Technische Universität München Zentrum Mathematik Prof. Dr. Michael Ulbrich Dipl.-Math. Florian Lindemann, Dipl.-Math. Florian Kruse 1. Übung zur Vorlesung „Mathematik 3 (EI)“ (WS 2012/2013) Zentralübung (19.10.12): Aufgabe Z 1.1: Es sei G ⊂ R2 das beschränkte Gebiet, welches durch die beiden Kurven T x1 = 1 − 41 x22 und x1 = 12 (x22 − 1) begrenzt wird. Weiter sei v : R2 → R2 , v(x) := x1 x2 , x22 . a) Geben Sie eine stetige und stückweise stetig differenzierbare Kurve an, die G begrenzt. H b) Berechnen Sie die Zirkulation ∂G v · dx. Können Sie aus dem Ergebnis schließen, ob es sich um ein Gradientenfeld handelt? c) Berechnen Sie den Fluss neten Wert? Lösung Z 1.1: H ∂G v · dn. Wie beeinflusst die Orientierung der Kurve den berech- ∂G besteht aus zwei gedrehten Parabelbögen, siehe Zeichnung in der ZÜ. a) Die zwei Kurven werden durch w1 (t) := (1 − 14 t2 , t)T und w2 (t) := ( 12 (t2 − 1), t)T parametrisiert, t ∈ R. Für die Schnittpunkte dieser Kurven ergibt sich √ 1 1 1 − t2 = (t2 − 1) ⇐⇒ t = ± 2. 4 2 √ √ √ √ Der rechte Bogen von ∂G ist daher w1 (t), − 2 ≤ t ≤ 2, der linke w2 (t), − 2 ≤ t ≤ 2. Damit die aus diesen beiden Stücken bestehende Kurve stetig ist, ist noch die Durchlaufrichtung anzupassen. ∂G √ von w √2 mittels t 7→ (−t) √ wird also √ parametrisiert durch 1 2 T w1 (t), − 2 ≤ t ≤ 2 und ŵ2 (t) := ( 2 (t − 1), −t) , − 2 ≤ t ≤ 2. w1 (t) = w2 (t) ⇐⇒ Bemerkungen: • Wie Sie in der ZÜ richtig angemerkt haben, ist die G begrenzende Kurve nicht stetig differenzierbar. Sie ist aber stetig und stückweise stetig differenzierbar. „Stückweise stetig differenzierbar“ bedeutet, dass die Kurve aus endlich vielen stetig differenzierbaren Kurven zusammengesetzt ist. Stetige, stückweise stetig differenzierbare Kurven stellen eine Verallgemeinerung gegenüber stetig differenzierbaren Kurven dar, denn jede stetig differenzierbare Kurve ist insbesondere stetig und stückweise stetig differenzierbar. Alle Aussagen über Kurvenintegrale, die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, gelten sinngemäß auch für stetige, stückweise stetig differenzierbare Kurven. Zusammengefasst: „Wenn eine stetige Kurve an endlich vielen Stellen nicht stetig differenzierbar ist, macht das keine Probleme.“ • Zur Umorientierung von Kurven: Ist w : [a, b] → R gegeben, so ist die umorientierte Kurve w− : [−b, −a] → R definiert durch w− (t) := w(−t). Läuft w von Punkt A zu Punkt B, so läuft w− also von B zu A. Achtung: Ein häufiger Fehler ist, beim Umorientieren weiterhin die Kurve w zu verwenden und lediglich das Intervall [a, b] durch [b, a] zu ersetzen. Die Kurve hat dann Seite 1 von 10 aber nicht die richtigen Tangentialvektoren: Da sich die Durchlaufrichtung umkehrt, muss die umorientierte Kurve entgegengesetzte Tangentialvektoren haben. Das ist aber bei Verwendung von w mit [b, a] nicht der Fall, denn die Tangentialvektoren sind nachwievor durch w0 (t) gegeben. Mathematisch gesehen ist außerdem nicht klar, wie [b, a] bzw. eine Kurve darauf zu verstehen ist, denn [b, a] ist kein Intervall (wg. b > a). b) Die Zirkulation von v um G ist definiert als das angegebene Kurvenintegral, wobei die verwendete Kurve positiv orientiert sein muss. „Positiv orientiert“ heißt, dass G bei Durchlaufen der Kurve links liegen muss. Für die in a) angegebene G begrenzende Kurve ist das der Fall. Die Zirkulation ergibt sich daher als I v · dx = ∂G Z v · dx + w1 Z √ = Z v · dx ŵ2 2 √ − 2 Z √2 !T 3 = √ − t4 dt = 2 8 − 2 Z √2 0 Z √2 ! − 12 t 1 1 − 14 t2 t t2 dt + √ − 2 1 2 3 3 − t4 dt = 2 − t5 8 40 !T t2 − 1 (−t) (−t)2 √2 =− 0 ! t −1 dt 3√ 2. 5 Wenn v ein Gradientenfeld wäre, dann gäbe es nach Definition F mit ∇F = v. Für jede geschlossene Kurve müsste dann das Kurvenintegral über v verschwinden, insbesondere müsste also die Zirkulation Null sein. Also ist v kein Gradientenfeld. Bemerkung: Allgemein gilt: Wenn w : [a, b] → Rn eine stetige und stückweise stetig differenzierbare Kurve ist, die in der offenen Menge D ⊂ Rn verläuft, und v = ∇F gilt für das Vektorfeld v : D → Rn , so gilt für das Kurvenintegral: Z v · dx = Z b ∇F (w(t))T w0 (t) dt = a w Z b d a dt F (w(t)) dt = F (w(b)) − F (w(a)) . Dies zeigt den Nutzen von Stammfunktionen: Hat man eine Stammfunktion F , so kann man den Wert des Kurvenintegrals als Differenz der Funktionswerte F (w(b)) und F (w(a)) ermitteln. Ist zusätzlich, wie bei der Zirkulation der Fall, die Kurve w geschlossen, d. h. gilt w(a) = w(b), so besitzt das Kurvenintegral von v über w wegen F (w(b)) − F (w(a)) = 0 den Wert Null. Damit ein Vektorfeld auf einer offenen Menge ein Gradientenfeld sein kann, ist es also notwendig, dass alle Kurvenintegrale über geschlossene Kurven, die in dieser Menge verlaufen, den Wert Null besitzen (beachten Sie, dass hier nur die Offenheit von D erforderlich ist!). c) Für den Fluss ergibt sich nach Definition I v · dn = ∂G Z √2 = = √ − 2 Z √2 √ − 2 Z v · dn + w1 Z v · dn ŵ2 !T 1 − 14 t2 t t2 0 1 −1 0 ! − 12 t 1 Z √2 ! dt + √ − 2 1 2 !T t2 − 1 (−t) (−t)2 0 1 −1 0 ! ! t −1 dt 1 1 t − t3 dt = 0. 2 4 Eine Umorientierung der Kurve ändert das Vorzeichen des Flusses. Im vorliegenden Fall beeinflusst die Orientierung der Kurve den berechneten Wert daher nicht. Bemerkung: Interpretiert man v als Geschwindigkeitsfeld einer strömenden Flüssigkeit, so beschreibt der Fluss durch ∂G, ob mehr Flüssigkeit aus G heraus- als hineinströmt oder Seite 2 von 10 umgekehrt. Ist ! die verwendete ! Kurve positiv orientiert, so zeigen die Normalenvektoren 0 1 0 1 dn = dx = w0 (t) dt aus G heraus. Ein positives Vorzeichen des Flusses −1 0 −1 0 bedeutet immer(!), dass mehr Flüssigkeit in Normalenrichtung fließt als andersherum. Bei einer positiv orientierten Kurve besagt ein positiver Fluss daher, dass insgesamt gesehen Flüssigkeit aus G austritt. Ein negativer besagt, dass G Flüssigkeit aufnimmt. Ändert man die Durchlaufrichtung der Kurve, dann zeigen die Normalenvektoren nach G hinein, so dass sich das ganze umdreht. Flüsse spielen bei der Behandlung von Integralsätzen (Gauß, Stokes) eine wichtige Rolle und werden uns daher zu einem späteren Zeitpunkt erneut begegnen. Aufgabe Z 1.2: Wir untersuchen, für welche Wahlen von a, b ∈ R das Vektorfeld v : R2 \ {0} → R2 , 1 v(x) := kxk3 ax1 bx2 ! ein Gradientenfeld ist. a) Was folgt aus der notwendigen Bedingung Jv = JvT für a und b? b) Bestimmen Sie mit dem Verfahren aus der Vorlesung eine Stammfunktion F : R2 \ {0} → R für v, falls dies möglich ist. Ist die notwendige Bedingung Jv = JvT in diesem Fall also hinreichend? c) Ermitteln Sie w v ·dx im Fall Jv = JvT , wobei w : [c, d] → R2 \{0} eine stetig differenzierbare, geschlossene Kurve ist. R Lösung Z 1.2: a) Die notwendige Bedingung lautet hier ∂1 v2 (x1 , x2 ) = ∂2 v1 (x1 , x2 ) ∀(x1 , x2 ) ∈ R2 \ {0}. Für alle (x1 , x2 ) ∈ R2 \ {0} gilt nun: ∂1 v2 (x1 , x2 ) = ∂2 v1 (x1 , x2 ) ⇐⇒ −3ax1 x2 (x21 + 5 x22 ) 2 = −3bx1 x2 5 (x21 + x22 ) 2 ⇐⇒ ax1 x2 = bx1 x2 . Die notwendige Bedingung ist daher genau dann erfüllt, wenn a = b gilt. Bemerkung: Wie in der ZÜ erklärt ist auf einer offenen Menge D ⊂ Rn für ein stetig differenzierbares Vektorfeld v : D → Rn die sogenannte Integrabilitätsbedingung Jv = JvT notwendig dafür, dass v ein Gradientenfeld ist (beachten Sie, dass hier nur die Offenheit von D erforderlich ist!). b) Nach a) kann es höchstens im Fall a = b eine Stammfunktion geben. In diesem Fall gilt v(x) = ax/kxk3 . Wir wenden nun das Verfahren aus der Vorlesung zur Bestimmung einer Stammfunktion an, siehe unteres Beispiel auf Seite 132 im Skript zur VL Mathematik 2 im Sommersemester 2012 von Prof. Vexler. R 1. Schritt: Ansatz für Stammfunktion: F = v1 (x1 , x2 ) dx1 Erklärung: Wenn v ein Gradientenfeld ist, also ∇F = v, so ist insbesondere ∂1 F = v1 . Integration dieser Gleichung bezüglich x1 führt auf den obigen Ansatz. Seite 3 von 10 Als Ansatz für F erhalten wir Z F (x1 , x2 ) = ax1 Z v1 (x1 , x2 ) dx1 = (x21 + 3 x22 ) 2 dx1 = − q a x21 + x22 + c(x2 ). Zur letzten Gleichung: Da nur bezüglich x1 integriert wird, ist x2 beim Integrieren als fest anzusehen. Man erhält die letzte Gleichung daher wahlweise aus der Stammfunktionstabelle der Formelsammlung oder durch Verwendung der Substitution s := x21 + x22 , ds = 2 dx1 . Dabei ergibt sich eine von x2 abhängige Funktion als Integrations„konstante“, denn bei Ableiten nach x1 verschwindet c(x2 ) ja. 2. Schritt: Gleichung für c0 (x2 ) durch ∂2 F = v2 herleiten Erklärung: Dank Schritt 1 genügt F der Gleichung ∂1 F = v1 . Um ∇F = v zu erreichen, ist noch ∂2 F = v2 sicherzustellen. Dies liefert eine Gleichung für c0 (x2 ). Partielles Ableiten von F nach x2 und Einsetzen von v2 führt auf ∂2 F (x1 , x2 ) = ax2 (x21 + x22 ) ! + c0 (x2 ) = 3 2 ax2 3 (x21 + x22 ) 2 = v2 (x1 , x2 ). Wir erhalten daraus die Gleichung c0 (x2 ) = 0. (An dieser Stelle passiert es manchmal, dass für c0 (x2 ) eine Gleichung entsteht, die auch x1 enthält; tritt das auf, so existiert keine Stammfunktion!) 3. Schritt: Funktion c(x2 ) aus c(x2 ) = Wir erhalten wegen c0 (x2 ) = 0: R 0 c (x2 ) dx2 bestimmen, Stammfunktion angeben Z c(x2 ) = 0 dx2 = c ∈ R. Insgesamt ergibt sich damit die Stammfunktion F (x1 , x2 ) = − q a x21 + x22 +c=c− a . kxk Fazit aus Schritt 1-3: Wenn die notwendige Bedingung a = b erfüllt ist, hat v die angegebene Stammfunktion F . Insbesondere gibt es im Falle a = b stets eine Stammfunktion – die notwendige Bedingung ist hier also hinreichend. Bemerkung: Natürlich kann man in Schritt 1 auch v2 nach x2 integrieren. Man erhält dann eine Funktion c(x1 ), für deren Ableitung man in Schritt 2 eine Gleichung herleitet. In Schritt 3 wird dann c0 (x1 ) bezüglich x1 integriert, um c(x1 ) und damit F zu bestimmen. c) Nach b) besitzt v im Fall Jv = JvT eine Stammfunktion F . Da w geschlossen ist, folgt R w v · dx = F (w(d)) − F (w(c)) = 0, siehe auch die Bemerkung in Z 1.1 b). Seite 4 von 10 Aufgabe Z 1.3: Ermitteln Sie in Teil a) und b) zunächst, ob das angegebene Kraftfeld in G1 bzw. G2 konservativ ist. Beantworten Sie dann die Frage in Teil c). a) k(x1 , x2 ) := −x2 x1 c kxk2 ! mit c ∈ R; G1 := R2 \ {0}, G2 := R2 \ {(t, 0)T : t ≤ 0}. 3x1 + 4x22 + 5x33 7 T 3 3 b) K(x1 , x2 , x3 ) := 8x1 x2 + sin x2 + 17 7 x3 ; G1 := R \{0}, G2 := R \{(t, 0, 0) : t ∈ R}. 15x1 x23 + 17x2 x63 + 3x73 c) Hängt die Arbeit, die in K zur Bewegung eines Massepunkts von A ∈ R3 nach B ∈ R3 geleistet werden muss, vom verwendeten Weg ab? Lösung Z 1.3: Wiederholung: Es sei D ⊂ Rn eine offene Menge und v : D → Rn ein stetiges Vektorfeld. Dann nennt man das Feld v genau dann konservativ, wenn es ein Gradientenfeld ist. a) Der Fall c = 0 liefert k = 0. Dieses Feld ist auf R2 definiert und dort natürlich konservativ, denn F : R2 → R, F (x) := c ∈ R ist eine Stammfunktion. Es gilt also ∇F (x) = k(x) für alle x ∈ R2 und daher auch für alle x ∈ G1 , G2 , d. h. k ist auf G1 und G2 konservativ. Wir behandeln nun c 6= 0. Für c 6= 0 handelt es sich bei dem Kraftfeld k um den sogenannten isolierten Wirbel. Man rechnet direkt nach, dass k in G1 die notwendige Bedingung Jk = JkT erfüllt. Trotzdem besitzt k in G1 keine Stammfunktion! Dies erkennt man z. B., indem man v entlang der (vollständig in G1 enthaltenen!) Einheitskreislinie integriert, also entlang von w : [0, 2π] → R2 , w(t) := (cos t, sin t)T : Da das Integral von k über die geschlossene Kurve w nicht Null ist, kann k auf G1 kein Gradientenfeld sein. Für G2 funktioniert diese Argumentation allerdings nicht mehr, weil die Einheitskreislinie nicht vollständig zu G2 gehört. In der Tat ist k auf G2 ein Gradientenfeld! Dies folgt daraus, dass Jk = JkT gilt für das stetig differenzierbare Vektorfeld k in dem einfach zusammenhängenden Gebiet G2 , siehe Satz A 5.2 des Skripts zur Mathematik 2 von Prof. Vexler. Dabei heißt eine offene, wegzusammenhängende Menge D ⊂ Rn „einfach zusammenhängend“, wenn jede geschlossene, vollständig in D verlaufende Kurve sich auf einen Punkt zusammenziehen lässt, ohne dass D verlassen wird. Die offene, wegzusammenhängende Menge G2 besitzt diese Eigenschaft, denn G2 beschreibt die Ebene R2 , aus der die nichtpositive x1 -Halbachse entfernt wurde (Anschauung!). Bemerkung: Für ein stetig differenzierbares Vektorfeld v ist die Bedingung Jv = JvT auf einer offenen Menge notwendig für die Existenz einer Stammfunktion. Ist die Menge sogar einfach zusammenhängend, so ist Jv = JvT auch hinreichend dafür. b) Das Feld K ist auf R3 definiert und stetig differenzierbar. Man rechnet leicht nach, dass JK (x) für alle x ∈ R3 symmetrisch ist. Da R3 einfach zusammenhängt, folgt aus der bereits in a) benutzten Aussage, dass K auf R3 eine Stammfunktion besitzt. Insbesondere besitzt K daher auf G1 und G2 eine Stammfunktion (obwohl G2 nicht einfach zusammenhängt!). Alternativ kann man auch argumentieren, dass es wegen Jv = JvT eine Stammfunktion auf der einfach zusammenhängenden Menge G1 gibt. Aus G2 ⊂ G1 folgt dann die Existenz einer Stammfunktion auch auf G2 . R c) Die in K bei Bewegung eines Massepunkts von A nach B erforderliche Arbeit ist w K · dx, wobei w : [a, b] → R3 A und B verbindet, d. h. w(a) = A und w(b) = B. Da K nach R b) konservativ ist (Stammfunktion F ), hängt die erforderliche Arbeit wegen w K · dx = F (w(b)) − F (w(a)) = F (B) − F (A) nur von A und B, nicht aber vom verwendeten Weg ab: „In konservativen Feldern ist die Arbeit unabhängig vom gewählten Weg.“ Seite 5 von 10 Tutoraufgaben (22.10. - 26.10.): Aufgabe T 1.1: a) Begründen Sie zunächst ohne Integration, warum das Vektorfeld v : R3 → R3 , x22 x33 cos x1 − 4x31 x3 2x2 x33 sin x1 v(x) := 3x22 x23 sin x1 − x41 + x23 ein Gradientenfeld ist, und bestimmen Sie dann eine Stammfunktion. b) Berechnen Sie R w v · dx längs w : [0, π] → R3 , w(t) := (2t, et , t − π)T möglichst geschickt. c) Besitzt v auf dem nicht einfach zusammenhängenden Gebiet R3 \ {(t, 2t, 3t)T : t ∈ R} eine Stammfunktion? Lösung T 1.1: a) Das Vektorfeld v ist offenbar stetig differenzierbar auf dem einfach zusammenhängenden Gebiet R3 ; die Jakobimatrix von v lautet ∗ 2x2 x33 cos x1 3x22 x23 cos x1 − 4x31 ∗ 6x2 x23 sin x1 . Jv = 2x2 x33 cos x1 3x22 x23 cos x1 − 4x31 6x2 x23 sin x1 ∗ Da Jv symmetrisch ist, besitzt v gemäß einem Satz aus der Vorlesung eine Stammfunktion. („Symmetrie der Jacobimatrix ist auf einfach zusammenhängenden Gebieten hinreichend für die Existenz von Stammfunktionen.“) Um die Stammfunktion F : R3 → R zu bestimmen, folgen wir dem Schema aus Aufgabe Z 1.2. Ausgangspunkt ist der Ansatz Z F (x1 , x2 , x3 ) = v1 (x1 , x2 , x3 ) dx1 = x22 x33 sin x1 − x41 x3 + c(x2 , x3 ) mit einer von x2 und x3 abhängigen Integrationskonstante c(x2 , x3 ). Partielle Differentiation von F nach x2 liefert die Bedingung ! ∂2 F (x1 , x2 , x3 ) = 2x2 x33 sin x1 + ∂2 c(x2 , x3 ) = v2 (x1 , x2 , x3 ), also ∂2 c(x2 , x3 ) = 0. Mit anderen Worten, c ist unabhängig von x2 : c(x2 , x3 ) = c(x3 ). Partielle Differentiation von F nach x3 führt nun auf die Bedingung ! ∂3 F (x1 , x2 , x3 ) = 3x22 x23 sin x1 − x41 + c0 (x3 ) = v3 (x1 , x2 , x3 ), also c0 (x3 ) = x23 . Daraus erhalten wir c(x3 ) = 13 x33 + c mit einer frei wählbaren Integrationskonstanten c ∈ R. Insgesamt definiert 1 F (x1 , x2 , x3 ) = x22 x33 sin x1 − x41 x3 + x33 + c 3 eine Stammfunktion von v. Seite 6 von 10 b) Das Kurvenintegral lässt sich durch Auswertung der Stammfunktion F am Anfangs- und am Endpunkt der Kurve berechnen: Wir definieren A := w(0) = (0, 1, −π)T und B := w(π) = (2π, eπ , 0)T , was F (A) = − 31 π 3 + c und F (B) = c liefert. Damit ergibt sich Z π3 . 3 v · dx = F (B) − F (A) = w c) Ja, denn wie in a) begründet und auch berechnet, besitzt v eine Stammfunktion auf R3 , also insbesondere auch auf jeder Teilmenge von R3 . Aufgabe T 1.2: Es sei das Vektorfeld v : R2 → R2 gegeben durch v(x) := (2x2 , ex1 )T . a) Untersuchen Sie die Jacobi-Matrix Jv von v auf Symmetrie. Ist v konservativ auf R2 ? b) Ist v wegunabhängig integrierbar auf R2 ? c) Berechnen Sie jeweils das Kurvenintegral über v von (0, 0)T nach (1, 1)T , einerseits längs der direkten Verbindungsstrecke, andererseits längs des Streckenzuges über (1, 0)T . Begründen Sie, dass das Ergebnis nicht im Widerspruch zu b) steht. Lösung T 1.2: a) Die Jacobi-Matrix des stetig differenzierbaren Vektorfeldes v ist für alle (x1 , x2 )T ∈ R2 gegeben durch ∂1 v1 (x1 , x2 ) ∂2 v1 (x1 , x2 ) ∂1 v2 (x1 , x2 ) ∂2 v2 (x1 , x2 ) Jv (x1 , x2 ) = ! = 0 ex1 ! 2 . 0 Diese Matrix ist offenbar nicht für alle (x1 , x2 )T ∈ R2 symmetrisch, d. h. die notwendige Bedingung für Konservativität ist verletzt. Daher ist das Vektorfeld v auf R2 nicht konservativ. b) Da v kein Gradientenfeld ist auf der offenen, wegzusammenhängenden Menge R2 , ist v gemäß der Vorlesung auch nicht wegunabhängig integrierbar auf R2 , vergleiche Satz A 5.1 im Skript von Prof. Vexler. c) Es bezeichne w1 die direkte Verbindungsstrecke zwischen A := (0, 0)T und B := (1, 1)T und w2 den Streckenzug bestehend aus w2,1 von A nach (1, 0)T gefolgt von w2,2 von (1, 0)T nach B. Wir wählen die folgenden Parametrisierungen: w1 : [0, 1] → R2 , w2,1 : [0, 1] → R2 , w1 (t) = (t, t)T , w2,1 (t) = (t, 0)T , w2,2 : [0, 1] → R2 , w2,2 (t) = (1, t)T . Damit errechnen wir: Z v · dx = w1 Z w2 Z 1 2t + et dt = e, 0 v · dx = Z w2,1 v · dx + Z v · dx = w2,2 Seite 7 von 10 Z 1 0 + e dt = e. 0 Offenbar liefern also beide Wege dasselbe Ergebnis! Das ist allerdings „Zufall“ und widerspricht nicht der Aussage aus b), dass v nicht wegunabhängig integrierbar auf R2 ist. Denn das besagt nur, dass es mindestens ein Punktepaar im R2 und mindestens ein diese Punkte verbindendes Paar von Wegen gibt, so dass die Kurvenintegrale entlang dieser beiden Wege verschiedene Werte haben. Zur „Beruhigung“ kann man z. B. den Streckenzug w3 von A nach (0, 1)T nach B betrachten. R Das zugehörige Kurvenintegral liefert w3 v · dx = 3, also einen von e verschiedenen Wert. Aufgabe T 1.3: Es sei D ⊂ Rn offen und v : D → Rn stetig und konservativ (Stammfunktion F ). Ferner sei w : [a, b] → Rn eine in D verlaufende, zweimal stetig differenzierbare Kurve, die dem Newtonschen Bewegungsgesetz w00 (t) = v (w(t)) genüge. Zeigen Sie, dass mit dem Potential von v gegeben durch P := −F der folgende Energie-Erhaltungssatz erfüllt ist: 1 0 kw (b)k2 − kw0 (a)k2 = P (w(a)) − P (w(b)) . 2 Lösung T 1.3: Zu zeigen ist 1 0 (∗) kw (b)k2 − kw0 (a)k2 = F (w(b)) − F (w(a)) . 2 Der rechten Seite sieht man an, dass ein Zusammenhang zu Kurvenintegralen besteht. Wir formen die linke Seite daher mittels Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung wie folgt um: 1 0 1 kw (b)k2 − kw0 (a)k2 = 2 2 Z b d a dt kw0 (t)k2 dt. Wir berechnen die Ableitung auf der rechten Seite mittels kw0 (t)k2 = ni=1 (wi0 (t))2 . Dies führt d auf dt kw0 (t)k2 = 2w00 (t)T w0 (t). Unter Verwendung des Newtonschen Bewegungsgesetzes erhalten wir somit P 1 0 kw (b)k2 − kw0 (a)k2 = 2 Z b 00 T 0 Z b Da F eine Stammfunktion von v ist, gilt a R w 0 Z v (w(t)) w (t) dt = w (t) w (t) dt = a T v · dx. w v · dx = F (w(b)) − F (w(a)). Damit ist (∗) bewiesen. Anschauliche Interpretation: Wir fassen w(t), t ∈ [a, b], als Bahn eines Teilchens (mit Einheitsmasse, also m = 1) in dem Kraftfeld v auf. Da w den Ort des Teilchens darstellt, beschreibt w00 die Beschleunigung des Teilchens. Das Newtonsche Bewegungsgesetz w00 (t) = v (w(t)) entspricht also der Beziehung ma = F (hierbei steht F natürlich für die wirkende Kraft, nicht für die verwendete Stammfunktion). Da kw0 (t)k den Betrag der Geschwindigkeit des Teilchens zum Zeitpunkt t darstellt, beschreibt die linke Seite des Energie-Erhaltungssatzes die Differenz der kinetischen Energie des Teilchens am Anfangs- und am Endpunkt der Bewegung. Ist diese positiv, so hat sich die Geschwindigkeit des Teilchens im Laufe der Bewegung erhöht; seine kinetische Energie hat sich vergrößert. Dazu passend besagt die rechte Seite des Energie-Erhaltungssatzes, die dann ja auch positiv sein muss, dass das Potential am Anfang der Bewegung größer war als am Ende; die potentielle Energie hat abgenommen und zwar genau um den Betrag, um den die kinetische Energie zugenommen hat. Insbesondere ist die Summe aus potentieller und kinetischer Energie des Teilchens konstant, d. h. das System konserviert seine Energie. Seite 8 von 10 Hausaufgaben: Aufgabe H 1.1: a) Bestimmen Sie eine Stammfunktion des Vektorfeldes ! 2 2 v:R →R , v(x) := e x1 x2 sin x2 − x1 cos x2 . x1 sin x2 + x2 cos x2 b) Berechnen Sie w v · dx für w : [0, 2] → R2 , w(t) := (1, 0)T + t(1, 2)T , sowohl direkt als auch mit Hilfe der Stammfunktion. R Lösung H 1.1: a) Wir folgen dem in Aufgabe Z 1.2 vorgestellten Rechenschema zur Berechnung einer Stammfunktion F von v. Wir beginnen mit dem Ansatz Z F (x1 , x2 ) = v1 (x1 , x2 ) dx1 = ex1 x2 sin x2 − (ex1 x1 − ex1 ) cos x2 + c(x2 ). Partielle Differentiation nach x2 liefert die Bedingung ! ∂2 F (x1 , x2 ) = ex1 (sin x2 + x2 cos x2 ) + (ex1 x1 − ex1 ) sin x2 + c0 (x2 ) = v2 (x1 , x2 ), also c0 (x2 ) = 0. Folglich gilt c(x2 ) = c ∈ R und damit F (x1 , x2 ) = ex1 (x2 sin x2 − (x1 − 1) cos x2 ) + c, wobei die Integrationskonstante c ∈ R beliebig gewählt werden kann. b) Unter Berücksichtigung von w0 (t) = (1, 2)T ergibt sich für das betrachtete Kurvenintegral Z w v · dx = Z 2 e1+t (2t sin 2t − (1 + t) cos 2t) + 2e1+t ((1 + t) sin 2t + 2t cos 2t) dt = . . . , 0 was nach langer Rechnung zum Ziel führt. Wesentlich bequemer errechnet man mit Hilfe der Stammfunktion F den Wert des Kurvenintegrals: Z v · dx = F (w(2)) − F (w(0)) = e3 (4 sin 4 − 2 cos 4). w Seite 9 von 10 Aufgabe H 1.2: a) Untersuchen Sie das folgende Kraftfeld auf Wegunabhängigkeit des Kurvenintegrals: k : R3 \ {0} → R3 , k(x) := x . kxk b) Bestimmen Sie die Arbeit, die im Kraftfeld k für die Bewegung eines Massepunkts von A = (−1, −1, 0)T nach B = (−1, 1, 0)T erforderlich ist, einerseits längs der direkten Verbindungsstrecke, andererseits längs des Kreisbogens eines geeigneten in der x1 -x2 -Ebene liegenden Kreises um den Ursprung. Lösung H 1.2: a) k definiert ein stetig differenzierbares Vektorfeld auf dem einfach zusammenhängenden(!) Gebiet R3 \{0}. Es gilt ki (x) = xi /kxk für i ∈ {1, 2, 3}. Ableiten ergibt ∂j ki (x) = −xi xj /kxk3 für i, j ∈ {1, 2, 3} und alle x ∈ R3 \ {0}. Dies zeigt wegen ∂j ki (x) = ∂i kj (x) die Symmetrie der Jacobimatrix von k. Also ist k gemäß Vorlesung ein Gradientenfeld in R3 \ {0} (nach Satz A 5.2) und als solches insbesondere wegunabhängig integrierbar (nach Satz A 5.1 oder nach der Bemerkung in Z 1.1 b)). b) Wir berechnen zunächst das Integral über k längs der direkten Verbindungsstrecke zwischen den Punkten A = (−1, −1, 0)T und B = (−1, 1, 0)T im R3 , die sich wie folgt parametrisieren lässt: w1 : [0, 1] → R3 , w1 (t) := (−1, −1 + 2t, 0)T . Unter Verwendung der Substitution s(t) = 2 − 4t + 4t2 ergibt sich Z k · dx = Z 1 w1 0 −2 + 4t √ dt = 2 − 4t + 4t2 Z 2 2 1 √ ds = 0. 2 s Aufgrund der wegunabhängigen Integrierbarkeit von k besitzt das Integral über k längs beliebiger Wege von A nach B in R3 \ {0} stets den Wert 0, insbesondere also auch längs des zu betrachtenden Kreisbogens. Um dieses Ergebnis √ zu überprüfen, betrachten wir den in der x1 -x2 -Ebene liegenden Kreis um 0 mit Radius 2, der die Punkte A und B enthält. Es gibt nun mehrere Möglichkeiten, auf diesem Kreis von A nach B zu laufen. Wir entscheiden uns für den kürzesten Weg, der sich wie folgt parametrisieren lässt: 5π 3π w2 : − , − → R3 , 4 4 w2 (t) := √ 2 cos(−t), T √ 2 sin(−t), 0 . Hiermit errechnen wir Z w2 k · dx = Z − 3π 4 1 − 5π 4 √ (2 cos(−t) sin(−t) − 2 sin(−t) cos(−t)) dt = 0, 2 was das obige Ergebnis bestätigt. Seite 10 von 10