Journal Club Forsch Komplementmed 2012;19:322–326 DOI: 10.1159/000346310 Published online: December 18, 2012 Der Journal Club widmet sich dieses Mal den Themen kalorische Restriktion, Fasten und Meditation. Die ersten beiden experimentellen Arbeiten beschäftigen sich mit den Effekten von kalorischer Restriktion auf die Lebenserwartung und von Fasten auf Krebsheilung und sind sicherlich als Meilensteine einzuschätzen. Beide Publikationen werden auch zahlreiche weitere Studien in diesem Bereich anstoßen. Die dritte Arbeit versucht erstmals, den Effekt einer Mind-Body-Intervention, nämlich Meditation, auf die kardiovaskuläre Ereignisrate und Prognose zu evaluieren. Von Interesse sind hierbei nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die im Kommentar herausgearbeiteten Komplexitäten im Ablauf und der statistischen Präsentation der Studie. Andreas Michalsen, Berlin Mattison JA, Roth GS, Beasley TM, Tilmont EM, Handy AM, Herbert RL, Longo DL, Allison DB, Young JE, Bryant M, Barnard D, Ward WF, Qi W, Ingram DK, de Cabo R: Impact of caloric restriction on health and survival in rhesus monkeys from the NIA study. Nature 2012;489:318–321. Calorie restriction (CR), a reduction of 10–40% in intake of a nutritious diet, is often reported as the most robust non-genetic mechanism to extend lifespan and healthspan. CR is frequently used as a tool to understand mechanisms behind ageing and age-associated diseases. In addition to and independently of increasing lifespan, CR has been reported to delay or prevent the occurrence of many chronic diseases in a variety of animals. Beneficial effects of CR on outcomes such as immune function, motor coordination and resistance to sarcopenia in rhesus monkeys have recently been reported. We report here that a CR regimen implemented in young and older age rhesus monkeys at the National Institute on Aging (NIA) has not improved survival outcomes. Our findings contrast with an ongoing study at the Wisconsin National Primate Research Center (WNPRC), which reported improved survival associated with 30% CR initiated in adult rhesus monkeys (7–14 years) and a preliminary report with a small number of CR monkeys. Over the years, both NIA and WNPRC have extensively documented beneficial health effects of CR in these two apparently parallel studies. The implications of the WNPRC findings were important as they extended CR findings beyond the laboratory rodent and to a long-lived primate. Our study suggests a separation between health effects, morbidity and mortality, and similar to what has been shown in rodents, study design, husbandry and diet composition may strongly affect the life-prolonging effect of CR in a long-lived nonhuman primate. © 2012 S. Karger GmbH, Freiburg 1661-4119/12/0196-0322$38.00/0 Fax +49 761 4 52 07 14 [email protected] www.karger.com Accessible online at: www.karger.com/fok Kommentar – Andreas Michalsen, Berlin Kalorische Restriktion (CR) ist die wohl am besten untersuchte nichtpharmakologische Intervention in der gesamten experimentellen physiologischen Forschung. Zumeist wird darunter eine dauerhafte 10–40%ige Reduktion der nutritiven Energiezufuhr verstanden, also eine bewusst geringere Nahrungsaufnahme im Gegensatz zur vollkalorischen oder Ad-libitum-Ernährung. Auch verschiedene Formen des intermittierenden oder periodischen Fastens, vor allem die «alternate day diet» werden unter CR subsumiert. Der lebensverlängernde Effekt der CR wurde erstmals 1934 in den USA von McCay und Crowell [1] beschrieben. Sie stellten bei Versuchen mit Ratten fest, dass die dauerhafte Reduzierung der Nahrungsmenge – unter Sicherstellung einer adäquaten Nährstoffzufuhr – die Lebenserwartung der Tiere signifikant erhöhte. Die Versuchstiere bekamen dabei ca. 33% weniger Nahrung als die Vergleichsgruppe; die Lebenserwartung der Tiere verlängerte sich um fast 50%. Weitere Erkenntnisse gingen dann auf Holloszy [2] und Walford [3] zurück. Beide konnten in unabhängigen Experimenten eine Verlängerung der maximalen und mittleren Lebenserwartung infolge von CR dokumentieren. Im Rahmen des «Biosphere»-Projekts lieferte Walford 1995 [4] auch erste positive Daten zur CR beim Menschen. Bis heute konnte eine umfassende und bislang konsistente Evidenzbasis generiert werden, die bei allen Organismen und Spezies, vom Fadenwurm bis zum Rhesus-Affen, gesundheitsfördernde und lebensverlängernde Wirkungen der CR belegt. Am eindrucksvollsten war, neben der aufgezeigten LebensspannenDownloaded by: 88.99.70.242 - 10/31/2017 6:33:46 PM Anti-Aging. Worauf kommt es an: weniger oder gesund essen? verlängerung, vor allem das deutlich seltenere Auftreten von altersassoziierten chronischen Erkrankungen wie Arteriosklerose, Niereninsuffizienz, Krebs, Diabetes und neurodegenerativen Erkrankungen. Zahlreiche Mechanismen, vor allem eine Verminderung des Insulinsignals und der «Insulin Growth Factor»(IGF-1)-Bildung sowie die vermehrte Bildung von neurotrophen Faktoren und Sirtuinen, wurden parallel beschrieben. In den USA hatten die experimentellen Befunde auch zu einer wachsenden Zahl von praktizierenden Anhängern der CR, unter anderem in der «Calorie Restriction Society», geführt. In Anlehnung an das von Walford und Kollegen [5] etablierte CRON-Programm (Caloric Restriction and Optimum Diet) bezeichneten sich die kalorisch Restriktiven als «Croners». Auch die Medien nahmen zunehmend Notiz von CR. Unlängst produzierte der bekannte britische Journalist Michael Mosley mit der BBC den viel beachteten Film «Eat, Fast and Live Longer» [6], in dem wissenschaftliche CR-Protagonisten wie Luigi Fontana, Mark Mattson und Valter Longo ausführlich dargestellt wurden. Erste kurzzeitige Studien zu Surrogatmarkern für Alterungsprozesse und chronische Erkrankungen beim Menschen konnten die tierexperimentellen Daten teilweise bestätigen. Langzeitstudien zur CR am Menschen durchzuführen ist adhärenzbedingt und logistisch schwierig. Von besonderer Bedeutung sind daher weitere experimentelle Daten aus Langzeitstudien zur CR beim dem Menschen nahestehenden Rhesus-Affen. Seit vielen Jahren laufen hierzu parallel 2 Studien: am Wisconsin National Primate Research Center unter der Leitung von Richard Weindruch und am National Institute on Aging (NIA) in Bethesda. Die Arbeitsgruppe um Weindruch hatte in zahlreichen Publikationen der letzten Jahre den gesundheitlichen Vorteil der CR beim Rhesus-Affen dokumentiert, zuletzt auch eine Lebenszeitverlängerung [7]. Mit den jüngst publizierten, neuen NIADaten von Mattison und Kollegen ergibt sich erstmals eine Inkonsistenz in der CR-Forschung. Zwar zeigten sich einige Vorteile für die restriktiv ernährten Affen, wie z.B. eine geringere Krebsinzidenz, späteres Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bessere Glukoseregulation. Warum aber lebten die CR-Affen in der NIA-Studie nicht länger als die Kontrolltiere? Warum konnte der CR-Vorteil der WNPRC-Studie nicht bestätigt werden? Die Antwort scheint in den Unterschieden des grundsätzlichen Ernährungskonzepts der Studien zu liegen. In der WNPRC-Studie bekamen die Affen der Kontrollgruppe ein äußerst ungesundes fett- und zuckerreiches Essen (bzw. «junk food»): 28,5% der Energie stammte aus Saccharose, Fettlieferant war vor allem Maisöl. Protein stammte insbesondere aus tierischem Laktalbumin, und insgesamt waren diese Tiere auch überernährt. Die Affen der NIA-Kontrollgruppe erhielten hingegen ein offensichtlich gesundes Essen mit nur 3,9% Sukrose, mehr Vollkorngetreide, Protein aus Vollkornweizen, Alfalfa und Sojabohnen sowie Omega-3-Fettsäuren und pflanzlichen Flavo- noiden. Im Vergleich zur Kontrollgruppe der WNPRC-Studie war zudem die Gesamtenergieaufnahme leicht reduziert, letztlich also auch eine Form milder CR. Die einfachste Interpretation der Studiendaten muss also lauten: Der Überlebensvorteil der CR-Affen in der WNPRC-Studie liegt nicht in einem grundsätzlichen Effekt der CR begründet, sondern darin, dass diese Affen weniger ungesundes, «toxisches», Essen bekommen. Die Rhesus-Affen der NIA-Studien hingegen werden gesund und überwiegend vegetarisch ernährt, sodass die Vorteile der CR offensichtlich nicht mehr deutlich ins Gewicht fallen. Dies erklärt dann auch, dass beide Gruppen in der NIA-Studie schon jetzt eine deutlich höhere Lebenserwartung als bei Rhesus-Affen üblich (27 Jahre) aufweisen. Zusammenfassend weisen die NIA-Daten somit auf die grundsätzliche Bedeutung einer gesunden, pflanzenbetonten Nahrung hin. Weiterhin scheint zu gelten, dass CR beim Menschen das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebserkrankungen senkt. Mit Spannung darf auf weitere Ergebnisse der CR-Forschung gewartet werden, insbesondere auch auf Studien, die die kontinuierliche CR mit periodischem Fasten vergleichen. Journal Club Forsch Komplementmed 2012;19:322–326 Literatur 1 McCay CM, Crowell MF: Prolonging the life span. The Scientific Monthly 1934;39:405–414. 2 Oscai LB, Holloszy JO: Effects of weight changes produced by exercise, food restriction, or overeating on body composition. J Clin Invest 1969;48:2124–2128. 3 Walford R: The 120-Year Diet. New York, Simon and Schuster, 1986. 4 Walford RL, Weber L, Panov S: Caloric restriction and aging as viewed from Biosphere 2. Receptor 1995;5:29–33. 5 Delaney BM, Walford R: The Longevity Diet: Discover Calorie Restriction – the Only Proven Way to Slow the Aging Process and Maintain Peak Vitality. New York, Marlowe and Company, 2005. 6 www.bbc.co.uk/programmes/b01lxyzc. 7 Colman RJ, Anderson RM, Johnson SC, Kastman EK, Kosmatka KJ, Beasley TM, Allison DB, Cruzen C, Simmons HA, Kemnitz JW, Weindruch R: Caloric restriction delays disease onset and mortality in rhesus monkeys. Science 2009;325:201–204. Address for Reprints: Julie A. Mattison, Ph.D., Laboratory of Experimental Gerontology, National Institute on Aging, NIH Animal Center, Dickerson, MD 20842, USA, [email protected] 323 Downloaded by: 88.99.70.242 - 10/31/2017 6:33:46 PM Kontaktadresse: Prof. Dr. med. Andreas Michalsen, Immanuel Krankenhaus Berlin-Wannsee, Klinik für Innere Medizin, Abteilung Naturheilkunde, Königstraße 63, 14109 Berlin, Deutschland, [email protected] Lee C, Raffaghello L, Brandhorst S, Safdie FM, Bianchi G, Martin-Montalvo A, Pistoia V, Wei M, Hwang S, Merlino A, Emionite L, de Cabo R, Longo VD: Fasting cycles retard growth of tumors and sensitize a range of cancer cell types to chemotherapy. Sci Transl Med 2012;4:124ra27. Short-term starvation (or fasting) protects normal cells, mice, and potentially humans from the harmful side effects of a variety of chemotherapy drugs. Here, we show that treatment with starvation conditions sensitized yeast cells (Saccharomyces cerevisiae) expressing the oncogene-like RAS2 (val19) to oxidative stress and 15 of 17 mammalian cancer cell lines to chemotherapeutic agents. Cycles of starvation were as effective as chemotherapeutic agents in delaying progression of different tumors and increased the effectiveness of these drugs against melanoma, glioma, and breast cancer cells. In mouse models of neuroblastoma, fasting cycles plus chemotherapy drugs – but not either treatment alone – resulted in longterm cancer-free survival. In 4T1 breast cancer cells, short-term starvation resulted in increased phosphorylation of the stress-sensitizing Akt and S6 kinases, increased oxidative stress, caspase-3 cleavage, DNA damage, and apoptosis. These studies suggest that multiple cycles of fasting promote differential stress sensitization in a wide range of tumors and could potentially replace or augment the efficacy of certain chemotherapy drugs in the treatment of various cancers. Kommentar – Andreas Michalsen, Berlin Eine Fastentherapie bei akuter Krebserkrankung galt bislang als «no go». Zu sehr fürchteten Onkologen die prognostisch ungünstige Gewichtsabnahme und Tumorkachexie bei den «konsumierenden» Erkrankungen und parallel die Überzeugungen von manchen Patienten, wonach man einen Tumor «aushungern» könne. Andererseits verdichteten sich im Zuge der umfangreichen Forschung zur kalorische Restriktion (CR) die Daten, dass intermittierendes Fasten günstige Effekte auf Krebserkrankungen habe könnte. Mit der vorliegenden, sehr umfangreichen und in Science Translational Medicine gut publizierten Arbeit von Valter Longo und Kollegen bekommt die Frage nach der Anwendung von Fastentherapie bei akuter Krebstherapie nun eine neue Bedeutung. Die Arbeit beeindruckt durch eine umfassende und aufeinander aufbauende Abfolge von zell- und tierexperimentellen Versuchen, die konsekutiv die initiale Hypothese überprüfen und umfassend bestätigen. Unter anderem wurden verschiedene Brustkrebs-Zelllinien in Serum von Mäusen inkubiert, die entweder ad libitum ernährt worden waren oder 48 h gefastet hatten. Hierbei waren die Krebszelllinien im Serum der fastenden Mäuse deutlich vulnerabler für die Chemotherapie. In darauf folgenden In-vivo-Experimenten wurden subkutane Allografts und Xenografts unterschiedlicher Krebsformen (Brustkrebs, Gliom, Neuroblastom, Melanom) untersucht. Fasten als Intervention erfolgte über 40–60 h in Form des Wasserfastens. Hierbei war bei den Brustkrebstumoren und Gliomen die Fastentherapie ebenso wirksam wie die Chemo- 324 Forsch Komplementmed 2012;19:322–326 therapie. Der maximale therapeutische Effekt aber zeigte sich mit der Kombination aus Fasten und Chemotherapie. Neben der deutlichen Tumorreduktion traten hier auch weniger unerwünschte Wirkungen der Chemotherapie auf. Die passagere Gewichtsabnahme wurde nach wenigen Tagen durch vermehrte Nahrungszufuhr wieder ausgeglichen. Schließlich wurden Fastentherapie, Chemotherapie und die Kombination aus beidem bei unterschiedlichen fortgeschritten metastasierten Tumoren (Brustkrebs, Neuroblastom, Gliom) verglichen. Wiederum zeigten sich Tumormassen-Reduktionen durch Fasten und vor allem durch die Kombination aus Fasten und Chemotherapie. Als besonders wirksam erwies sich die Kombinationstherapie beim aggressiven Neuroblastom. In diesen Versuchen wurden 42% der mittels Kombinationstherapie behandelten Mäuse geheilt, gegenüber 0% der Mäuse, die nur mit Chemotherapie behandelt worden waren. Ergänzend wurden von Longo und Mitarbeitern molekularbiologische und Genexpressionsanalysen durchgeführt. Hier zeigte sich, dass Fasten begleitend zur Chemotherapie den oxidativen Stress und die DNA-Schädigung von Krebszellen induzierte bzw. verstärkte. Dies wird durch eine differenzielle Stressantwort auf den «Fastenstress» erklärt. Normale Zellen treten bei Nährstoffmangel in einen stressresistenten Ruhezustand mit reduzierten Insulin und «Insulin Growth Factor»(IGF-1)Signalen ein. Diese Umschaltung wird bei Krebszellen von Onkogenen verhindert. Stattdessen zeigen die Krebszellen sogar mehr Aktivität und versuchen, neue Proteine zu erzeugen und sich zu teilen. Die Kaskade der Zellschädigung führt letztlich zur Apoptose. In einem Interview kommentierte Longo: «Die Krebszelle begeht letztlich Selbstmord». Neben dieser umfangreichen experimentellen Arbeit hatte Longos Team kürzlich auch eine erste Fallserie bei krebserkrankten Menschen publiziert [1]. Hier war das Fasten unter Chemotherapie mit einer deutlichen Abnahme chemotherapieinduzierter Nebenwirkungen assoziiert. Fazit: Es sollte nun nicht zu viel Zeit verstreichen, um die wissenschaftlich begleitete Translation dieser Erkenntnisse in die Klinik zu ermöglichen. Die Wirksamkeit des Fastens in der akuten Krebstherapie ist rasch in klinischen Studien der Onkologie und der onkologischen Naturheilkunde zu evaluieren. Longo et al. haben bereits mit ersten Studien begonnen: Hierbei fasten die Patienten 48–72 h vor und 24 h nach der Chemotherapie. Möglicherweiseergibt sich also bald eine neue Hauptdomäne für das Heilfasten. Literatur 1 Raffaghello L, Safdie F, Bianchi G, Dorff T, Fontana L, Longo VD: Fasting and differential chemotherapy protection in patients. Cell Cycle 2010;9:4474–4476. Address for Reprints: Valter D. Longo, PhD, Andrus Gerontology Center and Department of Biological Sciences, University of Southern California, 3715 McClintock Avenue, Los Angeles, CA 90089-0191, USA, [email protected] Journal Club Downloaded by: 88.99.70.242 - 10/31/2017 6:33:46 PM Fasten in der Krebsbehandlung Journal Club Forsch Komplementmed 2012;19:322–326 Meditation bei kardiovaskulären Erkrankungen Schneider RH, Grim CE, Rainforth MV, Kotchen T, Nidich SI, Gaylord-King C, Salerno JW, Kotchen JM, Alexander CN: Stress reduction in the secondary prevention of cardiovascular disease: randomized, controlled trial of transcendental meditation and health education in blacks. Circ Cardiovasc Qual Outcomes 2012;5:750. Background: Blacks have disproportionately high rates of cardiovascular disease. Psychosocial stress may contribute to this disparity. Previous trials on stress reduction with the Transcendental Meditation (TM) program have reported improvements in cardiovascular disease risk factors, surrogate end points, and mortality in blacks and other populations. Methods and Results: This was a randomized, controlled trial of 201 black men and women with coronary heart disease who were randomized to the TM program or health education. The primary end point was the composite of all-cause mortality, myocardial infarction, or stroke. Secondary end points included the composite of cardiovascular mortality, revascularizations, and cardiovascular hospitalizations; blood pressure; psychosocial stress factors; and lifestyle behaviors. During an average follow-up of 5.4 years, there was a 48% risk reduction in the primary end point in the TM group (hazard ratio, 0.52; 95% confidence interval, 0.29– 0.92; P = 0.025). The TM group also showed a 24% risk reduction in the secondary end point (hazard ratio, 0.76; 95% confidence interval, 0.51– 0.1.13; P = 0.17). There were reductions of 4.9 mmHg in systolic blood pressure (95% confidence interval –8.3 to –1.5 mmHg; P = 0.01) and anger expression (P < 0.05 for all scales). Adherence was associated with survival. Conclusions: A selected mind-body intervention, the TM program, significantly reduced risk for mortality, myocardial infarction, and stroke in coronary heart disease patients. These changes were associated with lower blood pressure and psychosocial stress factors. Therefore, this practice may be clinically useful in the secondary prevention of cardiovascular disease. Kommentar – Harald Walach, Frankfurt/O. 325 Downloaded by: 88.99.70.242 - 10/31/2017 6:33:46 PM Diese Studie ist ein Novum in der Studienlandschaft zur Meditation. Zum ersten Mal hat sich eine Arbeitsgruppe an das heikle Thema der Sekundärprävention von koronaren Ereignissen (Mortalität, Herzinfarkt oder Schlaganfall) gewagt und sich getraut, Meditation, in diesem Falle Transzendentale Meditation (TM), verglichen mit Gesundheitserziehung, in einer randomisierten, klinischen Studie zu untersuchen. Insgesamt 201 Patienten wurden randomisiert, 99 erhielten TM, die anderen Gesundheitserziehung. Die Patienten wurden im Mittel 5,4 Jahre, bis zu 9 Jahren weiter beobachtet, mit halbjähr- lichen Abklärungen und jährlichen Überprüfungen von Todesursachen bei denen, die inzwischen verstorben waren. Eine Reihe anderer Variablen (Depression, Ausdruck von Ärger, BMI, Blutdruck, Herzfrequenz, Feindseligkeit, Rauchen, Alkohol) wurden mit erfasst. Während sich in der primären Analyse eine signifikante Risikoreduktion um 48% für das Hauptzielkriterium ergab, ein zusammengesetzter Score aus den Ereignissen Mortalität, Herzinfarkt oder Schlaganfall, verfehlte die nichtadjustierte Analyse die Signifikanzgrenze und erreichte 36% Risikoreduktion. Dies ist trotz der noch zu besprechenden Schwächen aus mehreren Gründen ein bemerkenswerter Befund: Zum einen ist die Studie für eine Präventionsstudie, auch wenn sie eine Sekundärprävention zum Ziel hat, vergleichsweise klein. Es erscheint mir mutig, eine 36%ige Risikoreduktion durch ein solches Verhaltensprogramm zu erwarten. Man bedenke: TM setzt voraus, dass die Menschen sich eine neue Gewohnheit zulegen, für die sie täglich regelmäßig Zeit aufwenden. Die Zielgruppe kam aus weniger privilegierten Schichten in den USA, und die Patienten wiesen alle bereits angiographisch verifizierte Stenosen als Einschlusskriterium auf. Die aktive Therapie musste also gegen einen bereits massiv sichtbaren Erkrankungsprozess ankommen. Zudem wurde sie mit einer relativ intensiven, aktiven Kontrollbedingung verglichen, bei der Entspannung, Gruppenunterstützung, Ernährungsberatung und andere als wichtig erachtete Elemente gegeben waren. Beide Gruppen sollten das Meditieren zu Hause üben, und in der Tat war die Übungsfrequenz und die aufgewendete Zeit, ob Meditieren oder gesund Kochen, in beiden Gruppen gleich. Der Unterschied ist also mit einiger Berechtigung auf die Meditation selbst zurückzuführen. Dafür spricht auch, dass der Effekt mit 66%iger Risikoreduktion deutlicher war in der Gruppe derer, die regelmäßiger geübt hatten. Die Gruppenzuteilung erfolgte in stratifizierten Blöcken und wundersamer Weise tauchen die Stratifizierungsvariablen wieder in der Analyse als Kovariaten auf. Das erscheint merkwürdig, denn normalerweise würde man erwarten, dass die Gruppen durch die Stratifizierung genau in diesen Variablen gleich verteilt sind und somit keine Adjustierung möglich ist. Dass dennoch das adjustierte Modell sensibler und signifikanter ist, zeigt, dass die Analyse durch Kapitalisierung des Zufalls künstliche Sensibilität generiert hat. Diese Tatsache sieht man auch daran, dass durch das Hinzunehmen weiterer, in der Baseline signifikant unterschiedlicher Prädiktoren, das adjustierte Modell leicht schlechter wird. Die Risikoreduktion von 36%, die antizipiert wurde, hätte 374 Patienten benötigt, um mit 80%iger Wahrscheinlichkeit signifikant zu werden. Erstaunlicherweise wurde exakt diese Risikoreduktion von 36% auch gefunden, die aber mit den 200 Patienten, die tatsächlich eingeschlossen worden waren, das Signifikanzniveau nicht ganz erreichte. Wurde hier ein nachträglicher Befund zur möglichen Power hochgerechnet? Fast scheint mir das so. Das weist auf das «Power-Problem» als Hauptproblem hin. Offenbar war es den Autoren nicht gelungen, die Zielanzahl Kontaktadresse: Prof. Dr. med. Andreas Michalsen, Immanuel Krankenhaus Berlin-Wannsee, Klinik für Innere Medizin, Abteilung Naturheilkunde, Königstraße 63, 14109 Berlin, Deutschland, [email protected] 326 Forsch Komplementmed 2012;19:322–326 tungszeit von 5–9 Jahren aus den Augen verlieren. Dies bedeutet einen erheblichen logistischen, finanziellen und auch verhaltensmäßigen Einsatz. Scheinbar haben manche Patienten die Intervention weitergeführt. Das gibt Hoffnung. Anscheinend kann man doch Patienten zu bleibenden Veränderungen motivieren. In den erfolgreichen Studien von Dean Ornish kommen ähnliche Mind-Body-Praktiken und Meditationstechniken als Teil eines multimodalen Programms vor. Dort waren die Effekte sehr eindrücklich. Hier sind sie weniger eindrücklich und auch weniger definitiv, dafür aber lediglich auf Meditation zurückzuführen, was elegant ist. Die Meditationsform war hier eine auf die alte vedische Tradition zurückkehrende Form der Sammlung durch Fokussierung auf ein Mantra. Obwohl häufig ein großer Unterschied zwischen Formen der Sammlung und Formen der Achtsamkeit reklamiert wird, spricht einiges dafür, dass bei Anfängern vor allem die Sammlung – Shamata –, die auch Teil der Achtsamkeitspraxis ist, von Bedeutung ist. Diese Studie legt das nahe. Überhaupt wäre aus meiner Sicht eine gemeinsame Sichtung der Achtsamkeits- und TM-Datenbasis nützlich. Jedenfalls ist hier der Grundstock zu einer hochinteressanten Arbeit gelegt, die man jetzt nochmals mit einer größeren Stichprobe, sofern man sie findet, replizieren sollte, sofern das realistisch ist. Die Studie liefert dafür eine sehr gute Plausibilitätsbegründung, wenn schon nicht ein endgültiges Argument. Address for Reprints: Robert H. Schneider, MD, FACC, Institute for Natural Medicine and Prevention, Maharishi University of Management, Fairfield, IA 52556, USA, [email protected] Kontaktadresse: Prof. Dr. Dr. Harald Walach, Institut für Transkulturelle Gesundheitswissenschaften, Europa-Universität Viadrina, Große Scharnstraße 59, 15230 Frankfurt, Deutschland, [email protected] Journal Club Downloaded by: 88.99.70.242 - 10/31/2017 6:33:46 PM der Patienten zu erreichen, die sie angestrebt oder gebraucht hätten. Sie sprechen auch von Förderungsproblemen, die sie gezwungen hatten, die Studie zunächst zu verkürzen, in einem zweiten Anlauf nochmals Geld zu generieren und die Beobachtungszeit zu verlängern. Das ist kein fataler Makel, zeigt aber organisatorische Probleme auf, die verstehen lassen, warum die Studie trotz aller schönen Seiten am Ende einfach zu wenig statistische Mächtigkeit aufweist. Man wird die Ergebnisse also cum granu salis nehmen müssen. Immerhin ist eine nicht unerhebliche Risikoreduktion – 20 Fälle versus 32 in der Kontrollgruppe oder 36% Risikoreduktion – zu sehen. Will man, wie die Gutachter der Zeitschrift, der adjustierten Analyse glauben – ich persönlich wäre hier skeptischer –, dann ist das Ergebnis sogar signifikant. Immerhin sehen die Autoren eine Dosis-WirkungsBeziehung. Zudem war es ihnen immerhin möglich, eine ziemlich große Gruppe von unterprivilegierten Schwarzen zu einer regelmäßigen Meditationspraxis anzuhalten, die im Effekt den Blutdruck um 5 mm Hg gesenkt hat, was die Autoren als einen der möglichen Wirkmechanismen annehmen. Wäre es genauso leicht gewesen, sie zu einer salzarmen Diät zu animieren? Hätte das genauso gut geholfen? Scheinbar nicht, denn in der Gesundheitserziehungsgruppe kam das sicher als Empfehlung vor. Die Studie zeigt, dass Verhaltensänderungen und Lebensstilinterventionen offenbar gut eingeführt und motivierend dargeboten werden müssen, damit sie funktionieren. Die Teilnehmer müssen sie dauerhaft in ihr Leben integrieren. Das gelang offenbar bei einer Teilstichprobe, die groß genug war, dass der Effekt durch diejenigen, die inzwischen aufgehört oder nicht mehr regelmäßig meditiert hatten, nicht allzu sehr geschwächt wurde. Man sollte auch nicht die lange Beobach-