Anomales Antwortverhalten in periodischer Dynamik Diplomarbeit zur Erlangung des Grades eines Diplom-Physikers vorgelegt von David Speer Fakultät für Physik Universität Bielefeld Erklärung Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst und dabei keine weiteren als die angegebenen Hilfsmittel verwendet habe. Bielefeld, den 17. November 2006 (David Speer) Gutachter Prof. Dr. Peter Reimann Prof. Dr. Friederike Schmid Datum des Einreichens der Arbeit: 17. November 2006 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 4 2 Grundlagen 2.1 Dynamische Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Periodizität, periodisch getriebene Systeme . . . 2.1.3 Physikalische Systeme, Ströme und Symmetrien 2.1.4 Zufällige Störungen und Mittelwerte . . . . . . 2.1.5 Floquet-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.6 Attraktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.7 Chaotische Repelloren, Krisen . . . . . . . . . . 2.1.8 Bifurkationsdiagramme . . . . . . . . . . . . . . 2.1.9 Entweichraten aus Repelloren . . . . . . . . . . 2.1.10 Attraktoren in zufällig gestörten Systemen . . . 2.1.11 Markovmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Antwortverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Numerische Methoden 3.1 Attraktionsbereiche . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Direkter Attraktionsbereich . . . 3.1.2 Wahl des Phasenraumausschnitts 3.1.3 Bestimmung aller Attraktoren . . 3.2 Rekonstruktion chaotischer Repelloren . 3.3 Entweichraten aus einem Repellor . . . . 3.4 Entweichrate aus einem Attraktor . . . . 3.5 Erkennung eines periodischen Orbits . . 3.6 Erkennung eines phase-locked Orbits . . 3.7 Kartographierung des Parameterraumes 3.7.1 Methode I . . . . . . . . . . . . . 3.7.2 Methode II . . . . . . . . . . . . 3.7.3 Kombination beider Methoden . . 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 7 7 8 9 11 12 13 15 15 16 17 18 20 . . . . . . . . . . . . . 23 23 23 23 24 25 25 26 27 27 28 28 29 30 2 INHALTSVERZEICHNIS 3.7.4 Gitterreduktion . . . . . . . . . . 3.7.5 Mittelwertskarten . . . . . . . . . 3.8 Berechnung von Bifurkationsdiagrammen 3.9 Berechnung der Floquet-Exponenten . . 3.10 Integration von Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 31 32 33 33 4 Allgemeine Überlegungen 35 4.1 No-Go Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 4.2 Hypothese für das Auftreten von ANM in dissipativen Systemen . . 37 4.3 Szenarien für ANM, Rauschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 5 ANM im gedämpften getriebenen Oszillator 5.1 System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Phase-lock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Ω ≫ 1:Approximation durch Besselfunktionen . . . 5.3.1 Die Approximation verbietet ANM . . . . . 5.3.2 Entweichzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.3 Erste Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Einschub: Approximation der Floquet-Exponenten . 5.5 Approximation bei Ω & 1 . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.1 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.2 Gibt es nun ANM? . . . . . . . . . . . . . . 5.5.3 Ein Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Der Übergang zu Ω ≈ 1 . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.1 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.2 Ω − σΩ Ebene bei F0 = 0 . . . . . . . . . . 5.6.3 Ω − σΩ Ebene bei F0 > 0 . . . . . . . . . . 5.7 Übergang zu Ω < 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8 Ω ≪ 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.9 Beispiel: Ω = 0.6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.9.1 Details . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.9.2 Temperatur-Geschwindigkeits-Anomalie . . . 5.9.3 Extreme DNM oder doppelte Stromumkehr 5.9.4 Große Rauschstärken . . . . . . . . . . . . . 5.10 ANW in Josephson Kontakten . . . . . . . . . . . . 5.10.1 Supraleitung, Josephson Kontakte . . . . . . 5.10.2 Josephson Relationen . . . . . . . . . . . . . 5.10.3 RCSJ Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.10.4 Dimensionslose Parameter . . . . . . . . . . 5.10.5 DNW in Josephson Kontakten . . . . . . . . 5.10.6 Strom-Spannungs-Kennlinie mit ANW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 45 46 46 50 52 52 53 57 61 62 65 67 72 78 82 83 87 88 92 104 107 109 111 111 112 115 115 116 118 3 INHALTSVERZEICHNIS 6 ANM in einem oszillierenden Potential 6.1 System . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Eigenschaften der Lösungen . . . . . . 6.3 Numerische Lösung . . . . . . . . . . . 6.3.1 System (6.4) . . . . . . . . . . . 6.3.2 System (6.5) . . . . . . . . . . . 6.4 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 ANM in einer eindimensionalen Abbildung 7.1 System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Periodische Attraktoren . . . . . . . . . . . 7.3 Wahl von H(x) . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Globale Stabilität superstabiler Fixpunkte . 7.5 Mittlere Geschwindigkeit . . . . . . . . . . . 7.6 Mobilität bei F = 0 und a = −1 . . . . . . . 7.7 Vergleich mit numerischer Iteration . . . . . 7.8 Diskussion und Vergleich mit Abschnitt 4.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 120 121 122 122 123 124 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 . 126 . 127 . 128 . 130 . 131 . 132 . 134 . 136 8 Fazit 138 9 Anhang: Numerische Integration von SDGL’s 142 1 Einleitung Räumlich periodische Systeme im thermodynamischen Gleichgewicht reagieren auf eine kleine Störung in Form einer gerichteten, konstanten Kraft durch einen konstanten Strom (Antwort) proportional zu der Kraft. Der Proportionalitätsfaktor wird die Mobilität genannt. Thermodynamische Stabilität, oder der 2. Hauptsatz der Thermodynamik, erfordert dass der Strom in Richtung der Kraft ist, die Mobilität am Ursprung also nicht negativ ist. Dieses Verhalten ist im Rahmen der Theorie linearer Antwort wohl verstanden [1, 2]. Was wäre, wenn die Mobilität am Ursprung negativ wäre? Vorausgesetzt, in Abwesenheit von Kräften findet kein Transport statt, würde eine beliebig kleine, gerichtete Kraft zu einem stationären Strom entgegen der Kraft führen. Die Kraft würde negative Arbeit an dem System verrichten, das System also in der durch die Kraft gegebenen Potentiallandschaft ’bergauf’ wandern. Solches Verhalten, genannt absolut negative Mobilität (ANM), entspricht offenbar nicht der gängigen Erfahrung und Erwartung. Fernab vom thermodynamischen Gleichgewicht gibt es keinen Grund mehr, dass es solches Verhalten nicht geben könnte. Tatsächlich ist ein anderer Nichtgleichgewichtseffekt, der Ratscheneffekt [3], also ein gerichteter, mittlerer Strom in Abwesenheit von gerichteten Kräften, in periodischen Systemen fernab vom thermodynamischen Gleichgewicht vielmehr die Regel als die Ausnahme, wenn gewisse Symmetrien den Effekt nicht verbieten 1 . ANM bedeutet nun, dass die Mobilität in Gegenwart von Symmetrien negativ ist. Im Gegensatz zu Ratscheneffekten scheint ANM aber nicht die ’Regel’ in Systemen fernab von thermodynamischen Gleichgewicht zu sein. Reviews finden sich in [3, 4]. ANM wurde zuerst als quantenmechanischer Effekt nachgewiesen, dann als kollektiver und erst vor nicht allzu langer Zeit als Effekt einzelner klassischer Teilchen [4] in räumlich mindestens zweidimensionalen Systemen. All jene Systeme, in denen einzelne Teilchen ANM zeigen, nutzen in irgendeiner Art und Weise thermische Fluktuationen aus. MaW, im Grenzwert verschwindender Temperatur kB T → 0, verschwindet auch der ANM Effekt, in dem Sinne, dass die Mobilität (und damit auch der Strom) im Grenzwert gegen Null geht. ANM einzelner Teilchen in dissipativen Systemen ist Gegenstand dieser Arbeit. Mechanische, physikalische Systeme einzelner Teilchen werden durch Differential1 Eine etwas genauere Diskussion findet sich in Abschnitt 2.2. 4 KAPITEL 1. EINLEITUNG 5 gleichungen, dynamische Systeme 2 in der Mathematik, beschrieben [5, 6]. In der Gegenwart thermischen Rauschens, also irgendeiner mit den beschriebenen Teilchen interagierenden Umgebung, deren Natur eine Modellierung durch zufällige Prozesse erlaubt, werden aus den gewöhnlichen Differentialgleichungen stochastische Differentialgleichungen [3, 7, 1, 8]. Eine Vielzahl der in der Literatur beschriebenen Ratscheneffekte nutzen ebenfalls stochastische Effekte und vernachlässigen dabei Inertialeffekte, da diese für den grundlegenden Mechanismus ’nicht nötig’ sind [3]. Durch die Berücksichtigung und Ausnutzung von Inertialeffekten [9, 10, 11, 12, 13] bleibt der Effekt nicht nur bestehen, sondern kann auch verstärkt 3 werden [14]. Differentiell negative Mobilität, kurz eine negative Mobilität aber Strom in Kraftrichtung, ist in eindimensionalen Systemen mit Inertialeffekten bereits lange bekannt, siehe z.B. [15, 16, 17]. Dynamische Systeme haben ein i.A. äußerst komplexes Verhalten. Sind sie wenigstens dreidimensional und nichtlinear so kann Chaos auftreten [18, 19, 20]. Unter Vernachlässigung von Intertialeffekten schließt ’Stetigkeit’ der Trajektorien in eindimensionalen Systemen ANM generell aus (vgl. Abschnitt 4.1, [21]). Räumlich eindimensionale physikalische Systeme führen mit Inertialeffekten zu zweidimensionalen dynamischen Systemen. Als solche befinden sie sich aber im Falle von räumlicher Periodizität notwendigerweise im thermodynamischen Gleichgewicht [1], und ANM ist ausgeschlossen. Durch das Hinzufügen eines zeitabhängigen Terms (Antrieb) wird das thermodynamische Gleichgewicht gebrochen, und ANM ist nicht mehr ausgeschlossen. Derartige Systeme sind als dynamische Systeme dreidimensional, und können bereits zu deterministischem Chaos führen. In dieser Arbeit werden wenige einfache, räumlich eindimensionale Systeme betrachtet und gezeigt dass ANM möglich ist, und der Grund für das Auftreten von ANM untersucht. Dabei stellt sich heraus, dass der Mechanismus für das Auftreten von ANM 4 in solchen eindimensionalen zeitabhängigen Systemen physikalisch anschaulich ist: In Abwesenheit von Rauschen (oder sehr kleinem Rauschen) kann das Verhalten von dissipativen dynamischen Systemen durch Attraktoren beschrieben werden. Attraktoren sind (bei endlichem Rauschen meta-) stabile Zustände des Systems. In Abwesenheit von Rauschen wird sich ein dynamisches System nach einer gewissen (Transienten-) Zeit immer auf einen Attraktor relaxieren, also den durch den Attraktor gegebenen Zustand einnehmen und diesen für alle Zeiten beibehalten. Durch beliebig kleines Rauschen können diese Zustände, nach im Mittel langer Aufenthaltszeit, verlassen werden, und das System ’wechselt’ ergodisch zwischen 2 In dieser Arbeit werden nur dissipative Systeme betrachtet. Im Sinne größerer Ströme. 4 Dies muss aber nicht der einzige Mechanismus sein. 3 KAPITEL 1. EINLEITUNG 6 den verschiedenen möglichen Zuständen. Durch den Anteil der Zeit, die das System in einem Zustand verbringt, ist dessen statistisches Gewicht definiert. Die Transporteigenschaften sind durch diese metastabilen Zustände und deren statistischen Gewichte bestimmt. Die Zustände gewinnen oder verlieren in Abhängigkeit der Systemparameter (Masse, Dissipationsstärke, Potential etc) Stabilität, also statistisches Gewicht. Im Mittel bedeutet eine konstante Kraft entgegen der mittleren Transportrichtung eines Zustandes, dass der Zustand Energie verliert. Umgekehrt bedeutet eine Kraft in Richtung des mittleren Transports, dass der Zustand Energie gewinnt. Eine Erhöhung der Dissipationsstärke bedeutet aber ebenfalls, dass ein transportierender Zustand Energie verliert. Genauso bedeutet eine Verringerung der Dissipationsstärke, dass transportierende Zustände Energie gewinnen. Hier ist der Verlust/Gewinn von Energie aber nicht von der Transportrichtung abhängig! Was passiert nun, wenn in Abwesenheit der konstanten Kraft ein transportierender Zustand durch eine Verringerung der Dissipationsstärke Stabilität verliert, und dann die Kraft ’eingeschaltet’ wird? Mehr Energie bedeutet Stabilitätsverlust. Eine Kraft in Transportrichtung bedeutet mehr Energie - also Stabilitätsverlust! Es kann also der paradoxe Effekt eintreten, dass eine (beliebig kleine) Kraft in Transportrichtung eines Zustandes dessen statistisches Gewicht verringert, oder das statistische Gewicht eines in Kraftrichtung transportierenden Zustandes erhöht. Genau dieser Mechanismus führt in den in dieser Arbeit betrachteten Systemen zu ANM. Der Mechanismus scheint robust gegen Veränderungen der genauen Form der Dynamik zu sein, und läßt sich vermutlich auf die gesamte betrachtete Systemklasse nicht überdämpfter, periodischer und symmetrischer physikalischer Systeme übertragen. Damit sollte der Mechanismus in einer recht großen Zahl von experimentellen Systemen auftreten und nachweisbar sein. In dieser Arbeit werden vor allem Josephsonkontakte als experimentelle Realisierung in Betracht gezogen. Diese stellen in gewisser Weise ein einfachstmögliches System dar. In Kapitel 2 werden einige grundlegende Begriffe der für die Arbeit wichtigen Theorien kurz betrachtet. Für ein genaueres Verständnis wird auf die angegebene Literatur verwiesen. In Kapitel 3 werden die beschriebenen numerischen Verfahren zur Betrachtung von dynamischen Systemen kurz erklärt, und im Anhang die zur numerischen Integration stochastischer Differentialgleichungen verwendeten Verfahren kurz verglichen. In Kapitel 4 werden einige allgemeine Bemerkungen zum Auftreten von ANM in der betrachteten Systemklasse gemacht und in Kapitel 5 und 6 in drei verschiedenen eindimensionalen physikalischen Systemen überprüft. In Kapitel 7 wird ein minimales ’Spielzeug-Modell’ analytisch betrachtet und Bedingungen für das Auftreten von ANM in einem Spezialfall hergeleitet. 2 Grundlagen 2.1 2.1.1 Dynamische Systeme Definitionen Hier werden durch autonome gewöhnliche Differentialgleichungen (Fluss) ẏ(t) = K(y(t)) (2.1) beschriebene Systeme mit Trajektorien/Orbits y(t) = Ψt−t0 (y0 ), (2.2) die obige Gleichung erfüllen, mit Anfangsbedingungen y(t0 ) = y0 betrachtet. Hierbei ist Ψt die Flussabbildung und t die Zeit, und es gilt Ψ0 = E(Identitätsabbildung). y = (y1 , y2, ..., ys ) ist ein (reeller) Vektor im sdimensionalen Phasenraum M ⊂ Rs mit euklidischer Norm k • k und Abstand d (y1 , y2 ) = ky1 − y2 k und K = (K1 , K2 , ..., Ks ) eine hinreichend glatte Abbildung des Phasenraums in sich. In linearen Systemen ist diese linear (oder durch eine Koordinatentransformation in eine lineare Abbildung zu überführen). Hängt K weiter von Kontrollparametern p1 , p2 , ... ab, die sich im Laufe der Dynamik nicht ändern, so bilden diese den Kontrollparameterraum. In dieser Arbeit werden ausschließlich dissipative Systeme betrachtet. In diesen kontrahiert Phasenraumvolumen W (t) ⊂ M mit [20]: Z dW (t) = ∇ · K(y)dW < 0. (2.3) dt W (t) Gilt für eine Teilmenge U des Phasenraums Ψt (U) = U für alle t, so heißt diese Menge unter dem Fluss invariant. Die stabile Menge US einer invarianten Menge U ist die Menge aller Punkte des Phasenraums, die sich der invarianten Menge in S positiver Zeitrichtung annähern: US = y∈M limt→∞ d(Ψt (y), U) = 0. Die instabile Menge UU ist die Menge S der Punkte, die sich in umgekehrter Zeitrichtung der Menge annähern: UU = y∈M limt→∞ d(Ψ−t (y), U) = 0. Für hyperbolische Fixpunkte handelt es sich bei diesen Mengen um Mannigfaltigkeiten, während dies für chaotische und nichthyperbolisches invariante Mengen i.A. nicht der Fall sein muss [22, 19]. Nichtautonome dynamische Systeme der Form ẏ(t) = K(y(t), t) 7 (2.4) 8 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN lassen sich als autonome Systeme mit einer zusätzlichen Zeitdimension schreiben. Die zusätzliche Gleichung lautet ẏn+1 = 1. 2.1.2 Periodizität, periodisch getriebene Systeme Ein dynamisches System ist periodisch in ei -Richtung mit Periode L, wenn K(y + Lei ) = K(y) (2.5) gilt, wobei ei der kanonische Einheitsvektor in yi -Richtung ist. Dadurch kann der Phasenraum auf U ∗ = {y∗ = (y1 , ..., yi mod L, ..., ys )} reduziert werden (reduzierte Dynamik). Die absolute Phase(Ort) y ist aber z.B. bei der Berechnung von Strömen, und um Attraktoren voneinander zu unterscheiden, immer noch wichtig. Nichtautonome zeitlich periodische Systeme mit Periode τ (d.h. solche, in denen K(y, t + τ ) = K(y, t) für alle t gilt) werden als periodisch getriebene Systeme bezeichnet. In vielen dynamischen Systemen existieren Poincaré-Schnitte, durch welche eine Betrachtung des dynamischen Systems auf die Betrachtung einer i.A. stetigen Abbildung auf einer Hyperfläche des Phasenraums reduziert werden kann [19]. Eine besondere Form eines Poincaré-Schnittes in periodisch getriebenen Systemen (wieder mit Periode τ ) ist der stroboskopische Schnitt, der zur stroboskopischen Abbildung P(y) = Ψτ (y) (2.6) führt. Dadurch reduziert sich die Dimension des Systems um 1, jedoch wird nun eine (i.A. stetige) Abbildung betrachtet. Gilt für einen Orbit yτo (t) des Systems mit τo > 0 yτo (t + τo ) = yτo , (2.7) für alle Zeiten t, ist der Orbit periodisch mit Periode τo . Solche Orbits sind Fixpunkte der Abbildung Ψτo . Gilt τo = m · τ in einem darüberhinaus periodisch getriebenen System (mit zeitlicher Periode τ ), so kann die Abbildung Ψτo durch die m-fach iterierte stroboskopische Abbildung Pm ersetzt werden, und der Orbit wird periodischer Orbit mit Periode m genannt. Ist das System zusätzlich räumlich periodisch mit Periode L in ei -Richtung, so wird ein Orbit mit (2.8) yτo (t + τo ) = yτo + n · Lei mit 0 6= n ∈ Z für alle Zeiten t ein transportierender Orbit mit Transport n·L in ei Richtung und Periode τo genannt. Ein solcher Orbit ist ein Fixpunkt der Abbildung Ψ∗τo = ((Ψτo )1 , ..., (Ψτo )i mod L, ..., (Ψτo )s ) in der reduzierten Dynamik. Gilt τo = m·τ in einem darüberhinaus periodisch getriebenen System (mit zeitlicher Periode 9 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN τ ), so kann wieder die Abbildung Ψτo durch die m-fach iterierte stroboskopische Abbildung (P∗ )m in der reduzierten Dynamik ersetzt werden 1 , und der Orbit wird n/m-periodischer Orbit genannt. 2.1.3 Physikalische Systeme, Ströme und Symmetrien Dissipative, physikalische (mechanische) Systeme (in s Dimensionen) werden durch Differentialgleichungen 2. Ordnung beschrieben (Newtons Gesetz), und damit als dissipative dynamische Systeme mit 2s Dimensionen [2, 5]. Die ersten s Komponenten des Zustandsvektors des Systems beschreiben den Ort x(t), die restlichen die zeitliche Ableitung (nach t) des Ortes und damit die Geschwindigkeit v(t). In dieser Arbeit werden ausschließlich Systeme betrachtet, welche die Bewegung eines Teilchens mit Masse M = 1 2 und Dissipation σ > 0 in einem Potential V (x, t) beschreiben. Sie haben die Form ẋ = v v̇ = −σv − ∇V(x, t). (2.9) ẋ = v (x,t) . v̇ = −σv − ∂V∂x (2.10) Um die Notation einfach zu halten werden im Folgenden eindimensionale Systeme betrachtet: In dieser Arbeit werden periodische Systeme betrachtet, in denen das Potential die Zerlegung V (x, t) = V1 (x, t) − x · F (t), (2.11) mit V1 (x + L, t) = V1 (x, t) für alle x, t und der räumlichen Periode L, erlaubt. Zeitliche Periodizität erfordert zusätzlich V (x, t + τ ) = V (x, t) für alle x, t und der zeitlichen Periode τ . Die Funktion K(x, v, t) hat hier die Form v K(x, v, t) = . (2.12) (x,t) −σv − ∂V∂x Damit gilt ∇K(x, v, t) = −σ (2.13) und Phasenraumvolumen kontrahiert (in linearer Ordnung) mit W (t) = W0 e−σt . 1 2 Wieder ist P∗ = (P1 , ..., Pi mod L, ..., Ps ). Die Masse wird durch eine Zeitreskalierung 1 gesetzt. 10 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN In den gewählten Einheiten stimmt der Strom einer Trajektorie mit der mittleren Geschwindigkeit dieser Trajektorie überein: Z 1 t ẋ(t′ )dt′ , (2.14) hvid (x0 , v0 ) = lim t→∞ t t 0 insofern der Grenzwert existiert. In periodischen, periodisch getriebenen Systemen der Form (2.10) mit K(x + L, v, t) = K(x, v, t + τ ) = K(x, v, t) kann eine dimensionslose Geschwindigkeit definiert werden: hvi (x0 , v0 ) = τ hvid (x0 , v0 ). L (2.15) Erfüllt die Dynamik die Symmetrie K(−x, −v, t + ∆t) = −K(x + ∆x, v, t) (2.16) 3 für ein ∆t , ein∆x und alle x, v, t, dann folgt aus der Existenz einer Lösung x+ (t) , d.h. y+ (t) = v+ (t) ẏ+ (t) = K (y+ (t), t) , (2.17) die einer weiteren mit ∆y = ∆x 0 y− (t) = −y+ (t + ∆t) + ∆y (2.18) , da ẏ− (t) = = = = −ẏ+ (t + ∆t) −K(y+ (t + ∆t), t + ∆t) −K(−(y− (t) − ∆y), t + ∆t) K(y− (t), t). (2.19) (2.20) (2.21) (2.22) Diese Lösung hat ein umgekehrtes Vorzeichen und damit eine entgegengesetzte Geschwindigkeit. Phase-lock Eine wesentliche Eigenschaft periodisch getriebener (und ’räumlich’ periodischer) Systeme ist, dass die Lösungen mit dem ’Antrieb’, d.h. dem zeitabhängigen Anteil von K(y, t) synchronisieren können. Solche Lösungen werden als phase-locked bezeichnet. Ohne Einschränkung wird ein eindimensionales System betrachtet. Sei 3 In zeitlich periodischen Systemen gilt ∆t = τ /2 oder ∆t = 0. 11 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN die räumliche Periode L und die zeitliche Periode τ . Sei y(t) eine Lösung des dynamischen Systems. Existiere m, k ∈ N, ein n ∈ Z und ein t0 > 0, so dass für alle j∈N |y(jτm − t0 ) − y(t0) − jLn | < k · L, (2.23) mit τm = mτ und Ln = nL, gilt. Dann ist y(t) phase-locked. MaW kann die Koordinate als y(jτm ) = jLn + ŷ(jτm ) mit |ŷ(jτm )| < k · L ∀ j ∈ N geschrieben werden, und für die dimensionslose mittlere ’Geschwindigkeit’ der Koordinate gilt (vgl. (2.15)) n hvi = . (2.24) m Offenbar sind periodische n′ /m′ -Orbits phase-locked mit k = 1, m = m′ und n = n′ . k · L ist die ’Ausdehnung’ des Attraktors in der betrachteten Richtung. 2.1.4 Zufällige Störungen und Mittelwerte Um in dissipativen physikalischen Systemen der Form (2.10) vorkommende Fluktuationen bei endlichen Temperaturen zu simulieren, wird das dynamische System durch einen zufälligen Term gestört(modelliert durch einen stochastischen Prozess). I.A. gehorcht dieser einer Fluktuations-Dissipationsrelation [1]. In dieser Arbeit werden ausschließlich Gauss’sche Störungen betrachtet, d.h. der zugrundeliegende stochastische Prozess ist Markov’sch. Die das dynamische System beschreibende Differentialgleichung wird zu einer stochastischen Differentialgleichung (SDGL) [8]. Das System (2.10) nimmt mit dem Störterm folgende Gestalt (LangevinGleichung) 4 an: ẋ = v̇ = −σv − ∂ V ∂x v √ (x, t) + 2σΓξ(t) (2.25) mit Gauss’schem weißen Rauschen hξ(t)i = 0, hξ(t)ξ(s)i = δ(t − s), und Rauschstärke Γ. Die resultierende Dynamik ist i.A. ergodisch. Das heißt kurz, dass Scharmittelwerte durch Zeitmittelwerte ersetzt werden können. In dieser Arbeit werden, wenn nicht anders angegeben, Mittelwerte immer unter Ergodizitätsannahme gebildet: Z t 1 G(y(t′ ))dt′ (2.26) hG(y)i = lim t→∞ t − t0 t 0 fast sicher für beliebige (hinreichend glatte) Funktionen G der Lösung der SDGL für eine Realisierung x(t) des durch die SDGL bestimmten stochastischen Prozesses. 4 Die Langevingleichungen sind als stochastische Differentialgleichung zu interpretieren. 12 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN Hieraus folgt, dass in ergodischen Systemen mit der Symmetrie (2.16) der mittlere Strom verschwinden muss [3]. 2.1.5 Floquet-Theorie In dieser Arbeit werden oft periodische Orbits betrachtet. Die lokale Stabilität dieser gegen infinitesimale Störungen kann durch Floquet-Theorie beschrieben werden. Dazu betrachtet man einen periodischen Orbit ẏτo (t) = K(yτo (t), t) mit yτo (t+ τo ) = yτo (t), gestört durch eine infinitesimale Störung ǫ(t), so dass yτo (t) + ǫ(t) auch eine Lösung des dynamischen Systems ist. In erster Ordnung gilt dann für die Störung die lineare Gleichung ∂K ǫ(t) = D(t)ǫ(t) (2.27) ǫ̇(t) = ∂y yτo (t) mit periodischer Koeffizientenmatrix D(t) = D(t + τo ). Ein vollständiger Satz linear unabhängiger Lösungen von (2.27) mit Φ(t) = (ǫ1 (t)...ǫs (t)) wird als Fundamentallösungen bezeichnet. Sei nun (2.28) 5 Φ(0) = E. (2.29) Aufgrund der Periodizität von D gilt Φ(kτo ) = Φk (τo ), (2.30) was die Definition der Monodromiematrix als C = Φ(τo ) (2.31) motiviert. Für die Eigenwerte (auch Floquet-Multiplikatoren genannt) zj von C gilt wegen (2.30) zj = eaτo und für die Monodromiematrix C = eSτo , wobei die Eigenwerte von S durch aj = 1/τo ln zj bis auf einen Term 2πk i eindeutig gegeben τo sind und Floquet-Exponenten genannt werden [23]. Da die Matrizen reell sind, können komplexe Eigenwerte nur in Paaren komplex konjugierter Eigenwerte (aus Jordan-Blöcken) auftreten [24]. λj = ℜ(aj ) bezeichnet man als Lyapunov-Exponenten. Gilt λj < 0 bzw. |zj | < 1 für alle Lyapunov-Exponenten bzw. Eigenwerte der Monodromiematrix des Orbits, 5 Aufgrund der Linearität von (2.27) ist diese Wahl immer möglich. 13 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN ist dieser lokal stabil. In diesem Fall schrumpft eine infinitesimale Störung auf Null zusammen. Ist mindestens ein Exponent größer als Null, ist der Orbit lokal instabil und eine infinitesimale Störung wächst. Ist λj = 0 so liefert die lineare Theorie keine sinnvolle Aussage über die lokale Stabilität (in erster Ordnung) bezüglich des entsprechenden Lyapunov-Exponenten, bzw. Eigenwerts der Monodromiematrix. (Ωp )j = ℑ(aj ) wird hier als generalisierte Plasmafrequenz bezeichnet. Sind zwei Floquet-Multiplikatoren komplex konjugiert, so sind ihre Realteile, und damit die entsprechenden Lyapunov-Exponenten, notwendigerweise identisch. In den in dieser Arbeit betrachteten Systemen können nicht beide komplex konjugierte Lyapunov-Exponenten eines periodischen Orbits gleichzeitig verschwinden. Der Grund dafür wird in Kapitel 5 angedeutet (vgl. (5.23)). Es kann ein (lokaler) Stabilitätsverlust eines periodischen Orbits (durch diese LyapunovExponenten) also nur eintreten, wenn vorher die beiden (entsprechenden) FloquetMultiplikatoren reell werden, also τo (Ωp )j = 0 + 2kπ oder τo (Ωp )j = π + 2kπ (2.32) mit k ∈ Z gilt. Dies ist demnach, für die in dieser Arbeit betrachteten Systeme, eine notwendige Bedingung für einen lokalen Stabilitätsverlust eines periodischen Orbits. Hieraus ergeben sich verschiedene Szenarien für den (lokalen) Stabilitätsverlust eines Orbits [20]. Im Rahmen lokaler Bifurkationstheorie [25] können diese genauer klassifiziert werden, was außer in speziellen Fällen hier nicht gebraucht wird. 2.1.6 Attraktoren Ein Attraktor A ist definiert als eine nichtleere 6 , abgeschlossene unter dem Fluss invariante Teilmenge des Phasenraums, die ganz enthalten ist in einer offenen Teilmenge des Phasenraums U, für die gilt [19]: {y ∈ U} ⇒ lim d(Ψt (y), A) = 0 t→∞ (2.33) Die größte Menge Umax mit dieser Eigenschaft ist der Attraktionsbereich des AtS traktors. Dies ist äquivalent zu Umax = ∞ Ψ −t (U) als die Bilder des zeitumget=0 kehrten Flusses einer Menge U mit der Eigenschaft (2.33). Der Attraktionsbereich ist damit offen. Der Rand zwischen Attraktionsbereichen ist das Komplement der Vereinigung aller Attraktionsbereiche. Es wird angenommen, dass die Vereinigung aller Attraktionsbereiche dicht im Phasenraum liegt. In (räumlich) periodischen Systemen ist in absoluten Koordinaten aufgrund der Periodizität jeder Attraktor abzählbar unendlich oft vorhanden, da die Dynamik 6 Die Voraussetzung, dass die betrachteten Mengen und Objekte nichtleer sind versteht sich von selbst, und wird in Zukunft weggelassen 14 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN unter Ortsverschiebungen um die räumliche Periode invariant ist. Jeder dieser Attraktoren ist formell verschieden, jedoch unterscheiden sie sich nicht in ihren dynamischen Eigenschaften. Periodische Attraktoren Besteht ein Attraktor aus einem periodischen Orbit, ist der Attraktor periodisch und nichttransportierend. Besteht, in einem zusätzlich (räumlich) in ei -Richtung periodischen System mit Periode L, der Attraktor aus einem transportierenden periodischen Orbit, so ist der Attraktor periodisch mit Periode τo > 0 und Transport nL pro Periode in ei Richtung. Ist das System zusätzlich periodisch getrieben mit Periode τ , und gilt τo = mτ mit m ∈ N wird der Attraktor n/m-Attraktor genannt. Ein periodischer n/m Attraktor ist unter der stroboskopischen Abbildung der reduzierten Dynamik P∗ eine diskrete Menge A = {y1 , y2 , ..., ym } von m Punkten. Nichtperiodische Attraktoren Zu diesen zählen sowohl chaotische als auch quasiperiodische Attraktoren, in denen keine strikte zeitliche Periodizität vorliegt. Sie kommen in nichtlinearen Systemen typischerweise vor. Chaotische Attraktoren werden vor allem von der Eigenschaft, dass Trajektorien sensitiv von den Anfangsbedingungen abhängen, bestimmt. Dies ist gleichwertig mit der Bedingung, dass auf einem Attraktor ein Lyapunov-Exponent größer als Null ist 7 . MaW entfernen sich zwei Trajektorien mit infinitesimal voneinander entfernten Anfangsbedingungen exponentiell schnell voneinander. Chaotische Attraktoren sind weitaus komplexer, und eine genauere Diskussion würde hier zu weit gehen. In der Literatur [18, 20, 19] finden sich ausführliche Diskussionen der Eigenschaften chaotischer Attraktoren. In dieser Arbeit wird angenommen, dass die Dynamik auf einem chaotischen Attraktor ergodisch ist. Dies soll heißen, dass Mittelwerte von Funktionen der Trajektorien auf dem Attraktor von den Anfangsbedingungen im Attraktionsbereich des Attraktors unabhängig sind. Quasiperiodische Attraktoren sind eine weitere Form nichtperiodischer Attraktoren. Hier sind im Fourierspektrum des Attraktors 2 oder mehr inkommensurable Frequenzen gemischt, so dass sich keine Periodizität einstellen kann. Sie werden in dieser Arbeit nicht weiter betrachtet. 7 Die Definition eines Lyapunov-Exponenten entlang einer beliebigen Trajektorie y(t) ist dOy 1 ∂K λy(t) (ǫ0 ) = limt→∞ t ln |Oy (t)ǫ0 | mit dt (t) = ∂y · Oy (t) y(t),t KAPITEL 2. GRUNDLAGEN 2.1.7 15 Chaotische Repelloren, Krisen Hier werden zwei Typen chaotischer Krisen unterschieden. Der erste Fall ist eine plötzliche Veränderung eines chaotischen Attraktors nachdem ein Kontrollparameter variiert wurde, ohne dass dieser zerstört wird, und wird auch interne Krise genannt. Der zweite Fall ist das plötzliche Verschwinden eines chaotischen Attraktors nach Variation eines Kontrollparameters und wird Randkrise genannt. Der erste Fall tritt ein, wenn ein chaotischer Attraktor mit einem instabilen periodischen Orbit 8 kollidiert, sich dieser Orbit aber innerhalb des Attraktionsbereichs des Attraktors befindet. Dadurch wird der periodische Orbit vom Attraktor aus erreichbar, ohne dass der Attraktor zerstört wird. I.A. heißt dies aber, dass der Attraktor sich unstetig ändert, und damit auch seine Eigenschaften. Der zweite Fall entspricht dem ersten, nur dass der instabile periodische Orbit auf dem Rand des Attraktionsbereichs des chaotischen Attraktors liegt. Der instabile Orbit wird vom Attraktor aus erreichbar, aber damit auch der Rand des Attraktionsbereichs, und der Attraktor kann verlassen werden. Damit ist der Attraktor zerstört. Auf diese Weise entsteht ein instabiles Objekt im Phasenraum, genannt chaotischer Repellor. Trajektorien in der Nähe dieses Objektes werden typischerweise eine lange Zeit in der Nähe des Repellors verbringen, bis sie den die Krise verursachenden instabilen Orbit erreichen und den Repellor verlassen [26, 19, 27, 18]. Sind über die instabile Mannigfaltigkeit des instabilen Orbits mehrere Attraktoren erreichbar, entstehen i.A. fraktale Attraktionsbereichsgrenzen zu diesen Attraktoren [28, 19]. Weiterhin ist es möglich, dass ein Repellor durch Variation eines Kontrollparameters mit weiteren instabilen Orbits kollidiert, und sich auf diese Weise wieder unstetig die Eigenschaften des Repellors ändern. 2.1.8 Bifurkationsdiagramme Um in zeitlich periodischen Systemen (oder allgemeiner in solchen, in denen eine Poincaré-Abbildung definiert ist [18]) ein besseres Verständnis für das Verhalten von Attraktoren und deren Stabilität zu gewinnen, ist das Studium von Bifurkationsdiagrammen eine Möglichkeit. Hierzu werden die Bilder von Anfangsbedingungen y0 auf Attraktoren unter der Poincaré-Abbildung (stroboskopischen Abbildung) gegen eine Richtung im Kontrollparameterraum im evtl. reduzierten Phasenraum betrachtet. Normalerweise werden 1-dimensionale Projektionen des Phasenraums gewählt, so dass das Bifurkationsdiagramm 2-dimensional ist. 8 oder äquivalent mit der stabilen Mannigfaltigkeit des periodischen Orbits 16 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN Die Projektionen periodischer n/m-Attraktoren sind m Punkte in der reduzierten Dynamik, deren Orte sich, aßer an Bifurkationen, stetig mit den Kontrollparametern ändern. So erscheinen sie im Bifurkationsdiagramm als m stetige Kurven. Im Bifurkationsdiagramm ist der Übergang eines periodischen Attraktors zu einem chaotischen Attraktor (und dessen Übergang in einen chaotischen Repellor) oft gut zu erkennen, insbesondere wenn dies (in etwa) den durch Feigenbaum zuerst beschriebenen Verlauf nimmt [29, 30, 28, 20], also durch eine periodenverdoppelnde Kaskade geschieht. Werden alle stabilen Attraktoren im Bifurkationsdiagramm abgebildet, so ergibt sich ein oft gutes Bild der Dynamik. Es sind Projektionen und Anzahl der stabilen Fixpunkte der stroboskopischen(Poincaré) Abbildung, also periodische Attraktoren des Systems sichtbar, genauso Projektionen der Bilder anderer Attraktoren unter der stroboskopischen Abbildung. Eine Bifurkation ist eine qualitative Änderung der Dynamik, z.B. eine Änderung der Anzahl der Fixpunkte etc. und somit meist sichtbar. Genauso sind chaotische Krisen meist sichtbar, da sich bei solchen die Ausdehnung eines chaotischen Attraktors unstetig ändert (wenn die Projektion nicht ungünstig gewählt ist) [19, 22]. 2.1.9 Entweichraten aus Repelloren Eine wesentliche Eigenschaft eines Repellors ist, dass Trajektorien mit Anfangsbedingungen in der Nähe des Repellors eine gewisse Zeit dort bleiben werden, und dann (fast sicher) die Umgebung des Repellors verlassen werden. Betrachtet man N0 Trajektorien mit zufälligen Anfangsbedingungen in einem Gebiet des Phasenraums, welches nur einen Repellor enthält, so gilt typischerweise für die Zahl der im Gebiet verbleibenden Trajektorien ein exponentieller Zerfall (für hinreichend große Zeiten t ≫ 1) [26]: N(t) = N0 e−kR t (2.34) Diese Form des Zerfalls wird in dieser Arbeit angenommen. Die (mittlere) Entweichrate kR ist die instantane Wahrscheinlichkeit einer Trajektorie in der Nähe des Repellors, die Umgebung dessen zu verlassen, oder mit anderen Worten das negative der instantanen, relativen Änderung einer Population von Trajektorien auf dem Repellor 9 : 1 dN(t) kR = − . (2.35) N(t) dt Die Annahme von (2.34) entspricht der Annahme, dass die Entweichrate zeitunabhängig ist. Im Allgemeinen ist dies nicht der Fall. Werden hingegen mittlere 9 Es wird vorausgesetzt, dass N sehr groß ist, und auf diese Weise die Ableitung gerechtfertigt. KAPITEL 2. GRUNDLAGEN 17 Entweichraten betrachtet, so ist dies oft erfüllt 10 . Die mittlere Entweichzeit Θ ist der Kehrwert der mittleren Entweichrate kR [31]. Die Entweichrate wird durch Rauschen i.A. verändert. Im Grenzwert kleiner Rauschstärken geht die mittlere Entweichrate i.A. gegen die deterministische Entweichrate. Die mittlere Entweichrate kann durch Rauschen sowohl zunehmen, als auch abnehmen [32, 33]. In dieser Arbeit wird dies vernachlässigt und die Entweichrate als temperaturunabhängig approximiert: kR (Γ) ≈ kR ≡ const. (2.36) Obwohl kR i.A. nichttrivial von der Rauschstärke abhängt, ist diese Approximation für kleine Rauschstärken zulässig, da kR in diesem Grenzwert gegen einen endlichen Wert konvergiert. Die Approximation ist in diesem Sinn ’0. Ordnung’. In der Praxis werden oft Rauschstärken betrachtet, die bereits die (oft fraktale) Struktur des Repellors stark verändern, oder zerstören. In diesem Fall ist die Approximation im strengen Sinne nicht mehr zulässig, liefert aber immer noch ’vernünftige’ Resultate. Es muss jedoch die Gültigkeit des jeweils verwendeten Wertes der Entweichrate überprüft werden. 2.1.10 Attraktoren in zufällig gestörten Systemen In deterministischer (ungestörter) Dynamik können Attraktoren nicht verlassen werden. Damit dies möglich ist, muss das System durch einen Rauschterm gestört werden. In diesem Fall geschieht das Verlassen des Attraktionsbereichs fast sicher. Der Attraktor ist ein metastabiler Zustand. Obwohl die Berechnung von Raten in Nichtgleichgewichtssystemen i.A. mit Problemen behaftet ist [31, 34, 35], wird in den Teilen der Arbeit, in denen eine verrauschte Dynamik betrachtet wird, angenommen, dass die betrachteten Systeme eine Beschreibung durch ein Ratenmodell mit konstanten zeitgemittelten Raten erlauben. Die (mittlere) Entweichrate kA aus einem Attraktor ist analog zur Entweichrate von einem chaotischen Repellor definiert. Es wird angenommen, dass eine anfängliche Population von N0 Trajektorien auf dem Attraktor zur Zeit t0 = 0 für hinreichend große Zeiten t exponentiell zerfällt, bzw. dass die Entweichrate zeitunabhängig ist: N(t) = N0 e−kA t . (2.37) Die Entweichrate wird i.A. von der Art der zufälligen Störung abhängen. Sei das System von der Form (2.25), nichtautonom und periodisch getrieben. Für die Rt 1 ′ ′ Die mittlere Entweichrate kann, z.B., durch hkR i = t−t t0 kR (t )dt definiert werden mit 0 einer passend gewählten Zeit t und hinreichend großer Zeit t0 . 10 18 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN zeitgemittelte Entweichrate gilt dann unter gewissen Bedingungen im Grenzwert kleiner Rauschstärken (Temperaturen) Γ ≪ 1 √ (2.38) kA (Γ) ≈ ΓαA e−U/Γ . [36, 37, 38] αA wird Vorfaktor genannt, und U Pseudopotentialtiefe. Allgemeiner in der Literatur untersucht ist die Form kA (Γ) ≈ αA e−U/Γ . (2.39) für die gemittelte Entweichrate [35, 39], so auch z.B. in Josephson Kontakten [40, 41, 38]. 2.1.11 Markovmodell Koexistieren in einem verrauschten dynamischen System mehrere metastabile Zustände, d.h. Attraktoren und Repelloren, und sind die Entweichraten klein, so kann ein Markovmodell für den Zustand des Systems angenommen werden. In dieser Arbeit ist der stationäre Zustand des Systems von Interesse, d.h. die mittlere Besetzungswahrscheinlichkeit (und damit die mittlere Entweichzeit) der Zustände nach sehr langen Zeiten. Sind z.B. verschiedene Attraktoren in einem ergodischen System die Zustände, so lassen sich aus den mittleren Besetzungswahrscheinlichkeiten 11 der Zustände Mittelwerte dynamischer Größen berechnen. Es gebe m metastabile Zustände Si mit mittleren Entweichraten ki ≪ 1. Aufgrund des Rauschterms und der Langlebigkeit der Zustände wird angenommen, dass die Dynamik in einem Zustand unabhängig von der Art und Weise ist, wie dieser Zustand erreicht wurde (Markov Annahme). Gibt es mehr als 2 Zustände, können beim Verlassen eines Zustand mit gewissen Wahrscheinlichkeiten verschiedene andere Zustände erreicht werden. Dies wird durch Übergangsraten modelliert. Sei die mittlere Rate für den Übergang vom Zustand Si in den Zustand Sj durch kij gegeben. Sie ergibt sich aus dem relativen ’Verlust’ e−kij t einer Population von anfänglich Ni 0 Trajektorien zur Zeit t0 = 0 im Zustand Si an den Zustand Sj nach der Zeit t − t0 , wenn Entweichprozesse aus dem Zustand Sj vernachlässigt werden: Y e−kij′ t (2.40) Ni (t) = Ni 0 e−ki t = Ni 0 j ′ 6=i Es wird ki = X j6=i 11 also statistischen Gewichten kij ≡ 1 − kii (2.41) 19 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN definiert. Der Zustand des Systems wird als Random-Walk (Markov-Kette) mit Position Si interpretiert. Es werden diskrete Zeitschritte der Länge 1 = ∆t ≪ 1/ki betrachtet. Seien (Pi )n die Besetzungswahrscheinlichkeiten eines Zustandes Si zur Zeit n, oder die Wahrscheinlichkeit, den Random-Walker an der Stelle Si zur Zeit n anzutreffen. Die kij bilden gerade die Übergangswahrscheinlichkeiten: Prob{Sj |Si } = kij . (2.42) Dann gilt (Pi )n+1 = (Pi )n + X j6=i = X kji (Pj )n − X kij (Pi )n (2.43) j6=i kji (Pj )n . (2.44) j Für den Zustandsvektor P = (P1 , P2 , ...) gilt die Matrixgleichung k11 k21 ... km1 k12 k22 ... km2 P = UPn Pn+1 = ... ... ... ... n k1m k2m ... kmm und für alle n X (Pi )n = 1. (2.45) (2.46) i Der stationäre Zustand ist durch einen Eigenvektor der Übergangsmatrix U zum Eigenwert 1 gegeben und eindeutig 12 [42]: UPstat = Pstat (2.47) Der stationäre Zustand wird für beliebige Anfangskonfigurationen nach u.U. langer Zeit angenommen. Mithilfe des stationären Zustandes können Erwartungswerte dynamischer Variablen berechnet werden. Sei G eine Variable, und hGii der Erwartungswert dieser Variablen im Zustand Si . Dann gilt für den Erwartungswert von G bezüglich aller Zustände X hGi = (Pstat )i hGii . (2.48) i 12 falls U irreduzibel und aperiodisch ist, was hier angenommen wird. Aperiodizität ist nach Annahme mit kii > 0 für alle i erfüllt. Irreduzibilität heißt nichts anderes, als das der RandomWalker in endlicher Zeit von jedem Zustand in jeden anderen gelangen kann. Diese Annahmen sind nichts anderes als Ergodizität. 20 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN Die Komponenten von Pstat sind also die statistischen Gewichte der Zustände in der ergodischen Dynamik. Die Raten aus einem Zustand Si können mit dem Inversen der mittleren Lebensdauer Θi des Zustandes identifiziert werden, also ki = 1/Θi. Es folgt im einfachsten Fall eines 2-Zustandssystems sofort die einfache Formel hGi1 Θ1 + hGi2 Θ2 hGi1 k2 + hGi2 k1 = , (2.49) k1 + k2 Θ 1 + Θ2 welche die Erwartungswerte in den einzelnen Zuständen mit den mittleren Entweichzeiten aus den Zuständen gewichtet. (2.49) lässt sich leicht auf Systeme mit mehr Zuständen verallgemeinern, solange die Entweichraten homogen sind, d.h. für alle, aber feste i gilt kij = kil ∀ j, l, oder maW, die Wahrscheinlichkeit, einen bestimmten anderen Zustand beim Verlassen eines Zustandes zu erreichen, ist für alle (anderen) Zustände gleich. Um zu sehen, dass Zustände, deren Entweichraten ’groß’ sind, vernachlässigt k werden können, sei S1 ein solcher Zustand mit k1j ≪ 1 für alle j > 1. Dann folgt aus (2.47) X (1 − k1 )(Pstat )1 + kj1 (Pstat )j = (Pstat )1 , (2.50) hGi = j>1 ∗ und mit k = maxj>1 kj1 und P j>1 (Pstat )j (Pstat )1 ≤ ≤ 1 folgt k∗ ≪ 1. k1 (2.51) Damit kann also S1 in (2.48) vernachlässigt werden. 2.2 Antwortverhalten In diesem Abschnitt werden allgemeine, räumlich periodische physikalische Systeme aus einem oder mehreren (wechselwirkenden) Teilchen betrachtet. Hierzu ist Transport als ein gerichteter mittlerer Strom von Teilchen zu verstehen. Wenn ein System im Ruhezustand 13 durch eine kleine (konstante) Kraft gestört wird, erwartet man, dass sich Transport in Richtung dieser Kraft einstellen wird. In Systemen im thermodynamischen Gleichgewicht sagt lineare Antwort Theorie [1] genau dies voraus: die Antwort des Systems ist proportional zur Störung und der Proportionalitätsfaktor ist die Mobilität 14 . Die Kurve mittlerer Strom in Abhängigkeit der Störung wird Antwortkurve 15 genannt. 13 Was hier ein Zustand ist, welchen das System ohne äußere Einflüße für alle Zeiten beibehalten wird. 14 Die Mobilität ist die Ableitung des mittleren Stromes nach der Störung. 15 Allgemein werden in dieser Arbeit Kurven mittlerer Strom in Abhängigkeit gewisser Systemparameter Antwortkurven genannt. 21 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN (b) Ratscheneffekt Strom Strom (a) Gleichgewicht Kraft Strom (d) DNM Strom (c) ANM Kraft Kraft Kraft Abbildung 2.1: Antwortverhalten Dieses Verhalten wird Gleichgewichtsantwort genannt (Abbildung 2.1(a)). Im thermodynamischen Gleichgewicht verbietet der 2. Hauptsatz der Thermodynamik jede andere Form von Antwortverhalten. Im Nichtgleichgewicht 16 , kann es anderes Verhalten geben. In der Abwesenheit gewisser Symmetrien 17 im System, wird es i.A. zu Ratscheneffekten kommen [3]. Das heißt, dass es einen nichtverschwindenden Strom in Abwesenheit von Störungen geben wird. Ist die Antwort des Systems auf eine Störung stetig, wird der Strom das Vorzeichen durch eine hinreichend kleine Störung nicht ändern. Damit ist auch Transport entgegen einer (kleinen) konstanten Kraft möglich (Abbildung 2.1(b)). Ist eine Symmetrie der Art (2.16) erfüllt, wird es auch im Nichtgleichgewicht in Abwesenheit von Störungen einen Ruhezustand ohne Transport geben. Ist die Antwort des Systems auf eine kleine Störung in Form einer Kraft in eine Richtung aber ein Strom in die der Kraft entgegengesetzte Richtung, tritt in dem System absolut negative Mobilität(ANM) auf. Die Mobilität ist am ’Nullpunkt’ der Störung negativ (Abbildung 2.1(c)). Dieser Effekt widerspricht also gerade der Erwartung durch eine Störung in Form einer konstanten Kraft einen mittleren Strom in die Richtung der Kraft zu erzeugen, ist also in gewisser Weise das Gegenteil der linea16 Wann immer die Bedingungen des thermodynamischen Gleichgewichts nicht erfüllt sind. (2.16), Supersymmetrie[3] und detailed Balance Symmetrie, wobei letztere zu einem Gleichgewichtssystem führen würde. 17 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN 22 ren Antwort im Gleichgewicht und zentrales Interesse dieser Arbeit. Ist die Mobilität für eine von Null verschiedene Störung negativ, der mittlere Strom aber immer noch in Richtung der Störung, tritt in dem System differentiell negative Mobilität(DNM) auf (Abbildung 2.1(d)). Dies schließt zwar den Fall ’normalen’, also Gleichgewichtsantwortverhaltens beim Nullpunkt der Störung ein, erzwingt ihn aber nicht. Ein ’Hybrid’-Effekt tritt auf, wenn die Mobilität am Nullpunkt der Störung zwar positiv ist 18 , die Antwort des Systems also der Gleichgewichtsantwort entspricht, aber bei einer von Null verschiedenen Störung die Mobilität negativ ist, und aufgrund dessen für noch größere Störungen ein mittlerer Strom entgegen der Störung auftritt. Dies ist eine Art ’extreme’ DNM. Die verschiedenen Effekte, also Ratscheneffekt, DNM und ANM sind nicht immer unabhängig. In bestimmten Fällen kann z.B. (mathematisch) ANM auf einen Ratscheneffekt in einem anderen System abgebildet werden. Desweiteren kann DNM in einem symmetrischen System durch einen ’adiabatischen Antrieb’ zur Erzeugung von ANM ausgenutzt werden [4]. Letzteres wäre in allen in dieser Arbeit betrachteten Systemen ohne weiteres möglich, und wird hier deshalb nicht weiter betrachtet. ANM tritt sowohl als eigenständiger Effekt, als auch als Konsequenz von DNM in Verbindung mit einem adiabatischen Antrieb auf. Historisch wurde ANM zuerst unter dem Namen absolut negativer Widerstand als rein quantenmechanischer Effekt in diversen Systemen theoretisch und experimentell nachgewiesen. Als kollektiver Effekt wurde ANM für wechselwirkende Brown’sche Teilchen nachgewiesen. Vor nicht allzu langer Zeit wurde ANM für einzelne Teilchen in verschiedenen Konfigurationen theoretisch und experimentell nachgewiesen. Ein Überblick mit Referenzen findet sich in [4]. 18 Oder allgemeiner keine ANM vorliegt. 3 Numerische Methoden 3.1 Attraktionsbereiche Es gebe k Attraktoren Aj , 1 ≤ j ≤ k. Die Attraktionsbereiche der Attraktoren können gefunden werden, in dem bei einer fest gewählten Startzeit t0 für jede Anfangsbedingung y0 ∈ M in einem geeigneten Ausschnitt des Phasenraums das System so lange integriert wird, bis ein Attraktor erreicht wurde, d.h. y(t) ∈ Bǫ (Aj ), wie unmittelbar aus der Definition folgt. All jene Anfangsbedingungen, welche zu Bǫ (Aj ) führen, gehören zum Attraktionsbereich des Attraktors Aj . Die Zeit τtransient (y0 ) = min {(t − t0 ) > 0|y(t) ∈ Bǫ (Aj )} wird Transientenzeit genannt. Es gilt limǫ→0 τtransient (y0 ) = ∞ für y0 ∈ / A 1. 3.1.1 Direkter Attraktionsbereich Gibt es in räumlich periodischen (mit Periode L in yi–Richtung) dynamischen Systemen einen Attraktor A0 , so sind Kopien Ai , i 6= 0 dessen unendlich oft vorhanden, jeweils um i ∈ Z räumliche Periode verschoben. In der reduzierten Dynamik gibt es nur noch einen Attraktor, bzw. alle Kopien fallen mit A0 zusammen. Der direkte Attraktionsbereich ist nun der Schnitt des Attraktionsbereichs von A0 mit U ∗ , dem Phasenraum der reduzierten Dynamik, jeweils als Mengen im vollen Phasenraum aufgefasst. 3.1.2 Wahl des Phasenraumausschnitts In räumlich (mit Periode L) periodischen, und periodisch getriebenen (mit Periode τ ) dissipativen Systemen der Form (2.10) kann der Phasenraumausschnitt, in welchem periodische Orbits sein können, abgeschätzt werden. Aufgrund der räumlichen Periodizität genügt es in dieser Richtung den Bereich [0, L] zu betrachten. Sei ∂V (x, t) Fmax = max − (3.1) x,t ∂x ∂V (x, t) (3.2) Fmin = min − x,t ∂x 1 Hier ist Bǫ (A) ≡ {Bǫ (y)|y ∈ A} mit Bǫ (y) = {y′ ∈ M|d(y, y′ ) < ǫ} definiert. 23 KAPITEL 3. NUMERISCHE METHODEN 24 die maximale Beschleunigungskraft, welche im System auftreten kann. Dann ist die (dimensonsbehaftete) mittlere Geschwindigkeit beliebiger Orbits betragsmäßig beschränkt: Fmax Fmin ≤ hvid ≤ . (3.3) σ σ Desweiteren ist auch der fluktuierende Anteil der Geschwindigkeit beschränkt: Sei (x(t), v(t)) ein periodischer Orbit mit Periode τ und mittlerer Geschwindigkeit hvid . Dann kann die instantane Geschwindigkeit in v(t) = hvid + v̂(t) zerlegt werden. Es gilt hv̂id = 0. Daher muss für ein 0 ≤ t̂ ≤ τ und alle k ∈ N v̂(t̂ + kτ ) = 0 (3.4) gelten. Dann gilt für den fluktuierenden Anteil der Geschwindigkeit Fmax − σ hvid 1 − e−στ σ t̂≤t≤t̂+τ Fmin − σ hvid 1 − e−στ min v̂(t) ≥ σ t̂≤t≤t̂+τ max v̂(t) ≤ (3.5) (3.6) Damit gilt für periodische Orbits mit Periode τ und mittlerer Geschwindigkeit hvid Fmin Fmax 1 − e−στ + hvid e−στ ≤ v(t) ≤ 1 − e−στ + hvid e−στ . σ σ (3.7) Da auch die mittlere Geschwindigkeit beschränkt ist (vgl. (3.3)), folgt dass nur in einem beschränkten Phasenraumbereich periodische Orbits auftreten können. Wird angenommen, dass die interessante Dynamik in dem Phasenraumbereich stattfindet, in dem auch periodische Orbits auftreten können, ist diese Abschätzung sehr nützlich. 3.1.3 Bestimmung aller Attraktoren In nichtlinearen Systemen ist es i.A. nicht möglich, alle Attraktoren bei gegebenen Kontrollparametern zu bestimmen. Die Berechnung der Attraktionsbereiche der gefundenen Attraktoren gibt aber diesbezüglich wichtige Informationen. Seien einige Attraktoren bei gegebenen Kontrollparametern bekannt. Werden dann die Attraktionsbereiche dieser Attraktoren mit einem hinreichend feinen Gitter bestimmt, so können alle Gitterpunkte, welche in den Attraktionsbereichen der bekannten Attraktoren liegen, diesen zugeordnet werden. Die Attraktionsbereiche aller noch unbekannten Attraktoren müssen sich auf die verbleibenden Punkte des Gitters verteilen. Ergeben sich große Bereiche solcher Punkte, können die verbleibenden Attraktoren dort gesucht werden. KAPITEL 3. NUMERISCHE METHODEN 25 Ist die Anzahl dieser verbleibenden Gitterpunkte sehr gering im Vergleich zur Gesamtzahl der Gitterpunkte, kann i.A. davon ausgegangen werden, dass die noch unbekannten Attraktoren nur ein sehr geringes (vernachlässigbares) statistisches Gewicht haben, da ihre Attraktionsbereiche sehr klein sein müßen (im Vergleich zu den anderen, bereits bekannten Attraktoren). Mit diesem Argument können, wenn das Gitter nicht gerade ungünstig gewählt ist, die unbekannten Attraktoren in der ergodischen Dynamik vernachlässigt werden (vgl. Abschnitt 2.1.11). 3.2 Rekonstruktion chaotischer Repelloren Chaotische Repelloren (chaotische Transienten) sind i.A. schwieriger zu behandeln, als (periodische) Attraktoren. Um die Repelloren im Phasenraum zu untersuchen, können sie rekonstruiert werden. Eine Möglichkeit ist die Ensemblemethode. Dazu werden viele Trajektorien mit Anfangsbedingungen in einem Gebiet des Phasenraums, welches den Repellor enthält, integriert. Eine Bedingung wird spezifiziert, bei der eine Trajektorie den Repellor verlassen hat 2 . Diejenigen Trajektorien, welche lang genug auf dem Repellor bleiben, werden ausgewählt. Der Anfang der Trajektorien wird abgeschnitten, da die Trajektorien sich zunächst dem Repellor nähern werden 3 . Die Enden werden abgeschnitten, da dort der Übergang zu anderem Verhalten enthalten ist 4 . Die auf diese Weise gewonnenen Punkte im Phasenraum stellen eine Approximation des Repellors dar, und sollten unabhängig von den konkret gewählten Cut-off Längen sein [26]. 3.3 Entweichraten aus einem Repellor Um mittlere Entweichraten aus einem Repellor zu bestimmen, kann ebenfalls die Ensemblemethode angewandt werden. Es werden viele Trajektorien mit Anfangsbedingungen in einem Gebiet U des Phasenraums, welches den Repellor enthält, integriert. Der Anteil der Trajektorien, die den Repellor nach einer Zeit t noch nicht verlassen haben, fällt nach den Annahmen aus Abschnitt 2.1.10 für hinreichend 2 Dies kann, z.B., das Erreichen einer mittleren Geschwindigkeit oder das Verlassen(Erreichen) eines Phasenraumausschnitts sein. 3 Ist der Repellor mittels einer Krise aus einem Attraktor hervorgegangen, bleiben i.A. Teile der attraktiven Eigenschaften des zerstörten Attraktors bestehen, was Transienten aus dem ehemaligen Attraktionsbereich des Attraktors betrifft. Dies soll heißen, dass sich Trajektorien mit Anfangsbedingungen im ehemaligen Attraktionsbereich des Attraktors erst dem ehemaligen Attraktor nähern werden, unabhängig davon, ob er zerstört wurde oder nicht. Die Trajektorien verlassen den Attraktor erst, wenn sie den die Krise verursachenden instabilen periodischen Orbit (oder die stabile Mannigfaltigkeit dessen) erreichen. 4 Ist, z.B., der Repellor aus einer Krise durch Kollision eines Attraktors mit einem instabilen Orbit entstanden, kann dies Zeit auf der instabilen Mannigfaltigkeit dieses Orbits sein. KAPITEL 3. NUMERISCHE METHODEN 26 große Zeiten exponentiell ab. Für die Entweichzeit θ gilt asymptotisch P {θ = t} = kR exp(−kR t) und k1R = hθi = Θ. Die kumulative Verteilungsfunktion ist besser R∞ geeignet, um kR zu bestimmen:P {θ > t} = t P {θ = t′ }dt′ = exp(−kR t) und damit log (P {θ > t}) = −kR t, so dass kR durch Regression bestimmt werden kann, in dem das Histogramm der Entweichzeiten logarithmisch gefittet wird. Zu beachten ist, dass für kurze Zeiten der exponentielle Zusammenhang i.A. nicht gilt, da die gewählten Trajektorien sich zunächst dem Repellor nähern werden, oder das Gebiet direkt verlassen werden [26, 18]. Da lange Zeiten betrachtet werden und die Entweichraten als klein angenommen werden, genügt es in periodisch getriebenen Systemen die stroboskopische Abbildung zu betrachten. Dieses Verfahren kann so auch im Falle einer verrauschten Dynamik angewendet werden, um die mittleren Entweichzeiten zu bestimmen. Die Rückrate in den Repellor wird hierbei vernachlässigt. Damit letzteres erfüllt ist, muss die Entweichrate von dem Komplement von U klein sein. Im Falle, dass dieses Komplement der Attraktionsbereich eines Attraktor ist, heißt dies, dass die Entweichrate vom Attraktor klein sein muss. In deterministischer Dynamik ist dies offenbar in diesem Falle erfüllt. 3.4 Entweichrate aus einem Attraktor Diese sind nur in einer verrauschten Dynamik von Null verschieden. Es werden periodisch getriebene Systeme betrachtet, und es wird davon ausgegangen, dass die Zeit, bis eine Trajektorie nach Verlassen des Attraktors auf diesen zurückkehrt, sehr groß ist. MaW wird die Rückrate vernachlässigt. Wieder genügt es, die stroboskopische Abbildung zu betrachten. Es werden Trajektorien mit Anfangsbedingungen auf dem Attraktor integriert, bis diese den Attraktionsbereich verlassen. Daraus folgt eine Verteilung von Entweichzeiten. Asymptotisch ist diese wie in Abschnitt 3.3 exponentiell verteilt, und wieder kann der Exponent kA ,die Rate, wie oben durch lineare Regression aus der kumulativen Verteilungsfunktion bestimmt werden. Wiederholt man dieses Verfahren für verschiedene Rauschstärken, kann der Zusammenhang zwischen Rate und Rauschstärke durch Fit an Gleichung (2.38) oder (2.39) bestimmt werden. Dazu wird natürlicherweise eine logarithmische Skala für die Rate und eine inverse Skala für die Rauschstärke verwendet. Auf diese Weise ergibt sich im Idealfall für (2.39) eine Gerade, welche angefittet wird, um die Pseudopotentialtiefe U und den Vorfaktor αA zu bestimmen. Hierbei ist zu beachten, dass die Voraussetzungen für die Gültigkeit von (2.39) bzw. (2.38) erfüllt sind, also insbesondere die mittlere Entweichrate klein ist. KAPITEL 3. NUMERISCHE METHODEN 3.5 27 Erkennung eines periodischen Orbits Viele der Überlegungen dieser Arbeit beruhen auf der Untersuchung periodischer Orbits dynamischer Systeme. Um z.B. die Stabilitätsbereiche von Attraktoren im Parameterraum zu untersuchen, wird im Kontrollparameterraum auf einem Gitter integriert bis ein Attraktor erreicht wird, oder eine vorgegebene Zeit verstrichen ist. Um diese Suche effizient zu gestalten muss bei Erreichen eines periodischen Attraktors möglichst bald dies erkannt werden. Rechenzeit, die dazu verwendet wird, auf dem periodischen Attraktor zu integrieren, ist verschwendet. Da a priori die Struktur und Art der periodischen Attraktoren unbekannt ist, wird ein generelles Verfahren benötigt, unabhängig von Attraktionsbereichen, Periodizität usw. Es werden periodisch getriebene Systeme (mit stroboskopischer Abbildung P und Periode τ ) betrachtet. In räumlich periodischen Systemen werden alle Größen in der reduzierten Dynamik betrachtet, so dass auch periodisch transportierende Orbits eingeschlossen sind. Von einer beliebigen, zufälligen Startbedingung y0 ausgehend bilden die Bilder dieses Punktes unter der stroboskopischen Abbildung die Menge {Pi (y0 )|i = 1, 2, 3, ...}. Sobald ein Punkt in dieser Menge mehrfach auftaucht, gehört dieser zu einem periodischen Orbit, und die Punkte zwischen dem ersten und zweiten Auftauchen dieses Punktes wiederholen sich ad infinitum. Von einer Startbedingung innerhalb des Attraktionsbereichs nähern sich dynamische Systeme i.A. dem Attraktor, also dem lokal stabilen periodischen Orbit, an. Wegen der Eindeutigkeit der Lösung dynamischer Systeme, die durch Differentialgleichungen beschreiben sind, wird der Attraktor nie erreicht, sondern nur beliebig angenähert 5 . Daher muss eine Fehlertoleranz ǫ definiert werden, innerhalb derer Punkte als identisch angenommen werden (d.h., wenn d(yi , yj ) < ǫ). Um Fehler durch eine zu große Fehlertoleranz zu vermeiden, kann, sobald 2 Punkte yi , yj , i > j innerhalb der Fehlertoleranz identisch sind, die daraus resultierende Periode des Attraktors i − j bestimmt werden. Werden daraufhin noch einmal i − j zeitliche Perioden integriert und liegt der daraus resultierende Punkt in der stroboskopischen Abbildung wieder innerhalb des Fehlerballes um yi , yj , so werden viele Fälle in denen eine (stabile) periodische Lösung erkannt wurde, obwohl keine vorhanden ist, ausgeschlossen. 3.6 Erkennung eines phase-locked Orbits Durch die definierende Ungleichung (2.23) kann ein Orbit auf die phase-lock Eigenschaft überprüft werden. Dazu wird die Ungleichung über eine gewisse, nicht zu 5 In dissipativen Systemen der Form (2.10) geschieht dies mit der Phasenraumvolumenkontraktionsrate. 28 KAPITEL 3. NUMERISCHE METHODEN kleine Anzahl von Zeitschritten τm überprüft, um transientes phase-locked Verhalten auszuschließen. Da τm und Ln i.A. nicht bekannt sind, und nicht alle möglichen Werte überprüft werden können, müssen bestimmte Werte für τm vorgegeben werden, mit denen die Gültigkeit von (2.23) überprüft wird. Ein zu groß gewählter Wert von τm stellt kein Problem dar, außer dass dadurch evtl. Rechenzeit verschwendet wird. k sollte hingegen nicht zu groß gewählt werden, da dies (numerisch) auch nicht phase-locked Orbits als phase-locked erscheinen lassen kann. Bei Anwendung dieses Verfahrens ist es i.A. sinnvoll, gleichzeitig wie in Abschnitt 3.5 beschrieben auf periodische Orbits zu überprüfen, da in diesem Fall bereits Phase-lock vorliegt und Rechenzeit gespart werden kann. In der Praxis bewähren sich k ≈ 2 und m ≈ 50 bei einer Überprüfung von 10 Zeitschritten der Weite τm in dieser Arbeit betrachteten Systemen und Kontrollparametern. Die (räumlichen) Ausdehnungen der in dieser Arbeit gefundenen Attraktoren sind selten größer als eine räumliche Periode. Dies kann aber für andere Systeme oder Kontrollparameter (z.B. sehr kleine Dämpfungen) anders sein. 3.7 3.7.1 Kartographierung des Parameterraumes Methode I Mit oben beschriebenem Verfahren kann der Kontrollparameterraum nach periodischen oder phase-locked Orbits kartographiert werden. Der Kontrollparameterraum wird in ein Gitter aufgeteilt. An jedem Gitterpunkt wird 1. y0 zufällig aus dem Phasenraum M nach einer Verteilung µ 6 gezogen, 2. integriert, bis ein periodischer/phase-locked Attraktor erreicht wird, überprüft durch eine der Methoden aus Abschnitt 3.5 und Abschnitt 3.6, oder die maximale Integrationszeit τmax verstreicht, 3. dies N mal wiederholt. In Parameterbereichen, in denen kein periodischer/phase-locked Attraktor existiert wird immer die maximale Zeit τmax integriert. Um nicht sehr viel Rechenzeit dabei zu verbrauchen, sollte diese nicht zu groß gewählt werden. Genauso sollte die Zahl N der Anfangsbedingungen nicht zu groß sein. Dadurch werden jedoch nicht alle Attraktoren gefunden. Damit ein Attraktor mit Attraktionsbereich U 6 Gemeint ist ein Wahrscheinlichkeitsmaß. In dieser Arbeit wird dies immer die Gleichverteilung konzentriert auf einer geeignet gewählten Teilmenge des Phasenraums sein. KAPITEL 3. NUMERISCHE METHODEN zuverlässig gefunden wird, muss mit Û = {y ∈ U|τT ransient < τmax } µ Û N ≫1 µ (M) 29 (3.8) gelten. 3.7.2 Methode II Ist einmal ein periodischer/phase-locked Attraktor A gefunden, kann der Stabilitätsbereich dieses Attraktors einfacher gefunden werden. Dazu wird wieder ein Gitter im Kontrollparameterraum definiert. Sei der Attraktor am Punkt i des Gitters im Kontrollparameterraum bekannt. Sei bei diesen Kontrollparametern ein Punkt im Phasenraum auf dem Attraktor yi . Dann wird auf allen Nachbarpunkten j(auf dem Gitter) von i 1. yi als Anfangsbedingung gewählt, 2. integriert, bis ein periodischer/phase-locked Attraktor erreicht wird, überprüft durch eine (oder beide) der oben beschriebenen Methoden, oder die maximale Integrationszeit τmax verstreicht, 3. wurde von der Anfangsbedingung yi der Attraktor A am untersuchten Gitterpunkt j erreicht, wird eine neue Anfangsbedingung yj auf dem Attraktor bei den Kontrollparametern des Gitterpunktes j gewählt, und das Verfahren auf j mit der Anfangsbedingung yj wiederholt. Auf diese Weise kann τmax deutlich kleiner als in Abschnitt 3.7.1 gewählt werden, da für yi nahe am Attraktor die Transientenzeit in den meisten Fällen klein sein wird 7 . Jeder einmal auf diese Weise untersuchte Gitterpunkt wird markiert, und nicht noch einmal untersucht. Ein Attraktor ist hierzu charakterisiert durch seine dimensionslose mittlere Geschwindigkeit und sein Bild unter der stroboskopischen Abbildung (im Falle periodischer Attraktoren). Es wird angenommen, dass sich 7 An Kontrollparameterraumpunkten, an denen Bifurkationen stattfinden kann es zu Problemen kommen, da die Transientenzeit divergiert. Diese können jedoch umgangen werden, indem eine hinreichend große Fehlertoleranz verwendet wird. Dies geschieht dann auf Kosten der Zuverlässigkeit der Erkennung der Periodendauer der Orbits. Wird gleichzeitig auch auf phase-lock geprüft, besteht das Problem nicht, und ein Orbit nahe einer Bifurkation wird ’schlimmstenfalls’ als phase-locked aperiodisch erkannt. KAPITEL 3. NUMERISCHE METHODEN 30 das Bild des Attraktors unter der stroboskopischen Abbildung stetig mit den Kontrollparametern ändert 8 , und dass die dimensionslose mittlere Geschwindigkeit sich nicht ändert 9 . 3.7.3 Kombination beider Methoden Methode I ermöglicht es prinzipiell, die Stabilitätsbereiche aller periodischen und phase-locked Attraktoren zu finden, ist aber sehr zeitaufwendig. Methode II gibt nur eine Zusammenhangskomponente des Stabilitätsbereichs eines (phase-locked) Attraktors, ist dafür aber erheblich zeitsparender und ermöglicht die Benutzung eines viel feineren Gitters. Daher liegt es nahe, beide Methoden zu kombinieren. Eine Möglichkeit, dies zu tun, ist es, ein feines Gitter zu verwenden. Auf diesem wird mit Methode II gesucht, nachdem mit Methode I ein periodischer Attraktor gefunden wurde. Mit Algorithmus I wird zwar auf demselben Gitter gesucht, jedoch nicht auf jedem Gitterpunkt, de facto also auf einem groberen Gitter. Dadurch modifiziert sich die Forderung (3.8) mit Ui dem Attraktionsbereich des Attraktors am Gitterpunkt i und Ûi wie oben definiert zu X µ Ûi N ≫ 1, (3.9) µ (M) i wobei über alle Gitterpunkte des groben Gitters im Kontrollparameterraum summiert wird. (3.9) ist offenbar wesentlich leichter zu erfüllen als (3.8), insbesondere für hinreichend feine Gitter und Attraktoren mit großen Stabilitätsbereichen. 3.7.4 Gitterreduktion Wird die Methode aus Abschnitt 3.7.2 oder 3.7.3 verwendet, ist die numerische verwendete Gitterauflösung i.A. für praktische (Druck)Zwecke zu fein, und es ist vorteilhaft, das Gitter auf ein groberes Gitter abzubilden. Hierzu werden benachbarte Gitterpunkte zu einem neuen Gitterpunkt zusammengefasst, welcher besetzt ist, wenn mindestens einer der zusammengefassten Gitterpunkte besetzt war. Auf 8 Um dies zu konkretisieren sei das Bild eines Attraktors unter der stroboskopischen Abbildung bei einem bestimmten Kontrollparametersatz αi durch die Menge Mαi gegeben. Sei das Bild unter der stroboskopischen Abbildung bei anderen Kontrollparametern α′i durch Mα′i gegeben. ′ ′ ′ Existiert dann S für jedes ǫ > 0 ein δ > 0, so dass Mαi ⊆ Bǫ (Mαi ) für alle αi mit d(αi , αi ) < δ mit Bǫ (Mαi ) = xi ∈Mα Bǫ (xi ), so ändert sich das Bild dieses Attraktors unter der stroboskopischen i Abbildung stetig. Auf diese Weise bedeutet im Falle eines chaotischen Attraktors eine chaotische Krise, dass das Verfahren den Attraktor i.A. nicht mehr erkennen wird. Dies ist in dieser Arbeit gewollt. 9 Im Falle der betrachteten phase-locked Attraktoren ist dies nur unstetig möglich. KAPITEL 3. NUMERISCHE METHODEN 31 diese Weise werden trotz der geringeren Auflösung feine Strukturen und Filamente immer noch aufgelöst 10 . 3.7.5 Mittelwertskarten Um mithilfe deterministischer Algorithmen berechnete Bilder des Kontrollparameterraums, d.h. Stabilitätsbereiche von Attraktoren, mit der verrauschten Dynamik zu vergleichen, können dieselben Ausschnitte des Kontrollparameterraumes durch stochastische Verfahren untersucht werden. Es wird davon ausgegangen, dass die Dynamik eines verrauschten Systems ergodisch ist. Dies heizt, dass Attraktoren in der verrauschten Dynamik metastabil sind und fast sicher verlassen werden. Unter einem Bild des Kontrollparameterraumes in der verrauschten Dynamik ist nunmehr nicht mehr der Stabilitätsbereich eines Attraktors zu verstehen, da dieser durch die Metastabilität seine Bedeutung verliert. Vielmehr sind Karten der Mittelwerte dynamischer Variablen, welche die Attraktoren charakterisieren, von Interesse. Es wird angenommen, dass diese Mittelwerte den Überlegungen aus Abschnitt 2.1.11 gehorchen. Um auf einfache Art und Weise die Mittelwerte zu errechnen, kann aufgrund der Ergodizität des Systems der Mittelwert entlang einer beliebigen Trajektorie berechnet werden. Numerisch wird diese Trajektorie eine endliche Länge haben. Die Voraussetzung, um die Ergodizitätsannahme auszunutzen, ist, dass die Trajektorie unendlich lang ist. Um dies numerisch in guter Näherung zu erfüllen, muss die Länge der Trajektorie immer noch viel größer sein, als die mittleren Entweichzeiten (bei der gegebener Temperatur/Rauschstärke) aller an der Dynamik beteiligten Zustände (nach Abschnitt 2.1.11). Ist dies erfüllt, so findet die Mittelung nach den statistischen Gewichten der einzelnen Zustände statt. Wird ein großes Gebiet des Kontrollparameterraumes untersucht, so kann es aus praktischer Sicht nicht mehr möglich sein, die Trajektorienlänge sicher hinreichend lang zu wählen. Um ein Maß für die Güte der verwendeten Trajektorienlänge zu gewinnen, können statt nur einer Trajektorie viele Trajektorien mit zufälligen Startbedingungen verwendet werden. Durch diese wird eine Statistik gewonnen. Ist die Trajektorie bereits hinreichend lang, so werden sich die Mittelwerte entlang der verschiedenen Trajektorien kaum unterscheiden. Unterscheiden sich die Mittelwerte der verschiedenen Trajektorien hingegen stark, so ist die gewählte Trajektorienlänge nicht groß genug. Die Mittelung bezüglich der gefundenen Mittelwerte ist i.A. nicht gut, wenn die Trajektorienlängen nicht nahe an der Mindestlänge sind. Dies ist nur dann der 10 Im Prinzip wäre es wünschenswert die volle Gitterauflösung zu verwenden. Hier stellt aber das verwendete Postscriptformat eine echte Limitierung bei der Darstellung der Bitmapgrafiken dar. KAPITEL 3. NUMERISCHE METHODEN 32 Fall, wenn die Verteilung der zufälligen Startwerte der Trajektorien bereits dem Wahrscheinlichkeitsmaß der Dynamik [18] entspricht. MaW werden nicht alle Phasenraumpunkte gleich gewichtet, und die Gewichtung ist nichttrivial. Da in dieser Arbeit i.A. Karten ganzer Kontrollparameterraumgebiete berechnet werden, findet eine Art weiterer Mittelung statt. Im Kontrollparameterraum benachbarte Punkte liefern i.A. ähnliche Mittelwerte, da diese sich, bei von Null verschiedener Rauschstärke, stetig ändern. Unterscheiden sich hingegen die errechneten Mittelwerte benachbarter Punkte stark, kann davon ausgegangen werden, dass die errechneten Mittelwerte mit Vorsicht zu betrachten sind. Eine weitere Überlegung ist die verwendete Rauschstärke. Je größer die Rauschstärke, desto geringer werden die mittleren Entweichzeiten aus den Zuständen der Dynamik. Jedoch können zu große Rauschstärken eigentlich interessante Details der Dynamik zerstören. 3.8 Berechnung von Bifurkationsdiagrammen Es wird bei Γ = 0 von einer zufällig gewählten Anfangsbedingung integriert, bis sich (numerisch) periodisches Verhalten einstellt, oder eine gewisse maximale Zeit τmax verstreicht. Es wird der in Abschnitt 3.5 beschriebene Algorithmus verwendet. Dadurch soll transientes Verhalten eliminiert werden. Wurde ein periodischer Orbit mit Periode m gefunden, so wird m + 1 mal die zeitliche Periode τ des Systems integriert, und zu Beginn der Periode jeweils ein Punkt y(t0 + i · τ ) ausgegeben, 0 ≤ i ≤ m + 1, also die Bilder des periodischen Orbits unter der stroboskopischen Abbildung ausgegeben 11 . Im Falle räumlich periodischer Systeme wird i.A. die reduzierte Dynamik verwendet. Wurde kein periodischer Orbit gefunden, so wird mnicht−periodisch ∈ N mal die zeitliche Periode des Systems integriert, und zu Beginn der Periode jeweils ein Punkt ausgegeben. Es wird für eine gewisse nicht zu kleine Anzahl an Anfangsbedingungen bei einem Abzissenwert diese Prozedur wiederholt. Dann wird der Abszissenparameter variiert, und dieselbe Prozedur wiederholt. Dieses Verfahren wird in der Literatur als ’Brute-Force’ Verfahren bezeichnet [22]. 11 Im Prinzip würde m reichen, jedoch wird m + 1 gewählt, da dadurch Fehler des Algorithmus aus Abschnitt 3.5 im berechneten Bifurkationsdiagramm erkannt werden können. KAPITEL 3. NUMERISCHE METHODEN 3.9 33 Berechnung der Floquet-Exponenten Um die Stabilität periodischer Orbits mit Periode τ zu berechnen wird die Monodromiematrix C aus (2.31) benötigt. Um diese zu berechnen wird numerisch für eine zeitliche Periode eine Trajektorie auf dem zu untersuchenden periodischen Orbit berechnet, und parallel dazu die lineare Gleichung (2.27) numerisch gelöst. Einfachstmöglich geschieht dies mit demselben Verfahren, welches zur Lösung der Bewegungsgleichung verwendet wird. Als Anfangsbedingung der numerischen Integration der linearen Gleichung wird die Einheitsmatrix gewählt. In dieser Arbeit werden nur die Floquet-Exponenten 2-dimensionaler dynamischer Systeme benötigt. Daher ist es nicht nötig, die Eigenwerte derMon ǫ11 (t) odromiematrix numerisch zu berechnen. Es gilt mit ǫ1 (t) = und ǫ21 (t) ǫ12 (t) aus (2.28), (2.29) mit ǫ2 (t) = ǫ22 (t) ǫ11 (τ ) ǫ12 (τ ) (3.10) C= ǫ21 (τ ) ǫ22 (τ ) für den Floquet-Multiplikator 1 z± = (ǫ11 (τ ) + ǫ22 (τ )) ± 2 r 1 (ǫ11 (τ ) − ǫ22 (τ ))2 + ǫ21 (τ )ǫ12 (τ ), 4 (3.11) woraus sich der Floquet-Exponent zu a± = 1 2πk ln (ℜ(z± )) + i ℑ(z± ) τ τ (3.12) ergibt. 3.10 Integration von Differentialgleichungen In dieser Arbeit werden vor allem gewöhnliche und stochastische Differentialgleichungen numerisch integriert. Die gewöhnlichen Differentialgleichungen werden durch das wohlbekannte Runge-Kutta-Verfahren 4. Ordnung [43] numerisch integriert. Dabei werden Zeitschrittweiten von h ∈ [0.01, 0.04] verwendet, insofern alle Terme der betrachteten Gleichungen von der Größenordnung eins sind. Im Falle, dass ein Kontrollparameter/Term klein ist, werden kleinere Zeitschrittweiten von h = 0.005 verwendet. An keiner Stelle dieser Arbeit ließ sich eine für die Resultate signifikante Abhängigkeit der Ergebnisse von der gewählten Zeitschrittweite feststellen. KAPITEL 3. NUMERISCHE METHODEN 34 Die stochastischen Differentialgleichungen werden durch die im Anhang beschriebenen Verfahren integriert. Mittelwerte stetiger Funktionen werden durch schwach konvergierende Verfahren berechnet. Dazu wird das Verfahren (9.14) mit Zeitschrittweiten von h ∈ [0.005, 0.02] verwendet. In dem Falle, dass die Trajektorien benötigt werden, wird in dieser Arbeit das stark konvergierende Verfahren (9.19) mit h ∈ [0.005, 0.01] verwendet. Dies ist vor allem für die Berechnung von Entweichraten relevant. Auch im Falle der SDGL’s wurde keine signifikante Abhängigkeit der errechneten Größen von der verwendeten Zeitschrittweite festgestellt. Die benötigten Statistiken bei der Berechnung von Mittelwerten werden berechnet mit Stichprobengrößen von N ∈ [1000, 10000] Entweichereignissen im Falle von Entweichraten, N ∈ [25, 100] Trajektorien im Falle von mittleren Geschwindigkeiten in Abhängigkeit eines Kontrollparameters und N ∈ [10, 20] Trajektorien im Falle von mittleren Geschwindigkeiten in Abhängigkeit von 2 Kontrollparametern, also Mittelwertskarten nach Abschnitt 3.7.5. Im Falle von mittleren Geschwindigkeiten ist die Länge der betrachteten Trajektorien von wesentlich größerer Bedeutung. Diese wird in Abhängigkeit der Eigenschaften der beteiligten Attraktoren gewählt, so dass nach Möglichkeit das Ergodizitätskriterium erfüllt ist. 4 Allgemeine Überlegungen Im diesem Kapitel werden eindimensionale mechanische, periodisch getriebene (mit Periode τ ) Systeme mit räumlicher Periodizität (mit Periode L) der Form √ ∂V 2σΓξ(t) (4.1) ẍ + σ ẋ = − + ∂x x(t),t die Symmetrie (2.16) erfüllt, und in welmit Potential V (x, t), dessen Ableitung ∂V ∂x chen diese durch einen Kontrollparameter F gebrochen werden kann 1 , betrachtet. Diese Systeme werden symmetrisch und periodisch genannt. Im Prinzip sind Verallgemeinerungen der Überlegungen auf mehrdimensionale Systeme möglich. 4.1 No-Go Theorem Zunächst werden einfachstmögliche Systeme der Form (4.1) betrachtet. (4.1) kann durch Transformation der Zeit t = t′ · σ als √ 1 ∂V 2Γξ(t′ ) (4.2) + · ẍ + ẋ = − σ2 ∂x x(t′ σ),t′ σ geschrieben werden, wobei ξ(σt) = √1σ ξ(t) genutzt wurde und Zeitableitungen nach t′ wieder durch Punkte dargestellt wurden. Für σ ≫ 1 verschwindet der Term σ12 · ẍ auf der linken Seite von (4.2), und (4.1) kann als √ ∂V 2Γξ(t′ ) (4.3) + ẋ = − ∂x x(t′ σ),t′ σ geschrieben werden. Wird die Zeitabhängigkeit des Potentials mitskaliert, ergibt sich ein zweidimensionales 2 (durch einen Rauschterm gestörtes) dynamisches System der Form √ ∂V 2Γξ(t), (4.4) ẋ = − + ∂x x(t),t wobei die Striche weggelassen wurden. Die allgemeinste Form eines solchen Systems lautet ẋ = G(x(t), t) + F + b(x(t), t)ξ(t), (4.5) 1 2 Dies kann, z.B., ein Term x · F im Potential sein, welcher einer konstanten Kraft entspricht. da zeitabhängiges 35 KAPITEL 4. ALLGEMEINE ÜBERLEGUNGEN 36 wobei der Term F von G auf beliebige (zeitunabhängige) Weise abgespalten wurde. Es wird angenommen, dass G(x(t), t) und b(x(t), t) glatte Funktionen sind, und ξ(t) ein beliebiger stetiger stochastischer Prozess ist. Damit sind auch die Lösungen von (4.5) stetig. Seien nun x1 (t) und x2 (t) Lösungen von (4.5) zu derselben (fixierten) Realisierung des stochastischen Prozess ξ(t) und verschiedenen F1 ≤ F2 . Gelte zu einem Zeitpunkt t0 x1 (t0 ) = x2 (t0 ) = x(t0 ). Dann gilt zur Zeit t0 + dt (dt ≪ 1) aus Stetigkeitsgründen nach (4.5) 3 x1 (t0 + dt) = = ≤ = x(t0 ) + dx1 (t0 ) x(t0 ) + F (x(t0 ), t0 )dt + F1 dt + b(x(t0 ), t0 )dξ(t0 ) x(t0 ) + F (x(t0 ), t0 )dt + F2 dt + b(x(t0 ), t0 )dξ(t0 ) x(t0 ) + dx2 (t0 ) = x2 (t0 + dt). (4.6) (4.7) (4.8) (4.9) Daraus folgt sofort, dass x1 (t) ≤ x2 (t) (4.10) für alle Zeiten t > t0 gelten muss. Denn für x1 (t) > x2 (t) müsste zu irgendeinem Zeitpunkt t0 < t′ < t für die Koordinaten x1 (t′ ) = x2 (t′ ) gelten. Doch dann wäre nach obigem Argument x1 (t′ + dt′ ) ≤ x2 (t′ + dt′ ), und es muss einen weiteren solchen Zeitpunkt geben usw. MaW heißt dies, dass die Trajektorien mit kleinerem F solche mit größerem F nicht ’überholen’ können (bei gleicher Realisierung des zufälligen Terms). Daraus folgt hẋ1 i > hẋ2 i , (4.11) und damit ∂ hẋi ≥ 0. (4.12) ∂F Damit kann es in Systemen der Form (4.5) keine DNM geben, und damit auch keine ANM. Ein etwas schwächeres Resultat findet sich in [21]. Unstetige Prozesse Dass die Glattheitsannahmen an G und b wirklich gebraucht werden (vielmehr die Stetigkeit der Lösungen), kann man sich an einem Beispiel klar machen. Betrachte ẋ = ∞ X n=−∞ H(x, t)δ(t − nτ ) + F + bξ(t) (4.13) 3 dξ(t) ist das Inkrement des stochastischen Prozesses ξ(t) zur Zeit t, und ist für beide Lösungen gleich und endlich. Stetigkeit garantiert, dass dx1/2 (t0 ) endlich ist. KAPITEL 4. ALLGEMEINE ÜBERLEGUNGEN 37 mit denselben Annahmen, wie in (4.5), nur ist jetzt b = const. der Einfachheit halber und G(x, t) ’extrem unstetig’ gewählt mit τ > 0. Die Lösung x(t) springt zu jedem Zeitpunkt nτ um den Wert H(x(nτ ), nτ ). Jetzt ist das obige Argument sicher nicht mehr gültig. Gelte zu einem Zeitpunkt t = jτ − dt mit j ∈ N und dt ≪ 1 H(x1 (t), t) > H(x2 (t), t) + x2 (t) − x1 (t) für zwei Lösungen x1 (t′ ) und x2 (t′ ) von (4.13) mit F1 < F2 . Dann gilt x1 (t + 2dt) > x2 (t + 2dt), und obiges Argument gilt nicht mehr. Mithilfe dessen lassen sich pathologische Systeme der Form (4.13) konstruieren, in denen es ANM (und DNM) gibt. Dies ist in Kapitel 7 ausführlicher gezeigt. 4.2 Hypothese für das Auftreten von ANM in dissipativen Systemen Es gebe in einem symmetrischen dynamischen System der Form (4.1) bei Γ = 0 in einem offenen Kontrollparameterraumgebiet G = G+ (0) einen Attraktor A+ mit dimensionsloser mittlerer Geschwindigkeit hvi+ > 0. Dann gibt es aus Symmetriegründen einen weiteren Attraktor A− mit hvi− = − hvi+ < 0, vgl. Abschnitt 2.1.3, dessen Stabilitätsbereich G− (F = 0) = G+ (F = 0) (4.14) derselbe ist. Es gebe in einer offenen Umgebung des Abschlusses von G+ (0) keine weiteren (signifikanten) 4 transportierende Attraktoren. Auf dem Rand von G werden die Attraktoren A± instabil. Es wird angenommen, dass die mittlere Geschwindigkeit der Attraktoren unabhängig von den hier betrachteten Kontrollparametern ist. Diese Annahme ist von phase-locked Attraktoren erfüllt, wenn nicht die zeitliche Periode des Systems variiert wird 5 . Diese werden hier insbesondere betrachtet. Wird nun die Symmetrie des Systems durch den Kontrollparameter F > 0 gebrochen, wird auch die Symmetrie G− (0) = G+ (0) gebrochen und die Stabilitätsbereiche der Attraktoren deformieren sich: G− (F > 0) 6= G+ (F > 0). (4.15) Dadurch entstehen i.A. Gebiete im Kontrollparameterraum, in denen nur einer der beiden Attraktoren existiert. Die Eigenschaften der Attraktoren unterscheiden sich dann i.A. in den Gebieten, in denen sie koexistieren. 4 Es wird angenommen, dass die Dynamik nach Abschnitt 2.1.11 approximiert werden kann. In diesem Fall sind nur solche Zustände signifikant, deren Entweichraten nicht zu groß sind, im Vergleich zu den restlichen im System vorkommenden Entweichraten. 5 In diesem Fall gilt aber für F > 0 immer noch hvi+ = hvi− an jedem Kontrollparameterraumpunkt, was für die Überlegungen dieses Kapitels reicht. KAPITEL 4. ALLGEMEINE ÜBERLEGUNGEN 38 Gibt die Art der Symmetriebrechung eine Vorzugsrichtung der Dynamik vor, so dass Bewegung in eine Richtung begünstigt wird 6 , o.E. sei dies die positive x-Richtung, erwartet man, dass das Stabilitätsgebiet des A+ Attraktors wachsen wird, und dass des A− Attraktors schrumpfen wird. Gegenstand dieser Arbeit ist, dass in bestimmten Gebieten und Richtungen des Kontrollparameterraums auf und nahe des Randes von G(0) dennoch Kontrollparameterraumbereiche entstehen können, in denen A− stabil ist, A+ aber nicht. Im Falle (verrauschter) ergodischer Dynamik im Grenzwert asymptotisch kleiner Rauschstärken Γ → 0 bedeutet in dieser Situation das Verschwinden eines der beiden Attraktoren durch die Symmetriebrechung bei einem bestimmten Kontrollparameterraumpunkt, dass die mittlere Geschwindigkeit das Vorzeichen der Geschwindigkeit des verbleibenden Attraktors annehmen wird 7 . Dies folgt unmittelbar aus (2.49), da in diesem Fall die Entweichrate aus dem verbleibenden Attraktor mit Γ → 0 gegen Null geht, während die Entweichrate aus dem instabil gewordenen Attraktor (Repellor) einen endlichen Wert annehmen wird. Wird desweiteren angenommen, dass die Entweichrate aus einem Attraktor bereits vor der Krise wesentlich größer ist, als in Gebieten weit entfernt von der Krise, lassen sich diese Überlegungen auch auf die Gebiete um die Ränder der Stabilitätsbereiche herum ausdehnen. Die Annahme ist durch die verschiedenen Skalenformen der Entweichraten [44, 45] gerechtfertigt. Eine Symmetriebrechung findet z.B. durch einen zusätzlichen Term Vasym (x, t) im Potential statt. Einfachstmöglich ist dieser durch eine konstante Kraft F > 0 gegeben, die zum modifiziertem Potential der Form Vges (x, t) = V (x, t) + Vasym (x, t) = V (x, t) − F · x, (4.16) was dem Anlegen einer konstanten Kraft in positiver x-Richtung entspricht. Daraus folgt die Erwartung, dass durch die Symmetriebrechung G− (F > 0) eine Teilmenge von G+ (F > 0) sein wird. Tatsächlich ist dies auch in einigen Spezialfällen notwendigerweise der Fall: 1. Im Falle sehr großer Dämpfungen wird der Term ẍ in (4.1) unbedeutend 8 . Das System ist dann von der Form (4.5) und damit ist nach dem No-Go Theorem tatsächlich die (ergodische) mittlere Geschwindigkeit eine nichtabnehmende Funktion der Symmetriebrechung. Aber dies heißt, dass es nicht möglich sein kann, dass es Gebiete gibt, in denen nur der entgegen der Symmetriebrechung transportierende Attraktor existiert. 6 z.B. eine Störung in Form eines konstanten (Kraft-)Terms, also einer konstanten ’Kippung’ des Potentials in eine Richtung. 7 Wieder ist vorausgesetzt, dass keine weiteren Attraktoren eine Rolle spielen. 8 vgl. Abschnitt 4.1 KAPITEL 4. ALLGEMEINE ÜBERLEGUNGEN 39 2. Thermodynamische Stabilität erfordert, dass die Antwort des Systems im Gleichgewicht auf eine kleine Störung in Form einer gerichteten Kraft notwendigerweise in Richtung dieser Kraft ist. Wieder sind damit Gebiete, in denen nur ein entgegen der Symmetriebrechung transportierender Attraktor existiert, ausgeschlossen. Das System (4.1) ist jedoch fernab vom thermodynamischen Gleichgewicht durch die Zeitabhängigkeit des Potentials. 3. Ist das System linear, lassen sich die Wirkungen aller Kräfte durch Superposition betrachten. In diesem Fall würde eine positive Kraft einen positiven Strom bewirken. Lineare Systeme lassen jedoch keine Periodizität zu. 4. Im Falle sehr hoher Temperaturen werden die Details der Dynamik unbedeutend, Rund nur Kraft, die das Teilchen erfährt ist von Bedeutung. R L die mittlere τ ′ ′ (x, t)dx dt = 0 aus Symmetriegründen folgt daraus, dass Da τ1 0 L1 0 dV dx hvid Z 1 τ = − τ 0 Z 1 τ = − τ 0 Z 1 L dVges (x, t)dx′ dt′ /σ L 0 dx Z 1 L dVasym (x, t)dx′ dt′ /σ > 0 L 0 dx (4.17) (4.18) gelten muss, und damit wieder Kontrollparameterraumgebiete, in denen nur der gegen die Symmetriebrechung transportierende Attraktor existiert, ausgeschlossen sind. 5. Der Grenzfall σ → 0 bei σT = const. bedeutet aber T → ∞, und führt nach 4. nicht zu Transport entgegen der Kraftrichtung. σ → 0 und T = const. führt zum i.A. nichtergodischen und komplizierten Hamilton’schen Grenzfall [46, 12], der in dieser Arbeit nicht betrachtet wird. In diesem Sinne ist das Modell (4.1) mit zeitabhängigem, nichtlinearem Potential und endlichen Parametern σ > 0 und Γ minimal für das Auftreten von ANM. Das Vernachlässigen auch nur eines Termes in (4.1) führt sofort zu einem Argument, welches ANM ausschließt. Dass es in einem solchen System möglich sein kann, dass Gebiete im Kontrollparameterraum mit gebrochener Symmetrie entstehen, in denen nur der entgegen der Vorzugsrichtung transportierende Attraktor existiert, ist jedoch unter gewissen Voraussetzungen plausibel. Betrachtet wird ein Rand des Stabilitätsbereichs der transportierenden Attraktoren im symmetrischen System zu kleiner werdenden Dämpfungen, d.h. beide Attraktoren A± werden für σ → σ − ∆σ zerstört. Eine Verringerung von σ heißt, dass beide Attraktoren im Mittel weniger Energie durch Dissipation verlieren, und umgekehrt eine Erhöhung, dass mehr Energie durch Dissipation verloren wird. Es wird nun durch die Symmetriebrechung eine KAPITEL 4. ALLGEMEINE ÜBERLEGUNGEN 40 Vorzugsrichtung der Dynamik vorgegeben, so dass der in dieser Richtung transportierende Attraktor A+ im Mittel Energie hinzugewinnt, und der entgegen der Vorzugsrichtung transportierende Attraktor A− Energie verliert. Jetzt ist der Verlust/Gewinn von Energie aber richtungsabhängig. Das heißt also, dass es plausibel ist, dass der Rand von G+ sich in Richtung größer werdender σ verschiebt. Die Symmetriebrechung ist in einfachster Sichtweise einer Verringerung von σ gleichwertig. Genauso ist es plausibel, dass der Rand von G− sich in die entgegengesetzte Richtung verschiebt. Dadurch würde ein Gebiet im Kontrollparameterraum entstehen, in dem nur der entgegen der Vorzugsrichtung transportierende Attraktor existiert, und damit Transport entgegen der Kraft im Grenzfall Γ → 0 stattfindet. Kontrollparameter, welche die mittleren Geschwindigkeiten der Attraktoren direkt verändern bedürfen gesonderter Aufmerksamkeit. Wird z.B. die zeitliche Periode τ variiert, wird sich die (nicht dimensionslose) mittlere Geschwindigkeit von phase-locked Attraktoren ändern 9 . Wird diese z.B. verringert, also τ vergrößert, bedeutet dies aber wieder, dass der Attraktor im Mittel weniger Energie dissipieren wird, und ist damit in grober Näherung einer Verringerung der Dämpfungsstärke gleichwertig. Auf diese Weise lassen sich die Überlegungen auch auf den Kontrollparameter τ (und andere derartige Parameter) ausdehnen. 4.3 Szenarien für ANM, Rauschen Es wird nun obige Situation mit nur zwei an der Dynamik beteiligten Attraktoren betrachtet. Es lassen sich dann folgende einfache Fälle für die Abhängigkeit der mittleren Geschwindigkeit von der Temperatur unterscheiden: 1. A+ und A− 2. R+ und A− 3. R+ und R− Hierbei steht A für einen Attraktor und R für einen Repellor, welcher aus einem der beiden Attraktoren entstanden ist. Sie werden im Folgenden mit ’transportierende Objekte’ bezeichnet. Die Vorzeichen im Index stehen für die Transportrichtung, d.h. + ist Transport in Richtung der symmetriebrechenden Störung. In der Praxis oft zu beobachten ist der Fall, dass zu den transportierenden Attraktoren ein nichttransportierender Attraktor hinzukommt. 4. A+ , A− , A0 9 Die dimensionslose mittlere Geschwindigkeit wird sich jedoch nicht ändern. KAPITEL 4. ALLGEMEINE ÜBERLEGUNGEN 41 Hier wird exemplarisch dieser Fall betrachtet, die weiteren Fälle lassen sich ähnlich behandeln und führen, wenn der nichttransportierende Zustand nicht vernachlässigbar ist, zu ähnlichen Resultaten. Der Fall • A+ , R− führt wenigstens nach obigen Überlegungen nicht zu ANM, da diese Situation nach obigen Überlegungen an einem anderen Rand des Stabilitätsbereichs eintritt. Im Falle einer kleinen Störung und zweier durch Symmetrie verbundener Attraktoren liefert die Hypothese dieses Kapitels keinen Grund, weshalb die Entweichrate bei endlichen Temperaturen aus dem Repellor kleiner sein sollte, als die aus dem Attraktor. Jedenfalls nicht, wenn davon ausgegangen wird, dass die thermische Entweichrate aus einem Repellor nahe an der ’Krise’ stetig gegen die Entweichrate aus dem zugehörigen Attraktor geht. Im Grenzwert kleiner Rauschstärken ist sicherlich die Entweichrate aus dem Attraktor kleiner, als die aus dem Repellor. Eine beachtenswerte, ähnliche, Situation kann aber an einem Punkt P = (F = 0, p1 , ...) ∈ / G+ (F = 0) im Kontrollparameterraum nahe am Rand von G+ zu kleinen σ auftreten. Existiere dort ein weiterer Attraktor A1 mit hvi1 > 0, aber U1 ≪ U− . Der Einfachheit wird angenommen, dass hvi1 = hvi+ gilt. Für kleine Störungen F wird keiner der Attraktoren A± an diesem Punkt stabil sein, jedoch wird nach der zentralen Hypothese dieses Kapitels der A− Attraktor bei einem bestimmten Wert der Störung F̂ > 0 stabil werden. Für 0 < F < F̂ wird also ein Repellor R− existieren. Die mittlere Entweichrate kR− (F ) aus R− wird sich bei fester endlicher Temperatur Γ stetig ändern, und stetig gegen die Entweichrate aus dem Attraktor gehen. Für hinreichend große Temperaturen wird die Entweichrate nicht stark mit den Kontrollparametern variieren, da die Nichtanalyzitäten des Stabilitätsbereichrands (z.B. chaotische Krisen oder Bifurkationen) geglättet werden. Da U1 ≪ U− , und damit kA− ≪ kA1 , kann daher für gewisse, nicht zu kleine Γ und F kR− (F . F̂ , Γ > 0) < kA1 (F . F̂ , Γ > 0) (4.19) gelten. Für Γ = 0 wird aber immer noch kR− (F . F̂ , 0) > 0 gelten und demnach kR− (F . F̂ , Γ = 0) > kA1 (F . F̂ , Γ = 0) = 0 (4.20) Dasselbe Verhalten wird sich für A+ bzw R+ einstellen, jedoch wird der F Wert, für den der Attraktor stabil wird, größer als F̂ sein, da der Rand von G+ (F = 0) zu kleinen σ betrachtet wird (zentrale Hypothese). Daher wird für hinreichend kleine Temperaturen und F nahe an, aber kleiner als F̂ die Dynamik ausschließlich durch die Dynamik auf R− und A1 bestimmt. Diese Situation wird hier Fall 42 KAPITEL 4. ALLGEMEINE ÜBERLEGUNGEN Fall Fall Fall Fall hvi / hvi+ 1 1 2 4 5 0 -1 U+ Γ (ohne Einheiten) U− U0 Abbildung 4.1: Mittlere Geschwindigkeit in Abhängigkeit der Temperatur für die im Text beschriebenen Situationen, in denen (einfachstmöglich) ANM auftreten kann. Alle Größen sind dimensionslos gewählt. Die theoretischen Formeln (4.22), (4.23), (4.25) und (4.26) wurden mit UU−+ = 3, αα−p = 32 , UU−0 = 1.5, αα−0 = 1.5 und α− 2 = 30 verwendet. Das Verhalten für Γ ≫ 1 ist nicht richtig wiedergegeben, und α1 der Bereich, in dem die Approximation sicherlich nicht mehr gültig sein wird durch Punkte dargestellt. 5. A1 , R− genannt. Es wird der Grenzwert kleiner Rauschstärken und kleiner Entweichraten betrachtet. Letzteres ist nahe am Rand der Stabilitätsbereiche sicherlich auch für die Repelloren der Fall 10 . Sei k+ die gemittelte Entweichrate aus dem in Richtung der Störung transportierenden Objekt, und k− die des entgegen der Störung transportierenden Objektes, und hvi+ und hvi− die Transportgeschwindigkeiten. Nach (2.49) gilt dann für die mittlere Geschwindigkeit hvi = hvi+ k− − hvi− k+ k− + k+ (4.21) 10 Die Entweichrate aus einem Repellor geht in der deterministischen Dynamik zur Krise hin gegen 0 [28, 45]. 43 KAPITEL 4. ALLGEMEINE ÜBERLEGUNGEN Für die Entweichrate aus einem Attraktor gilt (2.39), und für die Entweichrate aus einem Repellor (2.36), wobei hier kR± = α± gesetzt wird. (2.38) für die Entweichraten aus den Attraktoren zu verwenden bringt hier keinen Vorteil, da sich in Situationen, in denen nur Attraktoren existieren die Wurzelfaktoren gegenseitig aufheben. Der Wurzelterm macht sich nur für recht große Temperaturen bemerkbar. In Situationen, in denen Repelloren und Attraktoren koexistieren, ist in diesen Temperaturbereichen jedoch die Approximation der Entweichraten der Repelloren i.A. bereits zu schlecht, vgl. Abschnitt 5.9.1. Die Größen des in Störungsrichtung transportierenden Attraktors werden mit dem Index + gekennzeichnet, und die des entgegen Störungsrichtung transportierenden entsprechend mit −. Um die Formel im Fall 4 einfach zu halten, wird angenommen, dass die Übergangswahrscheinlichkeiten homogen sind (vgl. Abschnitt 2.1.11). Für die mittlere Geschwindigkeit ergibt sich dann unter der Annahme, dass hvi− = − hvi+ für alle beteiligten Objekte gilt 1. hvi (Γ) ≈ hvi+ α− U+ −U− e Γ α+ α− U+ −U− e Γ α+ 2. hvi (Γ) ≈ hvi+ α− −U− e Γ α+ α− −U− e Γ α+ −1 (4.22) +1 −1 (4.23) +1 3. hvi (Γ) ≈ const. 4. hvi (Γ) = hvi+ (4.24) α− e−U− /Γ − α+ e−U+ /Γ α+ e−U+ /Γ + α− e−U− /Γ + α0 eU0 /Γ 5. hvi (Γ) ≈ α− U1 eΓ hvi+ αα1 U1 − eΓ α1 −1 +1 . (4.25) (4.26) Im Fall 3. ist die mittlere Geschwindigkeit in der Approximation rauschunabhängig, was sicherlich falsch sein wird. Im Fall 4. ist es möglich, dass die mittlere Geschwindigkeit für kleine Γ gegen Null geht, aber negativ ist, und für positive Γ zuerst abnimmt, und dann für große Γ zunimmt und positiv wird. Im Fall 5. kann der Verlauf der mittleren Geschwindigkeit in Abhängigkeit von der Temperatur die überraschende Eigenschaft haben, dass für sehr kleine Temperaturen in KAPITEL 4. ALLGEMEINE ÜBERLEGUNGEN 44 Richtung der Vorzugsrichtung transportiert wird, für nicht zu kleine Temperaturen aber entgegen der Vorzugsrichtung, w.o. argumentiert. Die Abhängigkeiten sind beispielhaft in Abbildung 4.1 gezeigt. Das Verhalten für Γ > Ui ist nicht korrekt wiedergegeben, da in diesem Fall das Modell nicht mehr gültig ist. Es wird erwartet, dass die mittlere Geschwindigkeit für hinreichend große Temperaturen wieder positiv werden wird 11 . Insbesondere die Kurve zu Fall 5 täuscht in dem Sinne, dass die mittlere Geschwindigkeit für hohe Temperaturen keinen konstanten negativen Wert annehmen wird. Da die Parameterwerte i.A. in den verschiedenen Situationen nicht gleich sein werden, ist ein Vergleich der Kurven nicht sinnvoll. Zu bemerken ist jedoch, dass im Fall 4. eine drastische Reduktion des Stromes eintritt, ohne sein Vorzeichen direkt zu verändern 12 . Wäre im Fall 4. U0 < U− gewählt, würde der Einfluß von A0 für Γ → 0 verschwinden, und die Kurve qualitativ der Kurve 1. ähneln. 11 Letzteres Grenzverhalten ist aber nicht in dem einfachen Modell eingeschlossen, da im Falle großer Γ die Entweichraten nicht mehr klein sein werden. 12 Dies ist aber nur unter der Annahme, dass die Übergangswahrscheinlichkeiten homogen sind der Fall. 5 ANM im gedämpften getriebenen Oszillator In diesem Kapitel wird ANM im gedämpften, harmonisch getriebenen nichtlinearen Oszillator (in diesem Kapitel kurz: Oszillator) untersucht. Die den Oszillator beschreibende Differentialgleichung beschreibt ebenfalls die zeitliche Entwicklung der Phasendifferenz der supraleitenden Phasen in einem durch eine externe Stromquelle ’gebiasten’ Josephson Kontakt, welche wiederum zur über dem Kontakt abfallenden Spannung proportional ist. Dadurch können die in diesem Kapitel gemachten Voraussagen experimentell verifiziert werden. Ein Vergleich der in dieser Arbeit verwendeten dimensionslosen Größen und realen Parametern von Josephsonkontakten wird am Ende dieses Kapitels gemacht, und so ein konkretes Experiment vorgeschlagen. 5.1 System Der Oszillator wird durch folgende Differentialgleichung 2. Ordnung beschrieben: ẍ + σ ẋ + sin x = F0 + F1 sin Ωt. (5.1) Sie lässt sich allgemeiner schreiben als ẍ + σ ẋ = − ∂ V (x, t) ∂x (5.2) mit Dämpfung σ, periodischem, symmetrischem Potential U(x) = 1 − cos x mit , konstanter U(x + 2π) = U(x), Antrieb F (t) = F1 sin Ωt mit Periode τ = 2π Ω extern angelegter Kraft F0 und Gesamtpotential V (x, t) = U(x) − xF (t) − xF0 . Das System erfüllt für F0 = 0 die Symmetrie (2.16) mit ∆x = 0 und ∆t = τ /2. Die Masse wurde ohne Einschränkung eins gesetzt1 . Das Potential ist sowohl zeitlich als auch räumlich periodisch mit räumlicher Periode L = 2π und zeitlicher Periode τ. Die Koordinate x(t) entspricht der Position eines gedämpften Teilchens in einem Potential V (x, t) zur Zeit t. F0 entspricht einer externen konstanten Kraft, die das Teilchen in Richtung F0 beschleunigt, F (t) einer periodischen Kraft und U(x) ist das nichtlineare Oszillatorpotential. 1 Dies geschieht durch eine Reskalierung der Zeit. 45 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 46 Es wird wieder v = ẋ als Geschwindigkeit eingeführt. Lösungen x(t) bei gegebenen Anfangsbedingungen x(t0 ) = x0 und v(t0 ) = v0 der Gleichung existieren und sind eindeutig nach den Standardsätzen der Mathematik [6]. Der Kontrollparameterraum ist 4-dimensional bestehend aus Ω, σ, F1 und F0 . Das System ist dissipativ. Für von Null verschiedene Temperaturen gibt es einen weiteren Rauschterm, der eine Fluktuations-Dissipations-Relation erfüllt [1]. Damit wird (5.1) zu der Langevin Gleichung √ (5.3) ẍ + σ ẋ + sin x = F0 + F1 sin Ωt + 2σΓξ(t) des Typs (2.25) mit Rauschstärke Γ. 5.2 Phase-lock Eine wesentliche Eigenschaft des Systems ist die periodische Form des Antriebs/zeitabhängigen Kraftterms. Dadurch existieren in weiten Parameterbereichen periodische Attraktoren. Diese Attraktoren werden in bestimmten Parameterbereichen über das Feigenbaumszenario zu chaotischen Attraktoren. Oft haben diese (in bestimmten Parameterbereichen nicht weit vom Akkumulationspunkt der Kaskade entfernt) immer noch die phase-locked Eigenschaft mit derselben mittleren Geschwindigkeit, wie der periodische Attraktor, aus dem sie hervorgegangen sind. Diese Eigenschaft geht verloren, alsbald dieser chaotische Attraktor mit einem instabilen Objekt im Phasenraum kollidiert, und durch diese Krise Phasenraumbereiche erreichbar werden, in denen die phase-lock Eigenschaft nicht mehr erfüllt ist [38]. 5.3 Ω ≫ 1:Approximation durch Besselfunktionen Im Grenzfall Ω ≫ 1 kann die deterministische Lösung von (5.1) durch die ersten Terme der Fourierentwicklung approximiert werden [47, 38]. Man schreibt mit der dimensionslosen mittleren Geschwindigkeit hvi (vgl. (2.15)): x(t) = x0 + Ω hvi t − F˜1 sin(Ωt + θ) (5.4) Diese Approximation wird in (5.1) eingesetzt. Der Term sin x(t) wird gemäß [48, 47] +∞ X sin (a − b sin (φ)) = Jk (b) sin (a − kφ) (5.5) k=−∞ 47 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 1 J0 J1 J2 J3 J4 J5 0.8 0.6 Jn (x) 0.4 0.2 0 -0.2 -0.4 -0.6 2 0 4 x 6 8 10 Abbildung 5.1: Besselfunktionen der ersten Art entwickelt. Beide Seiten von (5.1) werden als Fourierreihen in t aufgefasst und koeffizientenweise erfüllt. Die zeitunabhängigen Terme ergeben 1 σΩ hvi + τ Z 0 τ +∞ X k=−∞ Jk (F̃1 ) sin (x0 + Ωt′ (hvi − k) − kθ) dt′ = F0 (5.6) Damit ergibt sich hvi Ω = F0 /σ, hvi = 6 n, n ∈ Z, (5.7) wenn die (dimensionslose) mittlere Geschwindigkeit nicht ganzzahlig ist. Das heißt, dass die Approximation in diesem Fall als mittlere Geschwindigkeit die zeit- und ortgemittelte Kraft voraussagt. Ist hingegen die mittlere Geschwindigkeit hvi = n ∈ Z ganzzahlig, so ergibt sich σΩn + Jn (F˜1 ) sin (x0 − nθ) = F0 . (5.8) Gleichung (5.8) kann für F0 − σΩn J (F˜ ) ≤ 1 n 1 (5.9) durch Wahl von x0 im Sinus Term erfüllt werden. Die Terme proportional zu sin Ωt und cos Ωt ergeben F˜1 Ω (Ω cos(θ) + σ sin(θ)) + − F˜1 Ω (Ω sin(θ) + σ cos(θ)) + + cos(x0 − (n − 1)θ)Jn−1 (F̃1 ) cos(x0 − (n + 1)θ)Jn+1 (F˜1 ) = F1 sin(x0 − (n − 1)θ)Jn−1 (F˜1 ) sin(x0 − (n + 1)θ)Jn+1 (F˜1 ) = 0 (5.10) (5.11) KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 48 Nun wird angenommen, dass Jn−1 (F˜1 ) ≪ 1 und Jn+1 (F˜1 ) ≪ 1 und diese Terme vernachlässigt, und es ergibt sich −1 √ F̃1 = F1 Ω Ω2 + σ 2 (5.12) θ = arctan(σ/Ω) (5.13) Als Bedingung für die Existenz einer Lösung ergibt sich also die zentrale Gleichung für das Auftreten von ’Besselstufen’ ˜ (5.14) |F0 − nσΩ| ≤ Jn (F1 ) . Damit gibt es wann immer (5.14) erfüllt ist und Jn (F̃1 ) > 0 zwei Lösungen. Eine lineare Stabilitätsanalyse zeigt, dass eine dieser beiden Lösungen immer stabil ist, die andere immer instabil2 [38]. Das heißt also, dass durch eine solche stabile Lösung ein Attraktor gebildet wird. Die instabile Lösung bildet einen instabilen Sattelorbit. F˜1 ist ein alternatives und recht nützliches Maß der Antriebsamplitude, da hier die Abhängigkeit der vom Antrieb gelieferten Energie pro Antriebsamplitude von der Frequenz und der Effekt der Dämpfung berücksichtigt wird. Dies motiviert einen etwas anderen Kontrollparameterraum von Ω, σΩ, F˜1 und F0 aufgespannt zu betrachten, welcher durch eine nichtlineare Transformation aus dem Ursprünglichen hervorgeht. Ebenfalls nützlich ist ein alternatives Maß für die statische Kraft bezogen auf die Position im Existenzbereich einer speziellen Lösung: ˜ (5.15) F0 = (F0 − nσΩ) / Jn (F̃1 ) . Hierbei ist F˜0 gleich ±1, wenn der Rand des Existenzbereichs erreicht wird, und 0 in der Mitte des Stabilitätsbereichs. Im Bereich der Gültigkeit der Näherung (5.4) gibt es im Rahmen der Approximation Attraktoren gebildet durch stabile Lösungen von (5.1), die mit dem externen Antrieb synchronisiert sind und periodisch transportieren. Die Bereiche, in denen sie existieren sind durch Besselfunktionen gegeben. Aus dem Verlauf dieser in Abbildungen 5.2 und 5.3 dargestellten Kurven kann qualitativ recht gut das einfachste periodische Verhalten der Gleichung verstanden werden. Die (nicht dimensionslosen) mittleren Geschwindigkeiten sind ein ganzes Vielfaches der Antriebs(winkel-)frequenz. Für eine feste Geschwindigkeit, gegeben durch n, 2 Daraus folgt, dass im Rahmen der Approximation die Existenzbereiche der zu den Lösungen gehörenden Attraktoren immer durch Kollisionen mit dem instabilen ’Partnerorbit’ (Tangentenbifurkationen) begrenzt werden. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR hvi = +2 1 0.5 F0 49 hvi = +2 0 hvi = −2 -0.5 -1 hvi = −2 1 hvi = +1 hvi = +1 hvi = −1 hvi = −1 hvi = 0 hvi = 0 F0 0.5 0 -0.5 -1 1 F0 0.5 0 -0.5 -1 0 2 4 F̃1 6 8 10 0 2 4 6 8 10 F̃1 Abbildung 5.2: Existenzbereiche der periodischen Lösungen in Besselfunktionsapproximation bei Ω = 2 und σ = 0.2 (links) und 0.15 (rechts) als schwarze Linie. Roter Bereich: Existenzbereich von phase-locked Lösungen durch numerische Integration nach Abschnitt 3.7.2. gibt es für alle Werte Ω, σ in denen die Approximation gültig ist eine entsprechende Lösung (Shapiro-Stufe) [47]. Der Rand des Existenzbereichs der Shapirostufe oszilliert mit der Antriebsamplitude F˜1 in der statischen Kraft F0 um den (Ohm’schen) Wert nσΩ. Dieser ist die Stärke der statischen Kraft, die nötig wäre um in Abwesenheit von Potential und periodischer Kraft die dimensionslose mittlere Geschwindigkeit hvi = n zu erzeugen. Umgekehrt gilt dies natürlich auch für σΩ bei festem F0 , wie aus Gleichung (5.14) direkt zu erkennen ist. Die Gültigkeit von (5.4) kann durch Überprüfung von (5.14) leicht nachgeprüft werden, und es ergibt sich, dass die Näherung für große Ω & 2 sehr gut ist, wie aus Abbildungen 5.2 und 5.3 zu erkennen ist. An den Nullstellen der Besselfunktionen gibt es i.a. Abweichungen. Dies ist nicht weiter verwunderlich, da in der Herleitung von (5.14) angenommen wird, dass Jhvi (F˜1 ) ≫ Jk6=hvi (F˜1 ) [49, 50, 38]. Die durch direkte (numerische) Integration von (5.1) errechnete Zusammenhangskomponente des entsprechenden phase-locked Attraktors, welcher im betrachteten Parameter- KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 10 8 hvi = ±2 hvi = ±2 F0 = 0 F0 = 0.05 hvi = ±1 hvi = ±1 F0 = 0 F0 = 0.05 50 F˜1 6 4 2 0 10 8 F˜1 6 4 2 0 0 0.1 0.2 σ 0.3 0 0.1 0.2 0.3 σ Abbildung 5.3: Existenzbereiche der periodischen Lösungen in Besselfunktionsapproximation bei Ω = 2 und F0 = 0 (links) bzw. F0 = 0.05 (rechts). Roter (Grüner) Bereich: Existenzbereich phase-locked Lösungen mit n/m = 1 (n/m = −1) durch numerische Integration nach Abschnitt 3.7.2. bereich praktisch immer Periode 1 hat, ist farbig dargestellt. Die Abweichungen werden etwas gravierender beim Betrachten der hvi = 0 Lösung in den interessanten Parameterbereichen F˜1 ≈ 1bis3, da J0 (F˜1 ) die erste Nullstelle bereits bei etwa F˜1 = 2.4 hat. 5.3.1 Die Approximation verbietet ANM Um einen ANM Effekt (in der deterministischen Dynamik) zu finden, muss der Existenzbereich eines in negativer Richtung transportierenden Attraktors in den positiven F0 Bereich hineinreichen, oder umgekehrt. Da die Existenzbereiche in F0 Richtung um den ’Ohm’schen’ Wert herum zentriert sind müssen sie also die F0 = 0 Linie überqueren. Dies ist (im Rahmen dieser Näherung) nur möglich, wenn ˜ (5.16) Jn (F1 ) > |n| σΩ KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 51 für ein F˜1 erfüllt ist [51], und unmittelbar aus (5.14) und aus Abbildungen 5.2 und 5.3 zu erkennen ist. Für festes n > 0 sind die Existenzbereiche der Attraktoren mit hvi± = ±n (im Folgenden ±n Attraktoren genannt) um die F0 = 0 Achse symmetrisch in dem Sinne, dass der Existenzbereich des −n Attraktors der an der F0 = 0 Achse gespiegelte Existenzbereich des +n Attraktors ist. Daher ist der oberhalb der F0 = 0 Achse liegende Teil des Existenzbereichs des −n Attraktors immer ganz im Existenzbereich des +n Attraktors enthalten. Es gibt also keinen Systemparameterbereich bei F0 > 0, in dem der −n Attraktor stabil ist, und der +n Attraktor instabil. Die Überlegungen aus Abschnitt 4.2 stehen dazu nicht im Widerspruch, da es für F0 = 0 keinen Rand des Existenzbereichs zu kleiner werdenden σ gibt, wie unmittelbar aus Gleichung (5.12) oder Abbildung 5.3 zu erkennen ist. Demnach kann es ohne Rauschen keinen ANM Effekt geben im Rahmen der Approximation. 3 Ein sehr einfaches mathematisches Argument aus der Dreiecksungleichung liefert dieselbe Aussage. Für festes F˜1 , n > 0, σΩ und F0 > 0 existiere der −n Attraktor, d.h. es gelte ˜ (5.17) F0 + nσΩ < Jn (F1 ) Dann gilt aber auch |F0 − nσΩ| ≤ F0 + nσΩ < Jn (F̃1 ) , (5.18) d.h. der +n Attraktor existiert auch. Die Approximation kann jedoch weitere Informationen liefern. Die Einhüllende 4 der Besselfunktionen fällt monoton mit dem Argument bei festem Index [48]. Daher ist die größtmögliche Ausdehnung des Existenzbereichs eines Attraktor in F0 Richtung im ersten ’Bauch’ der entsprechenden Besselfunktion bei niedrigen F˜1 zu finden. Da weiterhin die Einhüllende von Besselfunktionen mit steigendem Index bei festem Argument monoton fällt, ist die Ausdehnung des Existenzbereichs der hvi = ±1 Attraktoren in F0 Richtung am größten, und so ragt der Existenzbereich des hvi = −1 Attraktors am weitesten über die F0 = 0 Achse hinaus (bei geeigneten Kontrollparameterwerten). 3 Das Loch zu kleinen σ an den Nullstellen der Besselfunktion in Abbildung 5.3 (rechts) gibt es nur für F0 > 0. 4 Unter der Einhüllenden ist die punktweise kleinste Funktion, welche punktweise immer größer als alle Besselfunktionen ist, ohne selbst Wendepunkte zu haben, zu verstehen, siehe Abbildung 5.1. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 5.3.2 52 Entweichzeiten Im interessanten Kontrollparameterbereich koexistieren immer beide aus Symmetriegründen zusammengehörende Attraktoren bei F0 6= 0. Daher kann, im Rahmen der Näherung durch Besselfunktionen, nur der Rauschterm zu ANM führen, wenn der mit der statischen Kraft transportierende Attraktor weniger stabil gegen Rauschen ist, als der entgegen der statischen Kraft transportierende Attraktor. Für asymptotisch kleine Rauschstärken kann man in dieser Näherung Ausdrücke für die mittleren Entweichzeiten aus den Attraktoren erhalten. Die Dynamik ist dabei äquivalent zu der Bewegung eines Teilchens in einem gekippten harmonischen Potential im thermodynamischen Gleichgewicht, und aus der klassischen Theorie von Kramers [38, 31] folgt die mittlere Entweichzeit. Hierbei meint τ+ Entweichen des Brown’schen Teilchens in Richtung F˜0 , und τ− Entweichen in die entgegengesetzte Richtung. Ein solches rauschbedingtes Entweichen bedeutet, dass der Attraktor verlassen wird. Interessant ist also die mittlere Zeit bis das System in eine Richtung entweicht: τ = (1/τ+ + 1/τ− )−1 , wonach es im Falle mehrerer koexistierender Attraktoren in einen anderen Attraktor entweichen kann [52, 53, 38]: τ± = τ0 exp (∆U± /Γ) !−1 r q 2 σ 2 + 4 Jn (F˜1 ) 1 − F˜0 − σ τ0 = 4π ∆U± q 2 = 2 Jn (F̃1 ) 1 − F̃0 + F˜0 · arcsin(F̃0 ) ∓ π/2 . (5.19) Für jede (fixe) kleine aber positive Rauschstärke fällt die mittlere Entweichzeit von der Mitte des Existenzbereichs zum Rand hin sehr steil ab. Zum Rand hin divergiert der Vorfaktor des Arrheniusgesetzes während der Exponentialterm gegen eins geht. Dadurch sagt die Approximation ein Minimum der Entweichzeit innerhalb des Existenzbereichs des Attraktors voraus. Dieses befindet sich jedoch sehr nahe am Rand des Existenzbereichs des Attraktors, wo die Approximation nicht mehr gültig ist. Desweiteren verschwindet das Minimum für Γ → 0. Damit es bei dem Kontrollparameterraumpunkt des vermeintlichen Minumums Koexistenz der beiden Attraktoren gibt, muss σ sehr klein sein, wie man leicht sieht. In diesem Fall werden aber auch weitere transportierende Attraktoren koexistieren. Deshalb wird dies hier nicht weiter betrachtet. 5.3.3 Erste Diskussion Daraus kann geschlossen werden, dass in dieser Näherung ANM ausgeschlossen ist. Aus Symmetriegründen führt ein über die F0 = 0 Achse hinausreichender Exi- KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 53 stenzbereich eines Attraktor dazu, dass der Existenzbereich des symmetrischen Attraktors ebenfalls an derselbe Stelle über die Achse hinausreicht, da die Existenzbereiche geschlossen zusammenhängend sind. Deterministisch könnte sich also nur ANM ergeben, wenn die Existenzbereiche nicht geschlossen zusammenhängend wären. Das Zentrum der Existenzbereiche der Attraktoren befindet sich immer beim ’Ohm’schen’ Wert der statischen Kraft und damit ergibt sich aus (5.19), dass die in Richtung der Kraft transportierenden Attraktoren gegen schwaches Rauschen stabiler sind. 5.4 Einschub: Approximation Exponenten der Floquet- In manchen einfachen Fällen kann es möglich sein, die Floquet-Multiplikatoren bestimmter periodischer Orbits spezieller periodisch getriebener, periodischer physikalischer Systeme der Form (2.10) mit Hilfe von Fourierentwicklungen abzuschätzen. Dies wird hier analog zu [50] in etwas allgemeinerer Form durchgeführt, jedoch nur bis zur ’ersten’ Ordnung, da nach Ansicht des Autors in der betrachteten Situation höhere Ordnungen praktisch keine Verbesserungen liefern. Notwendig Ω 2π hierzu ist, dass sich die periodischen Orbits mit Periode τm = mτ , Ωm = m = mτ in guter Näherung als Fourierreihe mit nur einer Mode schreiben lassen. Im Falle transportierender Orbits werden diese durch Subtraktion des Drifts als nichttransportierende periodische Orbits geschrieben: x(t) − x0 − hvi t = ∞ X k=1 Fk sin(kΩm t + θk ) ≈ F1 sin(Ωm t + θ1 ) (5.20) Die linearisierte Gleichung (2.27) kann in der Form ∂ 2 V =0 (5.21) ǫ̈ + σ ǫ̇ + ǫ ∂x2 x(t),t 2 periodisch in t ist, können die Lösungen von geschrieben werden. Da ∂∂xV2 x(t),t (5.21) in Floquet-Form ǫ(t) = P (t)eat (5.22) geschrieben werden, mit einer gewissen periodischen Funktion P (t) mit derselben Periode wie x(t) und für einen speziellen Satz Anfangsbedingungen ǫ(0), ǫ̇(0). Die Realteile der Floquet-Exponenten a± aus (3.12) sind die LyapunovExponenten λ± = ℜ(a± ). In Systemen der Form (2.10) gilt, wenn das Potential V nicht von der Geschwindigkeit v abhängt [15], λ+ + λ− = −σ (5.23) 54 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR für die Lyapunov-Exponenten. Ist ein Lyapunov-Exponent positiv, wird die Lösung x(t) lokal instabil. Damit ist der Fall, dass beide Lyapunov-Exponenten gleich Null werden ausgeschlossen, und ein Stabilitätsverlust kann nur eintreten, wenn die Floquet-Exponenten reell sind. Oder mit anderen Worten, es muss (2.32) gelten. Hieraus lässt sich mittels harmonischer Analyse analytisch ein notwendiges Kriterium für das Auftreten einer subharmonischen Bifurkation herleiten. Hierzu 2 aus (5.21) durch werden die periodischen Funktionen P (t) aus (5.22) und ∂∂xV2 x(t),t die ersten Terme ihrer Fourierentwicklungen P (t) = A0 + ∂ 2 V = C0 + ∂x2 x(t),t ∞ X k=1 ∞ X Ak cos(Ωt) + Bk sin(Ωt) (5.24) Ck cos(Ωt) + Dk sin(Ωt) (5.25) k=1 approximiert, und die Koeffizienten der höheren Moden als klein angenommen: P (t) ≈ A0 + A1 cos(Ωt) + B1 sin(Ωt) ∂ V ≈ C0 + C1 cos(Ωt) + D1 sin(Ωt). ∂x2 (5.26) 2 (5.27) x(t),t Durch Einsetzen der speziellen Form (5.22) für ǫ(t) in (5.21) ergibt sich ∂ 2 V 2 = 0. (5.28) P̈ (t) + 2aṖ (t) + a P (t) + σ Ṗ (t) + aP (t) + P (t) ∂x2 x(t),t Die linke Seite von (5.28) wird wieder als periodische Funktion in eine Fourierreihe ∂2V und entwickelt. Die Entwicklungskoeffizienten ergeben sich aus denen von ∂x2 x(t),t P (t) 5 und müssen identisch Null sein. Es werden wieder nur die Koeffizienten der konstanten Terme, und der Terme proportional zu sin (Ωt) und cos (Ωt) betrachtet. Für den Koeffizient des konstanten Terms ergibt sich so 1 A0 a2 + σa + C0 + (A1 C1 + B1 D1 ) = 0. 2 Für die Koeffizienten der sin (Ωt) und cos (Ωt) Terme ergibt sich B1 −Ω2 + a2 + σa + C0 − A1 (2aΩ + σΩ) + A0 D1 = 0 A1 −Ω2 + a2 + σa + C0 + B1 (2aΩ + σΩ) + A0 C1 = 0. 5 Da in den Entwicklungen von ∂2V ∂x2 x(t),t (5.29) (5.30) (5.31) und P (t) nach der ersten Fouriermode abgebrochen werden, gehen die Produkte von sin und cos nur in die konstante und die zweite Mode ein KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 55 Unter der Annahme, dass A1 /A0 ≪ 1,B1 /A0 ≪ 1, kann zuerst die Approximation zu ’nullter’ Ordnung von a aus (5.29) bestimmt werden, indem die Terme proportional zu den Entwicklungskoeffizienten erster Ordnung vernachlässigt werden: r σ2 σ − C0 . (5.32) a≈− ± 2 4 ∂2V Es gilt C0 = ∂x2 . Durch Einsetzen dieser Approximation für a in (5.30) ′ ′ x(t ),t und (5.31) können Ã1 und B̃1 bestimmt werden. Durch Einsetzen dieser in (5.29) ergibt sich eine Approximation ’erster’ Ordnung für a. Diese hat die Gestalt s σ2 C12 + D12 σ − C0 − . (5.33) a≈− ± 2 4 2 (Ω2 + σ 2 − 4C0 ) Anschaulich hat die generalisierte Plasmafrequenz die Bedeutung, dass die lineare Antwort des Systems auf die (kleine) Störung eines periodischen Orbits oszillatorisch mit Frequenz Ωp ist. Bei einer subharmonischen Bifurkation einer Periode-τ Lösung zu einer Periode-2τ Lösung ist ist es natürlich, dass die Frequenz der Störung gerade der Frequenz der neu entstehenden Lösung entspricht. An der Bifurkation wird die Störung stabil zu der ’neuen’ Lösung. Im Rahmen lokaler Theorie kann in bestimmten Situationen gezeigt werden, dass dies für eine subharmonische Bifurkation notwendig ist. Weiterhin kann im Rahmen dieser Theorie gezeigt werden, dass an einer Tangentenbifurkation Ωp = 0 gilt [25]. Das notwendige Kriterium für das Auftreten einer subharmonischen Bifurkation ist also 6 Ωp = π/τm = Ωm /2. (5.34) Aus (5.33) und (5.32) ergibt sich Ωp zu r Ωp 0.Ordnung = Ωp 1.Ordnung = s C0 − σ2 4 (5.35) C0 + C12 + D12 σ2 − , 2 (Ω2 + σ 2 − 4C0 ) 4 (5.36) jeweils vorausgesetzt, dass a nicht reell ist. 1 0.5 0 “ x(kτ ) + 0.5 2π 56 (a) ” mod 1 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR λ+ /σ 0 (b) -0.25 -0.5 0.6 numerisch 0. Ordnung 1. Ordnung 2. Ordnung 0.5 Ωp /Ω (c) 0.4 0.3 1.5 1.7 1.9 .Ω 2.1 2.3 2.5 Abbildung 5.4: (a) Bifurkationsdiagramm des periodischen n/m = 1 Attraktors zur Approximation 5.4 gehörend bei σΩ = 0.15, F˜1 = 2 und F0 = 0.1. Nur dieser Attraktor ist gezeigt. (b) Maximaler Lyapunov-Exponent in Einheiten des Dämpfungsfaktors. (c) generalisierte Plasmafrequenz (Imaginärteil des FloquetExponenten) in Einheiten der Antriebsfrequenz und analytische Approximationen. Die Approximationen stammen aus (5.44), (5.43) und (A.18) [50](2. Ordnung). Die Kurve in (a) wurde um eine halbe räumliche Periode verschoben, um die Darstellung zu verbessern. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 5.5 57 Approximation bei Ω & 1 Die Näherung (5.4) ist gültig für Ω ≫ 1. Dieser Bereich wurden bereits eingehend numerisch untersucht [38]. Der Übergang aus dem Gültigkeitsbereich hinaus, d.h. Ω → 1 macht nur Sinn, wenn die verbleibenden Systemparameter passend skaliert werden 7 . Im Rahmen der Approximationen durch Besselfunktionen ergeben diese sich auf natürliche Art und Weise aus der Forderung, dass (5.14) sich nicht ändert, also F˜1 = const. und σΩ = const., woraus direkt F˜0 = const. bei F0 = const. folgt. Bei dieser Skalierung wird der durch die Approximation gegebene Existenzbereich für beliebige Ω nicht verlassen. Man beobachtet, dass sich ab gewissen Ω Werten Gabelbifurkationen der periodischen Attraktoren mit Periode 1 8 zu Periode-2 Attraktoren ergeben. Es kommen also subharmonische Komponenten im Fourierspektrum hinzu, die in der Näherung (5.4) nicht berücksichtigt sind. Bei weiterer Verringerung von Ω kommt es zu weiteren Bifurkationen und schließlich wird der ursprüngliche Periode-1 Attraktor zu einem chaotischen Attraktor. Dies entspricht dem Feigenbaum Szenario des Übergangs zum Chaos. Der resultierende chaotische Attraktor wird i.A. bei weiterer Verringerung von Ω durch eine Krise (Zusammenstoß mit einem instabilen periodischen Orbit) zu einem chaotischen Repellor gemäß dem in [54] beschriebenen Szenario [38]. Eine solche Feigenbaumkaskade ist in Abbildung 5.4 (a) gezeigt. Die vertikalen Linien markieren die Punkte der ersten Gabelbifurkation und den Akkumulationspunkt der Kaskade, der in der gezeigten Auflösung nicht vom Ort der Krise, die den Attraktor verschwinden lässt, zu unterscheiden ist. Das Auftreten der ersten subharmonischen Gabelbifurkation gibt eine grobe Abschätzung des Parameterbereichs, in dem Instabilitäten durch den Übergang ins Chaos einsetzen. Dies betrifft insbesondere auch die Stabilität gegen thermisches Rauschen [38, 50]. Mit Floquet-Theorie kann analog zu [50] ein Kriterium für das Auftreten der ersten Gabelbifurkation analytisch angegeben werden. Hierzu betrachtet man den Imaginärteil des Floquet-Exponenten a der periodischen Lösung. Nach der Theorie aus [25] nimmt dieser bei einer subharmonischen Gabelbifurkation einer Periode-τ in einer Periode-2τ Lösung notwendigerweise den Wert π/τ an, vgl. Abschnitt 2.1.5. Eine Entwicklung mit Termen noch höherer 6 additive Terme 2π/τ werden hier ignoriert, da für das Auftauchen dieser die FloquetExponenten bereits ’kollidiert’ haben müßten, d.h. (5.34) müsste bereits mindestens einmal erfüllt gewesen sein. 7 Kleinere Ω bedeuten längere Antriebsperioden und damit verbunden z.B. größere Energiebeiträge durch den Antrieb bei konstantem F1 usw. 8 Mit Periode 1 (Periode-1) ist Periode 1·τ gemeint, usw. Diese Sprechweise wird im Folgenden oft verwandt. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 58 Ordnung wie in [50] macht hier keinen Sinn, da x(t) aus (5.4) verwendet werden soll, welches auch nur zu dieser Ordnung gilt. Die Methode wurde ausführlich in Abschnitt 5.4 behandelt. Die Koeffizienten Ck ergeben durch Einsetzen der Approximation für x(t) in die Entwicklung +∞ X cos(a − b sin ϕ) = Jk (b) cos(a − kϕ) (5.37) −∞ zu cos (x(t)) = ∞ X k=−∞ Jk (F˜1 ) { cos (θ0 + (n − k)θ1 ) cos ((n − k)Ωt) − sin (θ0 + (n − k)θ1 ) cos ((n − k)Ωt)} (5.38) mit n = hvi ∈ N in (5.4) und θ0 = x0 −nθ1 . Es wird angenommen, dass Jk6=n (b) ≪ 1 gilt. Dies entspricht der Approximation, die zu (5.4) führt. Die relevanten Entwicklungskoeffizienten des cos (x(t)) Terms nehmen damit die Gestalt C0 = Jn (F˜1 ) cos (θ0 ) C1 = Jn+1 (F˜1 ) cos (θ0 − θ1 ) + Jn−1 (F˜1 ) cos (θ0 + θ1 ) D1 = Jn+1 (F˜1 ) sin (θ0 − θ1 ) − Jn−1 (F˜1 ) sin (θ0 + θ1 ) (5.39) (5.40) (5.41) an. Damit ergibt sich aus (5.33) die Approximation der Floquet-Exponenten zur ’ersten’ Ordnung zu v 2 2 u u n q ˜ ˜0 2 Jn+1 (F˜1 )Jn−1 (F˜1 ) 2 J ( F ) − F 2 n 1 ˜ σ σ u 2 F1 − Jn (F˜1 ) 1 − F˜0 − , a ≈ − ±u q 2 t4 2 Ω2 + σ 2 − 4 Jn (F˜1 ) 1 − F˜0 (5.42) welche wesentlich einfacher ist, als die Approximation ’zweiter’ Ordnung in [50], numerisch aber im wesentlichen gleich gute Resultate liefert. Sie ergibt sich aus der Approximation in [50] durch Nullsetzen aller Terme die Koeffizienten der 2. Fouriermode enthalten. Aus (5.42) ergibt sich Ωp in ’erster’ Ordnung zu v 2 2 u u n q ˜ ˜0 2 Jn+1 (F˜1 )Jn−1 (F˜1 ) 2 J ( F ) − F n 1 u ˜ σ2 2 F 1 ˜ ˜ q − J ( F ) Ωp ≈ u , 1 − F + 0 t n 1 2 4 2 2 Ω + σ − 4 Jn (F˜1 ) 1 − F˜0 (5.43) KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR Ω = 1.6 Ω = 1.7 Ω = 1.8 Ω=2 (5.4) 0.8 0.6 0.4 x(kτ ) 2π + 0.5 mod 1, k ∈ N 1 59 σΩ = 0.3 F˜1 = 1.84 0.2 0 -1 -0.5 F̃0 0 0.5 1 Abbildung 5.5: Bifurkationsdiagramm der hvi = n/m = 1 Attraktoren bei σΩ = 0.3, F˜1 = 1.84, abnehmende Ω Werte. F̃0 ist für n = 1 berechnet. Die Kurve x0 zeigt die analytische Approximation (5.4) bei Ω = 2. Die auch sichtbaren Periode-3 Attraktoren sind nicht im Rahmen der Approximation (5.4) erklärt. wenn die Wurzel in (5.42) imaginär wird. Eine Vereinfachung von (5.43) zur ’0. Ordnung’ (was dem Nullsetzen aller Koeffizienten der 1. Fouriermode entspricht) reicht bereits, um das Verhalten der verallgemeinerten Plasmafrequenz qualitativ an den Rändern und im Zentrum des Existenzbereichs abzuschätzen. Sie lautet (vgl. Abschnitt 5.4) r q σ2 2 Ωp 0.Ordnung ≈ Jn (F˜1 ) 1 − F˜0 − . (5.44) 4 Aus Gleichung (5.44) ist sofort zu erkennen, dass Ωp in der Mitte des Exi stenzbereichs, d.h. bei F˜0 = 0, F˜1 maximiert Jn (F˜1 ) und σ → 0, das Maximum annimmt, und an den Rändern verschwindet. Damit die notwendige Bedingung Ωp = Ω/2 für eine subharmonische Bifurkation einer 2T periodischen Lösung erfüllt ist, muss also zu ’0. Ordnung’ q σ 2 + Ω2 2 ˜ (5.45) Jn (F1 ) 1 − F˜0 = 4 gelten. Ist (5.45) erfüllt, divergiert Ωp in (5.43), was darauf hindeutet, dass bei diesem Parameterwert Probleme mit der Approximation bestehen. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR Ω = 1.6 Ω = 1.55 0.8 0.6 0.4 x(kτ ) 2π + 0.5 mod 1, k ∈ N 1 60 σΩ = 0.3 F˜1 = 1.84 0.2 0 -1 -0.5 F̃0 0 0.5 1 Abbildung 5.6: Bifurkationsdiagramm wie 5.5. Für den kleineren Ω Wert gibt es chaotische Krisen um F̃0 ≈ 0.27 und F̃0 ≈ 0.1. Die verschiedenen Approximationen sind in Abbildung 5.4 (c) dargestellt. In 5.4 (b) ist der maximale Lyapunov-Exponent gezeigt, und in (a) das Bifurkationsdiagramm. Zu erkennen ist, dass beide Approximationen den Parameter der Bifurkation überschätzen, in dem Sinne, dass die Bifurkation tatsächlich vor dem vorausgesagten Parameter liegt. Von ’0.’ zu ’1. Ordnung’ ist eine deutliche Verbesserung zu erkennen, von ’1.’ zu ’2. Ordnung’ keine. In anderen Parameterbereichen unterschätzen die Approximationen den Kontrollparameterwert, an dem die Bifurkation stattfindet. Der Trend, was die Güte der einzelnen Ordnungen der Approximation untereinander betrifft ist jedoch in der betrachteten Situation überall in etwa gleich. Eine Ausnahme stellt der Fall n = 0 und F0 = 0 dar. In diesem Fall fallen alle Approximationen zusammen, wie für die erste Ordnung aus (5.43) zu erkennen ist. Dies liegt daran, dass in der Herleitung der Approximationen ein iterativer Ansatz verfolgt wird. Von den eigentlich zu bestimmenden Nullstellen des Polynoms 4. Ordnung in a werden so nur diejenigen, die zur 0. Ordnung gehören, gefunden. Verändert sich deren Lage nicht durch die Iteration, fallen alle Lösungen zusammen. Das heißt, dass die Approximation für n = 0 nicht besonders gut ist. Ein weiterer Grund für Probleme der Approximation mit der n = 0 Lösung ist, dass die in dieser Arbeit interessanten Paramterbereiche für F˜1 nahe oder bereits nach der ersten Nullstelle von J0 liegen. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 61 Es ist eine deutliche Abweichung vom realen Parameter, an dem die Bifurkation stattfindet, zu dem von der Approximation gelieferten Parameter zu bemerken. Dennoch liegt die Approximation im richtigen Parameterbereich. Noch höhere Ordnungen machen nur Sinn, wenn Gleichung (5.4) zu einer höheren Ordnung gilt. Dies führt jedoch sofort zu nicht mehr lösbaren Gleichungssystemen. Dadurch geht der Vorteil eines analytischen Ausdrucks gegenüber einer direkten Simulation der Bewegungsgleichung verloren, denn den resultierenden Gleichungen sind keine Aussagen direkt mehr anzusehen und sie müssen ebenfalls numerisch gelöst werden. Dies geht zwar wesentlich schneller als eine direkte Simulation, jedoch bleiben die Fehler der Approximation bestehen, und eine Kontrolle durch eine direkte Simulation kann nicht umgangen werden. Da das System direkt integriert werden kann, macht dies also keinen Sinn. Weiterhin geht aus hier nicht gezeigten Ergebnissen hervor, dass die Approximation für Lösungen ’höherer’ Stufen (n > 1) besser wird. Dies ist hier nicht gezeigt, da diese Lösungen nur unter größeren Schwierigkeiten als die n = 1 Lösungen zu ANM führen (im betrachteten Parameterbereich). Dies alles bezieht sich auf die hier betrachteten Ω . 2. Für größere Ω wird die Approximation in allen Fällen sehr gut, und für Ω . 1 liefert sie keine guten Resultate mehr, wie aus Abschnitt 5.7 folgt. Ein weiteres, und im Prinzip besseres Kriterium für eine subharmonische Bifurkation ist das Verschwinden des größten Lyapunov-Exponenten. Dieses wird hier jedoch nicht verwendet. Aus (5.42) ist zu erkennen ist, dass die hier verwendete Approximation zwar im Prinzip eine Aussage über die Lyapunov-Exponenten liefert, jedoch keine im interessanten Bereich sinnvolle, da Ωp in der Approximation divergiert bevor der Lyapunov-Exponent verschwindet (tatsächlich sollte Ωp konstant sein). Es ist prinzipiell möglich, die Lyapunov-Exponenten direkt zur Untersuchung des lokalen Stabilitätsverlusts zu verwenden, jedoch führt dies zu komplizierten Ausdrücken [55, 56]. 5.5.1 Diskussion Das Fazit aus dieser Überlegung ist also, dass zur Mitte des Existenzbereichs eine Instabilität in Form einer subharmonischen Bifurkation auftreten kann, vgl. (5.44), denn diese wird zuerst beim Maximum von Ωp auftreten. Hierbei ist zu beachten, dass rein mathematisch die Mitte des Existenzbereichs bei σ = 0 liegt 9 . Diese stellt den ersten Schritt des Feigenbaum Szenarios für den Übergang ins Chaos dar, 9 (5.14) ist auch für σ < 0 gültig. Bei F0 = 0 ist der ’mathematische’ Existenzbereich tatsächlich um σ = 0 symmetrisch, und demnach das Zentrum bei σ = 0 (in σ Richtung). Der Rand ist also ’physikalischer’ Natur und durch die Gegebenheiten des Systems bedingt. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 62 und den damit möglich werdenden Instabilitäten in Form chaotischer Krisen. Zwar liefert die Approximation des Kriteriums nicht den tatsächlichen Ort der eigentlich interessanten chaotischen Krise, und auch nicht die Existenz einer Krise, jedoch allemal eine nützliche Abschätzung. In vielen Fällen wird die globale Stabilität des Attraktors (gegen thermisches Rauschen) bereits bei der ersten subharmonischen Bifurkation klein [38]. Dieses Verhalten ist in Abbildungen 5.5 und 5.6 illustriert. Bei Ω = 2 hat der Attraktor für jedes F˜0 (für welches der zugehörige Fixpunkt existiert) Periode 1. Für Ω = 1.8 hat der Attraktor bereits über einen weiten F̃0 Bereich Periode 2. Mit geringer werdendem Ω rückt die erste subharmonische Bifurkation in Richtung des Randes des Existenzbereichs. In der Mitte erscheinen bei noch weiter verringertem Ω weitere Bifurkationen, nicht notwendigerweise immer an derselben Stelle. Durch weitere Verringerung von Ω entsteht am Ende der periodienverdoppelnden Kaskaden ein chaotischer Attraktor, der beim hier gezeigten Ω Wert bereits instabil wird, und ein ’Loch’ in der Mitte des Existenzbereichs entsteht, so zu sehen in Abbildung 5.6 bei F˜0 ≈ 0.27. Da die Kaskaden zur Mitte des Existenzbereichs gerichtet sind, entstehen dort i.A. zuerst ’Löcher’. Die durch (5.4) beschriebenen periodischen Attraktoren werden durch den Übergang in den durch chaotisches Verhalten dominierten Parameterbereich instabil. Wie oben beschrieben manifestiert sich diese Instabilität zuerst in der Mitte des Existenzbereichs der Attraktoren. Dies ist für das betrachtete System bereits lange bekannt [57]. 5.5.2 Gibt es nun ANM? Die Existenzbereiche transportierender Attraktoren in Richtung F0 sind um den ’Ohm’schen’ Wert herum zentriert. Überlappen die Existenzbereiche zweier durch Symmetrie zusammengehörender Attraktoren also in F0 Richtung, und werden die Attraktoren im Zentrum ihres Existenzbereichs instabil, entsteht ein Gebiet im Kontrollparameterraum, in dem der entgegen der statischen Kraft transportierende Attraktor existiert und stabil ist, und der mit der statischen Kraft transportierende Attraktor instabil ist. Gibt es keine weiteren (transportierenden, relevanten) Attraktoren, so findet in diesem Kontrollparametergebiet ANM statt. Dies ist in Abbildung 5.7 in der F˜1 –F0 Ebene illustriert. Eine weitere Deutung im Rahmen der Überlegungen in Abschnitt 4.2 geht dahin, dass die Instabilität bei konstantem F0 = 0 zuerst bei σ → 0 auftritt. Dies führt zu einem ’echten’ Rand des Stabilitätsbereichs zu kleiner werdenden σ und erlaubt die Anwendung der Überlegung aus Abschnitt 4.2. Tatsächlich verschiebt im Rahmen der Approximation (5.14) F0 die Existenzbereiche der Attraktoren genau auf die in Abschnitt 4.2 angenommene Art und Weise, wie aus Gleichungen KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 1 2 4 8 ∞ 3 1.2 Ω = 1.8 σΩ = 0.3 0.8 F0 6 7 ∞ 1.2 n/m = 1 1 Ω = 1.7 σΩ = 0.3 n/m = 1 1 0.8 0.6 0.6 0.4 0.4 0.2 0.2 0 0 -0.2 -0.2 -0.4 -0.4 0 2 4 6 8 10 1.2 0 2 4 6 8 10 1.2 n/m = 1 1 Ω = 1.6 σΩ = 0.3 0.8 F0 5 63 n/m = 1 1 Ω = 1.5 σΩ = 0.3 0.8 0.6 0.6 0.4 0.4 0.2 0.2 0 0 -0.2 -0.2 -0.4 -0.4 0 2 4 F̃1 6 8 10 0 2 4 6 8 10 F̃1 Abbildung 5.7: Periodizität der zu Approximation (5.4) gehörenden Zusammenhangskomponente des hvi = n/m = +1 Attraktors. Die Periodendauer m ist in Farben kodiert. Blaue Linien: Approximation erster Ordnung (5.33) für den Stabilitätsbereich des m = 1 Attraktors. Die Farbpalette ist so gewählt, dass eine aus einer Periode-1 Lösung stammende Feigenbaumkaskade durch gelbe bis rote Farben gekennzeichnet ist. Periodische Fenster mit m = 3, ... werden durch die Wahl der Farbpalette in grün-blauen Farben gezeigt. Schwarze Flächen entsprechen Kontrollparameterraumbereichen, in denen der Attraktor phase-locked chaotisch ist. Diese Palette wird hier und in allen folgenden derartigen Abbildungen verwendet. F̃1 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 10 Ω = 1.8 10 Ω = 1.7 8 F0 = 0 8 F0 = 0 6 n/m = 1 6 n/m = 1 4 4 2 2 0 0 0 F̃1 64 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 10 Ω = 1.6 10 Ω = 1.5 8 F0 = 0 8 F0 = 0 6 n/m = 1 6 n/m = 1 4 4 2 2 0 0.6 0 0 0.1 0.2 σΩ 0.3 0.4 0.5 0.6 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 σΩ Abbildung 5.8: Wie Abbildung 5.7 jedoch in der σΩ–F˜1 Ebene. Der Punkt F̃1 = 1.4 und σΩ = 0.306 ist durch ein schwarzes Kreuz markiert. Die Farbpalette ist hier und in den folgenden derartigen Abbildungen wieder wie in Abbildung 5.7 gewählt. Dieser Hinweis wird in den folgenden Abbildungen weggelassen. (5.14) und (5.45) zu erkennen ist. Etwas umgeschrieben haben sie die Form 2 2 Ω4 2 σΩ 2 1− 2 . (5.46) Jn (F˜1 ) ≥ (F0 − nσΩ) ≥ Jn (F˜1 ) − 4 Ω Der Zusammenhang von σ und F0 in (5.46) ist aber linear. In niedrigster Ordnung in Ω12 sind die linke und die rechte Seite von (5.46) konstant, und eine Ände∆F0 rung von F0 → F0 + ∆F0 entspricht einer Änderung von σ → σ + Ωhvi . Die Instabilität des Attraktors zu kleinen σ ist in Abbildungen 5.8 und 5.9 dargestellt. Wieder geben die Farben die Periodizität der Attraktoren an und die Palette ist wieder wie in Abbildung 5.7 gewählt. Dies ist auch in allen folgenden Abbildungen, welche die Periodizität eines Attraktors darstellen, der Fall, wenn nicht anders angegeben. Hier kommt als Hindernis für den unmittelbaren Erfolg dieser Überlegungen (d.h. das Auftreten von ’globaler’ ANM in allen existenten Attraktoren) die Exi- KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 65 stenz weiterer transportierender Attraktoren hinzu. Für kleine σ, und damit für Attraktoren mit großer Geschwindigkeit stellt dies praktisch ein großes Problem dar. Für die n = 1 Attraktoren lassen sich aber Parameterbereiche finden, in denen keine weiteren transportierenden Attraktoren existieren. Der Existenzbereich des n = 0 Attraktors überdeckt diesen Parameterbereich jedoch in weiten Teilen, und führt zu ANM mit Antwortkurven der Art (4.25). Dadurch wird i.A. der Strom sehr klein sein. Praktisch sind die Ströme unmessbar klein. An der prinzipiellen Existenz des Effekts ändert dies jedoch nichts. 5.5.3 Ein Beispiel Beispielhaft wird hier bei Ω = 1.5 der Rand des hvi = 1 Attraktors im ersten ’Bauch’ von Abbildung 5.8 ausgewählt. Ein Punkt auf dem Rand liegt etwa bei σΩ = 0.306 und F˜1 = 1.4 und ist in Abbildung 5.8 markiert. Für den gewählten Wert der Antriebsamplitude liegt der theoretische Wert der Dämpfung σΩ bei dem die Bifurkation von der Periode-1 zur Periode-2 Lösung stattfindet bei σΩ ≈ 0.4. Der tatsächliche Wert fällt mit dem theoretischen fast zusammen. Dies ist aber relativ weit vom gewählten Punkt entfernt, da der Existenzbereich der Periode-2 Lösung relativ breit (in σΩ Richtung) ist. Das zugehörige Bifurkationsdiagramm in F0 Richtung ist in Abbildung 5.10 gezeigt. Der gewählte Punkt liegt nicht direkt auf dem Rand des Stabilitätsbereichs, sondern noch etwas entfernt im instabilen Bereich. Für F0 ∈ [0.0075, 0.225] ist, wie erwartet, der hvi = −1 der einzige stabile transportierende Attraktor. Zu kleinen F0 ist er, wie erwartet, durch einen Feigenbaumkaskade und eine Krise begrenzt, und zu großen F0 durch eine Tangentenbifurkation. Jedoch ist in diesem Bereich auch der hvi = 0 Attraktor stabil. Dies führt zu einer drastischen Reduzierung des zu erwartenden Stromes, da insofern die Entweichrate aus dem hvi = 0 Attraktor nicht groß ist, dieser mit einem großen Gewicht in den Mittelwert der Geschwindigkeit eingeht. Im konkreten Fall ist der resultierende Strom (numerisch) kaum messbar. Es ergibt sich z.B. für Γ = 0.0035 und F0 = 0.065 bei einer Trajektorienlänge von 5 · 106 Antriebsperioden, deren Anfang abgeschnitten wird, um die Abhängigkeit von den Anfangsbedingungen zu eliminieren, ein mittlerer Transport von wenigen hundert räumlichen Perioden in negativer Richtung. Dieser Transport kommt daraus zustande, dass die mittlere Entweichzeit aus dem in negativer Richtung transportierenden Attraktor wesentlich länger ist, als die des in positiver Richtung transportierenden chaotischen Repellors, aber beide wesentlich kürzer sind als die mittlere Entweichzeit aus dem nichttransportierenden Attraktor, in dem das System sich fast die gesamte Integrationszeit aufhält. Die numerisch berechneten Werte sind mit Vorsicht zu interpretieren, da keine gute Statistik vorliegt, und eine ’extreme’ Situation betrachtet wird. F̃1 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR Ω = 1.8 F0 = 0.05 n/m = −1 10 8 6 4 2 0 F̃1 0 Ω = 1.8 F0 = 0.05 n/m = 1 10 8 6 4 2 0 F̃1 0 Ω = 1.6 F0 = 0.05 n/m = −1 F̃1 0 Ω = 1.6 F0 = 0.05 n/m = 1 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 σΩ 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 Ω = 1.7 F0 = 0.05 n/m = 1 10 8 6 4 2 0 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 Ω = 1.5 F0 = 0.05 n/m = −1 10 8 6 4 2 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 10 8 6 4 2 0 0 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 10 8 6 4 2 0 Ω = 1.7 F0 = 0.05 n/m = −1 10 8 6 4 2 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 66 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 Ω = 1.5 F0 = 0.05 n/m = 1 10 8 6 4 2 0 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 σΩ Abbildung 5.9: Wie Abbildung 5.8 jedoch mit F0 = 0.05. Gut zu erkennen ist, dass der Existenzbereich der n/m = −1 Lösung sich in das entstehende Loch im Existenzbereich der n/m = +1 Lösung erstreckt. Wieder ist für Ω = 1.5 der Punkt F̃1 = 1.4 und σΩ = 0.306 markiert. 67 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR x(kτ ) 2π mod 1 1 0.8 0.6 0.4 0.2 hvi 0 1 0.5 0 -0.5 -1 0 0.05 0.1 0.15 F0 0.2 0.25 ‘ Abbildung 5.10: Bifurkationsdiagramm bei Ω = 1.5, F̃1 = 1.4 und σΩ = 0.306. Das Vorzeichen des mittleren Stromes wird aber in jedem Fall für kleine Rauschstärken negativ sein, vgl. Abschnitt 2.1.11. 5.6 Der Übergang zu Ω ≈ 1 Aus vorangegangenem Kapitel wird klar, dass für Ω → 1 die einfache Struktur der stabilen Lösungen (Attraktoren) von (5.1) in der Form (5.4) durch subharmonische Bifurkationen zerstört wird. Dieser Übergang der Lösungen der Gleichung und der dazugehörenden Attraktoren ins Chaos war bereits Gegenstand vieler Arbeiten, siehe hierzu [38] und Referenzen darin. Der wesentliche Punkt für die Erzeugung von ANM ist, dass die Instabilität in der Mitte der (durch die Approximation durch Besselfunktion gegebenen) Shapirostufen zuerst auftritt. Im vorangegangenen Abschnitt war der n = 0 Attraktor das verbleibende Problem, das ANM mit deutlichem Effekt, d.h. großem Strom, verhinderte. Die erste subharmonische Bifurkation dieses Attraktors wird durch die verwendete Approximation (5.43) deutlich später vorausgesagt, als die ersten subharmonischen Bifurkationen transportierender Lösungen. Das vorausgesagte Eintreten liegt bereits im Kontrollparameterbereich, in dem nicht mehr zu erwarten ist, dass die Approximation noch gute Resultate liefert, und die vorausgesagten Werte sind weitgehend unbrauchbar. Daher werden in diesem Abschnitt, und im Folgendem rein numerische Methoden verwandt, da alle Kontrollparameter nunmehr von derselben Größenordnung (∼ 1) sind. Nur Dämpfung σ und konstante Kraft F0 können klein gewählt werden, um ANM nicht prinzipiell unmöglich zu machen, jedoch führt dies nicht zu KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR hvi 0 1 2 6 Ω = 1.5 Fˆ1 5 6 7 Ω = 1.4 5 4 4 3 3 2 2 1 1 0 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 6 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 6 Ω = 1.3 5 Fˆ1 4 6 5 Ω = 1.2 5 4 4 3 3 2 2 1 1 0 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 6 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 6 Ω = 1.1 5 Fˆ1 3 68 Ω=1 5 4 4 3 3 2 2 1 1 0 0 0.1 0.2 0.3 σΩ 0.4 0.5 0.6 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 σΩ Abbildung 5.11: Stabilitätsbereiche der phase-locked Attraktoren bei konstantem Ω und F0 = 0 in Farben kodiert. Die mittlere Geschwindigkeit ist als Farbe dargestellt. Von den zu Besselstufen gehörenden Attraktoren sind nur die mit der größten mittleren Geschwindigkeit hvi gezeigt, wenn mehrere solche Attraktoren bei gegebenen Kontrollparametern koexistieren. Existiert in einem Kontrollparameterraumgebiet ein weiterer Attraktor mit einer nichtganzzahligen (dimensionslosen) Geschwindigkeit, so ist dieser gezeigt. Die Stabilitätsbereiche sind nach Abschnitt 3.7.3 berechnet. In den weißen Bereichen wurden keine phase-locked Attraktoren gefunden. Bei Ω = 1.2 sind die in Abschnitt 5.6.1 genauer betrachteten Parameter markiert. Die Gitterauflösung wurde hier und in allen folgenden Abbildungen reduziert. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 69 hilfreichen Approximationen. Das System ist bereits bei σ = 0 und F0 = 0 nicht mehr analytisch zu behandeln. Die in [58] behandelte Approximation führt nur zu den ’unteren’ Rändern in Antriebsamplitudenrichtung der Shapirostufen, d.h. dem zu kleinstem F1 . Weiterhin ist die Approximation nur bei kleinen σ gut. In diesem Parameterbereich ist es aber schwierig ANM zu finden, da kleine σ zu vielen koexistierenden (transportierenden) Attraktoren führen. Desweiteren wird aus dieser Approximation keine Aussage über die Stabilität der vorausgesagten periodischen Lösungen gewonnen. Die Approximationen in [57, 55, 59] liefern zwar sinnvolle Aussagen, jedoch sind die Gleichungen zu kompliziert, so dass sie nur numerisch (iterativ) gelöst werden müssen, ohne dass die Form der Gleichung einfache Aussagen ableiten lässt. Numerisch stellt dieser Parameterbereich hingegen keine erheblichen Schwierigkeiten dar. Zwar sind die chaotischen Parameterbereiche prinzipiell etwas schwieriger zu simulieren, und nahe an Bifurkationen kommt es zu critical slowing down (Transientenzeiten, ehe der periodische Orbit ’erreicht wird’, divergieren). Die Einfachheit des Systems lässt aber genügend lange Simulationszeiten zu, so dass diese Probleme in Verbindung mit gewissen Toleranzen weitgehend umgangen werden können. Beim Übergang Ω : 2 → 1 werden die Kontrollparameter gemäß den im vorangegangenen Abschnitt angegebenen Relationen skaliert. Eine Feinheit hierbei ist, dass die Skalierung bei festem Ω nichtdiagonal und nichtlinear ist. Dadurch werden die berechneten Stabilitätsbereiche gedreht und verzerrt. Für große Ω Werte ist dies nicht weiter von Bedeutung. Die Nichtlinearität (und -diagonalität) der Skalierung geht in F˜1 = √ 4F1 2 ein, und der zweite Term unter der Wurzel kann Ω +(σΩ) vernachlässigt werden, da (σΩ)2 ≪ Ω4 . Beim Übergang zu Ω ≈ 1 ist dies nicht mehr möglich. Um aus den resultierenden Plots immer noch die Stabilitätsgrenzen zu kleiner werdenden σ ablesen zu können wird eine diagonale Skalierung der Parameter bei festem Ω vorgenommen werden, indem der 2. Term weggelassen wird. Daher wird in diesem Abschnitt F̂1 = F1 Ω2 (5.47) verwendet. In Abbildung 5.12, wie in Abbildung 5.8, werden die Stabilitätsbereiche der phase-locked Attraktoren in der Ωσ–F̂1 Ebene dargestellt. Hier werden jedoch alle gefundenen phase-locked Attraktoren gezeigt und numerisch nach Abschnitt 3.7.3 vorgegangen. Das Loch im Zentrum des ’untersten’ Stabilitätsbereichs bei F̂1 ∈ [0, 3.5] der n/m = 1 Attraktoren wächst mit kleiner werdendem Ω weiter zu den ursprünglichen Rändern des Stabilitätsbereichs hin. Dabei wächst das Loch zu dem ’unteren’ KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 6 6 5 5 Ω = 1.5 Fˆ1 4 3 2 2 1 1 0 0 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 Fˆ1 0 6 6 5 5 Ω = 1.3 4 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 Ω = 1.2 4 3 3 2 2 1 1 0 0 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0 6 6 5 5 Ω = 1.1 4 Fˆ1 Ω = 1.4 4 3 70 Ω = 1.0 4 3 3 2 2 1 1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 σΩ 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 σΩ Abbildung 5.12: Stabilitätsbereich und Periodizität in Farben kodiert des phaselocked Attraktors mit n/m = 0 bei verschiedenen Ω und F0 = 0. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 71 Rand bei F̂1 = 0 schneller als zum ’oberen’ Rand bei F̂1 ≈ 3.5. Die Löcher im Stabilitätsbereich wachsen zum ursprünglichen Rand des Stabilitätsbereichs, welcher durch (5.14) gegeben ist, bis dieser für kleine σ ganz verschwindet (Im Rahmen der numerischen Gitterauflösung und der anderen numerischen Fehler). Ein zweiter stabiler Streifen der hvi = ±1 Attraktoren entsteht nahezu horizontal bei F̂1 ≈ 2 (d.h. die Ränder liegen entlang einer Linie F̂1 ≈ const.). Dieser wird sich später als von großer Bedeutung für ANM herausstellen. In Abbildung 5.12 ist die Entstehung dieses Stabilitätsbereichs für die hvi = ±1 Attraktoren nicht gut zu erkennen. Er entsteht für 1.1 ≤ Ω ≤ 1.2. Für noch kleinere Werte von Ω sind in der Tat diese nahezu horizontalen Streifen auch für die Attraktoren mit größerem n/m zu finden (vgl. Abbildung 5.23). Weiterhin wird dort sichtbar, dass diese neuen Stabilitätsbereiche zuerst bei kleinen σΩ entstehen (für F0 = 0). Die restlichen Stabilitätsbereiche der hvi = ±1 Attraktoren und die der anderen phase-locked Attraktoren verhalten sich ähnlich, jedoch finden die Veränderungen erst bei, im Vergleich zu dem ’untersten’ Stabilitätsbereich der hvi = ±1 Attraktoren, kleineren Ω Werten statt (vgl. auch Abbildung 5.23). Es gibt Kontrollparameterraumgebiete, in denen der hvi = 0 Attraktor bereits bei Ω ≈ 1.4 instabil ist. Zuerst geschieht dies an der Nullstelle der Besselfunktion 0. Ordnung (vgl. reffigfig:osz:bessel0to5), d.h. an der Stelle der geringsten Ausdehnung (in F0 -Richtung) des Attraktors bei kleinen σ und F0 = 0. Dies ist in Abbildung 5.12 gezeigt. Das Verhalten ist in diesem Sinne also konträr zu den transportierenden Attraktoren. Diese werden zuerst im Zentrum ihres Existenzbereichs instabil. Sind dies nun die einzigen existenten Attraktoren, wäre ANM mit recht großen Strömen möglich. Es muss nur ein Punkt am Rande des Stabilitätsbereichs eines transportierenden Attraktors zu kleiner werdendem σ gewählt werden, an dem auch der n/m = 0 Attraktor nicht stabil ist. Gibt es dann an diesem Punkt keine weiteren transportierenden Attraktoren, so kann nach den Überlegungen aus Abschnitt 4.2 auf ANM gehofft werden. Diese Überlegung kann jedoch daran scheitern, dass in den Abbildungen nur phase-locked Attraktoren zu sehen sind. In Kontrollparameterraumbereichen, welche keine phase-locked Attraktoren enthalten, geben die hier gezeigten Abbildungen diesbezüglich keine Aussagen. Es wird gehofft, dass das Verhalten des Systems in den Bereichen, in denen es phase-locked Attraktoren gibt durch diese dominiert wird. Dies ist nicht notwendigerweise der Fall. Insbesondere existiert in den in Abbildung 5.11 weißen Gebieten mindestens ein nichtperiodischer Attraktor. Diesen kann man sich aus den Transienten der instabil gewordenen phase-locked Attraktoren gebildet vorstellen: jeder der phase-locked Attraktoren wird durch eine Feigenbaumkaskade zu einem chaotischen Attraktor. Dieser wird durch eine Krise KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 72 zerstört. Typische Trajektorien verlassen die entstandenen Repelloren nach endlicher Zeit. Gibt es nun keinen ’ordentlichen’ Attraktor mehr, werden typische Trajektorien immer zwischen den vorhandenen Repelloren über die verbindenden Transienten wechseln. Die Vereinigung aller Repelloren und Transienten ist dann aber attraktiv, bildet also einen chaotischen Attraktor 10 . Eine weitere Feinheit ist, dass aus Symmetriegründen immer mindestens zwei solche Attraktoren existieren müssen (bei F0 = 0), oder dass der Attraktor in sich selbst symmetrisch sein muss. Numerisch wurde im Rahmen dieser Arbeit immer nur ein symmetrischer Attraktor gefunden, was aufgrund der Natur dieses Attraktors plausibel ist. Dies ist nicht das einzig mögliche Szenario für den Attraktor im weißen Bereich, jedoch ein im betrachteten Parameterbereich häufiges. Tatsächlich wurde im Rahmen dieser Arbeit fast immer dieses gefunden 11 . Praktisch stellt dieser in manchen Parameterbereichen ein Problem dar, da dieser im Existenzbereich eines phase-locked Attraktors nicht notwendigerweise instabil wird. Dies macht sich vor allem für die phase-locked Attraktoren mit hoher Geschwindigkeit bemerkbar. 5.6.1 Beispiele In Abbildung 5.11 sind bei Ω = 1.2 zwei Punkte durch schwarze Kreuze markiert. Sie markieren den Rand des Stabilitätsbereichs der |hvi| = 1 Attraktoren zu kleinen σ bei σΩ ≈ 0.21 und den der |hvi| = 2 Attraktoren zu kleinen σ bei σΩ ≈ 0.174. In Abbildungen 5.13 und 5.14 ist das dazugehörige Bifurkationsdiagramm bei Ω = 1.2,F̂1 = 2.4305 und F0 = 0 (5.13 und 5.14 unten) bzw F0 = 0.01 (5.14 oben) gezeigt. Für große σΩ existieren nur die periodischen hvi = 0 Attraktoren (es gibt zwei aus Symmetriegründen). Diese werden über Feigenbaumkaskaden zu chaotischen Attraktoren. Diese chaotischen Attraktoren kollidieren mehrfach mit instabilen periodischen Orbits. Bei einer der Kollisionen verschmelzen die beiden Attraktoren zu einem (symmetrischen) Attraktor. Bei σΩ ≈ 0.43 ist dies ’spätestens’ der Fall, da dort ein Periode-3 Fenster ist (Der Attraktor ist periodisch und hat Periode 3). Wären noch 2 Attraktoren vorhanden, müssten 2 periodische Fenster und damit eine gerade Anzahl Punkte im vertikalen Schnitt des Bifurkationsdiagramms vorhanden sein. Bei σΩ ≈ 0.485 verliert der symmetrische hvi = 0 Attraktor schließlich seine Stabilität, und nur noch die |hvi| = 1 Attraktoren existieren, die bereits dabei 10 Diese einfache Deutung muss nicht in allen Fällen stimmen. Insbesondere wird dieser Attraktor weitere Objekte enthalten, die nicht aus Attraktoren hervorgegangen sind etc. 11 Die Ausnahmen stellen Attraktoren mit sehr langen Transientenzeiten und/oder sehr kleinen Attraktionsbereichen dar, welche in der verrauschten Dynamik praktisch keine Rolle spielen. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 73 0 -1 v(kτ ) -2 -3 -4 -5 2 hvi 1 0 -1 -2 0.6 0.55 0.5 0.45 0.4 0.35 0.3 0.25 0.2 0.15 σΩ Abbildung 5.13: Bifurkationsdiagramm in σΩ bei Ω = 1.2, Fˆ1 = 2.4305 und F0 = 0. Periodische Attraktoren sind rot dargestellt, chaotische blau. Die höhere Farbdichte ab σΩ ≈ 0.21 resultiert aus einer anderen Auflösung in diesem Bereich, und hat keinen physikalischen Grund. sind in einer Feigenbaumkaskade zu chaotischen Attraktoren zu werden. Diese verschwinden jedoch nicht, und bei σΩ ≈ 0.31 beginnt eine rückwärtsgerichtete Feigenbaumkaskade, durch welche zwei Periode-2 Attraktoren mit |hvi| = 1 entstehen. Der Stabilitätsverlust dieser wieder zu chaotischen Attraktoren über eine Feigenbaumkaskade und Krisen ist in 5.14 (unten) im Detail gezeigt. Über den gesamten in Abbildung 5.11 weißen Bereich existiert ein nichttransportierender nicht phase-locked Attraktor. Dieser existiert in Abbildung 5.14 auch wieder nach der Krise bei σΩ ≈ 0.21, durch welche die |hvi| = 1 Attraktoren instabil werden. Bei σΩ ≈ 0.18 wird er durch eine Krise instabil. Der Attraktor existiert auch in Bereichen, in denen die |hvi| = 2 Attraktoren existieren. Im Bereich σΩ ∈ [0.18 : 0.174] sind die |hvi| = 2 Attraktoren aber die einzigen existenten Attraktoren Die Krise bei σ ≈ 0.21 ist hier näher betrachtet. In Abbildung 5.15 sind die Attraktoren vor und nach der Krise unter der stroboskopischen Abbildung dargestellt. Hierzu wurde eine lange Trajektorie auf dem hvi = 0 Attraktor bei σΩ = 0.2088 genommen, und eine lange Trajektorie auf dem |hvi| = 1 bei σΩ = 0.21. Wie zu erkennen ist, enthält der hvi = 0 Attraktor den Bereich im Phasenraum, den vormals KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 0 74 F0 = 0.01 -1 v(kτ ) -2 -3 -4 -5 -6 2 F0 = 0.01 hvi 1 0 -1 -2 0 F0 = 0 -1 v(kτ ) -2 -3 -4 -5 -6 2 F0 = 0 hvi 1 0 -1 -2 0.25 0.225 0.2 0.175 0.15 σΩ Abbildung 5.14: Bifurkationsdiagramm in σΩ bei Ω = 1.2, Fˆ1 = 2.4305 und F0 = 0 (unten) bzw. F0 = 0.01 (oben). Als periodische erkannte Attraktoren sind rot dargestellt, aperiodische blau. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 75 -1 v(kτ ) -2 -3 -4 -5 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 x(kτ )/2π mod 1 Abbildung 5.15: Chaotische Attraktoren bei σΩ = 0.21 (rot) bzw σΩ = 0.2088 (grün/ blau), Fˆ1 = 2.4305 und F0 = 0. Die phase-locked transportierenden Attraktoren sind grün (hvi = 1) und blau (hvi = −1) dargestellt. der |hvi| = 1 Attraktor ausfüllte. Anders formuliert sind nach der Krise die Überreste der |hvi| = 1 Attraktoren Teile des symmetrischen nichttransportierenden Attraktors 12 . Genauso verhält es sich mit den |hvi| = 2 Attraktoren für σΩ . 0.174, wobei der für den nichttransportierenden Attraktor zusätzlich erreichbare Bereich bereits in der eindimensionalen Projektion des Bifurkationsdiagramms deutlich mit dem Ort der instabil gewordenen Attraktoren korrespondiert. Es ergibt sich ein ähnliches Bild des nichttransportierenden Attraktors unter der stroboskopischen Abbildung wie in Abbildung 5.15. Wird nun die Symmetrie des Systems gebrochen, verschieben sich alle Orbits gemäß den Überlegungen aus Abschnitt 4.2. Dies ist gut in Abbildung 5.14 (oben) zu erkennen. Der im symmetrischen System nichttransportierende chaotische Attraktor wird nun transportierend. Dies liegt an der Ergodizität des Attraktors. In Kraftrichtung transportierende Teile des Attraktors erhalten durch die Kraft ein höheres statistisches Gewicht. Der Stabilitätsstreifen des Attraktors bei σΩ ≈ 0.175 ist bereits ein ’nichtlinearer’ Effekt in dem Sinne, dass er für hinreichend kleine (F0 ≈ 0.001) Kräfte verschwindet (nicht gezeigt). Dieser Attraktor ist für das Auffinden von ANM in gewisser Weise schlechter, als phase-locked hvi = 0 Attraktoren, da dieser Attraktor diffusiver/ergodischer Natur ist. Trajektorien auf dem chaotischen Attraktor verbringen Zeit nahe denen ’das Rückrat’ des Attraktors bildenden instabilen periodischen Objekten. Die in12 Nahe an der Krise haben diese entsprechend der Resultate aus [54, 28, 45] ein hohes statistisches Gewicht, da die Transientenzeit divergiert. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 76 stabilen Objekte sind i.A. transportierend. Die Symmetriebrechung wird nun i.A. in dem ergodischen chaotischen Attraktor eine Bevorzugung der in Kraftrichtung transportierenden Objekte bewirken 13 . Dadurch, dass er aber nicht überall stabil ist, lassen sich Bereiche mit ANM und betragsmäßig großen Strömen finden. Hierzu werden σΩ = 0.21 und σΩ = 0.174 ausgewählt. Dies sind die in Abbildung 5.11 markierten Punkte und liegen in etwa am Rand der Stabilitätsbereiche der phase-lock Attraktoren im symmetrischen System. In den deterministischen Antwortkurven in F0 Richtung (vgl. Abbildung 5.16) von diesen Punkten aus ist zu erkennen, dass der gegen die Kraft transportierende Attraktor über ein ganzes F0 Intervall als einziger (gefundener) Attraktor stabil ist, und demnach für hinreichend kleines Rauschen ANM eintreten muss 14 . Für größere Kräfte kommen wieder ’normal’ transportierende Attraktoren hinzu: bei σΩ = 0.21 taucht der hvi = 2 Attraktor bei F0 ≈ 0.011 auf, und bei σΩ = 0.174 kommt bei F0 ≈ 0.008 der nicht phase-locked ergodische Attraktor hinzu. Aus den deterministischen Antwortkurven ist nun nicht direkt auf die Stärke des ANM Effekts bei endlicher Rauschstärke zu schließen. Dazu muss das Verhalten der Attraktoren bei positiver Rauschstärke bekannt sein. Aus den numerischen Antwortkurven in Abbildung 5.16 ist zu erkennen, dass der ANM Effekt bei nicht zu kleinen Rauschstärken bei σΩ = 0.21 wesentlich ausgeprägter ist, als dies bei σΩ = 0.174 der Fall ist. Dies ist auch bei F0 Werten, bei denen der hvi = 2 Attraktor bereits als zweiter Attraktor stabil ist, also der hvi = −1 nicht der einzige Attraktor ist, so. Dies liegt an der geringen globalen Stabilität des hvi = 2 Attraktors. Bei σΩ = 0.174 hingegen ist der ergodische Attraktor ab F0 ≈ 0.01 global wesentlich stabiler gegen Rauschen als der phaselocked Attraktor, und bei F0 ≈ 0.011 wird der Strom wieder positiv. Zu beachten ist, dass die Rauschstärke der Antwortkurve für σΩ = 0.21 um einen Faktor 10 größer ist, als die der Kurve bei σΩ = 0.174. Ein weiteres interessantes Merkmal ist, dass in der Kurve bei σΩ = 0.21 die mittlere Geschwindigkeit zunächst normal auf positive Werte ansteigt (bis F0 ≈ 0.0075) und dann abfällt. Hier liegt also nicht ANM, sondern eine Form von DNM vor. Der Anstieg kann dadurch erklärt werden, dass die gewählte Rauschstärke bereits so groß ist, dass die Entweichrate aus dem hvi = −1 Attraktor bereits so groß ist, dass Transienten mit positiver mittlerer Geschwindigkeit bereits die gesamte mittlere Geschwindigkeit dominieren. Dass der Anstieg für kleine Rauschstärken verschwindet ist exemplarisch für F0 = 0.0075 in Abbildung 5.17 gezeigt. 13 Das Gegenteil kann aber auch der Fall sein, so z.B. in Parameterraumbereichen, in denen der diffusive Attraktor durch die Reste von zwei phase-locked Attraktoren, welche zu ANM führen, dominiert wird. 14 vgl. Abschnitt 3.1 v(kτ ) KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 77 0 -1 -2 -3 -4 -5 -6 2 Γ=0 Γ = 5 · 10−5 1 hvi 0 -1 -2 0 0.004 0.008 0.012 0.016 0.02 F0 0 -1 v(kτ ) -2 -3 -4 -5 2 Γ=0 Γ = 5 · 10−4 1 hvi 0 -1 -2 0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05 0.06 0.07 F0 Abbildung 5.16: Antwortkurven und Bifurkationsdiagramm in F0 Richtung bei Ω = 1.2,F̂1 = 2.4305 und σΩ = 0.174 (oben) bzw. σΩ = 0.21 (unten). Die Fehler sind die Fehler des Mittelwerts. Unten sind die Fehler von der Größenordnung der Symbole. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 78 0 -0.2 hvi -0.4 -0.6 -0.8 -1 0.00001 0.0001 0.001 Γ Abbildung 5.17: hvi in Abhängigkeit von Γ bei F0 = 0.0075, Ω = 1.2,F̂1 = 2.43 und σΩ = 0.174 5.6.2 Ω − σΩ Ebene bei F0 = 0 Um einen weiteren Eindruck des Stabilitätsverlusts der phase-locked Attraktoren zu gewinnen werden die Stabilitätsbereiche in der Ω–σΩ Ebene betrachtet. Wieder werden vor allem die |hvi| = 1 periodischen Attraktoren betrachtet, da für diese am einfachsten Parameterbereiche gefunden werden können, in denen sie von anderen transportierenden Attraktoren isoliert existieren. Die Stabilitätsbereiche werden auf dieselbe Art und Weise gewonnen, wie im vorangegangenen Abschnitt, z.B. in Abbildung 5.8. Nach den Überlegungen aus Abschnitt 4.2 muss nach Rändern der Stabilitätsbereiche transportierender Attraktoren zu kleiner werdenden σ gesucht werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass dadurch, dass phase-locked Attraktoren betrachtet werden, die mittlere Geschwindigkeit mit der Antriebsfrequenz skaliert. Nach den Überlegungen in Abschnitt 4.2 sind nun also Ränder zu kleineren Ω und σ interessant. An diesen kann man hoffen, ANM zu finden. In den Abbildungen 5.18 bis 5.20 werden die Stabilitätsbereiche der betrachteten Attraktoren dargestellt. Es ist jeweils nur ein Attraktor der Übersicht halber gezeigt. Der n/m = 0 Attraktor ist jedoch als grauer Hintergrund in Abbildungen 5.19 und 5.20 dargestellt, damit erkannt werden kann, wo ANM mit deutlichem Effekt auftreten könnte. Die Farben stellen wieder die Periodizität dar. Schwarz, oder Periode 0 steht für phase-locked aperiodisch. Koexistieren an einem Gitterpunkt mehrere periodische Attraktoren mit gleicher mittlerer Geschwindigkeit, wird nur der mit der größeren Periodendauer dargestellt. Dadurch werden vor allem den Periode-1 Attraktoren überlagerte Attraktoren sichtbar, wie z.B. die Periode-3 Attraktoren in Abbildung KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR Fˆ1 = 1.25 σΩ 0.6 0.4 0.2 0.2 0 0 0.4 0.8 1.2 σΩ 1.6 2 Fˆ1 = 2.5 0.6 0.4 0.8 1.2 0.4 0.4 0.2 0.2 1.6 2 Fˆ1 = 3 0.6 0 0 0.4 0.8 1.2 1.6 2 Fˆ1 = 4 0.6 σΩ Fˆ1 = 1.84 0.6 0.4 79 0.4 0.8 1.2 0.4 0.2 0.2 0 2 Fˆ1 = 5 0.6 0.4 1.6 0 0.4 0.8 Ω 1.2 1.6 2 0.4 0.8 1.2 1.6 2 Ω Abbildung 5.18: Stabilitätsbereich und Periodizität der phase-locked Attraktoren mit hvi = 0 bei verschiedenen Fˆ1 und F0 = 0 in Farben kodiert. Nur die Periode des Attraktors mit größter Periode ist gezeigt, wenn mehrere Attraktoren bei gegebenen Kontrollparametern koexistieren. Die Farbpalette ist wieder wie in Abbildung 5.7 gewählt. In den weißen Bereichen wurden keine hvi = 0 phase-locked Attraktoren gefunden. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR Fˆ1 = 1.25 σΩ 0.6 0.4 0.2 0.2 0 0 0.4 σΩ 0.8 1.2 1.6 2 Fˆ1 = 2.5 0.6 0.4 0.4 0.4 0.2 0.2 0.8 1.2 1.6 2 1.2 1.6 2 1.2 1.6 2 Fˆ1 = 3 0.6 0 0 0.4 0.8 1.2 1.6 2 Fˆ1 = 4 0.6 σΩ Fˆ1 = 1.84 0.6 0.4 80 0.4 Fˆ1 = 5 0.6 0.4 0.4 0.2 0.2 0 0.8 0 0.4 0.8 1.2 Ω 1.6 2 0.4 0.8 Ω Abbildung 5.19: Wie Abbildung 5.18, jedoch |hvi| = 1 Attraktoren. Als grauer Hintergrund ist der Stabilitätsbereich des hvi = 0 phase-locked Attraktors dargestellt. Als schwarze Linie ist die analytische Approximation (5.43) für die erste subharmonische Bifurkation des |hvi| = 1 Periode-1 Attraktors, welcher zur Approximation 5.4 gehört, zu einem Periode-2 Attraktor gezeichnet. Hierzu wird in (5.43) F̃1 als eine Funktion von F1 , σ und Ω aufgefasst. 5.18. Die Approximation (5.43) ist in den Bildern für transportierende Attraktoren dargestellt. Für die nichttransportierenden Attraktoren führt sie nicht zu zufriedenstellenden Resultaten. In den Abbildungen sind jeweils Plots für F0 = 0 bei Fˆ1 = 1.25, 1.84, 2.5, 3, 4, 5 gezeigt. Die Werte von F̂1 sind so gewählt, dass der erste Wert links des ersten Maximums von J1 (F̂1 ) liegt, der zweite auf dem Maximum, der dritte und vierte rechts davon. F̂1 = 4 liegt in der Nähe der Nullstelle und F̂1 = 5 nahe des zweiten Maximums. Dies läßt sich wegen (5.14) auch unmittelbar aus der maximalen Ausdehnung in σΩ Richtung des Stabilitätsbereichs für große Ω ablesen. In Abbildung 5.18 ist der Stabilitätsverlust des |v| = 0 Attraktors gezeigt. Bereits vor dem Stabilitätsverlust des durch (5.4) gegebenen Attraktors gibt es diesem KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR σΩ 0.3 0.3 Fˆ1 = 1.25 0.2 0.2 0.1 0.1 0 0.8 1.2 0.3 σΩ Fˆ1 = 1.84 0 0.4 1.6 2 0.4 0.8 1.2 0.3 Fˆ1 = 2.5 0.2 0.2 0.1 0.1 0 1.6 2 Fˆ1 = 3 0 0.4 0.8 1.2 0.3 σΩ 81 1.6 2 0.4 0.8 1.2 0.3 Fˆ1 = 4 0.2 0.2 0.1 0.1 0 1.6 2 Fˆ1 = 5 0 0.4 0.8 1.2 Ω 1.6 2 0.4 0.8 1.2 1.6 2 Ω Abbildung 5.20: Wie 5.19, jedoch |hvi| = 2. überlagerte periodische Fenster. Besonders deutlich sind ’Periode-3 Fenster’ welche bereits für Ω > 2 existieren. Die Attraktoren verlieren in Feigenbaumkaskaden und folgenden Krisen ihre Stabilität und führen zu (transientem) Chaos [26]. Nahe der ersten Nullstelle von J0 (F̂1 ) bei Fˆ1 ≈ 2.5 ist der Attraktor in einem ausgedehnten Bereich verschwunden. Die Krise findet bei Ω ≈ 1.2 bei kleinen σΩ statt. Für sehr große σΩ ist der Attraktor weiterhin stabil. In diesem Bereich ist phase-locked aperiodisches Verhalten mit periodischen Fenstern ausgeprägt. Der Stabilitätsverlust des nichttransportierenden Attraktors lässt ANM mit großen Geschwindigkeiten zu. Dazu werden die passenden Ränder des Stabilitätsbereichs der transportierenden Attraktoren bei F0 = 0 gewählt. Der Stabilitätsbereich der |hvi| = 1 Attraktoren ist in Abbildung 5.19 dargestellt, die der |hvi| = 2 Attraktoren in Abbildung 5.20. Es gibt ausgedehnte Ränder der Stabilitätsbereiche der betrachteten phase-locked Attraktoren zu kleinen σ und Ω. Für große σ reichen die Stabilitätsbereiche der transportierenden Attraktoren recht weit in den Bereich Ω < 1 hinein. Für geringe σ (also in den Zentren der Stabilitätsbereiche, vgl. Abschnitt 5.5.1) werden die Attraktoren bereits für geringe Ω Werte instabil. Die Approximation (5.43) gibt einen ungefähren Eindruck des Or- KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR Fˆ1 = 1.25 0.6 82 Fˆ1 = 1.84 σΩ 0.4 0.2 0 0.6 Fˆ1 = 2.5 Fˆ1 = 3 Fˆ1 = 4 Fˆ1 = 5 σΩ 0.4 0.2 0 0.6 σΩ 0.4 0.2 0 0.4 0.8 1.2 1.6 2 Ω 0.4 0.8 1.2 1.6 2 Ω Abbildung 5.21: Stabilitätsbereiche der hvi = −1, 0, 1 phase-locked Attraktoren bei F0 = 0.01 und variierenden Fˆ1 . hvi = −1 orange, hvi = 0 grau, hvi = 1 blau. Koexistenz von hvi = −1 und hvi = 1 Attraktoren ist lila und Koexistenz mit hvi = 0 Attraktoren durch Abdunkelung der entsprechenden Farbe dargestellt. tes der ersten subharmonischen Bifurkation der Attraktoren, ist aber quantititativ i.A. nicht besonders gut. Das Verschwinden aller transportierenden Attraktoren zu kleinen Ω liegt an der gewählten, aber für kleine Ω nicht mehr sinnvollen Skalierung der Antriebsamplitude. Die Skalierung kommt aus der Approximation durch Besselfunktionen, d.h. sie macht für große Ω Sinn. 5.6.3 Ω − σΩ Ebene bei F0 > 0 Wird nun die Symmetrie gebrochen, verschieben sich die Stabilitätsbereiche der Attraktoren. Dies ist in Abbildungen 5.21 und 5.22 für die |hvi| = 1 und hvi = 0 phase-locked Attraktoren bei F0 = 0.01 und F0 = 0.03 gezeigt. Die obigen Überlegungen bestätigen sich für kleine Kräfte: Die Stabilitätsbereiche trennen sich, und zwar wandern die der gegen die Kraft transportierenden Attraktoren zu kleine- KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR Fˆ1 = 1.25 0.6 83 Fˆ1 = 1.84 σΩ 0.4 0.2 0 0.6 Fˆ1 = 2.5 Fˆ1 = 3 Fˆ1 = 4 Fˆ1 = 5 σΩ 0.4 0.2 0 0.6 σΩ 0.4 0.2 0 0.4 0.8 1.2 1.6 Ω 2 0.4 0.8 1.2 1.6 2 Ω Abbildung 5.22: Wie Abbildung 5.21, jedoch F0 = 0.03. ren σ und kleineren Ω. Ebenfalls zu beobachten ist, dass die Stabilitätsbereiche der in Kraftrichtung transportierenden Attraktoren für F0 = 0.03 bereits deutlich wachsen. In den Bereichen, in denen ausschließlich der hvi < 0 Attraktor stabil ist kann es ANM mit großen Strömen geben. Der Bereich um Ω ≈ 0.5 bis 1 scheint hier gut geeignet zu sein, da in diesem Bereich sowohl die phase-locked nichttransportierenden Attraktoren instabil sind, als auch ausgedehnte Ränder der Stabilitätsbereiche phase-locked transportierender Attraktoren in die interessanten Richtungen existieren. Zu beachten ist, dass nur die Stabilitätsbereiche der gewählten phaselocked Attraktoren gezeigt sind, und dass es noch weitere Attraktoren geben kann. 5.7 Übergang zu Ω < 1 Wird Ω noch weiter reduziert, führt dies zu weiteren Effekten. Die in Abschnitt 5.6 gewählten Skalierungen verlieren ihre Bedeutung. In Abbildung 5.23 sind noch die Skalierungen aus Abschnitt 5.6 gewählt jedoch ist für Ω = 0.5 bereits der KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR Fˆ1 |hvi| 0 1 2 6 5 5 4 4 3 3 2 2 Ω = 1.0 0 5 6 7 1 Ω = 0.9 0 0 Fˆ1 4 6 1 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 Ω = 0.8 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 1 Ω = 0.7 0 0 Fˆ1 3 84 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0 6 12 5 10 4 8 3 6 2 4 1 Ω = 0.6 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 2 Ω = 0.5 0 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 σΩ 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 Abbildung 5.23: Wie 5.11 σΩ betrachtete Fˆ1 Bereich erweitert, da sonst der ’erste’ (d.h. bei kleinen F̂1 ) Stabilitätsbereich der |hvi| = 1 Attraktoren nicht mehr in den gewählten Ausschnitt passt. Der bereits in 5.11 beobachtete Trend des setzt sich fort. Die aus der Approximation (5.4) stammenden Teile der Stabilitätsbereiche schrumpfen weiter zusammen und hinterlassen Filamente. Dies geschieht scheinbar für alle derartigen Attraktoren. Es entstehen neue (horizontale) Stabilitätsbereiche der phase-locked KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 85 7 hvi 6 10 9 8 7 5 6 5 4 4 3 2 F1 1 0 3 2 1 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 σ Abbildung 5.24: Wie Abbildung 5.11, jedoch Ω = 0.6 1 Attraktoren bei kleinen σ. Diese wachsen zunächst zu größer werdendem σ, bis sie die Reste der ursprünglichen Stabilitätsbereiche aus (5.4) erreichen. Für Attraktoren mit (betragsmäßig) größerer mittlerer Geschwindigkeit vollzieht sich dies für geringere Ω, vgl. Abbildung 5.23. Die Stabilitätsbereiche der phase-locked Attraktoren drehen sich mit geringer werdendem Ω gegen den Uhrzeigersinn in der σΩ–F̂1 Ebene. Diese Drehung vollzieht annähernd auch der Stabilitätsbereich des hvi = 0 Attraktors, so dass viele Stabilitätsbereiche der transportierenden phase-locked Attraktoren weiterhin in Bereichen liegen, in denen der hvi = 0 Attraktor nicht stabil ist. Die Reste der Stabilitätsbereiche der phase-locked Attraktoren aus dem Gültigkeitsbereich der Approximation (5.4) schrumpfen an den Köpfen der Stabilitätsbereiche (d.h. bei großen σΩ) immer weiter zusammen. Die Reste der Ränder bleiben in Abbildung 5.23 als diagonale Filamente zurück, die in der numerischen 86 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 2 2 1.8 1.8 1.6 1.6 F1 1.4 1.2 1.4 1 1.2 hvi 0.8 -2 -1 0 1 2 0.6 1 0.1 0.2 0.3 0.4 σ 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 σ Abbildung 5.25: Mittlere (dimensionslose) Geschwindigkeit in der σ–F1 Ebene bei Γ = 0.001, F0 = 0.01 und Ω = 0.1 (links) bzw. Ω = 0.05 (rechts). Auflösung nach und nach verschwinden. Sie spielen bei nicht zu kleinem Rauschen keine Rolle mehr. Weiterhin entstehen recht große Stabilitätsbereiche subharmonischer hvi = 0.5 phase-locked Attraktoren. Auch entstehen Stabilitätsbereiche weiterer subharmonischer Attraktoren, jedoch mit kleinen (in den Abbildungen nicht aufgelösten) Stabilitätsbereichen. Weitere, hier nicht diskutierte Resultate zeigen, dass der Trend sich auch für Ω < 0.5 fortsetzt. Eine hinreichend genaue Behandlung dessen ist in dieser Arbeit leider nicht mehr möglich. Durch die geringe Antriebsfrequenz und damit längere Dauer einer Antriebsperiode treten numerische Probleme in Form langer Transienten in der deterministischen Dynamik auf. Desweiteren schrumpfen die Stabilitätsbereiche transportierender Attraktoren im Kontrollparameterraum auf recht kleine Gebiete. ANM ist aber auch noch für Ω = 0.1 möglich, vgl. Abbildung 5.25. Für kleinere F0 und Γ wird ANM auch noch für Ω = 0.05 möglich sein, jedoch mit immer geringerem Effekt. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 5.8 87 Ω≪1 Wird Ω weiter reduziert verschwinden bei F0 = 0 die schnell transportierenden Attraktoren. Jedoch wird auch für kleine Dämpfungen die Numerik relativ schlecht, da hier Transientenzeiten länger sind. Eine abschließende Behandlung dieses Kontrollparameterraumbereichs ist im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, und es wird bis auf einige allgemeinere Bemerkungen auf die Literatur [17, 60, 38] und Referenzen darin verwiesen. Für Ω ≪ 1 wird eine adiabatische Approximation gültig. Hierzu wird angenommen, dass zu jedem Zeitpunkt das System äquivalent zu einem zeitunabhängigen System ist, in dem der Antrieb als zeitunabhängig approximiert wird, und so der Term F1 sin Ωt in den konstanten Kraftterm aufgenommen wird: √ (5.48) ẍ + σ ẋ + sin x = F0 + F1 (t′ ) + 2σΓξ(t) mit t′ = const (Ableitungen sind wie immer bzgl. t). Transiente Effekte werden vernachlässigt. Das Verhalten von (5.48) wurde in [1] ausführlich betrachtet. Das zeitunabhängige System ist als dynamisches System zweidimensional und es gibt somit kein Chaos [19]. In der rauschfreien Dynamik gibt es für jedes σ > 0 ein Fmin (σ) > 0, so dass es für F ≡ F1 (t′ ) + F0 < Fmin nur ’gefangene’ Lösungen mit hvi = 0 geben kann. Für Fmin < F < 1 gibt es sowohl ’laufende’ Lösungen mit hvi > 0, als auch ’gefangene’ Lösungen mit hvi = 0, und für F > 1 gibt es nur ’laufende’ Lösungen mit hvi > 0. Die Koexistenz beider Typen von Lösungen wird in der Literatur als Hysterese bezeichnet. Welchen Zustand das System annimmt, hängt von den Anfangsbedingungen ab. Oft betrachtet wurde das Verhalten des Systems, wenn der Parameter F adiabatisch variiert wird 15 . In diesem Fall hängt der (stationäre) Zustand, den das System nach einer adiabatischen Variation von F einnimmt, vom Ausgangszustand ab. Solange der Ausgangszustand bei dem ’neuen’ Wert von F existiert, wird das System diesen beibehalten. Konkret heißt dies, dass wenn von Fstart > 1 auf Fmin < Fende < 1 adiabatisch variiert wird, das System im ’laufenden’ Zustand bleiben wird, während, wenn von Fstart = 0 auf denselben Wert Fende adiabatisch variiert wird, das System im ’gefangenen’ Zustand bleiben wird. Im Falle der verrauschten Dynamik wird die Hysterese aufgehoben, und die mittlere Geschwindigkeit ist wieder eine einwertige Funktion von F . Es ergibt sich abhängig von den Systemparameterwerten eine Antwortkurve hvi (F (t′ )) = hvi (F0 + F1 (t′ )) = hvi (t′ ). Dies ist eine nichtabnehmende Funktion von F (t′ ) [1]. 15 Gemeint ist, dass das System sich in einem stationären Zustand befindet, und dann der Parameter F infinitesimal verändert wird und dann gewartet wird, bis das System sich auf einen neuen stationären Zustand relaxiert, ehe F weiter variiert wird. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR Die Zeitabhängigkeit von (5.1) wird durch Z 1 τ hvi (t′ )dt′ hvi = τ 0 88 (5.49) approximiert. Im Falle Γ = 0 muss hierbei die ’Geschichte’ des Systems beachtet werden, wegen des Hysterese-Effekts zwischen ’laufender’ und ’gefangener’ Lösung. Die Sinus Form des Antriebs würde in der adiabatischen Approximation ANM zulassen, wenn es im ungetriebenen System, d.h. F1 (t′ ) ≡ 0, (5.48) DNM geben würde. Dies ist aber nicht der Fall. Daher gibt es für Ω ≪ 1 keinen ANM Effekt. Für sehr kleine Antriebsfrequenzen ist diese Approximation praktisch exakt, und wird für Ω ≤ 0.1σ, σ < 1 schlecht. Eine ausführliche Behandlung findet sich in [1, 17]. In [17] wird dieser Übergang näher betrachtet. Es kommt an den zu größer werdenden F0 gerichteten Rändern der Stabilitätsbereiche der auftretenden Shapiro Stufen zu ’negative tails’. MaW kann am Rand einer Stufe mit konstanter Geschwindigkeit die mittlere Geschwindigkeit eine abnehmende Funktion in F0 sein. Es tritt also DNM auf. Dieser Effekt wurde in [17] für 0.4σ ≥ Ω ≥ 0.2σ (5.50) gefunden. Es wurde jedoch nicht untersucht, ob diese ’negative tails’ auch die hvi = 0 Achse kreuzen, und ANM auftritt. Aus den Betrachtungen dieser Arbeit ist zu erwarten, dass dies für nicht zu kleine Ω der Fall sein wird, da der durch (5.50) gegebene Bereich nahe an dem hier im Detail untersuchten Bereichen liegt. In [16, 61, 59] wurden solche ’tails’ theoretisch beobachtet, in [16] sogar solche, die zu Strömen entgegen der Kraftrichtung führten, jedoch wurden diese dort nicht weiter diskutiert. 5.9 Beispiel: Ω = 0.6 Genauer betrachtet wird hier das System bei Ω = 0.6, vgl. Abbildung 5.24. Bei dieser Antriebsfrequenz ist der ’unterste’ Ausdehnungsbereich der |hvi| = 1 Attraktoren recht gut vom Ausdehnungsbereich der phase-locked nichttransportierenden, als auch anderer (phase-locked) transportierenden Attraktoren, isoliert. Weiterhin sind die Existenzbereiche der mit höheren Geschwindigkeiten transportierenden phase-locked Attraktoren ausgeprägt und liegen zu großen Teilen in Kontrollparameterraumgebieten, in denen hvi = 0 phase-locked Attraktoren nicht stabil sind. Die Stabilitätsbereiche der phase-locked Attraktoren sind in Abbildung 5.24 dargestellt. Am linken Rand der Abbildung (zu kleinen σ) ist deutlich eine komplexere Struktur der Lösungen zu erkennen - hier koexistieren sehr viele Attraktoren. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 89 Dieser Bereich ist in Abbildung 5.24 aber nicht aufgelöst 16 . Für kleine Antriebsamplituden existieren relativ wenige phase-locked transportierende Attraktoren, welche wohl voneinander getrennt sind. Für große Antriebsamplituden koexistieren recht viele phase-locked transportierende Attraktoren, und die Stabilitätsbereiche können mehr oder weniger überlappen. Weiterhin ziehen sich die Stabilitätsbereiche zu kleinen σ hin zusammen. Die Filamente der Stabilitätsbereiche, welche direkt zu (5.4) gehören, werden in der numerischen Auflösung nur noch unvollständig aufgelöst. Bemerkenswert ist, dass die Stabilitätsbereiche der |hvi| = 1 Attraktoren weitgehend in den Stabilitätsbereichslücken der nichttransportierenden phase-locked Attraktoren liegen, und alle nennenswerten solcher Lücken einen stabilen |hvi| = 1 Attraktor enthalten. Um nach den Überlegungen aus Abschnitt 4.2 ANM zu finden ist der Bereich kleiner 0.6 . F1 . 5 und mittlerer 0.05 . σ . 0.9 interessant. In diesem Bereich ist es am einfachsten, die Forderungen aus Abschnitt 4.2 zu erfüllen: es gibt viele Ränder (phase-locked) transportierender Attraktoren zu kleinen σ hin, die Attraktoren existieren weitgehend isoliert, und haben große Stabilitätsbereiche. In Abbildung 5.26 (links) sind die Stabilitätsbereiche der phase-locked Attraktoren bei (schwach) gebrochener Symmetrie F0 = 0.01 dargestellt. In Abbildung 5.26 sind die Beträge der Geschwindigkeiten der Attraktoren nicht mehr dargestellt, um die Abbildung nicht zu bunt zu machen. Deutlich zu erkennen ist, dass die Stabilitätsbereiche sich gemäß der Überlegungen aus Abschnitt 4.2 verschieben. Es entstehen deutlich sichtbar Gebiete, in denen nur entgegen der Symmetriebrechung transportierende Attraktoren existieren (bezogen auf phase-locked Attraktoren). Die Symmetriebrechung ist noch nicht groß genug, um alle Ränder der Stabilitätsbereiche der |hvi| = 1 Attraktoren zu trennen (jedenfalls nicht in der gezeigten Auflösung). Bei den schneller transportierenden Attraktoren hingegen ist teilweise bereits eine Trennung an diesen Rändern zu erkennen, genauso für die |hvi| = 1/2 Attraktoren. Desweiteren trennen sich die aus (5.4) stammenden Filamente schneller als die anderen Teile der Stabilitätsbereiche der entsprechenden Attraktoren. Für große Antriebsamplituden setzt deutliches Wachstum der in Symmetriebrechung transportierenden Attraktoren ein, so daß nur für die aus den zu (5.4) gehörenden Filamenten stammenden Teilen der Attraktionsbereiche Gebiete entstehen, in denen gegen Symmetriebrechung transportierende Attraktoren isoliert existieren. 16 Die maximalen Transientenzeiten sind zu kurz gewählt, genauso die Gitterauflösung zu grob. Längere Transientenzeiten würden prinzipiell die Auflösung dieses Bereichs zulassen, jedoch unter erheblich größerem Rechenaufwand. 90 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 8 8 7 7 hvi 4 3 6 2 6 1 5 0 5 -1 4 -2 4 F1 F1 -3 3 3 2 2 1 1 0 -4 0 0 0.2 0.4 0.6 σ 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 σ Abbildung 5.26: Ω = 0.6, F0 = 0.01 und Γ = 0 (links) bzw. Γ = 0.001 (rechts). Links: Koexistenz phase-locked transportierender Attraktoren. Die Farben sind wie in Abbildung 5.21 gewählt, jedoch werden alle phase-locked transportierenden Attraktoren gezeigt, und nicht nach verschiedenen mittleren Transportgeschwindigkeiten unterschieden. Die Geschwindigkeiten können durch Vergleich mit Abbildung 5.24 zugeordnet werden. Die Ränder zu großen σ wurden zum Teil abgeschnitten und durch ’grau’ ersetzt um Rechenzeit zu sparen. Dort sind keine gegen Symmetriebrechung transportierenden Attraktoren vorhanden. Rechts: mittlere Geschwindigkeit, die Ränder wurden ebenfalls abgeschnitten. Im Rahmen dieser Arbeit konnten Stabilitätsbereiche phase-locked transpor- KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 91 tierender Attraktoren gefunden werden, in denen (numerisch) trotz eines Randes zu kleinen σ der Stabilitätsbereich des in Kraftrichtung transportierenden Attraktors mit der konstanten Kraft F0 schneller wuchs, als der Stabilitätsbereich des gegen Kraftrichtung transportierenden Attraktors zu kleinen σ ’wanderte’. In solchen Gebieten findet (vermutlich) keine ANM statt. Es ist jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, dies mit letzter Klarheit zu sagen. Solche Gebiete finden sich in Abbildung 5.26 (links) an den Rändern der Stabilitätsbereiche der |hvi| = 1 Attraktoren für F̂1 & 5.5 an den zentralen (dünnen) Bereichen der Stabilitätsbereiche. Es ist aber möglich, dass für hinreichend kleine F0 wieder das in Abschnitt 4.2 angenommene Verhalten stattfindet. Dies konnte im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht überprüft werden. Dazu müsste die Krise genauer untersucht werden. Die verwendeten ’brute-force’ Algorithmen führen nicht zu zufriedenstellenden Resultaten. Die Existenz solcher Gebiete ist aber i.A. nicht auszuschließen. Wird die Symmetriebrechung/konstante Kraft weiter vergrößert, setzt sich die Trennung der Stabilitätsbereiche entgegengesetzt transportierender Attraktoren fort. Die Stabilitätsbereiche der in Kraftrichtung transportierenden Attraktoren wachsen deutlich. Entsprechend schrumpfen die Stabilitätsbereiche der entgegengesetzt transportierenden Attraktoren. Es entstehen neue Stabilitätsbereiche in Kraftrichtung transportierender Attraktoren, vor allem bei kleinen σ, wie zu erwarten ist [46]. Dies ist in Abbildungen 5.27 und 5.28 links gezeigt. Der ANM Effekt soll bei nichtverschwindender Rauschstärke betrachtet werden. In diesem Fall ist das System ergodisch und alle Attraktoren metastabil. Dadurch können Attraktoren, deren Rauschstabilität vernachlässigbar ist, ignoriert werden. Fast alle Attraktoren mit nur sehr kleinem Stabilitätsbereich haben sehr kleine Rauschstabilitäten und spielen bei nicht zu kleinen Rauschstärken keine Rolle mehr. In den Abbildungen (z.B. 5.27) werden i.A. nicht alle Attraktoren gefunden, d.h. es kann nicht ausgeschlossen werden, dass noch weitere Attraktoren existieren. Jedoch kann i.A. gesagt werden, dass deren Stabilitätsbereiche sehr klein sind, wenn sie phase-locked sind. Anhand obiger Überlegung behält das in der rauschfreien Dynamik errechnete (unvollständige) Bild eine Bedeutung in der verrauschten Dynamik. Um einen Überblick über die bei nicht zu kleinen Rauschstärken ’überlebenden’ Attraktoren zu gewinnen werden ähnliche Ausschnitte des Kontrollparameterraums wie in Abbildungen 5.26 und 5.27 betrachtet und die mittlere Geschwindigkeit des nunmehr ergodischen Systems als Farbe geplottet. Als Rauschstärke wird Γ = 10−3 gewählt, da diese Rauschstärke etwas geringer ist, als die Größenordnung der Rauschstärke, bei der die an der Dynamik beteiligten Attraktoren irrelevant werden 17 , aber groß genug, um in vernünftigen Simulationszeiten das 17 Die mittleren Entweichzeiten aus den Attraktoren also so kurz werden, dass weitere Zustände KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 92 Ergodizitätskriterium zu erfüllen. Auf diese Weise wird das Ergodizitätskriterium für praktikabel lange Trajektorien realisiert. Es wird keine Karte für das symmetrische System berechnet, da diese notwendigerweise hvi = 0 an allen Punkten liefern würde. Die Karten der mittleren Geschwindigkeit sind rechts in Abbildungen 5.26 bis 5.28 dargestellt. Gut zu erkennen ist, dass die transportierenden Bereiche bei kleinen F0 Werten mit den Stabilitätsbereichen der phase-locked transportierenden Attraktoren korrespondieren. Die von den ’Köpfen’ der Stabilitätsbereiche ausgehenden Filamente sind weitestgehend verschwunden. Sie resultieren in einer nur gering von Null verschiedenen mittleren Geschwindigkeit bei der betrachteten Rauschstärke. Dies geschieht aufgrund der geringen Rauschresistenz dieser Filamente. Deutlich bemerkbar ist, dass in Regionen, in denen der nichttransportierende Attraktor existiert, die resultierende mittlere Geschwindigkeit betragsmäßig sehr klein ist, gemäß den Überlegungen aus Abschnitt 4.2. In den Bereichen, in denen Transport stattfindet, sind mehrere Bereiche zu finden, in denen mit recht großer Geschwindigkeit gegen die konstante Kraft transportiert wird. Sie korrespondieren sehr gut mit den Bereichen, in denen nur ein entgegen der Kraft transportierender Attraktor existiert. Einige solche Bereiche sind jedoch nicht in der verrauschten Dynamik als Bereich mit hvi < 0 wiederzufinden, oder nur mit (betragsmäßig) sehr kleinem hvi, d.h. als blauer ’Schleier’ in den Abbildungen 5.26 bis 5.28. In diesen Bereichen ist der entsprechende Attraktor bereits durch das Rauschen unbedeutend geworden, und ANM ist erst bei geringeren Rauschstärken zu erwarten. Es findet also auch bei endlichen Temperaturen ANM mit deutlichem Effekt in weiten Teilen der σ–F1 Ebene statt. 5.9.1 Details Um die Dynamik in diesem ’interessanten’ Kontrollparameterraumgebiet genauer zu betrachten, wird ein Punkt im Kontrollparameterraum auf dem zu kleinen σ gerichteten Rand des Stabilitätsbereichs der |hvi| = 1 phase-locked Attraktoren ausgesucht: σ = 0.467 und F1 = 1.24 etwa im Zentrum des Bereichs, in dem in Abbildung 5.28 (rechts) ANM stattfindet. Dieser ist in Abbildung 5.29 markiert, und im Folgenden werden diese Kontrollparameter betrachtet insofern nicht anders angegeben. Form der Trajektorie Bei F0 = 0.1 ist bei den gewählten restlichen Kontrollparametern nur der hvi = −1 Attraktor mit Periode 1 stabil. Die Dynamik ist hier durch ein Teilchen in eine Rolle spielen, vgl. Abschnitt 2.1.11. 93 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 8 8 7 7 hvi 4 3 6 2 6 1 5 0 5 -1 4 -2 4 F1 F1 -3 3 3 2 2 1 1 0 -4 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 σ σ Abbildung 5.27: Ω = 0.6, F0 = 0.05, Γ = 0 (links), Γ = 0.001 (rechts). Ansonsten wie Abbildung 5.26. 1 94 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 6 6 hvi 4 3 5 5 2 1 0 4 4 -1 -2 -3 F1 3 F1 3 2 2 1 1 0 -4 0 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 σ σ Abbildung 5.28: Ω = 0.6, F0 = 0.1, Γ = 0 (links), Γ = 0.001 (rechts). Ansonsten wie Abbildung 5.26. 1 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 95 2 1.75 1.5 F1 1.25 1 0.75 0.5 F0 = 0 F0 = 0.01 F0 = 0.05 F0 = 0.1 F0 = 0.15 F0 = 0.175 F0 = 0.2 F0 = 0.25 2 1.75 1.5 F1 1.25 1 0.75 0.5 2 1.75 1.5 F1 1.25 1 0.75 0.5 2 1.75 1.5 F1 1.25 1 0.75 0.5 0 0.2 0.4 σ 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 σ 0.6 0.8 1 ‘ Abbildung 5.29: Stabilitätsbereiche der phase-locked Attraktoren bei Ω = 0.6 und ansteigenden F0 Werten. Punkte bei σ = 0.467,F1 = 1.24 (vgl. Abschnitt 5.9.1) und σ = 0.2,F1 = 0.82 (vgl. Abschnitt 5.9.3) sind markiert. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR t = 0τ t = 3/6τ t = 1/6τ t = 4/6τ t = 2/6τ t = 5/6τ 96 Abbildung 5.30: Form der Trajektorie bei Ω = 0.6, σ = 0.465, F1 = 1.24 und F0 = 0.1. einer ’geschaukelten’ Potentiallandschaft, welches im Mittel ’bergauf’ nach links wandert, illustriert. Zu Beginn einer Antriebsperiode ’rutscht’ das Teilchen einen Potentialhang in seine Driftrichtung mit großer Geschwindigkeit herab. Das Potential wird gekippt, so dass das Teilchen in etwa in der Potentialmulde gebremst wird. Es wandert zurück bis über die Ausgangsposition hinaus, jedoch überwindet es auch in dieser Richtung nicht das ’rechte’ Potentialmaximum ehe das Potential wieder in die andere Richtung gekippt wird. Nun rutscht das Teilchen wieder den Hügel hinab, den es ganz zu Anfang bereits hinab gerutscht ist, und gleichzeitig wird das Potential in diese Richtung gekippt, so dass das Teilchen das linke Potentialmaximum überwindet, und zu Beginn der nächsten Antriebsamplitude genau die ursprüngliche Geschwindigkeit und Position (um eine räumliche Periode nach links verschoben) hat. Bifurkationsdiagramm In Abbildung 5.31 (links oben) ist das zugehörige Bifurkationsdiagramm bei F0 = 0 in σ Richtung gezeigt. Ein Paar |hvi| = 1 Attraktoren verliert seine Stabilität zu kleinen σ hin durch eine Krise bei σ ≈ 0.467. Zu großen σ hin verschwinden sie 97 x(kτ )/2π mod 1 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 1 0.5 hvi 0 1 0.5 F0 = 0 F0 = 0.05 F0 = 0.01 F0 = 0.1 0 -0.5 x(kτ )/2π mod 1 -1 1 0.5 hvi 0 1 0.5 0 -0.5 -1 0.4 0.44 0.48 σ 0.52 0.56 0.4 0.44 0.48 σ 0.52 0.56 ‘ Abbildung 5.31: Bifurkationsdiagramm in σ Richtung bei Ω = 0.6, F1 = 1.24 und F0 = 0, 0.01, 0.05, 0.1. σ = 0.467 ist durch eine gestrichelte Linie markiert. durch eine Tangentenbifurkation bei σ ≈ 0.535. Jedoch entsteht bei σ ≈ 0.52 zwei weitere hvi = ±1 Attraktoren durch eine Tangentenbifurkation, welche bei σ ≈ 0.55 durch eine Krise zerstört werden. Bei F0 = 0 sind innerhalb des Bereichs 0.467 ≤ σ ≤ 0.55 im Bifurkationsdiagramm keine weiteren Attraktoren zu finden, wieder im Rahmen der verwendeten Auflösung. Außerhalb des Bereichs finden sich nicht phase-locked symmetrische hvi = 0 Attraktoren, welche nahe an den Krisen der hvi = ±1 phase-locked Attraktoren bei σ ≈ 0.55 und σ ≈ 0.467 intermittent [62] durch die aus den Krisen entstandenen hvi ≈ ±1 Repelloren geprägt sind. Innerhalb dieses (symmetrisch) chaotischen Bereichs finden sich große (d.h. in Abbildung 5.31 erkennbare) symmetrische periodische Fenster mit Periode 3,5 und 7 bei σ ≈ 0.4, 0.435, 0.455 18 und weitere, welche jenseits der Auflösung von Abbildung 5.31 sind. Bemerkenswert sind die |hvi| = 32 Attraktoren bei σ ≈ 0.464, nur als zwei Punkte in Abbildung 5.31 (links oben) zu erkennen. Ihr Stabilitätsbereich in der 18 Wieder läßt die ungerade Anzahl der Punkte im Bifurkationsdiagramm nur einen symmetrischen nichttransportierenden Attraktor zu. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 98 gezeigten σ Richtung ist minimal, und ihre Stabilität gegen Rauschen ist sehr klein, so daß sie in der verrauschten Dynamik bei Rauschstärken der Größenordnung 10−4 keine Rolle mehr spielen. Im betrachteten System sind i.A. subharmonische n < 1) Attraktoren wesentlich weniger stabil gegen Rauschen und haben (|hvi| = m wesentlich kleinere Stabilitätsbereiche, als harmonische und superharmonische Attraktoren [57, 55, 38], wobei ’exotische’ subharmonische Attraktoren (mit großen n,m Werten) i.A. kleinere Stabilitätsbereiche als weniger ’exotische’ Attraktoren haben. So sind in Abbildung 5.23 nur subharmonische Attraktoren mit hvi = 0.5 zu finden, da die Stabilitätsbereiche der anderen subharmonischen Attraktoren nicht aufgelöst werden. Diese |hvi| = 0.5 Attraktoren sind in Abbildung 5.31 (links oben) minimaler Periode 2 für 0.58 ≤ σ ≤ 0.595 zu finden. Wird die Symmetrie durch F0 > 0 gebrochen verschieben sich alle Attraktoren wieder auf die in Abschnitt 4.2 beschriebene Weise (für die |hvi| = 23 Attraktoren ist dies in der gezeigten Auflösung nicht mehr gut zu erkennen). Weiterhin schrumpfen die gegen die Kraft transportierenden Attraktoren zusammen, während die mit der Kraft transportierenden Attraktoren wie erwartet wachsen. Aus Abbildungen 5.29 und 5.31 ist zu erwarten, dass bei σ = 0.467 ANM stattfinden wird, und bis etwa F0 ≈ 0.1 Transport entgegen der angelegten Kraft stattfinden wird. Antwortkurve In Abbildung 5.32 ist die Antwortkurve samt Bifurkationsdiagramm gezeigt. Im Bereich 0 < F0 . 0.125 sind hvi = −1 Attraktoren die einzigen stabilen Attraktoren, bis auf einen kleinen Bereich, in dem der hvi = 1 Attraktor bei F0 ≈ 0.057 auftaucht. Bei den betrachteten Rauschstärken von 0.0005 ≤ Γ ≤ 0.05 ist dieser jedoch bei F0 = 0.057 für den mittleren Strom nicht relevant. Desweiteren ist zu bemerken, dass der Ort der Krise sicherlich nicht exakt getroffen wurde. Dies ist bei den betrachteten Rauschstärken aber ebenfalls irrelevant. Bei F0 ≈ 0.11 taucht ein weiterer hvi = −1 Attraktor auf, welcher bei F0 ≈ 0.16 seine Stabilität verliert. Dies ist der zweite hvi = −1 Attraktor aus Abbildung 5.31, welcher für σ ∈ [0.52, 0.55] bei F0 = 0 existiert, und sich durch die Kraft F0 zu kleineren σ verschiebt. Bei F0 ≈ 0.125 wird der hvi = +1 Attraktor wieder stabil. Rauschstabilität Der maximale Strom entgegen der konstanten Kraft bei Γ > 0 tritt bei F0 ≈ 0.1 auf. Bei F0 ≈ 0.125 wird der Strom (bei kleinen Γ) wieder positiv. Dieses Verhalten korrespondiert genau mit den Stabilitätsbereichen der beiden phase-locked hvi = ±1 Attraktoren: in dem Bereich, in dem nur hvi = −1 Attraktoren existieren ist 99 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 1 mod 1 0.6 x(kτ ) 2π 0.8 0.4 Γ = 0.05 Γ = 0.01 Γ = 0.005 Γ = 0.001 Γ = 0.0005 Γ=0 0.2 0 1 hvi 0.5 0 -0.5 -1 0 0.05 0.1 0.15 F0 0.2 0.25 ‘ Abbildung 5.32: Bifurkationsdiagramm und Antwortkurve bei Ω = 0.6, F1 = 1.24 und σ = 0.467, variierende Γ in der Antwortkurve. Die Fehlerbalken sind von der Größenordnung der Symbolgrößen und die Linien der Übersicht halber gezeichnet. der mittlere Strom entgegen der Kraft gerichtet (für nicht zu starkes Rauschen). Kommt der hvi = 1 Attraktor hinzu, geht der Strom schnell auf 0 zurück und wird positiv. Bei dem maximalen Strom hvi ≈ −1 entgegen der statischen Kraft 19 wird die Rauschstabilität genauer untersucht. Dazu wird zunächst der Attraktionsbereich bestimmt, wodurch sicher gestellt ist, dass es keine weiteren relevanten Attraktoren am gewählten Kontrollparameterraumpunkt gibt, vgl. Abschnitt 3.1. Nach (3.7) kann es periodische Orbits nur im Bereich von etwa (x, v) ∈ [0, 2π] × [−5, 5] geben (in der reduzierten Dynamik, also x → x mod 2π). Es wird angenommen, dass die interessante Dynamik in dem Bereich stattfindet20 , in dem es periodische Orbits geben kann. Daher wird nur dieser Bereich auf Attraktionsbereiche untersucht 21 . 19 Bei den gewählten Kontrollparametern, also bei σ = 0.467, Ω = 0.6, F1 = 1.24 und F0 = 0.1. Alle in dieser Arbeit gefundenen chaotischen Attraktoren entstanden aus Feigenbaumkaskaden, und enthalten demnach instabile periodische Orbits. 21 Es wurde tatsächlich ein wesentlich größerer Bereich v ∈ [−20, 20] untersucht, jedoch mit 20 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR v0 v0 0 20 50 100 150 100 200 5 4 3 2 1 0 -1 -2 -3 -4 -5 5 4 3 2 1 0 -1 -2 -3 -4 -5 0 0.2 0.4 0.6 x0 /2π 0.8 1 ‘ Abbildung 5.33: (unten): Attraktionsbereich des periodischen Attraktors mit n/m = −1/1 bei Ω = 0.6, σ = 0.467, F1 = 1.24 und F0 = 0.1. Die Farben stellen die Zeit in Einheiten von τ dar, die es dauert ehe eine Trajektorie mit Anfangsbedingung (x0 , v0 ) eine kleine Umgebung (vgl. Abschnitt 3.1, ǫ = 0.005) des Attraktors erreicht. Der periodische Orbit ist durch ein blaues Kreuz markiert. Der rekonstruierte (vgl. Abschnitt 3.2) Repellor mit hvi ≈ 1 ist blau eingezeichnet und der n/m = 3/3 periodische Orbit aus oberem Bild durch schwarze Kreuze eingezeichnet. (oben): Attraktionsbereiche der periodischen Attraktoren bei F0 = 0.138. Rot:n/m = 3/3, Gelb:n/m = −3/3, Grün:n/m = −1/1. Periodische Orbits sind wieder durch (schwarze) Kreuze markiert. Der Attraktionsbereich ist in Abbildung 5.33 gezeigt. Die Anzahl der Punkte, welche nicht zum Attraktionsbereich des n/m = −1 Attraktors gehöhren ist gering. Der direkte Attraktionsbereich ist durch den Bereich mit kleineren Transientenzeiten ≤ 20τ direkt um den periodischen Orbit herum gegeben. Der Streifen mit ähnlich kurzen Transientenzeiten um v ≈ 3–4 gehört bereits nicht mehr zum direkten Attraktionsbereich. Es läßt sich gut aus dem Attraktionsbereich bei F0 = 0.138 erkennen, dass der gezeigte Repellor sich an der Stelle befindet, an der sich vormals der hvi = 1 Attraktor befand, und in etwa den bei F0 = 0.138 demselben Resultat. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 101 -295 0 -50 -300 -100 -150 -305 -200 -250 x/2π -310 -300 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 -315 -320 -325 -330 370 380 390 400 t/τ 410 420 430 Abbildung 5.34: Trajektorie bei Ω = 0.6, σ = 0.467, F1 = 1.24, F0 = 0.1 und Γ = 0.002. Gezeigt ist ein Ausschnitt aus einer längeren Trajektorie, welche in der kleinen Box gezeigt ist. Neben der Trajektorie wurden Geraden eingezeichnet, deren Steigung den mittleren Geschwindigkeiten der Zustände entspricht (Tabelle 5.1). gezeigten n/m = 3/3 Orbit enthält. Dies legt folgendes (approximatives) Bild der Dynamik nahe: Es existiert ein Attraktor A− (mit hvi = −1) und ein Repellor R+ (mit hvi > 0), welcher aus dem für F0 > 0.125 stabilen hvi = 1 Attraktor hervorgegangen ist. Die mittlere Geschwindigkeit des Repellors ist zu bestimmen. Sie ist nicht mehr notwendig mit der mittleren Geschwindigkeit auf dem Attraktor identisch, da der Repellor z.B. auch periodische Orbits mit anderen mittleren Geschwindigkeiten enthalten kann (mit denen er nach der Krise, aus der er entsteht, kollidiert ist). Bei von Null verschiedenen, aber kleinen Rauschstärken wird eine typische Trajektorie sowohl Zeit auf dem Attraktor als auch Zeit auf dem Repellor verbringen. Eine solche ist in Abbildung 5.34 gezeigt, in der deutlich zwei verschiedene Zustände (mit positiver, bzw. negativer mittlerer Geschwindigkeit), zwischen denen die Dynamik wechselt, zu erkennen sind. Demnach läßt sich die Abhängigkeit der Geschwindigkeit von der Rauschstärke durch (2.49) ausdrücken. Hierzu werden Entweichraten aus den jeweiligen Zuständen in Abhängigkeit der Rauschstärke berechnet, genauso die mittlere Geschwindigkeit auf dem Repellor, welche a priori nicht bekannt ist. Die mittlere Geschwindigkeit auf dem Repellor ergibt sich aus der mittleren Geschwindigkeit langer Transienten auf dem Repellor, welche mit der Länge der Transienten schnell konvergiert. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 102 1 0.1 k 0.01 kA (numerisch) kR (numerisch) kA (2.38) kA (2.39) kR (Mittelwert) kR (affiner Fit) 0.001 1e-04 1e-05 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 1/Γ Abbildung 5.35: Mittlere Entweichraten gegen inverse Rauschstärke bei Ω = 0.6,σ = 0.467,F1 = 1.24 und F0 = 0.1. Die Fehler sind von der Größenordnung der Symbole. Die Abhängigkeit der Entweichraten von der Rauschstärke ist in Abbildung 5.35 dargestellt. Die Entweichrate aus dem Repellor wurde wie in Abschnitt 2.1.9 beschrieben als temperaturunabhängig approximiert, und die Entweichrate aus dem Attraktor wurde durch Fit 22 an (2.38) bzw. (2.39) bestimmt. Für die Fits wurden nur Rauschstärken verwendet, für die kA < 0.01 oder 1/Γ & 700 gilt, um sicher zu gehen, dass die Forderung Γ ≪ U erfüllt ist. Auch für die Ermittlung der mittleren Entweichrate aus dem Repellor wurden nur diese Punkte verwendet, da die verwendete Methode zur Bestimmung der Entweichrate vom Repellor ebenfalls auf der Stabilität des Attraktors beruht, vgl. Abschnitt 3.3. Die Ergebnisse sind in Tabelle 5.1 dargestellt. (2.39) beschreibt die Entweichrate aus dem Attraktor bis Γ ≈ 0.002 oder 1/Γ ≈ 500 sehr gut. Für größere Rauschstärken weicht die Approximation ab, während die Approximation (2.38) den Verlauf der mittleren Entweichrate gut wiedergibt, auch den starken Anstieg der Kurve, welcher nicht mit gefittet wurde. Die Approximation der Entweichrate aus dem Repellor beginnt ab einer Rauschstärke von 1/Γ . 600 von dem konstant gefitteten Wert abzuweichen. Tatsächlich ergeben sich für deutlich kleinere Rauschstärken ebenfalls andere Wer22 durch logarithmische Regression KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 103 0.4 0.2 hvi(numerisch) (2.49), (2.39) (2.49), (2.38) (2.49), (2.38), heuristisch 0 -0.84 -0.86 -0.2 -0.88 -0.9 hvi -0.92 -0.4 -0.94 -0.96 -0.98 -0.6 -1 -1.02 0.001 -0.8 -1 0.0001 0.001 Γ 0.01 Abbildung 5.36: Mittlere Geschwindigkeit und Approximationen von (2.49) in Abhängigkeit von der Rauschstärke. Der Bereich, in denen die Approximation für die mittlere Entweichrate aus dem Attraktor sicher schlecht sein wird, ist gepunktet. Schwarze Punkte: heuristische Approximation (siehe Text). Im Kasten ist ein Ausschnitt bei geringen Rauschstärken gezeigt. In der großen Abbildung sind die Fehler der Mittelwerte von der Größenordnung der Symbole. Der asymptotische Wert der mittleren Geschwindigkeit für große Γ ist als Pfeil rechts oben markiert. te. Die Entweichrate bei Γ = 0 ist kR (0) ≈ 0.015. Bei den Rauschstärken, bei denen diese Abweichung zum Tragen kommt, kann jedoch im Modell (2.49) der Repellor ganz vernachlässigt werden (nicht gezeigt). U α hvi A− (2.38) A− (2.39) R+ 0.0037 0.0033 0.12 2.6 0.06 -1 -1 0.88 Tabelle 5.1: Pseudopotentialtiefen, Vorfaktoren und mittlere Geschwindigkeit der (wichtigen) an der Dynamik beteiligten metastabilen Zustände bei Ω = 0.6,F1 = 1.24,σ = 0.467 und F0 = 0.1. Die mittlere Geschwindigkeit mitsamt der Approximation (2.49) in Abhängigkeit von der Rauschstärke ist in Abbildung 5.36 dargestellt. Die Approximation stimmt für Γ . 0.001 sehr gut mit den aus der direkten Integration von (5.3) KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 104 bestimmten mittleren Geschwindigkeit überein. Die beiden Approximationen der Entweichraten aus dem Attraktor liefern unterschiedlich gute Antwortkurven. Paradoxerweise liefert die ’schlechtere’ Approximation die besser passende Antwortkurve. Die theoretische Kurve liegt nahezu exakt auf der numerischen Kurve, auch bei Rauschstärken, für welche dies nicht zu erwarten wäre. Der Grund hierfür liegt darin, daß die Abweichungen von (2.39) mit den Parametern aus Tabelle 5.1 von den tatsächliche mittleren Entweichraten sich mit den Abweichungen, welche durch die als konstant approximierte mittlere Entweichrate des Repellors zustande kommen, kompensieren. Um dies zu illustrieren wurden die Entweichraten aus dem Repellor durch eine affine Funktion gefittet. Die aus diesem Fit zusammen mit (2.38) resultierende (theoretische) Kurve ist in Abbildung 5.36 durch schwarze Punkte gezeichnet und gibt den Verlauf der Rauschstärkenabhängigkeit der mittleren Geschwindigkeit gut wieder. Eine Verbesserung des Modells würde also vor allem dahin gehen müssen, die Temperaturabhängigkeit der Entweichrate aus dem Repellor besser zu verstehen. 5.9.2 Temperatur-Geschwindigkeits-Anomalie In Abbildung 5.31 (links oben) sind bei σ ≈ 0.464 nahe an der Krise, durch welche (bei F0 = 0) die hvi = ±1 Attraktoren zu kleinen σ bei σ ≈ 0.467 verschwinden hvi = ±2/3 Attraktoren zu finden, jedoch mit extrem kleinem Stabilitätsbereich. Diese verschieben sich ebenfalls durch die konstante Kraft F0 , und zwar der hvi = +2/3 Attraktor in Richtung größerer σ, also in Richtung des Stabilitätsbereichs der hvi = ±1 Attraktoren. Die Verschiebung der Stabilitätsbereiche dieser Attraktoren durch F0 > 0 wurde in den vorangegangenen Abschnitten diskutiert. Bei den sehr kleinen F0 Werten, die in diesem Abschnitt betrachtet werden, kann kurz gesagt werden, dass der hvi = +1 Attraktor für σ < 0.467 nicht existiert, während der hvi = −1 Attraktor in diese Richtung ’wandert’. Durch diese Verschiebungen ist es nun möglich, dass bei F0 > 0 der hvi = 2/3 Attraktor den hvi = −1 Attraktor im Kontrollparameterraum ’trifft’. Wie in Abschnitt 4.2 argumentiert ist es auf diese Weise möglich, dass der hvi = 2/3 Attraktor an einem Kontrollparameterraumpunkt stabil ist, während der ’Geist’ des hvi = −1 Attraktor als dominierender Repellor vorhanden ist, und der aus dem hvi = 1 Attraktor entstandene Repellor vernachlässigbar ist (bei den betrachteten Rauschstärken). Genau dieses Verhalten ist im Bifurkationsdiagramm in Abbildung 5.37 im Detail gezeigt. Für kleine F0 gibt es nur den ergodischen, chaotischen Attraktor dessen mittlere Geschwindigkeit bei F0 > 0 positiv ist. Für F0 ≈ 0.0045 wird der hvi = 2/3 Attraktor stabil, und der ergodisch chaotische Attraktor verschwindet. Bei F0 ≈ 0.01 verschwindet dieser Attraktor wieder und wird durch einen intermit- KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 105 1 x(kτ ) 2π mod 1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 1 hvi 0.5 0 -0.5 -1 0 0.0036 0.0072 0.0108 F0 0.0144 0.018 ‘ Abbildung 5.37: Bifurkationsdiagramm und Antwortkurve bei Ω = 0.6, F1 = 1.24 und σ = 0.465. Die mittlere Geschwindigkeit wurde bei Γ = 5·10−8 (graue Kreise), Γ = 10−7 (rosa Kreise) und Γ = 6 · 10−6 (rote +) berechnet. tent chaotischen Attraktor 23 ersetzt. Bei F0 ≈ 0.0119 wird schließlich der hvi = −1 Attraktor stabil, und der intermittent chaotische Attraktor verschwindet. Die Antwortkurven bei Γ > 0 bestätigen in etwa dieses Bild: für sehr kleine Rauschstärken gibt es Bereiche um F0 ≈ 0.007, in denen die mittlere Geschwindigkeit positiv ist. Bei wenig höheren Rauschstärken wird auch in diesen Bereichen die mittlere Geschwindigkeit negativ. Für F0 = 0.007 wird diese Vermutung durch die Rauschstärke gegen Geschwindigkeitskurve bestätigt. Für sehr kleine Rauschstärken dominiert der hvi = 2/3 Attraktor. Für Γ > 10−6 wird dieser unbedeutend, und der hvi < 0 Repellor dominiert, bis schließlich für Γ > 10−2 die mittlere Geschwindigkeit wieder positiv wird 23 Es handelt sich um den ergodischen Attraktor, welcher alle instabilen Objekte enthält, u.a. den aus dem hvi = 2/3 Attraktor stammenden Repellor und den zum hvi = −1 gehörenden Repellor. Die ’Spuren’ dieser sind im Bifurkationsdiagramm deutlich zu erkennen und dominieren das Verhalten dieses Attraktors intermittent, was bereits zu einer mittleren Geschwindigkeit entgegen der konstanten Kraft führt. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 106 1 0.1 k 0.01 kA (2.38) kA (2.39) kR (Γ = 0) kA (numerisch) kR (numerisch) 0.001 1e-04 0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 1/Γ · 10−7 Abbildung 5.38: Mittlere Entweichraten gegen inverse Rauschstärke bei Ω = 0.6, σ = 0.465, F1 = 1.24 und F0 = 0.007. Die Fehler sind von der Größenordnung der Symbole. U α hvi A+ (2.38) A+ (2.39) R− 1.1 · 10−7 1.3 · 10−7 0.02 0.02 0.04 2 2 −1 3 3 Tabelle 5.2: Pseudopotentialtiefen, Vorfaktoren und mittlere Geschwindigkeit der (wichtigen) an der Dynamik beteiligten metastabilen Zustände bei Ω = 0.6,F1 = 1.24,σ = 0.467 und F0 = 0.007. (nicht gezeigt), und sich dem ’Ohm’schen’ Wert hvi = F0 /σΩ ≈ 0.015 nähert. Die Dynamik wird also durch einen A+ Attraktor mit hvi = 32 und einen R− Repellor mit hvi ≈ −1 24 bestimmt. Wieder werden Pseudopotentialtiefen und Vorfaktoren wie oben bestimmt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 5.2 und als Kurven im der Rauschantwortskurve dargestellt. Die Übereinstimmung der ’theoretischen’ Kurve mit dem Ergebnis der direkten Integration ist gut. Wieder scheint die einfachere Formel (2.39) die bessere Kurve zu liefern, jedoch in einem Bereich, in dem nicht mehr erwartet werden kann, dass (2.39) gültig ist. Dies ist wieder darauf zurück zu führen, dass die durch (2.39) verursachten Fehler die durch die ’schlechte’ Approximation der Entweichrate aus dem Repellor kompensiert werden. 24 In diesem Fall gibt es im Prinzip keinen Unterschied zwischen der mittleren Geschwindigkeit des Repellors und der des zugehörigen Attraktors. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 107 0.8 hvi(numerisch) (2.49), (2.39) (2.49), (2.38) 0.6 0.4 hvi 0.2 0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.8 0.001 0.01 Γ · 105 0.1 1 Abbildung 5.39: Mittlere Geschwindigkeit in Abhängigkeit der Rauschstärke und die Approximation (2.49). Der Bereich, in denen die Approximation für die mittlere Entweichrate aus dem Attraktor schlecht sein wird, ist gestrichelt. Der asymptotische Wert der mittleren Geschwindigkeit für große Γ ist als Pfeil rechts markiert. Die Fehlerbalken ergeben sich aus den Fehlern der Mittelwerte. 5.9.3 Extreme DNM oder doppelte Stromumkehr Bereits im vorangegangenem Abschnitt fällt auf, dass die F0 –hvi Kurve in Abbildung 5.37 für sehr kleine Γ zwei Stromumkehrpunkte enthalten wird, vgl. Abbildung 5.37. Für große F0 muss der Strom positiv sein. Dasselbe gilt in Abbildung 5.16 für ’mittlere’ Rauschstärken. Zunächst wird die Geschwindigkeit für F0 > 0 positiv, um dann mit größer werdendem F0 negativ zu werden, und wird daraufhin wieder positiv für große F0 . Dies ist eine ’extreme’ Form von DNM. Im System (5.3) gibt es aber Bereiche, in denen dieser Effekt deutlicher ist, und nicht so geringe Rauschstärken wie in Abbildung 5.37 erfordert und dabei betragsmäßig größere (mittlere) Ströme liefert. Auf diese Weise wird der Effekt evtl. experimentell zugänglich. Ebenfalls wurde dieser Effekt bereits in [16] (Fig. 8) beobachtet, jedoch ohne darauf weiter einzugehen. In Abbildung 5.29 ist ein weiterer Punkt bei Ω = 0.6,F1 = 0.82 und σ = 0.2 markiert. Aus Abbildung 5.29 kann geschlossen werden, dass dieser für F0 = 0.1 innerhalb eines Stabilitätsbereichs eines hvi > 0 (hier: hvi = +1) Attraktors liegt. Für F0 = 0.15 ist dieser Stabilitätsbereich in Richtung größerer σ weiter gewandert, und gleichzeitig der Stabilitätsbereichs eines hvi < 0 (hier: hvi = −1) an den Punkt gewandert. Für größere F0 ’wandert’ auch der Stabilitätsbereich dieses Attraktors weiter, und der Punkt liegt im ’weißen’ Bereich der nicht phase-locked Attraktoren. Es ist also zu erwarten, dass für hinreichend kleine Rauschstärken die mitt- KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 108 1 x(kτ )/2π mod 1 0.8 0.6 0.4 hvi 0.2 0 1 0.5 0 -0.5 -1 0 0.04 0.08 0.12 0.16 0.2 F0 Γ = 5 · 10−4 Γ = 10−4 Γ = 5 · 10−5 Γ = 10−5 Γ=0 ‘ Abbildung 5.40: Bifurkationsdiagramm und Antwortkurve bei Ω = 0.6, F1 = 0.82 F0 ist durch blaue Punkte und σ = 0.2 und verschiedenen Γ. Die ’Ohm’sche Linie σΩ dargestellt. lere Geschwindigkeit mit F0 zunächst zunehmen wird, um dann wieder abzunehmen und negativ zu werden. Für wieder größere F0 wird der Strom wieder positiv werden. Diese Vermutung bestätigt sich im Bifurkationsdiagramm und der Antwortkurve Abbildung 5.40 (unten). Das Bifurkationsdiagramm in Abbildung 5.40 (oben) enthält viele periodische und chaotische phase-locked Attraktoren (hvi = 0, 1, 1.25, −1, 2). In Bereichen, in denen keine solchen existieren, gibt es wieder nur einen (ergodischen) chaotischen Attraktor, welcher nahe an den Stabilitätsbereichen der phase-locked Attraktoren durch diese intermittent dominiert ist. Der wesentliche Punkt ist jedoch, dass bei F0 ≈ 0.145 ein hvi = −1 Attraktor stabil wird, und bei F0 ≈ 0.1475 der koexistierende hvi = 1.25 Attraktor verschwindet, welcher wie aus den Antwortkurven zu erkennen ist, wesentlich weniger stabil gegen Rauschen ist als der hvi = −1 Attraktor. Auf diese Weise existiert für 0.1475 . F0 . 0.18 nur ein (relevanter) Attraktor mit hvi = −1, und demnach ist zu erwarten, dass für hinreichend klei- KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 109 ne Rauschstärken die mittlere Geschwindigkeit negativ sein wird. Dies ist auch tatsächlich für Γ = 10−5 der Fall. Der Effekt verschwindet wie zu erwarten für große Rauschstärken Γ & 10−4 und ist weniger resistent gegen Rauschen, als das eingangs im Detail untersuchte Beispiel, was an dem wesentlich größerem Wert von F0 liegen wird. Bei genauem Betrachten von Abbildung 5.29 fällt auf, dass sich ein ähnliches Szenario auch für andere phase-locked Attraktoren abspielt. Der mit F0 in Richtung größer werdende σ wandernde ’Buckel’ im Stabilitätsbereich des in Kraftrichtung transportierenden Attraktors existiert auch für weitere Attraktoren. Bei genauem Betrachten von Abbildungen 5.26 bis 5.28 fällt auf, dass der ’Buckel’ auch ’Filamente’ hat, wie die ’Köpfe’ der Stabilitätsbereiche der Attraktoren, welche aus (5.4) kommen. Die Attraktoren haben jeweils mehrere (scheinbar) unzusammenhängende Stabilitätsbereiche, welche sich mit F1 wiederholen. Die Filamente des ’Buckels’ sind verbunden mit den Filamenten der ’Köpfe’ des nächsten Stabilitätsbereichs desselben Attraktors zu größeren F1 . Der ’Buckel’ ist also ein Effekt einer ’Kollision’ zweier periodischer Orbits mit gleicher mittlerer Geschwindigkeit und wandert mit F0 in Richtung größer werdendem σ. 5.9.4 Große Rauschstärken Wird die Rauschstärke erhöht, werden die Details der deterministischen Dynamik F0 fallen, und geglättet und schließlich wird die F0 –hvi Kurve auf die Linie hvi = Ωσ ANM wird verschwinden. Die im vorangegangenem Abschnitt betrachteten ANM Attraktoren haben Pseudopotentialtiefen in der Größenordnung von 10−3 . Es ist daher zu erwarten, dass bei Rauschstärken von Γ ≈ 0.01 der Effekt verschwinden wird. Dieser Übergang ist in Abbildung 5.41 wieder für Ω = 0.6 und F0 = 0.05 dargestellt. Der in Abschnitt 5.9.1 betrachtete Attraktor verschwindet wie erwartet bei Γ ≈ 0.01 in dem Sinne, dass die resultierenden Ströme betragsmäßig sehr klein werden. Die meisten anderen Kontrollparameterraumgebiete, in denen Transport gegen die konstante Kraft F0 stattfindet, verschwinden ebenso. In einem Gebiet um σ ≈ 0.2 und F1 ≈ 1.3 bleibt der Effekt mit immer noch bei recht großem Strom hvi ≈ −0.5 bestehen, und verschwindet erst bei Γ > 0.04 gänzlich 25 . Für Γ = 0.08 gibt es also für Ω = 0.6 und F0 = 0.05 keine Gebiete mehr, in denen entgegen der konstanten Kraft transportiert wird mehr, und damit auch keinen ANM Effekt 26 . Von den Gebieten, in denen bei geringen Rauschstärken ANM 25 In diesem Gebiet koexistiert jedoch im interessanten Bereich auch ein nichttransportierender Attraktor, welcher die maximalen Ströme nicht besonders groß werden läßt, und der Effekt ist komplizierter, als in Abschnitt 5.9.1 betrachtet. 26 Man kann erwarten, dass für kleinere F0 evtl. auch für etwas größere, Rauschstärken noch Transport entgegen der Kraftrichtung, und damit ANM, stattfinden wird. 110 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 3.5 3.5 F1 Γ = 0.005 Γ = 0.01 3 3 2.5 2.5 2 2 1.5 1.5 1 1 0.5 0.5 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0 0.1 2 1.8 1.6 1.4 1.2 1 2 3.5 Γ = 0.02 3 2.5 2 F1 0.3 0.4 1 0.5 0 Γ = 0.08 1.6 -0.5 1.4 1 0.5 hvi Γ = 0.04 1.8 1.5 0.2 1.2 -1 1 0.5 0 0.1 0.2 σ 0.3 0.4 0.5 0.6 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 σ Abbildung 5.41: hvi bei Ω = 0.6, F0 = 0.05 und variierende Γ. stattfindet bleiben Spuren in Form von Gebieten, in denen die mittlere Geschwindigkeit klein ist, im Vergleich zu Gebieten, in denen ’normal’ transportierende Attraktoren existieren. Dies bestätigt, dass im betrachteten System ANM nur bei geringen Rauschstärken stattfinden wird. Diese sind jedoch nicht unrealistisch klein, und sollten in Josephson Kontakten experimentell zugänglich sein. 0.6 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 5.10 111 ANW in Josephson Kontakten Das im vorangegangenen Abschnitt betrachtete Modell des getriebenen nichtlinearen Oszillators besitzt, abgesehen von der unmittelbaren physikalischen Realisierung als Pendel oder einem Teilchen in einem ’geschaukelten Potential’, ein Pendant in Form von Josephson Kontakten. Das Stewart-McCumber Modell [63, 64], auch als Resistively and Capacitively Shunted Junction (RCSJ) Modell bekannt, führt zu einer Differentialgleichung von gerade der Form (5.1). Die Koordinate beschreibt in diesem Fall jedoch die Phasendifferenz der supraleitenden Phasen des Josephsonkontakts. Die unmittelbare Realisierung als Pendel beinhaltet zum einen die Schwierigkeit, dass Antrieb und konstante Kraft schwierig umzusetzen sind, und zum anderen, dass im Falle eines makroskopischen Pendels der Rauschterm vernachlässigbar ist. Dadurch werden aber im Prinzip alle, in der verrauschten Dynamik (fast) unbedeutenden Zustände relevant. Im Falle eines Josephsonkontakts, welcher durch das RCSJ Modell beschrieben werden kann, sind hingegen alle Voraussetzungen erfüllt. In diesem Abschnitt werden einfachstmöglich die Grundlagen dieses Modells eingeführt. 5.10.1 Supraleitung, Josephson Kontakte Supraleitung wurde bereits 1911 von Onnes entdeckt. Die Interpretation von Supraleitung als einen makroskopischen Quantenzustand wurde 1935 durch London eingeleitet. Das Verständnis wurde 1950 durch die Theorie von Ginzburg und Landau und 1957 durch die mikroskopische BCS Theorie durch Bardeen, Cooper und Schrieffer geprägt. Hier wird nur ein gröbster Überblick gegeben und auf die Literatur (z.B. [65]) verwiesen. Der Supraleiter, oder vielmehr die supraleitende Phase der Ladungsträger mit Masse m∗ und Ladung e∗ wird durch einen einzigen kondensierten Quantenzustand mit einer Wellenfunktion beschrieben: ψ= √ ρeiϕ . (5.51) Deren Betragsquadrat ist die (reale) Ladungsträgerdichte: |ψ|2 = ρ. Die Wellenfunktion gehorcht der Schrödingergleichung i~ ∂ψ = Eψ. ∂t (5.52) Die elektrische Stromdichte wird in Gegenwart eines Vektorpotentials A durch e∗ e∗ i~ 2 ∗ ∗ (ψ∇ψ − ψ ∇ψ) − A |ψ| (5.53) J= ∗ m 2 c KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 112 beschrieben, wobei ~ das Planck’sche Wirkungsquantum (durch 2π dividiert) ist und c die Lichtgeschwindigkeit. e∗ = 2e mit e der Elektronenladung wird angenommen, da die ’Ladungsträger’ Cooper-Paare sind, welche aus zwei Elektronen bestehen. Die mikroskopische BCS-Theorie für Tunnelkontakte führt zu demselben Resultat. Die Masse wird dementsprechend m∗ = 2me angesetzt, diese Wahl ist aber beliebig [66, 67]. Mit (5.51) ergibt sich aus (5.53) e 2e ~∇ϕ − A J=ρ (5.54) m c Aus der Eichfreiheit des Vektorpotentials (U ist das skalare elektrische Poten, die physikalische Observablen invariant läßt, tial) A → A + ∇χ, U → U − ∂χ ∂t folgt für die Phase ϕ die Transformation ϕ→ϕ+ 2e χ ~c (5.55) damit J invariant bleibt. Man sieht leicht, dass ψ i.A. zeitabhängig sein wird. Wie aus (5.54) folgt, bedeutet eine räumlich variierende Phase einen elektrischen Strom. Josephsonkontakte bestehen aus zwei Supraleitern SL/R , welche durch eine (dünne) Schicht nichtsupraleitenden Materials voneinander getrennt sind. Sind die Supraleiter weit voneinander entfernt, sind sie unkorreliert, und die Phasen der Wellenfunktionen der supraleitenden Phasen sind unabhängig. Wird die ’Entfernung’ der Supraleiter soweit reduziert, dass ein Austausch der supraleitenden Phasen stattfindet (durch Tunnelstrom der supraleitenden Ladungsträger), sind die Phasen der Wellenfunktionen nicht mehr unabhängig (Abbildung 5.42 (links)). Es werden hier kleine Josephson Kontakte betrachtet, so dass die Phase innerhalb eines supraleitenden Mediums in Abwesenheit von Strömen in guter Näherung als räumlich konstant angenommen wird [38]. 5.10.2 Josephson Relationen Seien die beiden (identischen) Supraleiter SL/R eines Josephsonkontakts in x Richtung durch einen Abstand d voneinander getrennt und die Phasen der Wellenfunktionen ψL/R durch ϕL/R gegeben, und jeweils in einem der Supraleiter konstant. Genauso seien die Dichten der supraleitenden Ladungsträger ρL/R = ρ in beiden Supraleitern gleich und konstant. Wird nun die Stromdichte Jx ≡ J 27 in dieser Richtung im Grenzwert verschwindenden Abstands d → 0, gegeben durch (5.54), 27 Der Index x wird hier weggelassen, um die Notation einfach zu halten. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR SL SR ΨL ΨR 113 I(t) V(t) G C Iex x Abbildung 5.42: Schematisch: Josephson Kontakt (links) und Ersatzschaltbild im RCSJ Modell (rechts). Das nichtlineare Element ist ganz links im Schaltbild. betrachtet, kann diese durch e~ρ J ≈ md ≈ J1 ϕ 2π ϕL − ϕR − Φ0 Z L R Ax dx c (5.56) (5.57) h ist das magnetische Flussquantum. (5.57) ergibt approximiert werden. Φ0 = 2e sich, da der Term proportional Ax im Grenzwert d → 0 unbedeutend wird, vorausgesetzt, Ax ist endlich. ϕ = ϕL − ϕR ist die Phasendifferenz der supraleitenden Phasen beiden Supraleiter und J1 = e~ρ die kritische Stromdichte. md Dieses Argument ist nicht besonders gut: J(ϕ) muss eine periodische Funktion sein, da physikalische Observablen unter einer Änderung der Phasendifferenz um 2π invariant sein müssen. Solche lassen sich als Fourierreihe schreiben. (5.57) ist offenbar nicht periodisch. Für kleine ϕ ergibt sich aus (5.57) aber der Koeffizient der ersten Fouriermode. Wird die Fourierreihe nach der ersten Mode abgebrochen, so ergibt sich eine Josephson Relation: J(ϕ) ≈ J1 sin ϕ. (5.58) Die andere Josephson Relation (5.68) ergibt sich als unmittelbare Konsequenz der Schrödingergleichungen (5.52) (siehe unten) [65]. Diese Herleitung ist etwas ad-hoc. Es gibt verschiedene andere Möglichkeiten, die grundlegenden Josephson Relationen ’herzuleiten’. Der ’rigoroseste’ wäre eine direkte Herleitung aus der mikroskopischen BCS Theorie der Supraleitung [65, 67] für Tunnelkontakte, die im wesentlichen zu demselben Resultat führt. Da der Schwerpunkt dieser Arbeit auf der Untersuchung eines einfachen Modells liegt, wird hier nur eine weitere einfachere Herleitung nach [68] vorgeführt. Die Zustände eines Ladungsträgers im linken/rechten Supraleiter werden durch die kets (bras) |Libzw.|Ri (hL|bzw.hR|) bezeichnet, also hL|ψL∗ ψL |Li = |ψL |2 = ρL hR|ψR∗ ψR |Ri = |ψR |2 = ρR . (5.59) KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 114 Der Gesamtzustand des Systems aus zwei Supraleitern wird durch |ψi = ψR |Ri + ψL |Li (5.60) dargestellt und gehorcht der Schrödingergleichung i~ ∂|ψi = H|ψi ∂t (5.61) mit dem Hamiltonoperator H = HL + HR + HT (5.62) zerlegt in einen Anteil des linken Supraleiters HL = EL |LihL|, einen des rechten Supraleiters HR = ER |RihR|, und einen Interaktions(Tunnel-)term: HT = K (|LihR| + |RihL|) . (5.63) K ist hier eine vom Kontakt abhängige Konstante. Wird nun eine elektrische Spannung U zwischen den Supraleitern angelegt, so gilt EL − ER = 2eU (5.64) für die Energiedifferenz der beiden Zustände |Li/|Ri, wodurch die Richtung der Spannung festgelegt ist. Wird die Spannung so normiert, dass in der Mitte zwischen den Supraleitern U = 0 gilt, und Gleichung (5.61) auf die Grundzustände |Ri/|Li projiziert, so ergibt sich ∂ψL/R = ±eUψL/R + KψR/L . ∂t Mit (5.51) werden die Wellenfunktionen als √ ψR/L = ρR/L eiϕR/L ~ (5.65) (5.66) geschrieben. So können die beiden Schrödingergleichungen in Real- und Imaginärteile separiert werden, und es ergeben sich die Josephson Relationen J = J1 sin ϕ (5.67) 2eU ∂ϕ = (5.68) ∂t ~ mit der als konstant angenommenen ’kritischen’ Stromdichte J1 = 2Kρ/~ und J = dρdtL = − dρdtR . Die Annahme, dass ρL und ρR zeitunabhängig sind, stellt keinen Widerspruch dar, wenn die durch den Tunnelstrom entstehenden Änderungen von ρL/R sofort wieder durch eine Stromquelle ausgeglichen werden. Diese ist in der einfachen Herleitung nicht berücksichtigt, kann aber in einer selbstkonsistenen Weise vorgenommen werden. Die mikroskopische Theorie liefert genau dasselbe Resultat, für kleine und konstante oder langsam (adiabatisch) variierende U [67]. KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 5.10.3 115 RCSJ Modell Heuristisch kann ein Josephson Kontakt, also zwei durch ein nichtsupraleitendes (oder nur schwach supraleitendes) intermediäres Medium getrennte Supraleiter, durch ein einfaches äquivalentes Schaltbild dargestellt werden. Hierzu wird der Tunnelstrom der supraleitende Ladungsträger durch die Josephson Relation (5.67) ausgedrückt. Der Tunnelstrom anderer Quasipartikel und sonstiger Verluste wird in Form eines ’normalen’ Stroms I = GU durch einen ’normalen’ (parallel geschalteten) Widerstand mit Leitfähigkeit G ausgedrückt, und die Kapazität des Kontakts durch einen parallel geschalteten Kondensator mit Kapazität C (Abbildung 5.42 (rechts)). Mit einer externen Stromquelle ergibt sich aus dem Kirchhoff’schen Gesetz und dem normalen Verhalten eines Kondensators Iextern (t′ ) = C Φ0 Φ0 ϕ̈ + G ϕ̇ + I1 sin ϕ 2π 2π (5.69) wobei Ableitungen nach der Zeit t′ durch Punkte dargestellt werden. I1 ist der kritische Strom, welcher durch die Kontaktfläche mit der oben definierten kritischen Stromdichte J1 in Relation steht. Die externe Stromquelle hat, z.B. und im Folgenden angenommen, die Form Iextern (t′ ) = Idc + Iac sin ωt′ , wobei erster Term ein konstanter ’bias’ Strom ist, und letzterer i.A. durch Mikrowellenstrahlung zustande kommt. Dieses Modell kann aus einer adiabatischen Approximation der mikroskopischen BCS Theorie gerechtfertigt werden, was aber mit Schwierigkeiten verbunden ist und bleibt so phänomenologischer Natur [67] mit großem Erfolg [38]. Obwohl thermische Fluktuationen in Josephsonkontakten i.A. ein komplexes Themengebiet sind, werden diese im Rahmen des RCSJ Modells durch einen zusätzlichen Gauss’schen Rauschstrom parallel zum Widerstand modelliert mit einem Gauss’schem Prozess ξ(t′ ) und der Boltzmannkonstante kB [38]: p IN (t′ ) = 2kB T Gξ(t′). (5.70) Damit ergibt sich das gesamte Modell mit der speziellen Form Iextern (t′ ) = Idc + Iac sin ωt′ des externen Stromes zu C 5.10.4 Φ0 Φ0 ϕ̈ + G ϕ̇ + I1 sin ϕ = Idc + Iac sin ωt′ + IN (t′ ) 2π 2π (5.71) Dimensionslose Parameter Wird in (5.71) durch I1 geteilt, und t′ = t/ωp mit ωp = des Josephson Kontakts substituiert, so ergibt sich q 2πI1 Φ0 C der Plasmafrequenz KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR ϕ̈ + s Φ0 G2 ϕ̇ + sin ϕ = iextern (t) + iN (t), 2π I1 C 116 (5.72) wobei die Ableitungen und Zeitabhängigkeiten jetzt bezüglich t sind. Wird s Φ0 G2 (5.73) σ = 2π I1 C ω Ω = (5.74) ωp 2π kB T Γ = (5.75) Φ0 I1 Idc Iac sin Ωt + = F0 + F1 sin Ωt (5.76) iextern (t) = I1 I1 r √ 2π 2σkB T iN (t) = ξ(t) = 2σΓξ(t) (5.77) Φ0 I1 ϕ = x (5.78) gesetzt, ergibt sich (5.1). Auf diese Weise wird die in (5.1) betrachtete mittlere Geschwindigkeit hẋi = Ω hvi mit der in einem Josephson Kontakt beobachtbaren mittleren Spannung durch die Josephson Relation (5.68) verknüpft. Zentrale Beobachtungsgröße ist also die mittlere Spannung: Φ0 Φ0 hẋi = ω hvi (5.79) 2π 2π Die Rolle der externen Kraft hat der extern angelegte konstante Strom hUi = ωp F0 = Idc . I1 (5.80) Damit entsprechen die betrachteten Antwortkurven Strom-Spannungskennlinien, oder I-U Kurven. ANM entspricht absolut negativem Widerstand (oder Leitfähigkeit), also gerade dem Ohm’schen Gesetz mit negativem Widerstand oder einem Strom entgegengesetzt einer angelegten Spannung für beliebig kleine Spannungen, bzw. hier einer Spannung entgegengesetzt des angelegten Stromes. DNM entspricht differentiell negativem Widerstand, also einer mit zunehmendem Strom abnehmende Spannung. 5.10.5 DNW in Josephson Kontakten Das Auftreten von DNW in Josephson Kontakten mit Mikrowelleneinstrahlung (oder zeitabhängigem externen Strom), beschrieben durch (5.72) war bereits Gegenstand vieler Arbeiten [69, 70, 16, 59, 61, 17] sowohl theoretischer als auch KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 117 experimenteller Natur. Dabei wurde übereinstimmend festgestellt, dass DNW besonders in Kontakten mit großen Flächen und damit großen Kapazitäten 28 für Frequenzen des externen Stroms nahe den verschiedenen Resonanzfrequenzen des RCSJ Modells [55] auftritt. DNW wurde in Form von ’wiggles’ [69, 70] 29 oder ’tails’ 30 an den Rändern von Shapiro Stufen zu chaotischem Verhalten [16, 59, 61, 17] und als unregelmäßige Abschnitte in Kontrollparameterraumbereichen, in denen der Kontakt sich chaotisch verhält [15, 38] in den I-U Kurven gefunden. Diese Arbeiten lassen den Schluss zu, dass DNW und Chaos gemeinsam auftreten. Für ’normale’ Temperaturen, meist etwa 4.2 Kelvin (flüssiges Helium), werden viele der theoretisch vorausgesagten Strukturen ’weggeglättet’ [16]. In der Literatur werden meist ’wiggles’ höherer Shapirostufen betrachtet, also phase locked Zustände mit hohen Spannungen bei recht großen externen ’bias’Strömen. Dadurch kreuzen diese in der Literatur meist nicht die hUi = 0 Achse und es kommt zu nur DNW. Desweiteren werden meist nicht alle koexistierenden Attraktoren gezeigt. In einigen Arbeiten wurden auch ’wiggles’ in der Nähe des Nullpunktes des externen ’bias’-Stroms im ergodischen System betrachtet, und in diesen Arbeiten wird eine extreme Form von DNW gefunden, wie in Abschnitt 2.2 beschrieben [16], diese aber nicht weiter diskutiert. In [69, 16] wurde der Effekt zwar experimentell direkt bei Idc = 0 beobachtet, also ANW gemessen, jedoch nicht weiter beachtet. Ebenfalls wurden in [55] bei hohen Strömen ein solcher Effekt beobachtet. In beiden Arbeiten wird kein direkter Vergleich mit dem RCSJ Modell angestellt, und in [55] ein solcher Vergleich für die dort beobachteten I-U Kurven in Frage gestellt, da das RCSJ Modell einige für die in [55] betrachteten Josephsonkontakte wichtige Effekte nicht einbezieht. In [16] wird ebenfalls die Abhängigkeit der theoretisch im Rahmen des RCSJ Modell gemachten Voraussagen von der Rauschstärke, und damit von der Temperatur diskutiert. Es wurden ähnliche Resultate wie in dieser Arbeit gefunden, die beobachteten Effekte verschwinden für große Rauschstärken. Das Verschwinden des dort beobachteten ’extremen’ DNW Effekts wird in [16] (Figs. 6,8) aber bei einigen Millikelvin vorausgesagt, so dass der dort beobachtete Effekt experimentell nur schwer oder gar nicht zugänglich wäre. Durch eine Reskalierung der Parameter, was im wesentlichen einer geeigneten Wahl des kritischen Stroms I1 entspricht, kann dieses Problem aber behoben werden und realistische Temperaturen auch für den in [16] prognostizierten Effekt erreicht werden. Die Rauschstabilität des in [16] vorausgesagten Effektes entspricht in etwa der Rauschstabilität der in dieser Arbeit beobachteten Effekte, die betrachteten Struk28 Im mechanischen Bild von (5.1) also geringer Dämpfung. Was hier mit Schlangenlinien übersetzt wird. 30 Deutsch: Ausläufer, Schweife 29 KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 118 10 T = 4.2K hU i [µV ] 5 0 -5 -10 0 5 10 15 20 25 30 35 Iac [µV ] 40 ‘ Abbildung 5.43: I-U Charakteristik eines Josephsonkontakts mit I1 ≈ 176µA, C ≈ 246pF und G ≈ 5.4S bei ω = 28 Ghz und T = 4.2K. Vgl. Abbildung 5.32(Γ = 0.001). turen sind aber wesentlich komplizierter in dem Sinne, als dass eine Vielzahl von subharmonischen Stufen, chaotischen Attraktoren etc. an der Form der I-U Kurve beteiligt ist. 5.10.6 Strom-Spannungs-Kennlinie mit ANW Exemplarisch wird hier eine I-U Kurve gezeigt, welche der Antwortkurve in Abbildung 5.32 entspricht. Die in Abbildung 5.32 betrachteten dimensionslosen Parameter Ω = 0.6, σ = 0.467, Γ = 0.001, F1 = 1.24 und 0 < F0 < 0.25 entsprechen in SI Einheiten nach Abschnitt 5.10.4 einem Josephson Kontakt mit I1 ≈ 176µA, C ≈ 246pF und G ≈ 5.4S, wenn von den realistischen Werten der Frequenz der Mikrowellenstrahlung von ω = 28 Ghz und der Temperatur T = 4.2K (flüssiges Helium) ausgegangen wird. Die betrachteten Ströme und Spannungen liegen also im Bereich 0 < Idc ≤ 44µA, Iac ≈ 218µA und −9.2µV . hUi . 9.2µV . Daraus ergibt sich die I-U Kurve in Abbildung 5.43. Die betrachteten Parameter sind für Josephsonkontakte realistisch. Obwohl es i.A. nicht leicht ist, Josephson Kontakte so herzustellen, dass sie exakt die gewünschten Parameter haben, sollte es praktisch dennoch ohne Weiteres möglich sein, den Effekt experimentell festzustellen. Aus Abbildungen 5.26 bis 5.28 ist zu schließen, dass für fast alle nicht überdämpften Josephson Kontakte mit hinreichend kleinem Rauschparameter bei Ω = 0.6 irgendein Wert der Amplitude des extern angelegten Wechselstroms existiert, für den eine Spannung entgegen des externen Gleichstrom es über dem Kontakt abfällt. Die Anforderung Ω = 0.6 ist KAPITEL 5. ANM IM GEDÄMPFTEN GETRIEBENEN OSZILLATOR 119 ebenfalls nicht zwingend nötig, wie aus Abbildung 5.23 zu schließen ist. Es reicht, wenn in etwa 0.1 . Ω . 0.8 und 0.05 . σ . 0.6. In diesem Parameterbereich wurde im Rahmen dieser Arbeit ANW (ANM) im Verhalten von (5.1) gefunden. Dies ist der in der Literatur vielfach untersuchte ’stark chaotische’ Bereich der Lösungen der Gleichung, und damit der Josephson Kontakte [17, 38]. Experimentell ist also in einem Kontakt mit in etwa den gewünschten Eigenschaften 0.1 . Ω . 0.8 und 0.05 . σ . 0.6 ANW zu finden, wenn (Gleich-)StromSpannungs-Kennlinien für verschiedene Werte von 0 . Iac . 4 · I1 (vgl. Abbildung 5.23) aufgenommen werden. Dies sollte experimentell möglich sein. Der angegebene Bereich ist sicherlich nicht der Bereich, in dem es ausschließlich ANW geben kann, aber sicherlich ein solcher, in dem ANW nach den Resultaten dieser Arbeit zu erwarten ist. Im Prinzip ist es fast sicher, dass irgendwann einmal von irgendeiner Gruppe ein Josephson Kontakt experimentell untersucht wurde, welcher ANW zeigte, und gleichzeitig durch das RCSJ Modell adäquat beschrieben wurde, wie z.B. aus [55, 69, 16] zu vermuten ist. Es wurde bisher nur dem Wissen des Autors nach nie eine eingehendere Untersuchung des Effektes und ein Vergleich mit dem RCSJ Modell angestellt und publiziert. ANW in Josephsonkontakten ist zunächst ein grundlegender Effekt. Als solcher liegt seine wichtigste Bedeutung in der Erkenntnis, das er überhaupt möglich ist. Das System enthält keine ’Tricks’ oder sonstigen Konstrukte, die ein solches Verhalten begünstigen würden. Dennoch erlaubt die Nichtlinearität und die kontinuierliche Energiezufuhr durch den externen Antrieb ANW, im Gegensatz zur intuitiven Erwartung. Desweiteren ist die Differentialgleichung, welche das RCSJ Modell beschreibt, von so einfacher Natur, dass davon ausgegangen werden kann und wird, wie im nächsten Kapitel zu sehen, dass der Effekt im Prinzip in allen dynamischen Systemen auftreten kann, welche die Bedingungen aus Abschnitt 4.2 erfüllen. In diesem Sinne ist die Hauptanwendung von ANW in Josephsonkontakten die Erkenntnis, das ANW/ANM in dynamischen Systemen unter gewissen Voraussetzungen zwar nicht die Regel ist, wie in diesem Kapitel gesehen, aber dennoch i.A. nicht ausgeschlossen werden kann. In Anbetracht der Tatsache, dass ANW/ANM einzelner klassischer Teilchen bis vor kurzen für nicht möglich gehalten wurde [4] ist dies ein interessantes Resultat. 6 ANM in einem oszillierenden Potential Das System des gedämpften nichtlinearen Oszillator gehört zu einer wichtigen Klasse periodischer physikalischer Systeme. Es gilt die Zerlegung der Ableitung des Potentials, also der Kraft ∂V (x, t) = F (x) + F (t). ∂x (6.1) Eine weitere wichtige Klasse stellen Systeme dar, in denen ∂V (x, t) = F (x) · F (t) ∂x (6.2) gilt. Diese haben ein ’oszillierendes’ oder pulsierendes Potential. 6.1 System Da nichtlineare Systeme i.A. nicht analytisch zu behandeln sind, und erst recht nicht daran zu denken ist, eine ganze Klasse nichtlinearer Systeme zu behandeln, wird hier ein weiteres Beispiel untersucht, um die Überlegungen aus Abschnitt 4.2 zu überprüfen. Eine Form eines einfachen, periodischen Systems, welches die Zerlegung (6.1) nicht erlaubt, enthält ein sinusförmig oszillierendes ’Oszillatorpotential’ 1 : 1 V (x, t) = 1 − (sin (Ωt) + 1) cos (x) , (6.3) 2 womit die Bewegungsgleichung ẍ + σ ẋ + √ 1 (sin (Ωt) + 1) sin (x) = F0 + 2σΓξ(t) 2 (6.4) mit räumlicher Periode L = 2π, zeitlicher Periode τ = 2π und Dämpfung σ wie Ω in Kapitel 5 folgt. Das Potential kehrt sich nicht um (vgl. Fußnote zu (6.3)). Das System erfüllt die Symmetrie (2.16) mit ∆t = 0 und ∆x = 0 bei F0 = 0. 1 sin(Ωt) cos (x) mit 0 ≤ F1 ≤ 1 betrachtet werden. F1 ist Allgemeiner kann V (x, t) = 1 − 1+F1+F 1 ein Maß für die Oszillationstärke des Potentials. Wird F1 > 1 gewählt, kann das Potential sich ’umkehren’. Mit ’umkehren’ ist gemeint, dass der zeitabhängige Faktor vor dem ortsabhängigen Term der Kraft negativ wird. 1 120 KAPITEL 6. ANM IN EINEM OSZILLIERENDEN POTENTIAL 121 Wieder wird in diesem Kapitel die dimensionslose mittlere Geschwindigkeit (2.15) verwendet und hvi genannt. Ein derartiges System läßt sich u.U. in Josephsonkontakten durch zeitlich variable Magnetfelder realisieren. Praktisch ist es möglich, solche Oszillationen im Bereich von etwa 20% zu erzeugen, und auch nur mit recht geringer Frequenz. Es wird hier aber nur der praktisch vermutlich nicht realisierbare Wert F1 = 1 (vgl. Fußnote zu (6.3)) behandelt, und ebenfalls eine recht hohe Frequenz. Ein etwas anderes, ähnliches System, in dem das Potential sich ’umkehrt’ ist durch die Bewegungsgleichung √ ẍ + σ ẋ + sin (Ωt) sin (x) = F0 + 2σΓξ(t) (6.5) gegeben, mit Potential V (x, t) = 1 − sin (Ωt) cos (x). Es erfüllt genauso wie (6.4) die Symmetrie (2.16). 6.2 Eigenschaften der Lösungen Eine Lösung von (6.4) für F0 = 0 ist x(t) ≡ 0. Dies ist ein grundlegender Unterschied zu (5.1). (5.1) hat keine Fixpunkte für F1 > 0,Ω > 0. Der Fixpunkt von (6.4) wird zwar bei gebrochener Symmetrie verschwinden, dabei kann aber ein periodischer Orbit entstehen. Durch das oszillierende Potential kann im symmetrischen System Energie in das System kommen. Sei F0 = 0. Als Gedankenexperiment betrachte man ein ’an-aus’ Potential, oder zugehörige Kraft F (x, t) = F (t) · F (x) mit periodischem F (x + L) = F (x) und periodischem F (t + τ ) = F (t) und F (t) = 1 für 0 ≤ t mod τ ≤ τ /2 und F (t) = 0 für τ /2 ≤ t mod τ ≤ τ . Starte ein Teilchen auf einem Potentialmaximum, während das Potential ’an’ ist und rutsche eine Seite des Potentials herunter. Durchquert das Teilchen das Potentialminimum und wird dann das Potential ’ausgeschaltet’, muss das Teilchen nur genug Geschwindigkeit (’Schwung’) haben, um wieder seine um L verschobene Ausgangsposition zu erreichen 2 . Auf diese Weise sind auch transportierende Lösungen von (6.4) bei F0 = 0 denkbar. I.A. wird dies wesentlich komplizierter sein, jedoch scheint wenigstens eine transportierende Lösung nicht ausgeschlossen. Dabei ist zu bemerken, dass in der überdämpften Dynamik 3 für 0 < F1 < 1 im symmetrischen System bei F0 = 0 keine transportierenden Lösungen existieren können, wie man leicht sieht. 2 Für ein stückweise quadratisches, periodisches Potential und den gegebenen zeitabhängigen Term läßt sich dies analytisch zeigen. Aus den resultierenden Gleichungen lässt sich aber nicht direkt ANM ablesen. Der Effekt kann erst durch die Nichtlinearität an den Schnittstellen des stückweise quadratischen Potentials zustandekommen. Dies führt aber für σ > 0 zu transzendenten Gleichungen, so dass eine analytische Betrachtung wenigstens nicht einfach ist. 3 vgl. Abschnitt 4.1 122 KAPITEL 6. ANM IN EINEM OSZILLIERENDEN POTENTIAL mod 1 1 x(kτ ) 2π 0.5 0 hvi 1 0.5 F0 = 0 F0 = 0.01 F0 = 0.005 F0 = 0.02 0 -0.5 -1 mod 1 1 x(kτ ) 2π 0.5 0 hvi 1 0.5 0 -0.5 -1 0.03 0.04 0.05 σ 0.06 0.07 0.03 0.04 0.05 σ 0.06 0.07 ‘ Abbildung 6.1: Bifurkationsdiagramm in σ Richtung bei Ω = 0.37 und F0 = 0, 0.005, 0.01, 0.02. σ = 0.048 ist durch eine gestrichelte Linie markiert. Die Überlegungen den nichttransportierenden Fixpunkt betreffend gelten im Prinzip auch für das System (6.5), jedoch ist der Fixpunkt für Ω 6= 0 instabil. Die Existenz transportierender Lösungen im symmetrischen System kann ähnlich wie für (6.4) leicht plausibel gemacht werden. 6.3 Numerische Lösung (6.4) und (6.5) stellen numerisch keine Probleme dar. Es wird wieder nach phaselocked Attraktoren gesucht. 6.3.1 System (6.4) In diesem Abschnitt wird das System (6.4) betrachtet. Der Kontrollparameterraum des symmetrischen Systems, also bei F0 = 0, wurde nach phase-locked transportierenden Lösungen durchsucht. Es wurden in dieser Arbeit kleine Bereiche transportierender Attraktoren für kleine Dämpfungen σ . 0.1 gefunden. Der Rand eines solchen zu kleinen σ bei Ω = 0.37 ist hier exemplarisch näher betrachtet, und das Bifurkationsdiagramm in σ-Richtung in Abbildung 6.1 dargestellt. Das Verhalten aller in dieser Arbeit gefundenener bei F0 = 0 existenten phase-locked transportierender Attraktoren ist ähnlich, insofern ein Rand zu kleinen σ existiert. KAPITEL 6. ANM IN EINEM OSZILLIERENDEN POTENTIAL 123 Wird nun die Symmetrie durch die konstante Kraft F0 > 0 gebrochen, verschieben sich die Stabilitätsbereiche wieder auf die in Abschnitt 4.2 vermutete Weise. Dies ist in Abbildung 6.1 dargestellt. Über den gesamten gezeigten Bereich ist jedoch auch ein nichttransportierender Attraktor stabil. Dadurch wird der resultierende Strom unmeßbar klein. Prinzipiell ändert dies jedoch nichts an dem Vorhandensein des Effekts, da die Dynamik für sehr kleine Rauschstärken durch die beiden Attraktoren dominiert sein wird, und das Vorzeichen des mittleren Stromes deshalb negativ sein wird. Im Rahmen dieser Arbeit wurden keine Parameterbereiche gefunden, in denen der nichttransportierende Attraktor instabil wird. Durch eine eingehendere Betrachtung dieser könnten aber solche Parameterbereiche ausfindig gemacht werden, insofern sie existieren. Insbesondere läßt sich die um den Fixpunkt herum linearisierte Gleichung evtl. analytisch betrachten, und dadurch die Stabilität des Fixpunkts untersuchen. Desweiteren verschwindet der Fixpunkt für F0 > 0, und das Auftauchen eines entsprechenden nichttransportierenden periodischen Orbits ist nicht zwingend. 6.3.2 System (6.5) In diesem Abschnitt wird das System (6.5) betrachtet. Wieder wird die Kontrollparameterraumebene Ω-σ bei F0 = 0 nach phase-locked transportierenden Attraktoren durchsucht. Im Gegensatz zum System (6.4) ergeben sich weite Kontrollparameterraumbereiche in denen wie erwartet phase-locked transportierenden Attraktoren existieren. Exemplarisch sind phase-locked transportierende Attraktoren mit hvi = 1 bei Ω = 0.7 und σ ∈ [0.1, 0.25] ausgesucht, siehe Abbildung 6.2. Für große σ sind diese periodisch mit dem oszillierenden Potential synchronisiert und werden durch eine periodenverdoppelnde Kaskade zu chaotischen Attraktoren, welche bei σ ≈ 0.179 durch eine Krise zerstört werden. Danach existiert wie im System (5.1) ein nicht phase-locked, nicht transportierender Attraktor, welcher intermittent durch die aus den transportierenden Attraktoren entstandenen Repelloren dominiert ist. Bei σ . 0.12 werden periodisch nichttransportierende Attraktoren stabil. Das Ende der periodenverdoppelnden Kaskade und die Krise sind im Bifurkationsdiagramm in Abbildung 6.2 (links oben) gezeigt. Wird die Symmetrie durch F0 > 0 gebrochen verschieben sich die Stabilitätsbereiche wieder in etwa entsprechend den heuristischen Überlegungen aus Abschnitt 4.2. Der in Kraftrichtung transportierende Attraktor verschiebt sich jedoch nicht besonders weit in Richtung größerer σ, so dass direkt am Ort der Krise zwar ANM stattfinden wird, jedoch schnell wieder verschwinden wird. Daher wird hier σ = 0.178 etwas ’links’ von der Krise ausgewählt. Die Antwortkurve und das Bifurkationsdiagramm in F0 Richtung sind in Abbildung 6.3 124 KAPITEL 6. ANM IN EINEM OSZILLIERENDEN POTENTIAL mod 1 1 x(kτ ) 2π 0.5 hvi 0 1 0.5 F0 = 0 F0 = 0.05 F0 = 0.01 F0 = 0.2 0 -0.5 -1 mod 1 1 x(kτ ) 2π 0.5 hvi 0 1 0.5 0 -0.5 -1 0.1 0.13 0.16 σ 0.19 0.22 0.1 0.13 0.16 σ 0.19 0.22 ‘ Abbildung 6.2: Bifurkationsdiagramm in σ Richtung bei Ω = 0.7 und F0 = 0, 0.01, 0.05, 0.2. σ = 0.179 ist durch eine gestrichelte Linie markiert. Die ’Streuung’ der mittleren Geschwindigkeiten der Punkte links von der Krise liegt an einer zu gering gewählten Integrationszeit. Die Geschwindigkeiten für σ . 0.115 und F0 = 0.2 sind positiv und größer als 1, und deshalb außerhalb des dargestellten Bereichs. Die zugehörigen Attraktoren sind nicht phase-locked. dargestellt. Für kleine Γ ergibt sich ANM, und der Strom wird für Γ & 0.002 wieder positiv, der ANM Effekt verschwindet also. 6.4 Diskussion Auch in den betrachteten Systemen (6.4) und (6.5) kommt es zu ANM nach den Überlegungen aus Abschnitt 4.2. Voraussetzung für den Erfolg der Überlegungen ist ein Rand des Stabilitätsbereich eines phase-locked Attraktors zu kleinen Dämpfungen im symmetrischen System, welcher gleichzeitig von anderen Attraktoren isoliert ist. Im System (6.4) wurde zwar keine ANM mit messbaren Strömen gefunden, da in den betrachteten Parameterbereichen ein nichttransportierender Attraktor dominiert. Durch eine genauere Betrachtung der Stabilität dieses Attraktors können aber evtl. Kontrollparameterraumbereiche gefunden werden, in denen dieser nicht existiert, und so große Ströme möglich werden. Besonders der Bereich um kleine 125 KAPITEL 6. ANM IN EINEM OSZILLIERENDEN POTENTIAL 1 mod 1 0.6 x(kτ ) 2π 0.8 0.4 hvi 0.2 0 1 0.5 0 -0.5 -1 0 0.04 0.08 0.12 0.16 0.2 F0 Γ=0 Γ = 0.0001 Γ = 0.0005 Γ = 0.001 Γ = 0.002 Abbildung 6.3: Bifurkationsdiagramm und Antwortkurve bei Ω = 0.7 und σ = 0.178, variierende Γ in der Antwortkurve. Die ’Streuung’ der Punkte bei Γ = 0 liegt an zu geringer Integrationszeit, genauso das ’merkwürdige’ Verhalten der Antwortkurven für Γ ≤ 0.0005 und F0 & 0.1. Hier sind die Werte vermutlich falsch, und die wahren Werte liegen evtl. außerhalb der Fehlerbalken. Das Ergodizitätskriterium wurde hier nicht erfüllt, vgl. Abschnitt 2.1.11 Dämpfungen scheint hier interessant, da es scheint, als wenn vor allem in diesem Bereich transportierende Attraktoren existierten. Die um den nichttransportierenden Fixpunkt herum linearisierte Bewegungsgleichung könnte evtl. mit analytischen Methoden behandelt werden, die resultierende Gleichung läßt sich auf eine Form der Matthieu Gleichung reduzieren [48]. Genauso sollte es im Bereich kleiner Dämpfungen möglich sein, transportierende Attraktoren für kleinere F1 zu finden, so dass der Effekt evtl. experimentell ’realistischer’ wird. Im System (6.4) findet ANM mit großem Strom und ähnlichen Eigenschaften wie in Kapitel 5 betrachtet statt. In beiden Systemen lassen sich die Überlegungen aus Abschnitt 4.2 erfolgreich anwenden. 7 ANM in einer eindimensionalen Abbildung In diesem Kapitel wird eine eindimensionale Dynamik konstruiert, in der ANM stattfindet. Nach Abschnitt 4.1 ist dies ausgeschlossen, wenn die dort gemachte Annahme, die Stetigkeit des Prozesses (4.5), erfüllt ist. Diese Annahme kann z.B. mit Delta-Kicks gebrochen werden, wie bereits in Abschnitt 4.1 angedeutet. 7.1 System Um ANM zu erzeugen, muss die Kraft die Symmetrie (2.16) erfüllen. Wie in Abschnitt 4.1 beschrieben, wird die Kraft G(x, t) = H(x) +∞ X j=−∞ δ (t − jτ ) (7.1) mit H(x) = H(x + L) = −H(−x) symmetrisch und periodisch gewählt. Damit ist G(x, t) zeitlich und räumlich periodisch und erfüllt die Symmetrie (2.16). Es wird o.E. τ = 1 und L = 1 gesetzt, da diese Faktoren hier nur in die Skalierung der verbleibenden Parameter eingehen. Es wird additives Gauss’sches weißes Rauschen betrachtet. Die überdämpfte Bewegungsgleichung eines Teilchens in diesem Kraftfeld lautet dann ẋ = H(x(t)) +∞ X j=−∞ δ (t − j) + F + √ 2Γξ(t) (7.2) mit konstanter Kraft F und dem Gauss’schen Prozess ξ(t). Im symmetrischen System gilt F = 0. Diese Gleichung kann direkt integriert werden. Sei xk ≡ x(k−ǫ) mit k ∈ N und ǫ ≪ 1 die Koordinate einer Lösung von (7.2) kurz vor einem ’Kick’. Dann gilt kurz vor dem nächsten ’Kick’ √ Z (k+1)−ǫ ′ ′ x((k + 1) − ǫ) ≡ xk+1 = xk + H(xk ) + F + 2Γ ξ(t )dt . (7.3) k−ǫ Der letzte (zufällige) Term ist wieder standardnormalverteilt. Es ergibt sich also die durch einen zufälligen Term gestörte Abbildung P √ xk+1 = xk + H(xk ) + F + 2Γξk ≡ P (xk ) (7.4) 126 KAPITEL 7. ANM IN EINER EINDIMENSIONALEN ABBILDUNG 127 mit einer standardnormalverteilten Zufallsvariablen ξk . Das System ist für Γ > 0 ergodisch [71]. Die dimensionslose mittlere Geschwindigkeit wird hier betrachtet und ist definiert als xk − x0 hvi = lim (7.5) k→∞ k und im Falle Γ = 0 von der Anfangsbedingung x0 abhängig zu interpretieren. Dieses System hat i.A. ein äußerst komplexes Verhalten. Eindimensionale Abbildungen dieser Art (ohne den zufälligen Term und die hier gestellten Forderungen an H(x)) dienen oft als Modelle um ’chaotische Phänomene’ zu verstehen [29]. Je nach der Form von H(x) kann das System periodische und chaotische Attraktoren, ebenso Repelloren haben [18, 72]. 7.2 Periodische Attraktoren Das Ziel dieses Kapitels ist es die Kraft G(x, t) bzw H(x) so zu wählen, dass ANM auftritt. Zu diesem Zweck werden hier einfache periodische Attraktoren des Systems betrachtet. In diesem Abschnitt ist Γ = 0 und für den Rest dieses Kapitels wird die reduzierte Dynamik x → x mod 1 betrachtet. Ein periodischer ’Fixpunkt’ xf mit Periode 1 und Transport n ist gegeben durch 1 P (xf ) = xf + H(xf ) + F = n + xf . (7.6) Die mittlere Geschwindigkeit des Fixpunkts ist gegeben durch hvixf = n, und der Fixpunkt wird n-Fixpunkt genannt. Aufgrund der Symmetrie von H(x) existiert zu jedem transportierenden Fixpunkt x+ (o.E. hvi+ > 0) des Systems bei F = 0 ein weiterer Fixpunkt x− mit hvi− < 0. Ist die Dynamik asymptotisch durch zwei solche (stabile) Fixpunkte bestimmt, muss, um nun mit Hilfe dieser beiden Fixpunkte ANM zu erzeugen, der in Kraftrichtung transportierende Fixpunkt verschwinden (oder seine Stabilität verlieren) während der entgegen der Kraftrichtung transportierende Fixpunkt bleibt (seine Stabilität behält). 1 Ein Fixpunkt der Abbildung in der vollen Dynamik ist nur ein 0-Fixpunkt in der hier verwendeten Nomenklatur. n-Fixpunkte sind aber Fixpunkte in der reduzierten Dynamik x → x mod 1. KAPITEL 7. ANM IN EINER EINDIMENSIONALEN ABBILDUNG 128 Lokale Stabilität der Fixpunkte Wird ein periodischer n-Fixpunkt xf des Systems durch eine kleine Störung gestört, ergibt sich mit xk = xf + ǫk in erster Ordnung in der Störung P (xk ) = xk+1 = xf + H(xf + ǫk ) + F + ǫk ! ∂H + 1 ǫk ≈ xf + H(xf ) + F + ∂x xf ! ∂H + 1 ǫk = xf + n + ∂x xf = xf + n + ǫk+1 Damit ergibt sich für die zeitliche Entwicklung der Störung ! ∂H ǫk+1 = + 1 ǫk ∂x xf und als Kriterium für die lokale Stabilität des Fixpunktes ! ∂H + 1 < 1. ∂x xf 7.3 (7.7) (7.8) (7.9) (7.10) (7.11) (7.12) Wahl von H(x) Um ANM einfachstmöglich zu bekommen, ist es nur nötig, dass es stabile Fixpunkte gibt, und H(x) wird der Einfachheit halber stückweise linear gewählt. (7.9) gilt jeweils auf einem linearen Stück exakt, und ein Fixpunkt ist stabil, wenn die Steigung von H am Fixpunkt (7.12) erfüllt. Die einfachste Wahl von H(x) stückweise linear und periodisch, so dass die Symmetrie (2.16) erfüllt ist lautet für 0 < x < 1 H(x) = a · (x − 1/2). (7.13) H(x) wird periodisch fortgesetzt. Es wird −2 < a < 0 gewählt, damit es stabile Fixpunkte geben kann. Die Bedingung für die Existenz eines n-Fixpunktes bei F = 0 lautet |a| , (7.14) |n| < 2 woraus folgt, dass es keine stabilen n-Fixpunkte mit n 6= 0 und H(x) wie in (7.13) geben kann. Der einzige Fixpunkt ist x0 = 1/2 mit hvi = 0. Um transportierende 129 KAPITEL 7. ANM IN EINER EINDIMENSIONALEN ABBILDUNG 0.7 1.5 b=0 b = 0.5 b = 0.75 b=1 0.6 0.5 b=0 b = 0.5 b = 0.75 b=1 1 0.5 0.4 H(x) V (x) 0.3 0.2 0 -0.5 0.1 -1 0 -0.1 -1.5 0 0.25 0.5 0.75 1 0 x 0.25 0.5 0.75 1 x Abbildung 7.1: Ortsabhängiger Anteil des Potentials (links) und H(x) (rechts) für verschiedene Werte von b und a = −1. Die (transportierenden) Fixpunkte sind für F < 0(∗), F = 0(+) und F > 0(×) in grün (in positiver x-Richtung transportierend) bzw. schwarz (in negativer x-Richtung transportierend) eingezeichnet. Zu beachten ist, dass die überstehenden Teile des Potentials für x < 0, x > 1 und V (x) < 0 nur zur Übersicht eingezeichnet sind. Die in diesen Teilen des Potentials gezeichneten Fixpunkte existieren nicht. Fixpunkte bei F = 0 zu erlauben, wird H ’verschoben’, ohne die Symmetrie zu verletzen: a · (x − 1/2) + b , 0 ≤ x < 1/2 a · (x − 1/2) − b , 1/2 < x ≤ 1 . H(x) = (7.15) 0 , x = 1/2 mit b ≥ 0. Der nichttransportierende Fixpunkt wird nun instabil, und die Bedingung für einen (stabilen) Fixpunkt bei F = 0 mit n 6= 0 lautet |n − b| < |a| . 2 (7.16) Für F = 0,0 < b < 1 und −2 < a < 0, so dass (7.16) erfüllt ist, gibt es 2 stabile Fixpunkte 0 < x± < 1 mit n = ±1. Seien L+ = (0, 1/2) und L− = (1/2, 1) die ununterbrochenen linearen Stücke von H(x), auf denen H(x) > 0 bzw. H(x) < 0 gilt. Dann liegt x+ in L+ und x− in L− . Für −1 < a < 0 ist die Annäherung einer Anfangsbedingung auf L± an den Fixpunkt einseitig, da in (7.9) der Störterm ohne das Vorzeichen zu wechseln gegen Null geht. In diesem Fall sind L± die Attraktionsbereiche von x± , und es gibt keine weiteren Attraktoren (in der reduzierten Dynamik). KAPITEL 7. ANM IN EINER EINDIMENSIONALEN ABBILDUNG 130 Ist −2 < a < −1 ist die Annäherung einer Anfangsbedingung auf L± an den Fixpunkt oszillatorisch, da der Störterm mit jeder Iteration das Vorzeichen wechselt. Liegt x± genau in der Mitte von L± , so ist wieder L± der Attraktionsbereich von x± . In den anderen Fällen ist das Verhalten des Systems komplizierter. Ihre Betrachtung wird hier nicht benötigt. Superstabilität + 1 = 0, also ∂H = −1 ist der Fixpunkt superstabil. Das heißt, Für ∂H ∂x xk ∂x xk dass (kleine) Störungen innerhalb eines Zeitschrittes verschwinden. In gewisser Weise ist dies die einfachste Situation, und wird im Rest dieses Kapitels betrachtet. 7.4 Globale Stabilität superstabiler Fixpunkte Es sei H(x) wie (7.15) gewählt mit a = −1. Für 1/2 < b < 1 existieren bei F = 0 zwei superstabile Fixpunkte x± mit hvi = ±1. Für F > 0 verschieben sich die Fixpunkte nach x± (F, b) = 1/2 ± b ∓ 1 + F (7.17) solange sie innerhalb ihres Attraktionsbereichs bleiben. Berührt einer der Fixpunkte den Rand seines Attraktionsbereichs, verschwindet er. Bei 0 < Γ ≪ 1 werden die (Fixpunkte) Attraktoren metastabil, und ein Verlassen des Attraktors wird möglich. Aufgrund der Superstabilitätseigenschaft kann dies recht einfach behandelt werden. Sei xk = x+ + ∆ ∈ L+ 2 . Dann gilt aufgrund der Superstabilität von H √ P (xk ) = xk+1 = x+ + 2Γξk . (7.18) Damit kann für die Wahrscheinlichkeit, den Attraktionsbereich innerhalb eines Zeitschrittes zu verlassen −x+ 1/2 − x+ (7.19) P+ = 1 − Prob ξk ∈ √ , √ 2Γ 2Γ 1 1/2 − x+ x+ √ = erfc + erfc √ (7.20) 2 Γ Γ R −x ′2 geschrieben werden, wobei erfc(x) = √2π −∞ e−x dx′ die komplementäre Fehlerfunktion ist. Die Argumente sind gerade die Abstände des Fixpunktes zu den Rändern seines Attraktionsbereichs. 2 ∆ muss hier nicht infinitesimal sein. 131 KAPITEL 7. ANM IN EINER EINDIMENSIONALEN ABBILDUNG Verlässt ein Fixpunkt, welcher bei F = 0 existierte, bei 0 < F < 1/2 seinen Attraktionsbereich, gehört dieser (ehemalige) Attraktionsbereich 3 fortan zum Attraktionsbereich des verbleibenden Fixpunktes 4 . Es entsteht jedoch ein ’Transient’, welcher in der deterministischen Dynamik (Γ = 0) genau die Dauer eines Zeitschrittes hat, denn eine Anfangsbedingung in dem ehemaligen Attraktionsbereich des Fixpunktes wird direkt auf die vermeintliche Position des Fixpunktes abgebildet, an deren Stelle sich nun der (direkte) Attraktionsbereich des verbleibenden Fixpunktes befindet. Durch den Rauschterm kann sich diese Transientendauer erhöhen. Es wird wieder o.E. der (nur noch formell nach (7.17) existente) Fixpunkt x+ 6∈ L+ betrachtet. Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb eines Zeitschrittes L+ zu verlassen, ist wieder durch (7.20) gegeben, wenn x+ < 0 oder x+ > 21 formell zugelassen wird. Für den x− Fixpunkt gilt entsprechend 1/2 − x− 1 − x− √ P− = 1 − Prob ξk ∈ , √ (7.21) 2Γ 2Γ x− − 1/2 1 − x− 1 √ √ + erfc (7.22) erfc = 2 Γ Γ Rauschbedingtes Entweichen aus einem Attraktor in eine um ±1 verschobene Kopie des Attraktors wird vernachlässigt. Genauso wird die Richtung rauschbedingten Entweichens aus einem Attraktor vernachlässigt. Weiterhin wird angenommen, dass der ehemalige Attraktionsbereich eines instabilem Fixpunktes immer in der deterministisch vorgegebenen Weise verlassen wird. All dies wird durch Γ ≪ 1 gerechtfertigt. Im Prinzip könnten all diese Prozesse analytisch betrachtet werden, jedoch würde dies beim Verständnis des ANM Effektes hindern. 7.5 Mittlere Geschwindigkeit Ist die Dynamik durch die beiden superstabilen Fixpunkte x± dominiert, wovon für |F | ≪ 1, Γ ≪ 1, a = −1 und 1/2 < b < 1 ausgegangen werden kann, ist die mittlere Geschwindigkeit durch (2.49) gegeben: hvi = P− − P+ , P− + P+ (7.23) da die Wahrscheinlichkeiten P± gerade die Entweichraten aus den entsprechenden Zuständen sind, und die Geschwindigkeiten auf den Zuständen gerade ±1 sind. Wie man leicht sieht, gilt hvi = 0 für F = 0. 3 4 In der hier beschriebenen Situation a = −1, 1/2 < b < 1 Es wird nur die Situation betrachtet, dass noch einer der beiden Fixpunkte existiert. 132 KAPITEL 7. ANM IN EINER EINDIMENSIONALEN ABBILDUNG 40 30 Mobilität 20 10 0 Γ = 0.04 Γ = 0.02 Γ = 0.01 Γ = 0.005 Γ = 0.003 -10 -20 -30 -40 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 b Abbildung 7.2: Mobilität bei F = 0 nach (7.24). Die Symbole wurden als finite Differenzen durch numerische Iteration mit einer kleinen Kraft berechnet (siehe Text). Die Fehler der Mittelwerte sind von der Größenordnung der Symbole. (Es wurde ein größerer Bereich geplottet, als der, in dem die Approximation als gültig zu erwarten ist). 7.6 Mobilität bei F = 0 und a = −1 Für die Mobilität bei F = 0 ergibt sich “ ”2 ” “ b−1/2 2 √ − 1−b − √ Γ Γ e ∂ hvi 2 −e . =√ ∂F F =0 πΓ erfc 1−b √ √ + erfc b−1/2 Γ (7.24) Γ Die Mobilität bei F = 0 wird Null, wenn b = 3/4 gilt. Für b < 3/4 ist die Mobilität positiv, und für b > 3/4 negativ (für kleines Rauschen). Für b > 3/4 wird also ANM vorausgesagt. Dies ist in Abbildung 7.2 für verschiedene Rauschstärken dargestellt. Numerisch kann die Mobilität als finite Differenz approximiert werden. Hierzu wurde in Abbildung 7.2 die mittlere Geschwindigkeit für F = 0.01 durch Iteration von (7.4) berechnet (vgl. Abschnitt 7.7), und die Mobilität durch hvi(F =0.01) approximiert. Diese Approximation ist nicht besonders gut, woraus sich 0.01 die Abweichungen für kleine Temperaturen in Abbildung 7.2 ergeben. ANM durch superstabile Fixpunkte Das Resultat, dass für 3/4 < b < 1 ANM zu erwarten ist, läßt sich anschaulich einfach verstehen. Damit es ANM gibt, muss für F > 0 der in positiver Richtung transportierende Fixpunkt x+ weniger stabil sein, als der x− Fixpunkt. Die KAPITEL 7. ANM IN EINER EINDIMENSIONALEN ABBILDUNG 133 Stabilität ist im Wesentlichen durch den Abstand des Fixpunktes zum Rand des Attraktionsbereichs gegeben. Im einfachsten Fall sehr kleiner Temperaturen wird das Entweichen aus einem Attraktor also durch Entweichprozesse zum ’nächstgelegenen’ Rand seines Attraktionsbereichs erfolgen. Dies entspricht der Annahme, dass einer der beiden Terme in (7.20) bzw. (7.22) sehr viel größer als der andere Term ist. Damit läßt sich sehr einfach ein Kriterium finden, damit ANM stattfindet. Durch F > 0 verschieben sich beide Fixpunkte wegen (7.17) in positiver Richtung. Ist also x+ bei F = 0 bereits in der ’rechten’ Hälfte 1/4 < x+ < 1/2 seines Attraktionsbereichs wird die globale Stabilität dieses Fixpunktes durch eine Erhöhung von F abnehmen. Aus Symmetriegründen befindet sich in diesem Fall der x− Fixpunkt in der ’linken’ Hälfte seines Attraktionsbereichs, und seine globale Stabilität wird zunehmen. Dies sieht man sofort aus (7.20) bzw. (7.22). Für x+ (F = 0) > 1/4 wird der zweite Term in (7.20) dominieren, und für den anderen Fixpunkt gilt wegen (7.17) x− < 3/4 und der erste Term dominiert in (7.22). Für F = 0 gilt für die Argumente der Fehlerfunktionen 12 − x− (F = 0) = x+ (F = 0) − 21 , und die Argumente der dominierenden Terme in (7.20) sind gleich. F geht in die Argumente mit un+ − terschiedlichem Vorzeichen ein, weshalb ∂P > 0 und ∂P < 0, was nichts anderes ∂F ∂F heißt, als dass die Entweichrate aus dem in positiver Richtung transportierenden Attraktor zunehmen wird, während die Entweichrate aus dem in negativer Richtung transportierenden Attraktor abnehmen wird. Es wird also eine negative mittlere Geschwindigkeit für positive (und nicht zu große) F geben. Im umgekehrten Fall x+ (F = 0) < 1/4 findet genau das Gegenteil statt, da in diesem Fall in (7.20) der erste Term bzw. in (7.22) der zweite Term für Γ → 0 dominiert. Die Fixpunkte befinden sich also in den ’linken’(x+ ) bzw. ’rechten’(x− ) Hälften ihrer Attraktionsbereiche, und die Antwort des Systems ist ’normal’. Die Bedingung für x+ (F = 0) > 1/4 übersetzt sich zusammen mit 1/2 < b < 1 5 in 3/4 < b < 1, (7.25) in Übereinstimmung mit (7.24). Für diese Werte von b ist also ANM zu erwarten. Für b = 3/4 findet der Übergang zu normalem Antwortverhalten statt. Für b = 1 ergibt sich die interessante Situation, dass bei F = 0 keine Fixpunkte existieren (formell befinden sie sich exakt auf dem Rand ihres Attraktionsbereichs), aber für F > 0 der Fixpunkt, welcher dann entgegen der Kraft transportiert, in seinen 5 Diese Forderung ergibt sich daraus, dass bei F = 0 zwei Fixpunkte existieren sollen. Im Prinzip könnte auch 0 < b < 1.5 zugelassen werden, jedoch sind den ’hinzugekommenen’ Bereichen mindestens jeweils ein Fixpunkt instabil, und für b = 0, 1.5 tauchen weitere Fixpunkte mit n = 0, n = ±2 auf, wodurch (7.23) nicht mehr gültig wäre, und demnach auch das einfache Argument hier seine Gültigkeit verlieren würde. KAPITEL 7. ANM IN EINER EINDIMENSIONALEN ABBILDUNG 1 134 b = 0.5 b = 0.74 b = 0.75 b = 0.76 b=1 hvi 0.5 0 -0.5 -1 -0.4 -0.2 0 F 0.2 0.4 Abbildung 7.3: Antwortkurve für verschiedene Werte von b durch numerische Iteration von (7.4) mit H(x) durch (7.15) gegeben mit a = −1 und Γ = 0.005. Die Fehler sind von der Größenordnung der Symbole. Linien: analytische Approximation (7.23). Attraktionsbereich zurückkehrt, und stabil wird. In den Überlegungen geht zentral ein, dass es keine weiteren an der Dynamik beteiligten Zustände gibt. Dies wird zum einen durch 21 < b < 1 gewährleistet. Für b > 1.5 kommen bereits bei F = 0 ’schneller’ transportierende Fixpunkte hinzu, während für 0 < b < 1/2 und 1 < b < 3/2 6 bei F = 0 keine transportierenden Fixpunkte existieren. Dies gilt nur für a = −1. Für −1 < a < 0 ist die Struktur der Abbildung aber ähnlich einfach, und die Überlegungen können qualitativ auch auf diesen Fall übertragen werden. Desweiteren ist es prinzipiell möglich, auch weitere Zustände in die Überlegungen mit eingehen zu lassen, und auf diese Weise eine Form von (7.23) auch für andere Werte von b und F aufzustellen. Dadurch würde jedoch die einfache Struktur verloren gehen. 7.7 Vergleich mit numerischer Iteration Gleichung (7.4) kann ohne weiteres numerisch iteriert werden, indem der zufällige Term durch gaussverteilte Zufallszahlen simuliert wird. Genauso können die 6 In diesem Fall existieren nur Periode 2 nichttransportierende Fixpunkte, wie man leicht sieht. KAPITEL 7. ANM IN EINER EINDIMENSIONALEN ABBILDUNG 0.2 135 0.2 b=1 0 F F F -0.2 F b = 0.8 0 = 0.02 = 0.05 = 0.1 = 0.2 -0.2 hvi -0.4 hvi -0.4 -0.6 -0.6 -0.8 -1 1e-04 F = 0.05 F = 0.1 F = 0.2 -0.8 0.001 Γ 0.01 0.1 -1 0.001 0.01 0.1 Γ Abbildung 7.4: Mittlere Geschwindigkeit für verschiedene Werte von F . Die Fehler sind von der Größenordnung der Symbole. Linien: analytische Approximation (7.23). Fehlerfunktionen der Standardnormalverteilungen numerisch berechnet werden 7 . Die analytische Approximation (7.23) ist gültig für Γ ≪ 1, F ≪ 1, a = −1 und 1/2 < b < 1. Für F = ±(1.5 − b) taucht ein weiterer Fixpunkt mit hvi = ±2 auf, welcher in der Approximation nicht berücksichtigt ist und die Approximation falsch werden läßt. Desweiteren sind durch den Rauschterm verursachte Sprünge größer als 1/2 nicht berücksichtigt, und die Richtung der Sprünge durch den Rauschterm ist vernachlässigt 8 . Numerische Probleme treten weiterhin für sehr kleine Γ bei der Iteration von (7.4) auf, da die Entweichraten in diesem Fall gegen Null gehen, und sehr lange iteriert werden müss te, um das Ergodizitätskriterium zu erfüllen. In Abbildung 7.3 sind beispielhaft Ergebnisse der analytischen Approximation (7.23) und direkter numerischer Iteration von (7.4) dargestellt. Es wurden verschiedene Werte für b gewählt. Für b < 3/4 ist die Antwortkurve ’normal’, wie erwartet. Die Mobilität bei F = 0 ist Null für b = 3/4, und für b > 3/4 wird die Mobilität negativ. Die Übereinstimmung der Approximation (7.23) mit den Resultaten numerischer Iteration ist sehr gut für kleine |F |. Für große |F | wird die Approximation, 7 Hier werden Routinen aus der GNU Scientific Library [73] verwendet. Insofern der verlassene Fixpunkt sich nicht in der Mitte seines Attraktionsbereichs befindet werden die Entweichprozesse aus dem Fixpunkt i.A. eine Vorzugsrichtung haben. 8 KAPITEL 7. ANM IN EINER EINDIMENSIONALEN ABBILDUNG 136 wie erwartet, schlechter. Groß heißt hier so groß, dass weitere Zustände zum tragen kommen, oder die Richtungen rauschbedingten Entweichens wichtig werden. In Abbildung 7.4 sind beispielhaft die Temperaturabhängigkeiten des ANM Effektes dargestellt. Wie zu erwarten verschwindet der Effekt für große Γ. Der Effekt ist am stabilsten gegen Rauschen, wenn der Abstand des Fixpunktes zum Rand des Attraktionsbereichs größtmöglich ist. Für große Γ ergibt sich Transport in Richtung der Vorzugsrichtung mit hvi = F , wie erwartet 9 . 7.8 Diskussion und Vergleich mit Abschnitt 4.2 In der überdämpften Dynamik gibt es keinen Dämpfungsparameter. Aufgrund der Linearität der Gleichungen ist hier aber die Umsetzung der in das System zugeführten Energie ’linear’. Die Stärke dieser Energiezufuhr ist durch den Parameter b gegeben. Für b > 3/4 und F = 0 (in der oben betrachteten Situation) stellt eine Erhöhung der Energiezufuhr in den transportierenden Zustand eine Reduktion der (globalen) Stabilität des Zustandes dar. Die Symmetriebrechung F geht auf die gleiche Weise ein, jedoch wird die dem Zustand zur Verfügung stehende Energie in einem Fall reduziert, und im anderen Fall erhöht. Dies ist unmittelbar aus (7.17) zu erkennen. Das einfache Modell (7.4) führt also zu ANM, und ist dabei ähnlich einfach wie z.B. das Modell in [74], in dem ein modifizierter Random Walk betrachtet wird. Der physikalische Mechanismus ist aber wesentlich verschieden. Der in diesem Kapitel betrachtete Mechanismus ist kurz der, dass ein periodischer Attraktor verschwindet, weil er zu viel Energie erhält, und durch die Form des Potentials weniger Energiezufuhr nicht möglich ist. Es ließe sich prinzipiell auch eine nicht überdämpfte Dynamik, mit qualitativ demselben Potential, und ähnlichem Resultat betrachten, jedoch werden die Ausdrücke wesentlich komplizierter. Der Effekt existiert auch in diesem Fall, wie man leicht sieht, und eine numerische Untersuchung führte zu qualitativ ähnlichen Resultaten. Interessant hieran ist, dass der in Abschnitt 4.2 postulierte Mechanismus für das Auftreten von ANM in der nicht überdämpften Dynamik gerade zu dem hier betrachteten Mechanismus führt. In der nicht überdämpften Dynamik wird die Energiezufuhr in den Attraktor durch Dissipation kompensiert. Eine Verringerung der Dissipation führt dazu, dass der den Attraktor bestimmende Fixpunkt zu kleineren Kraftstößen wandert, der Attraktor also weniger Energie erhält. Ist dies nicht mehr möglich (durch die Form des Potentials) wird der Attraktor verschwin9 Dies lässt sich einfach sehen, da für Γ ≫ 1 kurz vor einem ’Kick’ das Teilchen sich mit gleicher Wahrscheinlichkeit an jedem Ort in der reduzierten Dynamik aufhält. Im Mittel wird es also den Transport F erfahren, da in diesem Fall der Transport durch das Potential aus Symmetriegründen weggemittelt wird. KAPITEL 7. ANM IN EINER EINDIMENSIONALEN ABBILDUNG 137 den. Der konstante Kraftterm führt den Attraktoren ihrer Transportrichtung entsprechend Energie zu (entzieht ihnen Energie), und wirkt damit gerade auf die in Abschnitt 4.2 postulierte Weise. Im Falle einer nicht überdämpften Dynamik wären darüberhinaus auch endliche Kraftstoßdauern denkbar, so dass der Mechanismus auch in einem dynamischen System mit stetigen Größen denkbar wäre. Da dieses zweidimensional wäre, würde das No-Go Theorem dann aber auch nicht mehr ANM verbieten. 8 Fazit Im Rahmen dieser Arbeit konnte gezeigt, dass ANM in räumlich eindimensionalen, periodischen und symmetrischen, dissipativen physikalischen Systemen der Form (2.10) ein nicht ungewöhnlicher Effekt ist, wenn gewisse Bedingungen erfüllt sind. Die ersten beiden Bedingungen betreffen generell ANM und sind nicht spezifisch für die betrachtete Systemklasse: 1. Das System muss periodisch, also auch nichtlinear sein und die Symmetrie (2.16) erfüllen. 2. Das System muss durch einen Term ’gebiased’ werden können, welcher die Symmetrie zugunsten einer Vorzugsrichtung bricht, und dem System gerichtet Energie zuführt. 3. Das System muss sich in einem Zustand fernab vom thermodynamischen Gleichgewicht befinden. Aufgrund der Form von Potential und des zufälligen Terms ist dies nur in nichtautonomen Systemen der Form (2.10) möglich [1]. Die weiteren Bedingungen gehen direkt in die Überlegungen aus Abschnitt 4.2 als Voraussetzung für das Auftreten von ANM in der dort betrachteten Form ein: 4. Das System darf nicht überdämpft sein. 5. Es muss im symmetrischen Zustand transportierende metastabile Zustände 1 geben, durch welche die Dynamik bei kleinen Rauschstärken dominiert ist 2 3 . Die Stabilitätsbereiche dieser Zustände im Kontrollparameterraum des symmetrischen Systems müssen Ränder zu kleiner werdenden Dämpfungen 4 haben, bzw. die Zustände Stabilität, oder statistisches Gewicht, in dieser Richtung verlieren. 1 Im Rahmen dieser Arbeit handelt es sich um Attraktoren oder Repelloren. D.h. die Dynamik kann durch ein Markovmodell (vgl. Abschnitt 2.1.11) aus diesen Zuständen bei asymptotisch kleinen Rauschstärken adäquat beschrieben werden. Diese Zustände führen aus Symmetriegründen in der ergodischen Dynamik ohne konstante Kraft im Mittel zu keinem Transport. 3 Desweiteren stellen weitere nichttransportierende Zustände zwar für das Vorhandensein von ANM prinzipiell nicht unbedingt ein Hindernis dar, für die Messbarkeit des Effekts aber schon. 4 Es könnten auch andere Kontrollparameter gewählt werden, welche die Balance der von den metastabilen Zuständen dissipierten Energie zu der in die Zustände ’gepumpten’ Energie ’direkt’ kontrollieren. Diese müssen derart sein, dass sie einen Rand in Richtung geringerer Energiedissipation/mehr zu dissipierender Energie definieren. Dies ist i.A. aber nicht einfach zu behandeln. 2 138 KAPITEL 8. FAZIT 139 Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, ist nicht mit ANM nach den Überlegungen aus Abschnitt 4.2 zu rechnen. Das heißt aber nicht, dass ANM in diesem Fall nicht möglich wäre 5 6 . Erfüllt ein System diese Bedingungen, so ist es nach den Überlegungen aus Abschnitt 4.2 plausibel, dass in dem System ANM auftreten wird. Kurz ist der Grund (’Hypothese’): Eine Verringerung der Dissipationsstärke ist für einen transportierenden metastabilen Zustand (heuristisch) im Mittel energetisch gleichwertig mit einer konstanten Kraft 7 in Transportrichtung (’Beschleunigung’). Genauso ist umgekehrt eine Erhöhung der Dissipationsstärke einer konstanten Kraft entgegen der Transportrichtung (’Abbremsung’) ähnlich. Verlieren transportierende metastabile Zustände im symmetrischen System durch eine Verringerung der Dissipationsstärke statistisches Gewicht 8 , so ist es also plausibel, dass durch eine konstante Kraft die entgegen dieser Kraft transportierenden Zuständen statistisches Gewicht gewinnen werden, und die in Kraftrichtung transportierenden Zustände statistisches Gewicht verlieren werden. Die obigen Bedingungen sind aber weder notwendig noch hinreichend für das Auftreten von ANM. Praktisch wurde diese ’Hypothese’ in drei einfachen, unterschiedlichen ’realistischen’ dynamischen Systemen verifiziert. Dabei führte die Erfüllung der obigen Bedingungen in fast allen Fällen zu ANM. Es ist aber generell anzunehmen, dass dies nicht immer der Fall sein wird. Der Effekt scheint auch in vielen anderen Systemen, welche die obigen Bedingungen erfüllen, plausibel zu sein. Insbesondere werden Verallgemeinerungen des Potentials in Form weiterer Fouriermoden etc. den Effekt nicht grundlegend verändern. Dies ist das zentrale Resultat dieser Arbeit. Intensiv betrachtet wurde das System (5.1), und der Zusammenhang zwischen Chaos im Verhalten der Differentialgleichung und dem Auftreten von ANM, oder vielmehr der Erfüllung der Bedingung 5. Im Rahmen dieser Arbeit stellt sich deterministisches Chaos als ’Begleiter’ des Auftretens von ANM heraus: die Instabilität der betrachteten Zustände, oder die Erfüllung von Bedingung 5, kommt in allen betrachteten Fällen durch eine chaotische Krise (bzw. durch eine Feigenbaumkaskade) zustande. 5 Z.B. könnte im Falle, dass 1-4 erfüllt sind, aber 5 nicht an irgendeinem anderen Rand der Stabilitätsbereiche der Zustände ebenfalls ANM auftreten, da die Dynamik nichtlinear ist. 6 Die Definition der Richtung des Randes im Sinne von Energiedissipation/zu dissipierender Energie ist darüberhinaus nicht scharf. Als Beispiel sei der Kontrollparameter F1 aus Kapitel 5 genannt. Wird dieser vergrößert, steht aus naiver Sicht den Attraktoren des Systems mehr Energie zur Verfügung, welche dissipiert werden muss. Eine Erhöhung dieses Kontrollparameters kann aber auch dissipativ wirken [46], und deshalb ist das Argument aus Abschnitt 4.2 in Bezug auf diesem Parameter i.A. falsch. 7 oder auch einem ’bias’, welches im Mittel in diese Richtung eine Kraft ausübt. 8 oder Stabilität KAPITEL 8. FAZIT 140 In Abschnitt 4.1 wurde der Fall eines überdämpften physikalischen Systems betrachtet, welches also Bedingung 4 nicht erfüllt, und für den Fall stetiger Systeme ANM ausgeschlossen. Solche Systeme sind als dynamisches Systeme höchstens zweidimensional und deterministisches Chaos ist ausgeschlossen [19]. Damit folgt, dass in den in dieser Arbeit betrachteten räumlich eindimensionalen Systemen ANM nur dann auftreten kann, wenn auch die Bedingungen für deterministisches Chaos erfüllt sind. In diesem Sinne ist das gemeinsame Auftauchen von ANM und Chaos plausibel. Das tatsächliche Auftreten von Chaos ist deshalb aber noch nicht Voraussetzung für ANM. Im Falle eines überdämpften Teilchens in zwei Dimensionen (also zwei gekoppelte Langevin Gleichungen der Form (4.5)) kann ANM aber auch im autonomen Fall auftreten [4]. Ein solches System wird durch ein dynamisches System mit nur zwei Dimensionen beschrieben. In einem solchen schließt das No-Go Theorem aus Abschnitt 4.1 ANM nicht aus. Es sind in diesem System aber Bedingungen an die zufälligen Prozesse nötig, um das thermodynamische Gleichgewicht zu brechen. Der ANM Effekt ist in der in [4] betrachteten zweidimensionalen Systemklasse von stochastischen Effekten abhängig. Räumlich höherdimensionale Systeme sind insofern in die Überlegungen eingeschlossen als dass die Erfüllung der gestellten Bedingungen immer noch ANM plausibel macht. Es gibt aber in solchen Systemen noch weitere Mechanismen, welche zu ANM führen, z.B. [75, 4], in denen aber wieder stochastische Effekte für den ANM Effekt unabdingbar sind. Hochdimensionale dynamische Systeme werden i.A. komplizierteres Verhalten zeigen als niedrigdimensionale, und demnach ’eher’ zu ANM ’neigen’. Die in dieser Arbeit untersuchten Systeme sind von der einfachstmöglichen Klasse stetiger eindimensionaler Systeme, so dass ANM nicht von vornherein ausgeschlossen ist, vgl. Abschnitt 4.1 und Abschnitt 4.2, und in diesem Sinne minimal. Als ein ’pathologisches’ System wurde in Kapitel 7 ein sehr einfaches Modell, in welchem ANM stattfindet, betrachtet und analytisch behandelt. Dabei wurde die Notwendigkeit der Stetigkeit für das No-Go Theorem in Abschnitt 4.1 unterstrichen und ein anschaulich verständlicher Mechanismus, welcher zu ANM führt, aufgezeigt. Im Geiste ist dieser eng verwandt mit dem Argument aus Abschnitt 4.2. Der betrachtete Effekt ist wieder ’deterministischer’ Natur in dem Sinne, dass thermisches Rauschen nicht notwendig ist. In [74] wird ein ähnlich einfaches System betrachtet, der Effekt ist aber wieder auf stochastische Effekte angewiesen. Die in dieser Arbeit gemachten Voraussagen lassen sich experimentell verifizieren. In dieser Arbeit wurden dazu Josephson Kontakte betrachtet. Künstlich kreierte makroskopische mechanische Systeme stellen aber auch mögliche Realisierungen der in dieser Arbeit betrachteten Gleichungen dar. Desweiteren stellen kalte Atome in durch Laserfallen erzeugten Potentialen eine weitere mögliche Rea- KAPITEL 8. FAZIT 141 lisierung dar [76]. Außer dass ANM eine überraschende Eigenschaft nichtlinearer Systeme fernab vom thermodynamischen Gleichgewicht ist, kann ANM in der hier betrachteten Form zur Stabilisierung instabiler Zustände passend an das System mit ANM gekoppelter anderer Systeme dienen. Im Geiste verwandt ist der Begriff ’Energie auf Anfrage’ eine weitere mögliche Anwendung. Eine etwas andere Anwendung von ANM ist das Sortieren von Teilchen [77]. Der Fokus dieser Arbeit liegt aber auf der Tatsache, dass es ANM in den betrachteten Systemen überhaupt gibt. Ein nächster möglicher Schritt stellt die Suche nach weiteren experimentellen Systemen dar, in denen ANM der in dieser Arbeit betrachteten Form auftritt und vielleicht sogar auf eine der oben angegebenen Weisen genutzt werden kann. SQUID’s [78, 79] stellen eine weitere interessante Klasse von Systemen dar, in denen leicht auch höherdimensionale Systeme realisiert werden können. Auf diese Weise ließen sich evtl. auch höherdimensionale autonome Systeme konstruieren, welche ANM der in dieser Arbeit betrachteten Form zeigen. Fluxonen in ringförmigen Josephsonkontakten stellen ebenfalls eine weitere Klasse möglicher Systeme dar [80]. Eine ’Optimierung’ des Effektes im Hinblick auf Rauschstabilität, mittlere Geschwindigkeit und Kraftbereich, in dem entgegen der Kraft transportiert wird, wäre zwar wünschenswert, sollte aber im Kontext einer experimentellen Realisierung oder Anwendung erfolgen. Im Falle einer Anwendung wird diese vermutlich weitere Anforderungen an das System und die Parameter stellen. Insbesondere ist auf die experimentelle Verifizierung des Effektes in Josephson Kontakten zu warten, die auch bei den in dieser Arbeit gefundenen Effekten keine zu großen Schwierigkeiten darstellen sollte. Im Hinblick auf die Optimierung wäre vor allem eine Berechnung der Entweichraten von Attraktoren durch Pfadintegralmethoden [40, 37, 36], aufgrund der deutlich besseren Effizienz im Vergleich zu Monte-Carlo Methoden wünschenswert. 9 Anhang: Numerische Integration von SDGL’s Wie zur Integration gewöhnlicher Differentialgleichungen [43] stehen auch zur numerischen Integration stochastischer Differentialgleichungen (SDGL’s) verschiedene Verfahren verschiedener Effizienz zur Verfügung. Welches Verfahren die größtmögliche Effizienz bietet hängt stark von der Problemstellung ab. Dies gilt insbesondere für SDGL’s. Aufgrund der Schwierigkeiten in Verbindung mit der Auswertung von mehrfachen stochastischen Integralen des Wienerprozesses, bzw. der zeitaufwendigen Simulation dieser durch viele Zufallszahlen, sind Verfahren hoher Ordnung nur für ausgewählte Probleme, deren Form eine Vereinfachung erlaubt, geeignet [8, 81, 82]. In dem Fall, dass das gegebene Problem ein Verfahren hoher Ordnung praktisch zuläßt, bieten diese aber eine weitaus größere Effizienz als einfachere Verfahren. Definitionen In diesem Kapitel ist die Notation etwas anders als im Rest dieser Arbeit. Sei eine d-dimensionale stochastische Differentialgleichung mit m-dimensionalem Rauschen durch m X dXt = a(t, Xt )dt + bj (t, Xt )dWtj (9.1) j=1 mit hinreichend glatten ’Driftkoeffizienten’ a(t, Xt ) = (a1 , ..., ad ), hinreichend glatten ’Diffusionskoeffizienten’ bj (t, Xt ) = (bj,1 , ..., bj,d ) 1 und m jeweils eindimensionalen Wienerprozessen dWtj , 1 ≤ j ≤ m gegeben. Der Index t bezeichnet jeweils eine stochastische Größe zur Zeit t. Die Lösung Xt = (Xt1 , ..., Xtd ) ist formal durch die entsprechende stochastische Integralgleichung gegeben und hängt von dem jeweils verwendeten stochastischen Integral ab. Die wichtigsten stochastischen Integrale sind das Stratonovich Integral und das Ito Integral. Die folgende Diskussion beschränkt sich der Einfachheit halber auf das Ito-Integral. Transformationen zwischen den beiden Integralen finden sich in der Literatur [8, 81]. Diese Unterscheidung ist für diese Arbeit aber nicht wichtig (s.u.). 1 In den Ausdrücken (a1 , ..., ad ), (bj,1 , ..., bj,d ) usw. werden absichtlich die Argumente weggelassen, um die Notation zu vereinfachen. 142 KAPITEL 9. ANHANG: NUMERISCHE INTEGRATION VON SDGL’S 143 Mit Yt (h) = (Yt1 , ..., Ytd ) wird eine Approximation der Lösung Xt der SDGL zur Schrittweite h bezeichnet. Hier wird die Lösung auf einem Zeitintervall t ∈ [t0 , t0 + T ] approximiert, welches durch N diskrete Stützstellen ti = t0 + i · h, 1 ≤ i ≤ N mit h = T /N aufgeteilt wird. Der Wert der Approximation auf den Stützstellen wird mit Yti (h) = Yi (h) bezeichnet, und der Wert der exakten Lösung mit Xti = Xi . Genauso werden die Werte der Koeffizienten an den Stützstellen mit a(ti , Yi) = ai und bj (ti , Yi ) = bji bezeichnet. Entsprechend werden die Inkremente des Wienerprozesses mit ∆Wij = Wtji+1 − Wtji bezeichnet. E(f (Xt )) bezeichnet den Erwartungswert einer hinreichend glatten Funktion f der Lösung der SDGL bezüglich des durch die Wienerprozesse gegebenen Wahrscheinlichkeitsmaßes. Für Taylorverfahren werden Ableitungen der Koeffizienten gebraucht. Diese werden durch die Differentialoperatoren L0 (t, Xt ) = d m d X ∂2 ∂ 1 X X j,l ∂ b (t, Xt )bj,o (t, Xt ) l o (9.2) + al (t, Xt ) l + ∂t ∂x 2 ∂x ∂x j=1 l,o=1 l=1 Lj (t, Xt ) = d X l=1 bj,l (t, Xt ) ∂ ∂xl (9.3) im Ito-Formalismus ausgedrückt 2 . Es werden wieder L0i = L0 (ti , Yi) und Lji = Lj (ti , Yi ) definiert. Konvergenz Da stochastische Probleme betrachtet werden, kann nicht der aus der Analysis gewohnte Konvergenzbegriff verwendet werden. Vielmehr wird die Konvergenz von Erwartungswerten betrachtet. Daher gibt es auch, anders als bei gewöhnlichen DGL’s, zwei verschiedene Konvergenzbegriffe für die Konvergenz der approximativen Lösung einer stochastischen Differentialgleichungen gegen die exakte Lösung. Sei allgemein ein (absoluter) Fehler eines Verfahrens durch ǫ(h) > 0 gegeben. Existieren dann Konstanten C > 0, k ∈ N+ und h0 > 0, so dass ǫ(h) ≤ Chk (9.4) für alle 0 < h < h0 gilt, so wird gesagt, das Verfahren habe Ordnung k. 2 In Stratonovich Darstellung (mit Stratonovich Koeffizienten) hat Lj dieselbe Form, während in L0 die Doppelsumme wegfällt. KAPITEL 9. ANHANG: NUMERISCHE INTEGRATION VON SDGL’S 144 Starke Konvergenz Konvergiert ein Verfahren stark, so heißt dies, dass der Erwartungswert der Abweichung der approximativen Lösung von der exakten Lösung mit h → 0 gegen Null konvergiert. Der absolute Fehler des Verfahrens zur Zeit t ist definiert als ǫ(h) = E (|Xt − Yt (h)|) . (9.5) Schwache Konvergenz Oft sind nicht die einzelnen Pfade der Lösungen der SDGL interessant, sondern Erwartungswerte von Funktionen des stochastischen Prozesses, also der Lösung der SDGL. In diesem Fall reicht es, den absoluten Fehler zur Zeit als ǫ(h, f ) = |E(f (Yt (h))) − E(f (Xt ))| (9.6) für Testfunktionen f einer gewissen Klasse zu definieren. In der Ordnung der Konvergenz, (9.4), dürfen die Konstanten C und h0 von der jeweils verwendeten Testfunktion f abhängen. Hier wird die Klasse aller Polynome als Testfunktionen verwendet, und so schließt schwache Konvergenz die Konvergenz aller Momente ein. Schwache Verfahren Die Verfahren ergeben sich aus iterativer Anwendung der Ito-Taylor-Formel [81]. Die Auswertung der dabei auftretenden mehrfachen stochastischen Integrale des Wienerprozesses ist i.A. sehr aufwendig. In den in dieser Arbeit betrachteten Problemen mit additivem, skalaren Rauschen wird dies aber wesentlich vereinfacht. Die Verfahren werden komponentenweise für mehrdimensionale SDGL’s angegeben. Es ist also immer 1 ≤ l ≤ d. Hier werden mit Verweis auf die Literatur ohne Beweis die verwendeten Verfahren angegeben. In der Literatur gibt es eine große Menge verschiedener Verfahren (vgl. [81, 8]). Aufgrund der einfacheren Natur von schwacher Konvergenz reicht es in den Verfahren, wenn die stochastischen Terme durch wesentlich einfachere Zufallszahlen, als Gauss’sche Zufallszahlen simuliert werden. Dies stellt einen wesentlichen Unterschied zu stark konvergierenden Verfahren dar. Als besonders praktisch stellen sich explizite Runge-Kutta-Verfahren heraus, welche nicht von der genauen Form der Koeffizienten der SDGL abhängen. KAPITEL 9. ANHANG: NUMERISCHE INTEGRATION VON SDGL’S 145 Eulerverfahren Das Verfahren ist allgemein gegeben durch l Yi+1 = Yil + hali + m X j bj,l i ∆Ŵi (9.7) j=1 und konvergiert schwach mit 1. Ordnung. Aufgrund dessen reicht es, die Inkremente des Wienerprozesses als zweipunktverteilte Zufallszahlen zu simulieren: √ 1 (9.8) Prob ∆Ŵij = ± h = 2 für alle i, j [81]. Schwaches Taylorverfahren 2. Ordnung Das Verfahren gibt es auch in allgemeinerer Form, hier wird aber nur der Fall additiven Rauschens betrachtet. Für nicht additives Rauschen kommen weitere Terme hinzu, und es wird noch eine weitere Zufallszahl benötigt. Das Verfahren ist durch m h2 0 l X j,l h j l l l l Yi+1 = Yi + hai + Li ai + (9.9) b + Li ai ∆V̂ij 2 2 j=1 gegeben und konvergiert schwach mit 2. Ordnung. Deshalb müssen dreipunktverteilte Zufallszahlen verwendet werden: 2 √ 1 j j Prob ∆V̂i = ± 3h = , Prob ∆V̂i = 0 = (9.10) 6 3 für alle i, j [81]. Runge-Kutta-Verfahren 2. Ordnung Das Verfahren gilt allgemein für SDGL’s mit skalarem Rauschen. Die hier gezeigte Form beschränkt sich auf einen konstanten Diffusionskoeffizient. Im allgemeinen l Fall ist das Verfahren komplizierter und rechenaufwendiger. Es wird b1,l i ≡ b und j 1 d ∆V̂i ≡ ∆V̂i gesetzt. Es werden Stützstellen Ho = (Ho , ..., Ho ) H1l = Yil H2l H3l 2 1 = Yil + hali + bl ∆V̂i 3 3 2 4 1 l l ai − a(ti + h, H2 ) + bl ∆V̂i = Yi − h 3 3 3 (9.11) (9.12) (9.13) KAPITEL 9. ANHANG: NUMERISCHE INTEGRATION VON SDGL’S definiert, und das Verfahren ist durch 1 2 1 2 1 l l ai + a(ti + h, H2) + a(ti + h, H3 ) + bl ∆V̂i Yi+1 = Yi + h 4 2 3 4 3 146 (9.14) gegeben. Es wird wieder die dreipunktverteilte Zufallsvariable ∆V̂i gegeben durch (9.10) verwendet. Das Verfahren konvergiert schwach mit 2. Ordnung und benötigt im Gegensatz zu dem Verfahren (9.9) keine Ableitungen der Koeffizienten. Im Falle bl ≡ 0 ∀ l konvergiert das Verfahren mit 3. Ordnung. Dies ist ein wesentlicher Vorteil bei der Betrachtung von SDGL’s mit schwachem Rauschen, also betragsmäßig kleinem Diffusionskoeffizienten, wie es in dieser Arbeit häufig der Fall ist [83]. Das Verfahren von Heun Das Verfahren ist ebenfalls ein Runge-Kutta-Verfahren. Es gelten dieselben Annahmen wie für das obige Runge-Kutta-Verfahren. Die Stützstellen sind als H1l = Yil H2l = Yil + ali h + bl ∆V̂i (9.15) (9.16) definiert, und das Verfahren durch l Yi+1 = Yil + h l ai + a(ti+1 , H2 ) + bl ∆V̂i 2 (9.17) gegeben. Das Verfahren konvergiert ebenfalls schwach mit 2. Ordnung. Es konvergiert aber auch im Fall bl ≡ 0 ∀ l mit 2. Ordnung [84]. Vergleich Die Genauigkeit der Verfahren wird anhand der Berechnung eines Mittelwerts in einem der in dieser Arbeit betrachteten nichtlinearen Systeme überprüft. Das sonst übliche Verwenden von analytisch lösbaren Gleichung zum Test der Verfahren findet sich in ausreichendem Umfang in der Literatur [81, 83]. Praktisch sind aber nichtlösbare, nichtlineare Gleichungen von Interesse. Hier wird (5.3) gewählt, da die Verfahren in für diese Arbeit praxisnahen Bedingungen getestet werden sollen. Bei den zum Vergleich gewählten Kontrollparametern ist das deterministische Verhalten (also bei Γ = 0) der Lösungen der Gleichung chaotisch. Das Eulerverfahren ist bei gleicher Schrittweite numerisch wesentlich weniger aufwendig als die anderen Verfahren. Um dem Rechnung zu tragen wird das Verfahren mit halber Schrittweite verwendet, so dass der Rechenaufwand mit den anderen Verfahren vergleichbar ist. KAPITEL 9. ANHANG: NUMERISCHE INTEGRATION VON SDGL’S -4 147 0 Γ = 10−2 Γ = 10−3 (9.7) (9.9) (9.14) (9.17) -6 -10 -20 hxi (200) hxi (200) -8 (9.7) (9.9) (9.14) (9.17) -30 -10 -40 -12 -50 -14 0.01 0.1 0.01 0.1 h h 0 20 Γ = 10−4 Γ = 10−5 0 (9.7) -20 (9.9) (9.14) -40 (9.17) hxi (200) hxi (200) (9.7) -20 (9.9) (9.14) -40 (9.17) -60 -80 -60 -80 -100 -120 -100 -140 0.01 0.1 0.01 h 0.1 h Abbildung 9.1: Vergleich der schwach konvergierenden Verfahren. Es wurde die mittlere Position hxi von (5.3) bei σ = 0.465, Ω = 0.6, F1 = 1.23575 und F0 = 0.01 zur Zeit t = 200 ≈ 19τ bei festen Startbedingungen von x0 = 0 und v0 = 0 bei t = 0 aus 250000 Trajektorien, jeweils bei verschiedenen Rauschstärken, berechnet. Die Fehlerbalken sind von der Größenordnung der Symbole. Das Euler Verfahren (9.7) wurde mit halber Schrittweite h/2 verwendet. Die Fehler sind die Fehler des arithmetischen Mittelwerts. Die rote Kurve ist jeweils ein linearer Fit an die letzten 4 Werte des Eulerverfahrens, und durch die horizontalen Linien sind die damit auf h = 0 extrapolierten Werte des Eulerverfahrens dargestellt. Die Konvergenz der Verfahren ist in Abbildung 9.1 dargestellt. Alle Verfahren hoher Ordnung konvergieren schnell gegen einen Wert, und schwanken dann um diesen. Die Schwankungen sind statistischer Natur, und sollten durch die Wahl einer noch größerer Anzahl von Realisierungen eliminiert werden können. Dies ist aber für diese Arbeit nicht von Interesse, da dies in praktischen Situationen aufgrund der begrenzten Rechenzeit nicht möglich ist 3 . Das Eulerverfahren erreicht den Wert der anderen Verfahren bei den betrachteten Schrittweiten nicht. Die Konvergenz ist aber linear, und läßt so eine Extrapolation auf h = 0 zu. Der ex3 Ein varianzreduzierendes Verfahren wäre hier wünschenswert. KAPITEL 9. ANHANG: NUMERISCHE INTEGRATION VON SDGL’S 148 trapolierte Wert paßt gut zu den Werten der anderen Verfahren. Nur für Γ = 10−5 ergibt sich eine deutliche Diskrepanz. Aus dem Verhalten des Eulerverfahrens für die größeren Schrittweiten ist aber zu schließen, dass hier die äußerst schlechte Konvergenz des Eulerverfahrens resp. der Driftkoeffizienten (d.h. des deterministischen (drift-) Anteils der SDGL), welche die Gleichung dominieren, der Grund sein wird. Für Γ = 10−2 ergibt sich ebenfalls eine (kleine) Diskrepanz, diese wird aber an statistischen Schwankungen liegen. Die Fehler der arithmetischen Mittelwerte sind bei dieser Rauschstärke deutlich größer als für die geringeren Rauschstärken. Ebenfalls auffällig ist, dass das Runge-Kutta-Verfahren am schnellsten konvergiert. Dies liegt an der überlegenen ’deterministischen’ Konvergenz des Verfahrens, wie bereits in [83] gesehen. Starke Verfahren Die Verfahren werden wieder komponentenweise ohne Beweis angegeben. Stark konvergierende Verfahren stellen eine wesentlich größere Herausforderung als schwach konvergierende Verfahren dar. Insbesondere stellen die benötigten mehrfachen stochastischen Integrale des Wienerprozesse einen wesentlich großeren Aufwand als im Falle schwacher Konvergenz dar. Hier wird dies umgangen, indem nur einfache Verfahren verwendet werden, und nur einfache Prozesse betrachtet werden. Ein Überblick findet sich in [82, 8]. Eulerverfahren Das Verfahren ist allgemein gegeben durch l Yi+1 = Yil + ali h + m X j bj,l i ∆Wi (9.18) j=1 und konvergiert im Falle multiplikativen Rauschens stark mit Ordnung 12 . Im Falle additiven Rauschens ist die Konvergenz 1. Ordnung. Die Inkremente ∆Wij des Wiener Prozesses werden durch gaussverteilte Zufallszahlen mit Mittelwert 0 und √ Varianz h simuliert [81]. Starkes Taylorverfahren 2. Ordnung Das Verfahren ist in [81] allgemein für skalares Rauschen in Stratonovich Form gegeben, benötigt aber die Simulation mehrfacher Integrale des Wienerprozesses. Im Fall konstanter Diffusionskoeffizienten b1,l (t, Xt ) ≡ bl entfällt dies, und mit KAPITEL 9. ANHANG: NUMERISCHE INTEGRATION VON SDGL’S 149 0.007 (9.19), Γ = 0.005 (9.18), Γ = 0.005 0.006 (9.19), Γ = 0.004 (9.18), Γ = 0.004 0.005 (9.19), Γ = 0.003 (9.18), Γ = 0.003 k 0.004 0.003 0.002 0.001 0 0.01 0.1 h Abbildung 9.2: Vergleich der stark konvergierenden Verfahren. Es wurde die Entweichrate von einem periodischen hvi = 1 Attraktor von (5.3) bei σ = 0.5, Ω = 0.6, F1 = 1.24 und F0 = 0 bei verschiedenen Γ Werten berechnet. Es wurden 20000 Trajektorien berechnet, und die Entweichraten durch Fit an den exponentialen Teil des Histogramms der Entweichzeiten ermittelt. Die Fehlerbalken sind von der Größenordnung der Symbole. Die Γ Werte sind so gewählt, dass das numerische Verfahren zur Bestimmung der Entweichrate gut und schnell funktioniert, d.h. die Entweichrate klein, aber nicht zu klein, ist. Es gibt bei den gewählten Kontrollparameterwerten nur einen weiteren hvi = −1 Attraktor. Das Eulerverfahren (9.18) wurde mit h/3 berechnet. Es wurde ein Polynom 4. Ordnung an die Werte des Eulerverfahrens gefittet da die Konvergenz nicht linear war, und die horizontalen Linien stellen die Extrapolation des Polynoms auf h = 0 dar. ∆Wi1 ≡ ∆Wi ergibt sich das Verfahren l Yi+1 = Yil + ali h + bl ∆Wi + L1i ali ∆Zi + h2 0 l L a. 2 i i (9.19) Die Zufallszahl ∆Wi ist wie in (9.18) gegeben, aber mit einer weiteren gaussverteilten Zufallszahl ∆Zi korreliert [81]: h∆Zi i = 0, Vergleich h3 (∆Zi )2 = , 3 h∆Zi ∆Wi i = δij h2 . 2 (9.20) Die beiden betrachteten Verfahren werden wieder an (5.3) in einem ähnlichen Parameterbereich wie oben getestet. Diesmal wird für das Eulerverfahren die Schritt- KAPITEL 9. ANHANG: NUMERISCHE INTEGRATION VON SDGL’S 150 weite h/3 gewählt, um den Rechenaufwand vergleichbar zu halten. Ein typisches Problem, welches starke Konvergenz erfordert, ist die Berechnung von Entweichraten. Hier ist nicht ein Mittelwert einer stetigen Funktion des stochastischen Prozesses von Interesse, sondern der Zeitpunkt des ersten Erreichen eines bestimmten Phasenraumgebiets der Koordinate des Prozesses. Die Konvergenz des Eulerverfahrens ist hier nicht linear, und wird daher durch ein Polynom (hier 4. Ordnung) gefittet, und so auf h = 0 extrapoliert, da das Verfahren im Rahmen der statistischen Schwankungen bei der minimal verwendeten Schrittweite h = 0.0078/3 noch nicht gegen einen festen Wert konvergiert ist. Der extrapolierte Wert paßt sehr gut zu dem Wert gegen welchen das Taylorverfahren konvergiert. Fazit In der betrachteten Situation einer nichtlinearen Gleichung mit glatten Koeffizienten, welche durch den Driftkoeffizienten (deterministischen Anteil) dominiert ist, konvergiert das Eulerverfahren sehr langsam. Die anderen betrachteten Verfahren konvergieren hingegen bereits bei h . 0.1 gegen einen im Rahmen der statistischen Schwankungen konstanten Wert. Der Aufwand an Rechenzeit dieser Verfahren hält sich aufgrund der Einfachheit der Gleichung im Vergleich zum Eulerverfahren mit halber Schrittweite, auf einem ähnlichen Niveau. Aufgrund der deutlich größeren, nutzbaren Schrittweiten ergibt sich hinsichtlich der benötigten Rechenzeit ein deutlicher Vorteil für die Verfahren höherer Ordnung. Aufgrund dessen wird in dieser Arbeit das Verfahren (9.14) zur Berechnung von Mittelwerten benutzt, da dieses im Vergleich zu den anderen Verfahren die besseren Konvergenzeigenschaften hat, und keine Ableitungen der Koeffizienten benötigt. Das Verfahren (9.19) wird zur Berechnung von Entweichraten und Trajektorien verwendet. Es sollte reichen, wenn die verwendeten Zeitschrittweiten etwas kleiner als 0.1 sind. Literaturverzeichnis [1] H. Risken. The Fokker-Planck equation. Springer, Berlin, 1996. [2] W. Nolting. Grundkurs Theoretische Physik 6. Springer, Berlin, 2002. [3] P. Reimann and P. Hänggi. Introduction to the physics of brownian motors. Appl. 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Mein besonderer Dank gilt allen, die mir mit den Computern der Condensed Matter Theory Arbeitsgruppe geholfen haben, und ich möchte mich für all die dummen Fragen entschuldigen: Beate West, Martin Weinhold, Thorsten Bogner und Sebastian Getfert. Letzten beiden danke ich darüberhinaus dafür, dass sie in diesem Jahr das Büro mit mir geteilt und mir Gesellschaft geleistet haben, und dass sie auch manchmal meinen Frust ob der Computer ertragen haben. Der gesamten Condensed Matter Theory Gruppe danke ich für die freundliche Atmosphäre und das gute Arbeitsklima. Und dabei danke ich auch nicht zuletzt Hanne Litschewsky die sich immer perfekt um alles praktische gekümmert hat. Weiter danke ich Prof. Reinhold Kleiner, Prof. Dieter Koelle, Dr. Albert Sterck und Dr. Edward Goldobin für die anregenden Diskussionen in Tübingen und die Aussicht auf eine experimentelle Realisierungen der Resultate dieser Arbeit. Mein persönlicher Dank gilt meiner Frau, Ruth, die mich während meines Studiums unterstützt, ertragen und geliebt hat. Meiner Familie danke ich für die bedingungslose Unterstützung während meines Studiums.