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Physiotherapeutische Versorgung von Patientinnen und Patienten
mit rheumatoider Arthritis
Einleitung:
In den Leitlinien für rheumatoide Arthritis (RA) werden in der Regel lediglich
unspezifische Empfehlungen zu physiotherapeutischen Interventionen gegeben.
Angaben hinsichtlich Indikationsstellung, inhaltlicher Gestaltung, Dauer und
Frequenz fehlen. Um spezifische Empfehlungen entwickeln zu können, sollte die
vorhandene Literatur gesichtet und diesbezüglich ausgewertet werden. Außerdem
sollte die Effektivität der verschiedenen physiotherapeutischen Maßnahmen
analysiert werden und dem mittels einer Fragebogenumfrage erhobenen Bedarf der
Patienten an solchen Maßnahmen gegenübergestellt werden. Um auch Erkenntnisse
über die Wirkung einer langfristigen physiotherapeutischen Behandlung gewinnen zu
können, wurden die Ergebnisse der RheumaDat-Kohortenstudie (1) einer
Sekundärdatenanalyse unterzogen.
Ergebnisse:
In der RheumaDat-Kohortenstudie füllten Betroffene von mindestens 18 Jahren zu
vier Zeitpunkten standardisierte Fragebögen aus. Dabei wurde unter anderem die
physiotherapeutische Versorgung und der Gesundheitszustand der Betroffenen für
einen Zeitraum von 1.5 Jahren erhoben. Die Hypothese, dass eine langfristige
Versorgung mit Physiotherapie zu Verbesserungen hinsichtlich Funktionsfähigkeit,
Schmerzstärke und Schmerzhäufigkeit führt, konnte mit den vorliegenden Daten
nicht bestätigt werden. Betroffene, die eine Überweisung zur Physiotherapie
erhielten, unterschieden sich in Bezug auf Krankheitsaktivität, -schwere und Funktion
kaum von denjenigen Betroffenen, die keine Physiotherapie erhielten. Auf Grund
verschiedener Limitierungen erreichte die Analyse jedoch kein für eine verlässliche
Schlussfolgerung ausreichendes Evidenzniveau. Die Sekundärdatenanalyse zeigte
außerdem, dass zu keinem Zeitpunkt krankheitsspezifische Faktoren als
Vorhersagefaktoren für eine Versorgung mit Physiotherapie eine relevante Rolle
spielten.
Die Effektivität der Physiotherapie bei rheumatoider Arthritis wurde außerdem mit
Hilfe einer systematischen Übersichtsarbeit unter Berücksichtigung experimenteller
und beobachtender Studien ermittelt. Es wurde ein System entwickelt, um die
Ergebnisse der RheumaDat-Kohortenstudie in die Auswertung der
Literaturergebnisse einbeziehen zu können. 45 Studien wurden am Ende
ausgewertet. Es zeigt sich, dass die Evidenzlage für physiotherapeutische
Maßnahmen bei rheumatoider Arthritis insgesamt gering ist und dringender
Forschungsbedarf besteht. Es konnten nur wenige und vorwiegend negative
Empfehlungen zu einer effektiven physiotherapeutischen Versorgung formuliert
werden. Zur kurzfristigen Verbesserung der Funktion bei jungen Betroffenen mit
sehr guten bis moderaten funktionellen Fähigkeiten wird ein zweijähriges, betreutes,
funktionelles Gruppentraining für Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit empfohlen. Nur
bei einer Teilnahme an mindestens 75% der Termine ist allerdings ein wirksamer
Effekt nachgewiesen.
Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. – Maximilianstraße 14 – 53111 Bonn
Zur kurzfristigen Schmerzreduktion gibt es Hinweise, dass bei jungen RA-Patienten
mit aktiver RA und deutlichen Einschränkungen eine Ganzkörperkältetherapie mit
-110°C wirksam ist.
Darüber hinaus wurden einerseits Therapien identifiziert, die positive Effekte
erwarten ließen, deren Effektivität aber nicht ausreichend nachgewiesen ist und
andererseits Therapien, an denen ein großes Interesse seitens der Betroffenen
bestand, die aber bisher noch nicht in Studien untersucht worden sind. Basierend auf
diesen Wissenslücken wurden Empfehlungen für zukünftige
Forschungsschwerpunkte formuliert.
Für die Bedarfsermittlung konnten 305 gültige Fragebögen ausgewertet werden. Für
rund die Hälfte der Befragten war Physiotherapie sehr wichtig. Ein Mehrbedarf an
Physiotherapie lag u.a. während eines Schubs und direkt danach vor. Unabhängig
von den Symptomen und der jeweiligen Krankheitsphase bestand der stärkste
Bedarf an manueller Therapie (als spezielle Form der individuellen Physiotherapie)
und an allgemeiner Physiotherapie in Einzelbehandlungen.
Auf Basis der Ergebnisse der Bedarfsumfrage und der Evidenzlage in der Literatur
wurden Empfehlungen für eine effektive UND bedarfsgerechte Versorgung mit
Physiotherapie entwickelt. Diese wurden für spezifische Interventionen und für klar
charakterisierte Patientengruppen formuliert.
Die Doktorarbeit von Frau Andrea Pfingsten wurde von der Deutschen Rheuma-Liga
Bundesverband e.V. im Rahmen eines Stipendiums gefördert.
Referenzliste
1. Borgetto, B. & Stößel, U. (Hrsg.) (2011). Medizinsoziologie und
Gesundheitswissenschaften: Vol. 2. Gemeinschaftliche Selbsthilfe und medizinische
Versorgung rheumakranker Menschen. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung
der Ergebnisqualität der Selbsthilfeaktivitäten und Versorgungsangebote der
Rheuma-Liga Baden-Württemberg und der rheumatologischen Versorgung
rheumakranker Menschen. Münster: LIT-Verlag.
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