Über die Ukraine, Putin und westliche Illusionen,Bernd Lucke im

Werbung
Über die Ukraine, Putin und
westliche Illusionen
von MiMo – Im Gefolge des Machtkampfes in der Ukraine sowie
der darauf folgenden russischen Reaktion zeigt sich im Westen
allgemein, und in Deutschland ganz besonders, eine teilweise
schon bedenkliche Naivität gegenüber Russland und seinem
Präsidenten Wladimir Putin. Damit meine ich ausdrücklich nicht
jenen deutschen Altbundeskanzler, der Putin einst zum
lupenreinen Demokraten ernannte – diese Einschätzung ist nicht
naiv, sondern schlichtweg zynisch. Doch wenn man die
Diskussion nicht zuletzt auch in unserer eigenen Partei
verfolgt, dann stellt man fest, dass dort viel von russischen
Befindlichkeiten die Rede ist, von russischer Seele gar. Und
wenn dann mal die russische Machtpolitik dem nahen Ausland
gegenüber angesprochen wird, dann leider mit einem Maß an
Verständnis, das mich nicht zuletzt auch aus persönlichen
Gründen heraus bestürzt. Den Wesenskern dieser Machtpolitik
gilt es deutlich zu benennen; wir erleben die praktische
Umsetzung eines sowjetisch-russischen Geschichtsrevisionismus,
der bereits seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion inhärent
Bestandteil russischer Außenpolitik war, unter Wladimir Putin
allerdings ganz offen zur Leitlinie russischen Strebens wurde.
Und dieser Geschichtsrevisionismus bedroht nicht nur die
Ukraine, sondern alle Nachbarländer Russlands und in
endgültiger Konsequenz auch uns.
Diesen Film haben wir schon gesehen
Der Film, den der Regisseur Putin aktuell auf der Krim
inszeniert, ist keinesfalls neu. Er lief bereits mehrmals,
wenn auch mit anderen Darstellern und weit weniger
publikumswirksam, allerdings immer mit beinahe identischem
Drehbuch.
In der moldauischen Heimat meiner Gattin läuft der Streifen
seit gut zwanzig Jahren unter dem Titel Transnistrien. Als die
mehrheitlich rumänischsprachige Republik Moldau im Zuge der
Auflösung der Sowjetunion ihre Unabhängigkeit erklärte,
entstand in einem kleinen Landstrich östlich des Nistru, einem
Gebiet mit knapper slawophoner Mehrheit, eine separatistische
Bewegung. Angeführt wurde diese von Igor Smirnov, einem aus
Sibirien stammenden Russen, der gerade zwei Jahre zuvor als
Kombinatsdirektor nach Tiraspol gekommen war. In die
Auseinandersetzung zwischen Regierung und Separatisten griff
die russische Armee unter General Lebed ein – offiziell als
neutrale Friedenstruppe, de facto als Schutzmacht Smirnovs.
Seither beherrscht die transnistrische Frage das politische
Leben in der Republik Moldau, und verzehrt politische
Energien, die sinnvoller für notwendige rechtliche und
wirtschaftliche Reformen genutzt werden könnten. Zudem
belastet sie die europäischen Perspektiven des Landes mit
einem ungelösten Territorialkonflikt.
Im kaukasischen Georgien kennt man ähnliche, russisch
unterstützte Inszenierungen in den Teilrepubliken Abchasien
und Südossetien. Auch dort dienen die beiden Konfliktherde der
Destabilisierung des ganzen Landes; zudem nutzen die Freunde
Putins im Westen die schwelenden Konflikte, um eine
Integration des Landes in westliche Sicherheitsstrukturen
unter Berufung auf die kritische Lage zu hintertreiben.
Auch in den baltischen Staaten gab es während des Zerfalls der
Sowjetunion Versuche, in den damaligen Interfronten die
ansässige
russophone
Minderheit
gegen
die
Unabhängigkeitsbestrebungen zu positionieren. Allerdings war,
nicht zuletzt aufgrund der Eigenstaatlichkeit Estlands,
Lettlands und Litauens in der Zwischenkriegszeit, der Westen
bereit, diesen Ländern relativ rasch die Integration in EU und
NATO zu ermöglichen. Dies sollte jedoch niemanden in
Sicherheit wiegen – als 2007 in der estnischen Hauptstadt
Tallinn ein sowjetisches Kriegerdenkmal von der Innenstadt auf
einen Soldatenfriedhof verlegt wurde, kam es nicht nur zu
Krawallen ortsansässiger Russen, sondern auch zu massiven
Hackerattacken auf estnische Regierungsseiten. Die
Koordination
dieser
Angriffe
beanspruchte
die
Jugendorganisation von Putins Partei Einiges Russland für
sich.
Wir, bzw. die Nachbarn Russlands, erleben es also immer
wieder: ähnliche Szenarien, und fast wortgleiche Begründungen.
Worum ging es den Gründervätern Transnistriens? Um den Schutz
vor „rumänischen Faschisten“. Gegen wen richteten sich die
Krawalle in Tallinn? Na klar, gegen „estnische Faschisten“.
Klingt vertraut, nicht wahr?
Parallelen zu Weimar
Die bisweilen zu vernehmende Gleichsetzung von Waldimir Putin
mit Adolf Hitler ist, man muss es nicht extra betonen,
unsinnig. Wenn man denn in Russland einen Wiedergänger Hitlers
finden will, dann ist dieser eher in der Person Wladimir
Schirinowskis zu suchen. Putin ist ein kluger und kühl
kalkulierender Autokrat, kein amoklaufender Fanatiker.
Eine andere Parallele ist jedoch mehr als statthaft: jene
zwischen dem nachsowjetischen Russland und der Weimarer
Republik, bzw. zwischen der Sowjetunion und dem
wilhelminischen Kaiserreich. Sebastian Haffner hat das
revisionistische Weltbild weiter Kreise in der Weimarer
Republik sehr schön zusammengefasst: wir waren dabei, den
Krieg zu gewinnen, und dann kam diese neue Regierung aus SPD,
Zentrum und Liberalen und gab alles verloren. Heute wissen
wir, dass dieses Weltbild auf verkürzten und fehlerhaften
Informationen beruhte – war es doch Ludendorff gewesen, der
nach dem britischen Durchbruch durch die Siegfriedstellung ein
sofortiges Waffenstillstandsgesuch gefordert hatte. An der
politischen Wirkmächtigkeit des Weimarer Revisionismus ändert
dies natürlich nichts.
Frappierend ist, dass sich im nachsowjetischen Russland ein
ähnliches Weltbild sowohl in weiten Teilen der politischen
Klasse als auch unter vielen Bürgern des Landes geformt hat.
Das russische Narrativ sieht in etwa so aus: wir waren bis
Mitte der 1980er Jahre eine Weltmacht, dann kam dieser
Gorbatschow und brachte alles durcheinander, und als Ergebnis
steht die NATO jetzt in Riga, und auch Kiew oder Tiflis
gehören uns nicht mehr. Ähnlich wie in Weimar beruht auch die
russische Version mehr auf Mythen denn auf Fakten –
Gorbatschows Reformen zielten ja gerade darauf, das als
Weltmacht gescheiterte Riesenreich irgendwie zusammen zu
halten; allerdings bildeten sich in den nichtrussischen
Republiken zumindest des Westteils der Sowjetunion zumeist
deutliche Mehrheiten, die nicht länger von Moskau aus regiert
werden wollten – und es war das verständliche
Sicherheitsbedürfnis der baltischen Staaten, das diese
regelrecht in die NATO trieb, ähnlich wie dies für Polen,
Ungarn und andere ehemalige Staaten des sogenannten Ostblocks
galt.
Allein, auch der russische Geschichtsrevisionismus ist äußerst
wirkmächtig, und hat in Wladimir Putin seinen bislang
stärksten Exekutor gefunden. Der russische Präsident sieht im
Zerfall der Sowjetunion eigenen Worten zufolge die größte
geopolitische Katastrophe des zwanzigsten Jahrhunderts. Frage:
ist der Zerfall der Sowjetunion eine größere Katastrophe als
z.B. die beiden Weltkriege? In den Augen von Wladimir Putin
schon, auch wenn dies mehr oder weniger deutliche Mehrheiten
im nahen Ausland ganz anders sehen.
Und da der Zerfall der Sowjetunion eine solche Katastrophe
war, muss es das Ziel russischer Politik sein, dies zu
revidieren – zumindest in den Augen Putins, der politischen
Klasse Russlands und leider auch eines nicht unbeträchtlichen
Teils der russischen Bürger. Und im Zentrum dieser
Revisionsbemühungen steht nun mal die Ukraine.
Russische Optionen
Altbundeskanzler Helmut Schmidt hat die damalige Sowjetunion
einmal passend als „Obervolta mit Atomraketen“ bezeichnet.
Diese Charakterisierung passt auch heute noch sehr gut – die
konventionelle Kampfkraft der russischen Streitkräfte mag zwar
fragwürdig sein, angesichts des horrenden militärischen
Aufwands, den das Land eingehen muss, um seine kaukasischen
Provinzen unter Kontrolle zu behalten. Doch allein schon der
Status als Atommacht macht Russland gegenüber militärischen
Bedrohungsszenarien mehr oder weniger immun. Ganz am Rande ist
dies übrigens ein sehr triftiger Grund, eine denkbare atomare
Bewaffnung des Iran mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln
zu verhindern.
Wirtschaftlich dagegen ist Russland zugegeben nicht unbedingt
ein Obervolta, jedoch weit von westlichen Größenordnungen
entfernt. Seine Wirtschaft ist beileibe nicht so
leistungsfähig wie die der USA oder Westeuropas, und seine
Entwicklung mit der Dynamik Chinas nicht zu vergleichen.
Leicht auszudenken, wie das Land ohne seinen Energiereichtum
dastünde.
Es ist jedoch dieser Energiereichtum, der Russland zusätzliche
politische Machtmöglichkeiten gibt. Nicht umsonst ertönen bei
uns im Rahmen des aktuellen Konflikts um die Krim Mahnungen,
Russland könnte im Fall wirtschaftlicher Sanktionen des
Westens „den Gashahn zudrehen“. Diese Mahnungen sind nicht
unberechtigt; schon seit langem nutzt Russland den Gashahn als
Waffe gegen unbotmäßige Länder im nahen Ausland. Es wäre von
erschreckender Naivität anzunehmen, dass Putin dem Westen
gegenüber diese Möglichkeit nicht zumindest in Erwägung ziehen
würde.
Denn eines muss man Wladimir Putin zugestehen: er nutzt die
Möglichkeiten, sobald sie sich ihm bieten. Und noch nie waren
die
Möglichkeiten
des
sowjetisch-russischen
Geschichtsrevisionismus so günstig wie jetzt.
Die Europäische Union, die Putin durchaus als Gegenspieler
wahrnimmt, hat über ihre ohnehin schwache außenpolitische
Potenz hinaus genug mit ihren inneren Problemen zu kämpfen.
Eine EU, die unter Staatschuldenkrise und dem die Völker
Europas trennenden Eurosystem leidet, kann der aktuellen
russischen Politik kaum die Stirn bieten.
Wichtiger noch ist die derzeitige außenpolitische Lähmung der
USA unter der Fleisch gewordenen Katastrophe namens Barrack
Obama. Unter der Ägide des amtierenden US-Präsidenten werden
enge Verbündete bespitzelt, während zugleich entschiedenen
Feinden des Westens zumindest indirekt zur Macht verholfen
wird, Stichwort Ägypten. Eine der ersten Amtshandlungen Obamas
war der einseitige Verzicht auf den Raketenabwehrschirm in
Polen und Tschechien. Eines steht fest: gedankt hat Putin ihm
dieses Entgegenkommen nicht unbedingt. Und nun möchte Obama
die Größe des amerikanischen Militärs auf den Stand vor dem
Zweiten Weltkrieg reduzieren – um dies zu veranschaulichen:
vor Pearl Harbour lag die Sollstärke der US-Streitkräfte unter
derjenigen der Niederlande…
Wenn nicht jetzt, wann dann, mag sich Wladimir Putin gedacht
haben, als der willfährige ukrainische Präsident Janukowitsch
gestürzt wurde. Und damit hat er leider nicht ganz unrecht –
und nicht nur die Ukraine ist davon betroffen, sondern auf
mittlere Sicht auch unsere Nachbarn und Verbündeten im
Baltikum, in Polen etc.pp.
Westliche Optionen
Leider allzu weit verbreitet ist, nicht zuletzt auch in
unserer Partei, die Ansicht, mit etwas mehr Entgegenkommen
seitens des Westens ließe sich der russisch-sowjetische
Revisionismus gewissermaßen mildern oder einhegen. Lassen wir
ihm doch die Krim, so hört man, schließlich war die Halbinsel
doch jahrhundertelang russisch. Das stimmt ja auch – zuvor lag
sie, ebenfalls jahrhundertelang, in der Einflusszone des
Osmanischen Reiches, was hoffentlich Ministerpräsident Erdogan
jetzt nicht gehört hat. Nein, der Verweis auf historische
Besitzansprüche ist nicht statthaft; wobei ich zumindest davon
ausgehe, dass Putin von einer formellen Annektion der Krim
absehen wird. Der Status Quo – also eine Krim, die sich der
Kontrolle Kiews komplett entzieht – dürfte ihm viel gelegener
kommen.
Noch weniger statthaft sind Vergleiche des russischen
Vorgehens auf der Krim mit den westlichen Interventionen in
Afghanistan oder im Irak. Weder beherbergt die Ukraine
internationale Terroristen, noch hat sie kleine Nachbarländer
überfallen oder Giftgas gegen nationale Minderheiten
eingesetzt. Von daher sind Analogien nach der Machart die
Amerikaner intervenieren ja auch nicht bloß unstatthaft,
sondern nachgerade frivol.
Denn der Westen expandiert ja nicht offensiv – er zieht den
Zuzug an. Dies mag für uns, gerade als Kritiker des Brüsseler
Zentralismus, schwer nachvollziehbar sein. Aber für viele
Menschen in der Ukraine, in Moldau, im Kaukasus – Menschen,
die sich der Schwächen des Brüsseler Systems übrigens durchaus
bewusst sind, wir sollten unsere Nachbarn hier nicht für dumm
halten – ist die Europäische Union allemal eine attraktivere
Option als die von Wladimir Putin angestrebte Wiederbelebung
der Sowjetunion unter dem Namen Eurasische Union. Und damit
wir dies nicht vergessen: auch die Bürger Russlands könnten zu
grübeln anfangen, ob das System Putin wirklich der Weisheit
letzter Schluss ist – früher oder später werden sie dies tun.
Ein fester Standpunkt scheint mir von daher in der aktuellen
Situation dringend geboten. Dazu gehört eine verstärkte
wirtschaftliche Kooperation mit den Ländern des nahen
Auslands, um diesen die Möglichkeit zu geben, sich aus
Abhängigkeiten sowohl vom russischen Absatzmarkt als auch von
russischen Energielieferungen zu lösen. Selbstredend muss auch
Russland eine verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit
angeboten werden – dies aber eben unter der Voraussetzung,
dass Russland die Unabhängigkeit und territoriale Integrität
seiner Nachbarländer respektiert. Unter dem System Putin
scheint mir dies leider mehr als zweifelhaft.
Doch nicht nur in der Außenpolitik ist Festigkeit gefordert –
die Angst vor dem russischen Griff zum Gashahn ist ja, wie
bereits erwähnt, nicht ganz unberechtigt. Unter diesem Aspekt
ist gerade Deutschland aufgerufen, seine Energiepolitik zu
überdenken. Wer Atomausstieg und Frackingverbot fordert, muss
sich der Abhängigkeiten bewusst sein, die damit verbunden
sind. Und das sind Abhängigkeiten, die unser Land in eine der
Ukraine nicht ganz unähnliche Lage bringen könnten.
Wladimir Putin sitzt in Russland fest im Sattel – das ist eine
Tatsache, um die niemand herumkommt, ähnlich wie seinerzeit
ein Leonid Breschnew mit festem Griff die Sowjetunion
beherrschte. Und so wie der Westen, selbst in den kältesten
Tagen des kalten Krieges, mit den damaligen Herrschern des
Kremls im Gespräch blieb, so muss auch heute der Dialog mit
Putin fortgesetzt werden. Dies allerdings von einem festen
Standpunkt aus, und ohne jede Illusion. Wladimir Putin, das
sollte jedem – so er nicht im Dienst von Gazprom steht –
mittlerweile klar sein, ist eben kein lupenreiner Demokrat. Er
ist ein Autokrat mit einer klaren, revisionistischen Agenda –
diese Agenda zu ignorieren, können wir uns nicht leisten.
Bernd Lucke im Handelsblatt:
Warnung
vor
dem
zentralistischen Überstaat
Gastbeitrag von Prof. Dr. Bernd Lucke in der Online-Ausgabe
des Handelsblatt:
“Die schleichende Sozialdemokratisierung der Union und die
marktwirtschaftliche Entkernung der FDP haben Spuren
hinterlassen. Ein Teil der Wähler mit marktwirtschaftlichen
Überzeugungen hat sich der AfD zugewandt. Ein anderer Teil
verharrt abwartend im Lager der Nichtwähler. Der dritte,
größte Teil verliert gemeinsam mit Union und FDP das Gespür
für die Bedeutung von Wettbewerb und Marktwirtschaft. Denn die
Standfestigkeit dieser Parteien ist dahin. Sie agieren
konturlos, um nur ja keine Wähler zu verprellen. Ein klares
Bekenntnis zu dem, was richtig und erfolgversprechend ist,
stört die politische und gesellschaftliche Harmonie.
Die AfD verstößt gegen dieses Harmoniegebot. Sie eckt an, weil
sie darauf Wert legt, dass man in einer Marktwirtschaft
Verantwortung und Haftung nicht trennen darf. Sie wird als
anti-europäisch diffamiert, weil sie die Einheitswährung in
Frage stellt und Südeuropa durch flexible Wechselkurse
wettbewerbsfähig machen möchte.”
Volltext hier.
Achse
des
Guten:
“Meinungsfreiheit
im
freiheitlichen Staat”
Sehr lesenswerter Beitrag von Vera Lengsfeld auch achgut.com:
“In Deutschland tut man sich immer schwerer damit zu
begreifen, dass zur Meinungsfreiheit eben auch der Schutz von
abwegigen, abstrusen, stark von der Mehrheitsmeinung
abweichenden Meinungen gehört. Es kommt nicht darauf an, ob
eine Meinung grundlos, harmlos, gefährlich, verfassungskonform
oder -feindlich, abwertend, polemisch oder gar abstoßend ist.
Ein freiheitlicher Diskurs hat das zu ertragen. Es gibt keine
„richtigen“ oder „falschen“ Meinungen. Ein freiheitlicher
Staat verhält sich indifferent gegenüber diesen Kategorien.”
Volltext hier.
Cicero: Nur der Markt schafft
Freiheit
Alexander Kissler auf Cicero Online:
“Freiheit gibt es nicht geschenkt, nicht abgepackt, nicht
zugeteilt. Da hat Goethe unübertroffen recht: „Nur der
verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern
muss.“ Schlimmer ist darum kein Selbstbetrug als das Märchen
vom Staat, der Freiheit schafft, indem er Freiheiten
beschneidet; vom Staat, der Gerechtigkeit erzwingt, indem er
ungerecht wird; vom Staat, der sozial wird, indem er
nivelliert und Neidkomplexe nährt. Stattdessen sollte die
Losung Wilhelm Röpkes gelten: „Wenn wir zur Marktwirtschaft
stehen, so deshalb, weil sie eine der unerlässlichen
Voraussetzungen für Freiheit, Recht, Menschenachtung, Friede
und Gerechtigkeit ist.“”
Volltext hier.
Achse des Guten: Die große
Mogelpackung
Vera Lengsfeld auf der Achse des Guten über die große
Koalition:
“Selbstständigkeit, Selbstbestimmung, Freiheit, kommen im
Koalitionsvertrag nicht vor. Statt dessen eine endlose Liste
politischer Gängeleien auf allen Ebenen, bis hin zur
Wirtschaft. Neben dem Mindestlohn soll sie nun auch noch die
„Charta der Vielfalt” sowie den “Diversity-Gedanken“
implementieren.”
Volltext hier.
Gedanken über das E-Wort
Von MiMo – „Weder aus Frankreich noch aus England, noch aus
Deutschland dürfen Sie Einwanderungsländer machen. Das
ertragen die Gesellschaften nicht. Dann entartet die
Gesellschaft!“ – Als Altbundeskanzler Helmut Schmidt diese
Worte sagte – am 12. September 1992, ausgerechnet in der
Frankfurter Rundschau – fegte kein Sturm der Entrüstung über
ihn hinweg. Wobei seine Aussage durchaus zweifelhaft ist –
Frankreich, Großbritannien, Deutschland und viele andere
Länder
Westeuropas
sind
bereits
seit
langem
Einwanderungsländer. Leider wollen viele Politiker dies nicht
wahr haben, oder zumindest tun sie so. Andere, die in der
Frage vermeintlich weltoffener sind, verstehen sehr häufig
nicht, wie ein Einwanderungsland überhaupt funktioniert; von
der tatsächlichen Einwanderungspolitik der USA, Kanadas oder
Australiens haben die meisten grünen oder roten Parlamentarier
offenbar herzlich wenig Ahnung. Aber das ist eine andere
Geschichte.
Fakt ist: der Altbundeskanzler hat es gesagt, das E-Wort. Und
keinem ist es aufgefallen. Anders war dies dann 15 Jahre
später, als der Erzbischof von Köln, Joachim Kardinal Meisner,
anlässlich der Einweihung des neuen Kolumba-Museums sagte:
„Dort, wo die Kultur vom Kultus, von der Gottesverehrung
abgekoppelt wird, erstarrt der Kult im Ritualismus und die
Kultur entartet.“ – Vermutlich haben die wenigsten seinerzeit
verstanden, was der Erzbischof in der ihm eigenen, etwas
verquasten Diktion eigentlich sagen wollte. Entscheidend aber
war: das E-Wort! Und im Gegensatz zu Schmidt waren weite Teile
der Medien nicht bereit, einem erzkonservativen Erzbischof das
E-Wort durchgehen zu lassen.
Wofür Kardinal Meisner öffentlich angegriffen wurde, das
durfte dann einige Jahre später ein zwar gleichfalls als
konservativ geltender, aber auch als wackerer Euroretter
bekannter Finanzminister ungestraft sagen. O-Ton Wolfgang
Schäuble bei einer Gedenkveranstaltung zum Bau der Berliner
Mauer: „Das Gedenken an den Bau der Berliner Mauer lädt
unweigerlich zum Nachdenken über Entartungen von Macht und
Politik ein. Es sind solche Entartungen, die die Mauer
vermeintlich notwendig und dann auch möglich gemacht haben,
und nur sie haben ihren Bestand für viel zu lange 28 Jahre
sichern können.“ – Man kann Schäuble in Bezug auf den Mauerbau
nur zustimmen, wobei sich die Frage nach der Entartung von
Macht und Politik sicher auch im Zusammenhang mit dem Bruch
des Maastrichter Vertrages stellen lässt. Entscheidend aber
auch hier der feine Unterschied: Schäuble durfte das Wort
verwenden, das man Meisner um die Ohren gehauen hatte.
Und nun, bei Bernd Lucke, greifen die Beissreflexe eines Teils
der Medien wieder – ihm ist E-Wort, anders als Schmidt oder
Schäuble, nicht erlaubt. Bei seiner Rede am 9.Juli dieses
Jahres im Aachener Eurogress erklärte der Sprecher der AfD:
„Wir wollen erreichen, dass die etablierten Parteien in ihren
Entartungen und in ihren Verkrustungen von uns infrage
gestellt werden, und dass wir das realisieren, was diese
Parteien längst aus den Augen verloren haben, nämlich eine
nachhaltige, transparente, bürgernahe, rechtstaatliche und
wahrhaft demokratische Politik, eine Politik des gesunden
Menschenverstandes.“ – Man muss schon ein arger Anhänger, wenn
nicht gar Funktionsträger einer der etablierten Parteien sein,
um Lucke nicht zuzustimmen. Denn er hat ja recht: Transparenz,
Rechtstaatlichkeit und Bürgernähe sind grundlegende Tugenden,
die den etablierten Parteien in jüngster Zeit spürbar abhanden
gekommen sind. Nichts ist transparent an der Art, wie unsere
politische Elite in der Eurokrise handelt, nichts ist
rechtstaatlich am Zustandekommen der diversen EurorettungsMechanismen. Und von Bürgernähe merken all diejenigen, deren
private oder betriebliche Altersvorsorge der Eurorettung zum
Opfer fällt, auch herzlich wenig.
Aber um den Inhalt dessen, was Lucke gesagt hat, geht es
seinen „Kritikern“ auch gar nicht – sie nutzen das E-Wort, um
Lucke und die Alternative für Deutschland zu diffamieren.
Dabei interpretiert dann z.B. der WDR, oder vermutlich Frank
Plasbergs eigene Produktionsgesellschaft, auch mal recht
salopp das Urheberrecht. Der Rechteinhaber des Videos der oben
zitierten Aachener Rede fiel aus allen Wolken, als er bei Hart
aber fair den besagten Ausschnitt aus seinem Film sah. Um
Überlassung der Filmrechte gebeten hatte ihn niemand.
Was lernen wir aus all dem? Wenn Bernd Lucke und Joachim
Kardinal Meisner für ein Wort an den medialen Pranger gestellt
werden, das die gleichen Meinungsmacher Helmut Schmidt und
Wolfgang Schäuble unbesehen durchgehen lassen, dann geht es
offenkundig nicht um das Gesagte. Es geht nur um die
Diffamierung einer Person und ihrer Positionen. Wundern Sie
sich also bitte nicht, wenn ARD oder ZDF, der Stern, die Zeit
oder die Süddeutsche in naher Zukunft einen Skandal vermelden,
weil ein AfD-Mitglied im Restaurant Heilbutt bestellt hat…
Ein Film, zwei Bücher, und
ein Gedanke über die Freiheit
Es ist fast 30 Jahre her, dass Michael Radfords großartige
Verfilmung von George Orwells Roman 1984 in den Kinos lief,
mit John Hurt, Richard Burton und Suzanna Hamilton in den
Hauptrollen. Die Klasse des Werks erkannte ich seinerzeit
allerdings noch nicht. Typisches Kind des wohlhabenden
Westens, hatte ich mir Orwells Ozeanien nicht so ärmlich
vorgestellt. Winstons Nachbarschaft, der Victory-Block, hatte
vor meinem geistigen Auge ausgesehen wie Chorweiler oder der
Kölnberg, und die allgegenwärtigen Televisoren hatte ich mir
vorgestellt wie moderne Fernsehgeräte. Daher kamen mir die
Ärmlichkeit und Tristesse, die Radfords Film ausstrahlte, eher
unrealistisch vor.
Erst Jahre später, anläßlich eines Besuchs in Albanien, das
gerade dabei war, sich von den Fesseln des Stalinismus zu
befreien, wurde mir klar, wie realistisch die Darstellung in
1984 war. Die verfallenen Häuser, die ärmlichen Wohnungen –
mit Ausnahme derjenigen O’Briens, der ja zur Parteielite
gehörte – die winzigen, grauen Büronischen und die
jämmerlichen Kantinen: ja, genau so sahen sozialistische
Länder aus. Dieser Eindruck bestätigte sich im Laufe der
Folgejahre bei diversen Besuchen in Ländern des ehemaligen
Ostblocks und besonders der früheren Sowjetunion. Sozialismus
bedeutet in endgültiger Konsequenz nicht nur Tyrannei, sondern
ebenso Armut, zumindest für die Massen.
Und wann immer ich jemanden aus dem Umfeld der politischen
Linken von den Errungenschaften des Sozialismus schwadronieren
höre, bekomme ich – pardon – das Kotzen. Bedenken Sie bitte
nur mal, dass die ruhmreiche Sowjetunion es in Jahrzehnten
nicht fertig gebracht hat, im Heimatdorf meiner Gattin
flächendeckende Versorgung mit Trinkwasser und Entsorgung
Abwasser zu sorgen. Was Ersteres angeht, versorgten sich
Menschen am Dorfbrunnen, wie bei uns im 19. Jahrhundert;
Zweiteres angeht, überlasse ich Ihrer Vorstellungskraft.
für
von
die
was
Die Erinnerung an Radfords Verfilmung von Orwells Meisterwerk
überfiel mich unlängst wieder, als ich Barbara Demicks Buch
Die Kinogänger von Chongjin las, eine Schilderung des
alltäglichen Lebens in Nordkorea. Das Buch basiert auf
Gesprächen, die die Autorin mit Menschen geführt hat, denen
die Flucht aus dem Horrorstaat der kommunistischen
Familiendynastie Kim gelungen ist. Es sind Schilderungen, die
in ihrer Eindringlichkeit kaum zu ertragen sind und den Leser
nicht mehr loslassen.
Als in den 1990er Jahren die benötigte Wirtschaftshilfe des
zusammenbrechenden Ostblocks ausbleibt, und daraufhin das
sozialistische Wirtschaftssystem in sich zusammenfällt – die
Vorschulkinder, die die Lehrerin Mi-Ran unterrichtet,
verhungern mehrheitlich – da entwickelt sich, aus purem
Überlebenswillen, Eigeninitiative. Und aus kleinen Märkten
werden große, und durch die Kraft der Eigeninitiative und der
temporär geduldeten Ansätze von Marktwirtschaft kommen,
vorwiegend aus China, Produkte ins Land, von denen das
geschundene Volk vorher kaum träumen konnte.
Doch die Hoffnung, dass sich nach all der Not die Dinge
vielleicht zum Besseren wenden, ist natürlich trügerisch.
Nachdem Kim Jong-Il seine Macht gefestigt hat, werden die in
den Vorjahren gewonnenen wirtschaftlichen Freiheiten peu á peu
wieder abgeschafft, und mittels einer Währungsreform werden
die Ersparnisse der Bürger enteignet. Letztlich bleibt den
Helden des Buches – und diese Bezeichnung ist durchaus
wörtlich zu nehmen – nur noch die eine Option: die bereits
erwähnte Mi-Ran, ihre platonische Liebe Jun-Sang, die
Kinderärztin Dr. Kim, der obdachlose Waisenjunge Kim-Hyuck,
selbst die einstmals linientreue Frau Song – sie alle
entschließen sich für den riskanten Weg in die Freiheit. Eine
Freiheit, die beileibe nicht immer einfach zu meistern ist –
aber allemale besser als das Schicksal im Sklavenstaat
Nordkorea.
Sowohl Orwells Roman als auch Demicks Tatsachenberichte
sollten uns eine Mahnung sein: Freiheit hat man nicht einfach
so – sie ist ein flüchtiges Element, man muss sie erkämpfen
und verteidigen, jeden Tag aufs neue.
Herunterladen