aus BGHStE 42, 235 ff.: Sachverhalt: Nach den Feststellungen fuhr der Angeklagte, ein dänischer Staatsangehöriger, der bereits mehrfach – in Deutschland und Dänemark – wegen Trunkenheitsfahrten verurteilt worden war und keine gültige Fahrerlaubnis hatte, am Tattag mit einem Lieferwagen von seinem Wohnort in Dänemark durch das Bundesgebiet in die Niederlande, um dort Kunden aufzusuchen. Unmittelbar nach der Einreise in die Niederlande, wo er für die Nacht ein Hotel suchen wollte, kaufte der bis dahin nüchterne Angeklagte kurz nach 18 Uhr alkoholische Getränke. In der Folgezeit trank er etwa fünf Liter Bier sowie Schnaps in nicht feststellbarer Menge. Zwischen 21.15 und 21.30 Uhr fuhr der zu dieser Zeit erheblich alkoholisierte Angeklagte in deutlichen Schlangenlinien auf der niederländischen Autobahn A 1 in Richtung der deutschen Grenze. Gegen 21.30 Uhr erreichte er den Grenzübergang Bad Bentheim. Er fuhr mit einer Geschwindigkeit von mindestens 70 km/h auf die Kontrollstelle zu. Dabei überfuhr er zunächst einige Leitkegel, mit denen die rechte Fahrspur abgesperrt war. Sodann stieß er – mit unverminderter Geschwindigkeit – mit der rechten vorderen Seite seines Fahrzeugs gegen die hintere linke Seite eines auf der rechten Spur stehenden Personenkraftwagens. Dabei erfaßte er zwei Grenzschutzbeamte, die dieses Fahrzeug kontrollierten. Die Beamten erlitten tödliche Verletzungen und starben an der Unfallstelle. Eine dem Angeklagten um 23.30 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,95 ‰. aus den Gründen: Bei diesem Sachverhalt weist die Verurteilung des Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung gemäß § 222 StGB keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil auf Dem Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung steht nicht entgegen, daß der Angeklagte bei der Tötungshandlung selbst – also bei dem Unfallgeschehen, als er sich der Grenze näherte – nach der nicht zu beanstandenden Annahme der sachverständig beratenen Strafkammer aufgrund seiner Alkoholisierung (nicht ausschließbar) schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB war. Insofern bedarf es – entgegen der Ansicht der Strafkammer – allerdings nicht des Rückgriffs auf die Rechtsfigur der actio libera in causa (vgl. BGHSt 40,341, 343…). Gegenstand des strafrechtlichen Vorwurfs ist bei § 222 StGB – wie auch bei anderen fahrlässigen Erfolgsdelikten – jedes in bezug auf den tatbestandsmäßigen »Erfolg« sorgfaltswidrige Verhalten des Täters, das diesen ursächlich herbeiführt. Aus diesem Grunde bestehen, wenn mehrere Handlungen als sorgfaltswidrige in Betracht kommen (wie hier das Sich-Betrinken trotz erkennbarer Gefahr einer anschließenden Trunkenheitsfahrt einerseits und diese Fahrt selbst andererseits), keine Bedenken, den Fahrlässigkeitsvorwurf an das zeitlich frühere Verhalten anzuknüpfen, das dem Täter – anders als das spätere – auch als schuldhaft vorgeworfen werden kann (…). 3. Die Verurteilung des Angeklagten wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315 c Abs. 1 StGB) und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 StVG) kann keinen Bestand haben…. Zum Zeitpunkt dieser Fahrt – nur sie, nicht auch die vorausgegangene Fahrt durch das Bundesgebiet in Richtung der Niederlande ist Gegenstand der Anklage, beide Fahrten können entgegen den Urteilsausführungen auch nicht als eine Handlung angesehen werden – war indes die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aufgehoben, so daß er gemäß § 20 StGB, der die Unrechtseinsicht und Steuerungsfähigkeit des Täters »bei Begehung der Tat« verlangt, ohne Schuld handelte. (1) Mit der Erwägung, daß, wenn der Alkoholkonsum zur Schuldunfähigkeit führt, bereits das Sichbetrinken die eigentliche Tatbestandshandlung darstellt (vgl. BGHSt 17,333, 335 ; BayObLG bei Janiszewski NStZ 1988, 264), kann die Anwendung der actio libera in causa auf die Straßenverkehrsgefährdung und das Fahren ohne Fahrerlaubnis nicht begründet werden. Diese sogenannte »Tatbestandslösung« (…), der die Vorstellung zugrunde liegt, daß bereits das Trinken ein Anfang der Ausführung der geplanten Tat ist (…), mag, was hier keiner Entscheidung bedarf, trotz aller grundsätzlichen Bedenken gegen ihren Ansatz (vgl. Jähnke aaO Rdn. 77), bei anderen Delikten eine tragfähige Grundlage für die Rechtsfigur der actio libera in causa darstellen. Bei Tatbeständen aber, die wie die §§ 315 c, 316 StGB und § 21 StVG ein Verhalten verbieten, das nicht auch als die Herbeiführung eines dadurch verursachten, von ihm trennbaren Erfolges begriffen werden kann, kann sie die Annahme schuldhafter Taten trotz schuldausschließenden Vollrausches bei der eigentlichen Tathandlung nicht rechtfertigen (…). Das gilt nicht nur für den von der Strafkammer angenommenen Fall eines vorsätzlichen Verstoßes gegen diese Vorschriften, sondern auch für fahrlässige Zuwiderhandlungen (Salger/Mutzbauer aaO S. 563). Die Verkehrsstraftaten nach den §§ 315 c StGB, 21 StVG setzen voraus, daß der Täter das Fahrzeug »führt«. Führen eines Fahrzeugs ist aber nicht gleichbedeutend mit Verursachen der Bewegung. (2) Im wesentlichen aus denselben Erwägungen kommt die Heranziehung der Grundsätze der actio libera in causa auf die Trunkenheitsfahrt und die Straßenverkehrsgefährdung auch dann nicht in Betracht, wenn man die Rechtsfigur als einen Sonderfall der mittelbaren Täterschaft begreift, bei dem der Täter sich zur Ausführung der Tat seiner eigenen Person als Werkzeug bedient (RGSt 22, 413, 415; ebenso: Jakobs, Strafrecht AT 2. Aufl. 17. Abschn. Rdn. 64). Sieht man von den grundsätzlichen Bedenken gegen dieses Begründungsmodell ab (vgl. Jähnke aaO Rdn. 77), so ist auch nach ihm die tatbestandsmäßige Handlung letztlich das SichBerauschen. (3) Eine Ausdehnung des Begriffs der »Begehung der Tat« im Sinne des § 20 StGB in der Weise, daß das »vortatbestandliche, auf die Tatbestandsverwirklichung bezogene Vorverhalten«, auch soweit es sich nicht als Versuchshandlung, sondern als bloße Vorbereitung darstellt, im Schuldtatbestand erfaßt wird (so Streng JZ 1994, 709, 711), ist nicht möglich (…). Es spricht nichts dafür, daß das Strafgesetzbuch den in § 16 Abs. 1, § 16 Abs. 2, § 17 Satz 1 und in § 20 unterschiedslos verwendeten Begriff in § 20 in einem weiteren Sinn verstanden wissen will als in jenen anderen Vorschriften. …. (4) Die Annahme schuldhaft begangener Vergehen nach § 315 c StGB und § 21 StVG kann schließlich auch nicht mit dem sogenannten Ausnahmemodell begründet werden, nach dem – im Präventionsinteresse und aus Gerechtigkeitserwägungen – in Ausnahme von dem § 20 StGB zugrundeliegenden Koinzidenzprinzip der Schuldvorwurf vorverlagert und dem Täter das schuldhafte Vorverhalten des Sichberauschens als schuldhafte Tatbegehung angelastet wird (…). Das Ausnahmemodell ist mit dem eindeutigen Wortlaut des § 20 StGB, nach dem die Schuldfähigkeit »bei Begehung der Tat« vorliegen muß, nicht in Einklang zu bringen. Aus diesem Grunde kann die actio libera in causa auch nicht als richterrechtliche Ausnahme von dem Koinzidenzprinzip (…) oder als Gewohnheitsrecht (…) anerkannt werden. Beide Erklärungsversuche sind mit Art. 103 Abs. 2 GG, der strafbarkeitsbegründendes Gewohnheitsrecht verbietet (BVerfGE 25, 269, 285; 26, 41, 42; 64, 389, 393; 71, 108, 115; 75, 329, 340; Schmidt-Aßmann in Maunz-Dürig, Grundgesetz Art. 103 Abs. 2 Rdn. 222), nicht vereinbar (…). Art. 103 Abs. 2 GG gilt nicht nur dann, wenn es um die Auslegung einzelner Straftatbestände geht, sondern in gleicher Weise bei der Auslegung von Bestimmungen des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches (BGHSt 42,158;…). Ob der Gesetzgeber die Rechtsfigur der actio libera in causa als richterrechtliche Ausnahme von § 20 StGB akzeptiert hat, ist angesichts des eindeutigen Wortlautes des § 20 StGB ohne Bedeutung, solange er dies nicht im Gesetzestext zum Ausdruck bringt (aA Rüping in Bonner Kommentar zum GG Art. 103 Abs. 2 Rdn. 53). 4. Der Angeklagte hat sich aber wegen vorsätzlichen Vollrausches gemäß § 323 a StGB strafbar gemacht. aus BGH NStZ 2000 584: Bei dieser Sachlage musste die StrK davon ausgehen, dass die möglicherweise zur Tatzeit gegebene Einschränkung der Steuerungsfähigkeit [= § 21 StGB} nach den Grundsätzen der actio libera in cause ohne Bedeutung war (vgl. dazu BGHSt 34, 29, 33). Die Entscheidung des 4. Strafsenats des BGH (BGHSt 42, 235ff.) betrifft nur Vergehen der Straßenverkehrsgefährdung und des Fahrens ohne Fahrerlaubnis [also sog. verhaltensgebunden Delikte: „führen“]. Jedenfalls eine weitergehende Einschränkung des Anwendungsbereichs der Grundsätze der actio libera in causa ist nicht anzuerkennen (vgl. BGHR StGB § 20 actio libera in causa 2; BGH NStZ 1999, 448, 449). ------------------------------------------aus BGHStE 2, 194, 200 {vor Einfügung des § 17 StGB}: Strafe setzt Schuld voraus. Schuld ist Vorwerfbarkeit. Mit dem Unwerturteil der Schuld wird dem Täter vorgeworfen, daß er sich nicht rechtmäßig verhalten, daß er sich für das Unrecht entschieden hat, obwohl er sich rechtmäßig verhalten, sich für das Recht hätte entscheiden können. Der innere Grund des Schuldvorwurfes liegt darin, daß der Mensch auf freie, verantwortliche, sittliche Selbstbestimmung angelegt und deshalb befähigt ist, sich für das Recht und gegen das Unrecht zu entscheiden, sein Verhalten nach den Normen des rechtlichen Sollens einzurichten und das rechtlich Verbotene zu vermeiden, so bald er die sittliche Reife erlangt hat und solange die Anlage zur freien sittlichen Selbstbestimmung nicht durch die in § 51 [= § 20] (s. 201) StGB genannten krankhaften Vorgänge vorübergehend gelähmt oder auf Dauer zerstört ist. Voraussetzung dafür, daß der Mensch sich in freier, verantwortlicher, sittlicher Selbstbestimmung für das Recht und gegen das Unrecht entscheidet, ist die Kenntnis von Recht und Unrecht. Wer weiß, daß das, wozu er sich in Freiheit entschließt, Unrecht ist, handelt schuldhaft, wenn er es gleichwohl tut. Die Kenntnis kann fehlen, weil der Täter infolge der in § 51 Abs. 1 StGB aufgezählten krankhaften Vorgänge unfähig ist, das Unrechtmäßige seines Tuns einzusehen. Hier ist die Unkenntnis des Täters Folge eines unabwendbaren Schicksals. Sie kann ihm nicht zum Vorwurf gemacht und nicht zur Schuld zugerechnet werden. Er ist deshalb strafrechtlich unzurechnungsfähig. Das Bewußtsein, Unrecht zu tun, kann im einzelnen Falle auch beim zurechnungsfähigen Menschen fehlen, weil er die Verbotsnorm nicht kennt oder verkennt. Auch in diesem Falle des Verbotsirrtums ist der Täter nicht in der Lage, sich gegen das Unrecht zu entscheiden. Aber nicht jeder Verbotsirrtum schließt den Vorwurf der Schuld aus. Mängel im Wissen sind bis zu einem gewissen Grad behebbar. Der Mensch ist, weil er auf freie, sittliche Selbstbestimmung angelegt ist, auch jederzeit in die verantwortliche Entscheidung gerufen, sich als Teilhaber der Rechtsgemeinschaft rechtmäßig zu verhalten und das Unrecht zu vermeiden. Dieser Pflicht genügt er nicht, wenn er nur das nicht tut, was ihm als Unrecht klar vor Augen steht. Vielmehr hat er bei allem, was er zu tun im Begriff steht, sich bewußt zu machen, ob es mit den Sätzen des rechtlichen Sollens in Einklang steht. Zweifel hat er durch Nachdenken oder Erkundigung zu beseitigen. Hierzu bedarf es der Anspannung des Gewissens, ihr Maß richtet sich nach den Umständen des Falles und nach dem Lebens- und Berufskreis des Einzelnen. Wenn er trotz der ihm danach zuzumutenden Anspannung des Gewissens die Einsicht in das Unrechtmäßige seines Tuns nicht zu gewinnen vermochte, war der Irrtum unüberwindlich, die Tat für ihn nicht vermeidbar. In diesem Falle kann ein Schuldvorwurf gegen ihn nicht erhoben werden. Wenn dagegen bei gehöriger Anspannung des Gewissens der Täter das Unrechtmäßige seines Tuns hätte erkennen können, schließt der Verbotsirrtum die Schuld nicht aus. Je nach dem Maß, in dem (S. 202) es der Täter an der gehörigen Gewissensanspannung hat fehlen lassen, wird der Schuldvorwurf aber gemindert. Bewußtsein der Rechtswidrigkeit bedeutet überall weder die Kenntnis der Strafbarkeit, noch die Kenntnis der das Verbot enthaltenden gesetzlichen Vorschrift. Andererseits genügt es auch nicht, daß der Täter sich bewußt ist, sein Tun sei sittlich verwerflich. Vielmehr muß er, zwar nicht in rechtstechnischer Beurteilung, aber doch in einer seiner Gedankenwelt entsprechenden allgemeinen Wertung das Unrechtmäßige der Tat erkennen oder bei gehöriger Gewissensanspannung erkennen können….. (S. 205): Die erste Lösung, für die sich im Schrifttum die Bezeichnung »Vorsatztheorie« eingebürgert hat, weil sie das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit zum Bestandteil des Vorsatzes erhebt, … (S. 208) Die zweite Lösung, für die sich im Schrifttum die Bezeichnung »Schuldtheorie« eingebürgert hat, weil sie den Vorsatz als Tatvorsatz und das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit als ein vom Vorsatz getrenntes selbständiges Schuldelement begreift,… aus BGHStE 4, 1, 4: Daß eine »positive Bestimmung« wegen ihrer »formalen Ordnungsmäßigkeit« die »Vermutung der Rechtmäßigkeit« für sich habe, wie das Oberlandesgericht meint, mag im allgemeinen zutreffen. Das schließt aber nicht aus, daß sie im Einzelfalle sich als rechtsunwirksam erweist. Solange aber diese Möglichkeit besteht, muß der unvermeidbare Irrtum des Täters beachtlich sein. Allerdings wird in solchen Fällen der Täter im allgemeinen damit rechnen, sein Verhalten könne verboten sein und diese Möglichkeit in seinen Willen aufnehmen, wenn er der Bestimmung zuwiderhandelt. Damit wäre auch das Unrechtsbewußtsein gegeben, BGH Urt vom 20. Mai 1952 – 1 StR 490/ FSxbghstx4x5 aus BGHStE 4, 236, 242: Die bei den fahrlässigen Delikten für die Beurteilung des Verschuldens entwickelten Grundsätze können jedoch nicht ohne weiteres für die Beantwortung der Frage verwendet werden, ob ein Verbotsirrtum verschuldet ist. Wie der Bundesgerichtshof (S. 243) in dem angezogenen Beschluß ausgeführt hat, hat der Mensch bei allem, was er zu tun im Begriff steht, sich bewußt zu machen, ob es mit den Sätzen des rechtlichen Sollens im Einklang steht. Zweifel hat er durch Nachdenken und Erkundigung zu beseitigen. Hierzu bedarf es der Anspannung des Gewissens. Ihr Maß richtet sich nach den Umständen des Falles und nach dem Lebens- und Berufskreis des Einzelnen, insoweit also nach Gesichtspunkten, die auch bei der Frage, ob jemand ein fahrlässiges Delikt begangen hat, von Bedeutung sind. Anspannung des Gewissens ist aber etwas anderes als die Beobachtung der Sorgfalt, die vom Einzelnen verlangt wird, damit er Gefährdungen oder Verletzungen von Rechtsgütern vermeide. Hinsichtlich der Erkenntnis der Rechtswidrigkeit eines straftatbestandsmäßigen Sachverhalts werden höhere Anforderungen gestellt als hinsichtlich der Erkenntnis der Tatumstände selbst, weil mit der Tatbestandsmäßigkeit eines Verhaltens seine Rechtswidrigkeit in der Regel gegeben und dies allgemein bekannt ist. aus BGHStE 35, 347, 349: Der Angeklagte R. kann sich nicht auf Notwehr oder Nothilfe (§ 32 StGB) berufen, da weder er noch andere,…, einem gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff durch das Opfer ausgesetzt waren. Rechtfertigender Notstand nach § 34 StGB liegt schon deshalb nicht vor, weil es an einer tatsächlichen gegenwärtigen Gefahr fehlte. Allerdings glaubte der Angeklagte an eine solche Gefahr. Dieser Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen des § 34 StGB kommt dem Angeklagten aber nicht als Tatbestandsirrtum zugute, weil das in § 34 StGB außerdem vorausgesetzte Überwiegen der Gewichtigkeit des zu schützenden Interesses vor dem zu opfernden eine Abwägung »Leben gegen Leben« nicht gestattet (…) Daß der Angeklagte diesen Interessenkonflikt fehlerhaft abgewogen hat, führt als Bewertungsirrtum auch nicht zum Vorsatzausschluß, sondern zu einem – nach den Feststellungen vermeidbaren – Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB (…). Danach hätte er als Polizeibeamter unter Berücksichtigung seiner individuellen Fähigkeiten und auch seiner Wahnideen bei gebührender Gewissensanspannung und der ihm zumutbaren Befragung einer Vertrauensperson, zum Beispiel eines Geistlichen, die rechtliche Unzulässigkeit einer quantitativen Abschätzung menschlichen Lebens als des absoluten Höchstwertes erkennen können. (s. 350) BGH, NStZ 2000, 307, 308 f.: Den Erwägungen der StrK zur Verneinung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 131 I Nr. 1 StGB als auch zur Unvermeidbarkeit des den Angeklagten zugebilligten Verbotsirrtums begegnen durchgreifende rechtliche Bedenken. ……. Unvermeidbar ist ein Verbotsirrtum, wenn der Täter trotz der ihm nach den Umständen des Falles, seiner Persönlichkeit sowie seines Lebens- und Berufskreises zuzumutenden Anspannung des Gewissens die Einsicht in das Unrechtmäßige seines Handelns nicht zu gewinnen vermochte. Das setzt voraus, dass er alle geistigen Erkenntniskräfte eingesetzt und etwa aufkommende Zweifel durch Nachdenken oder erforderlichenfalls durch Einholung von Rat beseitigt hat (BGHSt 21, 18, 20). Wird die Rechtsauffassung des Täters durch eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung oder durch die Rechtsauskunft einer sachkundigen, unvoreingenommenen und mit der Erteilung der Auskunft keinerlei Eigeninteresse verfolgenden Person (BGHSt 40, 257, 264) bestätigt, begründet dies die Unvermeidlichkeit eines Irrtums, wenn der Täter auf die Richtigkeit der Entscheidung oder Auskunft vertraut hat und nach den für ihn erkennbaren Umständen auch vertrauen durfte. Dabei ist der Rat eines Rechtsanwalts nicht ohne weiteres bereits deshalb vertrauenswürdig, weil er von einer kraft ihrer Berufsstellung vertrauenswürdigen Person erteilt worden ist (….). Maßgebend ist vielmehr, ob der Rechtsrat - aus der Sicht des Anfragenden nach eingehender sorgfältiger Prüfung erfolgt und von der notwendigen Sachkenntnis getragen ist. Auskünfte, die erkennbar vordergründig und mangelhaft sind oder nach dem Willen des Anfragenden lediglich eine „Feigenblattfunktion“ erfüllen sollen (vgl. S/S-Cramer 25. Aufl., § 17 Rn 18), können den Täter demgegenüber nicht entlasten. OLG Bremen, NStZ 1981, 265 f. Unvermeidbarer Verbotsirrtum bei Rechtsberatung OWiG § 11; StGB § 17 Wird der Betroffene von seinem für vertrauenswürdig und kompetent gehaltenen ständigen Rechtsberater nach Prüfung der Rechtslage in einer eindeutigen, jeden Vorbehalt ausschließenden Weise dahin beraten, daß der von ihm eingenommene Rechtsstandpunkt richtig sei, so ist ein Verbotsirrtum unvermeidbar. OLG Bremen, Beschluß vom 02.03.1981 - Ss (B) 120/80 Zum Sachverhalt: Der Betroffene ist Geschäftsführer der „F-GmbH“, die persönlich haftende Gesellschafterin der Firma „W“ - der Nebenbeteiligten - ist. Im Frühjahr 1976 schrieb das Universitätsbauamt Bremen für ein Bauvorhaben die Lieferung und Montage der Klima- und Lüftungsanlage öffentlich aus. Bei den Verdingungsverhandlungen trat auch die Nebenbeteiligte auf. Mit Schreiben vom 18. 5. 1976 teilte die Preisbehörde der Nebenbeteiligten mit, sie habe hinsichtlich des ausgeschriebenen Auftrages ein Preisprüfungsverfahren eingeleitet und verlange bis zum 25. 5. 1976 den Nachweis des Zustandekommens des Angebotspreises durch Vorlage sämtlicher Unterlagen. Die daraufhin übersandten Unterlagen hielt sie für unzureichend. Sie verlangte bis zum 9. 6. 1976 eine lückenlose Darstellung aller Positionen. Mit Schreiben vom 4. 6. 1976 erhielt die Nebenbeteiligte den Zuschlag. Der Betroffene vertrat nunmehr die Auffassung, daß der Preisbehörde nach Erteilung des Zuschlages ein Preisprüfungsrecht nicht mehr zustehe. Die Preisbehörde widersprach dieser Ansicht, worauf der Betroffene den für ihn laufend als anwaltlicher Berater tätigen Zeugen Dr. H in Bremen aufsuchte, der dem Betroffenen nach einer zunächst nur vorläufigen Prüfung bestätigte, daß er nach Zuschlagserteilung nicht verpflichtet sei, den Angebotspreis der Preisbehörde nachzuweisen. Diesen Standpunkt teilte er der Preisbehörde mit. Später fand ein weiteres, eingehendes Gespräch zwischen dem Betroffenen und dem Zeugen statt, nachdem letzterer sich anhand eines Aufsatzes von Döser (Bauwirtschaft 1975, 1889 ff.) und des Kommentars zur Baupreisverordnung von Altmann (3. Aufl. [1974]) seiner Meinung nochmals versichert hatte. Nachdem die verlangten Nachweise von der Nebenbeteiligten nicht vorgelegt worden waren, leitete die Preisbehörde das Bußgeldverfahren ein, das - nach Einspruch - zur Verurteilung zu einer Geldbuße in Höhe von 5000 DM gegen den Betroffenen und von 10000 DM gegen die Nebenbeteiligte führte. Die Rechtsbeschwerde war erfolgreich. Aus den Gründen: ... Von der Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums ist nach der Rechtsprechung des BGH (…) dann auszugehen, wenn der Täter nach den Umständen und nach der seinem Lebens- und Berufskreis zuzumutenden Anspannung des Gewissens die Einsicht in das Unrechtmäßige seines Tuns nicht zu gewinnen vermag (…). Der ihm persönlich obliegenden verantwortlichen Entscheidung über Recht und Unrecht des beabsichtigten Tuns (bzw. der Unterlassung) kann der Täter sich zwar nicht schlechthin dadurch entziehen, daß er die Meinung eines Rechtskundigen einholt. Dem Rat eines Rechtsanwalts - auch seines Hausjuristen (…) - darf der nicht rechtskundige Täter aber regelmäßig dann vertrauen, wenn der Sachverhalt von diesem umfassend geprüft worden ist (vgl. BayObLG NJW 1965, 1963; OLG Köln, NJW 1973, 437) und keine der Auffassung des Rechtsanwalts entgegenstehende Gerichtsentscheidungen bekannt sind (vgl. OLG Köln, MDR 1954, 374; OLG Bremen, aaO). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der erteilte Rat nicht bestimmt und eindeutig, sondern nur unter Vorbehalten erteilt wird, dem Betroffenen danach also die Zweifelhaftigkeit der Frage bewußt werden muß oder wenn er den Rat bei einem erkennbar nicht als Experte einzustufenden Informanten einholt oder dieser den Rat gewissermaßen zwischen „Tür und Angel“, d. h. ohne gründliche Überprüfung, erteilt und der Betroffene dies erkennen muß . OLG Düsseldorf: Überholen eines Kraftwagens durch einen Kradfahrer im Überholverbot NJW 1981 Heft 45 2478 Überholen eines Kraftwagens durch einen Kradfahrer im Überholverbot GG Art. 3 I; StVO §§ 5 III Nr. 2, 41 II Nr. 7 (Zeichen 276); OWiG § 11 1. Zeichen 276 StVO ist nicht wegen Verstoßes gegen Art. 3 I GG nichtig, soweit es dem Kradfahrer das Überholen eines Kraftwagens verbietet. 2. Zur Vermeidbarkeit eines Verbotsirrtums. OLG Düsseldorf, NJW 1981, 2478 (zu § 11 OWiG = § 17 StGB): Der Senat teilt die Ansicht des AG, daß der Betroffene einem vermeidbaren Verbotsirrtum unterlag. Zwar soll sich der Bürger grundsätzlich auf gerichtliche Entscheidungen verlassen dürfen (…). Dies gilt indes nicht uneingeschränkt. Hier lag keine gefestigte Rechtsprechung, sondern nur eine, zudem nicht höchstrichterliche Entscheidung vor, auf die der Betroffene seine Auffassung stützen konnte. Bei gehöriger Anspannung seiner Erkenntniskräfte hätte ihm bewußt sein müssen, daß die Entscheidung des AG [= Amtsgericht als unterste Instanz] Düren noch keinen ausreichend sicheren Schluß darauf zuließ, daß er das Überholverbot mißachten durfte. aus BGH, NJW 2006, 522, 528 f. („Mannesmann“): - in BGHStE 50, 331nicht abgedruckt Das LG ist der Meinung, die Angekl. Dr. Ackermann und Zwickel hätten sich auch in diesem Fall nicht wegen Untreue strafbar gemacht. Zwar hätten sie vorsätzlich ihre gegenüber der Mannesmann AG bestehende Vermögensbetreuungspflicht gravierend verletzt und die Gesellschaft geschädigt, weil sie die nicht im Unternehmensinteresse liegende Anerkennungsprämie aus einer sachwidrigen Motivation heraus willkürlich zuerkannt hätten. Den Präsidiumsmitgliedern habe jedoch auf Grund einer fehlerhaften aktienrechtlichen Gesamtbetrachtung das Unrechtsbewusstsein gefehlt. Ihr Verbotsirrtum sei unvermeidbar gewesen. Wenn sie Rechtsrat eingeholt hätten, wäre die Zahlung einer freiwilligen Anerkennungsprämie, deren aktienrechtliche Zulässigkeit zum damaligen Zeitpunkt weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum als problematisch behandelt worden sei, als rechtlich unbedenklich bezeichnet worden. Die Angekl. Dr. Esser und Dr. D, die lediglich innerhalb ihres beruflichen Aufgabenbereichs die Tat gefördert hätten, hätten sich nicht wegen Beihilfe zur Untreue strafbar gemacht. Es fehle an den besonderen Voraussetzungen, die bei einem berufstypischen Verhalten an den Gehilfenvorsatz zu stellen seien. [56]III. Dieser rechtlichen Würdigung ist zuzustimmen, soweit das LG annimmt, dass die Angekl. Dr. Ackermann und Zwickel den objektiven Tatbestand der Untreue erfüllt haben. Wie sich aus den Ausführungen zu den Anerkennungsprämien für den Vorstandsvorsitzenden Dr. Esser und die vier weiteren Vorstandsmitglieder (vgl. A III 1) ergibt, stand es den Präsidiumsmitgliedern nicht frei, die in der Vergangenheit erbrachte, durch die dienstvertraglichen Bezüge bereits abgegoltene Leistung durch eine Sonderzahlung zusätzlich zu honorieren. Denn die Prämie war für die Mannesmann AG ohne Nutzen. Hinzu kommt, dass die Zuwendung auf Grund sachwidriger Motivation und damit willkürlich beschlossen wurde. Dies folgt auch daraus, dass das Präsidium beim Ausscheiden des Prof. Dr. Funk als Vorstandsvorsitzender für eine Anerkennungsprämie keinen Anlass gesehen und diese nicht zeitnah zuerkannt hatte. [57]IV. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Annahme, die Angekl. Dr. Ackermann und Zwickel hätten sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden. [58]Unter den gegebenen Umständen, vor allem angesichts der offensichtlichen Pflichtwidrigkeit einer willkürlichen Zuwendung, hätten die Angekl. Dr. Ackermann und Zwickel bei Anlegung der an die Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums zu stellenden Anforderungen (vgl. BGHSt 3, 357 [366] = NJW 1953, 351; BGHSt 4, 1 [5] = NJW 1953, 431 und BGHSt 4, 237 [242 f.] = NJW 1953, 1151) nach ihren Fähigkeiten und Kenntnissen einen eventuell gegebenen Irrtum vermeiden können. Dazu hätte es nicht einmal eines Rechtsrats bedurft. Bei Einholung von Rechtsrat durch eine sachkundige, neutrale Person hätte richtigerweise die Frage gestellt werden müssen, ob eine ausschließlich durch den Wunsch des Begünstigten motivierte, dem Unternehmen keinen Vorteil bringende Prämiengewährung rechtlich zulässig ist. Dies wäre mit Sicherheit verneint worden aus KG, NStZ 1990, 185, 186: Die Angeschuldigten haben jedoch aufgrund ihrer nicht zu widerlegenden Einlassung, sie hielten ihr Verhalten, das einer gängigen Übung in den meisten Berliner Krankenhäusern entspreche, nicht für strafbar, in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum (in Form eines Subsumtionsirrtums; vgl. Dreher/Tröndle, aaO, § 16 Rn 11) gehandelt, der nach § 17 S. 1 StGB ihre Schuld ausschließt. Selbst wenn sie alle Erkenntniskräfte angespannt sowie etwa Rechtsrat bei Anwälten und der Ärztekammer eingeholt hätten, wären sie in ihrem fehlenden strafrechtlichen Unrechtsbewußtsein nur bestärkt worden [da diese - nicht konsultierten - Personen zur Tatzeit von der Erlaubtheit von Sektionen auch ohne Zustimmung ausgingen]. aus BGHStE 3, 105, 106 f. {zum - damals! - bestehenen Züchtigungsrecht}: a) In den Fällen, in denen mangels einer Verfehlung des Zöglings überhaupt kein Grund für die Ausübung des Züchtigungsrechts bestand, die Angeklagten oder einer von ihnen eine solche Verfehlung in tatsächlicher Beziehung aber irrig angenommen haben, wären sie einem Irrtum über den Sachverhalt erlegen und hätten daraus ein nur vermeintliches Züchtigungsrecht entnommen. Insoweit wären sie wegen eines für ihre Vorstellung und ihr Verhalten grundlegenden Tatirrtums zu einem unrichtigen rechtlichen Schluß über ihre Züchtigungsbefugnis gelangt. Daß ein solcher Irrtum über einen Rechtfertigungsgrund auf der Grundlage eines Tatirrtums entsprechend § 59 StGB { = § 16 I} als Tatirrtum und nicht als Verbotsirrtum zu behandeln ist, hat der Beschluß des Großen Senats zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen; er hat aber die Gründe dargelegt, die für dieses Ergebnis sprechen. Zwar ist der Täterwille auch beim Tatirrtum auf die Zufügung körperlicher Schmerzen gerichtet; aber dieser Wille, im Sinne von Vorsatz, beruht bei aller fallweise möglichen Abstufung im wesentlichen nicht auf Verkennung rechtlicher Grund- sätze oder gar auf einem mehr oder weniger bewußten Hinwegsetzen über Rechtsschranken. Der im Irrtum über den wahren Sachverhalt handelnde Täter ist vielmehr an sich rechtstreu; er will die Rechtsgebote befolgen und verfehlt dieses Ziel nur wegen seines Irrtums über die Sachlage, aus der sein Handeln erwächst. Dieser Irrtum hindert ihn in der Regel, die Gefahr eines Rechtsverstoßes überhaupt zu erkennen. Deshalb trifft auf ihn der Gedanke des § 59 StGB zu, ihm nicht die wirkliche, sondern zu seinen Gunsten nur die irrig angenommene Sachlage zuzurechnen. Zwar ist auf dem Gebiet der Rechtfertigungsgründe die Unterscheidung zwischen dem nur Tatsächlichen und einem rechtlichen Schluß aus Tatsachen mitunter schwierig, aber doch nicht in der Weise, daß es sich rechtfertigen ließe, diese Fälle, die dem Tatirrtum regelmäßig weit näher stehen als dem bloßen Verbotsirrtum, nicht auch als Tatirrtum zu behandeln. ….Folge, daß insoweit vorsätzliche Körperverletzung ausschiede, aber bei Vermeidbarkeit des Tatirrtums fahrlässige Begehung anzunehmen wäre. (S. 107) aus BGHStE 49, 34, 44: cc) Jedoch erweisen sich auf dieser Grundlage die Darlegungen des Landgerichts zu dem Irrtum des Angeklagten über »die Wirksamkeit der Einwilligung« als rechtlich nicht tragfähig. Die Sitten- und damit Rechtswidrigkeit der Körperverletzung trotz der Einwilligung des Opfers folgt hier aus der konkreten Lebensgefahr, die durch die Heroininjektion für M. entstand. Erkannte der Angeklagte diese Gefahr nicht, etwa weil er die Schwere der gesundheitlichen Vorschädigung und das Maß der – den Todeseintritt »begünstigenden« – Alkoholisierung unzutreffend einschätzte und davon ausging, das Heroin könne – wie zuvor bei ihm selbst – lediglich zu einem leichten Rauschzustand führen, irrte er nicht über die sittliche und damit rechtliche Bewertung der Tat nach § 228 StGB, sondern über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrunds. Ein derartiger Erlaubnistatbestandsirrtum ist nicht als Verbotsirrtum (§ 17 StGB), sondern entsprechend den Regeln des Tatbestandsirrtums nach § 16 Abs. 1 StGB zu behandeln (…) aus BGHSt 45, 378, 384 = NJW 2000, 1348: Die Rechtfertigung des Würgegriffs entfiel jedoch objektiv, als D. in der zweiten Minute der Strangulation bewußtlos wurde und mit Erstickungskrämpfen reagierte. …. Im Verkennen dieses Sachverhalts läge für ihn ein Erlaubnistatbestandsirrtum (…). Er hätte nämlich nicht mehr getan, als er bei einer wirklich fortbestehenden Notwehrlage hätte tun dürfen (vgl. BGH NJW 1992, 516, 517 [ein drei bis fünf Minuten andauernder Würgegriff kann »in der angewandten Stärke und Dauer« die erforderliche Verteidigung gegen einen tätlichen Angriff sein]; s. ferner BGH NStZ 1983, 500; 1997, 96, 97). Die irrige Annahme eines rechtfertigenden Sachverhalts wäre wie ein den Vorsatz ausschließender Irrtum über Tatumstände nach § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB zu bewerten (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 3,105, 106 f.; BGHSt 194, 196; 31, 264, 286 f.; BGH NStZ 1996, 34, 35), so daß der Vorwurf (vorsätzlicher) Körperverletzung mit Todesfolge entfiele. Der Irrtum des Angeklagten würde aber auf einer Außerachtlassung der gebotenen und ihm persönlich zuzumutenden Sorgfalt beruhen, so daß er wegen fahrlässiger Tötung zu bestrafen wäre (§ 16 Abs. 1 Satz 2 StGB; vgl. BGH NJW 1992, 516, 517; NStZ 1983, 453; 1987, 172; 1988, 269, 270). aus BGHStE 45, 219, 224 f.: Hält ein Arzt eine Operationserweiterung im Interesse des Patienten für geboten und nimmt er dabei irrigerweise an, der Betroffene hätte bei vorheriger Befragung seine Zustimmung gegeben, dann irrt er über das Vorliegen von tatsächlichen Voraussetzungen des Rechtfertigungsgrundes der mutmaßlichen Einwilligung. Ein solcher Erlaubnistatbestandsirrtum schließt in Analogie zu § 16 StGB vorsätzliches Handeln aus (BGHSt 11,111, 114; 35, 246, 250 ; BGH JZ 1964, 231). Dagegen liegt ein Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB vor, wenn der Arzt das fehlende Einverständnis des Patienten erkennt oder doch zumindest für möglich hält (dolus eventualis), einen körperlichen Eingriff aber gleichwohl für rechtlich zulässig erachtet, weil ihm dieser aus medizinischer Sicht sinnvoll und geboten erscheint. In diesem Fall mißachtet er - wenn auch wohlmeinend - das dem Patienten grundsätzlich zustehende Selbstbestimmungsrecht (BGHSt 11,111, 114) und irrt damit lediglich über die Grenzen eines Rechtfertigungsgrundes. Ein solcher Irrtum läßt den Vorsatz unberührt. War er für den Arzt vermeidbar (was kaum je zweifelhaft sein dürfte), so kann er lediglich strafmildernd wirken (…). aus BGHStE 45, 378, 383 f. aus den Gründen: Gegen einen solchen Angriff des D. war der Angeklagte nämlich zur - zunächst unbeschränkten - Notwehr berechtigt. Er durfte in diesem Fall dasjenige Abwehrmittel wählen, das eine sofortige und endgültige Beseitigung der Gefahr gewährleistete (vgl. BGH GA 1968, 182, 183). Er war nicht gehalten, auf die Anwendung weniger gefährlicher Abwehrmittel zurückzugreifen, wenn deren Wirkung für die Abwehr zweifelhaft war; auf einen Kampf mit ungewissem Ausgang brauchte er sich nicht einzulassen (st.Rspr., vgl. BGHSt 24,356, 358; 25, 229, 230; 27, 336, 337 ; BGH NStZ 1998, 508, 509 m.w.N.). Für einen objektiven Dritten in der Tatsituation des Angeklagten (vgl. BGH StV 1999, 143, 145) gab es hier zum - lediglich mit Körperverletzungswillen vorgenommenen Anlegen des Würgegriffs keine mildere Handlungsalternative: Auf die mehrfache Aufforderung zu Beginn der auch vom Angeklagten gegenüber seinem größeren, schwereren und gewaltbereiten Gegner mit bloßer Körperkraft ausgetragenen Auseinandersetzung, sich durch Handzeichen zu ergeben, ist der zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewußtlose D. nämlich nicht eingegangen (vgl. hierzu BGH NStZ 1996, 29). Nichts anderes ergibt sich im Hinblick auf die hinzugekommenen Helfer R. und M., da es auch nach deren Eingreifen nicht gelang, D. zu beruhigen, und sich die Beteiligten erst vom Anlegen der Handfesseln durch die zwischenzeitlich eingetroffene Polizei Abhilfe versprachen. Die Rechtfertigung des Würgegriffs entfiel jedoch objektiv, als D. in der zweiten Minute der Strangulation bewußtlos wurde und mit Erstickungskrämpfen reagierte. Der Angeklagte war jetzt, soweit Trutzwehr überhaupt erforderlich war, zur größtmöglichen Schonung angehalten (vgl. zu Schuldunfähigen BGHSt 3,217, 218 ; BayObLG NStZ 1991, 433, 434; StV 1999, 147 f.; Wessels/Beulke aaO Rdn. 344; Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 32 Rdn. 19 m.w.N.). Im Verkennen dieses Sachverhalts läge für ihn ein Erlaubnistatbestandsirrtum (BGH NStZ 1987, 20; 1996, 29, 30; NJW 1995, 973; BGH, Beschl. vom 20. Juli 1999 - 1 StR 313/99). Er hätte nämlich nicht mehr getan, als er bei einer wirklich fortbestehenden Notwehrlage hätte tun dürfen (vgl. BGH NJW 1992, 516, 517 [ein drei bis fünf Minuten andauernder Würgegriff kann »in der angewandten Stärke und Dauer« die erforderliche Verteidigung gegen einen tätlichen Angriff sein]; s. ferner BGH NStZ 1983, 500; 1997, 96, 97). Die irrige Annahme eines rechtfertigenden Sachverhalts wäre wie ein den Vorsatz ausschließender Irrtum über Tatumstände nach § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB zu bewerten (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 3,105, 106 f.; BGHSt 194, 196; 31, 264, 286 f.; BGH NStZ 1996, 34, 35), so daß der Vorwurf (vorsätzlicher) Körperverletzung mit Todesfolge entfiele. Der Irrtum des Angeklagten würde aber auf einer Außerachtlassung der gebotenen und ihm persönlich zuzumutenden Sorgfalt beruhen, so daß er wegen fahrlässiger Tötung zu bestrafen wäre (§ 16 Abs. 1 Satz 2 StGB; vgl. BGH NJW 1992, 516, 517; NStZ 1983, 453; 1987, 172; 1988, 269, 270). aus BGHStE 3, 107, Leitsätze: Der Irrtum über Art und Umfang der Züchtigungsbefugnis [1952 noch als Rechtfertigungsgrund anerkannt, sofern maßvolle Züchtigung nach gegebenem Züchtigungsanlass erfolgte] ist ein Verbotsirrtum und führt bei Vermeidbarkeit zur Bestrafung wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Die irrige Annahme eines zur Züchtigung an sich berechtigenden Sachverhalts, aus dem der Täter auf seine Züchtigungsbefugnis in diesem Falle schließt, ist als Tatirrtum nach § 59 StGB zu behandeln; er führt bei Vermeidbarkeit zur Bestrafung wegen fahrlässiger Körperverletzung (im Anschluß an BGHSt 2,194). aus den Gründen: In den Fällen, in denen mangels einer Verfehlung des Zöglings überhaupt kein Grund für die Ausübung des Züchtigungsrechts bestand [also: obj. kein Voröliegen von Umständen, die einen RFG begründen], die Angeklagten oder einer von ihnen eine solche Verfehlung in tatsächlicher Beziehung aber irrig angenommen haben, wären sie einem Irrtum über den Sachverhalt erlegen und hätten daraus ein nur vermeintliches Züchtigungsrecht entnommen [genauer: hätten sie sich einen Sachverhalt vorgestellt, bei dessem tatsächlichen Vorliegen ein Züchtigungsrecht bestanden hätte]. Insoweit wären sie wegen eines für ihre Vorstellung und ihr Verhalten grundlegenden Tatirrtums zu einem unrichtigen rechtlichen Schluß über ihre Züchtigungsbefugnis gelangt. Daß ein solcher Irrtum über einen Rechtfertigungsgrund auf der Grundlage eines Tatirrtums entsprechend § 59 StGB als Tatirrtum und nicht als Verbotsirrtum zu behandeln ist, hat der Beschluß des Großen Senats zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen; er hat aber die Gründe dargelegt, die für dieses Ergebnis sprechen. Zwar ist der Täterwille auch beim Tatirrtum auf die Zufügung körperlicher Schmerzen gerichtet; aber dieser Wille, im Sinne von Vorsatz, beruht bei aller fallweise möglichen Abstufung im wesentlichen nicht auf Verkennung rechtlicher Grundsätze oder gar auf einem mehr oder weniger bewußten Hinwegsetzen über Rechtsschranken. Der im Irrtum über den wahren Sachverhalt handelnde Täter ist vielmehr an sich rechtstreu; er will die Rechtsgebote befolgen und verfehlt dieses Ziel nur wegen seines Irrtums über die Sachlage, aus der sein Handeln erwächst. Dieser Irrtum hindert ihn in der Regel, die Gefahr eines Rechtsverstoßes überhaupt zu erkennen. Deshalb trifft auf ihn der Gedanke des § 59 [a.F.; heute: § 16 I 1] StGB zu, ihm nicht die wirkliche, sondern zu seinen Gunsten nur die irrig angenommene Sachlage zuzurechnen. Zwar ist auf dem Gebiet der Rechtfertigungsgründe die Unterscheidung zwischen dem nur Tatsächlichen und einem rechtlichen Schluß aus Tatsachen mitunter schwierig, aber doch nicht in der Weise, daß es sich rechtfertigen ließe, diese Fälle, die dem Tatirrtum regelmäßig weit näher stehen als dem bloßen Verbotsirrtum, nicht auch als Tatirrtum zu behandeln. Auch der im Verbotsirrtum Handelnde verfehlt zwar bei seinem Tun das Richtige, aber durch einen Erkenntnisfehler auf dem Gebiet des rechtlichen Sollens. Die Erkennbarkeit eines Rechtsverstoßes liegt hier im allgemeinen näher als beim Irrtum über Tatsachen. Beide Irrtumsarten können im Einzelfall gleicherweise vermeidbar, gleicherweise mehr oder weniger fahrlässig und beide auch mehr oder weniger vorwerfbar sein. Gleichwohl wird der im Irrtum über den Sachverhalt Handelnde in der Regel den geringeren Schuldvorwurf verdienen. Ein solcher Irrtum ist regelmäßig stärker und unmittelbarer und ein stärkerer Anreiz zum Handeln. Er versetzt den Täter nicht, wie meist der Verbotsirrtum, in einen tathemmenden Zwiespalt zwischen Wollen und Dürfen, den er erst überwinden muß, sondern drängt ihn zum Handeln oder läßt ihn jedenfalls ohne Rechtsbedenken und sittliche Hemmungen handeln. Ist hiernach ein Irrtum über den Sachverhalt auch dann allgemein nach § 59 [a.F.; heute: § 16 I 1] StGB zu behandeln, wenn er die Grundlage des Irrtums über einen Rechtfertigungsgrund bildet, so ist für den gegebenen Fall nach § 59 StGB die Folge, daß insoweit vorsätzliche Körperverletzung ausschiede, aber bei Vermeidbarkeit des Tatirrtums fahrlässige Begehung anzunehmen wäre. b) [Erlaubnis-Irrtum →] Wo dagegen die Angeklagten die Sachlage richtig erkannt hatten, daß die gesetzlich zulässige Züchtigung wegen einer Verfehlung des Zöglings angebracht sei, aber wegen irriger Vorstellungen über Art und Umfang ihres Züchtigungsrechts dieses überschritten haben, ist ihr Irrtum als Verbotsirrtum zu behandeln. Hier ist zu prüfen, ob die Angeklagten erkannt haben oder jedenfalls nach Vorbildung, Stellung, Berufserfahrung und den gesamten Umständen hätten erkennen können, daß sie ihr Züchtigungsrecht überschritten (BGHSt 2,194). Im einzelnen ist das Tatfrage. … c) In gewissen Fällen könnte freilich zu einem Tatirrtum im erörterten Sinne ein Verbotsirrtum mit der Folge irrigen oder unüberlegten Mißbrauchs des auf Grund des Tatirrtums beanspruchten Züchtigungsrechts hinzu getreten sein. Der Angeklagte hätte dann zweifach geirrt, einerseits in tatsächlicher Beziehung über die vermeintliche Verfehlung des Zöglings [= über Erlaubnissachverhalt], andererseits rechtlich darüber, wie weit er beim vermeintlich zulässigen Züchtigen nach Art und Umfang gehen dürfe [=Erlaubnisirrtum]. Ein solcher doppelter Irrtum wäre nach den dargelegten Grundsätzen nach beiden Richtungen auf seine strafrechtlichen Folgen zu prüfen, zunächst hinsichtlich der Tatbestandsverwirklichung, und wenn er hier nicht zur Straflosigkeit führt, hinsichtlich des Unrechtsbewußtseins [→ Konsequenz: nur § 17 StGB! Hierzu vgl. Kühl§ 13 RN 80 f.; Sch/Sch-Cramer/Sternberg-Lieben § 17 RN 11] aus BGHStE 3, 194, 196 (zur Putativ-Notwehr) aus den Gründen: Welche Verteidigung nach § 53 [a.F.; heute: § 32] notwendig ist, richtet sich nach den äußeren Umständen [=obj. Lage]; überschreitet sie diesen Umfang, so ist sie insoweit rechtswidrig, selbst wenn der Angegriffene sie noch für notwendig hält; auf seine Vorstellung kommt es insoweit nicht an. Dagegen schließt ein solcher Irrtum, wenn er auf einer Täuschung über die Nachhaltigkeit und Stärke des Angriffs beruht und diese Täuschung unvermeidbar ist, die Strafbarkeit aus und führt bei Vermeidbarkeit nur zu Fahrlässigkeitsstrafe. Er ist ein Irrtum über einen Tatumstand im Sinne des § 59 StGB [a.F; heute: § 16 I], auch soweit er auf dieser Grundlage ein Irrtum über einen Rechtfertigungsgrund ist.