Selbstbewusst gebären (lassen)! Beatrix Angehrn Opkara Hebamme (MSc in Midwifery) Gründungs- und Geschäftsleitungsmitglied des Geburtshauses Zürcher Oberland, Vorstandsmitglied der IGGH-CH® Hebammenkongress 2012 – Schwyz, 24. Mai 2012 – © Beatrix Angehrn Okpara 1 Definition der natürlichen Geburt • Die Geburt beginnt von selbst (Goer et al. 2007) • Bewegung während der Geburt und Wechseln von Geburtspositionen (Enkin et al. 2000) • Kontinuierliche Betreuung durch die Hebamme während der Geburt (Hodnett, Gates, Hofmeiyr, & Sakala 2003) • Wenn Interventionen, dann nur solche, die medizinisch notwendig sind (Goer et al. 2007). Schmerzmedikamente ja, aber keine Opiate und keine PDA. • Aktive Gebärposition ohne forcierte Pressphase d.h. nicht auf dem Rücken (Enkin et al. 2000) • Mutter und Kind bleiben ohne Unterbruch zusammen (Enkin et al. 2000) • Spontane vaginale Geburt ohne operative Geburtsbeendigung Quelle: „Vertrauen in die Gebärfähigkeit“, Masterarbeit 2010, Beatrix Angehrn Okpara Hebammenkongress, 24.5.2012 © Beatrix Angehrn Okpara 2 Geburtsmedizin vs. Geburtshilfe Quelle: „Grundlagen der evidenzbasierten Betreuung“, Christiane Schwarz/Katja Stahl Elwin Staude Verlag, 2011 Hebammenkongress, 24.5.2012 © Beatrix Angehrn Okpara 3 Haltung der WHO • Für die 85% der gesunden Schwangeren empfiehlt die WHO hebammengeleitete Modelle. (Quelle: Wagner 2001) • Die Hebamme ist die angemessenste verantwortliche Fachkraft für die Betreuung einer normalen (natürlichen) Geburt. (Quelle: WHO 1996, Care in normal birth: a practical guide) Hebammenkongress, 24.5.2012 © Beatrix Angehrn Okpara 4 Salutogenese Lebensbejahend Evidenzbasiert Ressourcenorientiert Grafik © Beatrix Angehrn Okpara Hebammenkongress, 24.5.2012 © Beatrix Angehrn Okpara 5 Vertrauen in die Gebärfähigkeit • Schlüssel-Erkenntnis der Masterarbeit: Die emotionale Geborgenheit und das „Mit-Einbeziehen“ der Frau in Entscheidungen sind für das Gelingen der Geburt genauso entscheidend wie die medizinische Sicherheit. • Unsere Aufgabe als Hebammen: –Frau in ihren Ressourcen und in ihrem Kohärenzgefühl (Sense of Coherence, SOC) bestärken –Unseren eigenen SOC als Hebamme stärken (Basis für die selbstbewusste Begleitung der Frauen) Hebammenkongress, 24.5.2012 © Beatrix Angehrn Okpara Quelle: „Vertrauen in die Gebärfähigkeit“, Masterarbeit 2010, Beatrix Angehrn Okpara 6 Es geht auch so! Geburtenentwicklung 1993 - 2011 250 177 159 176 168 200 132 163 145 151 150 134 133 175 161 144 150 123 146 146 113 100 54 50 0 1993 1995 1997 1999 2001 Geburt im Geburtshaus 2003 Überweisungen 2005 2007 2009 2011 Verlegungen Quelle: Geburtenstatistik Geburtshaus Zürich Oberland 1993-2011, G. Burri 2012 Hebammenkongress, 24.5.2012 © Beatrix Angehrn Okpara 7 Warum hebammengeleitete Modelle? • Höhere Zufriedenheit der Frauen • Weniger Interventionen • Gleichbleibende Sicherheit für Mutter und Kind (auch in der ausserklinischen Geburtshilfe) • Kurz- und langfristige Erhaltung der Gesundheit von Mutter und Kind • Kostengünstiger als Geburtsmedizin Quelle: Wagner 2001, Ackermann-Liebrich (1993), Buckelhurst P. (2011), Janssen PA, (2009) Hebammenkongress, 24.5.2012 © Beatrix Angehrn Okpara 8 Quelle: http://spinas-cv.com/arbeiten-list/wwf-3/ Hebammenkongress, 24.5.2012 © Beatrix Angehrn Okpara 9 Selbstbewusst gebären (lassen)! • Damit Frauen aus eigener Kraft und in Würde gebären dürfen, aktiv und selbstbestimmt • Damit Kinder in Ruhe und Geborgenheit ihr Leben beginnen können und gestärkt aus der Geburt hervorgehen Hebammenkongress, 24.5.2012 © Beatrix Angehrn Okpara 10 Was wir tun können • Uns gegenseitig den Rücken stärken • Salutogenes Hebammen-Wissen aneignen, Erfahrungen mit evidenzbasiertem Arbeiten sammeln • Verantwortung übernehmen und die eigene Meinung vertreten • Ausserhalb von Rastern denken • „Anwältin“ für die Bedürfnisse der betreuten Frau sein • Benötigte Kompetenzen gegenüber Gesundheitswesen/Politik selbstbewusst einfordern Hebammenkongress, 24.5.2012 © Beatrix Angehrn Okpara 11 Anhänge Begriffe Literatur Hebammenkongress 2012 – Schwyz, 24. Mai 2012 – © Beatrix Angehrn Okpara 12 Begriffe • Salutogenese: leitet sich vom lateinischen Wort Salus ab und bedeutet Unverletztheit, Heil, Glück, während das Wort Genese aus dem Greieschischen stammt und für Entstehung steht. Wortschöpfung von Antonovsky (1997), Entstehung von Gesundheit • Kohärenzgefühl: (Sense of Coherence, SOC): Das Gefühl von Stimmigkeit, Wohlbefinden, Harmonieempfinden. Das SOC ist eine globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmass man ein durchdringendes, andauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens hat Antonovsky (1997). Im Zentrum eines zukunftsfähigen Gesundheitskonzepts steht stimmige Verbundenheit – Kohärenz. Jedes Stimmigkeitserleben stärkt unsere Gesundheit. Petzold (2010) • Evidenzbasierte Medizin: Der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Belege (evidence) für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten. Greenhalgh (2003) Hebammenkongress, 24.5.2012 © Beatrix Angehrn Okpara 13 Literatur Ackermann‐Liebrich (1993) Nationalfondstudie der Schweiz, Hausgeburten versus Spitalgeburten: BMJ. 233 (13):1313‐1318 Angehrn Okpara B. (2010) Vertrauen in die Gebärfähigkeit, Masterthesis zur Erlangung des Masters of Science in Midwifery, Donauuniversität Krems, Österreich, [email protected] Antonovsky A. (1997) Salutogenese, zur Entmystifizierung der Gesundheit, dgvt‐Verlag, Tübingen, Übersetzung durch Franke Buckelhurst P. (2011) Perinatal and maternal outcomes by planned place of birth for healthy women with low risk pregnancies: the Birthplace in England national prospective cohort study, BMJ 2011 www.bmj.comTcontentT343/bmj.d7400 (31.03.2012) Enkin M. Keirse M. Renfrew M. Neilson J. (2000) A guide to effective care in pregnancy and childbirth. New York: Oxford University Press Goer H, Leslie MS, Romano A (2007) The Coalition for Improving Maternity Services: Evidence basis for the ten steps of mother friendly care. Step 6: Does not routinely employ practices, procedures unsupported by scientific evidence. The Journal of Perinatal Education, 16 (Suppl. 1), 32S‐64S Greenhalgh T. (2003), Einführung in die Evidence‐based Medicine, Hans Huber Verlag Bern Hodnett ED, Gates S, Hofmeiyr GJ, Sakala C (2003): Continuous support for women during childbirth. Cochrane Database Systematic Review; 3: CD003766 Janssen PA, Saxell L, page LA, Klein MC, Liston RM, Lee SK (2009) Outcomes of planned home birth with registered midwife versus planned home birth with midwife or physichian, Can Med Assoc S 2009 Petzold Th. 2010, Praxisbuch Salutogenese, südwest Schwarz Ch., K. Stahl (2011) Grundlagen der evidenzbasierten Betreuung, Elwin Staude Verlag Wagner Marsden (2001) Fische können das Wasser nicht sehen – Die Notwendigkeit einer Humanisierung der Geburt; Journal of Gynäcology and Obstetrics, Deutsche Übersetzung von Richard Holmes, bearbeitet von Clarissa Schwarz Hebammenkongress, 24.5.2012 © Beatrix Angehrn Okpara 14