Jahresmedienkonferenz der Schweizer Fleischwirtschaft Zürich, 13. April 2016 Fleischgenuss – Stopp der Bevormundung und Förderung der Wahlfreiheit Dr. Ruedi Hadorn, Direktor des SFF Zunehmende Eingriffsversuche in das Essverhalten der Bevölkerung sind inakzeptabel Im Zusammenhang mit dem Fleischkonsum machen sich in unserer Gesellschaft gerade in den letzten Monaten und Jahren bedenkliche Tendenzen breit, die anstelle der Wahlfreiheit des einzelnen die Bevormundung durch Gebote und Verbote in den Vordergrund rücken. Beispiele hierfür gibt es zuhauf, wie dies die Aufrufe bzw. inakzeptablen Zwangsvorgaben für fleischlose Tage v.a. im Bereich der Ausserhausverpflegung, die unverschämten Forderungen nach einer ausschliesslichen Förderung der vegetarischen bzw. veganen Ernährungsweisen in den Verpflegungsstätten, die einseitige Benachteiligung im Bereich des neuen Lebensmittelrechts, die Volksinitiativen der Grünen zu „Fair Food“ bzw. „Grüne Wirtschaft“, die unverständlichen parlamentarischen Vorstösse für eine verschärften Deklaration von Importfleisch nach den Vorgaben der hiesigen Tierschutzgesetzgebung sowie die unsäglichen Krebsstudien der WHO bzw. der Eidgenössischen Ernährungskommission bestens illustrieren. Dieses anhaltende und einseitige Sperrfeuer auf das Lebensmittel Fleisch bereitet der gesamten Fleischbranche zunehmend Sorgen, zumal sich die damit verbundenen Botschaften mit der Zeit ungerechtfertigterweise in den Köpfen der Schweizer Bevölkerung festsetzen könnten, was wohl die Absicht der Initianten ist. Dagegen wehrt sich der SFF und mit ihm die gesamte fleischverarbeitende Branche mit ihren rund 24‘000 Beschäftigten mit Nachdruck, weshalb die Schweizer Bevölkerung hier und heute für die Problematik sensibilisiert werden soll. Da immer mit der Schlachtung eines Tieres verbunden, stellt Fleisch wohl das emotionellste aller Lebensmittel dar. Dies macht sich zunehmend auch darin bemerkbar, dass die unterschiedlichsten Interessenkreise das Lebensmittel Fleisch als Instrument nutzen, um ihre jeweiligen Botschaften den angepeilten Bevölkerungskreisen nahe zu bringen. Gerade in letzter Zeit häufen sich diesbezüglich die Vorstösse aus der Politik wie auch aus privaten Kreisen. So sind derzeit im eidgenössischen Parlament zwei Vorstösse hängig, die nach zusätzlichen Angaben und Anforderungen an die Deklaration von importiertem Fleisch verlangen, nämlich die Parlamentarische Initiative 13.449 von alt Nationalrat Pierre Rusconi „Haltung und Produktion bei importiertem Fleisch und Fisch deklarieren“ sowie die Motion 14.3506 von Nationalrat Albert Rösti „Gleich lange Spiesse für die inländische Nahrungsmittelproduktion und für Nahrungsmittelimporte“. Die Parlamentarische Initiative Rusconi wird wohl am 27. April im Rahmen der Sondersession im Nationalrat beraten; ein Behandlungsdatum für die Motion Rösti steht noch nicht fest. Ins gleiche Horn stösst die Petition 13.2048 der Tierpartei Schweiz „Deklarationspflicht für 1 Importfleisch“, der der Ständerat am 19. März 2015 keine Folge gegeben hat. Sämtliche Vorstösse zielen dahin, dass Importfleisch, das unter zum Schweizer Tierschutzgesetz abweichenden Bedingungen im Ausland produziert wird, mit einer separaten Deklaration zu versehen sei. Keiner der Vorstösse macht jedoch eine Aussage dazu, wie dies konkret geschehen soll und genau darin liegt die Krux, denn wohl keines der ausländischen Tierschutzgesetze ist mit dem schweizerischen identisch. Folglich stellt sich die Frage, ab welchem Ausmass Abweichungen zu deklarieren sind, wer dies kontrolliert und schliesslich bezahlt. Die Folge davon dürfte bei einer allfälligen Annahme sein, dass sämtliches Importfleisch, auf das wir angesichts des eigenen Selbstversorgungsgrad von rund 80% auch weiterhin angewiesen sind, mit einer entsprechenden Deklaration versehen wird, um kein Risiko einzugehen. Genau damit fällt jedoch der Effekt der erhofften Zusatzinformation weg, der Aufwand der Mehrdeklaration würde hingegen bleiben – ganz nach dem Motto „ausser Spesen nichts gewesen“. Auch im Bereich der Volksinitiativen sind derzeit vor allem zwei Vorlagen der Grünen Partei hängig, die direkt gegen den Fleischkonsum zielen. Da ist zum einen die Volksinitiative „Grüne Wirtschaft“ zu nennen, die eine Abkehr von der Fleischwirtschaft durch staatliche Vorgaben anstrebt. Nachdem sie samt Gegenvorschlag vom Parlament abgelehnt wurde, wird die Volksinitiative voraussichtlich am 25.9.2016 dem Volk zur Abstimmung vorgelegt. Ebenfalls als kontraproduktiv erweisen dürfte sich die Fair Food“-Initiative, die für Importprodukte Mindeststandards auf der Basis der schweizerischen Produktionsanforderungen anstrebt und damit die jeweiligen Situationen vor Ort klar verkennt. Wenngleich die Schweiz für viele ausländische Lieferanten aufgrund der vergleichsweise guten Preise geschätzt wird, so ist es aus Sicht des SFF eine Illusion zu glauben, dass die geringe Marktmacht der Schweiz ausreicht, um im internationalen Umfeld die angestrebten Änderungen auch nur ansatzweise zu erreichen. Denn angesichts des globalen Bevölkerungswachstums sind gerade in den letzten Jahren vermehrt grössere Länder als Importländer am internationalen Lebensmittelmarkt aufgetreten, für die es ein Leichtes ist, die von der Schweiz benötigten Mengen, abzusaugen. Damit stellt sich die berechtigte Frage, was mit derartigen Schritten im Ausland überhaupt erreicht werden kann bzw. ob die jeweiligen Initianten mit ihren Ansinnen nicht einzig und alleine die hiesige Volkswirtschaft hierzulande in ihrer unternehmerischen Freiheit einschränken bzw. in ihrer Wettbewerbsfähigkeit weiter schwächen. Nachdem breite Konsumentenkreise auch hierzulande ihr Kaufverhalten einzig nach dem Preis, dem Preis und nochmals dem Preis ausrichten, vertritt der SFF die klare Auffassung, dass anstelle der angepeilten staatlichen Vorgaben eine Positivdeklaration durch die Wirtschaft selber und damit der Nutzung der jeweiligen Marketingmöglichkeiten viel sinnvoller ist. Auf dieser Basis soll der/die mündige Konsument/in selber entscheiden können, ob er/sie die Ziele der Initianten über seinen/ihren Kaufentscheid konkret unterstützen will oder nicht. Im Zusammenhang mit dem über 2‘000 Seiten dicken Lebensmittelverordnungspaket „Largo“, das letztes Jahr einer breiten Vernehmlassung unterzogen wurde, soll in zusammengesetzten Lebensmitteln die Herkunft von Zutaten mit Fleisch bzw. Fisch aufgrund des anscheinend höheren Informationsbedürfnisses der Konsumentinnen und Konsumenten – direkt nachgewiesen ist dieses gemäss unseren Kenntnissen aber nicht – bereits ab einem Anteil von 20% einseitig deklariert werden müssen. Dies im Gegensatz zu den übrigen Lebensmitteln, für die ein Anteil ab 50% vorgesehen ist, bzw. zur EU, wo dies gar noch nicht der Fall ist und die EU-Kommission eine verpflichtende Kennzeichnung aufgrund des Missverhältnisses von Aufwand und Ertrag als nicht opportun beurteilt hat. Im Zusammenhang mit „Largo“ hat der SFF in seiner Stellungnahme übrigens auch verlangt, dass die Begriffe „vegetarisch“ und „vegan“ nicht in Verbindung mit den jeweiligen Branchenbezeichnungen verwendet werden dürfen, da 2 dies einem Widerspruch in sich gleichkommt (z.B. Veggie-Metzg, veganes Schnitzel, vegetarischer Burger, Veggie-Wurst, Veggie-Rindsfilet in Stücken - vegan) – eine Forderung, die nun auch in Europa aufgenommen wird. Ebenso unverständlich sind die Berichte der Eidgenössischen Ernährungskommission aus dem Jahre 2014 sowie der WHO vom letzten Jahr zum Krebsrisiko beim Konsum von rotem Fleisch und von Fleischprodukten. Dies deshalb, weil die gemachten Aussagen 1. nicht auf kausalen, sondern rein auf statistischen Zusammenhängen, sog. Korrelationen, beruhen, 2. nur relative Risiken ohne Nennung der absoluten Niveaus aufzeigen, 3. die Korrektur der Daten um die bekannten Krebsrisiken wie Übergewicht, mangelnde Bewegung, Ernährung mit/ohne Fleisch, Rauchen, Alkohol, Alter, Geschlecht, Kulturkreis, etc. im Unklaren bleibt, und 4. eine umfassende Beurteilung des Lebensmittels Fleisch unter Einbezug der positiven Faktoren wie Genuss bzw. der ernährungsphysiologischen Bedeutung von Fleisch nur am Rande einbezogen wurde. Interessant ist auch die Tatsache, dass der Hype der WHO-Studie rein auf einer Medienmitteilung der zur WHO gehörenden Internationalen Krebsagentur beruhte und der entsprechende Schlussbericht damals und auch heute noch nicht vorliegt. Schon das nachmalige Zurückkrebsen der WHO – was anscheinend sehr selten sein soll – ist ein Indikator für die wacklige Grundlage, die auch einiges an Effekthascherei vermuten lässt. Trotz der positiven Wirkung verschiedener Nährstoffe wie lebensnotwendige Eiweissund Fettbestandteile, Eisen, Zink, Selen oder Vitamin B12 und deren oftmals besseren Bioverfügbarkeit wird Fleisch in verarbeiteter Form in Bezug auf einzelne Nährstoffe nebst anderen Lebensmitteln mit dem zu hohen Salzkonsum in Verbindung gebracht. Ohne den Effekt der Salzstreuer einseitig in den Vordergrund rücken zu wollen, hat der SFF bereits 2011 unter Berücksichtigung der sensorischen, technologischen und konservierenden Eigenschaften von Kochsalz dessen Gehalte in seinen Wurstrezepturen um rund 20% gesenkt. Lange Zeit war auch das Fleischfett, insbesondere aufgrund seines Gehaltes an gesättigten Fettsäuren, im Zusammenhang mit Übergewicht stark umstritten. Hier hat sich gerade in der letzten Zeit die Ansicht durchgesetzt, dass neben der Menge der Aufnahme auch das Ausmass der Bewegung von grösster Bedeutung ist. Zudem kommen die gesättigten Fettsäuren in neueren Ernährungsstudien wesentlich besser weg, zumal sich die Thematik eher auf die leichter verdaulichen Kohlenhydrate verlagert hat. Starke Zunahme der Bevormondungsversuche und –vorstösse Gerade in den letzten Jahren und Monaten haben diverse Vorstösse und Kampagnen für den Ausschluss von Fleisch aus vegetarischen und veganen Kreisen Verbreitung gefunden, wobei sich einzelne Interessengruppen noch gegenseitig emporschaukelten. Beispiele hierfür sind: - der vom Stadtparlament in Lausanne beschlossene, obligate fleisch- und fischlose Tag pro Woche in den öffentlichen Kantinen der Stadt - der Vegitag in Lyss im 2012, um den es sehr ruhig geworden ist und dessen Protagonistin zwischenzeitlich vom Stimmvolk abgewählt wurde - die Forderungen aus Studentenkreisen für ein Fleischverbot in Mensen an den Universitäten Bern, Basel und Zürich, denen der erhoffte Erfolg verwehrt blieb - die Aufrufe zur veganen Ernährung durch einzelne Tierschutzorganisationen, die aufgrund der Einseitigkeit der jeweiligen Botschaften nur auf ein geringes Echo stiessen - die Forderung der Grünen Partei Deutschlands nach einem Veggietag, der ihr in den Wahlen 2013 ein Wahldebakel sondergleichen beschert hat. 3 Weitere Bestrebungen gehen in die Richtung, dass nicht nach einem Fleischverbot, aber einer expliziten Förderung der veganen bzw. vegetarischen Ernährungsweise in der Ausserhausverpflegung verlangt wird. Beispiele hierfür sind von Sentience Politics im Kanton Basel Stadt und der Stadt Zürich lancierten Volksinitiativen zur Senkung des Konsums von tierischen Produkten und zur Erhöhung des Anteil vegetarischer und veganer Menüs, über deren Ergebnis bei den Unterschriftensammlungen uns noch nichts bekannt ist. Sollten derartige Bestrebungen wirklich umgesetzt werden, dann müssten konsequenterweise auch andere Ernährungsweisen von Minderheiten, wie z.B. die Paleo-Diät („Urzeit“-Diät“) mit viel Fleisch und Früchten, im Sinne der Gleichbehandlung ebenso obligat gefördert werden. Wie solche Vorgaben in der Praxis im einzelnen Verpflegungsbetrieb jedoch umgesetzt werden sollen, bleibt aus Sicht des SFF mehr als fraglich. Auch hier gilt, dass es im Sinne der unternehmerischen Freiheit jedem einzelnen Betrieb zu überlassen ist, wie er sich bezüglich der unterschiedlichen Ernährungsweisen in seinem Teilmarkt bzw. seiner Kundschaft positionieren will. Ein weiteres Beispiel für die Instrumentalisierung des Lebensmittels Fleisch stellen die Spendenkampagnen „Sehen und Handeln“ der kirchlichen Hilfswerke „Fastenopfer“ und „Brot für alle“ dar. Dabei versuchten die kirchlichen Protagonisten, über breit gestreute Plakate mit Bildern eines Hamburgers (2013) bzw. eines Poulets (2015) die breite Bevölkerung auf einer besonders emotionalen Seite anzusprechen und dabei das Lebensmittel Fleisch zwecks Beanstandung der Lebensumstände in den angesprochenen Ländern ungerechtfertigterweise als Sündenbock in den Mittelpunkt zu stellen. Ein Unterfangen, das den SFF jeweils zu einem geharnischten Protest veranlasste und zumindest in Kreisen der Fleischwirtschaft eher den Effekt einer Spendenverweigerung, denn einer Spendengenerierung gehabt haben dürfte. Neuerdings häufen sich auch Meldungen der Bevormundung in anderer Art und Weise, indem in verschiedenen öffentlichen Verpflegungsstätten zunehmend Schweinefleisch aus dem Angebot gekippt wird. Damit wollen die jeweiligen Betriebe einerseits den Befindlichkeiten einzelner Glaubensgruppen, die klar in der Minderheit sind, im Vornherein aus dem Wege gehen, und andererseits ihre Speisepläne vereinfachen. Umgekehrt führt dies aber dazu, dass die grosse Mehrheit der Bevölkerung aufgrund der religiösen Vorgaben einer Minderheit in ihrer Menüauswahl ungebührlich eingeschränkt wird. Daraus soll keinesfalls eine „Schweinefleisch-Pflicht“ abgeleitet werden, wie dies dem deutschen Ernährungsminister Schmidt in den letzten Tagen ungerechtfertigterweise unterstellt wurde. Das Ziel muss jedoch klar in der Wahlfreiheit der einzelnen Konsumentinnen und Konsumenten auch im Hinblick auf Schweinefleisch liegen. Wie all die genannten Beispiele zeigen macht sich in der Schweiz gerade in Bezug auf den Fleischkonsum zunehmend eine Welle von Bevormundungstendenzen breit, wozu die unterschiedlichsten Beweggründe ausschlaggebend sind. Wie die grosse Mehrheit der Online-Kommentare zu den jeweiligen Presseberichten in aller Deutlichkeit zeigen, haben breite Bevölkerungskreise derartigen Belehrungen schlichtwegs satt und lehnen diese in aller Deutlichkeit ab! Auch der SFF teilt diese Ansicht unmissverständlich, weshalb das Thema an dieser Stelle auch aufgenommen wurde. Gleichzeitig vertritt der SFF unverändert die Auffassung, dass anstelle von staatlicher Bevormundung der Bevölkerung besser die Wahlfreiheit des einzelnen in den Vordergrund zu rücken ist, zumal gerade sie und nicht durch den Staat bzw. anderweitig verordnete Gebote und Verbote die Innovation unserer Unternehmen und damit die gesamte Volkswirtschaft stärken. Dass die Schweiz mit ihrer Innovationskraft und ihrem Bildungssystem dazu bestens prädestiniert ist, hat sie auch international immer wieder bewiesen – lassen wir unseren Firmen und KMU auch in Zukunft die Möglichkeit dazu! 4