in def Hals-N asen-Ohren- Heilkunde

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Hans-Peter Zenner
A1lergol0gie
in def Hals-N asen-OhrenHeilkunde
Pathogenese - Klinik - Therapie
Geleitwort von K. Terrahe
Mit 27 Abbildungen
Springer-Verlag Berlin Heidelberg New Yor~.
London Paris Tokyo
Prof. Dr. med. HANS-PETER ZENNER
UniversWitsklinik und Poliklinik fUr
Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten im Kopfklinikum
8700 Wiirzhurg
ISBN-13: 978-3-642-97000-9
DOl: 10.1007/978-3-642-96999-7
e-ISBN -13-: 978-3-642-96999-7
CIP-Kurztitelaufnahrne der Deutschen Bibliothek
Zenner, Hans-Peter:
Allergologie in der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde : Pathogenese - Klinik - Therapie / Hans-Peter
Zenner. Geleitw. von K. Terrahe. - Berlin; Heidelberg; New York; London-; Paris~ Tokyo: Springer,
1987.
ISBN-13: 978-3-642-97000-9
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© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1987
Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1987
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Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit iiberpriift werden.
2122/3130-543210
Geleitwort
Die hals-nasen-ohrenarztliche Behandlung akut und chronisch entziindlicher Schleimhauterkrankungen des oberen Respirationstraktes ist iiber
symptomatische MaBnahmen bisher kaum hinausgekommen. Fortschritte
sind nur zu erwarten von der systematischen Aufschliisselung der atypischen Verhaltensweisen der Schleimhaut selbst. Unter den Funktionsstarungen der als selbstandiges Organ agierenden und reagierenden respiratorischen Mukosa, die sich vereinfachend in hyperergische Immunantworten,
hyperreflektorische Fehlsteuerungen und immunasthenische Infektanfalligkeiten aufgliedern lassen, muB der immunogenen Uberempfindlichkeit
eine besondere pathogene Schliisselrolle fiir manche otorhinolaryngologischen Krankheiten zugesprochen werden. Auch mehren sich die Hinweise
auf die immunogene Natur mancher funktioneller Starungen des Innenohres.
NaturgemaB ist deshalb in den letzten lahren das allergologische Interesse
der in Klinik und Praxis tatigen Hals-Nasen-Ohren-Arzte, ablesbar an
der groBen Teilnehmerzahl allergologischer Fortbildungsveranstaltungen,
sprunghaft gestiegen. Leider fehlte bisher ein Lehrbuch, das sich unmittelbar an den allergologisch aufgeschlossenen Hals-Nasen-Ohren-Arzt wendet, seine Perspektiven aufnimmt und seine speziell auf die Schleimhautdiagnostik und -therapie ausgerichteten Fragen beriicksichtigt. Dieses
wurde nun, gleichsam als Auftragsarbeit, von einem immunologisch vie1seitig tatigen Vertreter unseres Faches vorgelegt.
Der Leser iiberzeuge sich selbst, wie didaktisch einpragsam ihm die the oretischen Grundlagen der Allergologie erschlossen werden und wie betont
ihre praktische Anwendung zu Wort kommt. Mage das Buch iiber sein
eigentlich allergologisches Anliegen hinaus die Immunologie allgemein
mehr in den Blickpunkt der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde riicken!
Stuttgart
K.
TERRAHE
Vorwort
Dieses Buch ist fUr Hals-Nasen-Ohren-Arzte in Klinik und Praxis konzipiert. Die Themensauswahl basiert auf den Erfahrungen, welche die operativ und konservativ aitigen Arzte del' UniversiHits-Hals-Nasen-OhrenKlinik Wiirzburg auf Anregung von Prof. Dr. Walter Kley seit 1975 bei del'
Integration allergologischer Diagnostik und Therapie in die praktische
Otorhinolaryngologie erfahren durften. Die fachspezifische Allergologie
solI eine zweckmaBige Erganzung des operativen und konservativen
Spektrums des Otorhinolaryngologen sein.
Die Zahl del' Patienten, die sich an den Hals-Nasen-Ohren-Arzt aufgrund
allergischer Erkrankungen wendet, scheint zuzunehmen. Auch hat sich das
Wissen yom Wesen allergischer Krankheiten in den letzten zwanzig Jahren
von einer rein klinischen Erfahrung zu einer wissenschaftlich begriindbaren
Denkweise deutlich gewandelt.
Die praktischen allergologischen Erfahrungen einer groBen Zahl arztlicher Mitarbeiter del' Universitats-HNO-Klinik Wiirzburg, welche wahrend
del' klinischen Weiterbildung, wahrend zahlreicher Kurse fUr Hals-NasenOhren-Arzte, durch Praktika und Vorlesungen fUr Medizinstudenten sowie
im AnschluB an Niederlassungen iiber mehrere Jahre gesammelt werden
konnten, erlaubten es, den Bezug dieses Buches zur taglichen HNO-arztlichen Praxis in die Tat umzusetzen. Obwohl ich davon ausgehe, daB die
Mehrzahl del' Leser bereits allergische Patienten betreut, wurde versucht, es
so zu schreiben, daB es auch fiir den HNO-Assiste-nten zum Anfang seiner
Weiterbildung brauchbar ist, wenn er dieses Buch von Beginn an durcharbeitet. Dem praktischen Gebrauch dienen die Gesamtzusammenfassung
des Buches mit Verweis auf detaillierte Einzelkapitel sowie die Zusammenfassungen, welche jede Thematik im Verlaufe dieses Buches einleiten. Die
methodischen Angaben zu allergologisch-diagnostischen Verfahren und
ihre graphische Heraushebung im Rahmen dieses Buches sollen einen
direkten Zugriff fUr ihre un mittel bare klinisch-praktische Verwirklichung
erlauben. Auf del' anderen Seite solI dieses Buch dem erfahrenen HalsNasen-Ohren-Arzt ein tagliches kleines Handbuch sein, urn Einzelpunkte
sofort nachschlagen zu konnen. Hierzu dient ein ausfUhrliches Stichwortverzeichnis. Die Gliederung des Textes anhand zahlreicher Randiiberschriften erlaubt es, Bekanntes innerhalb eines aufgefundenen Textabschnittes
ziigig zu iiberfliegen und sich dem Gesuchten zuzuwenden. Benotigt das
aufgefundene Kapitel Grundlagenwissen fUr sein Verstandnis, so fUhren
Verweisungen sofort zu anderen Teilen des Buches, ohne daB StichwortodeI' Inhaltsverzeichnis erneut bemiiht werden miissen.
Die Entdeckung del' IgE-Antikorper und del' Nachweis ihrer iiberragenden
Rolle in del' Pathophysiologie allergischer Erkrankungen yom Soforttyp
VIII
V orwort
bildet dabei eine wesentliche wissenschaftliche Grundlage, urn die erstaunlichen Prinzipien echter Allergien in der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde zu
definieren, Wege fUr eine moderne, rationelle Diagnostik zu weisen, die.
Abgrenzung von klinisch ahnlich erscheinenden Krankheitsbildern zu vollziehen und der damit bisher verbundenen Nomenklaturkonfusion ein Ende
zu setzen. Dieses Buch orientiert sich daher an den Grundprinzipien modernen klinisch immunologischen Denkens. Es ist nicht enzyklopadisch angelegt, sondern als Leitfaden fur ein Verstandnis angelegt. Dies umfaBt auch
die Erkenntnis, daB noch groBe wissenschaftliche Lucken bestehen und
zahlreiche klinische Beobachtungen nicht erklart werden konnen. Andererseits stellen ungeloste Probleme eine besondere Herausforderung dar, so
daB dieses Buch es auch zum Ziel hat, auf Widerspruchliches und kontrovers Diskutiertes hinzuweisen, damit der Leser sich selbst in der Zukunft
eine eigene Meinung zu offenen Fragen bilden kann. Erschien es mir reizvoll, so habe ich unverstandene Fakten nicht nur beziehungslos nebeneinandergestellt, sondern Hypothesen fur ein klinisches Verstandnis gewagt
und der Kritik des Lesers anheimgestellt.
Zur Weiterbildung uber den Rahmen dieses Buches hinaus sind ausgesuchte Literaturstellen am SchluB des Buches angegeben.
Dieses Buch ist zwar von einem Autor geschrieben, an seiner Entstehung
waren jedoch andere wichtige Personlichkeiten beteiligt. Es wurde durch
den derzeitigen Prasidenten der Deutschen Gesellschaft fUr Hals-NasenOhren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Prof. Dr. Klaus Terrahe sowie
durch den Springer-Verlag angeregt. Fachkundige Kollegen haben es auf
sich genommen, das Manuskript in den Phasen der Entstehung dieses
Buches kritisch durchzusehen, so daB ihre wertvollen Anregungen zur Verbesserung miteinflieBen konnten. HierfUr bin ich in besonderem MaBe
Herrn Prof. Dr. Walter Kley, Direktor der Universitasklinik und Poliklinik
fur Hals-Nasen-Ohren-Kranke Wurzburg dankbar sowie Herrn Prof. Dr.
Klaus Terrahe, Direktor der HNO-Klinik des Katharinenhospitals Stuttgart, als auch den Mitarbeitern Dr. Ulrike Heller, Ulrike Zimmermann und
Ursula Kepp aus Wurzburg. Die Herstellung des Manuskriptes ware ohne
Frau Lieselotte Kunz, Frau Jutta Stark sowie Frau Ingrid Schaffner nicht
moglich gewesen. Herr Bergstedt yom Springer-Verlag war auBerordentlich
bemuht, die Wunsche des Autors fUr die Ausstattung und Gliederung des
Buches zu erfullen.
Uber Vorschlage der Leser fur Verbesserungen wurde ich mich freuen.
Wurzburg
HANS-PETER ZENNER
Inhaltsverzeichnis
A.
Einfiihrung
1
B.
Immunologische Grundlagen . .
9
1.
Grundfunktionen des Immunsystems
10
2.
Lymphozyten..
11
3.
Antikorper...
13
4.
4.1
4.2
4.3
4.4
Immunreaktionen
Klassifikation in humorale und zellulHire Immunreaktionen
Klassifikation nach dem klinisch-zeitlichen Verlauf
Klassifikation nach Coombs und Gell . . . .
Klassifikation am Beispiel der Rhinitis Allergica
17
17
18
18
20
C.
Allergische Rhinitis . . .
21
1.
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
Klinik..........
Saisonale allergische Rhinitis
Perenniale allergische Rhinitis
Perennial-saisonale allergische Rhinitis
Chronischer Verlauf und Exazerbationsformen .
Akute Exazerbationsformen und Komplikationen
21
23
24
25
25
2.
2.1
2.2
2.2.1
2.2.2
2.2.3
2.3
2.3.1
2.3.2
2.4
Pathophysiologie der allergischen Rhinitis .
Funktion der Nase
Schritt 1: Allergene
Saisonale Allergene
Perenniale Allergene
Berufsallergene . .
Schritt 2: Immunologische Phase durch IgE-Antikorper
Erstkontakt und Sensibilisierung. . . . . . . .
Zweitkontakt und Symptomauslosung . . . . .
Schritt 3: Biochemische Phase durch Mediatoren .
3.
3.1
3.2
3.2.1
3.2.2
3.2.3
3.3
Anamnese der allergischen Rhinitis . . . . . .
Die allergologische Eigen- und Familienanamnese
Die allergologische jetzige Anamnese
Aeroallergene . . . . . .
Nutritive Allergene . . . . . . .
Arzneimittel als Allergene . . . .
Die allergologische wiederholte Anamnese
26
26
26
28
29
32
35
36
36
37
38
42
43
44
44
46
47
48
X
Inhaltsverzeichnis
4.
4.1
4.2
4.3
4.4
Allgemeine Diagnostik . . . . . .
Inspektion und Rhinoskopie
Rontgendiagnostik und Sonographie
Zytologie und Histologie .
Rhinomanometrie. . . .
48
48
49·
50
51
5.
5.1
5.1.1
5.1.2
Spezielle Allergiediagnostik
Hauttestung . . . . . .
Auswahl des Testortes . .
Auswahl der Testmethode
5.1.2.1 Pricktest. . . . .
5.1.2.2 Intrakutantest . .
5.1.2.3 Reibtest und Scratch-Test
Auswahl der Allergene . . . . .
5.1.3.1 Allergenspezifitat . . . .
5.1.3.2 Auswahl der Allergenkonzentration
5.1.3.3 Auswahl der Allergenextraktqualitat .
Testergebnisse . . . . . . . .
Interpretation der Testergebnisse .
5.1.5.1 Der positive Hauttest . .
5.1.5.2 Falsch-positive Hauttests
5.1.5.3 Falsch-negative Hauttests
Komplikationen bei Kutantestungen
Provokationstests . . . . . . . .
Nasaler Provokationstest . . . . .
5.2.1.1 Durchfiihrung des Intranasaltests
5.2.1.2 Auswertung des Intranasaltests .
5.2.1.3 Komplikationen und Kontraindikationen des nasalen
Provokationstests . . . . . .
Sonstige Provokationstests . . . . . . . .
In-vitro-Laboratoriumsuntersuchungen...
Gesamt-IgE-Bestimmung im Serum (PRIST)
Allergenspezifische IgE-Bestimmung im Serum (RAST)
Histaminfreisetzung und Degranulation peripherer basophiler
Leukozyten. . . . . . .
Umgebungsuntersuchungen
51
51
52
53
53
56
56
58
58
61
61
62
64
64
66
67
68
68
68
69
70
5.1.3
5.1.4
5.1.5
5.1.6
5.2
5.2.1
5.2.2
5.3
5.3.1
5.3.2
5.3.3
5.3.4
6.
Differentialdiagnose...
6.1 Entziindungen . . . . .
6.1.1 Mediatoren-vermittelte Rhinitiden
6.1.1.1 Rhinitis vasomotoria
6.1.1.2 Infektimmunopathie .
6.1.2 Eosinophile Rhinitis . . . .
6.1.3 Chemisch induzierte Rhinitis
6.1.3.1 Rhinitis medicamentosa
6.1.3.2 Arzneimittel-induzierte Rhinitis
6.1.4 Spezifische und unspezifische Rhinitiden
6.2 Mechanisch-anatomische Obstruktion der Nasenatmung
6.2.1 Polyposis nasi. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
73
74
75
76
78
78
80
82
82
82
83
84
84
84
85
88
88
89
Inhaltsverzeichnis
7.
7.1
7.1.1
7.1.2
XI
Therapie der allergischen Rhinitis
Kausale Therapie .
Karenz. . . . . .
Hyposensibilisierung
7.1.2.1 Indikation .
7.1.2.2 Zahl der Allergene im Therapieextrakt
7.1.2.3 Dosierung . . . .
7.1.2.4 Zeitpunkt . . . .
7.1.2.5 Kontraindikationen
7.1.2.6 Komplikationen
7.2 Symptomatische Therapie
7.2.1 Antiallergika . . . . . .
7.2.2 Praktische Anwendung der Antiallergika
7.2.2.1 Kurzzeitmedikation . . . . . .
7.2.2.2 Langzeitmedikation . . . . . .
7.2.3 Operationen als symptomatische Therapie .
90
91
91
93
95
96
97
101
103
104
105
105
107
107
108
109
8.
8.1
8.2
8.3
8.4
8.5
Allergenextrakte...........
Die Bedeutung der Extrakte fUr den Arzt
Reinheit . . . . . . . .
Standardisierung . . . .
Stabilitat und Handhabung
Arztliche Rezeptur. . . .
110
110
111
112
114
115
D.
Allergologiscbe Notfille .
117
1.
Obersteigerte Lokalreaktion
119
2.
Leichte Allgemeinreaktion
119
3.
Starke Allgemeinreaktion .
119
4.
Anaphylaktischer Schock .
120
E.
Extranasale Allergien und Pseudoallergien
123
1.
1.1
1.2
Kopf . . . . . . . . . .
Quincke-Odem des Gesichtes
Cephalgien. . . . . . . .
123
123
127
2.
2.1
2.2
2.3
2.4
Larynx und Trachea . . . .
Sekundares Quincke-Odem des Kehlkopfes
Laryngitis Subglottica
Laryngitis Allergica . . . . . . . .
Allergische Tracheitis . . . . . . .
128
128
131
132
132
3.
3.1
3.2
3.3
3.4
Mundh6hle, Pharynx und Osophagus
Allergische Glossitis . . .
Mundschleimhautallergie. . . . .
Quincke-Odem der Parotis . . . .
Allergische Pharyngo-Oesophagitis .
133
133
134
134
135
XII
Inhaltsverzeichnis
4.
4.1
4.2
4.3
Ohr . . . . . .
Seromuk6se Otitis Media bei Allergie
Innenohrimmunopathien
Ohrkontaktekzem . . . . . . . . .
135
135
136
137
F.
Weiterfiihrende Literatur
139
Sachverzeichnis. . . . . . . .
141
A. Einfiihrung
Zusammenfassung
Krankheit bilder allergi cher Pathogene e ind in der Hal -NasenOhren-Heilkunde hiiufig. 0 waren ie unter 26.000 ambulantcn Patienten in 5,7% nachwei bar. Mchrheitlich manife tiert ieh die Allergic im
Bereich der a cn chleimhaul.
Allcrgischc Krankhcitcn sind Immuncrkrankungen. Sie werden ausge10 t durch korperfremde Molekiile (Allergene), we1che aus der Umwelt
de Kranken stammen. Da Immun ystem de allergi chen Palienten
sctzt sieh vor allem durch Ig -Antikorper mit den Allergenen auseinander. Diese immunologi che Phase der allergi chen Krankheit leitet iiber
in eine biochemisehe Pha e, als deren Foige zahlreiche Mediatoren freigesetzt werden. Diese Mediatoren wirken als bioch mi che Botenstoffe
und veranla en da erkrankte Organ, die dem Untersucher ichtbare
ymptomatik zu erzeugen.
Die Bezeichnung "Allergie" definiert damit kein klini che Bild, sondern
einen be onderen, immunologi chen Pathomechanismu . Die Diagnose
einer Allergie griind t daher nicht allein auf cine klinische Untersuchung. ondern basiert auf drei weiteren diagno tischen Schritten.
1. Das krankheitsauslosende Allergen mul3 als iitiologi ehe Agens
identifiziert werden.
2. Del' immunologisehe Pathom chanismus einer Allergic mul3 nachgewiesen werden.
3. Dariiber hinau muf3 die Organmanife tation demonstriert werden.
Ziel der Therapie i t e , als krankheit au losend identifizierte Allergenquell en zu beseitigen (Karenz). 1st dies nicht oder nur unvollstiindig
moglich, kann durch eine Immuntherapie die immunologi che Antwort
de Patienten auf ein pezifische Allergen geandert werden (Hyposensibili ierung). Bei Ver agen dieser beiden kau alen Behandlungsformen
teht eine symptomatische Arzo imitteltherapie zur Verfiigung, welche
pharmakologisch die biochemisehen Foigen der pathologischen lmmunreaktion hemmen soli.
Allergische Mehr als 90% der a11ergischen Erkrankungen des Hals-Nasen-OhrenKrankheiten Arztes manifestieren sich als eine Fonn der a11ergischen Rhinitis. Diese
wird daher als exemplarisches Mode11 einer A11ergie ausfiihrlich dargelegt
(Kap. C). Dem Fonnenkreis der a11ergischen Rhinitis werden Krankheitsbilder differentialdiagnostisch gegeniiber geste11t, welche eine identische
(Pseudoa11ergie) oder iihnliche Symptomatik besitzen (Kap. C-6).
Extranasale Manifestationen einer A11ergie spielen im Kopf-Hals-Bereieh
nur eine untergeordnete Ro11e. Sie k6nnen Gesicht, Larynx und Trachea,
2
A. Einfiihrung
Mundhohle und Pharynx oder das Ohr erfassen (Kap. E). Allergiespezifische immunologische Pathomechanismen sind jedoch haufig nicht ausreichend dokumentiert. Gleichzeitig sind pseudoallergische Prozesse haufig.
Dies hat zur Folge, daB eine klare diagnostische Eingrenzung eines extranasalen Krankheitsbildes auf ein allergisches Geschehen mit dem notwendigen MaB an Sicherheit haufig nicht gelingt (Kap. E).
Immunologische
Phase
Da Allergien ausnahmslos Immunerkrankungen sind, stellen die Grundlagen der Immunologie (Kap. B) das logische Geriist dar, diagnostisches
Vorgehen und Therapiekonzept fUr den individuellen Patienten zu entwerfen. Allergiker zeigen genetisch determiniert eine sowohl zellular als auch
humoral vielfaltig gestorte Immunantwort auf ein krankheitsauslosendes
Allergen. Unter diesen ist die pathologische Produktion spezifischer IgEAntikorper und ihre sekundare Bindung an Mastzellen im erkrankten Organ von diagnostisch zentraler Bedeutung. Gelingt es, die Beteiligung allergenspezifischer IgE-Antikorper bei der Entstehung der Symptome eines
nicht-allergische
Differentialdiagnosen
KOrperfremdes
MoiekOI
KOrperfremdes
MolekOi
KOrpereigenes
MoiekOI
~
~
Biochemische Freisetzung
von Mediatoren
Symptome
Abb. AI. ehemal; ehe,. Abfaujder PutllOgel1ese eille/' affergiselie/l Rhinitis. Ein korperfremde Molekul (Allergen) au einer Allergenquelle der Umwelt de Kranken Jost
cine allergenspezifische (zumcist IgE-abhiingige) pathologische Immunreaktion in der
asenschleimhaut au . Die e pathologi che Immunreaktion ist da Charaktcri tikum
der Allergic al Immuncrkrankung.
Da die allergische Immunreaktion auf der Oberfliichc nasaJer basophiler Zellen abJiiuft. folgt cine biochemische Phase mit Frcisetzung von Mediatorcl1. Die e Mediatoren induzieren die Symplomatik der asenscbleimbaut
A. Einfiihrung
3
Kranken nachzuweisen, so kann die Diagnose einer Allergie gestellt werden.
temische
Phase
Ein wesentlicher Teil der pathologischen IgE-abhangigen Immunreaktion
geschieht auf der Oberflache von MastzeBen und basophilen Leukozyten
des erkrankten Organs (Kap. C-2.3). Sie initiiert eine biochemische Phase,
welche im Anschlu13 an die immunologische Phase ablauft. Die biochemische Phase setzt zahlreiche chemische Botenstoffe (Mediatoren) aus den
basophilen ZeBen in das erkrankte Gewebe frei, welche je nach befaBenem
Organ in wechselndem Ausma13 Fiillung und Permeabilitat der Blutgefa13e, glatte MuskelzeBen sowie schleimproduzierende ZeBen beeinflussen
(Kap. C-2.4). Von zentraler Bedeutung fUr die Abgrenzung einer Allergie
von anderen Krankheitsbildern ist es, da13 diese biochemische Phase auch
durch zahlreiche andere Pathomechanismen ausgelost werden kann. Nicht
die biochemischen Schritte sind damit Charakteristikum einer Allergie,
sondern nur der sie initiierende immunologische Pathomechanismus.
inische
Die unmitte1bare Folge der Mediatorfreisetzung wahrend der biochemischen Phase ist das klinische Bild , welches sich etwa im Bereich der N asenhaupthohle durch Obstruktion, Rhinorrhoe und Niesreiz au13ern kann
~matik
Symptomatik
bb. A2. AI/ergie is! eille Inllllllllkr(//Jkhei! . Eine Allergic wird durch cin korperfrcmde Molckiil (Allcrgen) induziert, aufwclchc das Immunsystem mit einer allergcnspczifi chen allergi chen (7:Umei t IgE-abhiingigen) Immunreaklion antworlet. Die Foige
ist cine biochemi chc Frci etzung von Mediatorcn und die Entstchung der klinischen
ymptomatik.
Diesclbe klinischc Symptomalik kann jedoch durch andere ki:irperfremde und ki:irpercigcne Molekiile durch eine nichl-immunologisch induziertc Frei elzung dersclben
Medialoren oder auch dirckl geschchen. I t das klinische Bild identisch mil cincr
Allergic. der Frei ctzung mcchanismus jcdoch unbekannl, dann pricht man von
einer Pseudoallcrgie. Die Diagnose einer Allergic hingegen wird nur gc telll, wenn die
allergen pC7ifischc. allcrgischc Immunreaklion de Palientcn nachgcwiesen wird
4
A. Einfiihrung
(Kap. C - l). Weil die Freisetzung von Mediatoren neben einer Allergie
durch zahlreiche andere Mechanismen induziert werden kann, laBt sich am
klinischen Bild alleine die Diagnose einer Allergie nicht stellen, sondern es
muB die Beteiligung einer allergenspezifischen Immunreaktion nachgewiesen werden.
AUergene
Der Nachweis einer allergenspezifischen Immunreaktion umfaBt zum einen
den Immunmechanismus, zum anderen die Identifizierung des Allergens.
Die krankheitsauslosenden Allergene stammen aus der Umwelt des Kranken. Kenntnisse des biologischen Verhaltens von Allergenquellen innerhalb
und auBerhalb von Gebauden machen eine logische Diagnostik und Therapie moglich (Kap. C - 2.2). Proben derartiger Allergenquellen werden daher
als Allergenextrakte fUr die Abklarung und Behandlung allergischer Erkrankungen verwendet. Diese Extrakte sind damit das zentrale Instrumentarium des allergologisch tatigen HNO-Arztes. Da sich Allergenextrakte
in ihren Eigenschaften unterscheiden, sind ihre Qualitiitsmerkmale eine
Voraussetzung, sie diagnostisch und therapeutisch erfolgreich einzusetzen
(Kap. C - 8).
Anamnese
Die allergologische Anamnese ist das Hauptinstrument des Untersuchers,
die Zahl der potentiellen Allergene so stark einzuengen, daB anschlieI3ende
klinische Tests moglich sind. In Einzelfiillen kann das krankheitsausl6sende
Agens sogar identifiziert werden. Aus der allergologischen Familien- und
Eigenanamnese ergeben sich fur den Untersucher bereits Hinweise auf eine
familiare und eigene genetisch bedingte Neigung zu allergischen Manifestationen und auch auf die mogliche Eintrittspforte. Die allergologische Anamnese der Lebensumstande lenkt den Verdacht auf Allergengruppen oder
sogar einzelne krankheitsauslosende Allergene. Die wiederholte Anamnese
ergibt oft zusatzliche, genaue und unvermutete Hinweise auf schuldige
Allergene (Kap. C-3).
Tabelle AI. Leitschcmo dcr AI/ergicdiagnostik in dcr HNO-Hcilklllule
1.
2.
3.
4.
5.
Anamnc c
Klinischcr Befund
Kulantest
Provokationslesl
Allergen pczili che IgE-Bcslimmung
Befund
Der physikalische Befund erlaubt die Diagnose einer Allergie nicht. Bei der
allergischen Rhinitis als Beispiel einer akuten allergischen Erkrankung finden sich aIle klassischen Zeichen einer serosen Rhinitis mit Schwellung der
Nasenschleimhaute, Rhinorrhoe, Niesreiz, Konjunktivitis und auBerer Verschwellung der Nase. Bei einer perennialen allergischen Rhinitis kann hiiufig bis auf eine Nasenmuschelhyperplasie kein pathologischer Befund erhoben werden (Kap. C-4.1).
Zytologie
1m FaIle einer allergischen Rhinitis kann als Folge eines mehrfachen AIlergenkontaktes bei etwa der Hiilfte der Patienten eine Eosinophilie der
Nasenschleimhaut im Abstrich diagnostiziert werden. Jedoch konnen auch
A. Einfiihrung
5
Gesunde sowie nicht-allergische Kranke einen positiven Befund zeigen, so.
daB diese Untersuchung nicht als beweisend aufgefaBt werden kann
(Kap. C-4.3).
Kutantests
In der Hierarchie der Allergiediagnostik folgen nun die Kutantests. Das
Gewicht der allergologischen Diagnostik des Hals-Nasen-Ohrenarztes liegt
auf diesen Hauttests. Das Prinzip ist allen gemeinsam: Das Allergen wird
in die Haut eingebracht und bindet an die auch dort an Mastzellen vorhandenen sekundar-sessilen, spezifischen IgE-Antikorper. In Analogie zur
Nasenschleimhaut bei der allergischen Rhinitis werden beim Kutantest
Histamin und Mediatoren in der Haut freigesetzt, welches zu einer Hautreaktion mit Rotung und zentraler Quaddelbildung fuhren konnen. Erythem
und Quaddelbildung werden zur Diagnostik ausgenutzt (Kap. C-S.1).
Unter den Hauttests ist der Pricktest fur den Hals-Nasen-Ohren-Arzt der
bedeutendste. Jedoch konnen sich auch Indikationen fUr Intrakutan-,
Reib- oder Scratchtests ergeben (Kap. C-S.1.2).
Fur die Testung werden Extrakte nach Qualitatsmerkmalen verwendet
(Kap. C-8). Die Spezifitat der zu testenden Allergene ergibt sich aus der
Anamnese. Die Konzentration wird nach dem zu erwartenden Sensibilisierungs grad und den damit moglicherweise verbundenen Nebenwirkungen
gewahlt (Kap. C-S.1.3).
Bei der Interpretation der Hauttests werden positive Testergebnisse
von falsch-positiven oder falsch-negativen Hauttests unterschieden
(Kap. C-S.1.S). Zusammen mit der Anamnese muB die Deutung der bis
dahin durchgefUhrten diagnostischen Schritte fUr eine Organmanifestation
(z. B. der Nasenschleimhaut) gewurdigt werden. Am Beispiel der polleninduzierten allergischen Rhinitis ergibt sich, daB Anamnese und Kutantests
ausreichen, wahrend bei der Mehrzahl der perennialen Allergene die krankheitsauslosende Bedeutung fUr eine Rhinitis durch weitergehende Tests
dokumentiert werden muB (Kap. C-S.1.S).
Provokationstest
Den organspezifischen Nachweis einer IgE-abhangigen Sofortreaktion erlaubt der Provokationstest. Er wird bei der Abklarung einer fraglichen
allergischen Rhinitis als Intranasaltest durchgefUhrt (Kap. C-S.2).
Laboruntersuchungen
Von eingeschrankter Bedeutung sind in-vitro-Laboruntersuchungen wie
die Gesamt-IgE-Messung (PRIST) und die allergenspezifische IgE-Bestimmung (RAST) im Serum sowie der Histaminfreisetzungstest aus basophilen Leukozyten des peripheren Biutes (Kap. C-S.3).
Umgebungsuntersuchungen
Hilfreich, aufgrund des groBen Aufwandes jedoch selten eingesetzt, konnen
Umgebungsuntersuchungen beim Patienten sein, um Allergenquellen aufzudecken und diese in ihrer Relevanz fUr den Patienten diagnostisch abzuklaren (Kap. C-S.3.4).
Therapie
Die Therapie des Allergikers wird am Beispiel der allergischen Rhinitis
dargelegt. Die dem Hals-Nasen-Ohren-Arzt zur VerfUgung stehenden therapeutischen Konzepte sind nicht gleichwertig, sondern lassen sich fast
hierarchisch anordnen (Ta-belle A2). Wenn die Umstande des Einzelfalles es
zulassen, ist die kausale Therapie der symptomatischen Behandlung vor-
6
A. Einfiihrung
zuziehen. Die Allergenkarenz ist der Hyposensibilisierungsbehandlung
iiberlegen (Kap. C-7).
Ta bc lie 2. Therapie hei allergisc/wr Rhillitis. Die Therapicformen sind hierarchisch
cntsprcchcnd ihrer Bedeutung angeordnci
kausal
ymptomatisch
Karen?
llyposcn ibilisicrung
Arzneimittcl
Operationcn
Bei unzureichender oder fehlender Behandlung schreitet die allergische
Erkrankung schicksalhaft vor. Drei ansonsten unausbleibliche Formen der
Exazerbation (Kap. C - 1.4) gilt es durch die moglichst friihzeitige Therapie
zu verhindern: (1) die Sensibilisierung des Patienten gegeniiber den ihn
krankmachenden Allergenen soil nicht zunehmen, (2) das Spektrum der
krankheitsauslosenden Allergene solI sich nicht verbreitern, (3) die allergische Erkrankung soil neben der Nasenschleimhaut keine weiteren Manifestationsorgane (Organausbreitung) erfassen.
Aufgabe der Therapie ist es somit, neben der aktuellen Manifestation der
Allergie auch die drohende Verschlimmerung der Erkrankung (z. B.
Asthma bronchiale) zu verhindern. Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt wird daher auch bei leichten Fallen versuchen, einen Behandlungsplan aufzustellen, welcher in der Therapiehierarchie moglichst hoch angesiedelte Konzepte umfal3t (Kap. C - 7).
Karenz
Allergenkarenz bedeutet die vollstandige Entfernung der als krankheitsauslosend diagnostizierten Allergene aus der Umgebung des Kranken; oder
der Patient vermeidet jene Orte, an welcht:n er. den atiologisch schuldigen
Allergenen exponiert ist. 1st eine vollstandige Allergenkarenz nicht moglich, so mul3 eine Teilkarenz (Expositionsprophylaxe) versucht werden
(Kap. C-7.1.1).
Hyposensibilisierung
Kausale Therapie, jedoch dem Karenzprinzip unterlegen, ist auch die Immuntherapie des Patienten mit Allergenextrakten. Wah rend dieser Hyposensibilisierungsbehandlung wird das Immunsystem des Patienten daher
mit als krankheitsauslosend identifizierten Allergenen konfrontiert. Dieses
fiihrt zu tie fen Eingriffen in das Immunsystem (Kap. C - 7.1.2).
Eine Hyposensibilisierungsbehandlung kann insbesondere bei der saisonalen allergischen Rhinitis Therapieerfolge bringen, wenn qualitativ hochwertige Allergenextrakte verwendet werden. Der Therapeut beriicksichtigt die
Eingriffe in das Immunsystem und fiihrt daher die Behandlung unter genauer Kontrolle des Verlaufes durch. Ais Grundlage ist eine exakte AlIergendiagnostik vorausgegangen (Kap. C - 7.1.2.1).
Bei der Aufstellung des Hyposensibilisierungsplanes mul3 die Zahl der AIlergene im Therapieextr~kt moglichst klein sein, die Dosierung mul3 dem
Patienten individuell angepal3t und derZeitpunkt muB richtiggewahlt sein
(Kap. C-7.1.2.2ff).
A. Einfiihrung
7
ArzneimiUeltherapie
Die symptomatische Therapie der allergischen Rhinopathie ist eine Arzneimitteltherapie. Sie ist berechtigt, wenn die kausalen BehandlungsmaBnahmen erfolglos sind oder nicht durchgefUhrt werden konnen. Antiallergische
Arzneimittel greifen vorwiegend in den molekularen Ablauf der biochemischen Phase des Pathomechanismus ein. Sie sind damit in der Regel Inhibitoren von Freisetzung oder Synthese der Mediatoren. Ihre praktische Anwendung beschrankt sich auf einige Indikationen zur Kurzzeitmedikation
sowie zur Langzeitmedikation (Kap. C-7.2).
Operationen
Auch operative Eingriffe sind als symptomatische Therapie einzuordnen,
da sie die Allergie nicht heilen. Jedoch konnen Operation en zur Korrektur
einer massiven mechanischen Obstruktion der Nasenhaupthohle oder zur
Beliiftung des Mittelohres fUr den Patienten eine unverzichtbare Hilfe bieten, wenn abzusehen ist, daB die antiallergische Therapie allein nicht ausreichen wird (Kap. C- 7.2.3).
Allergische
Notfiille
Folge von Allergiediagnostik und Therapie, aber auch Folge einer natiirlichen Exposition, konnen bedrohliche allergische Sofortreaktionen sein.
Diese konnen sich als iibersteigerte Lokalreaktion oder leichte Allgemeinreaktion auBern. Zumeist schreitet die Komplikation nicht weiter fort und
kann therapeutisch beherrscht werden. In Einzelfallen kann sie jedoch Vorstufe einer schweren Allgemeinreaktion bis hin zum anaphylaktischen
Schock sein. Schwere Allgemeinreaktionen und anaphylaktischer Schock
konnen sich jedoch auch in Sekunden- bis Minutenschnelle zu einer Lebensbedrohung entwickeln. Gehen ihnen kurzfristige, fliichtige Prodromi
voraus, dann kann diese Entwicklung erkannt werden. Therapeutisch sind
bei bedrohlichen allergischen Reaktionen SofortmaBnahmen notwendig.
Diese SofortmaBnahmen sind nur moglich, wenn eine Schockapotheke
stets griffbereit vorhanden ist (Kap. D).
B. Immunologische Grundlagen
Zusammen- Die drei Hauptfunklionen de Immun y tems sind (a) die Unterscheifassung dung von korpereigenen und korpcrfremden Makromolekiilen, (b) die
Befahigung zu einer pezifi ch auf ein einzelne Moleklil zuge chnittenen Immunantwort sowie (c) das immunologi che Gedachtnis. Die
wichtig ten Bausteine des Immun y tems, welche diese Aufgabe erbringen, sind die al Immunzellen bezeichneten Lymphozyten sowie die Antikorper. Lymphozyten la en ich in zwei SUbpopulationen aufteilen:
B-Lymphozyten produzieren die pezifi chen Antikorper und ind fUr
die humorale Immunantwort verantwortJich. T-Lymphozyten sind Trager der zellularen lmmunantwort. Bestimmte al Suppressor oder Helferzellen hoch pezialisierte T-Lymphozyten konnen B-Lymphozyten
und die au ihnen ent tehenden Pia mazellen beeinflu en und ' 0 deren
Antikorperproduktion teuern.
Vnter dcn funf Antikorperkla en JgG, IgA, IgM, JgD und Ig spielen
Antikorper der Klas e IgE eine bedeutende Rolle bei allergi chen Sofortreaktionen. IgE-Antikorper besitzen zwei rkennung regionen, mit
deren Hilfe sie Allergene binden konnen. Ein bedeutsames Merkmal i t
dartiber hinau eine Haftstelle am c-Sttick de IgE-AntikorpermolekUl , tiber welche die e Antikorperklasse die Zelloberflache von Ma tzellen besetzen kann. Die auf diese Wei e ekundar- essil an Ma tzellen
gebundcn n JgE-Antikorper haben eine chili elroUe bei der Auslosung einer ofortreaklion, der haufig ten Allergieform im H O-Bereich.
Ais Antwort auf ein korperfremdc Makromolekiil produziert das Immun y tem spezifi che Antikorper al auch en ibili ierte T-Lymphozyten. Folge die er Immunantwort ist eine Immunreaktion, an welcher
weitere Zellarten owie unter hiedliche biochemische Signalstoffe al
Partner beteiligt indo Da Immunreaktionen dadurch chr komplex verlaufen. ind ver chiedene Typen von Immunreaktionen zur Kia ifikation vorge chlagen worden. WeiJ lmmunreaktion mechanismen
keineswegs voll tandig ver tanden sind, i t die Bcrechtigung einer Kia sifizierung um tritten. E ist jedoch zweckmii13ig, die inteilung von
Immunreaktionen zu kennen, da ie 7ur wi en chaftlichen und klinichen Kommunikation haufig verwendet werden.
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B. Immunologische Grundlagen
1. Grundfunktionen des Immunsystems
Allergien sind Immunerkrankungen. Diagnose und Therapie allergischer
HNO-Krankheiten basieren daher auf der Kenntnis des Immunsystems.
Selbst- und
Fremderkeunung
Die zentrale Aufgabe des Immunsystems ist es, zwischen "selbst" und
"fremd" zu unterscheiden. Dabei unterscheidet das Immunsystem zwischen
MakromolekiiIen, welche durch den korpereigenen genetischen Apparat
erzeugt wurden und solchen, welche Bausteine eines fremden Organismus
sind. Dringt ein fremdes Makromolekiil in einen Organismus ein und wird
vom Immunsystem als fremd erkannt, so wirkt es als Antigen. Die Selbstund Fremderkennung ist die erste Grundfunktion des Immunsystems.
Lymphozyten
und Antikiirper
Aufgebaut wird das Immunsystem des Menschen aus den 10 12 Lymphozyten, welche sich im peripheren Blut, im Waldeyerschen Rachenring, im
Thymus, der Milz, den Lymphknoten sowie in der Haut und den Schleimhauten von Auge, Nase, Bronchien und Gastrointestinaltrakt befinden.
Den zweiten Hauptteil des Immunsystems bilden ca. 1020 Antikorpermolekiile im peripheren Blut, in den Extrazellularraumen der Gewebe als auch
in Sekreten wie dem Speichel.
Antigenspezifische
Immunantwort
Eine Immunantwort auf ein Antigen auBert sich in einer durch dieses Antigen induzierten Bildung spezifischer Antikorper oder sensibilisierter Lymphozyten. Bine charakteristische Eigenschaft der Immunantwort ist ihre
Spezifitat. Ein einzelnes Antigen fiihrt zu einer Immunantwort, welche
einzig ("spezifisch") auf dieses Antigen bezogen ist. Die Zahl der unterschiedlichen Spezifitaten, die das Immunsystem unterscheiden kann, wird
auf mehr als 1 Million unterschiedlicher Antigene geschatzt. Die Fahigkeit
antigenspezifisch zu reagieren, ist die zweite Grundfunktion des Immunsystems.
Immnnreaktion
Trifft die Immunantwort auf das Antigen, so resultiert eine Immunreaktion. Folgen der Immunreaktion sind Neutralisierung und Beseitigung des
Antigens, welches mit dem Bild einer Entziindung verbunden ist. Charakteristisches Beispiel ist die Abwehr von Mikroorganismen.
Antigenspezifische Gediichtnisleistung
Zum Wesen des Immunsystems (und auch zur pathologischen Situation der
Allergie) gehort eine antigenspezifische Gedachtnisleistung, welche auf
Gedachtnislymphozyten zuriickzufiihren ist. Diese sind antigenstimulierte
Lymphozyten, welche beim zweiten oder spateren Kontakt des Organismus
mit dem Antigen eine schnellere und deutlichere Immunantwort mit nachfolgender Immunreaktion ermoglichen. Diese Gedachtnisleistung ist, neben der Fahigkeit selbst und fremd zu unterscheiden sowie antigenspezifisch zu reagieren, die dritte Grundfunktion des Immunsystems.
Immunschutz
oder Immunerkrankung
Weicht die Antwort oder Reaktion des Immunsystems gegen ein fremdes
Antigen von der Norm ab oder greift das Immunsystem korpereigene
("Selbst-")Strukturen an, so liegt eine Immunerkrankung (Immunopathie)
vor.
Gleichzeitig ergibt sich jedoch aus dieser Einfiihrung, daB auch eine erwiinschte Immunabwehr mit dem klinischen Bild einer Erkrankung (z. B.
Lymphozyten
11
Entziindung) verkniipft sein kann. Die Abgrenzung zwischen immunologischer Schutzfunktion und Immunerkrankung, wie sie klinisch wiinschenswert ist, kann daher im Einzelfall schwierig sein. Aus diesem Grund wird
haufig der unscharfe Ausdruck Uberempfindlichkeit verwendet. Uberempfindlichkeit kann damit die iiberdurchschnittliche Reaktion eines Organismus auf ein Antigen bezeichnen, welches spezifisch durch einen Antikorper
oder sensibilisierte Lymphozyten erkannt wurde. Der Begriff Uberempfindlichkeit sollte nicht fUr nicht-immunologische Reaktionsmechanismen
verwendet werden.
2. Lymphozyten
Nachdem ein fremdes Antigen in einen Organismus eingedrungen ist, wird
es in der Regel von Makrophagen oder Monozyten aufgenommen. Diese
sind anschlieBend befahigt, Lymphozyten durch zwei Signale zu stimuliereno Zum einen prasentieren sie den Lymphozyten das weiter verarbeitete
("prozessierte") Antigen. Zum zweiten produzieren sie als Monokine bezeichnete Mediatoren. Beispiel eines Monokins ist Interleukin, welches die
Antigen-induzierte Stimulation von T-Zellen sowie die Sekretion von Lymphokinen steigert.
B- und
T-Lymphozyten
Zentrale Zellart des Immunsystems sind die morphologisch gleichartig
erscheinenden Lymphozyten. Tatsachlich verbergen sich dahinter jedoch
Gruppen von Zellen, welche sich nach ihren immunologischen Eigenschaften, Funktionen und Lebenszeiten klassifizieren lassen. Die wichtigste Einteilung unterscheidet B- und T-Lymphozyten.
Lymphozyten entstehen im Knochenmark aus Vorlauferzellen und wandern nach ihrer Bildung in die peripheren lymphatischen Gewebe aus. Etwa
die Halfte der Zellen gelangt zunachst in den Thymus und reift dort weiter
aus. Sie werden als T-Lymphozyten bezeichnet. Die anderen Lymphozyten
haben ihren ReifungsprozeB im Knochenmark bereits abgeschlossen und
erreichen die Peripherie direkt. Sie werden als B-Lymphozyten bezeichnet. T-Lymphozyten stehen im Mittelpunkt der zellularen Immunantwort
(Kap. B-4), wahrend B-Lymphozyten fUr die humorale Immunantwort
mit Produktion von Antikorpern verantwortlich sind (Abb. B1).
Humorale
Immunantwort
Werden B-Lymphozyten durch ein prozessiertes, spezifisches Antigen stimuliert, so vermehren sie sich unter Differenzierung zu Plasmazellen. Diese
produzieren einen spezifischen Antikorper gegen ein definiertes Antigen.
Da die gebildeten Antikorper im Serum nachweisbar und mit diesem iibertragbar sind, wird die Immunantwort als humoral bezeichnet (Kap. B-3).
ZeUuliire
Immunautwort
Die Antigenstimulation der T-Lymphozyten fUhrt ebenfalls zur Proliferation. ledoch folgt eine vorwiegende Differenzierung zu sensibilisierten
T-Lymphozyten, welche Antigene erkennen und mit diesen reagieren konnen. So gibt es sensibilisierte T -Lymphozyten, welche antigentragende Zellen zerstoren konnen. Diese Immunantwort ist an Zellen gebunden und ist
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