Biologische Antwort als Grundlage der rekonstruktiven

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16.04.2008
14:46 Uhr
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DENTAL TRIBUNE
Medicine
German Edition · Nr. 6/2008 · 18. April 2008
Biologische Antwort als Grundlage der rekonstruktiven
Entscheidungsfindung für die prothetische Rehabilitation
von Prof. Dr. med. dent. Christian E. Besimo, Schweiz
BASEL – Die biologische Antwort auf die Vorbehandlung
liefert die Entscheidungskriterien für die definitive rekonstruktive Planung. Die Initial-
therapie umfasst deshalb auch
Maßnahmen, die die Austestung des angestrebten prothetischen Behandlungsziels vor
der definitiven Rekonstruktion
unter patientenspezifischen
biologischen Verhältnissen erlauben. Dies erfolgt mit Langzeitprovisorien, die in Form
und Funktion der prospektiven
Restauration bereits entsprechen. Dieses Vorgehen bietet
eine hohe biologische und
technische Sicherheit für die
definitive Rekonstruktion.
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Die interdisziplinäre Therapieplanung bildet die Grundlage
einer jeden prothetischen Rehabilitation mit festsitzendem oder
abnehmbarem Zahnersatz. An
erster Stelle steht die Planung
der Initialtherapie mit dem Ziel
gesunder und somit stabiler oraler Verhältnisse als Voraussetzung für die prothetische
Rekonstruktion.1–8 Die biologische Antwort auf die im Rahmen
der Vorbehandlung getroffenen
Maßnahmen liefert die patientenorientierten Entscheidungskriterien für die definitive prothetische Lösung, beispielsweise zwischen einer festsitzenden und einer abnehmbaren
Rekonstruktion. Sie wird nach
einer, in der Dauer individuell
festzulegenden, überwachten
Heilungs- und Beobachtungsphase evaluiert.9, 10 Die biologische Antwort umfasst als wichtige Indikatoren für einen langfristigen Therapieerfolg neben
der Reaktion der oralen Gewebe
auf die Initialtherapie auch Änderungen der Motivation und
Mitarbeit des Patienten. Ein weiterer bedeutender Anteil der biologischen Antwort betrifft die
Adaptation des Patienten an
funktionell bzw. kosmetisch veränderte orale Verhältnisse.12, 13
Die Initialtherapie muss deshalb
auch Maßnahmen enthalten, die
es bei entsprechender Fragestellung erlauben, die prothetische
Gesamtplanung vor der definitiven rekonstruktiven Versorgung
über längere Zeit unter patientenspezifischen biologischen
Verhältnissen auszutesten.14–17
Hierfür eignen sich Langzeitprovisorien, die in Form und Funk-
Abb. 1: Langzeitprovisorische Versorgung des Oberkiefers mit Kunststoffkronen und -brücken während der
Behandlung einer schweren Parodontitis sowie zur Austestung der
Prämolarenokklusion nach Extraktion der Molaren.
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Abb. 2a, b: Definitive Rekonstruktion
des Oberkiefers mit vollkeramischen
Kronen und Brücken.
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Die Arbeit an der prothetischen Planung ist somit ein längerer Prozess und beginnt nach
dem Vorliegen der Diagnosen
und Prognosen. In vielen Fällen
sind nach Abschluss des Erstbefundes aber noch nicht alle medizinischen, psychosozialen und
zahnärztlichen Diagnosen auch
wirklich gesichert. Diese müssen vorerst durch weitere, möglicherweise interdisziplinäre diagnostische Maßnahmen überprüft und erhärtet oder wieder
verworfen werden. Zudem können unklare Prognosen für zahnärztliche
Problemstellungen
oder die allgemeine Gesundheits- und Lebenssituation vorliegen, die ebenfalls noch keine
definitive prothetische Entschlussfassung zulassen. Unter
solchen Gegebenheiten kann die
erste Information für den Patienten nur die Besprechung der bis
zu diesem Zeitpunkt feststehenden Diagnosen und, soweit angezeigt, auch von Verdachts- oder
Differenzialdiagnosen umfassen. Mögliche Auswirkungen auf
die allgemeine und orale Gesundheit bzw. die ärztliche oder
zahnärztliche Therapie werden
besprochen.
Vorbehandlung
Eine ausführliche Aufklärung bietet dem Zahnarzt die
Möglichkeit zu überprüfen, inwieweit der Patient die Fähigkeit
und Bereitschaft besitzt, folgerichtig zu handeln. Dies ist ein
erster wichtiger Schritt im Planungsprozess, um das Optimum
für den jeweiligen Patienten herauszustellen und die Planung
der Vorbehandlungsmaßnahmen grundlegend zu bestimmen. Die Vorbehandlungsmaßnahmen müssen so ausgewählt
und bei Bedarf in mehreren Phasen aufeinander abgestimmt
werden, dass die noch offenen
Fragen in Bezug auf Diagnose
und Behandlungsfähigkeit vorhandener Pathologien beantwortet werden können. Auch unsichere allgemeine und orale
Prognosen sollten geklärt werden. Die Vorbehandlungsphasen
bieten Raum und Zeit, die Patienten und ihr biologisches System
möglichst ganzheitlich zu erkennen und infolgedessen eine hohe
Sicherheit für die patientenorientierte rekonstruktive Entscheidungsfindung zu gewinnen.7
Langzeitprovisorien
als Kontrolle der
rekonstruktiven Planung
Die Wahl des Zeitpunktes der
Planung und Herstellung von
Langzeitprovisorien ist abhängig von den individuellen Prob-
lemstellungen sowie von Art
und Verlauf der Vorbehandlung.
Langzeitprovisorien können bereits während der Initialtherapie
notwendig werden, um die Hygienefähigkeit des Patienten sicherzustellen bzw. Funktion und
Ästhetik nach Extraktion nicht
erhaltbarer Zähne aufrechtzuerhalten. Langzeitprovisorien dienen aber insbesondere der Überprüfung der biologisch-rekonstruktiven Wertigkeit fraglicher
Pfeilerzähne sowie des gesamten geplanten prothetischen
Therapiekonzeptes.14–17 (Abb. 1
und 2) Dabei lassen sich auch
kosmetische Aspekte zu Form,
Stellung und Farbe der Zähne
bzw. zur Anatomie des Weichund Hartgewebes einwandfrei
klären, indem Veränderungen
an den (in der Regel aus Kunststoff bestehenden) Provisorien
und deren Anpassung an veränderte Schleimhautverhältnisse
durchgeführt werden. Die Langzeitprovisorien werden so lange
getragen, bis alle biologischen
und kosmetischen Fragen beant-
wortet und sowohl Behandlungsteam als auch Patient von
der Richtigkeit des eingeschlagenen rekonstruktiven Weges
überzeugt sind.
Planung und Herstellung
der Langzeitprovisorien
Studienmodelle in einem teilweise einstellbaren Artikulator
dienen der indirekten Funktionsanalyse sowie der Planung
der langzeitprovisorischen Rekonstruktion. Sollen die okklu-
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salen Parameter im Laufe der
Therapie wesentlich verändert
werden bzw. gehen diese durch
ausgedehnte Präparationsmaßnahmen verloren, so werden die
vorhandenen sowie die durch
Langzeitprovisorien optimierten und auszutestenden okklusalen Führungsverhältnisse auf
dem Inzisalteller des Artikulators verschlüsselt. Zudem werden die ursprüngliche und eine
möglicherweise neu angestrebte
Bisshöhe quadrantenweise mit
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Patienteninformation
und -aufklärung
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bionic
tion der angestrebten prothetischen Versorgung bereits entsprechen.18–21 Erscheinen Veränderungen der okklusalen Kontakt- und Führungsverhältnisse
aus rekonstruktiver Sicht indiziert, so sollte durch geeignete
diagnostische und therapeutische Maßnahmen sichergestellt
werden, dass bei fehlender
Adaptation an die neue Situation,
z. B. durch kognitive Einschränkungen, die funktionelle Ausgangslage wieder hergestellt
werden kann.
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Kunststoffschlüsseln festgehalten. Dieses Vorgehen erlaubt bei
fehlender Adaptation des Patienten die Wiederherstellung der
ursprünglichen funktionellen
Verhältnisse.
Als Vorlage für die diagnostische Wachsmodellation werden
Porträtaufnahmen aus früheren
Jahren verwendet und so eine altersgerechte Angleichung der
Form und Stellung der Zähne an
die ursprüngliche Situation erreicht. Die diagnostische Wachsmodellation ist Grundlage für die
Planung der Präparationsmaßnahmen. Die Präparationsformen werden für die einzelnen
Pfeilerzähne festgelegt. Silikonschlüssel der Wachsmodellation
gewährleisten während der Pfeilerpräparation einen gezielten
Substanzabtrag. Die präparierten Pfeilerzähne werden mit einer elastomeren Präzisionsmasse abgeformt. Die Montage
des Arbeitsmodells erfolgt mit einem zentrischen Wachsregistrat.
Die diagnostische Wachsmodellation wird nun mit Silikonschlüsseln vom Studien- auf das
Arbeitsmodell übertragen. Das
Wachs wird dabei nicht direkt
auf die Gipspfeiler, sondern auf
feine Kunststoffhütchen aufgebracht. Wachskronen und -brücken können somit vom Modell
abgenommen und am Patienten
einprobiert werden. Zahnaufstellungen in Wachs für abnehmbare Prothesenteile werden
ebenfalls abnehmbar auf Kunststoffplatten aufgebracht. Dieses
Vorgehen bietet die Möglichkeit,
in anspruchsvollen Fällen und
bei größeren kosmetischen Veränderungen die neue Situation
noch vor der Anfertigung der
Langzeitprovisorien intraoral zu
überprüfen. Form und Stellung
der Zähne können mit dem Patienten besprochen, Korrekturen einfach und schnell durchgeführt werden. Ebenso lässt sich
die Phonetik austesten. Die direkt am Patienten evaluierte
Wachsmodellation bzw. -aufstellung stellt eine optimale Vorlage
für die Herstellung der Langzeitprovisorien dar. Die hierzu verwendeten Kunststoffmaterialien
und Fertigungstechniken werden in Abhängigkeit der mechanischen und optischen Anforderungen an die Provisorien ausgewählt (Abb. 3 und 4).
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b
a
Abb. 3a, b: Einprobe der aufgewachsten Frontzahnkronen im Oberkiefer (a)
zur Klärung kosmetischer Fragestellungen als Vorbereitung für die Herstellung von geschichteten Kunststoffprovisorien (b).
Abb. 4: Definitive vollkeramische
Frontzahnrekonstruktion.
Fazit
zeitprovisorien nach der vorgestellten Methode hat – je nach
Größe der auszutestenden prothetischen Rehabilitation – einen
erheblichen therapeutischen
und finanziellen Mehraufwand
zur Folge. Eine für den Patienten
positive Kosten-Nutzen-Analyse
ist abhängig von der Komplexität
der biologischen und rekonstruktiven Problemstellungen,
die im Rahmen der Vorbehandlung als Grundlage von Planung
und Durchführung der definitiven prothetischen Rehabilitation
gelöst werden müssen. DT
Langzeitprovisorien
gewährleisten während der Vorbehandlungsphase
optimierte
funktionelle und kosmetische
Verhältnisse. Iatrogene Reize
können beseitigt und die Hygienefähigkeit der Patienten sichergestellt werden. Die biologische
Antwort der oralen Gewebe auf
die Initialtherapie wird somit begünstigt.11, 14, 16 Langzeitprovisorien ermöglichen zudem vor der
definitiven Rekonstruktion das
Austesten des angestrebten prothetischen Behandlungsziels unter patientenspezifischen biologischen Verhältnissen. Dabei
sind sowohl die Reaktion der oralen Gewebe zur Beurteilung der
prothetischen Pfeilertauglichkeit sowie die Adaptation der Patienten an funktionell bzw. kos-
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metisch veränderte orale Verhältnisse von Bedeutung.12, 13, 17
Langzeitprovisorien bieten somit eine hohe biologische und
technische Sicherheit für die definitive Rekonstruktion. Sie erlauben eine dreidimensionale
Definition des angestrebten rekonstruktiven Therapiezieles
und bilden eine wichtige Grundlage für die erfolgreiche Kommunikation im Team und mit
dem Patienten.18–21 Häufig kann
der Patient die Auswirkungen
von funktionellen und kosmetischen Veränderungen erst wirklich nachvollziehen, wenn er Gelegenheit erhält, diese an sich
selbst zu erproben. Die intraorale Einprobe der diagnostischen Wachsmodellation stellt
infolgedessen bei anspruchsvoller Ausgangslage eine hervorragende Diskussionsgrundlage für
die Herstellung der Langzeitprovisorien dar. Veränderungen der
Form und Stellung der Zähne
können mit den Patienten besprochen und bei Bedarf einfach
korrigiert werden.
Die Anfertigung von Lang-
Kontakt:
Prof. Dr. Ch. E. Besimo
Leitender Arzt
Abteilung Zahnmedizin und
Stellvertretender Chefarzt
Aeskulap-Klinik
Gersauerstr. 8
CH-6440 Brunnen
Tel.: +41-41/825 49 22
Fax: +41-41/825 48 63
[email protected]
Die Literaturliste kann in der
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l Wettbewerbe
l
· 1977–1982 Studium der Zahnmedizin an
der Universität Zürich
· 1983 Promotion mit einer experimentellen Arbeit auf dem Gebiet der oralen Implantologie
· 1982–1984 Assistent in einer Privatpraxis in Freiburg im Üchtland
· 1985–1987 Assistent am Departement
für Kronen- und Brückenprothetik der
Klinik für Prothetik und Kaufunktionslehre des Zentrums für Zahnmedizin der
Universität Basel
· 1987–1989 Oberarzt am Departement für abnehmbaren Zahnersatz der Klinik für Prothetik und Kaufunktionslehre des Zentrums
für Zahnmedizin der Universität Basel
· 1989–1998 Leitender Oberarzt, selbstständige Leitung des Departements für abnehmbaren Zahnersatz der Klinik für Prothetik und
Kaufunktionslehre des Zentrums für Zahnmedizin der Universität Basel
· 1991/1993 Forschungsaufenthalte als Visiting Associate Professor am Department of Periodontology, College of Dentistry, University of Florida, Gainesville, USA
· 1993 Habilitation an der Universität Basel mit einer weiteren Arbeit auf dem Gebiet der oralen Implantologie
· 1993 Spezialist SSO für Rekonstruktive Zahnmedizin
· 1993–1997 Präsident der Zahnärztlich Prothetischen Gesellschaft
der Schweiz
· seit 1995 Lehrer der Akademie Praxis und Wissenschaft, Düsseldorf
· 1998 Forschungs-Sabbatical
· seit 1998 Lehrauftrag für Alterszahnmedizin an der Universität
Basel
· seit 1999 Vorsteher der Abteilung für Orale Medizin an der Aeskulap-Klinik in Brunnen
· 2004 Ernennung zum Titularprofessor für Zahnmedizin an der
Medizinischen Fakultät der Universität Basel
· 2007 Ernennung zum Stellvertretenden Chefarzt der AeskulapKlinik in Brunnen
Forschungsschwerpunkte:
· Festsitzende und abnehmbare Rekonstruktionen in der Adhäsivprothetik
· Implantatgetragene Suprastrukturen
· Synoptische Behandlungskonzepte in der Alterszahnmedizin
· CAD/CAM-gestützte Verfahren, Vollkeramik
· Komplementärmedizinische Ansätze im Bereich der zahnärztlichen Diagnostik und Therapie
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