Der große TRIAS-Ratgeber für Nierenkranke Erkrankungen, Untersuchungen, Therapien - Aktiver Schutz Bearbeitet von Johannes Mann, Ulrich Dendorfer, Jörg Franke 1. Auflage 2008. Taschenbuch. 191 S. Paperback ISBN 978 3 8304 3407 8 Format (B x L): 17 x 24 cm Weitere Fachgebiete > Medizin > Human-Medizin, Gesundheitswesen > Medizin, Gesundheit: Sachbuch, Ratgeber Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte. 4 Nierenschwäche (-insuffizienz) Was versteht man unter Niereninsuffizienz? D er medizinische Begriff »Niereninsuffizienz« bedeutet erst einmal nichts anderes als Nierenschwäche. Eine insuffiziente Niere ist also nicht mehr in der Lage, ihre verschiedenen Funktionen so gut wie eine gesunde Niere zu erfüllen. Grundsätzlich können alle Aufgaben der Niere, die Sie bereits in dem ersten Kapitel »Wunderwerk Niere« kennengelernt haben, beeinträchtigt sein. Glücklicherweise haben gesunde Nieren eine ganz erhebliche Funktionsreserve. So gibt es zum Beispiel Menschen, die statt mit zwei Nieren mit nur einer Niere leben. Diesen Menschen fehlt also die Hälfte der »normalen Leistungsfähigkeit« der menschlichen Nieren. Dennoch sind diese Menschen in aller Regel in keiner Weise beeinträchtigt. Bei vielen dieser Menschen sind nicht einmal jene Blutwerte auffällig, die üblicherweise bei Nierenkrankheiten erhöht sind (Kreatinin und Harnstoff). Außerdem kann eine gesunde Niere einen Teil der Funktionen einer fehlenden Niere er- Gesunde Nieren haben eine erhebliche Funktionsreserve. 70 aus: Mann u.a., Der große TRIAS-Ratgeber für Nierenkranke (ISBN 9783830434078) © 2008 Trias Verlag Was versteht man unter Niereninsuffizienz? setzen. Erst wenn man mehr als die Hälfte der »normalen« Nierenleistungsfähigkeit verloren hat, beginnen diese Blutwerte langsam anzusteigen. Erste Beschwerden bemerkt der Patient selber in aller Regel erst ab einem Verlust von etwa 75 % der »normalen« Nierenfunktion. Bevor wir uns der Frage zuwenden, wie Sie das Voranschreiten Ihrer Nierenschwäche verhindern oder zumindest verlangsamen können, schildern wir zunächst, wie die Nierenfunktion – und damit ein mögliche Nierenschwäche – überhaupt festgestellt wird. Wie misst man die Nierenfunktion? Am bekanntesten ist der Kreatininwert im Blut. Dieser wird vom Hausarzt am häufigsten untersucht und Werte bis 1,2 mg/dl gelten als normal. Kreatininwert im Blut Weil Kreatinin gut messbar ist, hat sich diese Untersuchung als Maßstab für die Nierenfunktion über viele Jahre durchgesetzt. Die Höhe des Kreatininwertes im Blut hängt jedoch nicht allein von der Nierenfunktion (Entsorgung) ab, sondern auch von der Menge des im Stoffwechsel anfallenden Kreatinins (Produktion). Kreatinin stammt aus dem Muskelstoffwechsel. Besonders muskulöse Menschen produzieren mehr Kreatinin als solche mit gering ausgeprägter Muskulatur. Deshalb haben muskulöse Menschen grundsätzlich höhere Kreatininwerte. Beispielweise können die Kreatininwerte bei einem Bodybuilder trotz normaler Nierenfunktion bei 2 mg/dl – also eigentlich zu hoch – liegen. Schwach bemuskelte Menschen können dagegen relativ niedrige Kreatininwerte aufweisen, obwohl bereits eine deutliche Beeinträchtigung der Nierenfunktion vorliegt. Für den Arzt ist diese Problematik in der Bewertung der Kreatininspiegel vor allem bei älteren Menschen wichtig. Da mit zunehmendem Alter bei den meisten Menschen die Muskelmasse abnimmt, wird oft bei alten Menschen ein Nierenschaden unterschätzt, wenn nur der Kreatininwert angeschaut wird. Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) Ein genaueres Maß für die Nierenleistung ist die sogenannte glomeruläre Filtrationsrate (GFR) . Die Ermittlung dieser glomerulären Filtrationsrate ist komplizierter als die Bestimmung des Kreatininwertes. Deshalb ist dieser Wert als reiner Suchtest bei Patienten, die keinen Anhaltspunkt für eine Nierenerkrankung haben, meist zu aufwendig. Wenn man ein möglichst genaues Maß für die Nierenfunktion braucht, ist der Wert aber sehr wertvoll. Bei der glomerulären Filtrationsrate handelt es sich um die Menge »Blutwasser«, die pro MiWICHT IG Normal ist ein GFR-Wert von > 90 ml/min. Sicher krankhaft sind GFR-Werte unter 60 ml/min, eine Dialyse wird notwendig bei GFR-Werten um 10–12 ml/min. 71 aus: Mann u.a., Der große TRIAS-Ratgeber für Nierenkranke (ISBN 9783830434078) © 2008 Trias Verlag 왘 4 Nierenschwäche (-insuffizienz) nute in den Nierenkörperchen abgefiltert wird (siehe S. 18). Diese GFR-Werte kann man durch verschiedene Methoden herausbekommen. Welche Methode im Einzelnen die geeignete ist, muss Ihr Arzt entscheiden. Die Möglichkeiten sind: 쮿 Errechnung aus dem Kreatininwert durch Korrekturfaktoren für die Muskelmasse (die entsprechend Körpergewicht, Alter und Geschlecht näherungsweise errechnet wird). 쮿 Errechnung aus einem anderen speziellen Laborwert: dem Cystatin C. 쮿 Errechnung aus Blutwerten und einem exakt über 24 Stunden gesammelten Urin. 24-Stunden-Sammelurin Falls sich Ihr Arzt zu der Messmethode über den 24-Stunden-Sammelurin entscheidet, ist es von höchster Bedeutung, dass Sie den Urin korrekt sammeln. Dies bedeutet: zum Beginn der Urinsammlung (zum Beispiel 8.00 Uhr morgens) Blase komplett und pünktlich in die Toilette entleeren – anschließend für 24 Stunden jeden Tropfen Urin in den Sammelbehälter geben und (wichtig!) genau zum Ende der Sammelzeit (zum Beispiel wieder 8.00 morgens) muss die Blase nochmals in den Sammelbehälter entleert werden. 72 aus: Mann u.a., Der große TRIAS-Ratgeber für Nierenkranke (ISBN 9783830434078) © 2008 Trias Verlag Wie kann ich meine Nierenfunktion erhalten? Wie kann ich meine Nierenfunktion erhalten? W ir stellen Ihnen jetzt die Maßnahmen vor, mit denen Sie bei bereits bestehender Niereninsuffizienz Ihre Nierenfunktionsreserven möglichst lange er- halten können. Je mehr dieser beschriebenen Bausteine Sie zukünftig umsetzen und je konsequenter Sie dies tun, umso besser für Ihre Nieren. Den Krankheitsverlauf einschätzen Man muss sich darüber im Klaren sein, dass jede Nierenerkrankung bei jedem Patienten mit typischer Geschwindigkeit voranschreitet, solange man sie nicht behandelt. Wie schnell dies passiert, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Bei einem schnellen Krankheitsverlauf kann man davon ausgehen, dass jedes Jahr 20 ml/min glomeruläre Filtrationsrate (entsprechend ca. 20 % der Nierenfunktion) verloren ge- Die individuelle Prognose hängt von vielen Faktoren ab. Zum Glück gibt es wirksame Maßnahmen, mit denen Sie den Erhalt Ihrer Nierenfunktion unterstützen können. 73 aus: Mann u.a., Der große TRIAS-Ratgeber für Nierenkranke (ISBN 9783830434078) © 2008 Trias Verlag 왘 4 Nierenschwäche (-insuffizienz) hen. Bei einem langsamen Verlauf verlieren die Nieren dagegen nur 2 ml/min ihrer GFR (ca. 2 % der Nierenfunktion). Praktisch würde dies bei zwei Patienten mit vergleichbarer Nierenfunktion mit einer GFR von 50 ml/min im ersten Fall weniger als zwei Jahre bis zur Dialyse bedeuten, im zweiten Fall dagegen zwanzig Jahre. Grundlage Ihrer Untersuchungsergebnisse und seiner Einschätzung rät. Es ist klar, dass bei einem raschen Voranschreiten der Erkrankung mehr Handlungsbedarf und -motivation besteht als bei einem langsamen. Auch bei Gesunden lässt die Niere langsam nach Individuelle Prognose Wie die Erkrankung bei Ihnen persönlich fortschreiten würde, hängt von der Art der Erkrankung und von anderen individuellen Faktoren ab. Diese persönliche Einschätzung kann nur Ihr Arzt vornehmen; und mit ihm werden Sie sicherlich auch besprechen, zu welchen Maßnahmen er Ihnen auf Auch bei gesunden Menschen verlieren die Nieren jedes Jahr ein wenig Leistungsfähigkeit. Dies geschieht im Rahmen eines normalen Alterungsprozesses. Dieser Verlust von Nierenfunktion liegt jährlich bei ca. 0,5–1 ml/min der glomerulären Filtrationsrate (bzw. knapp 1 % der normalen Nierenfunktion). Die Verschlechterung bremsen oder besser stoppen Das Ziel aller therapeutischen Bemühungen ist, das Fortschreiten der Nierenverschlechterung zu bremsen oder noch besser zu stoppen. Wenn es gelingt, die Abnahme der Nierenleistung so weit zu bremsen, dass die GFR nur noch um 1–3 ml/min pro Jahr abfällt, reicht die Nierenrestfunktion oft noch das ganze Leben lang. In aller Regel wird dies nicht durch eine einzelne der unten aufgeführten Maßnahmen möglich sein. Durch Kombination verschiedener Ansätze lassen sich jedoch beachtliche Erfolge erzielen. Zunächst stellen wir Ihnen die wissenschaftlich gesicherten Maßnahmen vor. Wissenschaftlich gesichert heißt, dass in großen, sorgfältig geplanten Studien diese Maßnahmen im Vergleich mit anderen Maßnahmen sich als die besten Behandlungen herausgestellt haben. Anschließend geht es um die Methoden, bei denen noch nicht durch entsprechende Studien belegt wurde, dass sie tatsächlich den gewünschten Effekt erzielen bzw. um sogenannte alternative Verfahren. Solche Methoden, für die nur Erfahrungen, aber keine guten Studien vorliegen, kann man nur empfehlen, wenn diese Methoden keine wesentlichen Schäden anrichten können und wenn eine gewisse Logik dahintersteckt. Diese (noch) nicht gesicherten Maßnahmen finden Sie auf S. 80–83. 74 aus: Mann u.a., Der große TRIAS-Ratgeber für Nierenkranke (ISBN 9783830434078) © 2008 Trias Verlag