11.7. Behandlung immaterieller Vermögenswerte in der Buchhaltung: Analyse und Vergleich mit den IFRS-Normen Die Kommission für Buchführungsnormen hat im letzten Oktober eine neue Stellungnahme (2072/73) veröffentlicht, um die Behandlung immaterieller Vermögenswerte in der Buchhaltung klarzustellen. Wir geben Ihnen hier eine Zusammenfassung und vergleichen mit den IAS-IFRSBilanzierungsrichtlinien, insbesondere mit der Norm IAS 38 "Immaterielle Vermögenswerte". Immaterielle Vermögenswerte sind wie folgt definiert: "Ressourcen immaterieller Art, die dazu bestimmt sind, auf Dauer der Unternehmensaktivität zugeordnet zu bleiben, und die dem Unternehmen wahrscheinlich in Zukunft wirtschaftliche Vorteile bringen". Zu den wichtigsten Arten immaterieller Vermögenswerte gehören Forschungs- und Entwicklungskosten, Konzessionen, Patente, Lizenzen, Marken und andere ähnliche Rechte sowie der Goodwill. Die Norm IAS 38 "immaterielle Vermögenswerte" besagt unter anderem, dass immaterielle Vermögenswerte identifizierbar und von anderen Werten trennbar sein müssen, d. h. sie können vom Unternehmen möglicherweise getrennt veräußert werden. AKTlVIERUNGSVORAUSSETZUNGEN Die Kommission für Buchführungsnormen nennt mehrere für die Aktivierung von Kosten erforderliche Voraussetzungen, die gemeinsam gegeben sein müssen: Die Nützlichkeit von Produkt oder Prozess (Fertigstellung eines Gegenstands, Verbesserung der Wettbewerbsposition) muss belegt werden. Produkt oder Prozess muss genau definiert sein. Die Beziehung zwischen Kosten und Projekt muss gesondert festgelegt werden. Die technische Machbarkeit von Produkt oder Prozess muss belegt werden. Die finanzielle Machbarkeit von Produkt oder Prozess muss belegt werden. Die nach dem Nutzungsbeginn des Vermögensgegenstands entstandenen Kosten werden nur als immaterielle Vermögenswerte aktiviert, wenn sie ihm eine beträchtliche Verbesserung bringen. Gemäß den IFRS muss ein immaterieller Vermögenswert aktiviert werden, wenn: - die Kosten dieses Vermögenswerts zuverlässig bestimmt werden können; - es wahrscheinlich ist, dass die künftigen wirtschaftlichen Vorteile, die dem Vermögenswert zugeschrieben werden können, dem Unternehmen zugutekommen. Zu beachten ist ebenfalls, dass die Norm IAS 38 zwischen Forschungskosten und Entwicklungskosten unterscheidet. Nur Letztere können in der Bilanz aktiviert werden. Die Forschungskosten dagegen müssen in den Aufwendungen des Gewinn- und Verlustkontos des entsprechenden Zeitraums verbucht werden. Gemäß den IFRS müssen auch die Gründungskosten direkt in den Kosten verbucht werden. BEWERTUNG Die immateriellen Vermögenswerte werden zu ihrem Anschaffungspreis (inklusive zugehörige Aufwendungen) oder zu ihren Selbstkosten bewertet. Letztere dürfen eine vorsichtige Schätzung des Nutzungswerts des Gutes oder seine zukünftige Rendite für das Unternehmen nicht überschreiten. Gemäß den IFRS werden diese Vermögenswerte mit ihrem beizulegenden Zeitwert aktiviert. ABSCHREIBUNGEN Das Verwaltungsorgan muss die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Vermögenswerts für das Unternehmen festlegen. Immaterielle Aktiva müssen gemäß einem Plan abgeschrieben werden, der entsprechend Art. 28 des Königlichen Erlasses vom 31.01.01. aufgestellt wurde. IHK-Infos 03/2013 Seite 88 Die Anschaffungskosten werden über die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Vermögenswerts verteilt und die Abschreibung beginnt, sobald er in Dienst gestellt wird. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer darf die eventuelle juristische Nutzungsdauer des Gutes nicht überschreiten. Artikel 61 des KE vom 31.01.01. sieht unter anderem vor, dass die Abschreibungsdauer der Forschungs- und Entwicklungskosten oder des Goodwill, die über fünf Jahre hinausgeht, im Anhang des Jahresabschlusses begründet wird. Gemäß den IFRS müssen Abschreibungsdauer und -methode jährlich beim Jahresabschluss überprüft werden. Wenn die tatsächliche Nutzungsdauer des Gutes sich von der früher berechneten unterscheidet, dann muss die Abschreibung in Abhängigkeit von der neuen Berechnung geändert werden. Die immateriellen Vermögenswerte, deren Nutzungsdauer unbestimmt ist, sind gemäß den belgischen Normen selten. Außerdem muss diese Nutzungsdauer geändert werden, wenn es die Umstände erfordern. Außer bei einer Wertminderung oder einer dauerhaften Entwertung unterliegen sie keinem Wertverlust. Gemäß der Norm IAS 38 werden Vermögenswerte mit unbegrenzter Nutzungsdauer ebenso wie der Goodwill nicht abgeschrieben. Aber die Unternehmen sind gehalten, Wertminderungsprüfungen vorzunehmen ("impairment test", siehe die Norm IAS 36 "Wertminderung von Vermögenswerten), indem sie jährlich oder dann, wenn das Unternehmen Kenntnis von einer eventuellen Wertminderung erhält, den erzielbaren Betrag mit dem Buchwert vergleichen. NEUBEWERTUNG Die belgischen Normen gestatten keine Neubewertung immaterieller Vermögenswerte. IAS 38 dagegen gestattet die Neubewertung zu einem Betrag, der dem beizulegenden Zeitwert zum Zeitpunkt der Neubewertung entspricht, vermindert um die kumulierten Abschreibungen und Wertverluste. RESTWERT Im Gegensatz zu den belgischen Bilanzierungsrichtlinien sehen die IFRS-Normen einen Restwert für immaterielle Vermögenswerte vor. Es wird angenommen, dass dieser bei null liegt, es sei denn ° ein Dritter hätte sich verpflichtet, das Gut am Ende seiner Nutzungsdauer zu kaufen; ° es bestünde ein Markt für dieses Gut. Dann könnte der Restwert durch Vergleich mit dem Markt bestimmt werden. BUCHHALTERISCHE BEHANDLUNG Die vom Unternehmen im Rahmen der Erschaffung eines immateriellen Vermögenswerts geleisteten Aufwendungen (Forschung und Entwicklung) werden im Laufe des Geschäftsjahres je nach Art auf den entsprechenden Erfolgskonten verbucht. Beim Jahresabschluss werden diese Aufwendungen aktiviert (Soll 210), und zwar mit einer Gegenbuchung auf einem Konto für aktivierte Eigenleistungen (Haben 72). FAZIT Die neue Stellungnahme der Kommission für Buchführungsnormen enthält nichts Neues im Vergleich zur bekannten Buchhaltungspraxis im Zusammenhang mit immateriellen Vermögenswerten. Es gilt dagegen im Hinterkopf zu behalten, dass die Unterschiede zu den IFRS-Bilanzierungsrichtlinien zu beträchtlichen Überarbeitungen der Abschlüsse führen können. ALAIN SCHELLEKENS [email protected] CHARLOTTE GREGOIRE [email protected] BDO Betriebsrevisoren BDO-RUNDSCHREIBEN Nr. 4/2012 IHK-Infos 03/2013 Seite 89