Seite 16 GET-Skript 2 Der Stromkreis 2.1 Bewegte Ladungen Bei nicht homogener Verteilung positiver und negativer Ladung: Aufbau eines elektrischen Feldes E - Kraft F = q ⋅ E auf jede Ladung q - Antriebskraft (elektromotorische Kraft, EMK) für Ausgleichsvorgang ist vorhanden. - Wenn Verbindungsweg vorhanden, kann der Ausgleich durch Bewegung der Ladung stattfinden. Beispiel: Zwei Metallplatten mit Elektronenüberschuß (-), bzw. Elektronenmangel (+). Elektronenüberschuß −− Elektronenmangel − −− ++ + ++ Bewegungsrichtung der Elektronen Stromrichtung nach Definition Leiter Man kann den Ausgleichsvorgang als Funktion der Zeit beobachten. - Kupferdraht, Silberdraht usw.: schneller Ausgleich - Holzstab, Faden usw.: langsamer Ausgleich, d.h. transportierte Ladungsmenge pro Zeit ist unterschiedlich. Man definiert: Die elektrische Stromstärke I ist die pro Zeiteinheit durch einen gegebenen Querschnitt hindurchfließende Ladungsmenge I = δq ⁄ δ t . Für zeitlich veränderliche Ströme wählt man δt → 0 , also I = dq / dt Definition der Stromstärke Die Einheit der Stromstärke heißt Ampere (Basiseinheit im MKSA-System) ; [ I ] = A = Ampere Der Stromkreis Seite 17 2.2 Quellen Beim Ausgleichsvorgang kommt die Antriebskraft ( E -Feld, EMK bzw. Spannung U) aus der ungleichen Ladungsverteilung nimmt also zeitlich ab. Einen Gleichstrom erhält man, wenn die Elektromotorische Kraft (EMK), auch Quellspannung bzw. Urspannung trotz des fließenden Stromes I konstant bleibt, wenn also zur Erhaltung des Überschusses (-) bzw. Mangels (+) Ladung nachgeliefert wird . Dies geschieht durch - chemische Vorgänge (Batterien, Akkumulatoren), mechanische Ladungstrennung (Reibung usw.), Induktionsvorgänge (Generatoren), photoelektrischen Effekt (Solarzellen) wobei mechanische, chemische Energie bzw. Strahlungsenergie in elektrische Energie umgewandelt wird. Es wird also zwischen zwei Polen eine konstante Spannung erzeugt, man spricht von einer Spannungsquelle + Pluspol U Zählpfeil - Minuspol Der Zählpfeil wird so definiert, daß er vom positiven Pol (Elektronenmangel) zum negativen Pol (Elektronenüberschuß) zeigt. Die technische Stromrichtung (Zählpfeilrichtung) ist also der Bewegungsrichtung der Elektronen entgegengesetzt und stimmt mit der Bewegungsrichtung positiver Ladungsträger überein (z.B. mit der Bewegungsrichtung positiver Ionen) Verbindet man beide Pole einer Quelle mit einem Leiter, so fließt ein Strom konstanter Stärke an jeder Stelle dieses Stromkreises, also ein Gleichstrom. Seite 18 GET-Skript 2.3 Stromstärke und Stromdichte Beschreibung der Stromstärke ist möglich dq - entweder über I = -----dt - oder durch Ladungsdichte ρ und Geschwindigkeit v der Ladungsträger, die durch Leiterquerschnitt A laufen. δq Ladung Ladungsdichte ρ = ------- = ----------------------δV Volumen δl A δQ δV Bei gleichförmiger Geschwindigkeit v der Ladungsträger und bei gleichförmiger Verteilung über den senkrechten Querschnitt A, ist I = δ q ⁄ δ t = ρ ⋅ δV ⁄ δt = ρ ⋅ A ⋅ δl ⁄ δt = ρ ⋅ A ⋅ v oder I ⁄ A = ρ ⋅ v Man bezeichnet I/A = Strom pro Fläche als Stromdichte S, also S = ρ ⋅ v . Im allgemeinen ist aber die Geschwindigkeit der Ladungsträger nicht gleichförmig und senkrecht zum Querschnitt A und die Stromdichte S ist ein Vektor, dessen Richtung durch die Bewegungsrichtung der Ladungsträger festgelegt wird zu S = ρ⋅v Die Stromdichte ist also an unterschiedlichen Stellen des Leiters unterschiedlich, hängt vom Ort (x,y,z) ab und ist demzufolge ein Feld (Strömungsfeld), also genauer S ( x, y, z ) = ρ ⋅ v ( x, y, z ) Berechnet man den Fluß dieses Vektorfeldes (siehe Werkzeuge, 1.4.1), so läßt sich leicht der Gesamtstrom I durch einen beliebigen Leiterquerschnitt A berechnen. Der Stromkreis Seite 19 dA v, S Für ein Flächenelement d A ist der Teilfluß S ⋅ d A = ρ ⋅ v ⋅ d A = ρ ⋅ v ⋅ dA ⋅ cos α Zerlegt man v bzw. S in Komponenten parallel bzw. senkrecht zur Oberfläche des Elements d A , so ist in der obigen Gleichung v ⋅ cos α = v ⊥ die senkrechte Komponente von v und S ⋅ d A = ρ ⋅ v ⊥ ⋅ dA Für senkrecht zur Oberfläche mit v = v ⊥ laufende Ladungen galt aber dI ⁄ dA = ρ ⋅ v ⊥ . Dann ist S ⋅ d A = ρ ⋅ v ⊥ ⋅ dA = ( dI ⁄ dA ) ⋅ dA = dI und für die gesamte Fläche A ist I = I = ∫ A dI = ∫A S d A = ∫ A dI und somit ∫A ρ ⋅ v d A Also: Gleiche Stromstärke I aus vielen Ladungsträgern (großes ρ ) bei kleiner Geschwindigkeit v oder wenigen Ladungsträgern bei großer Geschwindigkeit oder bei beliebiger Geschwindigkeitsverteilung. Ebenso: Gleiche Stromstärke I aus positiven Ladungsträgern ρ mit positiver Geschwindigkeit v wie aus negativen Ladungsträgern - ρ mit negativer Geschwindigkeit - v oder beliebiger Mischung. Merke: Bis auf wenige Ausnahmen (z. B. Hall-Effekt) hängen die äußeren Wirkungen des Stromes I nicht vom Vorzeichen der beteiligten Ladungsträger ab. Daher kann in E-Technik festgelegt werden: Flußrichtung des Stromes ist Bewegungsrichtung der positiven Ladungen. Seite 20 GET-Skript Beachte: Nach 1.4.1 war Ψ = ∫ v ⋅ d A das (Volumen/Zeit) das A sich durch A bewegte. Dann ist ρ ⋅ Ψ = ∫ ρ ⋅ v ⋅ d A = ∫ S ⋅ d A , A A also ( Ladungsdichte ⋅ Volumen ⁄ Zeit ) die Ladung, die sich pro Zeit durch den Leiterquerschnitt bewegt, also der Strom I. 2.4 Potentielle Energie einer Ladung und Spannung Ohne Magnetfeld ( B = 0 ) ist die Kraft im elektrischen Feld E auf Ladung q gegeben durch F = q ⋅ E und die Energie, die eine Ladung q bei Bewegung im E -Feld aufnimmt (die potentielle Engerie der Ladung), ist – dW = F ⋅ ds = q ⋅ E ⋅ ds δs δs q m E Erdfeld Beachte: Bei Bewegung in Feldrichtung ist dW = – ( q ⋅ E ⋅ ds ) negativ d. h. die Ladung verliert potentielle Energie. (Vergleiche: Masse, die in Richtung des Erdfeldes fällt, verliert Energie!) Die Änderungen dW der potentiellen Energie Wab auf dem Weg von a → b einer Ladung kann man aufsummieren zu –W ( a → b ) = b ∫a q ⋅ E ⋅ ds . Man kann plausibel machen (und später beweisen), daß die Energieänderung W ( a → b ) nur von der potentiellen Energie W(a) im Punkt a und W(b) im Punkt b und nicht vom Weg des Ladungsträgers abhängt. W(a) und W(b) sind der Ladung proportional und man schreibt deshalb W ( a ) = q ⋅ ϕ ( a ) bzw. W ( b ) = q ⋅ ϕ ( b ) und nennt ϕ ( a ) bzw. ϕ ( b ) das Potential von Punkt a bzw. von Punkt b. Dann ist aber b – W ( a → b ) = – q ⋅ [ ϕ ( b ) – ϕ ( a ) ] = q ⋅ ∫ q ⋅ E ⋅ ds a Der Stromkreis Seite 21 Die Potentialdifferenz [ ϕ ( a ) – ϕ ( b ) ] spielt in der Elektrotechnik eine wichtige Rolle. Sie bekommt einen eigenen Namen Uab und heißt elektrische Spannung. Es ist also U ab = ϕ ( a ) – ϕ ( b ) = b ∫a E ⋅ ds Spannung, Potentialdifferenz Die Richtung a → b ist die Zählpfeilrichtung der (skalaren) Spannung. Die Einheit der Spannung ist 1 Volt, also [ U ] = 1Volt = 1V 2.5 Metallische Leiter 2.5.1 Leitungsmechanismen Pro Atom gibt es wenigstens ein freies Elektron, d.h. wenigstens circa 1023/cm3. Sie bewegen sich ungeordnet wie Gasmoleküle, ohne Vorzugsrichtung. Bei einer Spannung Uab zwischen den Enden des Leiters ist ein E Feld vorhanden, d.h. Kraft F = – e ⋅ E beschleunigt alle Elektronen in Richtung - E . Nach kurzer Laufstrecke erfolgen Stöße mit dem „Atomgitter“ und Streuung der Elektronen in alle Richtungen (Flipper). Also: Beschleunigung wird nach kurzer Zeit unterbrochen und v e = b ⋅ t bleibt klein. Nur eine mittlere Driftgeschwindigkeit v , die proportional zu E ist, stellt sich ein: v = –µe ⋅ E Die Proportionalitätskonstante µ e heißt Beweglichkeit der Elektronen. Sind N Leitungselektronen im Volumen V, so ist durch n = N/V und die Elementarladung -e auch die Ladungsdichte ρ = – n ⋅ e bekannt. Mit ρ und v läßt sich aber auch S berechnen S = ρ ⋅ v = ( –n ⋅ e ) ⋅ ( –µe ⋅ E ) = κ ⋅ E Seite 22 GET-Skript Die Proportionalitätskonstante κ = µ e ⋅ e ⋅ n faßt die Materialeigenschaften zusammen und heißt spezifische Leitfähigkeit. Der Kehrwert ρ R = 1/ κ heißt spezifischer Widerstand. Bei konstanter Temperatur ist in Metallen κ (praktisch) konstant, also unabhängig von S und E (Ohm‘sches Gesetz). 2.5.2 Anwendung des Ohm‘schen Gesetzes In der Praxis verwendet man häufig metallischer Leiter der Länge l mit Querschnitt A. Dann verläuft auch E in Leiterrichtung und damit in Richtung des Wegelements ds . Es gilt Spezialfall 1 für das Linienintegral und die Spannung Uab ist l A a U ab = b Uab ∫a E ⋅ ds b b = E ⋅ ∫ ds = E ⋅ l , a Mit E ist auch die Stromdichte S = κ ⋅ E überall gleich und parallel zur Flächennormalen, d.h. zur Berechnung des Stromes gilt bei der Integration Spezialfall 1 I = oder ∫A S ⋅ d A = S ⋅ ∫ dA = S ⋅ A A I = κ⋅E⋅A zusammen mit U ab = E ⋅ l ergibt sich eine Beziehung zwischen Spannung Uab und Strom I ρR ⋅ l l U ab = ----------- ⋅ I = ------------ ⋅ I κ⋅A A Diese Beziehung zwischen den integralen Größen Uab und I wurde durch Integrieren der Beziehung zwischen E und S gewonnen. Der Stromkreis Seite 23 Man nennt die Proportionalitätskonstanten zwischen U und I den elektrischen Widerstand R des Leiters, also R = l ⁄ ( κ ⋅ A ) bzw. R = ρ R ⋅ l ⁄ A elektrischer Widerstand Den Kehrwert nennt man den elektrischen Leitwert G, also G = 1 ⁄ R elektrischer Leitwert Damit kann man also schreiben U = R⋅I oder I = G⋅U Ohm‘sches Gesetz Bei konstanter Temperatur ist R bzw. G in Metallen konstant (Ohm‘sches Gesetz) und somit sind Spannung und Stromstärke einander proportional. Dies ist gleichwertig mit der differentiellen Form E = ρR ⋅ S S = κ⋅E oder Der ohm‘sche Widerstand R bzw. der Leitwert G sind wichtige Größen in der Elektrotechnik und die Einheiten [ R ] bzw. [ G ] erhalten eigene Namen [ R ] = 1Ohm = 1Ω = 1V ⁄ A ; [ G ] = 1Siemens = 1S = 1 A ⁄ V ; Die Einheiten der Konstanten ρ R und κ sind somit [ ρ R ] = Ω ⋅ m und [ κ ] = S ⁄ m 2.5.3 Temperaturabhängigkeit des Widerstandes Im allgemeinen ist R temperaturabhängig, also: R = R(T), z.B. bei Kupfer: ρR Ωm 6 ⋅ 10 –8 4 ⋅ 10 –8 2 ⋅ 10 –8 T;ρR(T) T0;ρR0 T 0 200 400 600 K Da ρ in einem großen Bereich linear mit der Temperatur geht, Seite 24 GET-Skript kann man von ρ RO auf ρ R ( T ) schließen ρ R ( T ) = ρ R0 ⋅ ( 1 + α ( T – T 0 ) ) . Die Konstante ρ RO ist der spezifische Widerstand bei T = T 0 ; α hängt i. a. etwas von der Wahl von T o ab. ° Z.B. wird für T 0 = 20 = 293K der Wert von α mit α 20 gekenn–3 zeichnet und beträgt α 20 = 3, 93 ⋅ 10 ⁄ K . Dieser Temperaturkoeffizient α ist bei vielen Stoffen positiv, bei manchen auch negativ. Für manche Anwendungen möchte man eine möglichst geringe Temperaturabhängigkeit, also α ≈ 0 . Dies läßt sich bei einigen Legierungen erreichen, z. B. Konstantan (54% Cu, 45% Ni, 1% Mn) –3 mit α = - 0.0035 ⋅ 10 ⁄ K . Wenn der lineare Bereich für die geforderte Berechnung zu klein ist oder die Linearität zu gering ist, verwendet man auch eine quadratische Näherung: 2 ρ R ( T ) = ρ R0 ⋅ ( 1 + α ⋅ ( T – T 0 ) + β ⋅ ( T – T 0 ) ) Bei einigen Metallen geht ρ R ( T ) bei T = 0 nicht exakt auf den Wert Null. Bei Supraleitern springt ρ R ( T ) bereits unterhalb einiger K auf exakt Null (z. B. in Quecksilber bei 4,2K). Ωm ρR T K