mit Nährstoffen. Hochmolekulare Bestandteile des Futters wie Eiweiße, Kohlenhydrate oder Fette werden durch Verdauungssekrete in resorbierbare Bruchstücke aufgespalten, d. h. verdaut. Dem folgt die Resorption, die Aufnahme von aufgespaltenen Nahrungsbestandteilen sowie von Wasser, Salzen und Vitaminen durch die Darmschleimhaut. Weitere Aufgaben des Magen-Darm-Traktes sind der Weitertransport des Darminhalts von oral nach anal und die Ausscheidung unverwertbarer Nahrungsbestandteile. Außerdem muss der Darm nicht nur Substanzen, die der Körper benötigt, aus der Außenwelt aufnehmen, sondern er muss auch dafür sorgen, dass schädliche Substanzen wie etwa Bakterien nicht ins Körperinnere gelangen. Der Darm hat also eine wichtige Abwehrfunktion. An diese Funktionen ist das Darmrohr durch seinen Bau angepasst. Die innerste Schicht, die dem Darmlumen zugewandt ist, ist die eigentliche Schleimhaut. Sie ist durch Villi und Krypten in ihrer Oberfläche stark vergrößert. Eine Epithelschicht bildet die eigentliche Abgrenzung zum Darmlumen. Unter der Schleimhaut befinden sich die Submucosa, die Muskelschicht mit ihrem circulären und longitudinal verlaufenden Teil und ganz außen die Serosa. Die Epithelzellen der Schleimhaut sind polar aufgebaut. Man unterscheidet eine durch Mikrovilli stark vergrößerte Bürstensaummembran, die zum Darmlumen weist, von einer mehr oder minder glatten Basolateralmembran, die zur Blutseite hin orientiert ist. Die Epithelzellen sind mit speziellen 1 Transportsystemen in der luminalen Membran ausgestattet zur Aufnahme bzw. Abgabe von Ionen oder anderen Substraten. Gleichzeitig üben die Zellen aber auch eine Barrierefunktion aus, da sie durch Schlussleisten dicht miteinander verbunden sind und so eine Schranke etwa gegen Bakterien im Darmlumen bilden. Eine zentrale Aufgabe des Darms besteht in der Verdauung, der Spaltung makromolekularer Nahrungsbestandteile in resorbierbare, niedermolekulare Anteile. Sie ist für die einzelnen Nährstoffklassen im Detail sehr unterschiedlich, dennoch verläuft sie fast immer nach einem Grundmuster in zwei Phasen ab. Sie startet mit einer Lumenphase, während der der wässrige Speisebrei im Darmrohr durch pankreatische Enzyme wie Peptidasen, eine α-Amylase, Nucleasen oder Lipasen angedaut wird. Zum Teil werden diese Enzyme erst wirksam in Gegenwart von Sekreten anderer Drüsen (z.B. Gallensäuren aus der Leber zur Fettverdauung) bzw. teilweise erst im Dünndarm aktiviert, damit sie nicht schon in den Pankreasgängen eine Andauung der Bauchspeicheldrüse verursachen. Dem folgt eine Membranphase durch Enzyme, die in die Bürstensaummembran des Dünndarmepithels eingebaut vorkommen. Das sind vor allem Enzyme zur Zucker(Saccharase, Lactase..) und Proteinverdauung (Di- und Tripeptidasen). Betrachtet man einmal die Flüssigkeitsmengen, die beispielsweise bei einem Menschen täglich den Gastrointestinaltrakt passieren, erkennt man, dass die Flüssigkeit, die wir oral zu uns nehmen, nur einen Bruchteil der Gesamtflüssigkeit darstellt, mit denen sich dieses Organsystem auseinander setzen muss. Von den 9 l Flüssigkeit, die pro Tag den humanen Magen-Darm-Trakt passieren, stammen nur ca. 2 l aus der Nahrung, den Rest stellen Sekrete von Speicheldrüsen, Magen etc. dar, die aber weitgehend von Dünn- und Dickdarm resorbiert werden, so dass nur ca. 1 bis 2 % dieses Flüssigkeitsvolumens mit dem Stuhl verloren gehen. Damit diese Flüssigkeitsmengen aufgenommen werden können, bedarf es der Resorption von osmotisch wirksamen Teilchen. Dazu ist das Epithel mit Ionentransportern in der apikalen und basolateralen Membran ausgestattet. Ihre Funktionsweise besteht sehr häufig darin, dass in der basolateralen Membran eine als primär aktiver Na+-K+-Pumpe Transporter unter ATP-Verbrauch Na+ aus der Zelle herauspumpt, um damit einen chemischen Na+-Gradienten zu erzeugen, der von sekundär aktiven Transportern in der Bürstensaummembran wie z.B. einem Na+-H+-Austauscher zur Na+-Resorption oder einem Na+-Glucose-Cotransporter zur Zuckerresorption ausgenutzt wird. Im Dickdarm hingegen werden Nährstoffe nicht mehr durch körpereigene Enzyme verdaut, sondern es findet - ähnlich wie am Vormagen – eine intensive Fermentation durch Bakterien statt. Der biologische Vorteil dieses Vorgangs besteht darin, dass diese Mikroben im Unterschied zum Säuger in der Lage sind, Strukturkohlenhydrate von Pflanzen wie Cellulose zu spalten, wobei kurzkettige Fettsäuren entstehen. Acetat, Propionat und Butyrat sind dementsprechend die wichtigsten Anionen, die im Dickdarminhalt zu finden sind. Sie werden von der Dickdarmschleimhaut über die gleichen Transportmechanismen resorbiert, die auch der Wiederkäuer im Vormagen nutzt und tragen zur Energieversorgung des Tiers bei. Das ist besonders wichtig für nichtwiederkäuende Herbivore; aber selbst ein Hund deckt zu ca. 7 % noch seinen Energiebedarf aus der Fermentation pflanzlicher Fasern in seinem Dickdarm. Das Darmrohr muss in der Lage sein, seinen Inhalt von einem Kompartiment zum nächsten zu bewegen. Dafür gibt es eine Reihe von kontraktilen Elementen in der Darmwand. Das sind zum einen natürlich die glatten Muskelzellen in der 2 Muscularis propria und der Muscularis mucosae. Dazu kommt aber noch ein Netzwerk von Myofibroblasten, die bei Kontraktion etwa dazu dienen, die Krypten „auszupressen“ oder den Lymphabfluss in den Villi zu erhöhen. Darüber hinaus besitzt jede einzelne Epithelzelle noch einmal eine gewisse Beweglichkeit der Mikrovilli. Eine Besonderheit der Magen-DarmMotorik besteht darin, dass viele ihrer Bewegungen spontan im Muskel selbst ausgelöst werden durch so genannte Schrittmacherzellen. Diese depolarisieren mehrmals pro Minute, wodurch Aktionspotentiale initiiert werden, die dann eine Kontraktion auslösen. Bei den Schrittmacherzellen handelt es sich um einen speziellen Typ von glatten Muskelzellen, die Cajal-Zellen. Man unterscheidet verschiedene Formen der Magen-Darm-Motorik. Es gibt zum einen Mischbewegungen, die die Aufgabe haben, den Darminhalt mit den Verdauungssekreten zu vermischen. Das Hauptbewegungsmuster im Darmkanal ist aber die Peristaltik (Schnürwelle). Das ist ein Komplex aus ascendierender Kontraktion und descendierender Relaxation, der sich nach distal ausbreitet und damit Darminhalt in Richtung anal bewegt. Ausgelöst wird der Reflex durch eine Dehnung des Darmrohrs, die durch mechanosensitive Sinneszellen erkannt und Nervenzellen im Plexus myentericus mitgeteilt wird. Dies löst letztlich 2 Reflexkomponenten aus. Oral der gedehnten Stelle kommt es zur Freisetzung von Neurotransmittern (Acetylcholin, Substanz P), die den glatten Muskel kontrahieren lassen. Anal der gedehnten Stelle werden dagegen Neurotransmitter (Vasoaktives Intestinales Peptid, Stickstoffmonoxid, ATP) freigesetzt, die den glatten Muskel erschlaffen lassen. Damit wird weiter distal Platz geschaffen für die Aufnahme des Nahrungsbolus. Neben diesen lokalen Bewegungen gibt es aber auch koordinierte Bewegungen des gesamten Darmrohrs, die man als migrierenden motorischen Komplex bezeichnet. Er wird bei carni- und omnivoren Spezies immer dann ausgelöst, wenn der Magen leer ist; bei herbivoren Tierarten, die wesentlich kontinuierlicher fressen, regelmäßig ungefähr alle 90 Minuten. Dabei unterscheidet man verschiedene Phasen von I (wenig Motilität) bis III, einer massiven Peristaltik. Die Phase III, bei der sich dann auch die Gallenblase kontrahiert und die Sphinkteren öffnen, hat eine wichtige „Putzfunktion“ und treibt nicht weiter zerkleinerbare Nahrungsbestandteile aus dem Darmrohr heraus. Der Darm besitzt zudem eine wichtige Abwehrfunktion. Sie besteht nicht nur darin, dass die Epithelzellen durch Aufbau von Schlussleisten eine dichte Barriere etwa gegen eindringende Darmbakterien bildet. Der Darm ist darüber hinaus – zu mindest unter quantitativen Aspekten - das wichtigste lymphatische Organ, er enthält schätzungweise 1010 lymphatische Zellen pro m2, und das bei einer Darmoberfläche von beispielsweise 300 m2 beim Menschen. Dabei stellt sich das Problem, dass die Epithelzellen streng genommen eine Barriere darstellen sollen, die das Eindringen von Makromolekülen in den Organismus verhindern soll, das Immunsystem aber antigene Strukturen (Epitope) gerade solcher Makromoleküle erkennen muss, um sich mit ihnen auseinander setzen zu können. Die Natur hat diesem Widerspruch gelöst, indem sie spezielle Epithelstrukturen über den Lymphknoten in der Darmwand eingerichtet hat. Hier gibt es M-Zellen, die per Endozytose Makromoleküle intakt aufnehmen und sie unverändert per Exozytose basolateral über den Lymphozyten wieder abgeben. All diese spezialisierten Funktionen können nur ablaufen, wenn es eine strikte Regulation gibt. Dementsprechend verwundert es nicht, dass es einen speziellen Teil des vegetativen Nervensystems gibt, der die Funktionen des Magen-Darm-Trakts weitgehend unabhängig vom Zentralnervensystem steuert. Die Gesamtheit aller Nervenzellen 3 in der Darmwand bezeichnet man als enterales Nervensystem. Die Nervenzellen bilden hier Gruppen, so genannte Ganglien, wobei die Neurone innerhalb der Ganglien bzw. Neurone verschiedener Ganglien durch Ausläufer geflechtartig miteinander verbunden sind. Man findet sie an 2 typischen Lokalisationen, nämlich als Plexus myentericus (Auerbachscher Plexus) zwischen der Längs- und der Ringmuskelschicht, und als Plexus submucosus (Meissnerscher Plexus) im Bindegewebe der Submucosa. Der erste kontrolliert den Ablauf der Motorik, der zweite unter anderem den Stofftransport durch das Epithel oder die Durchblutung der Schleimhaut. Diese Neurone können, wenn man im Experiment alle Nervenverbindungen des Darms zu Gehirn oder Rückenmark trennt, praktisch alle Darmfunktionen noch ungestört regulieren, arbeiten also weitgehend autonom. Neben diesem darmeigenen Nervensystem existiert ein darmeigenes Hormonsystem. Eingestreut zwischen die normalen Epithelzellen finden sich so genannte enteroendokrine Zellen. Die meisten von ihnen sind nicht nur Hormonbildner, sondern dienen auch als Sinneszellen, die auf spezifische Reize aus dem Darmlumen reagieren. Am bekanntesten ist wahrscheinlich dabei das Sekretin, das erste Hormon, das im frühen 20. Jahrhundert entdeckt wurde. Die Zellen im Dünndarm, die das Sekretin bilden, werden durch die Anwesenheit von Säure, sprich Magensäure, im Dünndarm angeregt, Sekretin abzugeben, was in die Blutbahn gelangt und von dort Drüsen wie etwa das Pankreas oder auch die Duodenalschleimhaut selbst dazu anregt, Bicarbonat als Puffer zum Schutz der Schleimhaut vor der Säurebelastung abzugeben. Natürlich kann der Gastrointestinaltrakt nicht völlig losgelöst von den übrigen Organsystemen reguliert werden. Es gibt eine Möglichkeit für die beiden klassischen Anteile des vegetativen Nervensystems, den Parasympathikus und den Sympathikus, modulierend in seine Funktionen einzugreifen, und zwar in der Regel darüber, dass deren Nervenendigungen Synapsen mit Neuronen des enterischen Nervensystems eingehen. So bewirkt z.B. der Parasympathikus, dessen Neurone im Hirnstamm und im Sakralmark lokalisiert sind, eine Kontraktion der allgemeinen Darmmuskulatur bei gleichzeitiger Erschlaffung der Sphinkteren, so dass der Weitertransport des Darminhalts in Ruhephasen gefördert wird. Gleichzeitig wird die Sekretionstätigkeit stimuliert. Der Sympathikus, der aus dem Thorakal- und Lumbalbereich des Rückenmarks 4 entstammt, antagonisiert diese Effekte und sorgt bei Stressoder Belastungssituationen dafür, dass die Tätigkeit dieses, für das akute Überleben etwa in einer Kampfsituation nicht notwendige Organsystem quasi „abgeschaltet“ wird. Dünn- und Dickdarm besitzen also nicht nur ihre klassischen Aufgaben wie Verdauung, Resorption, Motorik oder Abwehr, sondern weisen darüber hinaus auch Besonderheiten hinsichtlich ihrer Regulation durch Nerven und Hormone auf. Grundlagen der Darmpathologie C. Herden Erkrankungen des Dünn- und Dickdarms des Hundes beruhen auf entzündlichen Prozessen, kreislaufbedingten Schädigungen wie Ischämie und Infarkt, Verlagerungen, Obturationen, Obstruktionen, Stoffwechselstörungen wie Malassimilationsund Proteinverlustsyndrom und Tumoren, während kongenitale Abnormalitäten seltener zu finden sind (Brown et al., 2007). Enteritiden können als katarrhalische, fibrinöse, diphtheroidnekrotisierende, hämorrhagische, granulomatöse und eosinophile Form auftreten, wobei als Ursache Infektionen mit Viren, Bakterien, Parasiten oder Pilzen sowie dietätische und toxische Noxen in Betracht kommen. Eine weitere wichtige Gruppe stellen die chronischen idiopathischen Enteritiden dar, die auch als „Inflammatory bowel disease“ (IBD) bezeichnet werden. Darunter ist eine heterogene Gruppe von Darmerkrankungen zu verstehen, die sich klinisch durch chronische (länger als 3 Wochen), persistierende und/oder intermittierende gastrointestinale Symptome äußern und deren Diagnose als Ausschlussdiagnostik erfolgt. Die Klassifizierung der IBD erfolgt nach dem Charakter des vorherrschenden Entzündungsinfiltrates, so dass lymphoplasmazelluläre, eosinophile, eosinophil-granulomatöse, granulomatöse und histiozytär-ulzerative Formen unterschieden werden, wobei letztere lediglich eine im Kolon auftretende Variante darstellt (Sherding, 2003). Weiterhin wird das Diarrhoe-Syndrom des Basenjis und des norwegischen Lundehundes dazugezählt. Einer der wichtigsten Differentialdiagnosen stellt das diffuse intestinale maligne Lymphom dar. Die auslösenden Ursachen der IBD sind nach wie vor nicht geklärt, es wird aber ein Zusammenwirken von immunologischen, genetischen und Umweltfaktoren vermutet 5 (German et al., 2003). Als immunologischer Einfluss wird eine Hypersensitivitätsreaktion diskutiert, daneben werden futtermittelassoziierte Faktoren, Besiedelung mit pathogenen Mikroorganismen oder auch Parasiten sowie Veränderungen der physiologischen Darmflora in Betracht gezogen. Zur Diagnostik und Therapie von Erkrankungen des Dünn- und Dickdarms beim Hund, insbesondere der IBD und deren Abgrenzung zum malignen Lymphom stellen endoskopische oder auch transmurale Biopsien ein zunehmend wichtiges Hilfsmittel in der Veterinärmedizin dar. Während endoskopisch gewonnene Biopsien eine Beurteilung oberflächlicher Anteile der Darmwand, meist Epithel und Lamina propria bis hin zur Lamina muscularis mucosae, erlauben, liegen bei transmuralen Biopsien auch tiefer gehende Wandschichten zur Bewertung vor. Damit können auch tiefere entzündliche oder neoplastische Läsionen detektiert werden. Dies spielt vor allem bei der Diagnosestellung des malignen Lymphoms versus IBD eine wichtige Rolle, da beim malignen Lymphom in fortgeschrittenen Stadien eine über die Lamina muscularis mucosae hinausgehende Infiltration mit lymphoiden Tumorzellen auftritt, die bei endoskopischen Biopsien nicht erkannt werden kann. Eine bestmögliche pathologischhistologische Befunderhebung ist außer von einer geeigneten Auswahl der zu bioptierenden Darmabschnitte auch von einer möglichst optimalen Probengewinnung und –aufarbeitung abhängig. So wurde jüngst gezeigt, dass die Qualität eines endoskopischen MagenDarmbioptates die Sensitivität und Möglichkeit, eine Läsion zu detektieren wesentlich beeinflusst und damit auch die nötige Probenanzahl determiniert (Willard et al., 2008). Je besser die Qualtität der Bioptate ist, um so geringer ist die erforderliche Menge der Gewebestücke. Weiterhin spielt die Befunderfassung und interpretation des diagnostisch tätigen Pathologen eine wichtige Rolle. Bislang lagen dazu jedoch keine standardisierten Kriterien vor, so dass es dadurch auch zu variierenden, untersucherabhängigen Befundungen und Diagnosen kommen kann (Willard et al., 2002). Um eine standardisierte Bewertung von MagenDarmbioptaten zu ermöglichen, sind vor kurzem von der World Small Animal Veterinary Association (WSAVA) Gastrointestinal Standardization Group Kriterien für inflammatorische und assoziierte morphologische Veränderungen veröffentlicht worden, die für endoskopisch gewonnene Biopsien eine Einteilung in normale, geringgradig, mittelgradig oder hochgradig veränderte Magen- oder Darmschleimhaut erlauben (Day et al., 2008). Hierbei werden sowohl die Infiltration der Lamina mucosa und der Lamina propria mit Entzündungszellen als auch die morphologischen Veränderungen der Schleimhaut bewertet. Als Standardlokalisationen wurden dafür im Magen Fundus und Antrum sowie im Darm Duodenum und Colon ausgewählt. Diese Bewertungsschemata beziehen sich auf adulte Hunde. Da im Vergleich der caninen und felinen Bioptate aus den gleichen Magen-Darmregionen Unterschiede zu ermitteln waren, liegen auch separate Bewertungschemata für Hunde und Katzen vor. Hierzu wurde auch ein Formblatt entworfen (Abb.1), das jetzt als Grundlage für eine standardisierte Diagnostik dienen kann. Derzeit unterliegen diese Studien einer Validierung, für die Archivmaterial von neun verschiedenen Instituten aus sechs Ländern verwendet wird. Durch das jetzt zur Verfügung stehende Bewertungsschema für endoskopische Biopsien ist für den diagnostisch tätigen Pathologen die Unterscheidung zwischen normalem und verändertem Gewebe sowie 6 die Bestimmung des Charakters und der Schwere einer Magen-Darmläsion weitaus vergleichbarer geworden. Dies kann als Grundlage zur Ermittlung einer präzisen morphologischen und, soweit möglich, auch ätiologischen Diagnose mit Prognose dienen. Weitere Untersuchungen werden zeigen, welche dieser standardisierten Veränderungen in welcher Kombination mit welcher Sicherheit für eine bestimmte klinische Erkrankung des Hundes sprechen bzw. für welche Erkrankungen dieses Beurteilungsschema keine Differenzierung erlaubt. Legende Abb. 1 Formblatt der WSAVA zur Bewertung von endoskopisch gewonnenen Darmbiopsien, beispielhaft gezeigt für Bioptate aus dem Duodenum. Aus: Day et al. (2008), J Comp Pathol 138: S1-43 Literatur: 1. Brown CC, Baker DC, Barker IK: Alimentary system. In: Grant Maxie M (ed) Jubb, Kennedy and Palmer’s Pathology of Domestic Animals. W. B. Saunders Elsevier, 2007, p.69-134 2. Day MJ, Bilzer T, Mansell J, et al.: Histopathological standards for the diagnosis of gastrointestinal inflammation in endoscopic biopsy samples from the dog and cat: a report from the World Small Animal Veterinary Associtaion Standardization Group. J Comp Pathol 2008; 138: S1-S43 3. German AJ, Hall EJ, Day MJ et al.: Chronic intestinal inflammation and intestinal disease in dogs. J Vet Intern Med 2003; 17: 8-20 7 4. Sherding RG: Diseases of the large intestine. In: Tams TR (Ed.) Handbook of Small Animal Gastroenterology. W. B. Saunders, Philadelphia, 2003; p. 251-285. 5. Willard MD, Jergens AE, Duncan RB, et al.: Interobserver variation among histopathologic evaluations of intestinal tissues from dogs and cat. J Am Vet Med Assoc 2002; 220: 1177-1182 6. Willard MD, Mansell J, Fosgate GT, et al.: Effect of sample quality on the sensitivity of endoscopic biopsy detecting gastric and duodenal lesions in dogs and cats. J Vet Intern Med 2008; 22: 10841089 Klinische Vorgehensweise bei Erkrankungen des Darmes A. Moritz Erbrechen und Durchfall sind Leitsymptome bei Erkrankungen des Magen-Darmtraktes. Der Brechreflex ist zentral gesteuert wobei das in der Medulla oblongata lokalisierte Brechzentrum durch afferente Nerven ( Dehnungsrezeptoren im Magen-Darmtrakt, Chemorezeptoren, Osmorezeptoren ) stimuliert wird = peripher ausgelöstes Erbrechen. Zentral wird Vomitus durch Stimulation der Chemorezeptor Trigger Zone (z.B. durch Medikamente, Endo- und Exotoxine) oder direkt im Rahmen von ZNS-Störungen sowie Erkrankungen des Vestibularorgans ausgelöst. Bei Darmerkrankungen tritt Erbrechen häufig gemeinsam mit Durchfall auf. Unter Diarrhoe versteht man die Vermehrung der Menge, des Wassergehalts und der Häufigkeit des Kotabsatzes mit oder ohne Störung der Darmmotilität. Die Aufarbeitung von Patienten mit Durchfall richtet sich zunächst danach, ob eine akute oder chronische Diarrhoe vorliegt. Eine ausführliche Anamnese sowie die klinische und weiterführenden Untersuchungen werden mit dem Ziel durchgeführt, zu unterscheiden, ob die Durchfallerkrankung primär gastrointestinalen Ursprungs ist oder als Begleitsymptom von Grunderkrankungen anderer Organe oder von Systemerkrankungen auftritt. Es ist wichtig zu erfahren, wo ist die Lokalisation der Erkrankung (Dünn/Dickdarm) und aufgrund welcher Pathogenese (sekretorischer, osmotisch bedingter, gestörte Permeabilität oder Motilitätsstörung) bzw. welcher Ätiologie entstand der Durchfall. 8 Die Anamnese dient neben der Abgrenzung akuter von chronischen Erkrankungen außerdem der Abklärung des Infektionsstatus (Impfung, Entwurmung, Infektionsmöglichkeiten), der Fütterungs- oder Futterabhängigkeit eines Durchfallgeschehens, einer Medikamenten- oder Toxinexposition sowie der Möglichkeit zur Fremdkörperaufnahme. Hinweise auf extraintestinale Grunderkrankungen geben Zusatzsymptome wie z.B. Polydipsie, Polyurie, Oligurie/Anurie, Ikterus, Hautprobleme oder ZNS-Störungen. Die allgemeine und spezielle klinische Untersuchung ist notwendig, um den Schweregrad der Erkrankung einzuschätzen und direkte Hinweise auf primäre oder sekundäre Darmmanifestationen zu erhalten. Weist die Anamnese und die klinische Untersuchung auf eine milde Verlaufsform der akuten Durchfallerkrankung hin, genügt in den meisten Fällen eine rein symptomatische Therapie, da die akute Diarrhoe häufig ohne Sekundärkomplikationen und selbstlimitierend verläuft und somit die Klärung der Ätiologie der Erkrankung anhand zusätzlicher diagnostischer Maßnahmen nicht unbedingt erforderlich ist. Ergeben sich jedoch Symptome schwerwiegender systemischer Störungen müssen die Untersuchungen weiterführend durch labordiagnostische und bildgebende Verfahren ergänzt werden. In der Tabelle 1 sind die wichtigsten klinischen Parameter zur Einschätzung einer Exsikkose aufgeführt. Tabelle 1: Einschätzung des Dehydratationsgrades anhand klinischer Befunde Dehydratationsgrad <4% 4–5% 6–8% 10 – 12 % 12 – 15 % Klinische Befunde Nicht festzustellen Geringer Verlust der Hautelastizität Hautfalte: deutliche Verzögerung des Verstreichens Augen: können in Orbita eingesunken sein Schleimhäute: können trocken sein KRZ*: leicht verlängert Hautfalte: verstreicht nicht Augen: in Orbita eingesunken Schleimhäute: trocken KRZ: verlängert Schocksymptome: möglich Ausgeprägter Schock, präfinaler Zustand * KRZ = Kapilläre Rückfüllzeit Eine Diarrhoe wird als akut definiert, wenn sie plötzlich oder in kurzer Zeit auftritt und innerhalb von 3 Wochen ohne Nachfolgestörungen verschwindet. Die Kotkonsistenz reicht von ungeformt-breiig über schleimig-wässrig bis hin zu wässrigblutig. Als Begleitsymptome können Vomitus, Fieber, abdominelle Schmerzen und Exsikkose unterschiedlichen Schweregrades auftreten. Diarrhoen werden als chronisch angesehen, wenn sie länger als 3 Wochen anhalten oder rezidivierend verlaufen. Sie sind in der 9 Mehrzahl nicht mehr selbstlimitierend und sprechen auf eine symptomatische Therapie ungenügend an. Aufgrund der Dauer der Erkrankungen lassen sich insbesondere virale Darminfektionen von vornherein ausschließen. Da die differentialdiagnostische Palette jedoch breit ist, bedarf es oft umfangreicher Untersuchungen zur Klärung der Grunderkrankung und ihrer Ätiologie. In der Tabelle 2 sind Merkmale zur Unterscheidung DünnDickdarmdurchfall aufgelistet. Tabelle 2: Kriterien zu Lokalisation des Durchfalls (Einteilung nach Strombeck): Dünndarm Gewichtsverlust häufiger Dickdarm Gewichtsverlust untypisch, Beschaffenheit des Kotes seltener unkontrollierter Kotabsatz weich, ungeformt, wässrig, möglicherweise Fetttropfen, unverdaute Nahrung, Meläna Kotmenge Häufigkeit des Absatzes Auslösungsfaktor immer vermehrt gewöhnlich erhöht nicht so wichtig zusätzliche Symptome aufgetriebenes Abdomen, Foetor ex ore, Polydipsie, Polyphagie, Erbrechen, Gewichtsverlust Besserung bedeutet Malabsorption, Maldigestion, Allergie. Keine Besserung kennzeichnet exsudativen Prozeß. häufiger unkontrollierter Kotabsatz weich bis geformt, häufig schleimig, bisweilen frisches Blut, keine unverdauten Nahrungsbestandteile normal oder vermehrt ständig erhöht Streß und psychische Faktoren können wichtig sein Tenesmus, Juckreiz am After, Flatulenz Funktionseinschränkung Reaktion auf Futterentzug Besserung bedeutet sekundäre Überbelastung. Keine Besserung bedeutet exsudative Kolitis. Hinsichtlich der Pathogenese des Durchfalls lassen sich folgende Unterscheidungen treffen: a) sekretorische Durchfälle: • Ursache: v.a. durch hitzelabile Bakterientoxine (E. coli, Salmonellen), die spezifische Rezeptoren an der Oberfläche der Enterozyten besetzen • Prinzip: Aktivierung der Adenylatzyklase, Erhöhung des intrazellulären cAMPSpiegels, Erhöhung der Permeabilität der Zellmembran für Wasser, Sekretion von Flüssigkeit in das Darmlumen • Beschaffenheit des Kots: isotonisch und reich an Bicarbonat 10 b) osmotisch bedingte Durchfälle: • Ursache: exogene Pankreasinsuffizienz, Gallensäuremangel, Mangel an Duodenalenzymen, Resorptionsstörung der Dünndarmwand • Prinzip: vermehrte Bindung von Flüssigkeit durch osmotisch aktive Substanzen im Dünndarm; dabei kann das Angebot osmotisch wirksamer Substanzen in der Nahrung zu hoch sein oder die Metabolisierung und Resorption dieser Substanzen kann gestört sein. • Beschaffenheit des Kots: wässrig, sauer falls durch KH oder Fettsäuren ausgelöst c) Durchfälle durch Permeabilitätserhöhung der Darmschleimhaut: • Ursache: lymphatisch-venöse Abflußstörung bzw. direkte Schädigung der Darmwand • Prinzip: Die Lücken zwischen den Enterozyten weiten sich, so daß Moleküle und Zellen passieren können und zwar mit zunehmender Größe der Spalten zunächst v.a. - Glukose (Folge = osmotischer Durchfall), - Proteine (Albumin und Globulin → Hypoproteinämie → onkotische Ödeme = exsudative Enteropathie) und schließlich - Zellen (hämorrhagische Diarrhoe). d) Durchfälle durch Motilitätsstörungen: Sowohl Hyperperistaltik (z.B. nach Gabe von Parasympathomimetika) als auch Hypoperistaltik (paralytischer Ileus, Atropinvergiftung) können zu Durchfällen führen. Hinsichtlich der Ätiologie des Durchfalls lassen sich folgende Unterscheidungen treffen: a) infektiöse Ursachen • Bakterien: - E. coli (durch Toxin bildende Stämme) - Samonellose (S. typhimurium, S. enteritidis) - Yersinien (Y. enterocolitica, wenig pathogen, Zoonose) - Clostridium perfringens (Typ B,C,D; Enterotoxin, hämorrhagischnekrotisierende Enteritis) - Staphylokokkose (Enterotoxine) - Leptospirose - Campylobakter (C. jejuni, C. coli) - Bacillus piliformis (=Tyzzer´s disease, hämorrh. Diarrhoe junge Hund und Katzen) • Viren: - Staupe (enterale Verlaufsform) - Parvovirose des Hundes, Parvovirose der Katze (Panleukopenie, Katzenseuche) - canines Coronaviren, enterale Coronaviren (feline, humane, porcine) - FeLV - FIV - canine Reoviren - Rotaviren (v.a. Welpen) 11 - Mastadenovirus (H.c.c. mit Brechdurchfall) • Rickettsien: - Ehrlichia canis (durch Rhipicephalus sanguineus übertragen) - Neorickettsia helminthocoeca (=Salmon disease, → hämorrh. Enteritis, Trematoden, Schnecken, Forellen und Lachse sind Zwischenwirte, Hund infizieren sich über rohes Fischfleisch) - Rickettsia rickettsii (=Rocky montain spotted fever, Fleckfieber) • Parasiten: - Askariden (Toxocara canis, Toxocara mystax, Toxascaris leonina; im Dünndarm) - Ankylostomen (Ancylostoma caninum, A. tubaeformae, Uncinaria stenocephala; im Dünndarm) - Trichuris vulpis (hämorrh. Colitis, v.a.Welpen) - Kokzidiose (Eimeria canis, Isospora spp.) - Giardiose (G. canis, G. cati) - Toxoplasma gondii (Katze) - Cestoden (Dipylidium caninum, Taenia pisiformis, T. hydatigena, Echinikokkus multilokularis, E. granulosus; → alle erst bei Massenbefall und v.a. Welpen • Pilze: - Histoplasmose (H. capsulatum, disseminierte-enteritische Form) - Candida albicans - Aspergillus b) nicht infektiöse Ursachen: Funktionsstörungen: - alimentäres Überangebot (sprich: "Überfressen") - Resorptionsstörung exogene Pankreasinsuffizienz (Lipasen, Amylasen) Mangel an Gallensäuren Mangel an Disaccharidasen (Maltase, Lactase) Störung der Glucoseresorption - Motilitätsstörungen (paralyt. Ileus z.B. bei Atropinvergiftung, Hyperperistaltik z.B. durch Organophosphate) - exsudative Enteropathie (siehe unter Durchfälle durch erhöhte Permeabilität der Darm-SH) Vergiftungen: - Arsen - Cumarinderivate (blutige Durchfälle) - Organophosphate/Carbamate - Phenol/Holzteer (v.a. Katze) - Thallium (blutig, 18-24 h nach Giftaufnahme) - 2-Chlor-4-methyl-6dimethylaminopyrimidin = "Castrix" (Mäuse-,Rattengift) - Wolfsmilch - Oleander anatomische Veränderungen: - Obstruktionen (Fremdkörper, Neoplasien, 12 Strikturen, Mißbildungen, Ulzera,...) • Entzündungen: - idiopathisch entzündlich Darmerkrankungen (IBD): lymphozytär, lymphoplasmazytär, plasmazytär, eosinophil, gemischtzellig, histiozytär…. Tumoröse Infiltrationen: Lymphom, andere • Herz-Kreislauf-System: - Rechtsherzinsuffizienz → Rückstau in großen Kreislauf → Ödematisierung der Darm-SH und Übertritt von Flüssigkeit in das Lumen → exsudative Enteropathie - Schock → Ischämie im Splanchnikusgebiet →Nekrose der DarmSH → exs. Enteropathie allergisch: - Futtermittelallergie - anaphylaktischer Schock (siehe IV) - eosinophile Gastroenteritis (wahrscheinlich Futtermittelallergie) Niere: - Niereninsuffizienz (urämische Gastroenteritis durch Toxine) Endokrinium: - Hypoadrenokortizismus - Hyperthyreose - Zollinger-Ellison-Syndrom (tumoröse Erkrankung = Gastrinome, vermehrte Gastrinbildung Æ Magen- und Dünndarmulzera) Diverse: - Dysbakterie (v.a. bei zu langsamer Darmpassage, Dekonjugation der Gallensäuren im Darm → mangelnde Fettverdauung, Beeinträchtigung der Bürstensaumenzyme → mangelnde KH- Verdauung, Störung des Vitamin B12 -Haushalts) - Dünndarmulzera - Lymphangiektasie ( enterales ProteinLost-Syndrom) Letztendlich lässt sich für den Einzelfall das diagnostische und therapeutische Vorgehen wie folgt zusammenfassen. Fragestellung: ist es ein schwerer Fall oder nicht ?? Vorgehen: Stufe 1: - Klinische Untersuchung, Beratung, Therapie oder Stufe 2: - Klinische Untersuchung, Beratung, - weiterführende Untersuchung (Rö, US, Labor) - Intensivtherapie (ggf. OP) Zu den weiterführenden Untersuchungen gehören u.a. hämatologische und koprologische Laboruntersuchungen. Durchfallerkrankungen können wie oben gezeigt neben intestinalen auch durch eine Reihe von extraintestinalen Grunderkrankungen verursacht werden. Das Ziel von hämatologischen und klinisch-chemischen Untersuchungen ist es zunächst, extraintestinale Ursachen von Durchfällen zu identifizieren und eventuell Rückschlüsse auf den Schweregrad einer intestinalen Erkrankung (z.B. beim Proteinverlustsyndrom oder intestinaler Blutungen) zu erhalten. Der Umfang von durchzuführenden Laboruntersuchungen richtet sich danach, ob es sich um einen akuten oder chronischen Durchfall mit einer Dauer von mehr als 3 Wochen handelt. Bei akuten Durchfällen sollte eine hämatologische, klinisch-chemische Blutuntersuchung sowie eine parasitologische und virologische 13 Kotuntersuchung erfolgen. Im Rahmen der Blutuntersuchung gilt am einfachsten der Hämatokritwert der Einschätzung der therapeutischen Relevanz einer Hämokonzentration oder Anämie (Infusion, Transfusion). Die Leukozytenzahl und das Differentialblutbild ermöglicht die Bewertung des Infektionsstatus und der Immunkompetenz als Hinweis auf notwendige therapeutische Maßnahmen (Antiparasitika, Antibiose). Blutchemische Untersuchungen erfassen neben Anzeichen einer Dehydratation (Hyperalbuminämie) die Nieren-, Leberund Stoffwechselparameter incl. der Elektrolyte. Gelegentlich wird bei akuten Durchfällen auch eine leicht- bis mittelgradige Erhöhung von Leberenzymen wie ALT, AP, GGT oder GLDH, Serumgallensäuren und eventuell von Serumbilirubin begleitend beobachtet. Die Bestimmung von Serumamylase und – lipase ist bei Katzen mit Durchfallsymptomatik aufgrund der sehr geringen Sensitivität und Spezifität nicht indiziert, deutlich erhöhte Blutplasmaaktivitäten der genannten Enzyme lassen beim Hund an eine Pankreatitis denken, die z.B. durch die Bestimmung der cPLI (canine pankreatische Lipase) näher eingegrenzt werden kann. Kotuntersuchungen dienen der ätiologischen Abklärung und somit dem Nachweis von Krankheitserregern. Wichtig ist die Durchführung einer parasitologischen Kotuntersuchung, insbesondere zur Aufdeckung von Wurmund/oder Giardieninfektion. Es kann auch eine immunologische Faecesuntersuchung auf Giardiose und Clostridium perfringens Enterotoxikose erfolgen. Nicht zu vernachlässigen ist der Nachweis etwaiger Virusinfektionen (z.B. Parvoviren, Coronaviren) mittels elektronenmikroskopischer Untersuchung, PCR oder sofern vorhanden in-houseSchnelltests. Bei vorliegenden Zusatzsymptomen wie Polyurie und Polydipsie sind Urinuntersuchungen mit pH-Wert, spezifischem Gewicht, Harnteststreifen-Kontrolle und Sedimentbeurteilung zum Nachweis/Ausschluß renal bedingter Niereninsuffizienzen oder der diabetischen Ketoazidose indiziert. Bei chronischen Durchfallerkrankungen sollten auch parasitologische Kotuntersuchung (zur Verdeutlichung: mit mindestens 2-5 Gramm Kot, am besten von 3 aufeinanderfolgenden Abgängen/Tagen) durchgeführt werden. Aktuelle Studien belegen, dass eine 4x pro Jahr durchgeführte „prophylaktische“ Entwurmung nicht vor patentem Parasitenbefall schützt. Hämatologische und klinisch-chemische Untersuchung sind zur Abklärung extraintestinaler Ursachen und (da häufig weiterführende Untersuchungen wie z.B. eine Endoskopie mit Biopsie erfolgen muss) zur Einschätzung der Narkosefähigkeit notwendig. Eine hämatologische Untersuchung dient der näheren Abklärung folgender etwaiger 14 Probleme: Anämie z.B. infolge Blutverlust (ulzeröse Magen- oder Darmerkrankung), infolge chronischer Erkrankung, mittelgradige Anämie (Hypoadrenokortizismus) Bei der Leukozytenzählung können folgende Befunde auffallen: Leukozytose (z. B. chronischer IBD lnflammatory Bowel Disease). Eosinophilie (eosinophile Enteritis, Endoparasitose, Hypoadrenokortizismus) oder absolute Lymphopenie (in einigen Fällen einer Lymphangiektasie) Bei der Elektrolytbestimmung ist besonders auf Hypo- oder Hyperkaliamie und Hyponatriämie (Erbrechen und/oder Diarrhoe bei Hypoadrenokortizismus) zu achten. Folgende klinisch-chemischen Parameter sind bei gastrointestinalen Erkrankungen aussagekräftig: - niedriges Gesamtprotein, entweder mit mässig niedrigem Albumin (entzündliche Enteropathien) oder sehr niedrigem Albumin (Proteinverlustenteropathien, intestinales Lymphom); physiologische Gesamtproteinkonzentration, aber niedriges Albumin (Nieren-, oder Leberdysfunktion infolge chronischer Erkrankung) oder absolute Hypoproteinämie (Blutung). hohe Harnstoff und Kreatininkonzentrationen (Erbrechen und/oder Diarrhoe bei Nierenerkrankung) oder hohe Harnstoff-Konzentration (Verdauung von Blut bei gastrointestinaler Blutung). moderat erhöhte Leberenzyme (gelegentlich chronischen Darmerkrankungen), oder eingeschränkte Leberfunktion (z. B. portosystemischer Shunt, Pankreatitis) oder sehr hohe Leberenzymaktivitäten (primäre Lebererkrankung). Tiere mit Lebererkrankungen können aber auch physiologische oder nur geringfügig erhöhte Leberenzymwerte haben (beachte den Unterschied hepatozellulärer Schaden – Leberfunktionsstörung). - Hyperglykämie (Diabetes mellitus) oder Hypoglykämie (Nachweis erfordert unter Umständen eine wiederholte Probennahme, z. B. bei septikämischer Diarrhoe). Die z.T. angebotenen serologischen Tests zur Identifizierung von Futtermittelallergien/-intoleranzen sind nach dem aktuellen Kenntnisstand in Frage zu stellen und ersetzen keinesfalls eine Eliminationsdiät. Spezifischere Funktionstests werden durchgeführt, wenn sich bei der klinischen Untersuchung und/oder bei den ersten orientierenden Tests Hinweise auf bestimmte organische oder systemische Erkrankungen ergeben. Hier einige Beispiele: - ACTH-Stimulationstest bei Hunden mit Diarrhoe und Erbrechen mit Verdacht auf 15 Hypoadrenokortizismus, T4-Konzentration bei Katzen zum Ausschluss einer Hyperthyreose. Der Trypsin-like lmmunoreactivity (TLI) Assay dient der Überprüfung der Pankreasfunktion. Der TLl-Wert liegt bei der exokrinen Pankreasinsuffizienz (EPI) deutlich unterhalb des Referenzbereiches, in einigen Fällen einer Pankreatitis ist er sehr hoch. Der Pankreaslipase lmmunoreactivity (cPLI) Assay wurde vor kurzem entwickelt und verspricht eine genauere Diagnose der Pankreatitis. Präund postprandiale Serumgallensäurewerte sind hilfreich für die Beurteilung der Leberfunktion bei Patienten mit Verdacht auf eine Leberinsuffizienz. Bildgebende Verfahren (Röntgen und Ultraschall) im Bereich des Darmes Martin Gerwing Als bildgebende Diagnoseverfahren für den Darm werden in den entsprechend ausgestatteten Kleintierpraxen und – kliniken Röntgen und Sonographie meist kombiniert eingesetzt. Von Ausnahmen abgesehen haben sich die synergistischen Effekte beider Verfahren wie auch in der Humanmedizin in der Veterinärmedizin in den letzten 10 Jahren als Standard durchgesetzt. Während im Röntgen keine spezifischen Voraussetzungen zu erfüllen sind, erfordert eine suffiziente Ultraschalldarstellung hochauflösende Schallköpfe, am Besten Linearsonden mit Frequenzen von mindestens 7,5 MHz (7,5 – 15 MHz). Im Röntgen wird ein sogenanntes Summationsbild (Übersichtbild) erzeugt, auf dem insbesondere gasund knochendichte Strukturen gut erkennbar sind. Um eine korrekte Beurteilung vornehmen zu können, sind zur Nativdarstellung mindestens zwei Aufnahmen notwendig, die im Winkel von 90 Grad zueinander aufgenommen wurden, i. d. R. eine laterolaterale sowie eine dorsoventrale. Demgegenüber werden beim Ultraschall ca. 1 mm dicke Schnittbilder in Längsund in Querschnitten durch den Körper erzeugt, die im Gehirn des Untersuchers zu einem dreidimensionalen Bild zusammengesetzt werden. Bei der Sonographie verhindern gasgefüllte Bereiche oder knochendichte Strukturen (Knochen, Fäzes, Bariumsulfat etc.) die Sicht in die Tiefe, während liquide Anteile/Areale als positives Kontrastmittel dominieren und die Beurteilung erleichtern. Faktoren, die das Röntgenbild negativ beeinflussen, z. B. Aszites, Kachexie und juveniles (braunes) Fett, verbessern oder lassen das Ultraschallbild unbeeinflusst erscheinen. Für Röntgen und besonders Sonographie ist zur 16 Vereinfachung der Beurteilung eine mindestens 12-stündige Nahrungskarenz empfehlenswert, deren Fehlen bei Notfallpatienten zu Schwierigkeiten bei der Interpretation führen kann. Ein Klistier hilft ggf. Kotansammlungen im Kolon/Rektum zu beseitigen. Durch die kombinierte Anwendung und Auswertung von Röntgen und Ultraschall kann die Notwendigkeit des Einsatzes von Kontrastmitteln im Darm auf unter 10 % reduziert werde. Wegen der anschließenden Beeinträchtigung durch mehrstündigen Überlagerung mit distaler Schallauslöschung darf Bariumsulfat (im Gegensatz zu jodhaltigen Kontrastmitteln) erst nach der Sonographie eingegeben werden. Auf Grund der besseren Übersicht und Orientierung ist bei Darmproblemen i. d. R. zuerst das Röntgen, nach dessen Auswertung anschließend als Ergänzung der Ultraschall durchzuführen. Hierbei wird besonderes Augenmerk auf röntgenologisch unklare Strukturen/Überlagerungen gerichtet. Röntgen Auf den zwei Nativaufnahmen wird die physiologische Lage der Abdominalorgane, hier des Darmes, kontrolliert. Flüssigkeitsansammlungen können die Darstellung nicht gas- oder ingestagefüllter Darmabschnitte verhindern. Das Duodenum kann auf Grund seiner relativ konstanten Position vom Pylorus entlang der rechten Bauchwand nach kaudal ziehend lokalisiert werden. Demgegenüber sind Jejunum und Ileum variabel positioniert. Das Zäkum ist oft wegen seiner Aufgasung rechts der Wirbelsäule identifizierbar. Das kurze Gekröse von Kolon aszendens, deszendenz und Rektum fixiert sie sehr lagestabil. Während die äußere Begrenzung des normalen Darms (Serosa) sich im abdominellen Fettkontrast glatt darstellt, kann die innere Begrenzung (Mukosa) röntgenologisch nur mit Hilfe von Kontrastmitteln beurteilt werden. Der Maximaldurchmesser einer normalen Dünndarmschlinge des Hundes darf die doppelte Breite einer Rippe bzw. die 1,6fache Höhe des L5 an der schmalsten Stelle nicht überschreiten. Bei Katzen sind die entsprechenden Maße bei 12 mm Durchmesser oder der doppelten Höhe der Mitte des Wirbelkörpers von L4 zu sehen. Ursachen für Verlagerungen bei normalen Darmbefunden sind: gefüllter Magen oder gefüllte Harnblase, Adipositas, Verdrängungen durch umgebende (veränderte) Organe/Raumforderungen. Die Dichte normaler Darmschlingen hängt maßgeblich von ihrem Inhalt ab (Ingesta und deren Konsistenz, Gas, Flüssigkeit). Wandbeurteilungen sollten der Palpation, Kontrastdarstellung oder der Sonographie vorbehalten bleiben. Während Gas im Dünndarm nüchterner Katzen selten ist, kann es bei 30 – 60 % der nüchternen Hunde als Normalbefund gesehen werden. Pathologische Darmveränderungen Eine der häufigsten Erkrankungen des Dünndarms ist der Ileus, per definitionem eine Störung der Darmpassage infolge einer Darmlähmung oder eines Darmverschlusses (Pschyrembel). Dieser kann mechanisch durch physikalische Obstruktion oder funktionell (paralytisch) als Folge von Wandveränderungen durch Gefäßoder neuromuskuläre Veränderungen bedingt sein. Hinweise auf einen mechanischen Verschluss sind: größerer Durchmesser (als beim funktionellen), sowohl gas- als auch flüssigkeitsgefülltes Lumen (funktionell: mehr oder nur Gas), gleichzeitig normale Darmabschnitte (funktionell: generell verändert). Das röntgenologische Erscheinungsbild hängt von der Lokalisation, der Dauer und dem Ausmaß des Verschlusses ab. Da beim Subileus Gas und Ingesta in unterschiedlichem Ausmaß 17 das Hindernis passieren können, bereitet die Diagnose insbesondere bei duodenaler Lokalisation nicht selten Schwierigkeiten. Auch bei vollständigem Ileus im Duodenum kann die Reservoirfunktion des Magens die typischen Ileuszeichen verdecken. Während die strahlenundurchlässigen Fremdkörper auf den Standardebenen bereits erkennbar sind, muss das Auffinden strahlenundurchlässiger Fremdkörper nicht selten indirekt erfolgen. Veränderte Lagerungen können durch die daraus resultierende Umverteilung der gas- und flüssigkeitsgefüllten Bereiche hilfreich sein (z. B. rechte und linke Seitenlagerung, Schrägaufnahmen, stehend positioniert). Fremdkörper mit gasgefülltem Lumen können auf diese Weise sichtbar werden (z. B. Plastikteile, alter (eingetrockneter) Pfirsichkern). Eine Bestätigung der röntgenologischen Verdachtsdiagnose ist meist sonographisch möglich (s. u.). Die ziehharmonikaartige, perlschnurartige oder kreisförmige Anordnung eines Darmabschnittes ist klassisch für die Auffädelung, die bei fadenartigen Fremdkörpern auftreten. Längliche strangartige weichteildichte Verschattungen sind regelmäßig im Zusammenhang mit Invaginationen sichtbar. Zur Verifizierung lokalisierten Veränderungen darf trotz aller Möglichkeiten in der Bildgebung dabei die Palpation nicht vergessen werden. Darmtumoren sind direkt nur bei entsprechendem Durchmesser röntgenologisch direkt sichtbar. Ihre Darstellung mit Hilfe von Kontrastverfahren (oder Ultraschall) bereitet normalerweise keine Probleme. Typisch ist eine irreguläre unvollständige Lumeneinengung mit verdickter Wandung, die asymmetrisch sein kann. Kontrastdarstellung (KM) Steht der Ultraschall als ergänzendes Untersuchungsverfahren nicht zur Verfügung, so ist die Anwendung von Positivkontrastmittel für den Dünndarm angezeigt. Unklare Befunde im Dickdarmbereich können meist sicher und rascher durch die Irrigoskopie (Insufflieren von Luft in den Enddarm) bestätigt oder ausgeschlossen werden. Verzögerte oder fehlende Magenentleerungen können Versuche der Darmkontrastierung erheblich erschweren bzw. verzögern oder gar unmöglich machen. Ideal ist eine 1224-stündige Nahrungskarenz vor der KMApplikation. Korrekte Leeraufnahmen vor Gabe des KM sind essentiell. Beim Verdacht auf Perforation oder Leckage im Enterotomiebereich wird von zahlreichen Autoren zur Gabe jodhaltiger wässriger Kontrastmittel geraten. Diese Zubereitung ist aber für die übrigen Darmdarstellungen weniger geeignet, da sie rasch durch Aufnahme von Wasser verdünnt werden und dann keine auswertbaren Kontraste mehr liefern. Geeignet sind insbesondere nicht-ionische, wasserlösliche KM, wie Iopamidol, die in einer Konzentration von 250 mg/ml und einer Dosierung von 10 ml/kg KM in 1:2 oder 1:3 Verdünnung appliziert werden. Nicht perforierende Darmveränderungen lassen sich besser mit einer 30 60 prozentigen Bariumsuspension in einer Dosierung von 6-12 ml/kg KM nachweisen. Bei kleineren Tieren werden die höheren Dosierungen verwendet. Unter dem Begriff Röntgenpassage wird das kontinuierliche Verfolgen der Darmpassage des KM verstanden. Die ersten Bilder werden direkt nach Eingabe angefertigt, die folgenden nach jeweils 15, später u. U. auch 30 Minuten, abhängig von der Passagegeschwindigkeit. Der Durchlauf benötigt physiologischerweise beim Hund 2,5 bis 3 Stunden, bei der Katze 2 Stunden. Wird lediglich nach einigen Stunden bzw. am nächsten Morgen ein (End-)Bild angefertigt, werden viele Darmveränderungen sowie die meisten Fälle mit Subileus übersehen, da das KM bereits im Enddarm angekommen ist und über die vorgeschalteten Darmabschnitte keine Informationen vorliegen. Relikte von KM im Lumen können Hinweise auf Fremdkörper sein (z. B. in Stoffen oder an rauen Oberflächen anhaftend). Gerade bei 18 Katzen muss die Ausscheidung des Bariumsulfats beobachtet und ggf. auch forciert werden, da es ansonsten durch Wasserentzug im Enddarm steinhart wird und zur Koprostase führen kann. KM ermöglichen die Beurteilung von Darmperistaltik, Lokalisation der verschiedenen Darmabschnitte sowie der Darmwände. Enteritiden führen zu beschleunigten Durchlaufzeiten, nicht selten zu sogenannten Sturzpassagen, bei denen u. U. bereits nach 30 Minuten oder weniger das erste KM im Enddarm angekommen sein kann. Fremdkörper können abhängig von ihrer Beschaffenheit und der Art des Ileus zu einem vollständigen oder unvollständigen Stopp führen, als Aussparung im KM erscheinen oder auch direkt durch Aufnahme der Substanz kontrastiert werden. Auch fadenförmige Fremdkörper mit rauer Oberfläche können auf diese Weise als feine Kontrastlinien sichtbar sein. Unregelmäßige raue Schleimhautoberflächen in Verbindung mit beschleunigter Passagierung und ggf. feinschaumigem KM/Ingestabrei sind Hinweise auf eine Enteritis. Sonographie Durch die Anwendung der Sonographie in Verbindung mit dem Röntgen können die meisten Darmveränderungen diagnostiziert bzw. ausgeschlossen werden. Da nur noch selten eine Darmpassage notwendig oder sinnvoll wird, können Kosten als auch Untersucherzeiten eingespart bzw. verkürzt werden, von der Belastung des Patienten/Patientenbesitzers ganz zu schweigen. Gas- und Kotansammlungen vermögen darunter gelegenen Bereiche vollständig zu überlagern, so dass deren Beurteilung erschwert oder unmöglich wird (dann aber meist röntgenologisch gut möglich). Bei Tieren mit mehr als 10 kg KM kann zunächst eine Übersichtsexploration des Bauchraums mit 5 MHz Sektor- oder Konvexschallköpfen sinnvoll sein. Die Details bzw. die verschiedenen Darmbereiche selbst werden anschließend mit hochauflösenden Linearscannern betrachtet. Auch im Ultraschall kann, neben dem Dickdarm in seiner typischen Lokalisation, lediglich das Duodenum auf Grund seiner Positionierung im rechten kranialen Quadranten sicher als solches angesprochen werden. Der Dickdarm unterscheidet sich von Dünndarm neben dem größeren Diameter und dem sehr echogenen Inhalt (eingedickte Fäzes) auch durch die sonographisch fehlende Peristaltik. Der physiologische Darm stellt sich fünfschichtig dar, wobei die Mukosa die dickste Lamelle bildet. Von innen nach außen entsprechen diese 5 Schichten: Lumen, Mukosa, Submukosa, Muskularis und Subserosa/Serosa. Normalerweise ist das Darmlumen als echogener Reflexstreifen sichtbar, nur im Falle einer Flüssigkeitsansammlung (z. B. bei Enteritis, prästenotischem Stau) ist es echolos oder echoarm. Die Dicke der Darmwand schwankt beim Hund zwischen 2 und 6 mm (Duodenum bis 6 mm, Kolon bis 3 mm), bei der Katze zwischen 1,4 mm und 3,2 mm (Kolon 1,4 bis 2,5 mm; Duodenum 2,0 bis 2,5 mm, Ileum bis 3,2 mm). Veränderungen Diffuse Wandverdickungen können entzündlich, ödematös und/oder tumorös sein. Eine Unterscheidung ist ohne Zytologie/Histologie allein durch das sonographische Bild meist nicht möglich. Ist in großen oder allen Dünndarmbereichen die Muskularis dicker als die Mukosa, so liegt eine eosinophile Enteritis oder ein diffus infiltrativ wachsendes lymphatisches Lymphom vor. Zusatzuntersuchungen (z. B. Probenentnahmen) sind zur Differenzierung notwendig. Fokale Wandveränderungen sind meist tumoröser Natur. Ihre Charakteristika sind: Verlust der Fünfschichtung, Verdickung der Wand (meist hochgradig, symmetrisch oder asymmetrisch), echoarm und geringhochgradig inhomogen. Der Lumenreflex kann verlagert und bizarr geformt 19 erscheinen. Beim perforierenden Fremdkörper kann im entzündeten Bereich ein identisches Bild entstehen. Zusätzlich sind Veränderungen am angrenzenden Netz-/Gekrösebereich als dem Darm außen aufsitzende Inhomogenitäten möglich. Eiteransammlungen/Nekrosen verursachen reflexarme Areale mit umgebender echoreicher Zone (Netz/Gekröse). Fremdkörper im Darm sind sehr gut bis gar nicht sichtbar, abhängig von ihrer Lokalisation, Zusammensetzung, Größe und Form. Lediglich der positive Nachweis ist beweisend, der negative nicht ausschließend. Hinweise auf einen Ileus sind: vermehrte Aufgasungen, hochgradiger prästenotischer bidirektionaler Flüssigkeitsstrom, gesteigerte Peristaltik, lokalisierte Darmveränderung. Besteht der Verdacht auf eine Invagination, so ist als erstes bildgebendes Verfahren die Sonographie einzusetzen, da mit ihr sicher die Invagination gesehen oder ausgeschlossen werden kann. Pathognostisch ist im Querschnitt das zwiebelscheibenartige Bild (Zielscheiben-, Targetphänomen) der zahlreichen (>5, meist 15) Schichten an der Umschlagstelle. Auch im Längsschnitt sind diese zahlreichen Schichten sichtbar, außerdem der prästenotische Flüssigkeitsstau und die gesteigerte Peristaltik. Die äußeren Wandbereiche sind in Abhängigkeit vom Alter der Einstülpung mehr oder weniger ödematös veränedrt. Literatur: 1. Penninck D: Gastrointestinal Tract. In: Penninck D, d´Anjou M-A, Atlas of Small Animal Ultrasonography. Blackwell Publishing, Iowa, 2008, 281-318 20 2. Pschyrembel Klinisches Wörterbuch, Walter de Gruyter, Berlin, New York 1990 3. Riedesel EA: The Small Bowel. In: Thrall DE, Textbook of Veterinary Diagnostic Radiology. Saunders Elsevier, St Louis, Missouri 2007, 770-803 Infektionskrankheiten des Dünn- und Dickdarms beim Hund Reto Neiger 1. Einführung Zwar spielen gastrointestinale Probleme eine zentrale Rolle der kleintierärztlichen Tätigkeit, die Häufigkeit von intestinalen Infektionserkrankungen ist jedoch von sehr vielen Umständen abhängig, v.a. der Lokalisation der Praxis (rural versus urban) und dem Klientel (arm versus reich). In städtischen Quartieren mit besser betuchten Tierbesitzern sind infektiöse Intestinalerkrankungen selten, während auf dem Land und bei Personen, die oft Tiere aus dem Tierheim haben, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein gastrointestinales Symptom infektiöser Natur, etliches höher. Diese Überlegung ist wichtig, wenn es um die einzelnen Tests geht, denn keine Untersuchungen auf infektiöse Agentien hat eine 100% Sensitivität und Spezifität. Somit ist z.B. bei einem Test, der eine 90% Sensitivität und Spezifität hat und die Prävalenz einer Erkrankung bei 1% liegt (also 1 Tier von 100 hat die Erkrankung), ein positiver Test bei nur 8% korrekt positiv und bei 92% falsch positiv. Ein negativer Test ist aber zu 99,89% korrekt negativ. Infektiöse Keime, die bei einem Hund eine intestinale Symptomatik auslösen können sind Viren, Bakterien, Parasiten sowie Pilze und Algen, wobei letzteres in Deutschland nur bei Tieren vorkommt, welche im Ausland waren. 2. Viren a. Parvovirus Mit Abstand die häufigste enterale Virusinfektion beim Hund sind Parvoviren (CPV), ein kleines, nichtbehülltes DNA Virus welches sehr resistent gegen äussere Einwirkungen ist. Es gibt zwei Typen, CPV-1 und CPV-2, wobei nur das letztere für eine Erkrankung bei Hunden in Deutschland verantwortlich 21 ist. CPV-2 wird in drei Subtypen unterteilt, CPV2a, CPV-2b und CPV2c, die letzte Form ist erst seit jüngster Zeit bekannt und noch ist unklar inwieweit es zu einer Cross-Immunität mit den anderen beiden Subtypen kommt oder immunologische Tests diesen neuen Subtyp erkennen. Die Inkubationszeit einer Parvovirose beträgt 7-14 Tage, also kann sich ein Tier beim Züchter angesteckt haben und erst eine Woche später manifest werden. Es gibt zwar einige Rassen mit einer angeblich erhöhten Prävalenz (Dobermann, Rottweiler) es können aber alle Rassen erkranken. Die Übertragung erfolgt oral und gelangt über das lymphoide Gewebe rasch in sich schnell teilende Zellen (Knochenmark, Darmzotten). Je nach Immunitätslage kommt es zur klinischen Manifestation mit blutigem Durchfall, Erbrechen, Dehydratation bis Schock. Zusätzlich kommt es zum Fieber oder später Hypothermie, bedingt durch die Neutropenie und verminderte Immunität. Eine Verdachtsdiagnose wird durch die typischen klinischen Symptome und Laborveränderung (Neutropenie) bei nicht oder schlecht geimpften Hunden gestellt. Immunologische CPV-Schnelltests aus Kot haben eine gute Spezifität im Vergleich zur Elekronenmikroskopie oder PCR aus Kot, jedoch eine schlechte Sensitivität. Bei Tieren die in den letzten 14-Tagen geimpft wurden kann der Test falsch positiv ausfallen. Differentialdiagnostisch kommen alle Ursachen von blutigem Durchfall in Frage wie andere infektiöse Agentien, eine akute hämorrhagische Enteritis idiopathischer Genese, ein akuter Hypoadrenokortizismus oder andere Schockursachen. Die Therapie einer CPV Infektion ist v.a. symptomatisch. Die wichtigsten Massnahmen sind intravenöse Flüssigkeit (Dehydratation + Unterhalt + weiterer Verlust), zusammen mit einem Ausgleich von Elektrolytverschiebungen (v.a. Kalium) und eine intravenöse Antibiothikatherapie (z.B. AmoxicillinClavulansäure (10-20 mg/kg i.v. q12h), evtl. zusätzlich Gentamycin nach Rehydrierung) zur Behandlung einer möglichen Sepsis und Prophylaxe gegen enterale Bakterien, welche durch eine geschädigte Darmwand durchtreten. Bei Erbrechen sollte eine parenterale Antiemetikagabe erwogen werden (Maropitant 1mg/kg s.c. q24h). Zudem sind die Hunde so rasch als möglich wieder oral zu füttern – dadurch kann die Hospitalisationsdauer signifikant reduziert werden. Alle anderen therapeutischen Massnahmen (passive Immunisierung mit Stagloban, recombinantes humanes granulocyte-colony-stimulating factor, anti-endotoxin serum, etc.) sind ohne bewiesenen Effekt. Die wichtigste Massnahme zur Vermeidung einer CPV Infektion ist eine aktive Immunisierung (in Deutschland sind nur attenuierte Lebendimpfstoffe auf dem Markt). Da maternale Antikörper bis zu 16 Wochen persistieren können sollten gefährdete Welpen mit 8, 12 und 16 Wochen (evtl. sogar mit 20 Wochen bei Hochrisikobeständen) Grundimmunisiert werden, der erste Booster erfolgt mit 15 Monaten und anschliessend alle 3 Jahre. Nach durchgemachter Parvovirose besteht vermutlich eine lebenslange Immunität. b. Staupe Gastrointestinale Symptome bedingt durch Staupe (CDV) sind in Deutschland selten und werden v.a. bei Importhunden aus dem Osten gesehen. CDV ist ein behülltes RNA Virus welches meist über den Respirationstrakt aufgenommen wird. Dadurch sind die ersten Symptome oft Nasen- und Augenausfluss, Husten und erst nach Besiedelung des Magendarmtraktes kommt es zu Durchfall und Erbrechen. Eine Leukopenie ruft oft Fieber hervor. Je nach Virustyp und Immunitätslage (maternale Antikörper persistieren bis 14 Wochen, Impfschutz) 22 wird das Virus durch Makrophagen abgefangen oder es kommt zu neurologischen Symptomen und schlussendlich zum Tod. Die Diagnose einer CDV Infektion erfolgt durch Immunfluoreszenz aus Konjuktivalabstrich oder anderen geeigneten Ausstrichen (Liquor, Knochenmark, BAL-Flüssigkeit) oder IgGBestimmung aus Liquor bei Tieren mit neurologischen Symptomen. Einige Labors bieten auch PCR aus Blut oder Liquor an. Die Behandlung ist rein symptomatisch mit Infusion und antibiotischer Abschirmung bei einer Neuropenie. c. Andere Viren Nebst CPV ist v.a. canines Coronavirus (CCV) eine wichtige Ursache für Durchfall beim Hund. Es betrifft v.a. junge Tiere aber alle Alterskategorien können erkranken. Nach oraler Aufnahme befällt CCV die ausgereiften Zellen der Zotten. Es kommt somit kaum zu blutigem Durchfall und – im Gegensatz zu CPV – wird auch keine Neutropenie gesehen. Die Tiere sind weniger krank, haben selten Fieber, können aber durch massiv wässrigen Durchfall dehydrieren. Eine Diagnose kann mittels Kot-Elektronenmikroskopie erfolgen (oft falsch negativ, da hohe Virusmenge zum Nachweis nötig ist), meist wird aber eine klinische Verdachtsdiagnose gestellt. Die Therapie erfolgt rein symptomatisch (Infusion). Andere Viren, welche beim Hund gastrointestinale Symptome auslösen können sind Rotavirus, Astrovirus und evtl. andere (Herpes, Calici), deren Wichtigkeit ist jedoch gering. 3. Bakterien Der Darmtrakt ist normalerweise von einer Vielzahl von Bakterien besiedelt. Die Menge nimmt vom Dünndarm bis zum Dickdarm kontinuierlich zu und beträgt im Kolon >1012 colony forming units/g Kot. Diese natürliche Flora ist sehr wichtig für die normalen physiologischen Prozesse im Darm (u.a. Entwicklung des gastointestinal associated lymphoid tissue=GALT); eine Veränderung kommt v.a. vor bei einer Änderung der Fütterung oder nach der Gabe von Antibiotika. Zudem gibt es pathogene Keime, welche die normale Flora verdrängen können. Pathogene Bakterien als Ursache von Durchfall sind beim Hund relativ selten, oft ist unklar ob die gefundenen Keime nun die Ursache oder ein Effekt der Primärerkrankung sind. Wichtige pathogene Keime sind Campylobacter spp., Salmonella spp., Clostridium perfringens und difficile sowie einige E.coli Arten. Da diese Bakterien ein zoonotisches Potential haben ist oft unklar, ob eine Therapie bei asymptomatischen Hunden gerechtfertigt ist oder nicht – zudem sollte auch die Gefahr von Resistenzen durch übermässige Antibiotikagabe berücksichtigt werden. a. Campylobacter spp. Nur 5 aller bekannten Campylobacter Spezies sind pathogen für Hunde, die wichtigsten sind C. upsaliensis und C. helveticus. Es sind mikroaerophile, meist spirale Stäbchen welche eine Gastroenteritis hervorrufen. Alle hundepathogenen Campylobacter spp. sind auch Menschenpathogen und dieses zoonotische Potential erschwert die Entscheidung einer möglichen Therapie. Die Prävalenz von Campylobacter bei kranken Hunden beträgt zwischen 5 und 66%. Die Hauptursache dieser sehr grossen Bandbreite liegt an der Schwierigkeit der Isolation. Die Prävalenz bei komplett gesunden Hunden ist genau gleich der von kranken Tieren. Wie eingangs erwähnt ist oft unklar ob eine Isolation von Campylobacter spp. bei Hunden mit Durchfall wirklich die Ursache ist oder ob es sich dabei nicht um einen „inocent bystander“ handelt. Beschriebene Symptome sind pastöser bis wässriger, manchmal auch blutiger Durchfall. Die Diagnose wird mittels Kotkultur gestellt, einige Labors bieten auch eine Kot-PCR an. Die Therapie hängt von den klinischen Symptomen und den Lebensumständen ab. 23 Falls Hunde mit Durchfall im selben Haushalt leben mit kleine Kindern oder immunkomprimierten Personen ist eine antibiotische Behandlung sicher gerechtfertigt, bei allen anderen Fällen muss individuell entschieden werden. Die Wahl des Antibiotikums muss aufgrund eines Resistenztests erfolgen denn Campylobacter entwickeln sehr rasch eine Resistenz. Interessanterweise ist der Kontakt mit Hunden eines der Risikofaktoren um als Mensch eine Campylobacterinfektion zu bekommen, hierbei ist aber nur C. upsaliensis und C. helveticus von Bedeutung da die Prävalenz von C. jejunis beim Hund äusserst gering ist. b. Salmonella spp. Es gibt zwar weltweit eine grosse Menge von Salmonella spp., der wichtigste beim Hund ist aber nur S. enterica. Hunde sind nur selten mit Samonella infiziert, eine Prävalenz von < 2% wird sowohl bei gesunden Hunden wie auch solchen mit Durchfall gefunden. Mögliche Symptome einer Salmonellose sind Durchfall, v.a. blutiger Durchfall, Erbrechen, Anorexie und Lethargie. Die Diagnose wird durch eine Kotkultur gestellt wobei immer auch ein Resistenztest angefertigt werden sollte da Salmonellen rasch Resistenzen entwickeln. Die Behandlung ist sowohl symptomatisch als auch mit sensiblen Antibiotika, es können jedoch Dauerausscheider entstehen. c. Clostridium spp Clostridien sind Gram-positive sporenbildende Keime welche meist strikt anärob wachsen. Die beiden wichtigsten beim Hund sind C. perfringens Typ A und C. difficile. Beide Clostridium spp. produzieren Toxine und dadurch werden die klinischen Symptome (Durchfall, z.T. blutig) ausgelöst (Enterotoxine). Während bei einem grossen Prozentsatz (ca. 7580%) von gesunden aber auch GIsymptomatischen Hunden Clostridien kultiviert werden können sind nur 5-10% Toxinbildner. Die Toxine werden mittels Immunoassays nachgewiesen. C. difficile ist äusserst wichtig als humanpathogener Keim und führt zu praktisch allen Fällen der pseudomembranösen Kolitis, ein Problem v.a. bei Patienten in Spitäler oder nach einer Antibiotikatherapie. Die Behandlung von Clostridien erfolgt durch Metronidazol (8-15 mg/kg p.o. q8-12h) für 1 Woche. Metronidazole wird beim Menschen nur durch eine gestörte Darmmukosa ausgeschieden, eine gesunde Darmmukosa ist praktisch impermeabel – ob dies auch beim Hund der Fall ist muss noch erforscht werden. d. E. coli Schon kurz nach der Geburt kolonisiert sich der Darm mit E.coli, wobei diese in der Regel nicht Darmpathogen sind, selten jedoch zu einer Infektion anderer Organe führen können (z.B. Harntrakt). Demgegenüber gibt es enteropathogene E.coli welche eine Reihe von Virulenzfaktoren produzieren um im Darm zu bleiben. Diese Virulenzfaktoren manifestieren sich als spezielle Adhäsionsproteine (z.B. enteroaggregative E.coli=EAgEC), verschiedene Toxine (z.B. Shiga-toxin-produzierende E.coli=STEC) oder enterotoxin-produzierende E.coli (z.B. ETEC). Der Nachweis dieser enteropathogenen E.coli gelingt nicht durch eine gewöhnliche Kultur sondern muss über eine Serotypisierung oder molekularbiologiesche Methoden (PCR) erfolgen. Somit ist eine Kotkultur positiv für E.coli ohne Aussagekraft über das Vorliegen enteropathogener E.coli. Die Behandlung, wenn enteropathogener E.coli wirklich nachgewiesen wurden, erfolgt über die Gabe von sensiblen Antibiotika (Resistenzen entwickeln sich recht schnell). 4. Protozoen a. Giardia Giardia duodenalis (synonym: G. lamblia, G. intestinalis), ein ubiquitärer Parasit, existiert in zwei Formen: als beweglicher Trophozoit (tränen- bis tropfenförmig) und als sehr resistente Zyste. Die Zyste wird mit kontaminiertem Wasser oder Futter 24 aufgenommen und die Trophozoiten entwickeln sich daraus im Dünndarm wo sie sich an die Mukosa anheften. Die Prävalenz von Giardia beim Hund ist in Deutschland bis zu 25% bei gesunden und kranken Tieren, bei Tierheimtieren kann sie noch höher ausfallen. Typische Symptome sind akuter oder chronischer Durchfall, ein sehr grosser Teil der Hunde ist jedoch symptomlos und scheidet nur dauernd Giardien mit dem Kot aus. Da Giardien ein sehr wichtiger humanpathogener Keim ist sollte diese Infektion als potentielle Zoonose betrachtet werden. Verschiedene Diagnostika stehen zur Verfügung. Direkter Ausstrich von Kot zum Auffinden von beweglichen Trophozoiten hat eine sehr geringe Sensitivität. Verschiedene Konzentrationsverfahren sind für Kot beschrieben (z.B. Zinksulfat-Flotation) und haben, je nach Person die den Test durchführt, eine Sensitivität von ca. 70%. Wenn statt eine drei konsekutive Kotproben untersucht werden steigt die Sensitivität auf ca. 90%. Immunologische Tests (ELISA, Immunfluorenzenz) suchen nach Giardia-Antigen; diese Tests haben ebenfalls eine recht gute Sensitivität – hierzu gehört auch der SNAP Test von Idexx. Spezielle Labors bieten auch PCR aus Kot an (höchste Sensitivität) dieser Test ist jedoch für die Routine nicht empfohlen. Therapiert wird mit Fenbendazol (50 mg/kg q24h für 3 -5 Tage) oder Metronidazol (25-30 mg/kg q12h für 5-8 Tage). Beim Menschen wird eine zunehmende Resistenz gegen Metronidazol beschrieben und dies scheint auch beim Hund der Fall. Oft ist beim Verdacht auf Giardien auch ohne positiver Nachweis eine Behandlung angezeigt. Nebst der medikamentellen Behandlung muss unbedingt auch die Umgebung gründlich gesäubert und desinfiziert werden sowie das Tier gewaschen. In den USA sind Impfungen gegen Giardien für Hunde erhältlich – deren Erfolg war aber nicht hoch. Ileus, Invagination & Volvulus A. Fischer & M. Kramer Einleitung In der Kleintierpraxis sind Hunde und Katzen mit Obstruktionen des Darmtraktes regelmäßige Patienten, die eine rasche chirurgische Therapie benötigen können. Am häufigsten sind abgeschluckte Fremdkörper [FK] oder andere mechanische Hindernisse (Tumoren) die Ursache der Obstruktion. Auch Invaginationen von Darmanteilen und die weitaus seltener vorkommende Drehungen des Darmes um die Gekrösewurzel (Volvulus oder Torsionen) sind Ursachen für einen akuten Darmverschluss. Ileus Intraluminale intestinale Obstruktionen sind eine der häufigsten Indikationen für eine Laparotomie bei Hund. Der größere Durchmesser der Maulhöhle und des Oesophagus ermöglicht den Tieren Gegenstände aufzunehmen, für die der Dünndarm nicht passierbar ist. Die klinischen Anzeichen variieren mit dem Ort, der Dauer und der Vollständigkeit der Obstruktion. Vomitus (häufig und schwallartig: vollständiger proximaler Verschluss, seltener: partieller oder distaler Verschluss), Anorexie, gestörtes Allgemeinbefinden und abdominale Schmerzen sind häufig. Die Anspannung des Abdomens erlaubt es nicht immer einen vorhandenen Fremdkörper zu palpieren. Röntgenologisch sind multiple gasgefüllt und dilatierte Dünndarmschlingen charakteristisch für eine Darmobstruktion, ggf. ist der FK selber darstellbar (Z.B. Stein). Hilfreich kann es sein den Durchmesser des Darmes (DD) mit der niedrigsten Höhe des 5. Lendenwirbels (LW) zu vergleichen. Ein Verhältnis DD:LW von 1,6 wird als obere Grenze des normalen Durchmessers angesehen. Unter 25 1,6 ist eine Obstruktion unwahrscheinlich und über 2,0 wahrscheinlich (Vortrag). Bei unklarer Diagnose sind weiterführende diagnostische Verfahren notwendig (Kontrastmittelpassage oder Ultraschalluntersuchung), wobei falsch positive Ergebnisse von 6% und falsch negative Ergebnisse von 15% für die Sonographie beschrieben sind. Ein einfacher FK wird über eine antimesenteriale Enterotomie kurz aboral des FK entfernt. Ist die Darmwand nekrotisch, oder eine Masse verantwortlich für die Obstruktion, wird der Darm 2-6cm vor und hinter der Engstelle reseziert und über eine End-zu-End-Anastomose verschlossen (Enterektomie). Lineare FK verankern sich typischerweise um die Zunge bei Katzen oder im Pylorus bei Hunden. Die Peristaltik trägt den übrigen Teil des FK nach aboral, wodurch der Darm ziehharmonikaartig aufgefädelt wird. Unbehandelt führt das, durch einen Sägeeffekt des Fadens, nicht selten zu Perforationen auf der mesenterialen Seite des Darmes. Röntgenologisch stellt sich der Darm aufgeknäult im kranialen und mittleren ventralen Abdomen dar. Gas sammelt sich in kleinen, exzentrischen intraluminalen Blasen, anstelle von vollständig gasgefüllten, dilatierten Darmschlingen. Obwohl konservative Therapieversuche bei Katzen, durch lösen des Fadens an der Basis der Zunge beschrieben sind (47% Erfolgsrate), ist die Gefahr einer Peritonitis durch eine Perforation des linearen FK so groß, dass eine sofortige chirurgische Entfernung des FK ratsam ist. Invagination Bei der Invagination stülpt ein Darmteil (Intussuszipiens) einen anderen Teil (Intussuszeptum) ein. Betroffene Tiere sind häufig jünger als 1 Jahr und zeigen eine Enteritis durch Parasiten, Viren oder sekundär durch lineare FK. Beschrieben sind Invaginationen auch in Folge von interstinalen Massen oder vorausgegangen chirurgischen Eingriffen. Patienten mit einer hohen Invagination (weit oral) zeigen die typischen Anzeichen eines Ileus. Eine Invagination von Dünndarm in den Dickdarm äußert sich häufig durch chronische Symptome (rezidivierendes Erbrechen, Tenesmus, Gewichtsverlust, blutiger Durchfall). Die Palpation und die sonographische Untersuchung des Abdomens stellen sehr sensitive Untersuchungsverfahren zur Erkennung der Invagination dar (77-92%). Das Röntgen weist dagegen i. d. R. unspezifische Veränderungen auf. Eine manuelle Reposition kann durch leichten Zug auf das Intussuszeptum und Druck auf das Intussuszipiens versucht werden, wenn die Darmwände vital erscheinen. Eine Resektion ist notwendig, wenn eine Reposition erfolglos ist, der Darm avital oder brüchig erscheint oder eine tumoröse Veränderungen als zugrunde liegende Ursache vermutet wird. Laparoskopisch durchgeführte Reponierungen sind beim Hund experimentell durchgeführt worden. Um die Rezidivgefahr (6-27%) zu verringern kann der Darm durch eine Enteroplikation fixiert werden. Die Komplikationsrate (Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall, reduzierter Appetit, Obstipationen) übersteigt jedoch die Rezidivrate, wodurch die Enteroplikation ausgewählten Fällen vorbehalten bleibt. 26 Abbildung 1: Invagination von Jejunum in Jejunum Volvulus Der Dünndarmvolvulus ist ein seltenes, aber umso dramatischeres Geschehen. Der Dünndarm dreht sich um die vordere Gekrösewurzel, wodurch die weitere Blutzufuhr unterbunten wird. Die Kompression des venösen und lymphatischen Abflusses führt zunächst zu einer Ödematisierung des Darmes. Durch die Unterbindung des arteriellen Zuflusses folgt dann die ischämische Nekrose. Die Ursache des Volvulus ist nicht geklärt. Beschrieben sind Zusammenhänge mit anderen Erkrankungen des Darmtraktes (lymphozytäre Enteritis, Karzinome des Ileum und Kolon, gastrointestinale FK, zurückliegende gastrointestinale Operationen, stumpfe Traumata, Magendrehungen, exokrine Pankreasinsuffizienz). Eine Rasseprädisposition scheint für den Deutschen Schäferhund und Englischen Pointer zu bestehen, wobei junge erwachsene Tiere, männlichen Geschlechtes und großer Rassen ab häufigsten betroffen sind. Klinische zeigen betroffene Hunde ein sich rapide verschlechterndes Allgemeinbefinden, das von einer Zunahme des Bauchumfanges und vielfach Hämatochezie begleitet wird. Gas und Flüssigkeit sammelt sich in den gedrehten Darmabschnitten an. Die Darmschleimhaut löst sich und gestautes venöses Blut sickert ins Darmlumen. Bakterien vermehren sich rasant, es kommt zur Fäulnis der Mukosa. Ist die Mukosa zerstört entweichen Bakterien in die Bauchhöhle, was eine septische Peritonitis zur Folge hat. Im Anfangsstadium können die Röntgenbefunde zunächst unspezifisch sein. Später zeigt sich ein klassisches Bild mit massiv dilatierten Dünndarmschlingen, die aufgrund des begrenzten Raumes einen parallelen Verlauf annehmen. Der Magen und absteigende Dickdarm verbleiben dabei in ihrer physiologischen Lage. Die Therapie beinhaltet die Zufuhr von Flüssigkeit und Kolloiden und die unmittelbare chirurgische Versorgung. Leider sind bei den meisten Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung die Nekrose des Darmes so weit fortgeschritten, dass eine erfolgreiche Therapie die absolute Ausnahme bildet. Die Rückdrehung und Reperfusion des gedrehten Darmabschnittes kann durch das Auftreten eines Reperfusionssyndromes eine zusätzliche Verschlimmerung bewirken. Nur wenige Fälle einer Drehung des Colons um seine Gekrösewurzel (Colonvolovulus) sind in der Literatur beschrieben. Auch hier scheinen junge adulte Hund großer Rassen prädisponiert zu sein. Vorberichtlich litten die Tiere unterschiedlich lange an Apathie, Tenesmus mit fehlendem Kotabsatz und Vomitus. In einigen Fällen ließen sich die dilatierten Darmschlingen durch ihre Struktur, Größe und Lage röntgenologisch dem Dickdarm zuordnen. Im Gegensatz zum Volvulus des Dünndarmes ist beim Dickdarmvolvulus eine Überlebensrate von 75-100% beschrieben. Das kürzere Gekröse scheint eine weitergehende Drehung und Kompression der Gefäße zu unterbinden. Um ein Rezidiv zu verhindern soll das Colon an der Bauchwand fixiert werden (Colopexie). 27 Abbildung 2: Röntgenbild Volvulus Dünndarmchirurgie Enterotomie: Inzision bis in das Lumen des Darms. Der veränderte Darmteil wird aus der Bauchhöhle geholt und vom Zugang zum Abdomen durch sterile, feuchte Kompressen isoliert. Um den Darminhalt zu minimieren, wird das Lumen ausmassiert und durch einen Assistenten mit den Fingern in einem Abstand von 4-6 cm von der Inzision fixiert und abgedichtet. Es wird eine longitudinale Stichinzision durch die komplette Dicke des intestinalen Lumens an der antimesenterialen Darmseite durchgeführt. Bei einem vorhandenen Fremdkörper wird die Inzision im gesunden Gewebe aboral der Obstruktion durchgeführt. Die Inzision wird mit 3/0 – 4/0 monofilamentem, resorbierbarem Nahtmaterial in Einzelheften verschlossen. Die Nähte müssen die Submukosa als tragende Schicht einbeziehen und werden mit einem Abstand von 2-3 mm zueinander mit extraluminalen Knoten angelegt. Nach dem Verschluss erfolgt eine Dichtigkeitsprüfung. Eine Omentopexie wird über der Inzisionsstelle durchgeführt. Enterektomie und Anastomose: Entfernung eines Segments des Darms mit Wiederherstellung der Kontinuität zwischen den beiden Enden. Zunächst wird die Größe des zu entfernenden Darmteils bestimmt. Die mesenterialen Arterien, die terminalen arkadischen Blutgefäße und die der Vasa recta im mesenterialen Fett werden auf der Höhe der Resektionstelle doppelt ligiert. Der intestinale Inhalt wird aus dem zu resezierenden Darmsegment massiert und die beiden Enden mit der Fingertechnik oder mit einer Darmklemme okkludiert. Der betroffene Darmteil kann so durchgeschnitten werden, dass die Inzision rechtwinklig (Lumen Diameter gleich) oder schief (Diameter des Lumens verschieden, rechtwinklig für den großen Teil und 45 - 60° für den kleinen Anteil) erfolgt. Der Winkel wird so hergestellt, dass der antimesenterialer Rand kürzer ist als der mesenteriale Rand. Das erste Heft wird mesenterial und das zweite Heft antimesenterial gesetzt (ungefähr 180° zum ersten Heft). Die mesenteriale Seite ist wegen des dort vorhandenen Fett am schwierigsten zu platzieren. Hier kommen auch am häufigsten Leckagen vor. Die Knopfhefte werden mit einem Zwischenraum von 2-3 mm platziert. Wenn eine kleinere Diskrepanz im Lumen besteht, kann das durch ausgeglichen werden, dass die Hefte am größten Rand etwas weiter voneinander platziert werden. Um eine größere Diskrepanz im Lumen auszugleichen, kann am kleineren Lumen auf der antimesenterialen Seite ein kleines Dreieck ausgeschnitten werden (Spatulation). Der mesenterialer Defekt wird mit einer fortlaufenden Naht verschlossen ohne die Blutgefäße zu perforieren. Eine Darmanstomose kann auch mit Hilfe von Staplern durchgeführt werden (Seit-zuSeitanastomose). 28 Omentopexie: Fixation des Omentum majus (am Darm). Die Omentopexie verstärkt die Immunabwehr und verbessert die Gefäßund Lymphversorgung. Zusätzlich bietet sie eine geringe Abdichtung der Naht. Serosal Patching: Annähen des antimesenterialen Randes eines Dünndarmabschnitts über die Naht eines abdominalen Organs. Dies bedingt eine Art Schienung einer brüchigen Naht, eine fibröse Lage, einen Schutz gegen Undichtigkeit und eine bessere Blutversorgung im betroffenen Gebiet. Patches epithelisieren innerhalb von 8 Wochen. Es können ein oder mehrere Dünndarmteile zur Formung eines Patches gebraucht werden. Die Darmteile werden aneinander genäht, alle Nähte umfassen Submukosa, Muskularis und die Serosa, aber sollen das Lumen nicht penetrieren. Abbildung 3: Serosal Patching Intestinale Plikation: Fixation eines intestinalen Segments an ein anderes Segement Um ein Rezidiv bei Invaginationen zu verhindern kann eine sogenannte Enteroplikation durchgeführt werden. Der Dünndarm wird vom Duodenum ascendens bis zum distalen Teil des Ileums in Schlangenlinien aneinander gelegt, ohne das scharfe Kurven entstehen. Die Darmschlingen werden durch Einzelnähte in einem Abstand von 6 – 10 cm zusammen genäht. Obstruktionen werden dadurch vermieden, dass die Wendungen nicht zu rechtwinklig angelegt werden. Die Heilung des Dünndarms hängt von verschiedenen Faktoren ab: Eine einschichtig appositionelle Naht führt zu einer primären Heilung und ergibt die festeste Narbe. Eine zweischichtige Naht heilt langsamer durch sekundäre Wundheilung. Wird der Darm einstülpend genäht können Strikturen und/oder Stenosen auftreten. Eine ausstülpende Naht führt zu Verklebungen. Ein frühes bzw. unmittelbares Anfüttern nach einer Darmoperation stabilisiert die Darmflora und hat einen positiven Einfluss auf die Wundheilung und Haltbarkeit der Naht. Eine Nahrungskarenz bewirkt eine Atrophie der Mukosa, senkt die Motilität des Darmes, Bakterien passieren die Darmwand und die Inzidenz von Invaginationen steigt. Abbildung 4: Enteroplikation Literatur: 29 1. Bittig, A., Günther, C., Holste, T., Wigger, A., Kramer, M. (2007) Volvulus des Colon beim Hund: ein seltenes Erkrankungsbild Kleintierpraxis 52, Heft 8, 495-499 3. Morello, E. et al. (2008) Transanal Pull-Through Rectal Amputation for Treatment of Colorectal Carcinoma in 11 Dogs Vet. Surg. 37:420–426 2. Fossum, T. (2002) Small Animal Surgery Mosby, St. Louis 4. Slatter, D. (2003) Textbook of Small Animal Surgery, Third Edition Saunders,Philadelphia Fallvorstellung 30 Chronische Enteropathien beim Hund Silke Schmitz Einleitung: Chronische Enteropathien des Hundes sind ein häufiger Vorstellungsgrund in der veterinärmedizinischen Praxis. Die Symptome bestehen aus chronischrezidivierender Diarrhoe, Vomitus, Anorexie und Gewichtsverlust. Trotz unterschiedlicher Pathogenese sind die klinischen Symptome häufig ähnlich und ein systematisches diagnostisches und therapeutisches Herangehen an den Patienten ist notwendig. Nach Ausschluß infektiöser und metabolischer Ursachen gilt es vor allem die drei Erkrankungskomplexe der Futtermittelhypersensitivität, der idiopathischen Inflammatory Bowel Disease (IBD) und der Antibiotikaresponsiven Enteropathie (ARE) zu differenzieren. Häufig kommen auch neoplastische Prozesse differentialdiagnostisch in Frage und müssen ausgeschlossen werden.1,9 Das praktisches Herangehen an den Patienten mit chronischer Enteropathie ist in Abb. 1 zusammengefasst. Zugrunde liegende Erkrankungen bei chronischer Enteropathie: Die am häufigsten diagnostizierten Erkrankungen sind die Futtermittelhypersensitivität, die idiopathische Inflammatory Bowel Disease (IBD) – zu Deutsch „chronisch-entzündliche Darmerkrankung“ – und die Antibiotika-responsive Diarrhoe (ARD). Leider gleichen sich die histologischen Bilder dieser Erkrankungen, weswegen häufig nur durch ein Ansprechen auf eine empirische Therapie, z. B. eine Eliminationsdiät im Nachhinein entschieden wird, um welche Erkrankung es sich handelt. Gleichgewicht nicht aufrechterhalten werden, entsteht eine chronische unkontrollierte Entzündungsreaktion die schließlich in einer IBD enden kann.4 Experimentelle Studien zeigen, dass dieses Gleichgewicht durch die folgenden drei Mechanismen reguliert wird: Die Mukosabarriere (aufrechterhalten durch das intestinale Epithel), das lokale intestinale Immunsystem und die endogene Mikroflora. Störungen in einem dieser Bereiche können genügen, um eine chronische Entzündung auszulösen.4 Dabei spielt das Fehlen bestimmter Interleukine (L-2, IL-10, TGF-β) eine Rolle.10 Weil diese Faktoren größtenteils T-Zell gebunden sind, konnte damit auch die wichtige Funktion der T-Zellen demonstriert werden (besonders der CD4+ Zellen). Pathogenese der Idiopathischen Inflammatory bowel disease (IBD): Das intestinale Immunsystem ist kontinuierlich einer großen Menge an Antigenen, einschließlich denen aus der Nahrung, Komponenten der endogenen Mikroflora und pathogenen Mikroorganismen ausgesetzt. Dabei ist eine Balance zwischen der Abwehr von Pathogenen und der Toleranz harmloser Substanzen zu gewährleisten. Kann dieses Klinisches Bild: Vomitus, Durchfall und Gewichtsverlust sind die häufigsten klinischen Symptome. Der Appetit der betroffenen Tiere ist variabel; Inappetenz und Anorexie sind häufig, selten tritt allerdings auch Polyphagie 31 auf. Manchmal ist eine postprandiale Schmerzreaktion zu beobachten.6 Anhand der Symptome kann versucht werden, die betroffene Region im Magendarmtrakt zu ermitteln. Erbrechen und Dünndarmdurchfall (wässrig, normale oder leicht erhöhte Absatzfrequenz, Melena, kein Tenesmus, kein frisches Blut oder Schleim) ist häufiger bei Erkrankung des Magens und Dünndarms. Symptome wie eine erhöhte Absatzfrequenz, Tenesmus, frisches Blut und/oder Schleim im Kot sind Anzeichen für entzündliche Veränderungen im Kolon und Rektum (Dickdarmdurchfall). Hämatemesis oder Melena sind Anzeichen schwerwiegenderer Veränderungen und kommen besonders häufig bei der eosinophilen Form der IBD vor.6 Für die idiopathische IBD gibt es keine offensichtliche Geschlechtsprädisposition; die Erkrankung tritt am häufigsten bei mittelalten Hunden auf. Bestimmte Rassen zeigen eine Prädisposition wie z.B. der Deutsche Schäferhund und der chinesische Shar Pei für die lymphoplasmazelluläre Enteritis 9 (LPE). Der Yorkshire Terrier scheint ein bis zu 10-fach erhöhtes Risiko für eine unklassifizierte ProteinverlustEnteropathie zu haben.9 Weiterhin gibt es einige rassespezifische Untergruppen der IBD: Dazu zählen die Gluten-sensitive Enteropathie der Irish Setter, die histiozytäre ulzerative Kolitis (HUC), die vornehmlich bei Boxern auftritt, die immunoproliferative Enteropathie der Basenji, die ProteinverlustEnteropathie der Soft Coated Wheaten Terrier und die Lymphangiektasie der Lundehunde. Diagnostische Tests bei IBD: Hämatologie Gelegentlich findet sich eine geringbis mittelgradige Neutrophilie mit oder ohne Linksverschiebung. Eine Eosinophilie kann bei einer eosinophiler Infiltration der Mucosa vorkommen, ist aber nicht pathognomonisch. Eine Anämie kann vorhanden sein und entweder durch einen chronischen Entzündungsprozess (Begleitanämie chronischer Erkrankungen) oder chronischen gastrointestinalen Blutverlust 3 entstehen. Thrombozytopenien sind im Zusammenhang mit IBD beschrieben worden, die Kausalität bleibt allerdings unklar. Blutchemische Untersuchung Es gibt keine pathognomonischen Veränderungen der Organparameter bei IBD. Hypoalbuminämie und Hypoglobulinämie sind charakteristisch für enteralen Proteinverlust, während eine Hypocholesterinämie eine Malabsorption repräsentieren kann. Die Serumalbuminkonzentration ist laut einer aktuellen Studie ein starker prognostischer Faktor für ein Ansprechen auf Therapie bzw. für den Krankheitsverlauf und –ausgang. Tiere mit einem Blutalbumin < 20 g/l haben signifikant kürzere Überlebenszeiten und sprechen schlechter auf eine Therapie an.1 Weiterhin sind im Zusammenhang mit IBD Hypokalzämien – vermutlich durch Verminderung des Albumingebundenen Kalziums – und Hypomagnesiämien beschrieben.6 Eine „reaktive“ Hepatopathie kann durch die chronische Entzündung des Magendarmtraktes hervorgerufen werden und resultiert in einer milden Erhöhung der Leberenzyme.6 Kotuntersuchung Eine Routine-Kotuntersuchung ist wichtig, um andere Ursachen für Durchfall und intestinale entzündliche Prozesse auszuschließen. Eine parasitologische Untersuchung 32 (inklusive Giardien-Flotation oder Antigennachweis mittels PCR oder ELISA) sowie bakteriologische Untersuchung (inklusive Campylobacter spp. und Salmonella spp.) ist in jedem Fall durchzuführen. Manche Autoren empfehlen auch routinemäßig eine Behandlung mit Fenbendazol (50 mg/kg einmal täglich über 3-5 Tage), da sich Giardien durch ihre intermittierende Ausscheidung nicht immer nachweisen lassen.6 Lassen sich außerdem im Kot erhöhte alpha-1-Proteinase-Inhibitor (α1-PI) Konzentrationen auffinden, kann dies möglicherweise auf ein frühes Stadiun einer Proteinverlust-Enteropathie 8 hinweisen. Folsäure und Kobalamin (Vitamin B12) Die Serumkonzentrationen dieser beiden Vitamine sind von der intestinalen Absorption abhängig, deswegen kann eine entzündliche Reaktion in allen Anteilen des Magendarmtraktes zu subnormalen Serumwerten von Folsäure (proximale Darmanteile) und/oder Kobalamin (distale Darmanteile) führen.6 Obwohl niedrige Kobalaminspiegel nicht pathognomonisch für die IBD sind, sind sie Ausdruck einer Malabsorption und erfordern eine therapeutische Korrektur.6 Ein initialer Kobalaminwert < 200 ng/l ist signifikant mit einem negativen Ausgang korreliert.1 Es wird eine Substitution von 500 µg s.c./ Hund bei Tieren < 15 kg und 1000 µg s.c./ Hund bei > 15 kg als wöchentliche Injektion über 6-10 Wochen empfohlen.1 C-reaktives Protein: In einer Studie wurde C-reaktives Protein (CRP) als Marker des Schweregrades der IBD beschrieben.3 Aktuell konnte dies nicht bestätigt werden, nur bei 7 von 33 Hunden mit chronischen Enteropathien war der CRP-Blutspiegel erhöht.1 Weitere Untersuchungen sind notwendig, um den Zusammenhang zwischen CRP und dem Schweregrad der IBD zu klären. Bildgebende Verfahren Mittels Röntgen können gelegentlich strukturell-anatomische Veränderungen des Magendarmtraktes aufgefunden und meist intestinale Fremdkörper ausgeschlossen werden. Allerdings ist ein Übersichtsröntgen bei der Diagnose der IBD wenig hilfreich. Auch Kontraststudien bieten meist kaum zusätzliche Informationen. Die ultrasonographische Untersuchung des Abdomens ist dem Röntgen vorzuziehen. Die Dicke und Struktur der Darmwand sowie ihre Schichtungen können beurteilt werden. Eine verdickte Darmwand korreliert positiv mit Veränderungen bei IBD.9 Eine aktuelle Studie konnte zeigen, dass hyperechogene Stippchen und Streifen in der Mukosa vor allem bei Lymphangiektasien aufgefunden werden.11 Mittels des Ultraschalls können ebenfalls vergrößerte intraabdominalen Lymphknoten dargestellt werden. Die ultraschall-gestützte Feinnadelaspiration solcher Lymphknoten kann bei der Diagnosestellung extrem hilfreich sein, besonders bei der Abgrenzung der IBD vom intestinalen Lymphom.6 Darmbiopsien und histologische Unterteilungen Die histologische Untersuchung mehrer Darmbiopsien aus unterschiedlichen Lokalisationen ist notwendig, um entzündliche Infiltrate und Lymphangiektasien nachzuweisen und damit eine Diagnose zu stellen. Dies kann entweder mittels Endoskopie (Gastroduodenoskopie ± Colonoskopie) oder Vollschichtdarmwandbiopsie 33 geschehen. Die Vor- und Nachteile der beiden Methoden sind in Tabelle 1 zusammengefasst. 1) Lymphoplasmazelluläre Infiltration Dies ist die häufigste Form der IBD6 und charakterisiert durch die Infiltration der Mukosa mit Lymphozyten und Plasmazellen. Verschiebungen der Immunzellpopulationen wie z.B. ein erhöhter Anteil an CD4+ TLymphozyten, IgG+ Plasmazellen, Makrophagen und Granulozyten sind beschrieben worden.5 Verschiebungen der Zytokin-Zusammensetzungen in der Mukosa wurden ebenfalls untersucht. Vor allem Th1 (IL-2, IL12, IFN-γ), Th2 (IL-5), proinflammatorische (TNF-α) und immunregulatorische Zytokine (TNFβ) werden bei Tieren mit IBD vermehrt exprimiert.5 2) Eosinophile Infiltration Dabei handelt es sich um die zweithäufigste histologische 6 Veränderung bei IBD. Häufig sind nicht nur der Dünndarm, sondern auch der Magen und der Dickdarm betroffen. Histologisch finden sich unterschiedliche architektonische Veränderungen der Mukosa (z.B. Villusatrophie) in Verbindung mit entzündlichen Infiltraten, bei denen eosinophile Granulozyten dominieren. Gastrointestinale Ulcera und Perforationen scheinen gehäuft bei dieser Form vorzukommen.12 Aktivitätsindizes: Erst kürzlich ist der erste IBDAktivitätsindex für den Hund entwickelt worden („canine inflammatory bowel disease activity index“ = CIBDAI).7 Dabei werden anhand klinischer Kriterien Punkte vergeben, die eine Einschätzung der IBD in klinisch unbedeutend bis hochgradig erlauben (Abb. 2). Aktuell wurde dieser Index zum sog. „Canine chronic enteropathy clinical activity index (CCECAI) erweitert.1 Hier werden allerdings weitere Parameter hinzugefügt und ebenfalls je nach Schweregrad mit Punkten beurteilt. Bei diesen Parametern handelt es sich um den Serumalbuminspiegel, das Vorhandensein von Aszites und/oder peripheren Ödemen sowie von Pruritus.1 Beide Indezes erlauben es dem Kliniker ohne grösseren Aufwand, den Schweregrad der Erkrankung zu objektivieren und damit die Prognose besser abzuschätzen. Sie konnen auch zur Kontrolle eines Therapieerfolges eingesetzt werden. Therapie der IBD: Unabhängig vom Typ der IBD beinhaltet die Behandlung meist eine Kombination von diätetischem Management, antibiotischer und/ oder immunsuppressiver Therapie. Bei milden klinischen Symptomen wird ein gestaffeltes Herangehen an die Problematik empfohlen (siehe Abb. 3). Bei schweren klinischen Verläufen kann ein aggressiveres Behandlungsprotokoll und initial massive Immunsuppression vonnöten sein. Diätetisches Management: Diäten, die nur aus einer einzigen, möglichst „neuen“ Kohlenhydrat- und Proteinquelle bestehen sowie hydrolysierte Diäten werden empfohlen. Dabei soll sich der Tierhalter UNBEDINGT auf eine Futtersorte beschränken und diese ausschliesslich fuer 6-8 Wochen verfüttern. Sämtlichen zusätzlichen Futtermittel, Leckerchen o.a. müssen während dieser Zeit gestrichen werden. 34 Antibakterielle Therapie: In manchen Fällen von IBD kann der Einsatz von Antibiotika gerechtfertigt sein; teilweise, um eine Dysbakterie zu behandeln und außerdem, da bakterielle Antigene ein wichtige Rolle in der Pathogenese der IBD spielen. Dabei ist Metronidazol (10 mg/kg 2 x täglich über 3-4 Wochen) das Die Antibiotikum der Wahl.6 Effektivität ist wahrscheinlich auch auf den immunmodulatorischen Effekt auf die zellgebundene Immunität zurückzuführen. Allerdings fehlen – obwohl der klinische Erfolg nach Erfahrung der Autoren zum Teil sehr gut ist – sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin Studien, die dies untermauern. Immunsuppression: Der nächste Schritt bei der Behandlung der IBD, wenn eine rein diätetische Modifikation (richtig durchgeführt!!) und/ oder eine „Kur“ mit Metronidazol nicht erfolgreich war, ist die Immunsuppression. Prednisolon ist beim Hund das Medikament der ersten Wahl; Dexamethason soll wenn möglich vermieden werden, da es negative Effekte auf Enterozyten haben kann. Die Anfangsdosis von 1 mg/kg 2 x täglich wird für 2-4 Wochen verabreicht, und dann langsam über Monate ausgeschlichen.6 Dabei ist eine Reduktion um ca. 25% der Dosis pro Monat anzustreben. Eine klinische Kontrolle sowie ggf. eine Blutuntersuchung zur Überprüfung des Serumalbuminspiegels vor jeder Reduktion ist dabei essentiell. Anzeichen für einen iatrogenen Hyperadrenokortizismus (Polyurie und Polydipsie, Polyphagie und Gewichtszunahme, periphere Muskelatrophie, Hautund Haarveränderungen) sind häufig anzutreffen, und die Besitzer müssen dementsprechend aufgeklärt werden. Auch über Komplikationen der Glukokortikoidtherapie sind die Besitzer zu informieren, dabei ist vor allem an die Möglichkeit einer pulmonalen Thromboembolie, Harnwegsinfektionen oder andere Infektionen durch die Immunsuppression zu denken. Der Einsatz zusätzlicher Immunsuppressiva macht es möglich, die Prednisolondosis geringer zu halten oder – bei Tieren mit deutlichen Nebenwirkungen – zügiger zu reduzieren. Dabei kann Azathioprin eingesetzt werden (1- 2 mg/kg 1x täglich, jeden bis jeden 2. Tag).6 Allerdings dauert es bis zu 3 Wochen, um einen wirksamen Blutspiegel aufzubauen. Nebenwirkungen bestehen vor allem auf das hämatopoetische System (Myelosuppression) und auf Leber (Hepatotoxizität) und Pankreas, deswegen ist ein regelmäßiges Monitoring von klinischen, hämatologischen und blutchemischen Parametern nötig. Seit Kurzem wird vermehrt erfolgreich Cyclosporin A eingesetzt (2,5 – 5 mg/kg 1 x täglich) mit guter Wirksamkeit bei Hunden mit IBD und einer deutlichen Reduktion des CIBDAI-Index.2 Cyclosporin erreicht schneller als Azathioprin einen wirksamen Blutspiegel (ca. 3-4 Tage). Auch bei Hunden mit Proteinverlustenteropathie konnte eine deutliche klinische Besserung mittels Cyclosporin-Therapie erreicht werden, die 7 der 10 Hunde mit PLE in dieser Studie vor der Euthanasie rettete.1 Als Nachteil dieses Medikamentes sind seine relativ hohen Kosten zu nennen. Prognose Die Prognose ist abhängig vom Schweregrad der klinischen Symptome sowie vom Ansprechen auf eine initiale Therapie. In der Regel haben Proteinverlust-Enteropathien und 35 Lymphangiektasien eine schlechtere Prognose.3 Die genannten Aktivitäts-Indices und bestimmte Laborparameter (Serumalbuminkonzentrationen, Cobalamin-Blutspiegel) können als prognostische Faktoren herangezogen werden. Weiterhin können spezifische endoskopische Befunde (wie das Vorhandensein von duodenalen Ulzera) mit einer negativen Prognose vergesellschaftet sein. Die histologischen Veränderungen korrelieren dagegen nicht mit dem Schweregrad der Erkrankung und haben keine prognostische Aussagekraft.1 36 Literatur: 1. Allenspach K, Wieland, Gröne A, Gaschen F. Chronic enteropathies in dogs: Evaluation of risk factors for negative outcome. J Vet Intern Med 2007;21:700-708. 2. Allenspach K, Rüfenacht S, Sauter S, Gröne A, Steffan J, Strehlau G, Gaschen F. Pharmacokinetics and clinical efficacy of Cyclosporine treatment of dogs with steroidrefractory inflammatory bowel disease. J Vet Intern Med. 2006;20:239-244. 3. Craven M, Simpson JW, Ridyard AE, Chandler ML. Canine inflammatory bowel disease: Retrospective analysis of diagnosis and outcome in 80 cases (1995-2002). J Small Anim Pract 2004;45:336-342. 4. German AJ, Hall EJ, Day MJ. Chronic intestinal inflammation and intestinal diseases in dogs. J Vet Intern Med. 2003;17:820. 7. Jergens AE, Schreiner CA, Frank DE, Niyo Y, Ahrens FE, Eckersall PD, Benson TJ, Evans R. A scoring index for disease activity in canine inflammatory bowel disease. J Vet Intern Med. 2003;17:291-297. 8. Murphy KF, German AJ, Ruaux CG, Steiner JM, Williams DA, Hall EJ. Fecal alpha-1 proteinase inhibitor concentration in dogs with chronic gastrointestinal disease. Vet Clin Pathol. 2003;32:6772. 9. Peterson PB, Willard MD. Protein-losing enteropathies. Vet Clin North Am Small Anim Pract. 2003;33:1061-82. 10. Podolsky DK. Lessons from genetic models of inflammatory bowel disease. Acta Gastroenterol Belg. 1997;60:163-5. 11. Sutherland-Smith, Penninck 5. German AJ, Helps CR, Hall EJ, Day MJ. Cytokine mRNA expression in mucosal biopsies from German shepherd dogs with small intestinal enteropathies. Dig Dis Sci. 2000;45:7-17. DG, Keating JH, Webster CR. Ultrasonographic intestinal hyperechoic mucosal striations in dogs are associated with lacteal dilation. Vet Radiol Ultrasound. 2007;48:51-7. 6. Hall EJ, German AJ: Diseases of the Small Intestines. Aus: Textbook of Veterinary Internal Medicine, SJ Ettinger, EC Feldman (Hrsg.), 6. Ausgabe, Volume 2, Seiten 1367-1377, Elsevier Saunders, St. Louis, Missouri, USA. 12. Van der Gaag I, van der LindeSipman JS. Eosinophilic enteritis complicated by partial ruptures and a perforation of the small intestine in a dog. J Small Anim Pract. 1983;24:575-79. 37 Anhang/ Legenden: Abb 1: Algorithmus zur diagnostischen Aufarbeitung eines Patienten mit chronischer Enteropathie. Symptome der chronische Enteropathie (Erbrechen, Durchfall, Anorexie, Gewichtsverlust) Infektiöse Erkrankungen Kotuntersuchung - Flotation/Sedimentation - Giardia (ELISA) - Bakteriologie (incl. Salmonella & Campylobacter) - Virologische Untersuchung wenn angezeigt (PCR, EM) negativ Röntgen Abdomen Organerkrankungen (extra-intestinal) Blutuntersuchungen - Hämatologie - Blutchemie - Urinuntersuchung - cPLI (Pancreatitis) - TLI (EPI) - Ggf. Leberfunktionstest, z.B. post-prandiale Gallensäuren Intestinale Erkrankung Endokrine Erkrankungen - ACTH stimulationstest - T4 und TSH normal Charakterisierung der Erkrankung Folsäure/ Kobalamin Alpha 1proteinaseInhibitor (α1PI); ggf. CRP Ultraschall Abdomen Ggf. FNA von veränderten Organen Hinweise auf Proteinverlust; Entzündung Verdachtsdiagnose idiopathische Inflammatory Bowel disease (IBD) Kein Hinweis auf Obstruktion/ Invagination/ Fremdkörper/ Organomegalie Hinweis auf Malabsorption Biopsieentnahme - Gastroduodenoskopie/ Colonskopie - Vollschichtdarmbiopsie 38 Abb. 2: Canine inflammatory bowel activity index (CIBDAI) A. Aktivität/ Verhalten B. Appetit C. Erbrechen D. Kotkonsistenz E. Kotabsatzfrequenz F. Gewichtsverlust Bewertung: 0-3 0= normal 1= geringgradig abnormal 2= mittelgradig abnormal 3= hochgradig abnormal Summation der 6 Variablen Gesamt-CIBDAI Score 0-3 4-5 6-8 >9 Klinisch unbedeutend Milde IBD Mittelgradige IBD Hochgradige IBD 39 Abb 3: Therapeutisches Vorgehen bei unkomplizierter idiopathischer IBD. Eliminationsdiät: Neue-Protein-und-Kohlehydrat Diat Hydrolysiertes Futter Mindestens 6-8 Wochen Wenn kein Erfolg nach 3 Wochen oder zusätzlich bei vornehmlicher Dickdarmsymptomatik Antibiotischer Therapieversuch: 10 mg/kg Metronidazol 2 x täglich 3-4 Wochen Bei starker Symptomatik auch schon früher, aber NIE vor der BiopsieEntnahme ! Prednisolon: 2 mg/kg 2 x täglich fur 3 Tage, dann 1 mg/kg 2 x täglich 3-4 Wochen, dann alle 3-4 Wochen um 25% reduzieren! Niedrigstmögliche Dosis beibehalten! Bei ausbleibender Besserung Cyclosporin: 2.5 mg/kg 1 x täglich, wenn keine Anorexie 5 mg/kg 1 x täglich auf Dauer Azathioprin: 1-2 mg/kg 1 x täglich Tabletten nicht teilen! 40 Tab. 1: Vor- und Nachteile der endoskopischen und chirurgischen Magendarmbiopsie Endoskopische Magendarmbiopsie Vorteile • • • • • Nachteile • • • • Chirurgische Magendarmbiopsie Minimal-invasiv Erlaubt die Betrachtung der Schleimhautoberfläche und gezielte Biopsie-Entnahme Grosse Anzahl von Biopsien möglich Minimale Komplikationsrate Glukokortikoide können direkt nach der Diagnosestellung gegeben werden • Nur proximale Dünndarmanteile können erreicht werden (gelegentlich Ileum?) Biopsien sind oberflächlich, klein im Vergleich und können Quetschartefakte aufweisen Endoskopie-Ausrüstung notwendig Endoskopie-erfahrene Person zur Durchführung nötig • • • • • • Fokale Läsionen koennen gezielt bioptiert werden Die Betrachtung (und ggf. Biopsie) anderer intraabdominaler Organe ist möglich Bietet die Möglichkeit eines therapeutischen chirurgischen Eingriffs Grosse Vollschichtdarmbiopsien können entnommen werden Höhere Komplikationsrate/ Wundheilungsstörungen/ Wundinfektionen Anzahl der Biopsien ist in der Regel geringer als bei der Endoskopie Therapie mit Glukokortikoiden muss wegen der Wundheilung verzögert werden 41 Tumoren des Dünn- und Dickdarmes beim Hund Martin Kessler • Tumoren des Dünndarmes Tumoren des Darmes sind insgesamt selten bei Hunden, wobei Tumoren des Kolons und Rektums häufiger vorkommen als Neoplasien des Dünndarmes. Nach ihrem Ursprungsgewebe lassen sich die Tumoren des Gastrointestinaltraktes in epitheliale, neuroendokrine, hämatopoietische und mesenchymale Neoplasien einteilen1,2. Im Dünndarm sind ca. 90 % aller Tumoren bösartig. In absteigender Reihenfolge der Häufigkeit finden sich Adenokarzinome, maligne Lymphome, GIST-Tumore, Leiomyosarkome und Karzinoide. Die wichtigsten benignen Tumoren des Dünndarmes sind Adenome und Leiomyome. Eine Rasseoder Geschlechtsprädisposition besteht nicht. Adenokarzinome stellen sich häufig als zirkulärer Tumor mit Einengung des Darmlumens dar, seltener kommt es zu intraluminalen Wuchsformen, bei denen der Tumor in das Darmlumen 3,4 hineinwächst . Adenokarzinome neigen nach Infiltration der Darmwand zur transmuralen Ausbreitung durch die Serosa und anschließender Infiltration bzw. Abklatschmetastasierung in umliegende Organe. Zum Zeitpunkt der Diagnose ist ein Großteil der Tumoren im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium. Metastasen finden sich bei Karzinomen in erster Linie in den Mesenteriallymphknoten, Fernmetastasen sind eher selten. GIST-Tumoren und Leiomyome bzw. Leiomyosarkome wurden früher allgemein als eine Gruppe betrachtet, anhand immunhistochemischer Färbungen konnte jedoch in jüngster Zeit gezeigt werden, dass GIST-Tumoren eine eigenständige Kategorie darstellen5. Leiomyome/sarkome gehen von der glatten Muskulatur aus und zeigen positive immunhistochemische Färbung für Vimentin, Desmin und Alpha-smooth muscle actin (α-SMA). Demgegenüber entstammen die GIST-Tumoren den gastrointestinalen Schrittmacherzellen (Cajal’sche Zellen) und unterscheiden sich von den Tumoren der glatten Muskulatur v.a. durch den positiven Nachweis von cKIT (CD 117), einem TyrosinkinaseRezeptor der Zellmembran. Allerdings gibt es auch GIST-artige Tumoren mit c-KIT negativer Anfärbung (sog. „GIST-like tumors“). GIST-Tumore und Leiomyosarkome zeichnen sich durch langsames, infiltratives Wachstum aus. Die Metastasierung erfolgt erst spät5-7. Benigne mesenchymale Tumoren (Leiomyome) sind im Darm weit seltener als im Magen und können beträchtliche Größe erreichen, bevor klinische Symptome auftreten. Das gastrointestinale maligne Lymphom lässt sichin zwei Erscheinungsformen einteilen: Bei der ersten kommt es zur Entstehung eines soliden Tumors, der nodulär, plaqueartig oder zirkulär wachsen kann und oftmals zur Verlegung des Darmlumens und zur Schleimhautulzeration führt. Hiervon lässt sich eine zweite diffuse Form unterscheiden, die mit einer Infiltration des gesamten Darmes bzw. großer Darmabschnitte mit lymphatischen (bzw. lymphoblastischen) Zellen einhergeht. Bei dieser Form des Lymphoms kommt es nicht zur Verlegung des Darmlumens, vielmehr entwickelt sich ein Malabsorptionssyndrom, das mit Abmagerung und chronischem Durchfall einhergeht. Die mesenterialen Lymphknoten, Leber und Milz sind beim malignen Lymphom häufig mit einbezogen. Während bei der Katze die lymphoplasmazellulären Enteritis (IBD) als präleukotische Erkrankung gilt, wird dieser Zusammenhang beim Hund noch 42 diskutiert. Immunhistologisch sind die meisten gastrointestinalen Lymphome beim Hund T-Zell Lymphome (CD3 positiv, CD79a negativ)8. Intestinale Karzinoide sind sehr selten. Sie gehen von den neuroendokrinen Zellen der Darmmukosa aus und entstehen beim Hund am häufigsten im Kolon, Rektum und Duodenum. Es kommen sowohl zirkuläre als auch knotige Erscheinungsformen vor. Die Tumoren weisen als Charakteristikum intrazytoplasmatische sekretorische Granula auf und lassen sich durch immunhistologische Darstellung von Synaptophysin und Chromagranin von anderen Darmtumoren unterscheiden. Sie zeigen Lokalinfiltration in das Mesenterium, aber auch Lymphknotenund gelegentlich Lebermetastasen3. Die Symptomatik von Dünndarmtumoren ist oft unspezifisch, nur weniger als die Hälfte der Patienten zeigt Symptome, die eindeutig auf eine Erkrankung des Intestinaltraktes hinweisen. Am häufigsten treten Erbrechen, chronischer Gewichtsverlust, Anorexie, abdominaler Schmerz, Durchfall und Meläna auf. Während bei duodenalen und proximal jejunalen Tumoren vorwiegend Erbrechen auftritt, kommt es bei Lokalisationen in distalen Darmabschnitten eher zu chronischen Symptomen und Gewichtsverlust. In einigen Fällen treten akute Symptome eines Ileus oder einer Peritonitis auf. Nicht lumenverlegende GIST-Tumoren oder Leiomyosarkome sind gelegentlich symptomfreie Zufallsbefunde. Röntgenologisch finden sich in Nativaufnahmen nur bei einer Minderzahl der Patienten Hinweise auf ein tumoröses Geschehen. Pathologische Gasansammlungen im Darm können auf ein obstruktives Geschehen hindeuten. Freie Luft in der Bauchhöhle oder ein Bauchhöhlenerguss finden sich nur selten. Auch eine Kontrastpassage mit Bariumsulfat ist nur bei etwa der Hälfte der Patienten diagnostisch. Hier lassen sich ein Kontrastmittelstopp, eine lokalisierte Darmwandverdickung oder zirkuläre Einengungen des Darmlumens nachweisen. Besser geeignet zur Diagnostik ist der Ultraschall mit dessen Hilfe sich verdächtige Läsionen verhältnismäßig gut dem Darm zuordnen lassen. Tumoren stellen sich als lokalisierte Wandverdickung mit Auflösung des physiologischen Wandaufbaus dar. Bei Tumoren, die einen (Sub-)ileus hervorrufen, findet sich proximal des Tumors meist eine Dilatation des Darmes mit Stase der Ingesta. Die diffuse Form des Darmlymphoms lässt sich sonographisch kaum nachweisen4. Die häufigste Laborveränderung bei Hunden mit Dünndarmtumoren ist eine mikrozytär-hypochrome Anämie, die sich auf chronische Blutungen in das Darmlumen zurückführen lässt und bei etwa 40 % der Tiere auftritt. Daneben liegt häufig eine Leukozytose mit Neutrophilie und Monozytose sowie Hypoproteinämie vor. Tumoren der glatten Muskulatur gehen gelegentlich mit einer paraneoplastischen Hypoglykämie einher9. Die Therapie der Wahl bei Tumoren des Dünndarmes ist die chirurgische Resektion des betroffenen Darmabschnitts10. Die Resektion sollte proximal und distal des Tumors einen Rand von mindestens 5 cm gesunden Darms einschließen und die Resektionsränder sollten histologisch auf eine komplette Resektion hin untersucht werden. Die Chirurgie von Tumoren des proximalen Duodenums ist problematisch, da der Gallengang und die Ausführungsgänge der Bauchspeicheldrüse erhalten werden müssen. Tumoren des Ileums machen in der Regel eine Resektion des Caekums und eine Anastomose des Ileums mit dem Kolon erforderlich. Die Darmanastomose erfolgt End-zu-End oder Seit-zu-Seit unter Verwendung monofilamenten Nahtmaterials. Bei Resektion des Ileum-CaekumKolonübergangs empfiehlt sich eine Seit43 zu-Seit Anastomose. Vergrößerte Lymphknoten oder verdächtige Läsionen der Leber oder anderer Bauchhöhlenorgane sollten stets biopsiert werden. Auch bei solitären Lymphomen des Gastrointestinaltraktes ist bei Resezierbarkeit zur Operation zu raten, v.a. dann, wenn eine intestinale Obstruktion oder Ulzeration vorliegt. Besteht Verdacht auf ein diffuses Lymphom sind „volle Dicke“ Biopsien verschiedener Darmabschnitte vorzunehmen und darüber hinaus auch die mesenterialen Lymphknoten, Milz und Leber biopsiert werden. Eine Chemotherapie ist nur bei leukotischen Tumoren Erfolg versprechend. Die Darmnaht und der Verschluss der Bauchhöhle erfolgen mit langsam resorbierbarem Nahtmaterial, da aufgrund der adjuvant durchzuführenden Chemotherapie von einer verminderten Wundheilung ausgegangen werden muss. Grundsätzlich ist bei allen Lymphomen, auch bei scheinbar „kompletter Resektion“, eine adjuvante Chemotherapie anzuraten. Bei Tumoren des Dünndarmes kann die Prognose günstig sein, sofern eine komplette Resektion möglich ist und keine Metastasen vorliegen10. In einer Studie mit 39 Hunden lag die mediane Überlebenszeit nach Darmresektion bei 10 Monaten, und 40% bzw. 33% der Patienten überlebten 1 bzw. 2 Jahre. Die Überlebenszeiten für Hunde mit Metastasen lag median bei 3 Monaten, während Tiere ohne Metastasennachweis im Median 15 Monte überlebten10. Einer neueren Studie zufolge lag die mediane Überlebenszeit bei 15 Hunden mit Adenokarzinomen bei 233 Tagen4. Bei Hunden mit Leiomyosarkomen und GIST-Tumoren ist bei kompletter Resektion die Prognose verhältnismäßig günstig. In einer aktuellen Studie überlebten 63 bzw. 52% von 42 Hunden 1 bzw. 2 Jahre5. In einer anderen Studie mit 14 Hunden lag die median Überlebenszeit bei 21,3 Monaten, die 1bzw. 2-Jahres Überlebensrate bei 75 bzw. 66%. In dieser Studie hatten auch Hunden mit nachgewiesener Metastasierung zum Zeitpunkt der Operation eine verhältnismäßig lange Überlebenszeiten (Durchschnitt 21,7 Monate)7. Die postoperative Prognose von Tieren mit Adenomen oder Leiomyomen ist sehr gut. Beim gastrointestinalen Lymphom ist allgemein von einer schlechteren Prognose im Vergleich zum multizentrischen Lymphom auszugehen11. Das solitäre Darmlymphom ist prognostisch besser als die diffuse Form. • Tumoren des Kolons und Rektums Die Inzidenz von Tumoren des Dickdarmes ist bei Kleintieren weitaus niedriger als beim Menschen. Beim Hund gehen ca. 40 % aller intestinalen Tumoren vom Dickdarm oder Rektum aus. In der Regel sind ältere Tiere betroffen. Beim Hund liegen zwar keine statistisch abgesicherten Angaben vor, doch wird beim West Highland Terrier, Deutschen Schäferhund und Pudel von einem häufigeren Auftreten berichtet. In einer Studie mit 80 Hunden mit kolorektalen epithelialen Tumoren lag das Durchschnittsalter bei 6,9 Jahren (1-12,5 Jahre)12. Beim Hund treten v.a. folgende Tumortypen auf: adenomatöser Polyp, Adenokarzinom, malignes Lymphom, GIST-Tumoren, Leiomyom, Leiomyosarkom und Karzinoide. Beim Hund sind 88 % aller Adenokarzinome im Bereich des Rektums und nur 12 % im Kolon lokalisiert12,13. Adenomatöse Polypen sind benigne und metastasieren nicht. Wie beim Menschen geht man jedoch davon aus, dass sich Adenome zu Adenokarzinomen weiterentwickeln können, entsprechend werden sie histologisch in Atypiegrade (IIII) eingeteilt. Die Es wird vermutet, dass eine Mutation des p53 (Tumor-Suppressor Gen) bei der malignen Transformation eine Rolle spielt. Die immunhistologische Darstellung von p53 Überexpression ist jedoch ohne prognostische Aussagekraft12. 44 Einer Studie zufolge kam es bei 18% der Patienten zur malignen Transformation des Tumors14. Die Metastasierungsneigung kolorektaler Adenokarzinome beim Hund scheint verhältnismäßig niedrig zu sein. Keiner von 78 Hunden einer Studie zeigte Anzeichen von Metastasen12. Trotzdem wird vereinzelt von Metastasen berichtet, die sich oft an sehr ungewöhnlichen Stellen befinden (z. B. Haut, Meningen). Leimyome/-sarkome und GIST-Tumoren finden sich v.a. im Bereich des Caekums und ileocaekalen Übergangs, seltener weiter distal im Kolon und Rektum5,7. Kolorektale maligne Lymphome treten in mehr als der Hälfte der Fälle als solitäre Tumoren auf. Der Literatur zufolge hatten zum Zeitpunkt der Diagnose 40 % der Tiere zusätzliche leukotische Tumormanifestationen außerhalb des Gastrointestinaltraktes. Karzinoide finden sich beim Hund bevorzugt im Bereich des Kolons und können in die Leber metastasieren3. Die klinischen Symptome kolorektaler Tumoren ähneln denen anderer Dickdarmerkrankungen (Tenesmus, Hämatochezia, Schleimbelag auf dem Kot, Durchfall oder Verstopfung). Gelegentlich kann es zum Rektumvorfall oder zum Vorfall des Tumors selbst kommen. Bei Tieren mit bösartigen Tumoren ist die Zeitdauer zwischen dem ersten Auftreten klinischer Symptome und der Diagnose meist relativ kurz (im Durchschnitt 12 Wochen), bei Adenomen, Polypen oder anderen benignen Tumoren kann sie jedoch mehrere Jahre betragen. Bei zwei Dritteln der Hunde kann die Neoplasie rektal palpiert werden. Eine proktoskopische (koloskopische) Untersuchung ist bei Verdacht auf eine Neoplasie stets indiziert, da sie neben einer vollständigen Untersuchung des Enddarmes auch eine Biopsienahme ermöglicht. Relativ häufig liegt zusätzlich zu einer fokalen Veränderung auch eine diffuse Infiltration vor, weshalb dringend anzuraten ist, zusätzlich zur Biopsie der sichtbaren Läsion mehrere Biopsien aus der makroskopisch unverändert erscheinenden Umgebung zu entnehmen. Grundsätzlich sollte eine histopathologische Diagnosestellung erfolgen, da sich auch benigne Polypen durch Ulzeration ein bösartiges Erscheinungsbild aufweisen können. Der makroskopische Befund bei der Endoskopie lässt bereits gewisse prognostische Aussagen zu. Hunde mit solitären, gestielten Tumoren hatten einer Untersuchung zufolge Überlebenszeiten von 32 Monaten, während solche mit knotigen oder Pflasterstein-artigen Läsionen im Durchschnitt nur 12 Monate überlebten. Tiere mit einer tumorbedingten zirkulären Striktur hatten mit einer durchschnittlichen Überlebenszeit von 2 Monaten die schlechteste Prognose12. Die Behandlung der Wahl für Tumoren des Enddarmes ist die chirurgische Exzision. Polypen des Rektums können transanal bzw. nach Vorverlagerung aus dem After mittels Schleimhautresektion kurativ 15 reseziert werden . Haltefäden helfen bei der Vorverlagerung der Darmschleimhaut. Um Rezidiven vorzubeugen, ist es empfehlenswert, die Basis des Polypen mit einem Sicherheitsabstand von mindestens 0,5 cm gesunder Schleimhaut zu resezieren. Für ausgedehnte und konventionell inoperable benigne Tumoren des Rektums wurde als alternative Technik die endoskopische Resektion beschrieben. Hierbei können jedoch fatale Komplikaitonen auftreten und die Maßnahme hat vielfach nur palliativen Charakter16. Bei malignen Neoplasien des distalen Kolons und des Rektums kann eine „Pull-through“-Technik angewendet werden, bei der die Resektion ohne Eröffnung der Bauch- bzw. Beckenhöhle durch Vorverlagerung des Kolons durch den Anus durchgeführt wird17. Dabei erfolgt zunächst ein zirkuläres Umschneidens des Rektums im Bereich der Linea anocutanea und stumpf-scharfem Freipräparieren und Vorziehen des Darmrohres unter Schonung des 45 Analsphinkters. Nach ausreichender Darstellung des tumorösen Darmsegments erfolgt die Rektumamputation. Diese wird schrittweise durchgeführt, wobei jeweils nach Durchtrennung eines Achtels bis Viertels der Zirkumferenz die Anastomose der Enden (proximales Kolon und distales Rektum) erfolgt. Pull-through Techniken sind auch bei Erhalt des Sphinkters mit einer hohen Inkontinenzrate verbunden17. In einer experimentellen Studie bei der ein dorsaler Zugang gewählt wurde, führten Kolonresektionen von mehr als 6 cm stets zur Kotinkontinenz18. Bei intrapelvin gelegenen Läsionen des Kolons kann eine Darmresektion nach ventraler Beckenosteotomie durchgeführt werden19. Weiter proximal gelegene Kolontumoren werden via Laparotomie reseziert. Selbst subtotale Resektionen des Kolons werden verhältnismäßig gut toleriert. Hunde mit Lymphom des Kolons können mit einer Kombination aus Bestrahlung und Chemotherapie, chirurgischer Resektion und adjuvanter Chemotherapie oder einer alleinigen Chemotherapie behandelt werden. Bei chirurgischer Resektion und adjuvanter Chemotherapie mit dem COPProtokoll (Cyclophosphamid, Vincristin, Prednisolon) liegt die mediane Überlebenszeit bei etwa 5 Monaten. Die Prognose kolorektaler Leiomyome ist in der Regel günstig. 46 Literatur: 1. Birchard SJ, Couto GC, Johnson S: Nonlymphoid intestinal neoplasia in 32 dogs and 14 cats. J Am Anim Hosp Assoc 1986; 22: 533-537. 2. Gibbs C, Pearson H: Localized tumors of canine small intestine: a report of twenty cases. J Small Anim Pract 1986; 27: 507-519. 9. Beaudry D, Knapp DM, Montgomery T, et al.: Hypoglycemia in four dogs with smooth muscle tumors. J Vet Int Med 1995; 9: 415-418. 10. Crawshaw J, Berg J, Sardinas JC, et al.: Prognosis for dogs with nonlymphomatous, small intestinal tumors treated by surgical excision. J Am Anim Hosp Assoc 1998; 34: 451-456. 3. Patnaik AK, Hurvitz AI, Johnson GF: Canine intestinal adenocarcinoma and carcinoid. Vet Pathol 1980; 17: 149-163. 11. Frank. JD, Reimer SB, Kass PH, Kiupel M: Clinical outcomes of 30 cases (1997-2004) of canine gastrointestinal lymphoma. J Am Anim Hosp Assoc 2007; 43: 313321. 4. Paoloni MC, Penninck DG, Moore AS: Ultrasonographic and clinicopathologic findings in 21 dogs with intestinal adenocarcinoma. Vet Radiol Ultrasound. 2002; 43: 562-567. 12. Church EM, Mehlhaff CJ, Patnaik AK: Colorectal adenocarcinoma in dogs: 78 cases (1973-1984). J Am Vet Med Assoc 1987; 191: 727730. 5. Maas CP, ter Haar G, van der Gaag I, et al.: Reclassification of small intestinal and cecal smooth muscle tumors in 72 dogs: clinical, histologic, and immunohistochemical evaluation. Vet Surg 2007; 36: 302-313. 6. Kapatkin AS, Mullen HS, Matthiesen DT, et al.: Leiomyosarcoma in dogs: 44 cases (1983--1988). J Am Vet Med Assoc 1992; 201: 1077-1079. 7. Cohen M, Post GS, Wright JC: Gastrointestinal leiomyosarcoma in 14 dogs. J Vet Intern Med 2003; 17: 107-110. 8. Coyle KA, Steinberg H: Characterization of lymphocytes in canine gastrointestinal lymphoma. Vet Pathol. 2004; 41: 141-146. 13. Wolf JC, Ginn PE, Homer B, et al.: Immunohistochemical detection of p53 tumor suppressor gene protein in canine epithelial colorectal tumors. Vet Pathol 1997; 34: 394404. 14. Holt PE, Lucke VM: Rectal neoplasia in the dog: A clinicopathological review of 31 cases. Vet Rec 1985; 116: 400-405. 15. Valerius KD, Powers BE, McPherron MA, et al.: Adenomatous polyps and carcinoma in situ of the canine colon and rectum: 34 cases (1982-1994). J Am Anim Hosp Assoc 1997; 33: 156-160. 16. Danova NA, Robles-Emanuelli JC, Bjorling DE. Surgical excision of primary canine rectal tumors by an anal approach in twenty-three dogs. Vet Surg 2006; 35: 337-340 47 17. Holt PE. Evaluation of transanal endoscopic treatment of benign canine rectal neoplasia. J Small Anim Pract 200; 48: 17-25. 18. Anson LW, Betts CW, Stone EA. A retrospective evaluation of the rectal pull-through technique. Procedure and postoperative complications. Vet Surg 1988; 17:141-146. 19. Anderson GI, McKeown DB, Partlow GD, et al.: Rectal resection in the dog. A new surgical approach and the evaluation of its effect on fecal continence. Vet Surg 1987;16:119-125. 20. Yoon HY, Mann FA. Bilateral pubic and ischial osteotomy for surgical management of caudal colonic and rectal masses in six dogs and a cat. J Am Vet Med Assoc. 2008; 232: 1016-1020. 48 Fallvorstellung 49 Diätetik bei Erkrankungen des Darms F. Conrad Die Ernährung kann eine Schlüsselrolle bei Magen-Darm-Erkrankungen spielen, eine ausführliche Ernährungsanamnese ist daher zu Beginn der Behandlung durchzuführen1. Ziel der Diätetik: Verbesserte Nährstoffverdauung und Absorption, um die Barrierefunktion der Schleimhaut zu erhalten und zu unterstützen und den Verlust der Darmfunktionen (insbesondere Motilität und Immunität) zu vermindern: Nutze den Darm, wenn er funktioniert! Anforderungen an die Nahrung: Der Einsatz hochverdaulicher Proteine (Verdaulichkeit bis zu 95%) zur Schonung des Magen-Darm-Traktes, es müssen weniger Verdauungssäfte sezerniert werden, und nur ein geringer Prozentsatz unverdauliches Restmaterial gelangt in den Dickdarm und begünstigt dort unter Umständen die bakterielle Fermentation. Bei bestimmten Erkrankungen kann der Einsatz von Protein in hydrolysierter Form notwendig sein, um das allergene Potential zu minimieren (z.B.Futtermittelintoleranzen). Fette haben eine Verdaulichkeit von >90% und sind wichtige Energielieferanten, nur bei gestörter Fettverdauung sollte der Fettgehalt unter 10% der Ration betragen. Eine Magen-Darm-Schonkost sollte einen moderaten Kohlenhydratgehalt von hoher Verdaulichkeit, z.B. Reis enthalten (geringer Fasergehalt, Stärke muss aufgeschlossen sein, z.B. durch Erhitzen). Präbiotika wie Fructo-Oligosaccharide unterstützen die gesunde Darmflora, Mannan-Oligosaccharide aus der Hefezellwand verhindern eine Besiedlung mit pathogenen Keimen. Psyllium (Flohsamen) hat eine hohe wasserbindende Kapazität (>das 10 fache des eigenen Gewichts!), sinnvoll einsetzbar als Laxans, Anti-Diarrhoikum und unterstützend bei Obstipation. Zeolith ist ein unlösliches Tonerdemineral und kann zur Absorption toxischer Substanzen und zum Schutz der Darmschleimhaut eingesetzt werden. Glutamin kann in Stresssituationen zur essenziellen Aminosäure werden, da im Krankheitsfall teilungsaktives Gewebe (z.B. Zellen der Darmschleimhaut) einen erhöhten Bedarf haben (Vorläufersubstanz von Nukleinsäuren). Diätetische Empfehlungen2-7 Akute Diarrhoe: 24-48 h Nahrungskarenz (Ersatz des Flüssigkeits- und Elektrolytverlustes oral/parenteral), mit hochverdaulicher Diät über 3-5 Tage anfüttern (suppige Konsistenz). Bei Hunden mit parvoviraler Enteritis sollte nach aktuellen Empfehlungen unmittelbar weiter gefüttert werden, um eine verkürzte Rekonvaleszenz und verbesserte Darmgesundheit zu erreichen. Chronische Diarrhoe: Fasten ist bei diesen Patienten ungünstig, hochverdaulich und an die Ursache angepasst füttern. Gastritis: Bei akutem Erbrechen bis 36 Stunden Nahrungs- und Wasserentzug. Mehrere kleine Mahlzeiten/Tag, suppig füttern (flüssige, fettarme Nahrungsmittel beschleunigen die Magenentleerung), moderat im Fett- und Proteingehalt, die Stärkequelle sollte leicht verdaulich sein (z.B. Reis). Gesamtfasergehalt der Ration < 6 %. Magendrehung (Risikopatienten): Es werden 2-3 Mahlzeiten am Tag zu festen Zeiten unter Ausschaltung möglicher Streßfaktoren empfohlen, Hygiene bei der Fütterung beachten, Begrenzung des Mineralstoffgehaltes (Pufferwirkung auf pH-Wert des Magens), 50 hoher Fettgehalt, max. ein Drittel der Ration vergärbare Substanzen. Momentan wird das nicht erhöhte Füttern favorisiert. (nach Wirkung = Kotqualität) eingesetzt werden. Erbrechen von Gallenflüssigkeit: Mindestens drei Mahlzeiten füttern, insbesondere eine am Abend. Inflammatory Bowel Disease (IBD): Vermeiden potenzieller Allergene, Fütterung einer Eliminationsdiät resp. Nahrung mit ausgewählter (seltener) Proteinquelle, Compliance der Besitzer! Futtermittelunverträglichkeit /intoleranz /-allergie: Mindestens 8 (in seltenen Fällen bis zu 12) Wochen Eliminationsdiät resp. Nahrung mit ausgewählten seltenen Protein/Kohlenhydratquellen mit anschliessendem Provokationstest (erneutes Füttern der „alten“ Nahrung, Diagnose gilt sonst als nicht gesichert). Bei positvem Ergebnis entsprechende Diät lebenslang und ausschließlich beibehalten, Compliance der Besitzer! Glutenenteropathie der Irish Setter: Gliadin-frei füttern (kein Weizen, Roggen, Gerste, Triticale), Reis oder Mais als Kohlenhydratquelle einsetzbar. Proteinverlustsyndrom: Diätetik als Unterstützung der Therapie, Einsatz von hochwertigem Protein, Fett möglichst restriktiv, Supplementierung fettlöslicher Vitamine und Mineralstoffe (2x Erhaltung). Lymphangiektasie: Geringer Fettgehalt in der Ration (ausreichend essenzielle Fettsäuren) und Supplementierung fettlöslicher Vitamine und Glutamin. Obstipation: Erhöhung des Fasergehaltes (bis 15 %) in der Ration, wichtig ist die Kombination unlöslicher (z.B.Zellulose) und löslicher Fasern (z.B. Rübentrockenschnitzel, Pektin aus Karotten). Unlösliche Fasern unterstützten die Darmpassage und binden Flüssigkeit (Kotkonsistenz); lösliche Fasern sind bakteriell fermentierbar und haben eine hohe Wasserbindungskapazität. Als Laxans können Leber oder Laktulose/Laktose in individueller Dosis Chronische Colitis: Ballaststoffreiche Ration zur Steigerung der Darmperistaltik (über Füllung des Darmrohres), positver Nebeneffekt ist die Bildung kurzkettiger Fettsäuren durch bakterielle Fermentation, diese dienen der Ernährung der Darmschleimhaut. Megakolon: Peristaltik kann nicht über die Darmfüllung beeinflusst werden, daher sollte die Ration faserarm und hochverdaulich (also Rückstands arm) sein. Literatur 1 Focus Sonderausgabe „Häufige Irrtümer in Diagnostik und Therapie gastrointestinaler Erkrankungen des Hundes“, 2006 2 Mohr et al, J Vet Intern Med, 17:6, 291-8, 2003 3 Meyer & Zentek, „Ernährung des Hundes“, Parey Verlag, 2005 4 Guilford & Matz, NZ Vet J; 51: 284-291, 2003 5 Willard et al, Am J Vet Res; 55: 654-659, 1994 6 Zentek et al., J Nutr.; 132: 1652S-1654S, 2002 7 German, Zentek in: Pibot, Biourge, Elliot (eds): Enzyklopädie der klinischen Diätetik des Hundes, Aniwa, Paris, pp. 109-133, 2006 51 TENESMUS - OBSTIPATION J. Bokemeyer Der Tenesmus bezeichnet das schmerzhafte Drängen auf Kot (Tenesmus ani) oder Harn (Tensmus vesicae) mit krampfartigem Charakter; meist in Kombination mit geringer oder fehlender Entleerung. Die Gründe für Tenesmus lassen sich im Wesentlichen in 4 Gruppen untergliedern: 1. Kolon- u. Rektumerkrankungen (Obstipationen, Kolitis/Proktitis, Megakolon, Neoplasien, Fremdköper, Rektumprolaps, Rektumstriktur) 2. Anale-u.Perianale Erkrankungen (Analbeutelverstopfung -abszesse – tumoren, Perianalfisteln, Perinealhernien) 3. Urogenitale Erkrankungen (Zystitis/Vaginitis, BlasenHarnröhrensteine, Prostatitis, Prostatazysten – abszesse, Neoplasien) – siehe Wintersymposium 2007 – 4. Andere Beckenhöhlenerkrankungen (Frakturen, Tumoren) Kolon- und Rektumerkrankungen: Als Obstipation bezeichnet man eine verzögerte oder fehlende Entleerung verhärteter, trockener Kotmassen mit Anschoppung im Kolon und Rektum. Die Obstipation ist häufig ein Symptom zahlreicher krankhafter Vorgänge, deren Ursache erst gefunden werden muss. Im Vordergrund stehen dabei die Aufnahme von Fremdmaterial bzw. Fremdkörper (Hund: Knochen!; Katze: Haare), wie auch extraluminale und intraluminale Einengungen. Bei den extraluminalen Veränderungen kommen perirektale- oder peranale Tumoren, Prostataerkrankungen, Perinealhernie und alte Beckenfrakturen in Frage. Intraluminale Veränderungen können Strikturen, Neoplasien, Divertikel/Prolaps und Fremdkörper sein. Aber auch neuromuskuläre Dysfunktionen (Lumbosakrale Rückenmarksveränderung, Störung N. pelvicus, Paraplegien, idiopathischer Megacolon (Ktz.)), Flüssigkeits- und Elektrolytimbalancen (Dehydratation) oder auch Schmerzen beim Kotabsatz (Analbeutelentzündungabszess, Fisteln, Proktitis) können zu Verstopfungen führen. Seltener werden Obstipationen durch Medikamente (Opiate, Anticholinergika, Diuretika) oder Stoffwechselstörungen (Hypothyreose, Hyperparathyreodismus) ausgelöst. Durch die Anschoppung von Kotmassen wird der Darm, der Anfangs mit verstärkter Peristaltik reagiert, passiv gedehnt und es kann zu sekundären Kolitiden kommen. Lähmungen und Dilatationen mit einhergehender Schädigung der glatten Muskulatur, die oftmals irreversibel sind, können folgen. Zu Beginn der Erkrankung ist das Allgemeinbefinden meistens ungestört, später kann allgemeine Schwäche, Dehydratation und Fieber hinzukommen. In der Behandlung steht die Behebung der Grundkrankheit im Vordergrund. Bei geschwächten Tieren sollten zunächst Dehydratationen wie auch Elektrolytimbalancen ausgeglichen werden. Die Entfernung der impaktierten Kotmassen muss in den meisten Fällen in Narkose erfolgen. Dabei wird warme Spülflüssigkeit (Vollelektrolytlösung, Paraffin) mittels eines weichen Katheters rektal eingegeben und der Enddarm anschließend digital ausgeräumt, gegebenenfalls unter begleitender abdominalen Massage der Kotmassen in das Rektum. Oftmals sind mehrere Spülvorgänge notwendig. Eine 52 Enterotomie des Kolons und chirurgische Entfernung der verhärteten Kotmassen muss, wenn irgendwie möglich vermieden werden. Bei chronischen Obstipationen sollte eine ausreichende Zufuhr von Ballaststoffen (ggf. Zufütterung von Weizenkleie) gewährleistet sein. Gleichzeitig können Laxantien (z. B. Lactulose 0,5 ml/kg KM 2-3 x tägl.) verabreicht werden. Die glatte Muskulatur des Kolons kann mit prokinetischen Substanzen zusätzlich angeregt werden (z.B. Cisaprid 0,1-0,5 mg/kg KM 2x tägl.). Der Rektumprolaps ist eine Protrusion der rektalen Mukosa aus dem Anus. Er kann komplett oder inkomplett sein. Als Ursache werden anorektale oder kolonäre Entzündungen, Tumor, Fremdkörper, urethrale Obstruktion, Hernia perinealis, Zystitis, Prostataerkrankungen und Dystokie diskutiert. Klinisch wird eine elongierte, zylindrische Massse aus dem Anus heraushängend gesehen. Die Rektumschleimhaut ist entzündlich, ödematös verändert bis nekrotisch. Als Differentialdiagnose muß die Invagination des Ileum und Kolon in das Rektum ausgeschlossen werden. Pathogenetisch wird eine Schwäche des perirektalen und perianalen Bindegewebes, unkoordinierte peristaltische Kontraktionen und Entzündungen bzw. Ödeme der Rektummukosa angenommen. Die Therapie besteht im einfachen Fall in der Reponierung des vorgefallenen Rektums und einer Tabaksbeutelnaht. Bei länger vorliegendem Prolaps muss eine Kolopexie oder eine Resektion und Anastomose erfolgen. Die Prognose ist bei partiellen oder nur kurzzeitig bestehenden Vorfällen gut, bei häufigen Rezidiven, lang andauernden oder kompletten Prolapse vorsichtig bis schlecht. Primär rektale Tumoren sind beim Hund selten. Tumoren des Kolon und Rektum repräsentieren 35-60% aller gastrointestinalen Zubildungen. Adenomatöser Polyp, kolorektales Adenokarzinom, Leiomyom/Leiomyosarkom, Lymphosarkom, Plasmozytom und das Fibrosarkom sind noch die am häufigsten vorkommenden Tumoren. Die benignen Polypen entstehen aus der rektalen Mukosa, sind fokal, und pendelnd. Viele dieser Tumoren zeigen Anzeichen von Entzündung und Obstruktion. Außerdem werden neben Tenesmus, auch Dyschezie, Hämatochezie und mukoide Kotbeschaffenheit beschrieben. Die Diagnose erfolgt mittels Palpation (rektale Untersuchung), Röntgen (Leer-, Kontraströntgen, Irigoskopie), intrarektaler Ultraschall, Proktoskopie und Biopsie. Bei einer annulären, einengenden Neubildung muss an ein Adenokarzinom gedacht werden. Therapeutisch steht die komplette Exzision an erster Stelle, gegebenfalls schließt sich eine Chemotherapie an. Die Prognose ist bei Polypen und Leiomyomen gut, beim kolorektalen Adenokarzinom schlecht. Die Proktitis tritt beim Hund selten alleine auf. Meist wird sie in Verbindung mit einer Kolitis/Typhlokolotis oder mit Polypen, Traumen oder Rektumprolaps gesehen. Betroffene Hunde zeigen Dyschezie, Hämatochezie, Schmerzen und Tenesmus. Klinisch wird eine verdickte, rektale Mukosa, muko-hämorrhagisches Exsudat und Blut beziehungsweise Schleim im Kot gefunden. Die konservative Therapie wird mit Diäten, systemischerantiinflammatorischer Gabe von Kortikosteroiden und weiteren Medikationen (z.B. Azulfidine) durchgeführt. Eine vor allem ältere Hunde betreffende Erkrankung ist die Rektumstriktur. Sie geht mit Einengung des Lumens durch eine Fibrose oder einer zellulären Proliferation einher. Die Fibrose kann durch rektale Entzündung, anorektale Traumen oder Operationen entstehen, während die Proliferation durch Karzinome hervorgerufen wird. Die klinischen Erscheinungen sind Dyschezie, Tenesmus, dünner Kotstrang oder Diarrhoe. Bei der rektalen Untersuchung werden symmetrische Verdickungen (meist Fibrose) oder asymmetrische Verdickungen (meist zelluläre 53 Proliferation) gefunden. Die Diagnosesicherung erfolgt durch Biopsie. Therapeutisch kommen vor allem palliative Maßnahmen in Frage. Die Prognose ist schlecht bis infaust. Rektale Fremdkörper (häufig Knochen oder Holz) sollen die häufigste Ursache für eine Proktitis beim Hund sein. Anale- und Perianale Erkrankungen: Entzündliche Veränderungen der Analbeutel sind eine häufig anzutreffende Erkrankung beim Hund, jedoch seltener bei der Katze. Anatomisch liegen sie zwischen dem inneren und äußeren Schließmuskel, an der 4 Uhr und 8 Uhr Position am anokutanen Übergang. Es treten Verstopfungen, Entzündungen wie auch Analbeutelabszesse auf. Die genauen Ursachen für ein Auftreten der Erkrankung sind noch ungeklärt. Prädisponierende Faktoren stellen Durchfall, Inaktivität, Perianalfisteln, Darmentzündungen, und Narbengewebe im Analbereich dar. Häufig betroffene Rassen sind der Pudel, Chihuahua und der Schäferhund. Klinisch zeigen sich die verschiedenen Analbeutelerkrankungen mit dem typischen „Schlittenfahren“, Juckreiz, Rötung und teils hochgradigen Schmerzhaftigkeit. Bei Analbeutelabszessen findet man neben einer fluktuierenden Schwellung perianal, im fortgeschrittenden Fall auch Fistelöffnungen aus denen sich eitrig, blutende Flüssigkeit entleert. Der normale Analbeutelinhalt ist klar und blass-braun, bei Verstopfungen wird er dick-pastös, braun-grau und übelriechend. Die Therapie besteht bei Verstopfungen in Entleerung der Analbeutel und gegebenenfalls Instillation von Spülflüssigkeit. Neben häufiger manueller Entleerung (mehrmals täglich!) können bei Entzündungen auch zusätzliche Spülungen mit antibiotischer bzw. antiseptischer Lösung nützlich sein. Auch die Gabe von systemischer Antibiose hat sich bewährt. Abszesse werden eröffnet, drainiert und mit Kochsalzlösungen oder Antiseptika gespült. Bei häufigen Rezidiven (Verstopfung, Entzündung oder Abszess) empfiehlt sich die chirurgische Entfernung der Analbeutel. Analbeuteltumoren sind in der Regel Entartungen der apokrinen Drüsen in der Analbeutelwand, wobei es sich in der überwiegenden Zahl um Adenokarzinome handelt. In der rektalen Untersuchung zeigt sich eine derbe Masse von unterschiedlicher Größe im Bereich der Analbeutelwand. Bei über 50% der Patienten ist zum Zeitpunkt der Vorstellung bereits eine Metatasierung eingetreten, bevorzugte Lokalisation für eine Metastasierung sind die sublumbalen Lymphknoten. Analbeuteladenokarzinome zeigen in 30-50% der Fälle zusätzlich eine Hyperkalzämie, die durch ein Ausschütten einer Parathormonähnlichen Substanz ausgelöst wird. Dieser Pseudoparathyreoidismus kann, neben den Problemen beim Kotabsatz, eine Polyurie/Polydipsie, Muskelschwäche, Erbrechen, Lethargie, und Anorexie auslösen. Therapie der Wahl ist die aggressive chirurgische Exzision der Masse und gegebenenfalls die Entfernung der metastatischen regionären Lymphknoten, evtl. in Kombination mit Bestrahlung oder Chemotherapie. Perianalfisteln stellen eine chronisch progressive Erkrankung der Analregion dar. Obwohl die genaue Pathophysiologie immer noch unklar ist, wird eine immunvermitteltete Genese diskutiert. Betroffen sind vor allem der deutsche Schäferhund, in seltenen Fällen auch der Irish Setter. Die Diagnose wird anhand des klinischen Bildes mit Fistelbildung im Bereich des Anus gestellt. Das Ausmaß der Veränderungen reicht von kleinen punktuellen Öffnungen, bis zu hgr. entzündlichen Veränderungen, die den gesamten Analbereich betreffen. Aus den Öffnungen kann es zu serosanguinöser oder auch purulent-stinkender Exsudation kommen. Die lokale Therapie mit 54 Antibiotika, Kortikosteroiden oder anderen Spülungen haben in der Regel keine Aussicht auf langfristige Erfolge. Für die konservative Behandlung existieren verschiedene Behandlungsprotokolle. Eine häufig durchgeführte Therapie ist die systemische Behandlung mit Ciclosporinen mit unterschiedlichen Dosierungsschemata (1-10 mg/kg KM 2x tägl.). Da die Kosten bei einer solchen Therapie sehr hoch ist, kann die Dosis bei eine gleichzeitigen Gabe von Ketokonazol (5-10 mg/kg KM 1x tägl.) reduziert werden (CAVE: Lebertoxizität). Die Rezidivraten liegen bei solchen kombinierten Therapien zwischen 20-40%. Begleitende Entzündungen und Infektionen können mit sytemischen Gaben von Prednisolon und Antibiose reduziert werden. Chirurgische Möglichkeiten beinhalten die Umschneidung der Fistelgänge, Schwanzamputationen, Kryochirurgie, chemische Kauterisation und Laserchirurgie. Die Rezidivrate liegt jedoch auch hier sehr hoch (bis zu 50 %). Zusätzlich können Komplikationen wie Kotinkontinenz (Verletzung Analsphinkter) oder Strikturen auftreten. Die Hernia perinealis ist eine Schwäche des Diaphragma pelvis, hervorgerufen durch die verminderte Produktion von Androgenen. Wahrscheinlich durch die gonadale Hormonimbalanz kommt es zu einem Auseinanderweichen der den Damm bildeten Muskeln (M. levator ani, M. coccygeus, M. sphincter ani externus). Von dieser Erkrankung sind vor allem ältere Rüden (> 7 Jahre) der Rassen Boxer, Collie, Dackel, DSH und Pekinese betroffen. Meist ist die Hernie auf einer Seite deutlicher ausgeprägt. Prädisponierende Faktoren sind Prostataerkrankungen, Zystitis, Obstruktionen des Urologischen oder des Kolorektalen Traktes, Rektumektasie oder –divertikel, perianale Entzündungen und Analbeutelerkrankungen. Auch das zu kurze Kuppieren der Schwänze wird immer wieder diskutiert. Klinisch werden Obstipation, Tenesmus, Dyschezie, Schwellungen perianal ventrolateral oder ventral, Ulzeration im Bereich des Perineums, Kot- und/oder Harnabsatzprobleme und ein Hammelschwanz gefunden. In die Hernia perinealis können Enddarm (Rektumektasie, -divertikel), Prostata (Prostata mobilis), Blase (Retroflexio vesicae), Bindegewebe, Fett oder Dünndarm vorfallen. Serome werden relativ häufig gefunden. Die konservative Therapie kann nur in den Anfangsstadien der Erkrankung helfen. Meist stellt die operative Wiederherstellung des Diaphragma pelvis das Mittel der Wahl dar. Die am häufigsten durchgeführte Methode ist die nach Moltzen–Nielsen oder die Transposition des M. obturatorius internus. Weitere chirurgische Möglichkeiten sind die Transposition des M. glutaeus superficialis bzw. des M. semitendinosus oder das Einlegen von künstlichen Netzen in den vorhandenen Defekt. Die vorhergehende Kastration ist bei allen Operationen wichtig, um die Rezidivrate soweit als möglich zu reduzieren (50-80%). Komplikationen bei operativen Eingriffen des Rektums oder des Perineums sind vielfältig. Infektion, Dehiszenz, Tenesmus, Rektumprolaps, Dyschezie, Hämatochezie, Inkontinenz, Analstriktur, Flatulenz, Blutung, Rezidiv, Nervenschädigung, urethrale Obstruktion, Strangurie, Dysurie und Blasenatonie können auftreten. 55 Literatur: 1. Slatter, Textbook of Small Animal Surgery, Saunders, 2003 2. Fossum, Small Animal Surgery, Mosby, 2002 3. Ettinger, Feldmann, Textbook of Veterinary Internal Medicine, Saunders 2005 4. O’Neill et al., Effiacacy of combined cyclosporine A and ketoconazole treatment of anal furunculosis, JSAP, 45, 238-243, 2004 5. House at al., Evaluation of the effect of two dose rates of cyclosporine on the severity of perianal fistulae lesions and associated clinical signs in dogs, Vet Surg, 80, 207-211, 2002 56