Kündigungsschutz im Kleinbetrieb Ein Kleinbetrieb liegt vor, wenn weniger als 10 Arbeitnehmer (früher 5) beschäftigt sind. Das Kündigungsschutzgesetz findet nur dann Anwendung, wenn diese Zahl überschritten und der Arbeitnehmer länger als 6 Monate beschäftigt ist. Ist daher ein Arbeitnehmer in einem solchen Kleinbetrieb schutzlos? Kann er willkürlich gekündigt werden? Nein sagte schon 1998 das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 97, 169), was später dann das Bundesarbeitsgericht auch mit Urteil vom 21.02.2001 bestätigt hat. (AZR 15/00). Ein Mandant kam zu mir und sagte, er sei in einem solchen Kleinbetrieb gekündigt worden und sein damaliger Anwalt hätte ihm gesagt, dass er keine Chance hätte gegen diese Kündigung vorzugehen. Hätte er doch gehabt. Der Kollege kannte diese Entscheidung offenbar nicht. Im Gesetz ist dieser Schutz zwar nicht geregelt. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch ausgeführt, dass auch in Kleinbetreiben über Artikel 12 des Grundgesetzes und dem § 138 BGB, der einen Verstoß gegen die „guten Sitten“ sanktioniert, ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme bei der Auswahl eines zur Kündigung anstehenden Arbeitnehmers zu wahren ist. Geschieht dies nicht, so ist die Kündigung wegen eines Verstoßes gegen „Treu und Glauben“ (§ 242 BGB) unwirksam. Es gelten daher auch in Kleinbetrieben die Kriterien, die in Großbetrieben anzuwenden sind. Wenn der Arbeitgeber kein besonderes eigenes Interesse an einem bestimmten Arbeitnehmer – z.B. aufgrund dessen spezieller Qualifikation – hat, so muss er die allgemeinen Grundsätze bei der Auswahl beachten. D.h.: die Länge der Betriebszugehörigkeit, das höhere Alter des Mitarbeiters, die höhere Zahl an unterhaltsberechtigten Familienmitgliedern oder eine Schwerbehinderteneigenschaft sind den Mitarbeitern gegenüberzustellen, die im Betrieb verbleiben sollen. Sind also im Betrieb jüngere Mitarbeiter beschäftigt, die weniger Berufsjahre aufweisen können und weniger oder gar keine Unterhaltsverpflichtungen haben, so muss der gekündigte Arbeitnehmer innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung (Eingang bei Gericht) Kündigungsschutzklage erheben. Er muss dann darlegen (vortragen), dass gleich qualifizierte Mitarbeiter, auf die die vorstehenden Kriterien zutreffen, im Betrieb verbleiben sollen, also für seinen Chef/Chefin ein spezielles Interesse an der Beibehaltung der anderen Mitarbeiten nicht gegeben ist, dass es gerade ihn trifft, daher willkürlich ist. Dann müsste der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass die anderen Arbeitnehmer z.B. eine höhere Qualifikation hätten, er also ein eigenes spezielles Interesse an der Beibehaltung der nicht gekündigten Arbeitnehmer hat. Gelingt ihm das nicht, z.B. weil es keine besonderen Qualifikationen gibt, dann ist die Kündigung unwirksam. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dürfte dann sowohl wegen der Kündigung und dem anschließenden Rechtsstreit dem Arbeitnehmer kaum noch zuzumuten sein, so dass das Arbeitsgericht den Vorschlag machen wird, das Arbeitsverhältnis zu beenden gegen Zahlung einer Abfindung. Diese richtet sich wiederum nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Regelmäßig wird ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr zugesprochen, bei älteren Arbeitnehmer auch mehr. Würde die Abfindung aber dazu führen, dass der Betrieb Insolvenz anmelden müsste, dann müssen die Parteien mit Hilfe des Gerichtes einen Betrag ermitteln, mit dem beide Seiten leben können, oder aber, das Arbeitsverhältnis besteht weiter. Letzteres ist dann der Grund, weshalb gekündigte Arbeitnehmer auch mit kleineren Abfindungen – die sie als Genugtuung empfinden – zufrieden sind. Es lohnt sich also auch gegen eine Kündigung in einem Kleinbetrieb vorzugehen. Thilo Müller, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Rechtsanwalt & Notar Bahnhofstraße 22 64668 Rimbach Tel: 06253 / 98 28 0 Fax: 06253 / 98 28 28 www.mueller-rimbach.de