Physique 12GE Section Technique Générale Raymond Kneip 1 Lycée des Arts et Métiers Département de Physique 19, rue Guillaume Schneider L - 2522 Luxembourg 18. Mai 2017 1 http://www.ltam.lu/physique 2 Inhaltsverzeichnis 1 Die gleichförmige Bewegung 1.1 1.2 1.3 1.4 Die Bewegungsgleichungen . . . Die Momentangeschwindigkeit . Das allgemeine t-v -Diagramm . Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Die gleichförmig beschleunigte Bewegung 2.1 Die Bewegungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Die zusammengesetzte Bewegung 3.1 Zusammensetzung zweier gleichförmiger Bewegungen 3.2 Der Wurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Der vertikale Wurf . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Der horizontale Wurf . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Der schiefe Wurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 4 6 8 10 15 17 20 25 27 31 31 32 34 4 Die gleichförmige Kreisbewegung 37 5 Bezugssysteme 41 4.1 Denitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Arbeit und Energie 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 Die Hubarbeit . . . . . . . Die Beschleunigungsarbeit Die Spannarbeit . . . . . Die Reibungsarbeit . . . . Die Energie . . . . . . . . Die Rotationsenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 38 41 53 54 55 56 57 57 59 7 Impuls und Impulserhaltung 71 8 Harmonische Schwingungen 83 7.1 Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 71 77 83 84 4 INHALTSVERZEICHNIS Kapitel 1 Die gleichförmige Bewegung Bewegungen1 von Körpern sind stets nur relativ zu anderen Körpern wahrnehmbar. Zu ihrer Beschreibung wir ein geeignetes Bezugssystem (Koordinatensystem) gewählt. In der Physik wird unter der Bewegung eines Körpers die Veränderung seines Ortes mit der Zeit relativ zu einem Bezugssystem verstanden. Ein wichtiges Bezugssystem ist das sogenannte Inertialsystem (nicht beschleunigtes Bezugssystem). In diesem System folgt ein frei beweglicher Körper dem Trägheitsprinzip, d.h. es verändert seinen Bewegungszustand nicht. In einem Inertialsystem behält ein kräftefreier Körper seinen Bewegungszustand, d.h. Betrag und Richtung seiner Geschwindigkeit bei. Beschleunigte, verzögerte und rotierende Bezugssysteme sind keine Inertialsysteme. In ihnen treten sogenannte Scheinkräfte (wie z.B.: Fliehkraft, Corioliskraft) auf. P1 (s1 ; t1 ) P0 (s0 ; t0 ) Bemerkung: In vielen Versuchen die wir in der Schule durchführen wird das Klassenzimmer als Inertialsystem angesehen. Dies ist allerdings nur näherungsweise richtig, da die Erde sowohl eine kreisförmige Bewegung (Radialbeschleunigung ) um ihre eigene Achse, als auch eine kreisförmige Bewegung um die Sonne durchführt. Die Durchschnittsgeschwindigkeit v̄ eines Körpers ist der Quotient aus der zurückgelegten Wegstrecke ∆s = s1 − s0 und der dafür benötigten Zeit ∆t = t1 − t0 . v̄ = Es gilt unter anderem: 1 Beispiele: m s = 3.6 Schallgeschwindigkeit: etwa 340 m s ∆s s1 − s0 = ∆t t1 − t0 Einheit: [v] = m s (1.1) km h (siehe Praktikum Kundtsche Röhre ) 1 Bemerkung: Die drei ersten Kapitel sind eine Wiederholung von der 11ten Klasse; die hier behandelte Theorie gibt nur die wichtigsten Ideen dieser Kapitel wieder. Ausführlicher werden diese Kapitel im Buch Metzler - Physik behandelt. 1 2 KAPITEL 1. DIE GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNG Lichtgeschwindigkeit: 299 792.458 km im Vakuum; also etwa 300 000 km s s Geschwindigkeit der Erde bei ihrer Bewegung um die Sonne: etwa 30 km s Versuch - Die gleichförmige Bewegung Durchführung: Ein batteriebetriebener Experimentierwagen fährt über eine horizontale Fläche. Hierbei werden in konstanten Zeitabständen (z.B. ∆t = 2 s) die zurückgelegte Entfernung markiert und vermessen. Der Start erfolgt zum Zeitpunkt t0 = 0 s an der Position s0 = 0 m. Anschlieÿend wird aus benachbarten Messpunkten die jeweilige Geschwindigkeit v berechnet und in der Tabelle eingetragen. Abbildung 1.1: Ein batteriebetriebener Experimentierwagen fährt über die Tischplatte. In regelmässigen Zeitabständen wird die Position des Wagens auf der Tischplatte markiert und ausgemessen. Messwerte: s (m) t (s) s m t ( s ) 0.0 2.0 4.0 6.0 8.0 10.0 Auswertung a) Tabelle: Wir bilden den Quotienten aus der zurückgelegten Strecke s und der dafür benötigten Zeit t (letzte Reihe der Tabelle). Die berechneten Werte sind mehr oder weniger konstant. Wir können also sagen, dass: s = t s = konst konst · t Die zurückgelegte Strecke ist also proportional zu der dafür benötigten Zeit t. Die Konstante entspricht in diesem Fall der Geschwindigkeit des Wagens. 3 b) t-s-Diagramm Die Messwerte liegen im t-s-Diagramm mehr oder weniger auf einer Ursprungsgeraden; d.h s ist proportional zu t; s ∼ t s = p·t mit p: Steigung der Ursprungsgeraden. In diesem Diagramm entspricht die Steigung der Geschwindigkeit v des Wagens. Achtung: die im Teil a) beschriebe Konstante ist identisch mit der hier berechneten Steigung; konst = p. c) t-v-Diagramm Die einzelnen Geschwindigkeitsbeträge liegen mehr oder weniger auf einer horizontalen Gerade. Der Betrag Geschwindigkeit ändert sich während der Bewegung nicht; es handelt sich also um eine gleichförmige Bewegung. 4 KAPITEL 1. DIE GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNG d) Fehlerrechnung v (m/s) (v − v̄)2 (m/s) Anzahl der Messungen: n= Mittelwert: v̄ = n Standartabweichung: 1X vi = n i=1 v u n u 1 X ∆v = t (v − v̄)2 n − 1 i=1 ∆v = Messergebnis: Relativer Fehler: v= ∆v = v̄ 1.1 Die Bewegungsgleichungen Der graphische Zusammenhang zwischen der Zeit und der dabei zurückgelegten Strecke wird Zeit-WegDiagramm genannt. Liegen die Punkte auf einer Geraden, handelt es sich um eine gleichförmige Bewegung. In diesem Fall werden in gleichen Zeitintervallen ∆t = t2 − t1 gleiche Strecken ∆s = s2 − s1 zurückgelegt. Eine Bewegung heiÿt geradlinig gleichförmig, wenn sich weder Betrag noch Richtung ihrer Geschwindigkeit ändern. Startet ein Körper zum Zeitpunkt t0 am Ort s0 , so können folgende Zusammenhänge2 aufgestellt werden: Zeit-Weg-Gesetz: Zeit-Geschwindigkeits-Gesetz: s(t) = v (t − t0 ) + s0 v(t) = v = konst (1.2) (1.3) Durch die Festlegung einer Koordinatenachse, auf die die geradlinige Bewegung bezogen werden soll, ist eine bestimmte Richtung vorgegeben. Eine Vorwärtsbewegung liegt vor, wenn s2 > s1 ist. In diesem Fall ist die Geschwindigkeit v positiv. Ist jedoch s2 < s1 , so liegt eine Rückwärtsbewegung vor und die Geschwindigkeit v ist negativ. Das Vorzeichen der Geschwindigkeit gibt damit Auskunft über die Bewegungsrichtung bezogen auf das festgelegte Bezugssystem. Das Zeit-Weg-Gesetz hat in beiden Fällen die gleiche Form. 2 Sind die Anfangsbedingungen t = 0 s und s = 0 m, so erhält man das Gesetz 0 0 Spezialfall erhält man im t-s-Diagramm eine Ursprungsgerade. v= s (siehe t 9te Klasse). Nur in diesem 5 1.1. DIE BEWEGUNGSGLEICHUNGEN Das t-s-Diagramm und das t-v-Diagramm s(m) 5 s1 4 3 s0 2 1 1 2 3 4 5 t0 6 7 8 t(s) t1 v(m/s) 1 1 2 3 4 5 6 t1 t0 7 8 t(s) Abbildung 1.2: Oben: Zeit-Weg-Diagramm einer gleichförmigen Bewegung mit positiver Geschwindigkeit (positive Steigung). Die Gerade schneidet die vertikale Achse im Punkt s0 . Dieser gibt die Position zum Zeitpunkt t0 = 0 s an. Unten: Zeit-Geschwindigkeits-Diagramm der gleichen Bewegung. Die Darstellung entspricht einer horizontalen Gerade; der Betrag der Geschwindigkeit ist konstant. Aufgabe Leite aus dem t-s-Diagramm (Abb. 1.2) die Bewegungsgleichungen her. Lösung Angaben: P0 (2.0; 0): s0 = 2.0 m und t0 = 0 s; P1 (4.5; 5): s1 = 4.5 m und t1 = 5 s Geschwindigkeit des Körpers: s1 − s0 t1 − t0 4.5 m − 2.0 m v= = 0.5 m/s 5 s−0 s v= Die (konstante) Geschwindigkeit von v = 0.5 m/s kann auch aus dem t-v -Diagramm entnommen werden. Zeit-Weg-Gesetz (mit folgenden Einheiten: [s] = m; [t] = s): s(t) = v (t − t0 ) + s0 = 0.5 (t − 0) + 2 s(t) = 0.5 t + 2 6 KAPITEL 1. DIE GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNG 1.2 Die Momentangeschwindigkeit Bisher wurde die gleichförmige Bewegung untersucht. In diesem Fall wird die Bewegung im t-s-Diagramm als eine Gerade dargestellt. Die Geschwindigkeit v = ∆s ∆t stellt die Steigung dieser Geraden dar und hat in jedem Punkt der Geraden den gleichen Wert. Wie verhält es sich allerdings bei einer ungleichförmigen Bewegung? Die Darstellung einer Bewegung mit veränderlichen Geschwindigkeit in einem t-s-Diagramm ergibt eine gekrümmte Kurve (siehe Abbildung 1.3). s(m) P100 P0 8 P10 ∆s Tangente in P0 6 P1 ∆t 4 s(t) 2 t(s) 2 4 6 8 10 12 Abbildung 1.3: Werden die Zeitintervalle ∆t immer kleiner gewählt (Punkt P1 rückt immer näher an P0 heran; P1 → P10 → . . .), so nähern sich die Steigungen der Sekanten immer mehr der Steigung der Tangente in P0 . Die Werte der Durchschnittsgeschwindigkeit nähern sich immer mehr dem Wert der Momentangeschwindigkeit im Punkt P0 . Die Durchschnittsgeschwindigkeit (oder Intervallgeschwindigkeit) v̄ zwischen zwei beliebigen Messpunkten einer Bewegung ist der Quotient aus der zurückgelegten Strecke ∆s und der dafür benötigten Zeit ∆t (siehe Gleichung 1.1): v̄ = ∆s s1 − s0 = ∆t t1 − t0 Die Durchschnittsgeschwindigkeit gibt also nur einen Durchschnittswert an; macht also wenige Aussagen über die momentane Geschwindigkeit zu den einzelnen Zeitpunkten. Soll die Geschwindigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt ermittelt werden, so muss man das Weg- und damit auch das Zeitintervall immer kleiner machen. Der Punkt P1 rückt (siehe Abbildung 1.3) immer näher an den Punkt P0 heran. Somit ergibt sich eine Durchschnittsgeschwindigkeit, die sich immer stärker der Momentangeschwindigkeit annähert. 7 1.2. DIE MOMENTANGESCHWINDIGKEIT Die Momentangeschwindigkeit v zum Zeitpunkt t0 entspricht dann der Steigung der Tangente im Punkt P0 . ∆s ∆t s1 − s0 v = lim t1 →t0 t1 − t0 ds(t) v = s0 (t) = dt v = lim ∆t→0 Die Momentangeschwindigkeit zum Zeitpunkt t0 entspricht der Steigung der Tangente im Punkt P0 und ist somit die erste Ableitung (dérivée ) der Zeit-Weg-Funktion nach der Zeit. Der Ausdruck ds(t) dt stellt nur eine andere Schreibweise der Ableitung s0 (t) dar. v = s0 (t) = ds(t) dt (1.4) Aufgabe Die Zeit-Weg-Funktion eines Teilchens lautet (Einheiten: [s] = m; [t] = s): 1 s(t) = 3t2 − t + 5 2 Bestimme die Geschwindigkeit dieses Teilchens zum Zeitpunkt t = 3 s. Lösung Die Geschwindigkeit wird über die Ableitung der Zeit-Weg-Funktion berechnet: 0 1 2 s (t) = 3t − t + 5 2 1 s0 (t) = 6t − = v(t) 2 0 Der Ausdruck der Geschwindigkeit ist seinerseits auch eine Funktion der Zeit. Zum Zeitpunkt t = 3 s beträgt die Geschwindigkeit: v(3 s) = 6t − 1 = 17.5 m/s 2 8 KAPITEL 1. DIE GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNG 1.3 Das allgemeine t-v-Diagramm Bei der gleichförmigen Bewegung wird die Geschwindigkeit im Zeit-Geschwindigkeit-Diagramm als eine horizontale Gerade dargestellt. Die Geschwindigkeit v entspricht im Diagramm der Fläche (eines Rechtecks) unterhalb der Geschwindigkeitsgeraden. 5 v(m/s) 4 v·t=s 3 2 Fläche unter der Geschwindigkeitslinie = zurückgelegte Strecke 1 1 2 3 4 5 6 t(s) 7 Abbildung 1.4: Das Produkt v · t entspricht im t-v-Diagramm der Fläche des Rechtecks unterhalb der Geschwindigkeitsgeraden. Diese Fläche entspricht der zurückgelegten Strecke s. Die Aussage, dass die Fläche unterhalb der Geschwindigkeitskurve der zurückgelegten Strecke entspricht gilt nicht nur für die gleichförmige Bewegung, sondern auch für alle anderen Fälle der nicht gleichförmigen Bewegung. Abbildung 1.5: Die Fläche unterhalb der Kur- ve kann näherungsweise bestimmt werden, indem Rechtecke konstanter Breite (in diesem Fall: Zeitintervalle ∆t) unter die Kurve gelegt werden. Die Summe aller Rechtecke ergibt eine mehr oder weniger genaue Abschätzung der Fläche (entspricht in diesem Fall der zurückgelegten Strecke) unterhalb der Kurve. v(m/s) 5 4 3 2 1 1 2 ∆t 3 4 5 6 7 t(s) Zur näherungsweisen Berechnung des in der Zeit t zurückgelegten Weges kann die Zeit in kleine, konstante Intervalle ∆t eingeteilt werden, in denen die Geschwindigkeit vi näherungsweise als konstant angenommen wird (siehe Abb. 1.5). Mit Hilfe der Beziehung ∆si = vi ∆t werden einzelne kleine Wegstrecken berechnet und zu einer Gesamtstrecke s addiert: s = v0 ∆t + v1 ∆t + . . . + vn ∆t n X s= vi ∆t i=0 (1.5) 1.3. DAS ALLGEMEINE 9 T -V -DIAGRAMM Die Näherung ist um so genauer, je kleiner die Zeitintervalle gewählt werden. Für immer R kleiner P werdende Intervalle ∆t → dt wird das Symbol der Summe durch das Symbol des Integrals3 ersetzt: t Z s= v(t)dt 0 Über die Integralrechnung (bzw. die oben beschriebene Summenbildung) kann also die Fläche zwischen einer bekannten Funktion (in unserem Fall dem Zeit-Geschwindigkeit-Gesetz) und der horizontalen Achse berechnet werden (siehe Abbildung 1.6). 6 y 5 Abbildung 1.6: Die Fläche zwischen der Funktion f (x) (die im gewählten Intervall stets positiv ist) und der horizontalen x-Achse kann über das Integral von f (x) berechnet werden. 4 3 f (x) 2 1 1 2 3 4 5 x Weiter Beispiele, in denen eine physikalische Gröÿe über ein Integral berechnet werden kann, sind zum Beispiel: Z a = v(t) dt Z W = F (s) ds 3 Die Integralrechnung wird im Mathematikunterricht der 13. Klasse behandelt. 10 KAPITEL 1. DIE GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNG 1.4 Aufgaben 1. Ein Lastwagen startet in A um 09 : 00 Uhr und fährt mit der Geschwindigkeit v1 = 50 km/h zum 80 km entfernten Ort B. 30 Minuten später startet ein zweiter Lastwagen mit der Geschwindigkeit v2 = 78 km/h von B aus nach A. a) Bestimmen Sie Zeit und Ort der Begegnung. b) Zeichnen Sie das Zeit-Weg-Diagramm und lösen Sie die Aufgabe grasch. 2. Zu einer geradlinigen Bewegung gehört das folgende Zeit-Weg-Diagramm: s(km) 4 3 2 1 t(h) 1 2 3 4 5 6 7 8 a) Bestimmen Sie die Geschwindigkeiten für die vier Bewegungsabschnitte. b) Zeichnen Sie das Zeit-Geschwindigkeit-Diagramm. c) Berechnen Sie die t − s−Gleichung für den ersten und letzten Bewegungsabschnitt. 3. Zwei Fahrzeuge A und B fahren auf einer Straÿe. Ihre Bewegung wird durch das folgende Zeit-WegDiagramm wiedergegeben. 6 5 s(m) A 4 3 2 1 t(s) 2 −1 −2 B 4 6 8 10 12 14 11 1.4. AUFGABEN a) Interpretieren Sie das Diagramm und erläutern Sie die Bedeutung der Schnittpunkte. b) Bestimmen Sie die Geschwindigkeiten der Fahrzeuge in den einzelnen Bewegungsphasen und zeichnen Sie das zugehörige Zeit-Geschwindigkeit-Diagramm. 4. Berechnen Sie aus folgenden Bewegungsgleichungen das Zeit-Geschwindigkeit-Gesetz: s(t) = 5 s(t) = 3t2 − 4t + 5 s(t) = 3 sin t s(t) = −5 cos 3t2 + t2 5. a) Worin unterscheidet sich das t − s−Diagramm für eine positive bzw. negative Geschwindigkeit. Gebe eine schematische Darstellung beider Situationen an. b) Worin unterscheidet sich das t − s−Diagramm für zwei Geschwindigkeiten v1 und v2 , wenn v1 > v2 ist. Gebe eine schematische Darstellung an. c) Worin unterscheidet sich das t−v−Diagramm für zwei Geschwindigkeiten v1 und v2 , wenn v1 > v2 ist. Gebe eine schematische Darstellung an. Lösungen 1. Alle Zeit- und Streckeneinheiten sind in h bzw. km angegeben. a) Lastwagen (1) startet am Ursprung s0 = 0 km zum Zeitpunkt t0 = 0 h (entspricht der Uhrzeit: 09 : 00 h und fährt in die positive Richtung. s0/1 = 0 km t0/1 = 0 h v1 = 50 km/h Lastwagen (2) startet eine halbe Stunde später und fährt in entgegengesetzte Richtung. s0/2 = 80 km t0/2 = 21 h v2 = −78 km/h t − s−Gleichungen beider Fahrzeuge: s1 (t) = v1 (t − t0/1 ) + s0/1 s2 (t) = v2 (t − t0/2 ) + s0/2 s1 (t) = 50t 1 s2 (t) = −78(t − ) + 80 = −78t + 119 2 Begegnung, falls: s1 (t) = s2 (t) s1 (t) = s2 (t) 50t = −78t + 119 128t = 119 t = 0.930 h = 55 min 47 s Beide Fahrzeuge begegnen sich also um 09 : 55 : 47 Uhr. 12 KAPITEL 1. DIE GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNG Ort der Begegnung: s1 (0.930) = 50t = 50 · 0.930 = 46.484 km Beide Fahrzeuge begegnen ich in einer Entfernung von 46.484 km vom Ursprung (in positiver Richtung) entfernt. b) t − s−Diagramm s(km) 80 Lastwagen (2) 70 60 50 40 30 20 Lastwagen (1) 10 t(h) 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 Im Diagramm sind sowohl die t−s−Gleichungen beider Lastwagen, als auch der Ort der Begegnung eingetragen. Die Gleichung des Lastwagen (1) ist eine einfache Ursprungsgerade. Vom Lastwagen (2) wissen wir nur, dass er nach einer halben Stunde am Ort s = 80 km startet. Da wir nichts genaueres über die Zeit vor dem Start wissen, wird die zweite Gerade nur vom Zeitpunkt t = 0.5 h an gezeichnet. Der Schnittpunkt beider Geraden ergibt den Ort und den Zeitpunkt der Begegnung. Die jeweiligen Werte können von der horizontalen bzw. vertikalen Achse abgelesen werden und stimmen mit den berechneten Werten überein. 13 1.4. AUFGABEN 2. a) Die Geschwindigkeit lässt sich über die Gleichung vi+1 = v1 = v2 = v3 = v4 = (3 − 2) km (3 − 0) h (4 − 3) km (3 − 0) h (4 − 4) km (3 − 0) h (0 − 4) km (3 − 0) h si+1 −si ti+1 −ti (i = 0, 1, 2, 3) berechnen. 1 km 3 h km = 1 h km = 0 h 8 km = − 5 h = Je gröÿer die Geschwindigkeit, um so gröÿer ist die Steigung der Geraden. Eine negative Geschwindigkeit bedeutet, dass das Fahrzeug in die negative Richtung fährt. b) t − v−Diagramm 1.5 v(km/h) 1. 0.5 −0.5 0 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. t(h) −1. −1.5 −2. −2.5 −3. c) t − s−Gleichung für den ersten Abschnitt (0 h < t < 3 h); mit s0/1 = 2 km und t0/1 = 0 h: = v1 (t − t0/1 ) + s0/1 1 s1 (t) = (t − 0) + 2 3 1 t+2 s1 (t) = 3 s1 (t) t − s−Gleichung für den vierten Abschnitt (5.5 h < t < 8 h); mit s0/4 = 0 km und t0/4 = 8 h: = v4 (t − t0/4 ) + s0/4 8 s4 (t) = − (t − 8) + 0 5 8 64 s4 (t) = − t + 5 5 s4 (t) 3. a) Wagen A fährt während 6 Sekunden in die negative Richtung; verharrt während 4 Sekunden auf der Position −1 Meter; fährt anschlieÿend während 4 Sekunden mit verringerter Geschwindigkeit in die negative Richtung weiter. Wagen B verharrt während 2 Sekunden auf der Position −2 Meter; fährt während 8 Sekunden in die positive Richtung, um dann wiederum für 4 Sekunden an der Position 3 Meter zu verharren. b) Geschwindigkeiten des Wagen A: vA/1 = (−1 − 6) m 7 m =− (6 − 0) s 6 s vA/2 = 0 m s vA/3 = (−2 − (−1)) m 1 m =− (14 − 10) s 4 s 14 KAPITEL 1. DIE GLEICHFÖRMIGE BEWEGUNG Geschwindigkeiten des Wagen B : vB/1 = 0 m s vB/2 = (3 − (−2)) m 5 m = (10 − 2) s 8 s vB/3 = 0 m s t − v−Diagramm 4. Berechnung der t − v−Gleichungen über die Ableitung: a)v(t) b)v(t) c)v(t) d)v(t) = [5]0 = 0 = [3t2 − 4t + 5]0 = 6t − 4 = [3 sin t]0 = 3 cos t = [−5 cos(3t2 ) + t2 ]0 = +5 sin(3t2 ) 6t + 2t = +30t sin(3t2 ) + 2t 5. Die beiden Geraden A und B stellen das t − s−Diagramm einer gleichförmigen Bewegung mit positiver und negativer Geschwindigkeit dar. Bei positiver Geschwindigkeit entfernt sich der Körper zusehends in positive Richtung vom Ursprung. Wir erhalten eine ansteigende Gerade. Es gilt also: vA > 0; vB < 0. Bei unterschiedlichen (positiven) Geschwindigkeiten entscheidet der Betrag der Geschwindigkeit über die Steigung der Geraden. Je gröÿer die Geschwindigkeit, um so gröÿer die Steigung; vD > vC . s(m) s(m) 4 4 A 3 2 2 1 1 B 1 2 3 4 D 3 5 C t(s) 1 2 3 4 5 t(s) Die Darstellung einer gleichförmigen Bewegung im t-v-Diagramm entspricht einer horizontalen Geraden. Je gröÿer die Ordinate der Geraden, um so gröÿer ist die Geschwindigkeit. v(m) F 3 2 E 1 1 2 3 4 5 t(s) Kapitel 2 Die gleichförmig beschleunigte Bewegung Im ersten Kapitel wurde angenommen, dass ein Körper seine Geschwindigkeit sprunghaft ändert. Dies ist in der Realität allerdings unmöglich. Jede Geschwindigkeitsänderung ∆v benötigt eine gewisse Zeit ∆t um durchgeführt zu werden. Die Geschwindigkeitsänderung innerhalb einer gewissen Zeit wird als Beschleunigung (bzw. Verzögerung) bezeichnet. Abbildung 2.1: Im ersten Kapitel wurde bei einigen Aufgaben angenommen, dass sich die Geschwindigkeit momentan ändert. Dies ist allerdings unmöglich, da in solchen Fällen die Beschleunigung bzw. die wirkenden Kräfte (F = ma) unendlich groÿ wären. Ändert ein Körper in der Zeit von t0 bis t1 seine Geschwindigkeit von v0 nach v1 , so ist dessen Durchschnittsbeschleunigung ā der Quotient aus dessen Geschwindigkeitsänderung ∆v = v1 −v0 und der dafür benötigten Zeit ∆t = t1 − t0 : ā = ∆v ∆t Einheit: [a] = m s2 (2.1) Beispiele Fallbeschleunigung auf der Erde: 9.78 sm2 . . . 9.83 sm2 Fallbeschleunigung auf dem Mond: 1.62 sm2 Ein einfacher Spezialfall liegt vor, wenn sich die Geschwindigkeit proportional zur Zeit ändert, d.h. in gleichen Zeitintervallen ändert sich die Geschwindigkeit um den gleichen Betrag. Es handelt sich um den Fall der konstanten Beschleunigung. Eine geradlinige Bewegung heiÿt gleichmäÿig beschleunigt, wenn sich weder Betrag noch Richtung ihrer Beschleunigung ändert. 15 16 KAPITEL 2. DIE GLEICHFÖRMIG BESCHLEUNIGTE BEWEGUNG Versuch - Die gleichförmig beschleunigte Bewegung Durchführung: Ein Experimentierwagen bendet sich auf einer geneigten Ebene. Der Wagen wird am oberen Ende der Ebene losgelassen und es werden in konstanten Abständen (von z.B. 10 cm) die benötigte Gesamtzeit t gemessen. Der Start erfolgt zum Zeitpunkt t0 = 0 s an der Position s0 = 0 m mit der Anfangsgeschwindigkeit v0 = 0 m/s. Die zurückgelegte Strecke s wird in Abhängigkeit von der dafür benötigten Zeit t in der Tabelle eingetragen. Berechne anschlieÿend in der Tabelle die Intervalle ∆s zweier benachbarter Messpunkte und die Zeitintervalle ∆t, die notwendig sind um die jeweiligen Streckenabschnitte zurückzulegen. Aus diesen Werten lässt sich die Geschwindigkeit v= ∆s ∆t (2.2) auf den jeweiligen Abschnitten berechnen. Messwerte: s (m) t (s) ∆s (m) ∆t (s) v (m/s) Auswertung a) Tabelle a) t-s-Diagramm 0.00 0.00 0.10 0.34 0.20 0.48 0.30 0.59 0.40 0.69 0.50 0.77 0.60 0.84 0.70 0.91 0.80 0.97 17 2.1. DIE BEWEGUNGSGLEICHUNGEN b) t-v-Diagramm 2.1 Die Bewegungsgleichungen Bewegt sich ein Körper, der sich zum Zeitpunkt t0 = 0 s am Ort s0 bendet und dort die Anfangsgeschwindigkeit v0 hat, gleichmäÿig beschleunigt mit der konstanten Beschleunigung a, so gelten folgende Bewegungsgleichungen: Zeit-Weg-Gesetz: Zeit-Geschwindigkeits-Gesetz: Zeit-Beschleunigungs-Gesetz: 1 2 at + v0 t + s0 2 v(t) = at + v0 s(t) = (2.3) a(t) = a = konst (2.4) (2.5) s(m) 4 v(m/s) 3 3 2 2 1 1 t(s) 1 2 3 4 5 t(s) 1 2 3 4 5 Abbildung 2.2: t-s-Diagramm und t-v-Diagramm einer gleichförmig beschleunigten Bewegung mit Anfangsgeschwindigkeit v0 = 0 m/s Durch die Festlegung einer Koordinatenachse, auf die sich die beschleunigte Bewegung bezieht, ist eine bestimmte Richtung vorgegeben. Ist die Geschwindigkeit v1 zum Zeitpunkt t1 gröÿer als v0 zum Zeitpunkt t0 , so ist die Beschleunigung positiv. Nimmt die Geschwindigkeit allerdings ab (v1 < v0 ), so ist 18 KAPITEL 2. DIE GLEICHFÖRMIG BESCHLEUNIGTE BEWEGUNG die Beschleunigung negativ. Bremsvorgänge (auch Verzögerungen genannt) sind demnach beschleunigte Bewegungen mit negativer Beschleunigung. Aufgabe Leite aus Abbildung 2.2 die Bewegungsgleichungen her und gebe alle physikalischen Gröÿen an, die die Bewegung charakterisieren. Lösung a) Bestimmung des Zeit-Weg-Gesetzes: s(t) = b t2 + c t + d mit: b, c, d ∈ R Da sich zum Zeitpunkt t = 0 s der Körper auf der Position s = 0 m aufhält gilt: d = 0. Es verbleiben noch zwei unbekannte Gröÿen: b und c. Mit: P1 = (2, 1) und P2 = (4, 4) erhält man: ( aus (1): in (2): in (1): Zeit-Weg-Gesetz: s(t) = Physikalische Gröÿen: a = 1 m 2 s2 1 = 4b + c 4 = 16b + 2c c = 1 − 4b 4 = 16b + 2(1 − 4b) 4 = 16b + 2 − 8b 1 b= 4 c=0 1 1 a t2 + v0 t + s0 = t2 + 0 t + 0 2 4 ; v0 = 0 m s und s0 = 0 m. b) Bestimmung des Zeit-Geschwindigkeit-Gesetzes: v(t) = e t + f mit: e, f ∈ R Da sich zum Zeitpunkt t = 0 s der Körper noch im Ruhezustand bendet gilt: f = 0. Mit P3 = (4, 2) erhält man: 1 2 = 4e also: e = 2 Zeit-Geschwindigkeit-Gesetz: v(t) = a t + v0 = Physikalische Gröÿen: a = 1 m 2 s2 ; v0 = 0 m s 1 t+0 2 19 2.1. DIE BEWEGUNGSGLEICHUNGEN Die Endgeschwindigkeit Wie lässt sich die Endgeschwindigkeit v einer gleichförmig beschleunigten Bewegung berechnen, wenn wir nur die zurückgelegte Strecke, aber nicht die hierfür benötigte Zeit t kennen. Wir nehmen an, dass sich der Wagen zum Zeitpunkt t0 = 0 s auf der Position s0 = 0 m bendet und eine Anfangsgeschwindigkeit v= 0 aufweist. Hierfür benötigen wir sowohl die t−s− als auch die t−v−Bewegungsgleichung. In der folgenden Herleitung wird vorausgesetzt, dass die Anfangsgeschwindigkeit v0 gleich Null ist? ( s(t) = 21 at2 + v0 t v(t) = at + v0 also: t = v0 a v 1 v 0 2 0 a + v0 2 t a 1 v02 v2 s= − 0 2 a a v02 s= 2a s= v= √ (2.6) 2as Beschleunigung und Verzögerung −v1 Die Beschleunigung a = v2∆t kann sowohl positiv als auch negativ sein, je nachdem die Endgeschwindigkeit gröÿer (v2 > v1 ) oder kleiner (v2 < v1 ) als die Anfangsgeschwindigkeit ist. Die negative Beschleunigung wird auch Verzögerung genannt. a(m/s2 ) 2 1 1 2 3 4 5 6 7 8 t(s) −1 Abbildung 2.3: Beispiel einer Bewegung mit konstanter positiver Beschleunigung im Intervall 0 s < t < 5 s und einer konstanten negativen Beschleunigung (Verzögerung) im Intervall 5 s < t < 8 s. Somit kann zusammengefasst gesagt werden: • das Vorzeichen der Position gibt die Lage gegenüber dem Ursprung an; • das Vorzeichen der Geschwindigkeit gibt Auskunft über die Bewegungsrichtung; • das Vorzeichen der Beschleunigung sagt uns, ob es sich um eine beschleunigte oder verzögerte Bewegung handelt. 20 KAPITEL 2. DIE GLEICHFÖRMIG BESCHLEUNIGTE BEWEGUNG 2.2 Aufgaben 1. Ein Auto wird aus dem Stand in 10.2 s auf eine Geschwindigkeit von 100 km/h konstant beschleunigt und nach einem Bremsweg von 96 m wieder zum Stehen gebracht. a) Berechnen Sie die Beschleunigung und die Verzögerung. b) Bestimmen Sie den Weg beim Anfahren und die Zeit beim Bremsen. 2. Die folgenden Werte zeigen die Werte eines Fahrbahnversuchs: t (s) s (cm) 0.0 3.2 0.2 4.5 0.4 8.4 0.6 14.8 0.8 23.8 1.0 35.5 1.2 49.6 a) Welches Zeitintervall liegt zwischen den einzelnen Messpunkten? Berechnen Sie die Durchschnittsgeschwindigkeiten zwischen benachbarten Messpunkten und tragen Sie die Werte in einem t − v−Diagramm auf. b) Zeichnen Sie das t − v−Diagramm. c) Beschreiben und charakterisieren Sie die Bewegung. d) Berechnen Sie die Durchschnittsbeschleunigungen zwischen benachbarten Messpunkten und tragen Sie die Werte in einem t − a-Diagramm auf. 3. Zu einer geradlinigen Bewegung gehört das Zeit-Geschwindigkeit-Diagramm der folgenden Abbildung: 5 v(m/s) C 4 B 3 2 A 1 D 1 2 3 4 5 6 7 t(s) 8 a) Berechnen Sie für die drei Intervalle die Beschleunigungen und zeichnen Sie das zugehörige ZeitBeschleunigung-Diagramm. b) Berechnen Sie die zurückgelegten Teilwege und den Gesamtweg. 4. Vor einem Zug, der mit der Geschwindigkeit v1 = 120 km/h dahinfährt, taucht plötzlich aus dem Nebel in 1 km Entfernung ein Güterzug auf, der in derselben Richtung mit v2 = 40 km/h fährt. Der Zug bremst mit konstanter Beschleunigung, so dass sein Bremsweg 4 km beträgt. a) Berechnen Sie die Dauer des Bremsvorgangs. b) Berechnen Sie mithilfe der Lösung aus a), ob es zu einem Zusammenstoÿ kommt. c) Lösen Sie die Frage nach einem möglichen Zusammenstoÿ mithilfe der Bewegungsgesetze. 21 2.2. AUFGABEN Lösungen 1. ∆t = 10.2 s v0 = 0 m/s v1 = 100 km/h = 27.7̄ m/s sB = 96 m a) Beschleunigung a auf der ersten Teilstrecke: a= 27.7̄ m/s ∆v = = 2.72 m/s ∆t 10.2 s Verzögerung a0 auf der zweiten Teilstrecke, auf der die Geschwindigkeit von v1 = 27.7̄ m/s auf v2 = 0 m/s verringert wird: sB = 1 0 2 a t + v1 t 2 mit: ∆v 0 v2 − v1 = 0 ∆t t −v1 t= 0 a a0 = Verzögerung a0 : 2 1 0 −v1 −v1 sB = a + v1 2 a0 a0 2 2 1 v1 v sB = − 10 2 a0 a 1 v12 sB = − 0 2a Also: v12 27.7̄ m/s =− 2sB 2 · 96 m 0 2 a = −4.02 m/s a0 = − Das negative Vorzeichen bedeutet, dass es sich um eine Verzögerung handelt. b) Weg beim Anfahren: 1 2 at + v0 t + s0 2 1 s = 2.72 m/s2 (10.2 s)2 = 141.49 m 2 s= Bremsdauer: v1 27.7̄ m/s = − a0 −40.2 m/s2 t0 = 6.91 s t0 = − 2. a) Die einzelnen Streckenintervalle ∆si = si+1 − si zwischen zwei benachbarten Positionen werden berechnet. Das jeweilige Zeitintervall beträgt ∆ = 0.2 s. Gemessen wird jeweils nur zu bestimmten Zeitpunkten; was dazwischen geschieht wissen wir nicht sicher. Die berechneten Geschwindigkeiten sind also 'nur' Mittelwerte. Deshalb tragen wir die berechnete Geschwindigkeit v in der Mitte des 22 KAPITEL 2. DIE GLEICHFÖRMIG BESCHLEUNIGTE BEWEGUNG jeweiligen Zeitintervalls auf. Die beiden ersten Messungen erfolgen zu den Zeitpunkten 0 s und 0.2 s. Die hergeleitet Geschwindigkeit tragen wir in der Mitte dieses Zeitintervalls im Diagramm auf; also zum Zeitpunkt 0.1 s. Zwischen den beiden ersten Messpunkten beträgt die zurückgelegte Strecke ∆s1 = 4.5 cm−3.2 cm = 1.3 cm. Diese wird innerhalb von ∆t = 0.2 s zurückgelegt. Die Geschwindigkeit auf dieser ersten cm Teilstrecke beträgt also v1 = 1.3 0.2 s = 6.5 cm/s. Dieser Punkt wird im Diagramm zum Zeitpunkt 0.1 s aufgetragen. ∆s (cm) ∆t (s) ∆v (cm/s) t0 (s) 1.3 0.2 6.5 0.1 3.9 0.2 19.5 0.3 6.4 0.2 32.0 0.5 9.0 0.2 45.0 0.7 11.7 0.2 58.5 0.9 14.1 0.2 70.5 1.1 b) t − v−Diagramm v(m/s) 70 60 50 40 30 20 10 t(s) 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 1.1 c) Das t − v−Diagramm ergibt in guter Näherung eine Ursprungsgerade. Dies bedeutet, dass die Geschwindigkeit proportional zur Zeit ist; es handelt sich also um eine gleichförmig beschleunigte Bewegung. d) Die Beschleunigung a kann ihrerseits aus benachbarten Messpunkten berechnet werden. Zwischen zwei benachbarten Messpunkten liegt das Zeitintervall ∆t = 0.2 s. Die Geschwindigkeitsänderung im z.B. ersten Intervall beträgt: ∆v1 = 19.5 cm/s − 6.5 cm/s = 13.0 cm/s Hieraus lässt sich die Beschleunigung im ersten Teilabschnitt zu: a1 = 13.0 = 65.0 cm/s2 0.2 23 2.2. AUFGABEN bestimmen. Die Beträge der Beschleunigung auf den einzelnen Teilstrecken betragen: a(cm/s2 ) : Anzahl der Messungen: n = 5 Es ergibt sich ein Mittelwert von: ā = Fehlerrechnung (siehe Praktikum TP a (cm/s2 ) (a − ā)2 (cm/s2 ) 65.0 320 5 62.5 65 67.5 60 cm/s2 = 64.0 cm/s2 1b ) 65.0 1.00 62.5 2.25 65.0 1.00 67.5 12.25 60.0 16.0 Standardabweichung: v u u ∆a = t 5 X 1 (ai − ā)2 (n − 1) i=1 r 1 (1.00 + 2.25 + 1.00 + 12.25 + 16) cm/s2 4 ∆a = 2.85 cm/s2 = Ergebnis der Messreihe: Relativer Fehler: a = 64.0 cm/s2 ± 2.9 cm/s2 2.9 ∆a = = 0.045 = 4.5% a 64.0 Abbildung 2.4: Darstellung der einzelnen berechneten Werte der Beschleunigung mit den Fehlerbalken. Die rote, horizontal eingetragene Gerade entspricht dem Mittelwert der Messreihe. 24 KAPITEL 2. DIE GLEICHFÖRMIG BESCHLEUNIGTE BEWEGUNG 3. a) Beschleunigung auf der jeweiligen Teilstrecke: 3−1 m/s2 = 1 m/s2 2 4−3 1 a2 = m/s2 = m/s2 4 4 0−4 a3 = m/s2 = −2 m/s2 2 a1 = b) Zurückgelegte Teilstrecken (da nur Teilstrecken berücksichtigt werden, ist die jeweilige Anfangsstrecke s0 = 0 m; die Anfangsgeschwindigkeit muss für die jeweilige Teilstrecke aus dem Diagramm abgelesen werden): 1 1 m/s2 (2 s)2 + 1 m/s 2 s 2 =4m 1 1 = m/s2 (4 s)2 + 3 m/s 4 s 2 4 = 14 m 1 = (−2 m/s2 ) (2 s)2 + 4 m/s 2 s 2 =4m s1 = s1 s2 s2 s3 s3 Gesamtstrecke: s = s1 + s2 + s3 = 22 m mit: vAnf = 1 m/s mit: vAnf = 3 m/s mit: vAnf = 4 m/s Kapitel 3 Die zusammengesetzte Bewegung Die bisher gesehen Gröÿen wie Strecke, Geschwindigkeit und Beschleunigung sind physikalische Gröÿe, die sich nicht nur durch ihren Betrag charakterisieren lassen. Bei diesen Gröÿen wurde in den beiden letzten Kapitel bereits zwischen positivem und negativem Betrag unterschieden. Allgemein können Strecke, Geschwindigkeit und Beschleunigung als vektorielle Gröÿe beschrieben werden. Beispiel: y B yB 3 s 2 A yA 1 ∆y α ∆x 1 0 2 3 xA 4 5 xB x Abbildung 3.1: Der Wegvektor in einem orthogonalen (kartesisches ) Koordinatensystem. Eine Strecke s ist durch den Anfangspunkt A und den Endpunkt B beschrieben. Im zweidimensionalen Raum können diese Punkte durch folgende Koordinaten angegeben werden: A= Der Wegvektor beträgt dann: xA yA # » ~s = AB = Betrag des Wegvektors: s = |~s| = p xB yB xB − xA yB − yA B= (xB − xA )2 + (yB − yA )2 (3.1) Richtung des Vektors gegenüber der (horizontalen) x−Achse: tan α = yB − yA ∆y = xB − xA ∆x 25 (3.2) 26 KAPITEL 3. DIE ZUSAMMENGESETZTE BEWEGUNG Zerlegung des Wegvektors ~s in eine horizontale bzw. vertikale Komponente: (3.3) (3.4) ∆x = s · cos α ∆y = s · sin α Aufgabe Bestimmen Sie aus der Abbildung 3.1 die Koordinaten der Punkte A, B und den Wegvektor ~s. Berechnen Sie den Betrag und die Richtung des Wegvektors. Lösung Koordinaten der beiden Punkte A und B A= Der Wegvektor beträgt dann: 1 1 # » ~s = AB = Betrag des Wegvektors: s = |~s| = B= 4−1 3−1 4 3 = 3 2 p √ (3)2 + (2)2 = 13 In einer physikalischen Anwendung dürfen die Einheiten allerdings nicht vergessen werden. Winkel des Wegvektors gegenüber der x−Achse (horizontale Richtung): Achtung: yB − yA 2 = xB − xA 3 α = 33.69◦ tan α = 27 3.1. ZUSAMMENSETZUNG ZWEIER GLEICHFÖRMIGER BEWEGUNGEN 3.1 Zusammensetzung zweier gleichförmiger Bewegungen Eindimensionale Bewegung Eine Person, nennen wir sie z.B. Jones, bendet sich in einem Zug der sich mit der Geschwindigkeit v1 gegenüber dem Erdboden bewegt. Die Person wählt den Zug als ihr eigenes Bezugssystem und läuft mit der Geschwindigkeit v2 durch den Zug. Wie groÿ ist die Geschwindigkeit v der Person gegenüber dem Erdboden? Bei der Beschreibung dieses Problems muss unterschieden werden, in welche Richtung sich die Person gegenüber dem Zug bewegt. Abbildung 3.2: Eine Person läuft durch bzw. über einen Zug, der seinerseits in Bewegung ist. Es ist immer wichtig anzugeben, gegenüber welchem Bezugssystem die physikalischen Gröÿen angegeben werden. ~v ~v ~v2 ~v1 ~v2 ~v1 positive Richtung + Abbildung 3.3: Die eindimensionale Bewegung. Zusammensetzung zweier Geschwindigkeitsvektoren gleicher bzw. unterschiedlicher Resultierende Geschwindigkeit der Person gegenüber dem Bezugssystem Erde: ( ~v = ~v1 + ~v2 v = v1 + v2 , v = v1 − v2 , Person und Zug bewegen sich in die gleiche Richtung Person und Zug bewegen sich in entgegengesetzte Richtung 28 KAPITEL 3. DIE ZUSAMMENGESETZTE BEWEGUNG Aufgabe Die internationale Raumstation ISS bewegt sich in einer Höhe von ungefähr 400 km über dem Erdboden und benötigt etwa 1.5 h um die Erde (Erdradius: 6370 km) einmal zu umrunden. a) Berechne die Translationsgeschwindigkeit der Raumstation gegenüber dem Erdboden. b) Die Erde dreht sich in 23 h 56 min 04 s einmal um ihre eigene Achse. Ein ruhender Astronaut sieht sich die Erde aus groÿer Entfernung an. Welche Geschwindigkeit hat der Erdboden am Äquator für diesen Beobachter. c) Berechne die Geschwindigkeit der ISS gegenüber dem auÿen stehenden Astronauten, wenn sich die Rakete in Ost-West bzw. in West-Ost-Richtung bewegen würde. Lösung R = 6370 km h = 400 km T = 23.934 h Bezugssystem: Erdoberäche. Geschwindigkeit der ISS vI = vI gegenüber der Erdoberäche: 2π(R + h) 2π (6370 + 400) km U0 = = t t 1.5 h km km = 28 358 = 7.877 h s Die ISS hat also eine Geschwindigkeit von 7.877 km/s. Dies entspricht etwa dem 10-fachen der Mündungsgeschwindigkeit einer Gewehrkugel, deren Geschwindigkeit - je nach Modell - im Bereich von 100 m/s . . . 800 m/s liegt. Bezugssystem: auÿen stehender Astronaut. Geschwindigkeit der Erdoberäche am Äquator, bedingt durch die Rotation der Erde um ihre eigene Achse: U 2πR 2π 6370 km = = t T 23.934 h km km = 1 672 = 0.464 h s vI0 = Abbildung 3.4: Da sich die Erde von West nach Ost dreht, ist ein Raketenstart in die gleiche Drehrichtung am sinnvollsten, um den von der Erde gelieferten Schub (Geschwindigkeit bezw. Energie) auszunutzen. 3.1. ZUSAMMENSETZUNG ZWEIER GLEICHFÖRMIGER BEWEGUNGEN 29 Die möglichen Sichtbarkeitszeiten der ISS kann u.a. auf folgender Seite nachgesehen werden: www.calsky.com Die Erde dreht sich von West nach Ost. Startet die Rakete in die Drehrichtung der Erde, dann sieht der Astronaut die Rakete mit einer resultierenden Geschwindigkeit von: vW −O = 28 358 km km km + 1 672 = 30 030 h h h starten. Wird die Rakete allerdings in entgegengesetzte Richtung, also von Ost nach West gestartet, dann beträgt die resultierenden Geschwindigkeit: vO−W = 28 358 km km km − 1 672 = 26 686 h h h Die Rotation der Erde liefert also 'gratis' einen zusätzlichen Schub für startende Raketen; allerdings nur, wenn sie von West nach Ost starten. Die Translationsgeschwindigkeit der Erdoberäche hängt vom Breitengrad ab (wird in einem späteren Kapitel bewiesen). Um diesen Schub maximal auszunutzen ist es notwendig, dass sich die Startrampen möglichst nahe am Äquator bendet. Somit kann Treibsto (und Kosten) für einen Raketenstart eingespart werden. Neben dieser Startrichtung gibt es allerdings auch Satelliten, die die Erde in polaren Umlaufbahnen (Nord-Süd-Richtung) umkreisen. Abbildung 3.5: Der Orbit des ISS ist um 51.6◦ gegenüber der Ebene des Äquators geneigt. Während der Umlaufzeit von etwa 1.5 h dreht sich die Erde natürlich um ihre eigene Achse. Somit ist es möglich die ISS zwischen dem −51.6◦ und dem +51.6◦ Breitengrad als hellen Punkt am Himmel vorbeiziehen zu sehen. 30 KAPITEL 3. DIE ZUSAMMENGESETZTE BEWEGUNG Die zweidimensionale Bewegung Ein Boot soll einen Fluss überqueren. Dabei hat das Boot eine Geschwindigkeit vB−F gegenüber dem Bezugssystem Fluss. Zusätzlich bewegt sich der Fluss selbst mit einer Geschwindigkeit vF −U gegenüber dem Bezugssystem Ufer. Es soll in folgendem Abschnitt angenommen werden, dass beide Geschwindigkeitsvektoren senkrecht zueinander stehen. Wollen wir die Geschwindigkeit des Bootes gegenüber dem Bezugssystem Ufer angeben, so gilt: ~vBU = ~vBF + ~vF U q 2 vBU = vBF + vF2 U vF U tan α = vBF (3.5) (3.6) (3.7) Aufgabe 1 Ein Schi fährt mit 8 Knoten in östliche Richtung (Angabe gegenüber der Meeresoberäche). Es driftet allerdings in einem Winkel α gegenüber der West-Ost-Richtung von 5◦ ab. Berechnen Sie die Geschwindigkeit der Meeresströmung (gegenüber der Erde), welche genau senkrecht zur Schisbewegung gerichtet m ist. 1 kn (Knoten) = 1 Seemeile/h = 1.852 km h = 0.514 s Lösung vSM = 4.112 m/s α = 5◦ Geschwindigkeit der Strömung: vSM vM E = vSM tan α = 0.025 m/s = 2.5 cm/s tan α = vM E Aufgabe 2 Ein Flugzeug landet mit einer Geschwindigkeit von etwa 250km/h. Versuchen Sie aus der Abbildung die Geschwindigkeit des Seitenwindes abzuschätzen, wenn man annimmt, dass dieser senkrecht zur Landebahn weht. 31 3.2. DER WURF 3.2 Der Wurf 3.2.1 Der vertikale Wurf Ein Körper wird mit der Anfangsgeschwindigkeit vy0 senkrecht nach oben geworfen. Wir können die Geschwindigkeit und die Höhe des Körpers in Abhängigkeit von der Zeit angeben: 5 ymax 4 v(t) = −gt + vy0 y(m) y(t) = − 12 gt2 + vy0 t 3 mit: y0 = 0 ~g 2 1 ~vy0 1 Flugdauer x(m) Berechnung der Dauer tmax zwischen dem Abschuss und dem Zeitpunkt, an dem der Körper den Boden wieder berührt. Die Bedingung, die erfüllt sein muss, lautet: y(t) = 0 ( 1 y(t) = t − gt + vy0 = 0 2 t=0 tmax = 2vy0 g Maximale Höhe Die maximale Höhe ymax wird nach der Hälfte der soeben berechneten Flugdauer tmax erreicht: 1 vy2 vy ymax = − g 20 + vy0 0 2 g g vy20 ymax = 2g 2vy0 g 2 vy = 0 2g Gesamte Flugdauer: tmax = (3.8) Maximale Flughöhe: ymax (3.9) Aufgabe Mit welcher Geschwindigkeit muss ein Geschoss vertikal nach oben geschossen werden, damit es eine Höhe von 10 m bezw. 100 km erreicht? Welche Zeit vergeht zwischen dem Start und der Landung im zweiten Fall? Die Luftreibung wird vernachlässigt. Lösung v1 = 10 m v2 = 100 000 m Dauer tmax , um die maximale Flughöhe zu erreichen: tmax = v0 g 32 KAPITEL 3. DIE ZUSAMMENGESETZTE BEWEGUNG Maximale Flughöhe ymax : 1 2 gt + v0 tmax 2 max v2 ymax = 0 2g p v0 = 2gymax ( p vmax (10 m) = 2 9.81 m/s2 10 m = 14.0 m/s p vmax (100 km) = 2 9.81 m/s2 100 000 m = 1400 m/s ymax = Die Geschwindigkeit im zweiten Fall ist um den Faktor Dauer zwischen Start und Landung: p 100 000/10 = 100 gröÿer als im ersten Fall. 2v0 g = 285.6 s = 4 min 46 tGesamt = 2 tmax = Der schiefe Wurf 3.2.2 Der horizontale Wurf Ein Körper wird aus der Höhe h horizontal mit der Geschwindigkeit vx0 abgeschossen. Unter der Annahme, dass der Luftwiderstand vernachlässigbar ist, handelt es sich bei der horizontalen Bewegungskomponente um eine gleichförmige Bewegung. In der senkrechten Richtung unterliegt der Körper dem freien Fall. y ~ vx0 3 2 h ~ g 1 P 1 2 3 4 5 6 7 8 9 x Abbildung 3.6: Ein Körper wird aus der Höhe h mit einer horizontalen Geschwindigkeit v~x0 abgeschossen. v = 10.9 Die t − v− und t − s−Gleichungen lauten: α=0 vx (t) = vx0 vy (t) = −gt x(t) = vx0 t mit: vy0 = 0 y(t) = − 21 gt2 + h Durch Umstellen der Gleichung x(t) = vx0 t nach der Zeit t = 1 x2 g 2 +h 2 vx 0 g y = − 2 x2 + h 2vx0 y=− mit: x0 = 0 x(t) vx0 erhalten wir für die Bahngleichung: 33 3.2. DER WURF Die maximale Reichweite xmax (Punkt P ) wird erreicht, wenn y = 0 ist: g x2 + h 2 vx20 max s s 2hvx20 2h = = vx0 g g 0=− xmax Die Flugdauer tmax zwischen dem Abschuss und dem Erreichen des Bodens (im Punkt P ) beträgt: tmax tmax xmax = = vx0 s 2h = g s 2h vx0 g vx 0 g 2 2 x +h 2 vx0 s 2h vx 0 xmax = g s 2h tmax = g Bahngleichung: (3.10) y=− Reichweite: Gesamte Flugdauer: Betrag der Aufprallgeschwindigkeit im Punkt P : P 8 (3.12) ~ vx 9 vP2 = vx2 (tmax ) + vy2 (tmax ) 2h = vx20 + g 2 t2max = vx20 + g 2 g q 2 vP = vx0 + 2gh (3.11) 10 α 11 x ~ v ~ vy Aufprallwinkel α: tan α = vy (tmax ) vx 0 −gtmax −g = = vx 0 vx 0 √ 2gh tan α = − vx 0 s 2h g Das negative Vorzeichen des Winkels gibt an, dass der Winkel α nach 'unten' orientiert ist, d.h. in die mathematisch negative Drehrichtung. 34 KAPITEL 3. DIE ZUSAMMENGESETZTE BEWEGUNG Aufprallgeschwindigkeit: Aufprallwinkel: 3.2.3 q (3.13) vx20 + 2gh √ 2gh tan α = − vx0 vP = (3.14) Der schiefe Wurf Bei dem schiefen Wurf wird ein Körper mit der Anfangsgeschwindigkeit v0 unter dem Winkel α schräg nach oben geworfen. Die Bewegung kann in zwei unabhängige Teilbewegungen zerlegt werden. • eine längs der horizontalen x−Achse verlaufende gleichförmige Bewegung mit der zeitlich konstanten Geschwindigkeit vx ; • eine längs der vertikalen y−Achse verlaufende, gleichmäÿig beschleunigte Bewegung mit der Beschleunigung g . y 4 3 2 ~ vy ~ v0 ~ g 1 α 1 P 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 x ~ vx Abbildung 3.7: Der schiefe Wurf Nach dem gewählten Koordinatensystem (siehe Abb. 3.7) betragen die Beschleunigungs-, Geschwindigkeitund Wegvektoren längs den jeweiligen Achsen: ( ax = 0 ay = −g ( vx = v0 cos α vy (t) = −g t + v0 sin α ( x(t) = v0 cos α t y(t) = − 21 g t2 + v0 sin α t Beschleunigung ~a : Geschwindigkeit ~v : Position : Durch Umstellen der Gleichung t = x(t) v cos α lässt sich die Bahngleichung ermitteln: 2 x x + v0 sin α v0 cos α v0 cos α g y=− 2 x2 + tan α x 2 v0 cos2 α 1 y=− g 2 35 3.2. DER WURF Die Bahngleichung hat die Form y = ax2 + bx; es handelt sich also um eine Parabel. Unter der Bedingung y = 0 kann die Reichweite ermittelt werden: g y=x − 2 x + tan α = 0 2 v0 cos2 α ( x=0 falls: − 2 v2 gcos2 α x + tan α = 0 0 Neben dem Ursprung (x0 = 0) kann also die Reichweite ermittelt werden zu: − 2 v02 sin α g x= 2 cos α cos α 2v 2 x = 0 sin α cos α g | {z } = 12 sin 2α x= v02 sin 2α g Unter einer vorgegebenen Geschwindigkeit v0 ist die Reichweite maximal, falls der Ausdruck sin 2α maximal ist, d.h. sin 2α = 1 bzw. 2α = π2 , oder α = π4 . Bahngleichung: Reichweite: y=− x= g x2 + tan α x 2 v02 cos2 α v02 sin 2α g (3.15) (3.16) Neben der Vernachlässigung der Luftreibung wird angenommen, dass sich die Richtung des Vektors der Fallbeschleunigung nicht ändert. Dies trit bei kurzen Strecken durchaus zu. Über gröÿere Strecken muss die Krümmung der Erde jedoch beachtet werden; d.h. der Beschleunigungsvektor ist stets zum Zentrum (radial) der Erde gerichtet. In diesem Fall kann die Bahn des Flugkörpers die Form eines Kreises, Ellipse, Parabel oder Hyperbel annehmen. Abbildung 3.8: Je nachdem welche Geschwindig- keit ein Körper hat, beschreibt er eine geschlossene Bahn (eine kreisförmige oder elliptische Bahn), oder eine oene Bahn (Parabel oder Hyperbel). Im letzteren Fall, in dem der Körper die Erde denitiv verlassen kann, muss die Abschussgeschwindigkeit des Körpers oberhalb der sogenannten Fluchtgeschwindigkeit (escape speed, oder zweite kosmische Geschwindigkeit ) liegen; vF = 11.2 km/s. Erreicht ein horizontal abgeschossener Körper die sogenannte erste kosmische Geschwindigkeit (v1 = 7.9 km/s), kann er eine kreisförmige Bahn um die Erde beschreiben. 36 KAPITEL 3. DIE ZUSAMMENGESETZTE BEWEGUNG Kapitel 4 Die gleichförmige Kreisbewegung 4.1 Denitionen Denitionen der charakteristischen Gröÿen der Kreisbewegung; siehe Buch Seite 32. Bogenmaÿ ∆φ: ∆φ = ∆s r (4.1) ∆φ wird in Radiant ausgedrückt. Für einen vollständigen Kreis gilt ∆s = 2πr: ∆φ = 2πr = 2π r 2π entspricht also einem Winkel von 360◦ . Umlaufzeit T : T = t n (4.2) f= 1 T (4.3) Frequenz f : Winkelgeschwindigkeit ω : ∆φ ∆t 2π ω= = 2πf T (4.4) v = rω (4.6) ω= Bahngeschwindigkeit v : Radialbeschleunigung aR : aR = ωr = 37 v2 r (4.5) (4.7) 38 KAPITEL 4. DIE GLEICHFÖRMIGE KREISBEWEGUNG 4.2 Aufgaben 1. Eine Festplatte dreht sich mit 5400 Umdrehungen pro Minute. Der äuÿere Rand hat 5 cm Abstand von der Mitte. Berechnen Sie die Bahngeschwindigkeit eines Punktes in diesem Abstand. Wie groÿ ist die Radialbeschleunigung? 2. Berechnen Sie die Anzahl der Umdrehung pro Minute eines Fahrradreifens (Durchmesser 28 Zoll = 711 mm) bei einer Geschwindigkeit von v = 18 km/h. 3. Der mittlere Abstand der Erde von der Sonne heiÿt Astronomische Einheit und beträgt 1 AE = 149.6·106 km. Berechnen Sie mit der Umlaufdauer T = 1 Jahr = 365.25 d die Bahngeschwindigkeit der Erde um die Sonne in m/s und km/h. 4. Die Schnittgeschwindigkeit einer Kreissäge soll zwischen v1 = 50 m/s und v2 = 65 m/s liegen. Die Drehfrequenz der Welle beträgt n = 2 800 min−1 . In welchem Gröÿenbereich muss der Sägeblattdurchmesser liegen? 5. Der Reifendurchmesser eines Kraftfahrzeuges beträgt 550 mm. a) Wie viele Umdrehungen je Minute macht das Rad bei einer Fahrgeschwindigkeit von 80 km/h? b) Wie viele Umdrehungen hat dieses Rad nach s = 100 000 km Fahrstrecke ausgeführt? 6. Bei einem Unfall an einer Schleifscheibe löst sich ein Stück vom Umfang bei einer Drehfrequenz von n = 3000 min−1 . Der Scheibendurchmesser beträgt d = 200 mm. Das abgesprengte Stück soll senkrecht nach oben iegen. Welche Höhe würde es ohne Schutzmaÿnahme erreichen? Lösungen 1. Angaben: f = 5 400 min−1 = 90 Hz r = 0.05 m Bahngeschwindigkeit: v = ωr = 2πf r v = 2π 90 Hz 0.05 m v = 28.27 m/s = 101.8 km/h Der äuÿere Rand der CD bewegt sich mit einer Bahngeschwindigkeit von über 100 km/h. Radialbschleunigung: v2 (28.27 m/s)2 = r 0.05 m aR = 15 983.9 m/s2 = 1630 g aR = 39 4.2. AUFGABEN 2. Angaben: r = 0.3555 m v = 18 km/h = 5 m/s Umdrehungszahl des Rads: v = 2πf r v 5 m/s = 2πr 2π 0.3555 m f = 2.238 Hz = 134.3 min−1 f= Unter diesen Bedingungen führt das Rad etwa 134 Umdrehungen pro Minute durch. 3. Angaben: r = 1 AE = 149.6 · 109 m T = 365.25 d = 31 557 600 s Bahngeschwindigkeit der Erde bei ihrer Reise um die Sonne: v = ωr z}|{ 2π 2πr v= r = T T 2π 149.6 · 109 m v= 31 557 600 s v = 29 785.7 m/s (= 29.8 km/s = 107 228.4 km/h) Die Erde bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von über 100 000 km/h auf ihrer Bahn um die Sonne. Der Ausdruck 2πr entspricht dem Umfang der (kreisförmigen) Bahn der Erde um die Sonne. 4. Angaben: v1 = 50 m/s . . . v2 = 65 m/s n = 2 800 min−1 , also: f = 46.67 Hz Durchmesser d des Sägeblatts: v r v = 2 rπ f = dπf ω = 2πf = v 50 m/s = πf π 46.67 Hz d = 0.341 m d= Für die beiden angegebenen Geschwindigkeiten ergeben sich Durchmesser von 0.341 m und 0.443 m. 5. Angaben: d = 550 mm v = 80 km/h = 22.22 m/s a) Drehzahl des Rads: v r v = |{z} 2 r π f = dπf v f= πd f = 12.86 Hz = 771.66 min ω = 2πf = 40 KAPITEL 4. DIE GLEICHFÖRMIGE KREISBEWEGUNG Das Rad macht also etwa 771.7 Umdrehungen pro Minute. b) Strecke einer Umdrehung: U = 2πr = πd = 1.7279 m Anzahl der Umdrehungen: s 100 000 000 m = = 57.87 · 106 U 1.7279 m 6. Angaben: n = 3000 min−1 , also: f = 50 Hz d = 200 mm Geschwindigkeit des Stücks: v r v = 2rπf = dπf ω = 2πf = v = 31.42 m/s (= 113 km/h) Das Stück iegt mit einer Anfangsgeschwindigkeit von v0 = 31.42 m/s senkrecht nach oben. Unter der Verwendung der Gleichungen der gleichförmig beschleunigten Bewegung (siehe Kapitel senkrechter Wurf ): ( y(t) = 12 at2 + v0 t = − 12 gt2 + v0 t v(t)−v0 a = −g = ∆v t = t Ist die maximale Höhe erreicht, so gilt: y(t) = hM ax und v(t) = 0. 1 v02 v0 v2 g 2 + v0 = 0 2 g g 2g 31.42 m/s = 2 · 9.81m/s2 = 50.3 m hM ax = − hM ax hM ax Ohne Schutzvorrichtung (und ohne Luftwiderstand) könnte das Stück über 50 m hoch iegen. Kapitel 5 Bezugssysteme Inertialsystem - beschleunigtes Bezugssystem; siehe Buch Seite 36/37. 5.1 Aufgaben 1. Ein Körper (m = 0.4 kg ) wird an einer Schnur der Länge l = 0.8 m 80-mal in der Minute auf einem Kreis, der in einer waagerechten Ebene liegt, herumgeschleudert. Berechnen Sie a) die Zentripetalkraft (wie lautet das verwendete Bezugssystem?); b) die Umdrehungszahl, bei der die Schnur reiÿt, wenn ihre Zugfestigkeit mit 500 N angegeben ist. 2. Ein Körper bewegt sich mit der Geschwindigkeit v auf einer Kreisbahn mit dem Radius r. Untersuchen Sie die Änderung der Zentripetalbeschleunigung, wenn die Geschwindigkeit bzw. der Radius verdoppelt wird. 3. Untersuchen Sie die Abhängigkeit der Zentripetalkraft aufgrund der täglichen Drehung der Erde um ihre Achse auf einen mit ihr fest verbundenen Körper (m = 70 kg ) von der geographischen Breite. 4. Ein Auto (m = 1300 kg ) fährt mit konstanter Geschwindigkeit v = 40 km/h über eine gewölbte Brücke. Der Radius des Brückenbogens beträgt R = 50 m. a) Bestimmen Sie die Normalkraft des Autos im beschleunigten Bezugssystem auf der Brückenmitte. b) Berechnen Sie die Geschwindigkeit, bei der der Wagen abheben würde. 5. Berechnen Sie die Zentripetalbeschleunigung a) eines geostationären Satelliten, der auf einer Kreisbahn mit dem Radius 42 000 km so schnell kreist, wie die Erde sich um ihre eigenen Achse dreht; b) eines Wettersatelliten, der die Erde in 102 min in einer Höhe von 850 km umkreist (Äquatorradius der Erde 6 378 km). 6. Berechnen Sie, wie schnell sich die Erde drehen müsste, damit am Äquator Fallbeschleunigung und Zentripetalbeschleunigung gleich groÿ sind. 7. Zur Vorbereitung auf Raumüge trainieren Raumfahrer in groÿen Zentrifugen, in denen sie sehr schnell im Kreis herumgeschleudert werden. Sie sitzen etwa 9 m vom Drehpunkt der Zentrifuge entfernt in einer Kabine. Berechne Sie die Umdrehungszahl, mit der die Kabine rotieren muss, damit eine Beschleunigung von 8g (das Achtfache der Fallbeschleunigung auf der Erde) entsteht. 41 42 KAPITEL 5. BEZUGSSYSTEME 8. Eine Spielzeugautobahn enthält ein Looping mit 50 cm Durchmesser. Ermitteln Sie die Geschwindigkeit, mit der ein Fahrzeug den höchsten Punkt durchfahren muss, um nicht herunterzufallen. 9. a) Ein Fahrradfahrer der Masse m = 80 kg fährt in eine Kurve mit dem Krümmungsradius r = 30 m. Trage in einer Skizze die Kräfte ein, die auf den Schwerpunkt des Fahrers wirken. Gebe das verwendete Bezugssystem an. b) Unter welchem Winkel α zur Senkrechten muss sich der Fahrer bei der Geschwindigkeit v = 36 km/h nach innen legen, damit die Zentrifugalkraft aufgehoben wird? c) Wie groÿ muss dabei die Haftreibungszahl zwischen Radreifen und Straÿe mindestens sein, um ein Rutschen zu vermeiden? Trage auch hierzu in einer Skizze alle Kräfte ein, die im Kontaktpunkt Rad-Straÿe auf das Rad wirken. 10. Bei einem Elektromotor liegt der Schwerpunkt des Rotors von der Masse m = 44 kg infolge schlechter Auswuchtung 1 mm auÿerhalb der Drehachse. Wie groÿ sind die Bahngeschwindigkeit im Massenschwerpunkt und die Zentrifugalkraft bei einer Drehfrequenz des Motors von n = 1450 min−1 . 11. Die Schienen der Bundesbahn haben eine Spurbreite von b = 1435 mm. In einer Kurve mit dem Radius r = 250 m ist die äuÿere Schiene um h = 125 mm überhöht. a) Gebe das Bezugssystem an. Bei welcher Bahngeschwindigkeit steht die Resultierende aus Gewichtskraft und Fliehkraft auf den Schienen senkrecht? b) Welche Überhöhung wäre bei doppelter Geschwindigkeit notwendig? 12. Ein Auto von der Masse m = 1400 kg und der Spurbreite b = 1290 mm fährt eine Kurve von r = 60 m Krümmungsradius. a) Gebe das Bezugssystem an. b) Welche Geschwindigkeit darf das Fahrzeug höchstens haben, um in der Kurve nicht zu kippen? Der Wagenschwerpunkt liegt h = 700 mm über der Fahrbahn. 43 5.1. AUFGABEN Lösungen 1. Angaben: m = 0.4 kg Frequenz: f = 80 60 s−1 = f = 80 min−1 l = 0.8 m 4 3 Hz Bezugssystem: Inertialsystem (auÿenstehender Beobachter) Betrag der Zentripetalkraft: a) FZ = m ω 2 r wobei in dieser Aufgabe der Radius r der Länge l der Schnur entspricht und ω = 2πf ist. Also gilt: FZ = m (2πf )2 l = 0.4 kg (2π 4 Hz)2 0.8 m 3 FZ = 22.46 N Bedingung: FM ax = FZ = 500 N Berechnung der Frequenz: b) FZ = m (2π f )2 l r FZ f= 4π 2 m l s 500 N f= 2 4π 0.4 kg 0.8 m f = 6.29 Hz = 377.5 min−1 2. a) Die Geschwindigkeit v wird verdoppelt. Es gilt: aZ = v2 r also: aZ ∼ v 2 Wird die Geschwindigkeit v verdoppelt, vervierfacht sich die Zentripetalbeschleunigung aZ . b) Der Radius r wird verdoppelt. Es gilt: aZ = v2 r also: aZ ∼ 1 r Wird der Radius r verdoppelt, dann wird die Zentripetalbeschleunigung aZ halbiert. c) Werden sowohl Geschwindigkeit als auch Radius verdoppelt, so gilt: v0 = 2 v und r0 = 2 r 44 KAPITEL 5. BEZUGSSYSTEME Zentripetalbeschleunigung: (2v)2 v 02 4v = = r0 2r 2r 2 v a0Z = 2 r |{z} a0Z = a0Z = 2 aZ In diesem Fall wird die Zentripetalbeschleunigung aZ verdoppelt. 3. Angaben: m = 70 kg Dauer eines Tages1 : T = 23 h 56 min 04 s = 86 164 s Mittlerer Radius R der Erde: R = 6370 km Zentripetalkraft am Äquator: FZ = m ω 2 r = m 2π T 2 R Abbildung 5.1: Modell der Erde mit Radien und Zentralkräften am Äquator und am Breitengrad λ. Am Äquator kann der Radius der Bahnbewegung r dem Radius der Erde R gleichgesetzt werden, da der Zentrum der Kreisbewegung und der Zentrum der Erde identisch sind (siehe Abb. 5.1). Bendet man sich jedoch am Breitengrad λ, so ist das Zentrum der Kreisbewegung nicht mehr identisch mit dem Zentrum der Erde, also rλ 6= R ! Es gilt am Breitengrad λ: cos λ = rλ R ⇒ rλ = R cos λ 1 Es muss zwischen synodischer und siderischer Tagesdauer unterschieden werden. Der synodische Tag beruht auf dem scheinbaren Lauf der Sonne und beträgt 24 h. Der siderische Tag beruht auf einer Umdrehung der Erde um ihre Achse von 360◦ und ist knapp 4 Minuten kürzer als der synodische Tag. 45 5.1. AUFGABEN Zentripetalkraft FZ (λ) auf dem Breitengrad λ: FZ (λ) = m FZ (λ) = m 2π T 2 2π T 2 rλ R cos λ Übernehmen wir die oben angegebenen Werte, so erhält man für die Zentripetalkraft (λ = 50◦ ): FZ (λ) = 70 kg 2π 86 164 s 2 6.37 · 106 m cos 50◦ FZ (λ) = 1.52 N Die für die Kreisbewegung notwendige Zentripetalkraft ist wesentlich kleiner als die wirkende Gewichtskraft (von etwa 700 N ). Es ist jedoch darauf zu achten, dass die Gewichtskraft Richtung Erdzentrum wirkt; die notwendige Zentripetalkraft jedoch zum Mittelpunkt der gerade beschriebenen Kreisbewegung wirkt. 4. Angaben: m = 1300 kg v = 40 km/h = 11.11 m/s R = 50 m Bezugssystem: Beschleunigtes Bezugssystem Gewichtskraft FG des Autos: FG = mg = 1300 kg 9.81 m/s2 = 12 753 N Zentrifugalkraft FZ die auf den Wagen wirkt, wenn dieser mit v = 40 km/h die beschriebene Kreisbewegung durchführt: FZ = m v2 R (11.11 m/s)2 50 m = 3 209.9 N = 1 300 kg Die nach unten wirkende Gewichtskraft ist viel gröÿer als die nach auÿen (oben) wirkende Zentrifugalkraft; der Wagen kann unter diesen Bedingungen nicht abheben. Wirkende Normalkraft in der Brückenmitte: FN = FG − FZ = 9 543.1 N Sobald die Zentrifugalkraft gröÿer wird als die vorhandene Gewichtskraft, hebt der Wagen ab. Untersuchen wir den Grenzfall, in dem die Normalkraft FN = 0 wird: 46 KAPITEL 5. BEZUGSSYSTEME FN = FG − FZ = 0 FG = FN v2 mg = m M ax p R p vM ax = gR = 9.81 m/s2 50 m vM ax = 22.15 m/s = 79.7 km/h Sobald der Wagen die Geschwindigkeit von vM ax = 79.7 km/h überschreitet, ist die wirkende Gewichtskraft kleiner als die Zentrifugalkraft. Der Wagen hebt ab. 5. a) Angaben zum geostationären Satellit: T = 23 h 56 min 04 s = 86 164 s r = 42 000 km Gelegentlich hört man die Aussage, dass sich geostationäre Satelliten in einer Höhe von 36 000 km aufhalten. Diese Höhe bezieht sich allerdings auf die Erdoberäche; hierbei muss also der Erdradius addiert werden (siehe Abb. 5.2). Abbildung 5.2: Höhe eines geostationären Satelliten gegenüber dem Erdzentrum r bzw. der Erdoberäche h. Zentripetalbeschleunigung aZ : 2 aZ = ω r = aZ = 2π 86 164 s 2π T 2 2 r 4.2 · 107 m aZ = 0.223 m/s2 = 0.0228 g = Die Zentripetalbeschleunigung beträgt b) 1 44 1 g 44 der Fallbeschleunigung g . Angaben zum Wettersatellit: T = 102 min = 6 120 s r = 850 km + 6378 km = 7 228 km 47 5.1. AUFGABEN Zentripetalbeschleunigung aZ : aZ = aZ = 2π T 2 r 2π 6 120 s 2 7.228 · 106 m aZ = 7.619 m/s2 = 0.78 g Die Zentripetalbeschleunigung in einer Höhe von 850 km über dem Erdboden ist nur 20% geringer als die Fallbeschleunigung g . 6. Angaben: siderische Tagesdauer: T = 86 164 s R = 6378 km Grenzfall: FG = FZ mg = m(ω)2 r = m r r T = 2π g 2π T 2 r T = 5 063.1 s = 1 h 24 min 23 s Bei einer Tagesdauer von T = 1 h 24 min 23 s ist der Betrag der Zentripetalkraft gleich der Fallbeschleunigung g . 7. Angaben: r = 9 m aZ = 8 g Bezugssystem: Inertialsystem Zentripetalbeschleunigung: aZ = ω 2 r = (2π f )2 r Umdrehungszahl: r f= aZ = (2π)2 r s 8 · 9.81 m/s2 (2π)2 9 m f = 0.470 Hz = 28.2 min−1 8. Angaben: r = 0.25 m Bezugssystem: beschleunigtes Bezugssystem Die Zentrifugalkraft bewirkt, dass der Wagen eine kreisförmige Bewegung durchführt. Im Grenzfall ist die notwendige Zentrifugalkraft gleich der wirkenden Gewichtskraft. FZ = FG m v2 =mg r v2 =g r 48 KAPITEL 5. BEZUGSSYSTEME Soweit u.a. Reibungskräfte vernachlässigt werden können, ist die Bedingung unabhängig von der Masse m des Wagens. v= √ gr= p 9.81 m/s2 0.25 m v = 1.57 m/s = 5.64 km/h 9. Angaben: v = 36 km/h = 10 m/s r = 30 m a) Bezugssystem: Radfahrer (beschleunigtes Bezugssystem) Dieser bendet sich im Gleichgewicht unter den wirkenden Kräften F~G (Gewichtskraft), F~F (Fliehkraft) und F~ (Reaktion des Bodens auf das Fahrrad), also: F~ + F~F + F~G = ~0 Abbildung 5.3: Links: Kräftegleichgewicht für den fahrenden Radfahrer. Gleichgewicht mit der horizontalen Komponente der Kraft F~x0 Rechts: b) Es gilt unter anderem: 2 m vr FF tan α = = FG mg 2 v (10 m/s)2 tan α = = rg 30 m · 9.81 m/s2 ◦ α = 18.77 c) Das Fahrrad übt die Kraft F~ 0 = −F~ auf den Boden aus. Mit: FG F0 FG F0 = cos α cos α = Die Reibungskraft F~R ist im 49 5.1. AUFGABEN In horizontaler Richtung gilt auÿerdem: Fx0 F0 Fx0 = F 0 sin α sin α Fx0 = FG = FG tan α cos α sin α = Gleichgewichtsbedingung zwischen der Reibungskraft F~R und der horizontalen Komponente der Kraft F~ 0 : Fx0 = FR FG tan α = µFG µ = tan α = 0.34 10. Angaben: m = 44 kg r = 10−3 m f = 1450 min−1 = 24.17 Hz Bezugssystem: beschleunigtes Bezugssystem Bahngeschwindigkeit v : v r v = 2 π r f = 0.152 m/s ω=2π f = Zentrifugalkraft FZ : v2 r F = 1014.5 N F =m 11. Angaben: b = 1.435 m h = 0.125 m r = 250 m a) Bezugssystem: fahrender Zug (beschleunigtes Bezugssystem) Dieser bendet sich im Gleichgewicht unter den wirkenden Kräften F~G (Gewichtskraft), F~F (Fliehkraft) und F~ (Reaktion der Schienen auf den Zug), also: F~ + F~F + F~G = ~0 Neigungswinkel der Schienen: h b α = 5◦ sin α = Es gilt unter anderem: 2 m vr FF tan α = = FG mg v2 tan α = rg p √ v = tan α r g = tan 5◦ 250 m 9.81 m/s2 v = 14.65 m/s ( = 52.7 km/h) 50 KAPITEL 5. BEZUGSSYSTEME Abbildung 5.4: Links: Kräftegleichgewicht für den fahrenden Zug. Rechts: Geometrie der Schienen. b) Bei doppelter Geschwindigkeit v 0 = 2v wäre der notwendige Neigungswinkel α0 : v 02 rg α0 = 19.3◦ tan α0 = Überhöhung h0 der Spur: h0 = b sin α0 = 0.474 m 12. Angaben: m = 1400 kg b = 1290 mm r = 60 m h = 700 mm Nicht kippen bedeutet für den Wagen, dass dessen Schwerpunkt nicht jenseits der Basis liegen darf. b/2 h α = 42.66◦ tan α = Bezugssystem: fahrender Wagen Gleichgewichtsbedingung für den Wagen: F~ + F~F + F~G = ~0 51 5.1. AUFGABEN Es gilt unter anderem: 2 m vr FF = FG mg 2 v = rg r brg = 2h = 23.29 m/s ( = 83.8 km/h) tan α = b 2h v v 52 KAPITEL 5. BEZUGSSYSTEME Kapitel 6 Arbeit und Energie Der Begri der Arbeit ist uns aus dem Alltag bekannt, in der Physik muss er aber aufgrund messbarer Gröÿen exakt deniert werden. Physikalische Arbeit wird dann verrichtet, wenn eine Kraft längs eines Weges wirkt (die folgenden 5 Seiten sind eine Wiederholung der 11TG ). Unter der Arbeit versteht man das skalare Produkt aus dem Kraftvektor F~ und dem unter der Einwirkung der Kraft zurückgelegten Wegvektor ~s. [W ] = [F ] [s] = N m = J(Joule) W = F~ · ~s Achtung: (6.1) Bei dieser Denition wird vorausgesetzt, dass es sich um eine konstante Kraft handelt. Arbeit positiv Arbeit Null F F α Arbeit negativ F 90 s α ◦ s s Abbildung 6.1: Ein Körper bewegt sich horizontal über eine Ebene. Je nach der Richtung der wirkenden Kraft gegenüber der Bewegungsrichtung kann die resultierende Arbeit positiv, Null oder negativ sein. Bildet der Kraftvektor einen Winkel α mit dem Wegvektor, so beträgt der Betrag der verrichteten Arbeit: W = F s cos α (6.2) Folgende Fälle können unterschieden werden: • α = 0◦ : Kraft- und Wegvektor zeigen in die gleiche Richtung; die Denition 6.1 geht in die einfache Gleichung W = F s über. • 0◦ < α < 90◦ : Der Kraftvektor schlieÿt mit dem Wegvektor einen spitzen Winkel ein. Die Arbeit bekommt ein positives Vorzeichen; der Körper wird durch die Kraft beschleunigt. • α = 90◦ : Kraft- und Wegvektor bilden einen rechten Winkel. Die Arbeit ist Null; sie kann den Körper weder beschleunigen noch verzögern. Eine Richtungsänderung der Bewegung ist allerdings möglich. • 90◦ < α < 180◦ : Der Kraftvektor schlieÿt mit dem Wegvektor einen stumpfen Winkel ein. Die Arbeit bekommt ein negatives Vorzeichen; der Körper wird durch die Kraft verzögert. 53 54 KAPITEL 6. ARBEIT UND ENERGIE 6.1 Die Hubarbeit Ein auf der Erdoberäche bendlicher Körper der Masse m wird mit konstanter Geschwindigkeit um die Höhe h angehoben. Dazu muss gegen die nach unten auf den Körper wirkende Gewichtskraft FG eine Arbeit verrichtet werden. Die hierzu erforderliche, nach oben gerichtete Kraft F muss den gleichen Betrag wie die Gewichtskraft haben: F = FG = mg Für die verrichtete Hubarbeit gilt: (6.3) W = F h = mgh F h Abbildung 6.2: Ein Körper der Masse m wird gleichförmig um die Höhe h angehoben. Die Festlegung des Nullpunktes spielt keine Rolle, ausschliesslich der Höhenunterschied h geht in die Berechung der Hubarbeit ein. G FG Aufgabe Auf einem Joghurt-Becher steht folgende Angabe: Nährwert je 100 g : 407 kJ/ 97 kcal a) Wie lautet der Umrechnungsfaktor zwischen Joule und Kalorie? b) Wie oft müsste man einen Kasten mit Wasseraschen von 16 kg auf einen 1 Meter hohen Tisch heben, um den angegebenen Wert von 407 kJ zu verbrauchen? Lösung W = 407 kJ m = 16 kg h=1m a) Umrechnungsfaktor: 1 kcal = 4.20 kJ . Der genaue Wert beträgt 4.1855 b) Sei n die Anzahl, um die der Kasten auf den Tisch gehoben werden kann, dann gilt: n mgh = W W 407 000 J n= = mgh 16 kg 9.81 m/s2 1 m n = 2 593 55 6.2. DIE BESCHLEUNIGUNGSARBEIT 6.2 Die Beschleunigungsarbeit Unter der Beschleunigungsarbeit versteht man die Arbeit, die aufgewendet werden muss, um die Geschwindigkeit eines Körpers zu vergröÿern. Nehmen wir an, dass die Geschwindigkeit eines aus der Ruhe (v0 = 0 m/s) startenden Körpers bis zur erreichten Endgeschwindigkeit v gleichmäÿig zunimmt, so gilt: F =ma Legt der Körper dabei den Weg s zurück, so gilt für die verrichtete Arbeit: W = F s = ma s Unter Verwendung der bekannten Gleichung (2.6) aus dem Kapitel der gleichförmig beschleunigten Bewegung: s= v2 2a erhält man für den Ausdruck der Beschleunigungsarbeit: W = 1 mv 2 2 (6.4) Aufgabe Ein Wagen der Masse m = 1200 kg soll von 50 km/h auf 100 km/h beschleunigt werden. a) Welche Arbeit muss hierzu verrichtet werden? b) Wie hoch ist der Kraftstoverbrauch, wann bei der Verbrennung von 1 Liter Treibsto etwa 180 M J freigesetzt werden. Der Wirkungsgrad des Motors wird zu µ = 0.2 angenommen1 . Lösung m = 1200 kg v1 = 13.89 m/s v2 = 27.78 m/s a) Die Gleichung der Beschleunigungsarbeit gilt nur für den Fall, dass der Körper aus der Ruhe auf die Geschwindigkeit v beschleunigt. Also: W50−100 = W0−100 − W0−50 1 1 = mv22 − mv12 2 2 1 2 = m(v2 − v12 ) 2 1 = 1200 kg (27.78 m/s)2 − (13.89 m/s)2 2 = 347.222 kJ b) 1 Liter Treibsto liefert laut Angabe 150 000 kJ . Also sind in unserem Fall: 347.2 kJ = 0.002315l 150 000 kJ/l (6.5) 2.315 Milliliter Treibsto notwendig. Dies gilt allerdings nur im Fall eines Motors, der einen Wirkungsgrad von 100% hat (und natürlich ohne Luftreibung). Bei einem Wirkungsgrad von 20% ist ein Verbrauch von 11.6 Milliliter notwendig. 1 aus: http://www.chemie.fu-berlin.de/chemistry/general/kfz-energetisch.html 56 KAPITEL 6. ARBEIT UND ENERGIE 6.3 Die Spannarbeit Unter der Spannarbeit versteht man die zum elastischen Verformen eines Körpers erforderliche Arbeit. Während die aufgewendete Kraft bei den bisher behandelten Fällen während des ganzen Weges konstant war, ist dies bei der Spannarbeit nicht der Fall. Für das Spannen von zum Beispiel einer Schraubenfeder gilt das Hooksche Gesetz : F = Dx [D] = N/m wobei die rücktreibende Kraft F der Federdehnung x proportional ist. D hängt von der Beschaenheit der Feder ab und wird Federkonstante genannt. F (N) 5 4 ~ F 3 2 Fläche des Dreiecks 1 x = notwendige Spannarbeit W 0 1 2 3 4 5 6 x (m) Abbildung 6.3: Eine Feder wird aus der Ausgangslage um die Strecke x gedehnt. Die aufzuwendende Kraft ist nicht konstant, sondern proportional zur Verlängerung der Schraubenfeder. Die durchgeführte Spannarbeit kann aus dem x − F −Diagramm ermittelt werden, indem die Fläche unter der Kraftgeraden (in diesem Fall also die Fläche eines Dreiecks) berechnet wird. Die Spannarbeit lässt sich aus dem Weg-Kraft-Diagramm herleiten; sie ist gleich der Fläche unterhalb der Kraftgeraden (siehe Unterricht 11TG). W = 1 1 F x = Dx2 2 2 Aufgabe (6.6) Welche Arbeit muss aufgewendet werden, um eine Feder der Federkonstante D = 10 N/cm um 10 cm zu dehnen? Lösung D = 10 N/cm = 1000 N/m x = 0.1 m Zu verrichtende Spannarbeit: W = 1 1 Dx2 = 1000 N/m (0.1 m)2 = 5 J 2 2 57 6.4. DIE REIBUNGSARBEIT 6.4 Die Reibungsarbeit Wenn auf einer horizontalen Straÿe ein Schlitten mit konstanter Geschwindigkeit gezogen oder die Räder eines Wagens mit gleichbleibender Geschwindigkeit gerollt werden, so ist hierzu eine Arbeit erforderlich, obwohl keine Hebung und keine Beschleunigung erfolgt. Die Arbeit muss gegen die Reibungskräfte errichtet werden und wird als Reibungsarbeit bezeichnet. Da die allgemeine Beschreibung der Reibungskraft sehr kompliziert sein kann und von vielen Faktoren abhängt wird im folgenden nur der Fall einer konstanten Reibungskraft angenommen. Wirkt eine konstante Reibungskraft FR auf einen Körper, so ergibt sich für die über den Weg x verrichtete Reibungsarbeit: W = FR x (6.7) 6.5 Die Energie Soll zum Beispiel ein Körper der Masse m von der Erdoberäche um die Strecke h gehoben werden, so muss ein Mensch oder eine Maschine ein Hubarbeit W = mgh verrichten. Hierbei ändert sich die Lage des Körpers. Der gehobene Körper kann jetzt aufgrund seiner neuen Lage Arbeit verrichten, indem er in seine Ausgangslage zurückkehrt. Die Hubarbeit ist in dem angehobenen Körper als Arbeitsfähigkeit gespeichert worden. Jede Art von gespeicherter Arbeitsfähigkeit wird als Energie bezeichnet. Unter der Energie versteht man den in einem physikalischen System gespeicherten Vorrat an Arbeitsvermögen. Die Energie kann auf einen anderen Körper übertragen werden. Sie kann an dem gleichen Körper aber auch in anderer Form in Erscheinung treten. Energie und Arbeit sind gleichartige physikalische Gröÿen und werden beide in der Einheit Joule ausgedrückt. Somit ergeben sich für die bereits kennengelernte Arbeitsformen folgende Energieausdrücke: 1. Die potentielle Energie oder Lageenergie: Epot = mgh; 2. Die kinetische Energie oder Bewegungsenergie: Ekin = 12 mv 2 ; 3. Die Spannenergie: Esp = 21 Dx2 ; 4. Die Reibungsenergie: ER = FR s. Satz der Energieerhaltung: Wenn bei mechanischen Vorgängen eine Umwandlung von Energie erfolgt, so bleibt die Summe der Energieformen in einem abgeschlossenen System, d.h. einem System, dem von auÿen weder Energie zugeführt noch entzogen wird, zeitlich konstant. Die Summe aller Energieformen wird Gesamtenergie genannt. EGesamt = Epot + Ekin + Esp EGesamt (t1 ) = EGesamt (t2 ) = konst (6.8) (6.9) 58 KAPITEL 6. ARBEIT UND ENERGIE Aufgabe Eine Kugel der Masse m = 100 g liegt neben einer gespannten Feder der Federkonstante D = 15 N/cm. Die Feder wurde um 5 cm komprimiert. a) Welche Geschwindigkeit vA hat die Kugel, wenn sich die Feder vollständig entspannt hat? b) Die Kugel läuft anschlieÿend reibungsfrei durch ein Looping mir dem Durchmesser 30 cm. Welche Geschwindigkeit vB hat die Kugel im höchsten Punkt? c) Nach dem Looping läuft die Kugel eine schiefe Ebene der Steigung 15% hinauf. Welche Strecke s kann sie auf der schiefen Ebene maximal zurücklegen? C B s h r α A Lösung m = 0.1 kg D = 1500 N/m x = 0.05 m r = 0.15 m tan α = 0.15 a) Energieerhaltung in A: Spannenergie der Feder wird vollständig in kinetische Energie umgewandelt. Esp = Ekin 1 1 2 Dx2 = mvA 2 2 s r D 1500 N/m x= 0.05 m vA = m 0.1 kg vA = 6.12 m/s b) Gesamtenergie im tiefsten Punkt der Bahn ist gleich der Gesamtenergie im höchsten Punkt B . EA = EB 1 1 2 2 mvA = mvB + mg(2r) 2 2 q p 2 2 − 4gr = vB = vA (6.12 m/s)2 − 4 · 9, 81 m/s2 · 0.15 m vB = 5.62 m/s c) Bestimmung des Winkels der schiefen Ebene: tan α = 0.15 α = 8.53◦ 59 6.6. DIE ROTATIONSENERGIE Die Gesamtenergie wird in potentielle Energie in C umgewandelt: EA = EC 1 h mv 2 = mgh mit: sin α = 2 A s 1 mv 2 = mgs sin α 2 A 2 vA (6.12 m/s)2 s= = 2g sin α 2 · 9.81 m/s2 · sin 8.53◦ s = 12.89 m 6.6 Die Rotationsenergie Die Lösung der vorhergehenden Aufgabe ist in diesem Fall für eine punktförmige Masse durchgeführt. In der Skizze wird allerdings eine ausgedehnte Kugel dargestellt - dies entspricht nicht der hier aufgezeigten Lösung. Eine ausgedehnte Kugel beschreibt nicht nur eine Translationsbewegung, welche der kinetischen Energie Ekin = 1/2mv 2 entspricht, sondern führt gleichzeitig eine Rotation um ihre eigene Achse durch. Diese Rotation bedarf einer zusätzlichen Arbeit - oder Energie, der sogenannten Rotationsenergie. Wenn man die kinetische Energie eines um eine feste Achse mit konstanter Winkelgeschwindigkeit rotierenden starren Körpers bestimmen will, so denkt man sich den Körper in eine groÿe Zahl kleiner Massenelemente ∆mi zerlegt, deren Abstand von der Drehachse jeweils mit ri bezeichnet wird. Die Bahngeschwindigkeit vi eines solchen Massenelementes hängt von dem zugehörigen Bahnradius ab und ist deshalb für Massenelemente mit unterschiedlichen Abständen von der Drehachse verschieden groÿ. Die Winkelgeschwindigkeit ω ist dagegen für alle Massenelemente gleich. ∆ ∧ ω Abbildung 6.4: Ein ausgedehnter Körper wird in Massenelemente ∆mi zerlegt. Jedes dieser Massenelemente führt eine kreisförmige Bewegung um die Drehachse ∆ durch und hat ein Trägheitsmoment Ji = ∆mi ri2 . Das Trägheitsmoment des gesamten Körpers wird über die Summe der einzelnen Trägheitsmomente Ji gebildet. ∆mi v~i ri Die Rotationsenergie ERot/i des einzelnen Massenelementes beträgt: ERot/i = 1 1 ∆mi vi2 = ∆mi ri2 ω 2 2 2 (6.10) 60 KAPITEL 6. ARBEIT UND ENERGIE Die Rotationsenergie ERot des gesamten starren Körpers ist die Summe der Rotationsenergien ERot/i aller n Massenelemente (∆m1 = . . . = ∆mn ). ERot = n X ERot/i i=1 = ERot/1 + ERot/2 + . . . + ERot/n 1 1 = ∆m1 r12 ω 2 + . . . + ∆mn rn2 ω 2 2 2 1 2 = ∆m1 r1 + . . . + ∆mn rn2 ω 2 2 ! n 1 X 2 = ∆mi ri ω 2 2 i=1 (6.11) Im allgemeinen lautet der Ausdruck des Trägheitmomentes J : J= n X ∆mi ri2 Z = (6.12) r2 dm i=1 wobei der Grenzübergang ∆mi → 0 ausgeführt wird. Somit muss das Trägheitsmoment J für jeden Körper bei der Rotation um eine Drehachse berechnet werden. Für einfache geometrische RKörper kann P dieses über die Integralrechnung hergeleitet werden (siehe 13GE/Mathe; ∆m → dm; → ). Abbildung 6.5 gibt einige Beispiele von Trägheitsmomenten an. Zylindermantel Drehachse = Körperachse J = mr2 Hohlzylinder Drehachse = Körperachse J = 12 m(r12 + r22 ) Vollzylinder Drehachse ⊥ zur Körperachse J = 12 mr2 + 1 2 12 ml Dünner Stab Achse ⊥ zur Körperachse J = 31 ml2 Vollkugel Drehachse durch Mittelpunkt J = 25 mr2 Vollzylinder Drehachse = Körperachse J = 21 mr2 Zylindermantel Drehachse ⊥ zur Körperachse J = 12 mr2 + 1 2 12 ml dünner Stab Drehachse ⊥ zur Körperachse J= 1 2 12 ml dünne Kugelschale Drehachse durch Mittelpunkt J = 12 mr2 massiver Quader Drehachse ⊥ zur Oberäche J = 12 mr2 Abbildung 6.5: Trägheitsmomente J unterschiedlicher geometrischer Körper gegenüber der Drehachse ∆. Neben der Geometrie des Körpers spielt die Lage der Drehachse gegenüber dem Körper eine wichtige Rolle. 61 6.6. DIE ROTATIONSENERGIE Im einfachsten Fall, in dem eine punktförmige Masse um eine Drehachse rotiert, wird die Berechnung des Trägheitsmoments im nächsten Abschnitt ausführlich beschrieben. Die Gröÿe J wird als das Trägheitsmoment des Massenpunktes auf der Kreisbahn bezeichnet. Während bei der Translationsbewegung nur die Trägheit des Körpers (also dessen Masse) von Bedeutung ist, spielt bei der Rotationsbewegung sowohl die Masse als auch die Massenverteilung gegenüber der Drehachse eine wichtige Rolle. Einheit des Trägheitsmoments: [J] = [m] [r2 ] = kg · m2 Bei der Translationsbewegung stellt die Masse m ein Maÿ für den Widerstand gegen eine Änderung der Bahngeschwindigkeit, also der Beschleunigung a, dar. Das Trägheitsmoment J eines Körpers stellt analog ein Maÿ für den Widerstand des Körpers gegen eine Änderung seiner Winkelgeschwindigkeit, also seiner Winkelbeschleunigung α dar. Während die Masse eine unveränderliche Körpereigenschaft darstellt, ist dies bei dem Trägheitsmoment nicht der Fall, denn dieses hängt von der Wahl der Drehachse ab. Ein Körper kann daher bei gleichbleibender Masse je nach der Lage der Drehachse unterschiedliche Trägheitsmomente haben. Trägheitsmoment des Massenpunktes Zunächst betrachten wir einen Massenpunkt mit der Masse m, der sich mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω auf einer Kreisbahn mit dem Radius r bewegt. Für die kinetische Rotationsenergie des Massenpunktes um die Rotationsachse ∆ gilt: 1 (6.13) ERot = m v 2 2 ∆ Abbildung 6.6: Ein Körper der Masse m führt eine gleichförmige Kreisbewegung um die Drehachse ∆ durch. Das Trägheitsmoment dieses Körpers beträgt J = mr2 . P ~ v Unter Verwendung der für die Rotationsbewegung charakteristischen Gröÿen, wie u.a. v = ω r, erhält man für die Rotationsenergie: 1 2 1 = 2 1 = 2 ERot = m (ω r)2 ERot 2 2 m | {zr} ω ERot J ω2 Rotationsenergie des Massenpunktes während der Kreisbewegung: ERot = 1 J ω2 2 mit: J = m r2 (6.14) 62 KAPITEL 6. ARBEIT UND ENERGIE Aufgabe 1 Zwei Dosen rollen eine schiefe Ebene hinunter. Beide Dosen haben die gleiche Masse und den gleichen Radius. Im ersten Fall (1) ist die Masse gleichmäÿig über das gesamte Volumen der Dose verteilt; im zweiten Fall (2) handelt es sich um eine hohle Dose, deren Masse im Mantel konzentriert ist. Welche Dose erreicht als erste den tiefsten Punkt der schiefen Ebene? Begründe. Lösung: Dose (1): Vollzylinder J = 1 2 2 mr Dose (2): Zylindermantel J = mr2 Das Problem kann über die Energieerhaltung gelöst werden. Im höchsten Punkt haben beide Dosen die gleiche potentielle Energie. Diese wandelt sich während des bergab Rollens in kinetische Energie um; also in kinetische Energie der Translation und kinetische Energie der Rotation. pictures/hohl_vollzylinder.jpg Abbildung 6.7: Zwei Zylinder gleicher Höhe, gleichen Durchmessers und gleicher Masse (120 g) werden eine schiefe Ebene hinabrollen gelassen. Die Masse des einen Zylinders (Holz) ist homogen über dessen gesamtes Volumen verteilt; beim zweiten (Hohl-)Zylinder (Metall; schwarz) ist die Masse ausschlieÿlich im Mantel verteilt. 63 6.6. DIE ROTATIONSENERGIE Epot/A = Epot/B + Ekin/B + ERot/B 1 1 2 2 mg(hA − hB ) = mvB + JωB |2 {z } |2 {z } & % Da das Trägheitsmoment des Zylindermantels doppelt so groÿ ist als das Trägheitsmoment des Vollzylinders ist die Rotationsenergie des Zylindermantels stets gröÿer als die Rotationsenergie des Vollzylinders. Folglich ist der Beitrag der kinetischen Energie der Translation für den Zylindermantel kleiner; dessen Geschwindigkeit ist also stets kleiner als die Geschwindigkeit des Vollzylinders. Der Vollzylinder erreicht also als erster das Ende der schiefen Ebene. Aufgabe 2 Im folgenden soll die Geschwindigkeit aus der vorhergehenden Aufgabe berechnet werden, wenn die Ausdehnung der Kugel berücksichtigt wird. Eine Kugel von 100 g wurde über eine Feder der Federkonstante 15 N/cm beschleunigt. Dabei dehnte sich die Feder um 5 cm. Welches ist die Geschwindigkeit der Kugel im Punkt A, unter der Annahme, dass die Kugel aus Eisen besteht (Dichte ρ = 7.8 kg/m3 )? Lösung: rK m = 0.100 kg ρ = 7800 kg/m3 x = 0.05 m D = 1500 N/m 3 Radius der Kugel (mit V = 34 πrK ): ρ= m V → m ρ m = ρ s r 3m 3 · 0.1 kg 3 = rK = 3 4πρ 4π · 7800 kg/m3 V = 4 3 πr 3 K rK rK = 0.0145 m (= 1.45 cm) Trägheitsmoment der homogenen Kugel: 2 2 2 mr = 0.1 kg (0.0145 m)2 5 K 5 J = 8.432 · 10−6 kgm2 J= r A 64 KAPITEL 6. ARBEIT UND ENERGIE Geschwindigkeit vA1 der Kugel in A (Energieerhaltungssatz): Esp = Ekin + ERot 1 1 1 2 2 Dx2 = mvA1 + JωA1 2 2 2 2 2 Dx2 = mvA1 + JωA1 2 Dx = 2 mvA1 2 2 mrK + |5 {z } |·2 2 vA1 2 rK =J(Kugel) 2 7 2 2 2 Dx2 = mvA1 + mvA1 = mvA1 5 s 5 r 5D 5 · 1500 N/m x= 0.05 m vA1 = 7m 7 · 0.1 kg vA1 = 5.18 m/s In der vorhergehenden Aufgaben, in der man von einer punktförmigen Kugel ausging, wurde eine Geschwindigkeit von etwa vA = 6.12 m/s berechnet. Unter Berücksichtigung der Rotationsenergie der ausgedehnten Kugel ist die berechnete Geschwindigkeit um etwa 15% kleiner. 65 6.6. DIE ROTATIONSENERGIE Die Bewegungsgleichungen der gleichförmig beschleunigten Kreisbewegung Im Praktikum konnten die Bewegungsgleichungen der gleichförmig beschleunigten Kreisbewegung experimentell überprüft werden. Denition der Winkelbeschleunigung Unter der Winkelbeschleunigung α versteht man den Quotienten aus der Änderung der Winkelgeschwindigkeit ∆ω und dem dafür benötigten Zeitintervall ∆t α= ∆ω ∆t [α] = 1 s2 (6.15) Aus der Denition der Winkelbeschleunigung α können folgende Bewegungsgleichungen der gleichförmigen Kreisbewegung hergeleitet werden2 : (6.16) ω(t) = α(t − t0 ) + ω0 1 φ(t) = αt2 + ω0 t + φ0 2 (6.17) Zusammenhang zwischen Winkel- α und Translationsbeschleunigung a: α= ∆ω ∆t α= und: ∆ω = ∆v r ∆ω ∆v 1 = = a ∆t r ∆t r a=rα 2 analog zur Herleitung der Gleichungen der gleichförmigen beschleunigten Translationsbewegung, wobei: s → φ, v → ω und später a → α ersetzt werden. (6.18) 66 KAPITEL 6. ARBEIT UND ENERGIE Aufgabe - Die gleichförmig beschleunigte Kreisbewegung (Praktikum) Ein konstantes Drehmoment M wird auf eine Scheibe, die auf einem Luftkissen gelagert ist, ausgeübt. Diese führt, ausgehend vom Ruhezustand, eine beschleunigte Kreisbewegung durch. In folgender Tabelle sind die zurückgelegten Winkel φ in der dafür benötigten Zeit t aufgetragen. a) Vervollständige die Tabelle. Berechne aus der zweitletzten Kolonne den Mittelwert der Winkelbeschleunigung α. Berechne aus der letzten Kolonne die Standardabweichung ∆α. Wie groÿ ist der relative Fehler in der Winkelbeschleunigung? b) Trage im Diagramm den zurückgelegten Winkel φ in Abhängigkeit von der Zeit im Quadrat t2 auf. Lege, soweit möglich, eine Ursprungsgerade durch die Messpunkte. Bestimme die Steigung der Geraden und vergleiche mit a). c) Stelle, ausgehend von den Messwerten, die Bewegungsgleichungen dieser gleichförmig beschleunigten Bewegung auf. d) Welche Winkelgeschwindigkeit hat die Scheibe nach 3 Sekunden erreicht und wie groÿ ist die Translationsgeschwindigkeit am äuÿeren Rand der Scheibe (Radius: 18 cm). Lösung a) Messreihe φ (deg ) φ (rad) 45 60 90 120 135 180 225 270 t (s) 1.16 1.33 1.63 1.88 2.07 2.34 2.67 2.81 Anzahl der Messungen: n = . . . . . . Mittelwert der letzten Kolonne: ᾱ = . . . . . . . . . Standardabweichung: ∆α = . . . . . . . . . Resultat: Relativer Fehler: ∆α ᾱ = ......% t2 (s2 ) 2φ t2 ( s12 ) (α − ᾱ)2 ( s12 ) 6.6. DIE ROTATIONSENERGIE b) t2 − φ−Diagramm: Steigung der Ursprungsgeraden: c) t − ω−Gleichung: ω(t) = t − φ−Gleichung: φ(t) = d) Nach 3 Sekunden: ω(3 s) = v(3 s) = 67 68 KAPITEL 6. ARBEIT UND ENERGIE Drehmoment und Trägheitsmoment Soll ein ruhender Körper in eine kreisförmige Bewegung versetzt werden, so muss ein Drehmoment (Produkt aus Kraft F und Hebelarm r) M =F r auf ihn ausgeübt werden. Im folgenden wird der Fall untersucht, in dem eine punktförmige Masse des Trägheitsmoments J = mr2 eine Kreisbahn mit dem Radius r um eine Drehachse durchführen kann. M =F r=mar mit: a = r α 2 M =m | {zr} α =J M =J α (6.19) Wirkt ein Drehmoment auf einen Körper der um eine Achse rotieren kann, so wird dieser in eine beschleunigte Kreisbewegung versetzt. Dabei hängt die Winkelbeschleunigung sowohl von der Masse als auch von der Massenverteilung (also vom Trägheitsmoment J ) ab. Diese Gleichung ist nicht nur für punktförmige Körper, sondern allgemein gültig. (Ausführlichere Beschreibung: siehe Praktikum.) Aufgabe An einem Vollzylinder und an einer Vollkugel mit dem Radius r = 5 cm wirkt eine konstante Kraft von F = 10 N . Beide Körper haben eine Masse von m = 2.50 kg . Bestimme die Winkelbeschleunigung beider Körper. Nach welcher Zeit haben beide Körper eine Winkelgeschwindigkeit von ω = 10 s−1 erreicht? Lösung: r = 5 cm F = 10 N m = 2.50 kg ω = 10 s−1 Winkelbeschleunigung: (JKugel = 52 mr2 , JZylinder = 21 mr2 ) M =J α Kugel: Zylinder: → M J F r α = 2 2 = 200 s−2 5 mr F r α = 1 2 = 160 s−2 2 mr α= Zeitdauer t um ω = 10 s−1 zu erreichen: ω(t) = α(t − t0 ) + ω0 = α t ω(t) α t = 0.050 s t= Kugel: Zylinder: t = 0.0625 s 69 6.6. DIE ROTATIONSENERGIE Der Drehimpuls ~ eines starren, um eine feste Achse rotierenden Körpers versteht Unter dem Drehimpuls oder dem Drall L man das Produkt aus seinem Trägheitsmoment J und seiner Winkelgeschwindigkeit ω . ~ =J ω L ~ [L] = kg m2 s (6.20) Der Drehimpuls ist also ein Vektor, dessen Richtung mit der Richtung der Winkelgeschwindigkeit übereinstimmt. (Ausführlichere Beschreibung: siehe Praktikum.) Abbildung 6.8: Ein Körper kann sowohl in Uhrzeigerrichtung, als auch in die entgegengesetzte Uhrzeigerrichtung rotieren. Über die Rechte-Hand-Regel kann die Richtung des Winkelgeschwindigkeitsvektors ermittelt werden. ~ die gleiche Richtung als der Vektor des Winkelgeschwindigkeit ω Dabei hat der Drehimpulsvektor L ~. Drehimpulserhaltungssatz: Bei einem abgeschlossenen System von Massenpunkten, d.h. bei einem System, auf das keine äuÿeren Drehmomente wirkt, ist der Gesamtdrehimpuls nach Betrag und Richtung zeitlich konstant. ~ Gesamt = L n X ~i L (6.21) i=1 ~ Gesamt (t1 ) = L ~ Gesamt (t2 ) = konst L Wenn ein rotierender Kreisel (Gyroskop ) frei beweglich ist, so hält er laut Drehimpulserhaltung seine Drehachse ihre Richtung im Raum bei. Die freie Lagerung des Kreisels kann mit Hilfe einer sogenannten kardanischen Aufhängung erreicht werden. Die Kreiselachse behält ihre Drehrichtung bei, auch dann, wenn die Aufhängeeinrichtung verschoben oder verdreht wird. Somit können Schie, Flugzeuge oder Raketen ihre Orientierung im Raum bestimmen. (6.22) 70 KAPITEL 6. Rotationsbewegung Translationsbewegung Strecke Geschwindigkeit Beschleunigung Masse Impuls ARBEIT UND ENERGIE s↔φ v↔ω a↔α m↔J p↔L Winkel Winkelgeschwindigkeit Winkelbeschleunigung Trägheitsmoment Drehimpuls s= φr gleichförmige Bewegung: gleichförmige Bewegung: v= ω= ∆s ∆t ∆φ ∆t v= ωr gleichförmig beschleunigte Bewegung: a = ∆v ∆t v(t) = a(t − to ) + v0 s(t) = 21 at2 + v0 t + s0 gleichförmig beschleunigte Bewegung: α = ∆ω ∆t ω(t) = α(t − to ) + ω0 φ(t) = 21 αt2 + ω0 t + φ0 a= αr kinetische Energie: Rotationsenergie: Impuls Drehimpuls p = mv L = Jω Grundgesetz der Mechanik Grundgesetz der Mechanik falls: m = konst falls: L = konst Ekin = 21 mv 2 F = ∆p ∆t F = ma ERot = 12 Jω 2 M = ∆L ∆t M = Jα Kapitel 7 Impuls und Impulserhaltung 7.1 Theorie Theorie: Buch Seite 56, 57 und 58 Impuls: Einheit: [p] = kg p=mv m s (7.1) Zweite Newton'sche Axiom: Die Kraft F~ , die auf einen Körper wirkt, führt zu einer Impulsänderung ∆~ p des Körpers innerhalb des Zeitintervalls ∆t. ∆~ p ∆(m~v ) F~ = = ∆t ∆t (7.2) Die Denition der Kraft kann auch unter folgender Form geschrieben werden: F~ = p~0 . Ändert während der Impulsänderung die Masse des Körpers nicht, ist also ∆m = 0; m0 = 0, so gilt: F~ = p~ 0 = (m ~v )0 = m0 ~v + m ~v 0 mit: m0 = 0 = m~v 0 F~ = m~a Zweite Newton'sche Axiom: Übt ein Körper A die Kraft F~A−B auf einen zweiten Körper B aus, so übt auch B auf A die gleiche Gegenkraft F~B−A aus. Beide Kräfte haben gleichen Betrag, allerdings entgegengesetzte Richtungen. F~A−B = −F~B−A Der Kraftstoÿ: (7.3) F ∆t = ∆p Impulserhaltung: Der Gesamtimpuls p~ eines Systems setzt sich aus den Impulsen der einzelnen Komponenten p~i zusammen. Bei einem abgeschlossenen System ist die Vektorsumme des Gesamtimpulses nach Betrag und Richtung konstant. p~ = n X p~i (7.4) i=1 p~(t1 ) = p~(t2 ) = konst 71 (7.5) 72 KAPITEL 7. IMPULS UND IMPULSERHALTUNG Versuch Auf einer horizontal ausgerichteten Schiene benden sich zwei Wagen (1) und (2) unterschiedlicher Masse m1 und m2 . Beide Wagen können sich reibungsfrei über ein Luftkissen bewegen. Wagen (2) bendet sich in Ruhe in der Mitte der Schiene. Wagen (1) wird mit der Geschwindigkeit ~u1 gegen den ruhenden Wagen prallen gelassen. Es wird ein vollständig elastischer Stoÿ vorausgesetzt. Es werden sowohl die Geschwindigkeit ~u1 vor dem Stoÿ, als auch die Geschwindigkeiten ~v1 und ~v2 nach dem Stoÿ über zwei Timer gemessen (mit u = ∆x ∆t , wobei ∆x die Breite eines Papierstreifens ist, der die Lichtschranke während der Vorbeifahrt unterbricht). + t2 - NACHHER t1 - VORHER ~ u1 Messwerte u1 (m/s) ~ u2 ~ v1 m1 = . . . . . . kg p(t1 ) (kg m/s) v1 (m/s) m2 = . . . . . . kg v2 (m/s) ~ v2 ∆x = . . . . . . mm p1 (t2 ) (kg m/s) p2 (t2 ) (kg m/s) p(t2 ) (kg m/s) Der Gesamtimpuls vor dem Zusammenstoÿ wird nur aus dem Impuls des ersten Wagens (1) gebildet. Der Gesamtimpuls nach dem Zusammenstoÿ besteht aus der Summe der Teilimpulse beider Wagen. Allerdings muss auf die Bewegungsrichtung (Vorzeichen) geachtet werden! Beobachtung Theoretische Beschreibung Die positive Richtung wird in die Richtung der Anfangsgeschwindigkeit ~u1 festgelegt. Nach dem vollständig elastischen Zusammenstoÿ ist die Bewegungsrichtung beider Wagen nicht immer eindeutig. In diesem Fall wird angenommen, dass sich beide Wagen in die positive Richtung bewegen. Ob die Annahme richtig getroen wurde, sieht man später am Vorzeichen der berechneten Geschwindigkeiten v1 und v2 . Ist das Vorzeichen positiv, so ist die am Anfang gewählte Richtung beider Geschwindigkeitsvektoren korrekt. Ein negatives Vorzeichen weist darauf hin, dass die anfänglich gewählte Richtung umgedreht werden muss. Die Skizze muss in diesem Fall nicht korrigiert werden; es reicht eine Bemerkung am Ende der Berechnung. 73 7.1. THEORIE Gesamtimpuls beider Wagen vor dem Zusammenstoÿ: nach dem Zusammenstoÿ: p(t2 ) = m1 v1 + m2 v2 p(t1 ) = m1 u1 + m2 u2 = m1 u1 | {z } =0 Impulserhaltung: p(t1 ) = p(t2 ) m1 u1 = m1 v1 + m2 v2 m2 v2 = m1 u1 − m1 v1 = m1 (u1 − v1 ) (1) In unserem Fall liegen zwei unbekannte Gröÿen vor; beide Geschwindigkeiten nach dem Zusammenstoÿ v1 und v2 sind nicht bekannt. Wir benötigen eine zweite, von der Impulserhaltung unabhängige Gleichung. Energieerhaltung (in dieser Situation sind nur die kinetischen Energien zu berücksichtigen): E(t1 ) = E(t2 ) 1 1 1 m1 u21 = m1 v12 + m2 v22 2 2 2 m2 v22 = m1 u21 − m1 v12 = m1 (u21 − v12 ) (m2 v2 )2 = m1 m2 (u21 − v12 ) (2) (1) quadriert und in (2) eingesetzt: m21 (u1 − v1 )2 = m1 m2 (u21 − v12 ) m1 (u21 − 2u1 v1 + v12 ) = m2 (u21 − v12 ) ... (m1 + m2 ) v12 − 2m1 u1 v1 + (m1 − m2 )u21 = 0 ∆ = 4m21 u21 − 4(m1 + m2 )(m1 − m2 )u21 = ... = 4m22 u21 = (2m2 u1 )2 Erste mögliche Lösung: v1 = 2m1 u1 + 2m2 u2 = u1 2(m1 + m2 ) Dies bedeutet, dass der erste Wagen mit gleichbleibender Anfangsgeschwindigkeit den zweiten Körper durchdringt, ohne ihn zu beeinussen. Dies ist für materielle Teilchen keine physikalisch sinnvolle Lösung. Zweite mögliche Lösung: v1 = m1 − m2 u1 m1 + m2 Daraus folgt für v2 : v2 = 2m1 u1 m1 + m2 Diese beiden Gleichungen geben sowohl den Betrag als auch die Richtung der Geschwindigkeitsvektoren v1 und v2 beider Wagen nach dem elastischen Zusammenstoÿ an. 74 KAPITEL 7. IMPULS UND IMPULSERHALTUNG Diskussion der Ergebnisse: • v2 ist immer positiv; Wagen (2) bewegt sich nach dem Zusammenstoÿ in jedem möglichen Fall nach rechts; • m1 − m2 > 0, d.h. m1 > m2 : v1 ist positiv; der erste Wagen bewegt sich nach dem Zusammenstoÿ nach rechts; • m1 − m2 = 0, d.h. m1 = m2 : Beide Wagen haben identische Massen. Nach dem Zusammenstoÿ bleibt der erste Wagen stehen (v1 = 0); der zweite Wagen bewegt sich mit der Geschwindigkeit v2 = u nach rechts; • m1 − m2 < 0, d.h. m1 < m2 : v1 ist negativ; der erste Wagen wird nach links zurückgeworfen. • m1 m2 , m1 m1 m2 1, oder lim m2 → 0: d.h. Die Masse des zweiten Wagens ist sehr viel gröÿer als die Masse des ersten Wagens. Der zweite Wagen kann in dem Fall auch z.B. eine Mauer darstellen, die sich durch den Zusammenprall (fast) nicht bewegt. Beide Gleichungen der Geschwindigkeiten v1 und v2 können folgendermaÿen umgeschrieben werden: v1 = 1 m2 ( m m2 − 1) u1 1 m2 ( m m2 + 1) VORHER NACHHER VORHER NACHHER VORHER NACHHER VORHER NACHHER mit: lim m1 →0 m2 (−1) u1 = −u1 (+1) 2 m1 v2 = m1 m2 = 0 m2 + 1 v1 = Trit ein Ball der Masse m1 und der Geschwindigkeit u~1 auf einen Widerstand sehr groÿer Masse, so wird dieser Ball zurückgeworfen (reektiert). Der Betrag der Geschwindigkeit ändert nicht, nur dessen Richtung. Die Impulsänderung beträgt in diesem Fall: ∆p = pN achher − pV orher = m1 (−u1 ) − m1 u1 ∆p = −2 m1 u1 = −2 pBall Im Fall eines vollständig unelastischen Stoÿes, bleibt der Ball an der Wand 'kleben'. Die Impulsänderung beträgt in diesem Fall nur die Hälfte der soeben berechneten Impulsänderung, also: ∆p = − pBall . 75 7.1. THEORIE Versuch Zwei Bälle unterschiedlicher Masse M und m liegen aufeinander und werden aus der Höhe h auf den Boden fallen gelassen. Wie verhalten sich beide Bälle nach dem Aufprall auf dem Boden? Beschreibe und führe die Berechnung über die Impuls- und Energieerhaltung aus. Lösung Werden beide Bälle aus einer Höhe h fallen gelassen, so erreichen sie am Boden eine Geschwindigkeit u von: u= p 2gh V O R H E R h ~ u v~2 N A C H H E R + ~ u v~1 ~ u ~ u Abbildung 7.1: Zwei Bälle unterschiedlicher Massen werden aus der Höhe h fallen gelassen und treen mit der annähernd gleichen Geschwindigkeit u auf den Boden. Der untere Ball wird mit der Geschwindigkeit u zurückgeworfen und trit den entgegenkommenden kleineren Ball. Durch diesen Zusammenprall wird der kleinere Ball in eine groÿe Höhe geschleudert. Ein auÿen stehender Beobachter sieht beide Bälle mit der Geschwindigkeit u am Boden ankommen. Unter der Annahme, dass der Boden eine sehr groÿe Masse hat, wird der groÿe Ball mit der Geschwindigkeit u nach oben zurückgeworfen. Es kommt also zum Zusammenstoÿ des groÿen und des kleinen Balls, wobei beide die gleiche Geschwindigkeit u haben, allerdings in entgegengesetzter Richtung. 76 KAPITEL 7. Impulserhaltung: IMPULS UND IMPULSERHALTUNG mu − M u = −mv1 − M v2 1 1 1 1 mu2 + M u2 = mv12 + M v22 2( 2 2 2 (M − m)u = −mv1 − M v2 (M + m)u2 = mv12 + M v22 ( m m v2 = u − M u− M v1 m 2 m 2 2 2 v2 = M u + u − M v1 ( (1) v2 = u − au − av1 mit: a = (2) v22 = au2 + u2 − av12 Energieerhaltung: m M Gleichung (1) in Gleichung (2): (u − au − av1 )(u − au − av1 ) = au2 + u2 − av12 ... 2 (a + a) v12 2 2 + (2a u − 2au) v1 + (a − 3a)u2 = 0 (a + 1) v12 + 2u(a − 1) v1 + (a − 3)u2 = 0 ∆ = 4u2 (a − 1)2 − 4(a + 1)(a − 3)u2 = ... = 16u2 Physikalisch sinnvolle Lösung: −2u(a − 1) + 4u 3−a = u 2(a + 1) 1+a m 3− M v1 = m u 1+ M v1 = Die zweite mathematische mögliche Lösung lautet: v1 = −u kann physikalisch verworfen werden, da in diesem Fall der kleine Ball mit unveränderter Geschwindigkeit den groÿen Ball durchdringen müsste. Unter der Annahme, dass die Masse des kleinen Balls vernachlässigbar gegenüber der Masse des groÿen m Balls ist, gilt: lim M → 0. Die maximal mögliche Geschwindigkeit des kleinen Balls beträgt nach dem Aufprall: v1(M ax) = 3u Die Geschwindigkeit v2 des groÿen Balls beträgt: v2 = m 1 − 3M m u 1+ M 7.2. AUFGABEN 77 7.2 Aufgaben 1. Ein Fahrzeug der Masse m = 7.5 t soll innerhalb eines Zeitintervalls von 8 s seine Geschwindigkeit um 6 m/s erhöhen. Welche konstante antreibende Kraft F ist erforderlich? 2. Eine Person von der Masse m1 = 75 kg springt mit der Geschwindigkeit u1 = 4 m/s in einen ruhenden Kahn von der Masse m2 = 100 kg . Mit welcher Geschwindigkeit v treibt nun der Kahn vom Ufer ab? 3. Bei einem Versuch zur Ermittlung der Geschossgeschwindigkeit dringt das Geschoss von der Masse m1 = 10 g mit der Geschwindigkeit v1 in den zunächst ruhenden Pendelkörper der Masse m2 = 4 kg . Durch den vom Geschoss ausgeübten Kraftstoÿ werden Geschoss und Pendelkörper um die Höhe h = 200 mm gehoben. a) Geben Sie eine beschriftete Skizze an von der Situation vor- und nach dem Zusammenstoÿ. Stellen Sie die Impulsgleichung auf. b) Welche potentielle Energie haben Geschoss und Pendelkörper in der höchsten Lage erhalten? c) Ermitteln Sie mit Hilfe der Energiegleichung die gemeinsame Geschwindigkeit v2 und damit die Geschossgeschwindigkeit v1 . 4. Eine Rakete von der Gewichtskraft FG = 80 000 N soll senkrecht gestartet werden. Die Ausströmgeschwindigkeit der Verbrennungsgase beträgt v = 1 500 m/s. Welche Treibstomasse m muss beim Start in einer Sekunde ausströmen, damit die Rakete vom Boden abhebt? 5. Ein Güterwagen von m1 = 20 t fährt mit der Geschwindigkeit u1 = 36 km/h auf einen ruhenden Wagen der gleichen Masse. a) Es ndet ein elastischer Stoÿ statt. Berechnen Sie die Geschwindigkeiten beider Wagen nach dem Zusammenstoÿ. b) Wie groÿ ist die Geschwindigkeit der Wagen, wenn der Stoÿ vollständig unelastisch ist? 6. Die Pendelkugel (1) von m1 = 100 g wird in einer Höhe von h1 = 10 cm losgelassen und trit in A elastisch auf die ruhende Pendelkugel (2) von der Masse m2 = 50 g . a) Bestimmen Sie die kinetische Energie und Geschwindigkeit der Kugel (1) in A. b) Welche Höhe h2 erreicht die Kugel (2) nach dem Stoÿ? c) Welches Verhalten würden Kugel (1) und Kugel (2) bei gleicher Masse zeigen? 7. Das Newton-Pendel besteht aus mehreren Kugeln gleicher Masse, die in einer Reihe und in gleicher Höhe aufgehängt sind. Wenn man eine Kugel angehebt und gegen die anderen schwingen lässt so stellt man fest, dass nur eine Kugel auf der gegenüberliegenden Seite abgestoÿen wird. Prallen zwei Kugeln auf die Kugelreihe, so werden auf der gegenüberliegenden Seite ebenfalls zwei Kugeln abgestoÿen. Beweise diese Beobachtung! 78 KAPITEL 7. IMPULS UND IMPULSERHALTUNG Lösungen 1. Angaben: m = 7500 kg ∆t = 8 s ∆v = 6 m/s Notwendige Kraft: ∆p 7500 kg 6 m/s = ∆t 8s F = 5625 N F = 2. Angaben: m1 = 75 kg u1 = 6 m/s m2 = 100 kg u2 = 0 m/s Impulserhaltung: p~V orher = p~N achher m1 u1 = (m1 + m2 ) v 75 kg m1 6 m/s v= v= m1 + m2 75 kg + 100 kg v = 2.57 m/s 3. Angaben: m1 = 0.010 kg m2 = 4 kg h = 0.200 m Vergleiche mit Lösung aus dem Unterricht. 4. Angaben: FG = 80 000 N v = 1 500 kg Damit die Rakete abheben kann, muss die Kraft F~ , die die ausströmenden Gase auf die Rakete ausüben, mindestens so groÿ wie die Gewichtskraft F~G der Rakete sein. F ≤ FG 79 7.2. AUFGABEN Im Grenzfall gilt: ∆v ∆t F ∆t 80 000 N 1 s m= = ∆v 1500 m/s m = 53.3 kg FG = F = m Um die angegebenen Bedingungen zu erfüllen, müssen mindestens 53.3 kg Gase pro Sekunde ausgestoÿen werden. Diese Masse entspricht einer Gewichtskraft von etwa 523 N . Das heißt also, dass die Rakete nach der ersten Sekunde Brenndauer um 523 N leichter ist - dies entspricht etwa 0.65% der Anfangsmasse. Nach einer Minute ist die Rakete bereits um 39% gegenüber der Anfangsmasse leichter. 5. Angaben: m1 = 20 t m2 = 20 t(= m1 ) u1 = 10 m/s u2 = 0 m/s Impulserhaltung (mit m1 = m2 ): p~V orher = p~N achher m1 u1 = −m1 v1 + m2 v2 | : m1 u1 = −v1 + v2 v2 = u1 + v1 Erhaltung der kinetischen Energie: EV orher = EN achher 1 1 1 m1 u21 = m1 v12 + m2 u22 2 2 2 u21 = v12 + v22 u21 = v12 + (u1 + v1 )2 | {z } u21 = v12 + u21 + 2u1 v1 + v12 2u1 v1 + 2v1 = 0 2v1 (u1 + v1 ) = 0 Erste Möglichkeit: v1 = 0 1 | : ( m) 2 80 KAPITEL 7. IMPULS UND IMPULSERHALTUNG dann gilt: v2 = u1 + v1 = u1 = 36 km/h Stoÿen zwei Körper gleicher Masse elastisch und zentral aufeinander, so wird die Energie und der Impuls vom ersten Körper vollständig auf den Zweiten übertragen. Das heiÿt, nach dem Zusammenstoÿ bleibt der erste Körper in Ruhe, während der zweite Körper die gleiche Geschwindigkeit annimmt, als der erste Körper vor dem Stoÿ hatte. Zweite Möglichkeit: u1 + v1 = 0 v1 = −u1 = −36 km/h dann gilt: v2 = u1 + v1 = 36 km/ − 36 km/h = 0 km/h In diesem Fall würde der zweite Wagen durch den Zusammenstoÿ nicht beeinusst; der erste Wagen würde sich ungehindert durch den zweiten Wagen hindurch bewegen. Dies entspricht keiner physikalisch sinnvollen Beschreibung materieller Teilchen (Wagen). 6. Angaben: m1 = 100 g m2 = 50 g h1 = 10 cm 7. Folgende Annahmen werden genommen: Eine Anzahl von a Kugeln (a ∈ N) treen auf die KugelReihe. Nach dem Zusammenstoÿ werden auf der gegenüberliegenden Seite die Anzahl b (b ∈ N) an Kugeln abgestoÿen. Es gilt zu beweisen, dass a = b ist. Impulserhaltung: p~V orher = p~N achher (a · m)u = (b · m)v |:m a·u=b·v Energieerhaltung: EV orher = EN achher 1 1 (a · m)u2 = (b · m)v 2 2 2 a u2 = b v 2 1 | : ( m) 2 81 7.2. AUFGABEN Laut Impulserhaltung gilt: v = a b u a u2 = b a b a=b a2 2 u b2 1= Über die Impuls- und Energieerhaltung kann also bewiesen werden, dass die Anzahl der abgestoÿenen Kugeln immer gleich der eintreenden Kugeln ist. Für a = b, kann dann auch gleich bewiesen werden, dass: au=bv =av |:a u=v Die Geschwindigkeit der abgestossenen Kugeln v ist gleich der Geschwindigkeit der eintreenden Kugeln u. 82 KAPITEL 7. IMPULS UND IMPULSERHALTUNG Kapitel 8 Harmonische Schwingungen 8.1 Theorie Denitionen; Federpendel, Fadenpendel (siehe Buch S.88-91 und Heft) Schwingungsdauer des Federpendels: r T = 2π m D (8.1) Schwingungsdauer des Fadenpendels: s T = 2π l g (8.2) Näherung kleiner Winkel Was versteht man eigentlich unter einem kleinen Winkel? Alle Winkelberechnungen müssen in der Einheit Radiant erfolgen. Wie berechnen im folgenden die relative Abweichung zwischen dem Winkel φ und dem sin des gleichen Winkels anhand von zwei Beispielen: π π a) Winkel: φ = 1◦ = 180 rad = 0.0174533 rad sin φ = sin 180 = 0.0174524 ◦ Relative Abweichung zwischen φ und sin φ (mit φ = 1 ): ∆φ 0.01745533 − 0.0174524 = = 0.000168 sin φ 0.0174524 b) Bei einem Winkel von φ = 10◦ = 10π 180 rad = 0.1745329 rad Relative Abweichung zwischen φ und sin φ: sin 10π 180 = 0.1736482 ∆φ 0.017455329 − 0.1736482 = = 0.00509 sin φ 0.1736842 π rad) beträgt nur Die relative Abweichung zwischen φ und sin φ bei einem Winkel von 1◦ (also 180 ◦ 0.017%; bei einem Winkel von 10 beträgt die relative Abweichung immer noch nur 0.5%. 83 84 KAPITEL 8. HARMONISCHE SCHWINGUNGEN 8.2 Aufgaben 1. Eine harmonische Schwingung hat die Amplitude ŷ = 10 cm und die Periodendauer T = 2.0 s. (Anfangsphase gleich Null) a) Stellen Sie die Werte der Elongation, Geschwindigkeit und Beschleunigung in einer Tabelle zusammen (5 Werte pro Schwingung). b) Zeichnen Sie die Graphen der drei Gröÿen in Abhängigkeit von der Zeit. 2. Die Elongation eines harmonischen Oszillators, dessen Anfangsphase Null ist, beträgt zum Zeitpunkt t = 0.2 s nach dem Nulldurchgang y = 4 cm. Die Amplitude ist 6 cm. Berechnen Sie Frequenz und Periodendauer. 3. Berechnen Sie die Zeiten, zu denen nach dem Nulldurchgang√die Elongation einer harmonischen Schwingung mit ŷ = 2 cm, f = 0.4 Hz und φ0 = π3 den Wert 2 cm erreicht. 4. Zeigen Sie, dass die Funktion y(t) = ŷ cos(ωt + φ0 ) auch die Dierentialgleichung des Federpendels erfüllt. 5. Ein harmonischer Oszillator mit T = 2 s erreicht zur Zeit t = 0.4 s die Amplitude ŷ = 2 cm. Berechnen Sie die Phase φ0 und die Elongation y(0) zum Zeitpunkt t = 0 s. Geben Sie die vollständige Gleichung der harmonischen Schwingung an. 6. Zwei Pendel mit den Schwingungsdauern T1 = 1.5 s und T2 = 1.6 s starten gleichzeitig aus der Ruhelage. Berechnen Sie, nach welcher Zeit beide wieder genau gleichzeitig durch die Ruhelage gehen. Bestimmen Sie die Anzahl der Schwingungen jedes Pendels in dieser Zeit. 7. Eine Kugel der Masse m = 2.0 kg hängt an einem leichten Faden der Länge l = 2.40 m. a) Berechnen Sie die Periodendauer T für einen Ort, an dem die Erdbeschleunigung g = 9.81 m/s2 beträgt. b) An einem anderen Ort wird mit demselben Pendel die Schwingungsdauer T = 3.12 s gemessen. Wie groÿ ist die dortige Beschleunigung. 8. Die Länge eines Sekundenpendels - das ist ein Pendel, das für eine Halbschwingung eine Sekunde braucht - beträgt am Äquator 99.09 cm und am Pol 99.61 cm. Berechne Sie die zugehörigen Erdbeschleunigungen. 9. Ein Federpendel (D = 380 N/m) schwingt mit der Frequenz f = 8 Hz . Berechne Sie die Masse m des Pendelkörpers. 10. Bei einem Federpendel erhöht sich die Periodendauer T um 10%, wenn die angehängte Masse m um ∆m = 50 g vergröÿert wird. Wie groÿ ist die ursprüngliche Masse m. 11. Eine an eine Feder hängende Kugel der Masse m = 2.0 kg , die um 2.0 cm nach unten ausgelenkt wird und dann sich selbst überlassen wird, schwingt mit der Frequenz f = 4 Hz . a) Wie groÿ ist die Federkonstante D der Feder. b) Ermitteln Sie, wie weit sich die Feder dehnt, wenn die Kugel vor Beginn der Schwingung angehängt wird. c) Berechnen Sie die Kraft, die auf die Kugel in den Umkehrpunkten der Schwingung wirkt. 12. In einem U-Rohr mit konstantem Querschnitt A bendet sich eine Flüssigkeitssäule der Gesamtlänge l. Berechne die Periodendauer der Schwingung, die entsteht, wenn kurz in das eine Rohrende geblasen wird. Zeige, dass die Periodendauer nur von der Länge der Flüssigkeitssäule abhängt. 13. Du stellst fest, dass die erworbene Pendeluhr etwa 5 Sekunden pro Stunde zu schnell ist. Der am Pendel befestigte Massenkörper hat eine Masse von 45 g . Welche Masse muss man anbringen oder entfernen, damit die Uhr korrekt läuft? 85 8.2. AUFGABEN 14. Im Jahre 1851 konnte Léon Foucault (1819 - 1868) im Pantheon in Paris zum ersten Mal den experimentellen Beweis für die Erdrotation erbringen. Er nutzte dazu ein Pendel der Länge 67 m und eine Kugel mit der Masse 28 kg . Wie lange dauerte es, bis die ausgelenkte Kugel aus der einen Extremlage in die andere gelangte? 15. 1672 unternahm der Astronom J. Richer eine Reise von Paris nach Cayenne. Dabei beobachtete er, dass ein Sekundenpendel, das in Paris exakt justiert worden war, plötzlich nachging. Es musste erst verkürzt werden, um am Reiseziel wieder genaue Sekundenschwingungen zu erhalten. Grund für dieses Phänomen ist die unterschiedliche Fallbeschleunigung, die im Allgemeinen von den Polen zum Äquator hin abnimmt. a) Berechnen Sie, auf den hundertstel Millimeter genau, die Länge eine Pendels, das am Äquator eine halbe Schwingungsdauer von 1.000 s haben soll. Dort hat die Fallbeschleunigung den Wert g = 9.78049 m/s2 . b) Durch Erwärmung verlängert sich des eben berechnete Sekundenpendel um 0.04 mm. Wie ändert sich seine Schwingungsdauer? 16. Eine Masse m hängt an einem Seil der Länge l = 0.981 m. Die Masse des Seils kann vernachlässigt werden. Die Schwingungsdauer T dieses Fadenpendels kann näherungsweise durch folgende Gleichung berechnet werden: s T = 2π l g wobei die Näherung nur für kleine Winkel φ gültig ist. Wird der Winkel (ausgedrückt in Radiant) bei der Auslenkung berücksichtigt, lautet die genaue Gleichung (unendliche Reihe) der Schwingungsdauer T : s T (φ) = 2π " # 2 2 l 1 1·3 2 φ 4 φ · 1+ sin + sin + ... g 2 2 2·4 2 (8.3) Berechnen Sie für einen Auslenkungswinkel von 60◦ die Abweichung zwischen der Näherungsformel und der genauen Gleichung, wenn ein, zwei oder drei Korrekturterme berücksichtigt werden. 17. Berechnen Sie die kinetische, potentielle und die gesamte Energie der harmonischen Schwingung mit der Amplitude ŷ = 10cm, der Periodendauer T = 2 s und der Masse des Pendelkörpers m = 0.5 kg 1 2 3 für die Zeiten t = 0, 12 T, 12 T, 12 T. a) Tragen Sie die drei Energieformen in einem y − E−Diagramm auf. b) Welches sind die maximale kinetische und die maximale potentielle Energie des harmonischen Oszillators? 86 KAPITEL 8. HARMONISCHE SCHWINGUNGEN Lösungen Achtung: alle Winkel in Radiant 1. Siehe Heft 2. Angaben: t = 0.2 s y(0.2) = 4 cm ŷ = 6 cm φ0 = 0 Gleichung der harmonischen Schwingung: y(t) = ŷ sin(ωt) 4 = 6 sin(ω · 0.2) 2 sin(2π f 0.2) = 3 ( 0.730 + 2kπ 4π sin f = 10 π − 0.730 + 2kπ Die Gleichung sin φ = a ermöglicht zwei Reihen von möglichen Lösungen; nämlich φ = arcsin a+2kπ und φ = π − arcsin a + 2kπ (k = 0, 1, 2, . . .). Soweit keine Einschränkungen in der Angabe formuliert sind, wird im folgenden immer mit allen mathematisch möglichen Lösungen weiter gerechnet. ( 0.730 + 2kπ 2.412 + 2kπ ( 10 0.730 4π + 2kπ f= 10 2.412 4π + 2kπ ( 0.581 + 5k f= 1.919 + 5k 4π f= 10 6 10 4π 10 4π y(t) 4 2 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 1.1 t −2 −4 −6 Abbildung 8.1: t − y(t)−Diagramm der beiden harmonischen Schwingungen mit den Frequenzen f0 = 0.581 Hz (rote Kurve) und f1 = 1.919 Hz (blaue Kurve). Beide Kurven schneiden den Punkt (0.2 s; 4 cm), allerdings aus unterschiedlichen Richtungen kommend. Es ergeben sich also zwei unterschiedliche Reihen möglicher Lösungen. Für k = 0, 1, 2, . . . wäre f (Hz) : 0.581; 1.919, 5.581, 6.919, 10.581, . . .. Die kleinst mögliche Frequenz ist in unserem Fall: f0 = 0.581 Hz für: k = 0 87 8.2. AUFGABEN 3. Angaben: f = 0.4 Hz y(t) = √ 2 cm ŷ = 2 cm φ0 = Alle Winkel in Radiant !! π 3 Gleichung der harmonischen Schwingung: y(t) = ŷ sin(ωt) √ 4 π 2 = 2 sin 2π t+ 10 3 √ 2 4 π = sin π t+ 2 5 3 Gesuchter Zeitpunkt: ( π 4 + 2kπ π − π4 + 2kπ ( π π π 4 4 − 3 + 2kπ = − 12 + 2kπ π t = 3π π 5π 5 4 − 3 + 2kπ = 12 + 2kπ ( 5 − π 5 + 2kπ 4π t = 5π125 4π 5 12 4π + 2kπ 4π ( − 5 + 5k t = 2548 5 2 48 + 2 k 4 π π t+ = 5 3 Es ergeben sich wiederum zwei Reihen möglicher Lösungen für den gesuchten Zeitpunkt (k = 0, 1, 2, . . .): 5 115 , ,... 48 48 25 145 t= , ,... 48 48 t = −0.104 s, 2.395 s, 4.895 s, . . . t=− t = 0.521 s, 3.020 s, 5.521 s, . . . y(t) 2 1 −0.5 0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 5.0 5.5 6.0 6.5 t −1 −2 Abbildung 8.2: Die harmonische Schwingung hat eine Elongation von punkten t (s) : −0.104, 0.521, 2.395, 3.020, 4.895, 5.521, . . . . √ 2 cm (horizontale Gerade) zu den Zeit- 88 KAPITEL 8. HARMONISCHE SCHWINGUNGEN 4. Angabe: y(t) = ŷ cos(ωt + φ0 ) 1. Ableitung: y 0 (t) = −ŷω sin(ωt + φ0 ) 2. Ableitung: y 00 (t) = −ŷω 2 cos(ωt + φ0 ) D Dierentialgleichung des Federpendels: y 00 (t) + m y(t) = 0 Durch Einsetzen der Ableitungen in die Dierentialgleichung des Federpendels erhält man: D ŷ cos(ωt + φ0 ) = 0 m D ŷ cos(ωt + φ0 ) −ω 2 + =0 m −ŷω 2 cos(ωt + φ0 ) + Der dritte Ausdruck ist gleich Null, falls: −ω 2 + D =0 m r D m r 2π m = 2π T = ω D ω= Dieser Ausdruck ist identisch mit dem, der im Unterricht für die sin-Funktion hergeleitet wurde! Weiterhin ist jede Linearkombination aus sin- und cos-Funktionen y(t) = a sin(ωt + φ0 ) + b cos(ωt + φ0 ) eine Lösung der Dierentialgleichung des Pendels. 5. Angaben: T = 2 s f= 1 2 s ŷ = 2 cm t= 4 10 s Gleichung der harmonischen Schwingung: y(t) = ŷ sin(2πf t + φ0 ) 1 y(t) = 2 sin(2π t + φ0 ) 2 Mit t = 4 10 4 s und y( 10 ) = 2 cm erhält man: 4π 2 = 2 sin + φ0 10 4π sin + φ0 = 1 10 π 4π + φ0 = + 2kπ 10 2 5π 4π φ0 = − + 2kπ 10 10 π φ0 = + 2kπ 10 π Für k = 0: φ0 = 10 Die Gleichung der harmonischen Schwingung lautet also: y(t) = 2 sin(π t + π ) 10 89 8.2. AUFGABEN Elongation zum Zeitpunkt t = 0 s: π 10 y(0) = 0.618 cm y(0) = 2 sin 6. Angaben: T1 = 1.5 s T2 = 1.6 s Beide Pendel starten aus der Ruhelage und sollen sich in der Ruhelage wieder begegnen. Jedes Pendel muss also eine bestimmte Anzahl von Halbschwingungen durchführen. Gesamtdauer t1 und t2 von n Halbschwingungen der beiden Pendel: ( t1 = n1 t2 = n2 T1 2 T2 2 Beide Pendel starten gemeinsam. Sie begegnen sich zum ersten mal wieder, wenn: n1 = n2 + 1; d.h. ein Pendel genau eine Halbschwingung mehr durchgeführt als das andere Pendel. Also: t1 = t2 T2 T1 = n2 n1 2 2 (n2 + 1) T1 = n2 T2 n2 T1 + T1 = n2 T2 T1 n2 = T2 − T1 n2 = 15 Nachdem das zweite Pendel 15 Halbschwingungen durchgeführt hat, begegnet es das erste Pendel zum ersten mal in der Ruhelage wieder. Da das erste Pendel schneller schwingt (kürzere Schwingungsdauer), hat dieses eine Halbschwingung mehr durchgeführt als das zweite Pendel. n1 = n2 + 1 = 16 Beide begegnen sich wieder zum Zeitpunkt: t1 = t2 = n1 7. Angaben: m = 2 kg T1 1.5 s = 16 = 12 s 2 2 T 0 = 3.12 s l = 2.40 m a) Schwingungsdauer T : s T = 2π l = 2π g T = 3.108 s s 2.40 m 9.81 m/s2 90 KAPITEL 8. HARMONISCHE SCHWINGUNGEN b) Fallbeschleunigung am zweiten Ort: l g 2 2π g= l = 9.73 m/s2 T0 T 02 = 4π 2 8. Angaben: T = 2 s lA = 99.09 cm lP = 99.61 cm Fallbeschleunigung am Äquator und am Pol: 2π 2s 2 2π 2s 2 gA = gP = 0.9909 m = 9.78 m/s2 0.9961 m = 9.83 m/s2 Der Längenunterschied beider Pendel beträgt 5.2 mm um die Abweichung in der Erdbeschleunigung von ∆g = 0.05 m/s2 zu erkennen. 9. Angaben: D = 380 N/m f = 8 Hz Masse des Pendelkörpers: m T 2 = 4π 2 D T D m= D= 2π (2πf )2 m = 0.150 kg 10. Angaben: T 0 = T + 0.1 · T m0 = m + ∆m ( T 2 = 4π 2 m D 0 T 02 = 4π 2 m D Durch Einsetzen der Angaben zu T 0 und m0 erhält man: m0 D 2 2 m + ∆m (T + 0.1 T ) = 4π D 2 2 m + ∆m 1.21 T = 4π D 2m 2 m + ∆m 1.21 4π = 4π D D 1.21m = m + ∆m ∆m m= = 238.1 g 1.21 − 1 T 02 = 4π 2 ∆m = 50 g 91 8.2. AUFGABEN 11. Angaben: m = 2 kg f = 4 Hz ŷ = 2 cm a) Federkonstante: m T 2 = 4π 2 D 2 2π D= m T D = (2πf )2 m = 1263.3 N/m b) Ausdehnung s0 der Feder durch die angehängte Masse: FG = Ds0 mg D s0 = 0.0155 m = 1.553 cm s0 = Abbildung 8.3: (a): nicht ausgelenkte Feder ohne Zusatzmasse; (b): unter der Wirkung der Masse m dehnt sich die Feder um s0 = 1.55 cm aus; sie ist in der Gleichgewichtslage; (c) : Masse im oberen Umkehrpunkt bei einer Auslenkung von 2 cm; (d) : Masse im unteren Umkehrpunkt bei einer Auslenkung von 2 cm. 92 KAPITEL 8. HARMONISCHE SCHWINGUNGEN c) Die auf die Feder wirkenden Kräfte: - in der Gleichgewichtslage: Durch Anhängen einer Masse von m = 2 kg verlängert sich die Feder um s0 = 1.55 cm. Sie bendet sich in der Gleichgewichtslage, in der die nach unten wirkende Gewichtskraft FG durch die nach oben wirkende Federkraft F1 aufgehoben wird. FG = m g = 2 kg 9.81 N/kg = 19.61 N F1 = D s0 = 1263.3 N/kg 0.01553 m = 19.61 N Resultierende Kraft die auf die Masse wirkt: X F~Ges1 = F~G + F~1 FGes1 = −19.61 N + 19.61 N = 0 N - am oberen Umkehrpunkt: Am oberen Umkehrpunkt ist die Feder um den Gesamtbetrag s = ŷ − s0 komprimiert. Somit wirkt neben der Gewichtskraft FG = 19.62 N die nach unten gerichtete Federkraft F2 . FG = m g = 2 kg 9.81 N/kg = 19.61 N F2 = D (ŷ − s0 ) = 1263.3 N/kg (0.02 − 0.01553) m = 5.68 N Resultierende Kraft die auf die Masse wirkt: X F~Ges2 = F~G + F~2 FGes2 = −19.61 N − 5.68 N = 25.29 N - am unteren Umkehrpunkt: Am unteren Umkehrpunkt ist die Feder um den Gesamtbetrag s = s0 + ŷ ausgedehnt. Somit wirkt neben der Gewichtskraft FG = 19.62 N die nach oben gerichtete Federkraft F3 . FG = m g = 2 kg 9.81 N/kg = 19.61 N F3 = D (s0 + ŷ) = 1263.3 N/kg (0.01553 + 0.02) m = 44.89 N Resultierende Kraft die auf die Masse wirkt: X F~Ges3 = F~G + F~3 FGes3 = −19.61 N + 44.89 N = 25.28 N Wir sehen also, dass die Gesamtkraft am oberen und am unteren Umkehrpunkt den gleichen Betrag, allerdings umgekehrte Richtung hat. 12. Angaben: y(t) Die Flüssigkeit schwingt (reibungsfrei) um eine Gleichgewichtslage. Die rücktreibende Kraft ist die Gewichtskraft des Teils der Flüssigkeit, der über dem niedrigsten Flüssigkeitsniveau liegt. Die Masse m der Flüssigkeitssäule kann über die Dichte ρ und das Volumen V der Flüssigkeit bestimmt werden. Das Volumen V ist das Produkt aus der Fläche A der Flüssigkeitssäule und deren Höhe h. 93 8.2. AUFGABEN Rücktreibende Gewichtskraft: FG (t) = −m(t)g mit: m = ρ V mit: V = A h = −ρV (t)g = −ρAh(t)g = −ρA2y(t)g Die wirkende Kraft setzt die Gesamtmasse mG der Flüssigkeit in Bewegung: F (t) = mG a(t) = ρV a(t) = ρAla(t) Dierentialgleichung der schwingenden Flüssigkeitssäule: mG a(t) = −ρA2y(t)g ρAly 00 (t) + ρA2y(t)g = 0 2g y 00 (t) + y(t) = 0 l Lösungsversuch mit Hilfe der harmonischen Schwingung: y(t) = ŷ sin(ωt + φ0 ) y 00 (t) = −ŷω 2 sin(ωt + φ0 ) Einsetzen in die Dierentialgleichung: y 00 (t) + 2g y(t) = 0 l 2g ŷ sin(ωt + φ0 ) = 0 l 2g −ŷ sin(ωt + φ0 ) −ω 2 + =0 l −ŷω 2 sin(ωt + φ0 ) + Unter der Annahme, dass der dritte Ausdruck Null sein soll, gilt: −ω 2 + 2g =0 l r ω= 2g l 2π T = = 2π ω 13. Angaben: m0 = 45 g s l 2g ∆t = 5 s Die ideale Uhr führt in einer Stunde, also in t = 3600 s, n Schwingungen durch. Wir können also sagen, dass: r t = 3600 s = n T = n 2π m D 94 KAPITEL 8. HARMONISCHE SCHWINGUNGEN ist; wobei sowohl die Federkonstante D als die Schwingungsdauer T unbekannt sind. Unsere fehlerhafte Uhr führt jedoch n Schwingungen in t0 = 59 min 55s = 3595 s durch. Sie geht also 5 Sekunden zu schnell. Für unsere fehlerhafte Uhr gilt also: r 0 0 t = 3595 s = n T = n 2π m0 D mit m0 = 45 g und m = m0 + ∆m (wir nehmen an, dass eine Masse hinzugefügt werden muss; deshalb das '+'-Zeichen). pm qD 0 0 3595 s = t = n 2π m D q t = n 2π m0 +∆m q D t0 = n 2π m0 D q m0 +∆m n 2π t D q = 0 0 t n 2π m D 2 t m0 + ∆m = 0 t m0 ( 3600 s = t = n 2π 2 t − m0 = ∆m m t0 " 0 ∆m = m 0 2 # t 1− 0 = 45 g (1 − 1.00278) t ∆m = −0.125 g Es müssen der ursprünglichen Masse also 0.125 g entnommen werden, damit die Uhr wieder korrekt funktioniert. 14. Angaben: l = 67 m m = 38 kg Schwingungsdauer des Pendels: s T = 2π l = 16.42 s g Dauer einer Halbschwingung: 12 T = 8.21 s 15. Angaben: T = 2 s ∆l = 0.004 mm a) Pendellänge: l=g T 2π 2 = 0.990 97 m b) Pendellänge nach Erwärmung: l0 = l + ∆l = 0.991 01 m Neue Schwingungsdauer T 0 : s T 0 = 2π l0 = 2.000 04 s g 95 8.2. AUFGABEN Die Schwingungsdauer hat sich um 0.04 ms vergröÿert. 16. Angaben: l = 0.981 m φ = 60◦ = Näherungsformel: π 3 s TN = 2π rad l = 1.986 918 s g Mit erstem Korrekturterm: 2 1 φ sin2 = 0.062 500 s 2 2 s " # 2 l φ 1 T1 = 2π sin2 = 2.111 100 s · 1+ g 2 2 Mit zweitem Korrekturterm: 2 1·3 φ sin4 = 0.008 789 s 2·4 2 s " # 2 2 1 1·3 l 2 φ 4 φ T2 = 2π · 1+ sin + sin = 2.128 563 s g 2 2 2·4 2 Mit drittem Korrekturterm: 2 1·3·5 φ sin6 = 0.001 526 s 2·4·6 2 s " # 2 2 2 l 1 1·3 1·3·5 2 φ 4 φ 6 φ T3 = 2π · 1+ sin + sin + sin = 2.131 596 s g 2 2 2·4 2 2·4·6 2 Absoluter und relativer Fehler gegenüber der Gleichung mit drei Korrekturtermen: ∆TN = |2.131596 − 1.986918| s = 0.144678 s ∆T1 = |2.131596 − 2.111100| s = 0.020496 s ∆T2 = |2.131596 − 2.128563| s = 0.003033 s ∆TN = 0.068 = 6.8% T3 ∆T1 = 0.0096 = 0.96% T3 ∆T2 = 0.0014 = 0.14% T3 Die im Unterricht gesehene Gleichung der Schwingungsdauer liefert bei einer Auslenkung von 60◦ einen Wert der etwa 7% von der korrekten Schwingungsdauer abweicht. Unter Berücksichtigung des ersten Korrekturterms liegt die Abweichung bereits bei etwa 1%. 96 KAPITEL 8. HARMONISCHE SCHWINGUNGEN Literaturverzeichnis [1] J. Grehn, J. Krause Metzler Physik ISBN 978-3-507-17010-0 Schroedel, 2014 [2] Höing Physik Band II ISBN 3-427-41145-1 Dümmler, 1994 [3] Nücke-Reinhard Physikaufgaben für technische Berufe ISBN 3-582-01132-1 Handwerk und Technik, 26. Auage 97