Der kleine Gesundheitscheck für Meerschweinchen

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Der kleine Gesundheitscheck für Meerschweinchen
Meerschweinchen neigen dazu, Krankheiten möglichst lange zu „verstecken“. Diese
Verhaltensweise geht auf die wilde Stammform der Meerschweinchen zurück, denn
ein offensichtlich krankes Meerschweinchen fällt schnell einem Fressfeind zum Opfer.
In der Heimtierhaltung ist dieses Verhalten leider kontraproduktiv, weil dem Halter so
erste Anzeichen einer Erkrankung leicht entgehen können. Nur wer das Normalverhalten aller Meerschweinchen der Gruppe gut kennt, ist auch in der Lage,
abweichendes Verhalten festzustellen, das ein Hinweis auf eine Erkrankung sein
kann. Gesträubtes, stumpfes Fell und eine gekauerte Körperhaltung sind auf jeden
Fall ernst zu nehmen!
krankes Meerschweinchen mit gekauerter Körperhaltung und gesträubtem Fell
Eine wichtige und leicht durchzuführende Maßnahme, um auch in größeren Gruppen
die Futteraufnahme und das Wohlbefinden der Meerschweinchen zu überwachen, ist
die regelmäßige Gewichtskontrolle, am besten wöchentlich oder im Abstand von
zwei Wochen. So kann man Gewichtsabnahmen, die durch schlechtere
Futteraufnahme oder auch durch Stress in der Gruppe verursacht sein können, gut
feststellen. Ältere Meerschweinchen ab etwa 5 Jahren können einen altersbedingten
Gewichtsverlust zeigen.
Neben der Gewichtskontrolle ist es auch wichtig, regelmäßig einen Gesundheitscheck durchzuführen. Dabei wird geschaut, ob das Fell dicht und ohne kahle Stellen
ist. (Kahle Stellen hinter den Ohren und an der Innenseite der Vorderpfoten sind bei
Meerschweinchen ganz normal.) Weiters muss die Länge der Krallen überprüft und
die Krallen eventuell gekürzt werden. Auch ein Check der Sohlen ist empfehlenswert,
besonders bei älteren Tieren, um die Entstehung eines Ballenabszesses rechtzeitig
zu entdecken bzw. verhindern zu können. Die Analregion sollte genauso auf Sauberkeit überprüft werden wie Augen, Nase und Ohren.
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Dr. Marion Reich
Des Weiteren gehören die Vorderzähne regelmäßig überprüft, weil abgebrochene
Zähne zu Problemen bei der Nahrungsaufnahme führen können und eine schiefe
Abnutzung der Vorderzähne auf Probleme mit den Backenzähnen hinweisen kann.
Schneidezähne eines gesunden Meerschweinchens
Die wichtigsten Maßnahmen zur Gesunderhaltung der Meerschweinchen sind eine
artgerechte Ernährung, die auch die notwendige Versorgung mit Vitamin C sicherstellt, die Haltung in einer harmonischen Gruppe und regelmäßiges Säubern des
Geheges. Die meisten Meerschweinchen sind relativ gesunde Tiere, aber leider
lassen sich auch bei bester Haltung Krankheiten nicht in jedem Fall vermeiden.
Häufige Gesundheitsprobleme bei Meerschweinchen haben mit Ektoparasiten
(Milben und Haarlingen) zu tun. Meerschweinchen sind auch anfällig für Hautpilzerkrankungen. Verstärktes Kratzen und Unruhe, ev. Herumspringen, kahle Stellen,
trockene, schuppige Haut und Verletzungen der Haut durch übermäßiges Kratzen
sind Symptome, mit denen unbedingt ein Tierarzt mit Meerschweinchenerfahrung
aufgesucht werden sollte.
Gerötete, schuppige Haut kann ein Anzeichen einer Pilzinfektion sein.
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Dr. Marion Reich
Meerschweinchen haben Zähne, die ein Leben lang nachwachsen. Bei falscher
Fütterung (zu wenig Heu) oder angeborenen oder erworbenen Fehlstellungen
einzelner oder mehrerer Zähne kann es zu übermäßigem Zahnwachstum und zu
Brückenbildungen der Backenzähne kommen. Die betroffenen Meerschweinchen
sind dann an der Nahrungsaufnahme gehindert – eine fatale Situation, da die
Verdauungsvorgänge bei Meerschweinchen nur dann richtig funktionieren, wenn
laufend Futter aufgenommen wird. Daher gehört jedes Meerschweinchen, das die
Futteraufnahme verweigert oder deutlich weniger frisst als normal, unverzüglich in
tierärztliche Behandlung!
Als Folge von Zahnerkrankungen und den damit verbundenen Problemen mit der
Nahrungsaufnahme oder durch Fehler bei der Fütterung können Probleme mit dem
Verdauungssystem auftreten. Meerschweinchen sind relativ anfällig für Durchfall
oder Blähungen, da sie als reine Pflanzenfresser einen recht sensiblen Verdauungstrakt besitzen. Die richtige Ernährung mit Heu, ergänzt durch Saftfutter (Gemüse,
Grünfutter von der Wiese, in kleinen Mengen Obst und Kräuter), und die Vermeidung
schneller Futterumstellungen stellen wichtige Vorsorgemaßnahmen dar. Kommt es
dennoch zu Problemen bei der Verdauung wie starkem Durchfall oder Aufgasungen,
ist das Meerschweinchen so schnell wie möglich zu einem Tierarzt mit Meerschweinchenerfahrung zu bringen.
Manchmal ist eine Verdauungsstörung die Reaktion auf einen Futterbestandteil, den
das Meerschweinchen schlecht verträgt, zB eine Gemüsesorte. Da die Darmpassage
bei Meerschweinchen etwa 3 Tage dauert, treten die Verdauungsstörungen vielfach
verzögert auf. Bei wiederholtem Auftreten von leichtem Durchfall empfiehlt sich daher
das Anlegen eines Futterprotokolls, in dem täglich alle Futterbestandteile mit
Mengenangaben festgehalten werden, um den Futterbestandteil herauszufinden, der
schlecht vertragen wird.
Durchfall kann auch in oder nach Stresssituationen auftreten, zB nach Vergesellschaften.
normaler Meerschweinchenkot
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Dr. Marion Reich
Meerschweinchen sind auch anfällig für Atemwegserkrankungen. Eine saubere
Haltung und vitaminreiche Ernährung sind wichtige Vorsorgemaßnahmen. Niest ein
Meerschweinchen vermehrt, kommt es zu Nasenausfluss, Problemen bei der Atmung
oder hustet das Meerschweinchen, gehört es in tierärztliche Behandlung.
Tritt der Nasenausfluss nur während des Putzens auf, ist das allerdings kein Grund
zur Sorge, denn Meerschweinchen bilden ein Augensekret, das durch die
unbehaarte Innenseite ihrer Vorderpfoten auf das Fell auftragen wird. So wird das
Fell gereinigt.
Verweigern Meerschweinchen die Nahrungsaufnahme, ist es wichtig, das
Meerschweinchen durch Päppeln weiterhin mit Nahrung zu versorgen. Daher sollte
ein geeigneter Päppelbrei (beim Tierarzt erhältlich) für Notsituationen immer zuhause
sein. In den meisten Fällen ist es notwendig, den Päppelbrei mit Hilfe einer 1-mlEinwegspritze, idealerweise einer Tuberkulin-Spritze mit Plastikspardorn (beim
Tierarzt oder in der Apotheke erhältlich), zu verabreichen. Die Spritze wird dabei
seitlich in das Mäulchen eingeführt und der Päppelbrei langsam in die Maulhöhle
gedrückt. Das Tier darf sich dabei keinesfalls verschlucken!
Päppelbrei oder Medikamente werden
Meerschweinchen am besten mit einer
Spritze verabreicht.
Zum Päppeln eignen sich Spritzen mit Spardorn
gut. Um das Verabreichen des Breis zu Erleichtern,
wird die Spitze der Spritze abgeschnitten.
Diese Form der Zwangsernährung ist immer nur eine Notlösung. Das Päppeln ist
keine Dauerlösung, sondern nur eine Überbrückung, bis das Tier wieder selbstständig fressen kann. Dem kranken Tier muss immer frisches Heu und Wasser zur
Verfügung stehen. Das Meerschweinchen sollte auch dazu animiert werden, selbst
Heu zu fressen, denn sonst kommt es sehr schnell zu Problemen mit den
Backenzähnen.
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Dr. Marion Reich
Es kann notwendig sein, dass ein Meerschweinchen operiert werden muss oder ein
Meerschweinchenbock kastriert werden soll. Meerschweinchen sind leider aufgrund
ihrer Stressanfälligkeit keine idealen Patienten. Wichtig ist, dass Meerschweinchen
im Gegensatz zu Katze oder Hund vor einer Operation nicht nüchtern sein dürfen.
Das Meerschweinchen sollte bis kurz vor der Operation Heu und Wasser erhalten.
Während und nach der Operation ist es wichtig, dass das Meerschweinchen warm
gehalten wird. Es kann nach einer Operation erforderlich sein, das Tier einige Tage
auf Tüchern und nicht auf der normalen Einstreu zu halten. Diese Tücher müssen
regelmäßig gewechselt werden.
Meerschweinchen sollten nach einer Operation sobald wie möglich wieder in ihre
gewohnte Gruppe zurückkommen, sofern es nicht medizinische Gründe gibt, die
dagegen sprechen. Nach der Kastration von Meerschweinchenböcken ist es
allerdings notwendig, diese für 6 Wochen ohne Kontakt zu Weibchen zu halten, da
sie in dieser Zeitspanne noch zeugungsfähig sind.
Erscheint ein Meerschweinchen am Tag oder Tage nach der Operation lustlos und
will es nichts fressen, sollte unbedingt wieder ein Tierarzt konsultiert werden.
Meerschweinchen reagieren sehr empfindlich auf Hitze (Temperaturen über
27 °C). Das kann besonders im Sommer, beim Transport in einem heißen Auto oder
in stark überheizten Räumen schnell ein Problem werden. Symptome eines
Hitzschlags sind schnelle, flache Atmung, blasse Schleimhäute und vollkommene
Teilnahmslosigkeit. In weiterer Folge kann es durch die Überhitzung zu einem
Kreislauf-Versagen kommen, das schnell zum Tod führen kann. Zunächst muss man
das Tier umgehend an einen kühlen, dunklen Ort bringen und in ein nasses, kaltes
Tuch wickeln. Die Gliedmaßen kann man vorsichtig mit kaltem Wasser kühlen, aber
auf keinen Fall den ganzen Körper in kaltes Wasser tauchen! Dann muss man das
Meerschweinchen möglichst schnell zu einem Tierarzt bringen.
Einen Hitzschlag kann man vermeiden, wenn man die Tiere nicht ungeschützt
direkter Sonneneinstrahlung aussetzt und immer für Schattenplätze sorgt, während
der größten Sommerhitze für Kühlung sorgt oder die Meerschweinchen in einem
möglichst kühlen Raum hält, auf Transporte mit dem Auto während der Hitze
verzichtet oder unverzichtbare Transporte nur in klimatisierten Fahrzeugen durchführt
und während der Heizperiode das Gehege nicht zu nahe bei einem Heizkörper
aufstellt.
Literatur:
Heimtier und Patient Meerschweinchen von Birgit Drescher und Ilse Hamel, Enke
Verlag, Stuttgart, 2012
Leitsymptome bei Meerschweinchen, Chinchillas und Degus von Anja Ewringmann
und Barbara Glöckner, Enke Verlag, Stuttgart, 2012
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