Über die Ukraine, Putin und westliche Illusionen von MiMo – Im Gefolge des Machtkampfes in der Ukraine sowie der darauf folgenden russischen Reaktion zeigt sich im Westen allgemein, und in Deutschland ganz besonders, eine teilweise schon bedenkliche Naivität gegenüber Russland und seinem Präsidenten Wladimir Putin. Damit meine ich ausdrücklich nicht jenen deutschen Altbundeskanzler, der Putin einst zum lupenreinen Demokraten ernannte – diese Einschätzung ist nicht naiv, sondern schlichtweg zynisch. Doch wenn man die Diskussion nicht zuletzt auch in unserer eigenen Partei verfolgt, dann stellt man fest, dass dort viel von russischen Befindlichkeiten die Rede ist, von russischer Seele gar. Und wenn dann mal die russische Machtpolitik dem nahen Ausland gegenüber angesprochen wird, dann leider mit einem Maß an Verständnis, das mich nicht zuletzt auch aus persönlichen Gründen heraus bestürzt. Den Wesenskern dieser Machtpolitik gilt es deutlich zu benennen; wir erleben die praktische Umsetzung eines sowjetisch-russischen Geschichtsrevisionismus, der bereits seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion inhärent Bestandteil russischer Außenpolitik war, unter Wladimir Putin allerdings ganz offen zur Leitlinie russischen Strebens wurde. Und dieser Geschichtsrevisionismus bedroht nicht nur die Ukraine, sondern alle Nachbarländer Russlands und in endgültiger Konsequenz auch uns. Diesen Film haben wir schon gesehen Der Film, den der Regisseur Putin aktuell auf der Krim inszeniert, ist keinesfalls neu. Er lief bereits mehrmals, wenn auch mit anderen Darstellern und weit weniger publikumswirksam, allerdings immer mit beinahe identischem Drehbuch. In der moldauischen Heimat meiner Gattin läuft der Streifen seit gut zwanzig Jahren unter dem Titel Transnistrien. Als die mehrheitlich rumänischsprachige Republik Moldau im Zuge der Auflösung der Sowjetunion ihre Unabhängigkeit erklärte, entstand in einem kleinen Landstrich östlich des Nistru, einem Gebiet mit knapper slawophoner Mehrheit, eine separatistische Bewegung. Angeführt wurde diese von Igor Smirnov, einem aus Sibirien stammenden Russen, der gerade zwei Jahre zuvor als Kombinatsdirektor nach Tiraspol gekommen war. In die Auseinandersetzung zwischen Regierung und Separatisten griff die russische Armee unter General Lebed ein – offiziell als neutrale Friedenstruppe, de facto als Schutzmacht Smirnovs. Seither beherrscht die transnistrische Frage das politische Leben in der Republik Moldau, und verzehrt politische Energien, die sinnvoller für notwendige rechtliche und wirtschaftliche Reformen genutzt werden könnten. Zudem belastet sie die europäischen Perspektiven des Landes mit einem ungelösten Territorialkonflikt. Im kaukasischen Georgien kennt man ähnliche, russisch unterstützte Inszenierungen in den Teilrepubliken Abchasien und Südossetien. Auch dort dienen die beiden Konfliktherde der Destabilisierung des ganzen Landes; zudem nutzen die Freunde Putins im Westen die schwelenden Konflikte, um eine Integration des Landes in westliche Sicherheitsstrukturen unter Berufung auf die kritische Lage zu hintertreiben. Auch in den baltischen Staaten gab es während des Zerfalls der Sowjetunion Versuche, in den damaligen Interfronten die ansässige russophone Minderheit gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen zu positionieren. Allerdings war, nicht zuletzt aufgrund der Eigenstaatlichkeit Estlands, Lettlands und Litauens in der Zwischenkriegszeit, der Westen bereit, diesen Ländern relativ rasch die Integration in EU und NATO zu ermöglichen. Dies sollte jedoch niemanden in Sicherheit wiegen – als 2007 in der estnischen Hauptstadt Tallinn ein sowjetisches Kriegerdenkmal von der Innenstadt auf einen Soldatenfriedhof verlegt wurde, kam es nicht nur zu Krawallen ortsansässiger Russen, sondern auch zu massiven Hackerattacken auf estnische Regierungsseiten. Die Koordination dieser Angriffe beanspruchte die Jugendorganisation von Putins Partei Einiges Russland für sich. Wir, bzw. die Nachbarn Russlands, erleben es also immer wieder: ähnliche Szenarien, und fast wortgleiche Begründungen. Worum ging es den Gründervätern Transnistriens? Um den Schutz vor „rumänischen Faschisten“. Gegen wen richteten sich die Krawalle in Tallinn? Na klar, gegen „estnische Faschisten“. Klingt vertraut, nicht wahr? Parallelen zu Weimar Die bisweilen zu vernehmende Gleichsetzung von Waldimir Putin mit Adolf Hitler ist, man muss es nicht extra betonen, unsinnig. Wenn man denn in Russland einen Wiedergänger Hitlers finden will, dann ist dieser eher in der Person Wladimir Schirinowskis zu suchen. Putin ist ein kluger und kühl kalkulierender Autokrat, kein amoklaufender Fanatiker. Eine andere Parallele ist jedoch mehr als statthaft: jene zwischen dem nachsowjetischen Russland und der Weimarer Republik, bzw. zwischen der Sowjetunion und dem wilhelminischen Kaiserreich. Sebastian Haffner hat das revisionistische Weltbild weiter Kreise in der Weimarer Republik sehr schön zusammengefasst: wir waren dabei, den Krieg zu gewinnen, und dann kam diese neue Regierung aus SPD, Zentrum und Liberalen und gab alles verloren. Heute wissen wir, dass dieses Weltbild auf verkürzten und fehlerhaften Informationen beruhte – war es doch Ludendorff gewesen, der nach dem britischen Durchbruch durch die Siegfriedstellung ein sofortiges Waffenstillstandsgesuch gefordert hatte. An der politischen Wirkmächtigkeit des Weimarer Revisionismus ändert dies natürlich nichts. Frappierend ist, dass sich im nachsowjetischen Russland ein ähnliches Weltbild sowohl in weiten Teilen der politischen Klasse als auch unter vielen Bürgern des Landes geformt hat. Das russische Narrativ sieht in etwa so aus: wir waren bis Mitte der 1980er Jahre eine Weltmacht, dann kam dieser Gorbatschow und brachte alles durcheinander, und als Ergebnis steht die NATO jetzt in Riga, und auch Kiew oder Tiflis gehören uns nicht mehr. Ähnlich wie in Weimar beruht auch die russische Version mehr auf Mythen denn auf Fakten – Gorbatschows Reformen zielten ja gerade darauf, das als Weltmacht gescheiterte Riesenreich irgendwie zusammen zu halten; allerdings bildeten sich in den nichtrussischen Republiken zumindest des Westteils der Sowjetunion zumeist deutliche Mehrheiten, die nicht länger von Moskau aus regiert werden wollten – und es war das verständliche Sicherheitsbedürfnis der baltischen Staaten, das diese regelrecht in die NATO trieb, ähnlich wie dies für Polen, Ungarn und andere ehemalige Staaten des sogenannten Ostblocks galt. Allein, auch der russische Geschichtsrevisionismus ist äußerst wirkmächtig, und hat in Wladimir Putin seinen bislang stärksten Exekutor gefunden. Der russische Präsident sieht im Zerfall der Sowjetunion eigenen Worten zufolge die größte geopolitische Katastrophe des zwanzigsten Jahrhunderts. Frage: ist der Zerfall der Sowjetunion eine größere Katastrophe als z.B. die beiden Weltkriege? In den Augen von Wladimir Putin schon, auch wenn dies mehr oder weniger deutliche Mehrheiten im nahen Ausland ganz anders sehen. Und da der Zerfall der Sowjetunion eine solche Katastrophe war, muss es das Ziel russischer Politik sein, dies zu revidieren – zumindest in den Augen Putins, der politischen Klasse Russlands und leider auch eines nicht unbeträchtlichen Teils der russischen Bürger. Und im Zentrum dieser Revisionsbemühungen steht nun mal die Ukraine. Russische Optionen Altbundeskanzler Helmut Schmidt hat die damalige Sowjetunion einmal passend als „Obervolta mit Atomraketen“ bezeichnet. Diese Charakterisierung passt auch heute noch sehr gut – die konventionelle Kampfkraft der russischen Streitkräfte mag zwar fragwürdig sein, angesichts des horrenden militärischen Aufwands, den das Land eingehen muss, um seine kaukasischen Provinzen unter Kontrolle zu behalten. Doch allein schon der Status als Atommacht macht Russland gegenüber militärischen Bedrohungsszenarien mehr oder weniger immun. Ganz am Rande ist dies übrigens ein sehr triftiger Grund, eine denkbare atomare Bewaffnung des Iran mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern. Wirtschaftlich dagegen ist Russland zugegeben nicht unbedingt ein Obervolta, jedoch weit von westlichen Größenordnungen entfernt. Seine Wirtschaft ist beileibe nicht so leistungsfähig wie die der USA oder Westeuropas, und seine Entwicklung mit der Dynamik Chinas nicht zu vergleichen. Leicht auszudenken, wie das Land ohne seinen Energiereichtum dastünde. Es ist jedoch dieser Energiereichtum, der Russland zusätzliche politische Machtmöglichkeiten gibt. Nicht umsonst ertönen bei uns im Rahmen des aktuellen Konflikts um die Krim Mahnungen, Russland könnte im Fall wirtschaftlicher Sanktionen des Westens „den Gashahn zudrehen“. Diese Mahnungen sind nicht unberechtigt; schon seit langem nutzt Russland den Gashahn als Waffe gegen unbotmäßige Länder im nahen Ausland. Es wäre von erschreckender Naivität anzunehmen, dass Putin dem Westen gegenüber diese Möglichkeit nicht zumindest in Erwägung ziehen würde. Denn eines muss man Wladimir Putin zugestehen: er nutzt die Möglichkeiten, sobald sie sich ihm bieten. Und noch nie waren die Möglichkeiten des sowjetisch-russischen Geschichtsrevisionismus so günstig wie jetzt. Die Europäische Union, die Putin durchaus als Gegenspieler wahrnimmt, hat über ihre ohnehin schwache außenpolitische Potenz hinaus genug mit ihren inneren Problemen zu kämpfen. Eine EU, die unter Staatschuldenkrise und dem die Völker Europas trennenden Eurosystem leidet, kann der aktuellen russischen Politik kaum die Stirn bieten. Wichtiger noch ist die derzeitige außenpolitische Lähmung der USA unter der Fleisch gewordenen Katastrophe namens Barrack Obama. Unter der Ägide des amtierenden US-Präsidenten werden enge Verbündete bespitzelt, während zugleich entschiedenen Feinden des Westens zumindest indirekt zur Macht verholfen wird, Stichwort Ägypten. Eine der ersten Amtshandlungen Obamas war der einseitige Verzicht auf den Raketenabwehrschirm in Polen und Tschechien. Eines steht fest: gedankt hat Putin ihm dieses Entgegenkommen nicht unbedingt. Und nun möchte Obama die Größe des amerikanischen Militärs auf den Stand vor dem Zweiten Weltkrieg reduzieren – um dies zu veranschaulichen: vor Pearl Harbour lag die Sollstärke der US-Streitkräfte unter derjenigen der Niederlande… Wenn nicht jetzt, wann dann, mag sich Wladimir Putin gedacht haben, als der willfährige ukrainische Präsident Janukowitsch gestürzt wurde. Und damit hat er leider nicht ganz unrecht – und nicht nur die Ukraine ist davon betroffen, sondern auf mittlere Sicht auch unsere Nachbarn und Verbündeten im Baltikum, in Polen etc.pp. Westliche Optionen Leider allzu weit verbreitet ist, nicht zuletzt auch in unserer Partei, die Ansicht, mit etwas mehr Entgegenkommen seitens des Westens ließe sich der russisch-sowjetische Revisionismus gewissermaßen mildern oder einhegen. Lassen wir ihm doch die Krim, so hört man, schließlich war die Halbinsel doch jahrhundertelang russisch. Das stimmt ja auch – zuvor lag sie, ebenfalls jahrhundertelang, in der Einflusszone des Osmanischen Reiches, was hoffentlich Ministerpräsident Erdogan jetzt nicht gehört hat. Nein, der Verweis auf historische Besitzansprüche ist nicht statthaft; wobei ich zumindest davon ausgehe, dass Putin von einer formellen Annektion der Krim absehen wird. Der Status Quo – also eine Krim, die sich der Kontrolle Kiews komplett entzieht – dürfte ihm viel gelegener kommen. Noch weniger statthaft sind Vergleiche des russischen Vorgehens auf der Krim mit den westlichen Interventionen in Afghanistan oder im Irak. Weder beherbergt die Ukraine internationale Terroristen, noch hat sie kleine Nachbarländer überfallen oder Giftgas gegen nationale Minderheiten eingesetzt. Von daher sind Analogien nach der Machart die Amerikaner intervenieren ja auch nicht bloß unstatthaft, sondern nachgerade frivol. Denn der Westen expandiert ja nicht offensiv – er zieht den Zuzug an. Dies mag für uns, gerade als Kritiker des Brüsseler Zentralismus, schwer nachvollziehbar sein. Aber für viele Menschen in der Ukraine, in Moldau, im Kaukasus – Menschen, die sich der Schwächen des Brüsseler Systems übrigens durchaus bewusst sind, wir sollten unsere Nachbarn hier nicht für dumm halten – ist die Europäische Union allemal eine attraktivere Option als die von Wladimir Putin angestrebte Wiederbelebung der Sowjetunion unter dem Namen Eurasische Union. Und damit wir dies nicht vergessen: auch die Bürger Russlands könnten zu grübeln anfangen, ob das System Putin wirklich der Weisheit letzter Schluss ist – früher oder später werden sie dies tun. Ein fester Standpunkt scheint mir von daher in der aktuellen Situation dringend geboten. Dazu gehört eine verstärkte wirtschaftliche Kooperation mit den Ländern des nahen Auslands, um diesen die Möglichkeit zu geben, sich aus Abhängigkeiten sowohl vom russischen Absatzmarkt als auch von russischen Energielieferungen zu lösen. Selbstredend muss auch Russland eine verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit angeboten werden – dies aber eben unter der Voraussetzung, dass Russland die Unabhängigkeit und territoriale Integrität seiner Nachbarländer respektiert. Unter dem System Putin scheint mir dies leider mehr als zweifelhaft. Doch nicht nur in der Außenpolitik ist Festigkeit gefordert – die Angst vor dem russischen Griff zum Gashahn ist ja, wie bereits erwähnt, nicht ganz unberechtigt. Unter diesem Aspekt ist gerade Deutschland aufgerufen, seine Energiepolitik zu überdenken. Wer Atomausstieg und Frackingverbot fordert, muss sich der Abhängigkeiten bewusst sein, die damit verbunden sind. Und das sind Abhängigkeiten, die unser Land in eine der Ukraine nicht ganz unähnliche Lage bringen könnten. Wladimir Putin sitzt in Russland fest im Sattel – das ist eine Tatsache, um die niemand herumkommt, ähnlich wie seinerzeit ein Leonid Breschnew mit festem Griff die Sowjetunion beherrschte. Und so wie der Westen, selbst in den kältesten Tagen des kalten Krieges, mit den damaligen Herrschern des Kremls im Gespräch blieb, so muss auch heute der Dialog mit Putin fortgesetzt werden. Dies allerdings von einem festen Standpunkt aus, und ohne jede Illusion. Wladimir Putin, das sollte jedem – so er nicht im Dienst von Gazprom steht – mittlerweile klar sein, ist eben kein lupenreiner Demokrat. Er ist ein Autokrat mit einer klaren, revisionistischen Agenda – diese Agenda zu ignorieren, können wir uns nicht leisten. Bernd Lucke im Handelsblatt: Warnung vor dem zentralistischen Überstaat Gastbeitrag von Prof. Dr. Bernd Lucke in der Online-Ausgabe des Handelsblatt: “Die schleichende Sozialdemokratisierung der Union und die marktwirtschaftliche Entkernung der FDP haben Spuren hinterlassen. Ein Teil der Wähler mit marktwirtschaftlichen Überzeugungen hat sich der AfD zugewandt. Ein anderer Teil verharrt abwartend im Lager der Nichtwähler. Der dritte, größte Teil verliert gemeinsam mit Union und FDP das Gespür für die Bedeutung von Wettbewerb und Marktwirtschaft. Denn die Standfestigkeit dieser Parteien ist dahin. Sie agieren konturlos, um nur ja keine Wähler zu verprellen. Ein klares Bekenntnis zu dem, was richtig und erfolgversprechend ist, stört die politische und gesellschaftliche Harmonie. Die AfD verstößt gegen dieses Harmoniegebot. Sie eckt an, weil sie darauf Wert legt, dass man in einer Marktwirtschaft Verantwortung und Haftung nicht trennen darf. Sie wird als anti-europäisch diffamiert, weil sie die Einheitswährung in Frage stellt und Südeuropa durch flexible Wechselkurse wettbewerbsfähig machen möchte.” Volltext hier. Achse des Guten: “Meinungsfreiheit im freiheitlichen Staat” Sehr lesenswerter Beitrag von Vera Lengsfeld auch achgut.com: “In Deutschland tut man sich immer schwerer damit zu begreifen, dass zur Meinungsfreiheit eben auch der Schutz von abwegigen, abstrusen, stark von der Mehrheitsmeinung abweichenden Meinungen gehört. Es kommt nicht darauf an, ob eine Meinung grundlos, harmlos, gefährlich, verfassungskonform oder -feindlich, abwertend, polemisch oder gar abstoßend ist. Ein freiheitlicher Diskurs hat das zu ertragen. Es gibt keine „richtigen“ oder „falschen“ Meinungen. Ein freiheitlicher Staat verhält sich indifferent gegenüber diesen Kategorien.” Volltext hier. Cicero: Nur der Markt schafft Freiheit Alexander Kissler auf Cicero Online: “Freiheit gibt es nicht geschenkt, nicht abgepackt, nicht zugeteilt. Da hat Goethe unübertroffen recht: „Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muss.“ Schlimmer ist darum kein Selbstbetrug als das Märchen vom Staat, der Freiheit schafft, indem er Freiheiten beschneidet; vom Staat, der Gerechtigkeit erzwingt, indem er ungerecht wird; vom Staat, der sozial wird, indem er nivelliert und Neidkomplexe nährt. Stattdessen sollte die Losung Wilhelm Röpkes gelten: „Wenn wir zur Marktwirtschaft stehen, so deshalb, weil sie eine der unerlässlichen Voraussetzungen für Freiheit, Recht, Menschenachtung, Friede und Gerechtigkeit ist.“” Volltext hier. Achse des Guten: Die große Mogelpackung Vera Lengsfeld auf der Achse des Guten über die große Koalition: “Selbstständigkeit, Selbstbestimmung, Freiheit, kommen im Koalitionsvertrag nicht vor. Statt dessen eine endlose Liste politischer Gängeleien auf allen Ebenen, bis hin zur Wirtschaft. Neben dem Mindestlohn soll sie nun auch noch die „Charta der Vielfalt” sowie den “Diversity-Gedanken“ implementieren.” Volltext hier. Gedanken über das E-Wort Von MiMo – „Weder aus Frankreich noch aus England, noch aus Deutschland dürfen Sie Einwanderungsländer machen. Das ertragen die Gesellschaften nicht. Dann entartet die Gesellschaft!“ – Als Altbundeskanzler Helmut Schmidt diese Worte sagte – am 12. September 1992, ausgerechnet in der Frankfurter Rundschau – fegte kein Sturm der Entrüstung über ihn hinweg. Wobei seine Aussage durchaus zweifelhaft ist – Frankreich, Großbritannien, Deutschland und viele andere Länder Westeuropas sind bereits seit langem Einwanderungsländer. Leider wollen viele Politiker dies nicht wahr haben, oder zumindest tun sie so. Andere, die in der Frage vermeintlich weltoffener sind, verstehen sehr häufig nicht, wie ein Einwanderungsland überhaupt funktioniert; von der tatsächlichen Einwanderungspolitik der USA, Kanadas oder Australiens haben die meisten grünen oder roten Parlamentarier offenbar herzlich wenig Ahnung. Aber das ist eine andere Geschichte. Fakt ist: der Altbundeskanzler hat es gesagt, das E-Wort. Und keinem ist es aufgefallen. Anders war dies dann 15 Jahre später, als der Erzbischof von Köln, Joachim Kardinal Meisner, anlässlich der Einweihung des neuen Kolumba-Museums sagte: „Dort, wo die Kultur vom Kultus, von der Gottesverehrung abgekoppelt wird, erstarrt der Kult im Ritualismus und die Kultur entartet.“ – Vermutlich haben die wenigsten seinerzeit verstanden, was der Erzbischof in der ihm eigenen, etwas verquasten Diktion eigentlich sagen wollte. Entscheidend aber war: das E-Wort! Und im Gegensatz zu Schmidt waren weite Teile der Medien nicht bereit, einem erzkonservativen Erzbischof das E-Wort durchgehen zu lassen. Wofür Kardinal Meisner öffentlich angegriffen wurde, das durfte dann einige Jahre später ein zwar gleichfalls als konservativ geltender, aber auch als wackerer Euroretter bekannter Finanzminister ungestraft sagen. O-Ton Wolfgang Schäuble bei einer Gedenkveranstaltung zum Bau der Berliner Mauer: „Das Gedenken an den Bau der Berliner Mauer lädt unweigerlich zum Nachdenken über Entartungen von Macht und Politik ein. Es sind solche Entartungen, die die Mauer vermeintlich notwendig und dann auch möglich gemacht haben, und nur sie haben ihren Bestand für viel zu lange 28 Jahre sichern können.“ – Man kann Schäuble in Bezug auf den Mauerbau nur zustimmen, wobei sich die Frage nach der Entartung von Macht und Politik sicher auch im Zusammenhang mit dem Bruch des Maastrichter Vertrages stellen lässt. Entscheidend aber auch hier der feine Unterschied: Schäuble durfte das Wort verwenden, das man Meisner um die Ohren gehauen hatte. Und nun, bei Bernd Lucke, greifen die Beissreflexe eines Teils der Medien wieder – ihm ist E-Wort, anders als Schmidt oder Schäuble, nicht erlaubt. Bei seiner Rede am 9.Juli dieses Jahres im Aachener Eurogress erklärte der Sprecher der AfD: „Wir wollen erreichen, dass die etablierten Parteien in ihren Entartungen und in ihren Verkrustungen von uns infrage gestellt werden, und dass wir das realisieren, was diese Parteien längst aus den Augen verloren haben, nämlich eine nachhaltige, transparente, bürgernahe, rechtstaatliche und wahrhaft demokratische Politik, eine Politik des gesunden Menschenverstandes.“ – Man muss schon ein arger Anhänger, wenn nicht gar Funktionsträger einer der etablierten Parteien sein, um Lucke nicht zuzustimmen. Denn er hat ja recht: Transparenz, Rechtstaatlichkeit und Bürgernähe sind grundlegende Tugenden, die den etablierten Parteien in jüngster Zeit spürbar abhanden gekommen sind. Nichts ist transparent an der Art, wie unsere politische Elite in der Eurokrise handelt, nichts ist rechtstaatlich am Zustandekommen der diversen EurorettungsMechanismen. Und von Bürgernähe merken all diejenigen, deren private oder betriebliche Altersvorsorge der Eurorettung zum Opfer fällt, auch herzlich wenig. Aber um den Inhalt dessen, was Lucke gesagt hat, geht es seinen „Kritikern“ auch gar nicht – sie nutzen das E-Wort, um Lucke und die Alternative für Deutschland zu diffamieren. Dabei interpretiert dann z.B. der WDR, oder vermutlich Frank Plasbergs eigene Produktionsgesellschaft, auch mal recht salopp das Urheberrecht. Der Rechteinhaber des Videos der oben zitierten Aachener Rede fiel aus allen Wolken, als er bei Hart aber fair den besagten Ausschnitt aus seinem Film sah. Um Überlassung der Filmrechte gebeten hatte ihn niemand. Was lernen wir aus all dem? Wenn Bernd Lucke und Joachim Kardinal Meisner für ein Wort an den medialen Pranger gestellt werden, das die gleichen Meinungsmacher Helmut Schmidt und Wolfgang Schäuble unbesehen durchgehen lassen, dann geht es offenkundig nicht um das Gesagte. Es geht nur um die Diffamierung einer Person und ihrer Positionen. Wundern Sie sich also bitte nicht, wenn ARD oder ZDF, der Stern, die Zeit oder die Süddeutsche in naher Zukunft einen Skandal vermelden, weil ein AfD-Mitglied im Restaurant Heilbutt bestellt hat… Ein Film, zwei Bücher, und ein Gedanke über die Freiheit Es ist fast 30 Jahre her, dass Michael Radfords großartige Verfilmung von George Orwells Roman 1984 in den Kinos lief, mit John Hurt, Richard Burton und Suzanna Hamilton in den Hauptrollen. Die Klasse des Werks erkannte ich seinerzeit allerdings noch nicht. Typisches Kind des wohlhabenden Westens, hatte ich mir Orwells Ozeanien nicht so ärmlich vorgestellt. Winstons Nachbarschaft, der Victory-Block, hatte vor meinem geistigen Auge ausgesehen wie Chorweiler oder der Kölnberg, und die allgegenwärtigen Televisoren hatte ich mir vorgestellt wie moderne Fernsehgeräte. Daher kamen mir die Ärmlichkeit und Tristesse, die Radfords Film ausstrahlte, eher unrealistisch vor. Erst Jahre später, anläßlich eines Besuchs in Albanien, das gerade dabei war, sich von den Fesseln des Stalinismus zu befreien, wurde mir klar, wie realistisch die Darstellung in 1984 war. Die verfallenen Häuser, die ärmlichen Wohnungen – mit Ausnahme derjenigen O’Briens, der ja zur Parteielite gehörte – die winzigen, grauen Büronischen und die jämmerlichen Kantinen: ja, genau so sahen sozialistische Länder aus. Dieser Eindruck bestätigte sich im Laufe der Folgejahre bei diversen Besuchen in Ländern des ehemaligen Ostblocks und besonders der früheren Sowjetunion. Sozialismus bedeutet in endgültiger Konsequenz nicht nur Tyrannei, sondern ebenso Armut, zumindest für die Massen. Und wann immer ich jemanden aus dem Umfeld der politischen Linken von den Errungenschaften des Sozialismus schwadronieren höre, bekomme ich – pardon – das Kotzen. Bedenken Sie bitte nur mal, dass die ruhmreiche Sowjetunion es in Jahrzehnten nicht fertig gebracht hat, im Heimatdorf meiner Gattin flächendeckende Versorgung mit Trinkwasser und Entsorgung Abwasser zu sorgen. Was Ersteres angeht, versorgten sich Menschen am Dorfbrunnen, wie bei uns im 19. Jahrhundert; Zweiteres angeht, überlasse ich Ihrer Vorstellungskraft. für von die was Die Erinnerung an Radfords Verfilmung von Orwells Meisterwerk überfiel mich unlängst wieder, als ich Barbara Demicks Buch Die Kinogänger von Chongjin las, eine Schilderung des alltäglichen Lebens in Nordkorea. Das Buch basiert auf Gesprächen, die die Autorin mit Menschen geführt hat, denen die Flucht aus dem Horrorstaat der kommunistischen Familiendynastie Kim gelungen ist. Es sind Schilderungen, die in ihrer Eindringlichkeit kaum zu ertragen sind und den Leser nicht mehr loslassen. Als in den 1990er Jahren die benötigte Wirtschaftshilfe des zusammenbrechenden Ostblocks ausbleibt, und daraufhin das sozialistische Wirtschaftssystem in sich zusammenfällt – die Vorschulkinder, die die Lehrerin Mi-Ran unterrichtet, verhungern mehrheitlich – da entwickelt sich, aus purem Überlebenswillen, Eigeninitiative. Und aus kleinen Märkten werden große, und durch die Kraft der Eigeninitiative und der temporär geduldeten Ansätze von Marktwirtschaft kommen, vorwiegend aus China, Produkte ins Land, von denen das geschundene Volk vorher kaum träumen konnte. Doch die Hoffnung, dass sich nach all der Not die Dinge vielleicht zum Besseren wenden, ist natürlich trügerisch. Nachdem Kim Jong-Il seine Macht gefestigt hat, werden die in den Vorjahren gewonnenen wirtschaftlichen Freiheiten peu á peu wieder abgeschafft, und mittels einer Währungsreform werden die Ersparnisse der Bürger enteignet. Letztlich bleibt den Helden des Buches – und diese Bezeichnung ist durchaus wörtlich zu nehmen – nur noch die eine Option: die bereits erwähnte Mi-Ran, ihre platonische Liebe Jun-Sang, die Kinderärztin Dr. Kim, der obdachlose Waisenjunge Kim-Hyuck, selbst die einstmals linientreue Frau Song – sie alle entschließen sich für den riskanten Weg in die Freiheit. Eine Freiheit, die beileibe nicht immer einfach zu meistern ist – aber allemale besser als das Schicksal im Sklavenstaat Nordkorea. Sowohl Orwells Roman als auch Demicks Tatsachenberichte sollten uns eine Mahnung sein: Freiheit hat man nicht einfach so – sie ist ein flüchtiges Element, man muss sie erkämpfen und verteidigen, jeden Tag aufs neue.