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Wissenschaft und Fortbildung
BZB Mai 16
Endodontie im Milchgebiss
Von der Vitalerhaltung bis zur Pulpektomie
E i n B e i t r a g v o n D r. S v e n O . P a b e l u n d P r o f . D r. M i c h a e l H ü l s m a n n , G ö t t i n g e n
Die endodontische Behandlung von Milchzähnen
stellt den Zahnarzt oftmals vor große Herausforderungen und unterscheidet sich in vielen Aspekten
grundlegend von der endodontischen Behandlung
permanenter Zähne. Neben dem Alter und der
Compliance der jungen Patienten müssen die anatomischen Besonderheiten der Milchzähne und die
unterschiedlichen Anforderungen an die Therapie
berücksichtigt werden. Der folgende Beitrag soll
einen Überblick über ein zeitgemäßes Konzept der
Milchzahnendodontie vermitteln.
trägt mit 0,97 bis 1,10 mm fast das Doppelte der
Schmelzdicke der zweiten Milchmolaren [42]. Die
sehr weitlumigen Dentintubuli der Milchzähne
stellen eine teilweise bis zu fünfmal so große Eintrittspforte für die Bakterien dar wie bei bleibenden Zähnen. Das Volumen der Kronenpulpa ist zumeist sehr groß und das mesiale Pulpahorn sehr
ausladend. Die Milchmolaren weisen sehr grazile,
stark gekrümmte Wurzeln auf. In der Furkation
am Pulpakavumboden befinden sich häufig akzessorische Kanäle [72]. Damit sind auch die zumeist
interradikulär auftretenden Entzündungsprozesse
zu erklären (Abb. 1 und 4).
Zusätzlich sind noch biologische Besonderheiten
der Milchzahnpulpa zu beachten: Mit Beginn der
Resorption nimmt der zelluläre Anteil der Pulpa ab
und der Faseranteil nimmt zu. Die Nervendichte
ist deutlich geringer als bei bleibenden Zähnen
[33]. Aufgrund zunehmender neuronaler Degeneration wird die Reizantwort schwächer, das heißt,
die Resultate beispielsweise des Kältetests werden
unzuverlässiger.
Auch die Gefahr der Schädigung noch in Entwicklung befindlicher Keime nachfolgender Permanentes muss bei der Therapieplanung und -durchführung stets berücksichtigt werden. Schädigungen
können durch die endodontische Infektion, durch
Überinstrumentation, Extrusion von infiziertem
Debris, Spül lösungen und Füllmaterialien oder
durch mangelnde Biokompatibilität der verwendeten Materialien, zum Beispiel Formaldehyd, verursacht werden.
Die wichtigste Aufgabe der zahnärztlichen Behandlung im Milchgebiss ist die Erhaltung von Integrität und Funktion der primären Dentition bis zur
natürlichen Exfoliation der Milchzähne [4,32,70].
Hierzu sind bei fortgeschrittener Hartgewebezerstörung und/oder entzündlicher Veränderung der
Milchzahnpulpa unter Umständen auch endodontische Maßnahmen wie eine Überkappung, eine
Pulpaamputation oder sogar eine Pulpektomie mit
folgender Wurzelkanalbehandlung notwendig und
indiziert. Diese Therapiemaßnahmen müssen aber
für Milchzähne bezüglich Indikationsstellung, Durchführung, verwendeter Materialien et cetera grundlegend modifiziert werden.
Anatomische Besonderheiten
Die Anatomie der Milchzähne unterscheidet sich
in einigen endodontisch relevanten Punkten von
der der Permanentes [22] (Tab. 1): Die Schichtstärke
des Schmelzes der ersten bleibenden Molaren beGeringere Dicke von Schmelz und Dentin
Größeres Kronen-Wurzel-Verhältnis
 Die Karies erreicht schneller die Pulpa
Ausgedehntes Pulpakavum
 Risiko der Pulpaexposition
Grazile, kurze und gekrümmte Wurzelkanäle
 Schwer zu instrumentieren, hohes Perforationsrisiko
Gespreizte Molarenwurzeln
 Anatomische Nähe zu den Keimen der Permanentes
Furkationskanäle
 Ausbreitung der Entzündung in den interradikulären
Raum
Wurzelresorption
 Mit Beginn der Resorption Nachlassen der
Regenerationsfähigkeit der Pulpa
 Risiko der Überinstrumentierung und Extrusion
von Debris, Spüllösung und Füllmaterial
 Risiko der Schädigung der Permanentes
Tab. 1: Endodontisch relevante Besonderheiten der Milchzahnanatomie
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Abb. 1: Pathologische Veränderungen zeigen sich an Milchzähnen
häufig interradikulär.
Diagnostik
Eine exakte Diagnostik pulpaler Erkrankungen ist
im Milchgebiss nicht immer möglich:
· Die Reaktion der kindlichen Patienten auf die üblichen Pulpatests (Perkussion, Sensibilitätstest) ist
nicht immer zuverlässig und glaubwürdig (Abb. 2).
· Die Ermittlung des Pulpastatus mit dem Kältetest
ist weniger zuverlässig als der elektrische Sensibilitätstest mit Strom [21]. Die Genauigkeit des elektrischen Tests nimmt mit zunehmender Resorption
ab [33].
· Bei Verwendung des Kältetests besteht ein erhöhtes
Risiko falsch-positiver Antworten [33].
· Gerade bei jüngeren Kindern ist eine exakte Röntgendiagnostik nicht immer durchführbar. Häufig
finden sich Verzerrungen oder unvollständige Darstellungen der erwünschten Strukturen (Abb. 3).
· Röntgenbefunde geben keinen eindeutigen Aufschluss über den Schweregrad der pulpitischen Erkrankung, aber apikale/interradikuläre Aufhellungen und Resorptionen oder intraradikuläre Resorptionen sind zu erkennen. Zur Darstellung eines
Fistelgangs eignet sich ein eingeführter Guttaperchastift (Abb. 4).
· Eine therapeutisch wichtige Differenzierung zwischen partieller, koronaler und totaler irreversibler Pulpitis ist nicht sicher möglich.
· Ein recht zuverlässiges intraoperatives diagnostisches Kriterium stellt der Blutungsstatus der Pulpa
dar: Eine leichte, hellrote, schnell zu kontrollierende Blutung ist ein Hinweis auf eine koronale
Pulpitis, eine dunkelrote, profuse und nur schwer
zu stillende Blutung deutet eher auf eine Pulpitis
totalis (und damit eine Kontraindikation zur Pulpotomie) hin.
Abb. 2: Der Sensibilitätstest mit Kälte ist an Milchzähnen weniger
zuverlässig als an Permanentes.
Abb. 3:
Auch die Röntgendiagnostik erbringt bei Kindern
nicht immer eine optimale
Darstellung der Zähne.
Abb. 4: Darstellung eines
Fistelgangs mit einem eingeführten Guttaperchastift
Vitalerhaltung
Indirekte Überkappung
Vielfach werden die schrittweise, sich über mehrere
zeitlich auseinanderliegende Behandlungstermine
erstreckende Kariesexkavation (stepwise excavation)
[9,41] oder das Belassen von Karies empfohlen (hall
technique) [25,26]. Mithilfe der schrittweisen Exkavation lässt sich die Häufigkeit exkavationsbedingter Pulpaexpositionen deutlich reduzieren [60]. Die
indirekte Pulpabehandlung kann bei (schwieriger)
korrekter Diagnose zur Therapie einer reversiblen
Pulpitis empfohlen werden [17,19].
Eine Auseinandersetzung mit der kontrovers diskutierten Technik, kariöses Dentin im Zahn zu belassen, überschreitet den Rahmen dieses Beitrags.
Direkte Überkappung
Wird die Pulpa während der Kariesexkavation im
kariösen Dentin exponiert, sollte von einer direkten Überkappung abgesehen werden, da die Pulpa
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Indikationen
Kontraindikationen
· Die postendodontische
· Die Wurzelresorption hat
·
Restauration des Zahns
in Form und Funktion ist
möglich.
Eine Zahnerhaltung
bis zur physiologischen
Exfoliation erscheint
gesichert.
·
·
·
·
·
bereits mehr als ein Drittel
der Wurzellänge erfasst.
Eine Restauration erscheint
nicht mehr möglich.
Ein Erhalt des Zahns bis
zur Exfoliation erscheint
nicht realistisch.
Vorliegen interner, externer und interradikulärer
Resorptionen
Kinder mit erhöhtem
Infektionsrisiko (zum
Beispiel Leukämie)
Unzureichende Compliance
des Kindes
Tab. 2: Indikationen und Kontraindikationen
bereits irreversibel entzündet ist und aufgrund abnehmender Regenerationsleistung der Milchzahnpulpa ein Bridging nicht mehr zu erwarten ist. Das
Idealziel ist die vollständige Vitalerhaltung. Dieses
Ziel sollte zugunsten der partiellen Vitalerhaltung
durch eine Pulpotomie aufgegeben werden, da diese
erfolgversprechender ist [22,71].
Indikationen und Kontraindikationen zur
endodontischen Behandlung von Milchzähnen
Die Indikationen und Kontraindikationen für eine
endodontische Behandlung am Milchzahn sind in
Tabelle 2 zusammengefasst [22,32,33].
Ziele der endodontischen Behandlung
von Milchzähnen
Im Gegensatz zur endodontischen Therapie im bleibenden Gebiss sind die Zielsetzungen in der Milchzahnendodontie zeitlich limitiert (Tab. 3). Auch lässt
die geschilderte Komplexität endodontischer Erkrankungen im Milchgebiss vielfach nur Kompromisslösungen zu. Aus kieferorthopädischer Sicht hat der
· Erhaltung von Vitalität und Funktionalität bis zum natürlichen Zahnwechsel: Ist bereits eine endodontische Erkrankung eingetreten, kann
dieses oberste Ziel im Milchgebiss nicht immer erreicht werden.
· Partielle Vitalerhaltung und Erhalt der Funktionalität bis zum natürlichen
Zahnwechsel
· Funktionalität: Diese kann auch ohne Erhalt der Vitalität gesichert sein.
· Schmerz- und Entzündungsfreiheit
· Möglichst keimarmes intraorales Umfeld für die durchbrechenden Permanentes: Dieses Ziel sollte neben der Schmerz- und Entzündungsfreiheit ebenfalls immer im Vordergrund der Therapieplanung stehen.
· Vermeidung kieferorthopädischer Probleme bei frühzeitigem Zahnverlust
· Vermeidung ästhetischer, sprachlicher und psychologischer Probleme
bei frühzeitigem Milchzahnverlust
Tab. 3: Ziele der endodontischen Behandlung von Milchzähnen
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Erhalt der zweiten Milchmolaren bis zum Durchbruch der Sechsjahrmolaren (Erhalt der Sagittaldimension) und der Milcheckzähne (sonst Risiko der
Mittellinienverschiebung) Priorität. Ein frühzeitiger
Verlust der ersten Milchmolaren hingegen kann
vergleichsweise einfach durch Lückenhalter kompensiert werden.
Pulpotomie
Die Pulpotomie stellt sicherlich die am häufigsten
durchgeführte endodontische Behandlungsmaßnahme an Milchmolaren dar. Da sie sich auf die
Kronenpulpa beschränkt, ist sie in der Regel einfach durchzuführen, mit einem zu vernachlässigenden Risiko für die periapikalen Strukturen und die
nachfolgenden Zahnkeime assoziiert und weist dabei gleichzeitig eine akzeptable Erfolgsquote auf.
Anästhesie
Bei noch vitaler Pulpa (Pulpotomie) können sowohl
eine Infiltrationsanästhesie als auch eine intraligamentäre Anästhesie mit gutem Erfolg angewendet
werden. Aus psychologischen Gründen sollte das
Kind auf die Anästhesie adäquat vorbereitet sein
(Erklärung: Schlaftropfen, Oberflächenanästhesie)
und mit der Präparation nicht begonnen werden,
bevor eine ausreichende Anästhesietiefe erreicht
zu sein scheint.
In manchen Fällen und bei entsprechender Ausbildung des Zahnarzts kann die Anwendung von
Lachgas hilfreich sein, die Compliance des Kindes
zu verbessern.
Technik der Pulpotomie
Nach Anästhesie und Trockenlegung wird das Pulpakammerdach so weit abgetragen, dass das gesamte
Pulpakavum überblickt werden kann. Die Kronenpulpa wird mit einem kleinen kugelförmigen Diamantschleifer unter Kochsalzberieselung an den
Wurzelkanaleingängen rotierend abgetrennt. Dies
ergibt eine prognostisch günstigere Wundfläche als
bei Amputation mit Rosenbohrern oder Löffelexkavatoren (Quetschwunde) (Abb. 5 bis 8).
Formokresol-Pulpotomie
Die Formokresoltechnik war lange Zeit die am
häufigsten empfohlene und angewendete Pulpotomietechnik [22,71]. Hierbei wird nach Entfernung der Kronenpulpa ein mit Formokresol getränktes Wattepellet auf den Wurzelkanaleingängen platziert, um die Restpulpa zu „mumifizieren“.
Anschließend wird die Amputationswunde mit
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Abb. 5: Kariöse Milchzähne 85 und 84 (klinische Situation)
Abb. 6: Präoperatives Röntgenbild (Bissflügel)
Abb. 7: Zahn 85 wird mit Kofferdam isoliert.
Abb. 8: Eröffnung des Pulpadachs. Die heftige Blutung signalisiert
eine irreversible Pulpitis.
Zinkoxid-Eugenol-Zement abgedeckt, der mit Formokresol angereichert wurde, um eine dauerdesinfizierende und -mumifizierende Wirkung zu erzielen. Jedoch wurden nach der Formokresolapplikation genotoxische Effekte nachgewiesen, sodass
vor einer Anwendung gewarnt wird [39]. Obwohl
mit dieser Technik hohe klinische Überlebensraten
erzielt wurden, überwiegen letztlich die Bedenken:
· Histologisch zeigte sich in den Pulpastümpfen
meistens entzündetes Gewebe.
· Eine sichere Vitalerhaltung des Pulpastumpfs ist
mit formaldehydabspaltenden Präparaten nicht
möglich.
· Eine systemische Verteilung des verwendeten Formaldehyds kann nicht ausgeschlossen werden, vereinzelt wurde diese Substanz in inneren Organen
nachgewiesen.
· Aufgrund der allergenen, zytotoxischen und vermuteten kanzerogenen Eigenschaften ist die Formaldehydanwendung in der Endodontie heute obsolet und wird von allen zuständigen Fachgesellschaften (AAE, ESE, DGZMK, DGKiZ und anderen)
abgelehnt.
Kalziumhydroxid-Pulpotomie
Kalziumhydroxid als Wundverband ist erheblich
biokompatibler als Formokresol, zeigt aber in den
meisten Studien eine deutlich niedrigere Erfolgsquote. Im Gegensatz zu Formokresol ist Ca(OH)2
viel diagnosesensitiver: Wird es als Wundverband
auf einen Pulpastumpf mit irreversibler Entzündung aufgebracht oder bildet sich zwischen Pulpa
und Wundverband ein Blutkoagulum (mit folgender Infektion), ist nicht mit einem Erfolg zu rechnen.
Zinkoxid-Eugenol
Auch Zinkoxid-Eugenol-Pasten können als Wundverband nach Pulpaamputationen verwendet werden. Sie zeigten in einer klinischen Studie niedrigere
Erfolgsquoten als MTA, waren aber mit Eisen-IIISulfat und Formokresol vergleichbar [15].
MTA-Pulpotomie
MTA (Mineral Trioxid Aggregat) wird bereits seit
Längerem auch als Wundverband nach Pulpotomie verwendet. Aufgrund der erwiesenen guten
Biokompatibilität, der Fähigkeit, die Ausbildung
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Abb. 9a: Die Blutstillung erfolgt mit
Eisen-III-Sulfat ...
Abb. 9b: ... und gelingt.
zementähnlicher Hartgewebe zu stimulieren, der
guten Anlagerung von Osteoblasten und guter Erfahrungen in der Regeneration periapikaler Entzündungen wurde erwartet, dass MTA auch für die
Pulpotomie ein erfolgversprechendes Material darstellt [51]. In 50 Prozent der 22 untersuchten und
mit MTA gefüllten Zähne konnte im Röntgenbild
nach sechs Monaten eine Dentinbrücke diagnostiziert werden [44]. Es wurden weniger Fälle mit
Wurzelresorptionen und periradikulären Entzündungen gefunden als nach Formokresol-Pulpotomie [1]. In einer kritischen Auswertung von 22 klinischen Studien, in denen MTA benutzt wurde,
zeigte sich, dass die Abdeckung der Amputationswunde mit diesem Zement keine besseren Ergebnisse erbrachte als andere Materialien wie Formokresol oder Eisensulfat [5]. Zwei Metaanalysen und
ein narratives Review ergaben hingegen für MTA
bessere Resultate als für die Formokresoltechnik
[48,52,62]. Als Erfolgsquoten werden 94 bis 100 Prozent angegeben. Wie bei der Behandlung permanenter Zähne kommt es auch an Milchzähnen nach
einer MTA-Applikation zur Dunkelverfärbung [44].
Eisen-III-Sulfat-Pulpotomie
Eisen-III-Sulfat wird seit einigen Jahren zur Milchzahn-Pulpotomie empfohlen. Es handelt sich hierbei in erster Linie um ein gutes Hämostatikum, das
die Blutung an der Amputationswunde schnell und
zuverlässig unterbindet. Es wird vermutet, dass Eisen- und Sulfationen einen Pfropf mit Blutproteinen
bilden, der die exponierten Kapillaröffnungen durch
Agglutination verschließt [11]. Es stimuliert nicht
die Bildung eines Bridgings, verhindert aber die Bildung eines Blutkoagulums an der Amputationsstelle, das für (infektionsbedingte) Pulpanekrosen
und interne Resorptionen verantwortlich gemacht
wird [58]. Vor der Anwendung der Eisensulfatlösung
sollte der Blutungsstatus der Pulpa sorgfältig ermit-
Abb. 9c: Restauration mit einer konfektionierten Stahlkrone
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Abb. 9d: Postoperatives Röntgenbild
mit Stahlkronenversorgung
telt werden (leichte hellrote/heftige dunkelrote Blutung), da sich hieraus die Indikation/Kontraindikation zur Pulpotomie ergibt. Ein mit Eisensulfat
getränktes Wattepellet wird nach Entfernung der
Kronenpulpa für 30 Sekunden auf die Wurzelkanaleingänge appliziert. Steht die Blutung, wird die
Kavität vorsichtig gereinigt und der Wundverband
drucklos auf die Amputationswunden aufgebracht.
Nach dichtem Verschluss der Kavität (Stahlkrone)
wird das Behandlungsergebnis röntgenologisch
dokumentiert (Abb. 9a bis 10d).
Elektrochirurgische Pulpotomie, Laser-Pulpotomie
Über beide Verfahren liegen nur wenige Studien
und überwiegend Fallberichte vor, die Praxisrelevanz erscheint fraglich [22].
Erfolgsquoten der Milchzahn-Pulpotomie
Für die Milchzahn-Pulpotomie finden sich in der
Literatur weit divergierende, teilweise sehr hohe
Erfolgsquoten. Ein entscheidender Faktor scheint
hierbei der Wundverband zu sein: So werden für
Formokresol-Pulpotomien teilweise sehr hohe Erfolgsquoten beschrieben, für Ca(OH)2-Pulpotomien
überschreitet die Erfolgsquote nicht selten nur knapp
die 50-Prozent-Marke [24].
Bei der Bewertung dieser Daten muss berücksichtigt
werden, dass die Mehrzahl der Publikationen auf
niedrigen Fallzahlen mit kurzen Beobachtungszeiträumen beruht und es sich in der Regel um Überlebensstudien handelt – es wird also nur bewertet,
ob der Zahn noch in situ ist. Klinische und/oder
röntgenologische Befunde fließen in diese Auswertungen häufig nicht ein. Die scheinbare Überlegenheit der Formokresoltechnik ist also kein Hinweis
auf entzündungs-, symptom- oder schmerzfreie Verhältnisse. Für Eisensulfat-Pulpotomien finden sich
Werte zwischen 78 und 100 Prozent, die korrespondierenden röntgenologischen Erfolgsraten betragen
62
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a
b
c
d
Abb. 10a bis d: Schematische Darstellung der Arbeitsschritte bei einer Pulpotomie: Entfernung der Karies (a), bei Pulpaexposition: vollständiger Abtrag des Pulpadachs (b),
Amputation der Kronenpulpa knapp unterhalb der Wurzelkanaleingänge (c) sowie Applikation der Amputationspaste und Restauration der Krone mit Komposit oder alternativ einer Stahlkrone (d)
72 bis 97 Prozent [52]. Eine vermutete Überlegenheit
von MTA als Wundverband ließ sich weder in einem
Cochrane-Review [63] noch in einer Metaanalyse
von 22 Studien bestätigen [5]. Die Erfolgsquoten bewegten sich im Bereich von 94 bis 100 Prozent.
Nach einer Pulpotomie sind regelmäßige Recalls
notwendig, um den Therapieerfolg zu kontrollieren und Misserfolge frühzeitig diagnostizieren und
behandeln zu können. Zu den möglichen Misserfolgen zählt neben interradikulären und periradikulären Osteolysen, Abszessen und Fisteln auch die
Entwicklung odontogener Zysten [40].
Pulpektomie
Indikationen und Kontraindikationen
Die Indikation zur Pulpektomie wird (nach wie vor)
kontrovers diskutiert. An noch vitalen Zähnen mit
irreversibel entzündeter Pulpa, aber nicht bakteriell
kontaminierten Wurzelkanalsystemen gilt sie heute
als akzeptierte Therapie, bei nekrotischer Pulpa wird
teilweise die Extraktion vorgezogen. Zeigen Milchzähne bereits eine fortgeschrittene Resorption, einen
erhöhten Lockerungsgrad, rezidivierende Fisteln
(Abb. 11) oder sind mit einer Einschränkung der
Allgemeingesundheit des Kindes assoziiert (Fieber, Schmerzen, Schwellungen), ist ein Versuch der
Zahnerhaltung mit unklarer Prognose kritisch zu
betrachten und der Extraktion der Vorzug zu geben.
Auch die Möglichkeit der Restauration und die
Compliance des Kindes stellen limitierende Faktoren dar. Für nach einem dentalen Trauma verfärbte Milchfrontzähne liegt bei klinischer und röntgenologischer Symptomfreiheit keine Indikation
zur Pulpektomie vor [20].
Trockenlegung
Auch im Milchgebiss sollten endodontische Maßnahmen – wenn immer möglich – unter absoluter
Trockenlegung durchgeführt werden (Abb. 12). Sollte
dies wegen unzureichender Compliance oder Akzeptanz des Kindes nicht realisierbar sein, muss ein
Speichelzutritt in das Milchzahnendodont durch sorgfältige relative Trockenlegung unterbunden werden.
Zugangskavität
Die Zugangskavität sollte einerseits so substanzschonend wie möglich präpariert werden, andererseits muss jedoch so viel Hartsubstanz entfernt werden, dass die gesamte Kronenpulpa kontrolliert entfernt und alle Wurzelkanäle dargestellt und sicher
instrumentiert werden können (Abb. 13).
Arbeitslänge
Eine exakte Bestimmung der Arbeitslänge gestaltet
sich aufgrund der apikalen Resorption der Milchzahnwurzeln und der deshalb fehlenden apikalen
Konstriktion sehr schwierig. Die Resorption beginnt
direkt im Anschluss an die Wurzelbildung der Milchzähne, ein bis vier Jahre nach dem Zahndurchbruch
[31]. Während bei zu kurzer Arbeitslänge die Menge
der zurückbleibenden Mikroorganismen eine Hei-
Abb. 11: Fistel regio 64/65: Die Prognose des verursachenden Zahns
ist unklar und daher sollte dieser extrahiert werden.
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lung ver- oder behindern kann, ist eine Überinstrumentierung mit den Risiken der Keimverschleppung,
Überfüllung und Schädigung der Zahnkeime der Permanentes assoziiert [3]. Da die Resorption der Milchzahnwurzeln nicht linear von apikal nach koronal
verläuft, gestaltet sich nicht nur die Messung, sondern bereits die Definition der idealen Arbeitslänge
schwierig: Wird der apikalste Punkt der Wurzel gewählt, ist ein Überpressen von Spüllösung und Füllmaterial unvermeidlich. Wird die koronalste Ausdehnung der Resorption gewählt, verbleibt unter Umständen so viel Biofilm im apikalen Wurzelanteil,
dass eine Heilung nicht erreicht werden kann.
Die Abwägung von Vor- und Nachteilen beider Möglichkeiten wird in der Regel zugunsten einer Limitation der Präparation, Desinfektion und Füllung
auf den koronalen, noch nicht resorbierten Wurzelanteil entschieden. Die gemeinsame wissenschaftliche Stellungnahme der DGKiZ und der DGZ empfiehlt eine Arbeitslänge von 1 bis 2 mm koronal des
röntgenologischen Apex [31]. Andere Autoren schlagen vor, Präparation und Obturation auf die koronalen zwei Drittel der Wurzel zu begrenzen. Insgesamt scheint die Arbeitslänge im Milchzahn aber
nicht ganz so kritisch zu sein wie am bleibenden
Zahn [2]. Die Mehrzahl der Studien legt jedoch nahe, dass eine Unterfüllung zu schlechteren Erfolgsquoten führt [7].
Längenbestimmung
Zur Längenbestimmung können auch im Milchgebiss röntgenologische und elektrische Techniken
zur Anwendung kommen [9,22]. Die Röntgentechnik ist hierbei zunächst in vielen Fällen mit technischen Problemen wie der Insertion und Fixation
der (langen) Instrumente in den (kurzen) Wurzelkanälen und der Compliance der Kinder beim Röntgen verbunden. Um zu vermeiden, dass die Kinder
während des Röntgens die langen Instrumente
durch Zubeißen über die Wurzelspitze extendieren,
empfiehlt sich die Verwendung entsprechend gekürzter Silberstifte.
Auch im Milchgebiss kann die Längenbestimmung
mithilfe elektrischer Apexlokalisatoren vorgenommen werden [22], deren Vorteile auf der Hand liegen:
einfache und schnelle Durchführung, Reproduzierbarkeit und Möglichkeit wiederholter Messung, sofortiges Messergebnis sowie geringere Gesamtstrahlendosis. Die Präzision der elektrischen Messung
wurde in zahlreichen Studien untersucht und die
Resultate mit denen der röntgenologischen Längenbestimmung verglichen oder ex vivo mit der tat-
Abb. 12: Zahn 51 wird mithilfe von
Kofferdam isoliert.
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63
Abb. 13: Entfernung der kompletten
Pulpa
sächlichen Länge der Milchzahnwurzeln korreliert
[2,8,23,50]. Die elektrisch bestimmte Arbeitslänge
fällt geringfügig kürzer aus als die tatsächliche
Wurzelkanallänge [2].
Präparation der Wurzelkanäle
Die Präparation der grazilen Milchzahnwurzeln
stellt sich sehr problematisch dar: Einerseits soll die
Präparation das gesamte Milchzahndentin erreichen, andererseits besteht ein hohes Risiko der Begradigung oder gar Perforation der dünnwandigen
und gekrümmten Wurzeln. Es ist allerdings nicht
geklärt, ob an die Präparation von Milchzahnwurzelkanälen dieselben Anforderungen gestellt werden müssen wie an die Präparation der Wurzelkanäle bleibender Zähne.
Aufgrund ihrer Flexibilität sind rotierend eingesetzte NiTi-Instrumente sehr gut geeignet, die grazilen gekrümmten Wurzelkanäle in Milchmolaren
zu präparieren. Das Risiko einer Perforation an der
furkationsseitigen Konkavität der Wurzeln ist geringer als bei einer Präparation mit Stahlfeilen [53].
Die rotierende Präparation reduzierte im Vergleich
zur manuellen Instrumentation nicht nur die Präparationszeit auf 63 Prozent, sondern auch die zur
Obturation benötigte Zeit auf 68 Prozent [3,6,12,13,
28,34,43,47,49,61]. Die Reduktion der Keimzahl
gelang signifikant besser als mit Handinstrumenten [53,65]. Liegt noch keine deutliche Resorption
vor, können die Wurzeln von Milchmolaren bis zur
Größe 35 bis 40 präpariert werden (Abb. 14).
Desinfektion der Wurzelkanäle
Um ein adäquates Desinfektionsprotokoll entwickeln
zu können, müssen die mikrobiologischen Voraussetzungen im infizierten Endodont ausreichend bekannt sein. Dies trifft auf infizierte Milchzähne nur
sehr eingeschränkt zu: Die Infektion scheint polymikrobieller Natur zu sein mit vielen Anaerobiern
(100 % der Proben), schwarz-pigmentierten Bacte-
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Abb. 14: Der Wurzelkanal wird vorsichtig präpariert, ...
Abb. 15: ... das endodontische System
desinfiziert ...
roides-Spezies (96 % der Proben) und Streptokokken, aber auch aeroben Mikroorganismen (75 %)
[14,27,68]. Zudem muss aber auch die fortschreitende apikale Resorption und somit die Möglichkeit einer Extrusion der Spüllösungen in den Periapex mit entsprechenden Konsequenzen [30] bedacht werden. Einheitliche Empfehlungen zur Desinfektion liegen nicht vor: Eine Mischung aus
Ca(OH)2 und CHX als medikamentöse Einlage erwies sich als effektiv in der Reduktion der Keimzahl [27]. Eine zweiprozentige CHX-Lösung konnte
die Keimzahl signifikant besser reduzieren als Kochsalzlösung [59]. Die Erfolgsquoten betrugen nach
CHX-Spülung 100 Prozent nach sechs Monaten,
97 Prozent nach einem Jahr und 93 Prozent nach
18 Monaten [38]. Ximenes et al. [73] empfehlen
eine Spülung mit 1 Prozent NaOCl und 17 Prozent
EDTA, Lima et al. [37] (2013) favorisieren CHX
und ein CHKM-Produkt, Tulsani et al. [69] 2,5 Prozent NaOCl. Zur Entfernung der Schmierschicht
können EDTA (17 %) oder Zitronensäure (6 %) herangezogen werden [56]. Die verwendeten Lösungen (EDTA, NaOCl 1 bis 2,5 %, CHX) und ihre Kombinationen weisen eine akzeptable Biokompatibilität auf [10] (Abb. 15 bis 17).
Aufgrund der Probleme der Desinfektion des Milchzahnendodonts wird die Indikation zur Pulpektomie
teilweise auf den Erhaltungsversuch von Milchzähnen mit noch vitaler Pulpa begrenzt und bei Vorliegen einer Pulpanekrose zur Extraktion geraten.
Füllungsmaterialien
Wurzelkanalfüllungsmaterialien für Milchzähne
müssen eine ausreichende antimikrobielle Wirkung und gute Biokompatibilität aufweisen, resor-
Abb. 16: ... und der Wurzelkanal mit
Papierspitzen getrocknet.
Abb. 17: Postoperatives Röntgenbild
des Zahns 51
bierbar und einfach zu applizieren sein und sollen
den Zahn nicht verfärben. Die Verwendung von
Guttapercha im Milchzahnendodont ist nur bei
Aplasie der bleibenden Nachfolger indiziert.
Favorisiert werden Kalziumhydroxidpasten, Zinkoxid-Eugenol-Pasten wie Pulpdent oder Mischpräparate mit Iodoformzusatz wie zum Beispiel
Vitapex: Ca(OH)2 + Iodoform, RC Fill und Endoflas: ZnO-Eugenol + Iodoform. Mit Iodoformpasten
gefüllte Milchmolaren zeigten eine ausgeprägtere
Resorption als gesunde kontralaterale Kontrollzähne [46]. In einer klinischen Studie wurden
mit allen Präparaten Erfolgsquoten von mehr als
90 Prozent erzielt [57]. Zur Applikation der Pasten
erwies sich ein Injektionssystem (Paste-Inject) dem
Lentulo überlegen [18]. Wie an bleibenden Zähnen endet die endodontische Behandlung mit einer
randdichten und kaustabilen koronalen Restauration (konfektionierte Stahlkrone oder PedoformStripkrone).
Erfolgsquoten der Milchzahn-Pulpektomie
Auch endodontische Behandlungen von Milchzähnen müssen regelmäßig klinisch und röntgenologisch kontrolliert werden, um Sicherheit über
die Heilung, Persistenz oder das Neuauftreten endodontisch bedingter Erkrankungen zu erhalten.
Als Misserfolge müssen klinische Beschwerden, erhöhter Lockerungsgrad sowie das Auftreten oder
die Persistenz von Schwellungen, Abszessen oder
Fistelgängen gewertet werden. Röntgenologisch
deuten neu auftretende oder persistierende interoder periradikuläre Osteolysen ebenso auf ein
Scheitern der Therapie hin wie röntgenologisch erkennbare interne Resorptionen.
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Die Ergebnisse klinischer Untersuchungen nach
Milchzahn-Pulpektomie fallen nicht ganz einheitlich aus: Eine Literaturübersicht berichtet über Erfolgsquoten von 85 bis 100 Prozent für ZnO-Eugenol, 60 Prozent für Sealapex und 89 bis 100 Prozent
für Vitapex [7]. ZnO-Eugenol schnitt mit 93,3 Prozent genauso erfolgreich ab wie ein Ca(OH)2-basiertes Füllmaterial (87,5 %) [54]. Wurde der Wurzelkanal mit NaOCl desinfiziert, die Schmierschicht
mit Zitronensäure entfernt und der Wurzelkanal
mit ZnO-Eugenol gefüllt, betrug die Erfolgsquote
82,3 Prozent [66]. Die Obturation mit Endoflas
war in 70 Prozent der 55 Zähne erfolgreich, Überfüllungen zeigten dabei nur eine 58-prozentige Erfolgsquote [16].
Sowohl kalziumhydroxid- als auch iodoformbasierte Füllpasten zeigten im Zellkulturversuch kurzzeitig (24 Stunden) eine zytotoxische und genotoxische Wirkung, die für Iodoform am geringsten
ausfiel [55].
Die in Milchzahnstudien häufig zu findenden hohen Erfolgszahlen sind vielfach auf kleine Probandenzahlen und kurze Beobachtungszeiträume
zurückzuführen. Misserfolge sind radiologisch früher und häufiger festzustellen als anhand klinischer Symptome [11]. Misserfolge werden unter anderem mit technischen Problemen in Zusammenhang mit den externen und entzündlichen internen
Resorptionen in Verbindung gebracht [67].
Milchzahnhemisektion
Um einen Platzmangel durch Lückeneinengung
bei frühzeitigem Milchzahnverlust zu vermeiden,
kann eine Pulpotomie mit Hemisektion des Milchzahns durchgeführt werden [64]. Die Indikation
wird aus kieferorthopädischer Sicht gestellt.
Endodontische Therapie
bei Nichtanlage der Nachfolger
Ist der Keim des nachfolgenden permanenten Zahns
nicht angelegt, ändern sich die Bedingungen und
die Zielsetzung der Therapie:
· Die Resorption der Milchzahnwurzeln bleibt aus.
· Das intraoperative Risiko einer Keimschädigung
entfällt.
· Eine langfristige Erhaltung des Milchzahns ist unter Umständen möglich.
Eine Pulpektomie wird in diesen Fällen zum langfristigen Zahnerhalt empfohlen. Zur Wurzelkanalfüllung können Guttapercha und Sealer oder MTA
verwendet werden [45].
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Grenzen und Möglichkeiten der endodontischen
Behandlung in Intubationsnarkose
In Einzelfällen können endodontische Maßnahmen auch unter Vollnarkose durchgeführt werden.
Je nach technischen Voraussetzungen können sich
hierbei aber die röntgenologische Bestimmung der
Arbeitslänge und die Füllkontrolle schwierig gestalten. Die fehlende Reaktion des Patienten und
der zumeist hohe Zeitdruck erschweren die Behandlung. Berücksichtigt werden muss aber primär, dass
ein Misserfolg der Behandlung unter Umständen
einen zweiten Narkosetermin notwendig machen
kann. Die Indikation zur Zahnerhaltung mithilfe
endodontischer Maßnahmen muss daher sehr eng
gestellt werden.
Erfolgsquoten
Eine Nachuntersuchung zeigte, dass 68 Prozent
der endodontisch behandelten Zähne nach einem
Mittel von 5,4 Jahren noch in situ, 11,7 Prozent natürlich exfoliiert waren und nur 20,2 Prozent vorzeitig extrahiert werden mussten [35]. Die mittlere Überlebensdauer war nach Pulpotomie mit
37,1 Monaten deutlich höher als nach Pulpektomie (28,3 Monate). Eine Pulpektomie erwies sich
nach 30 Monaten in 94 Prozent (Füllung mit RC
Fill), 90 Prozent (Vitapex) oder 97 Prozent (Pulpdent) als erfolgreich [57].
Wurzelreste und Pulpapolypen
Das Belassen von Milchzahnwurzelresten ist nicht
akzeptabel. Wenn eine endodontische Behandlung
eines Milchzahns mit nekrotischer Pulpa nicht
mehr indiziert ist, muss der Wurzelrest extrahiert
werden, um die intraorale Keimzahl zu reduzieren
und ein optimales Milieu für den Durchbruch der
bleibenden Zähne zu schaffen. Wurzelreste haben
auch keinerlei Platzhalterfunktion für die folgenden Permanentes. Aus dem gleichen Grund sind
das Offenlassen von Zähnen oder das Belassen
von Zähnen mit Pulpapolypen nur als temporäre
Maßnahmen zu tolerieren.
Korrespondenzadresse:
Dr. Sven O. Pabel
Poliklinik für Präventive Zahnmedizin,
Parodontologie und Kariologie
Universitätsmedizin Göttingen
Robert-Koch-Straße 40
37075 Göttingen
[email protected]
Literatur bei den Verfassern
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