top Neue Energie Was sind Biogasfonds? Größere Biogasanlagen halten viele Fondsanbieter nur dann für wirtschaftlich, wenn die Wärme genutzt werden kann. Biogas: Fonds-Kapital statt Bankkredit? Fondsgesellschaften locken Anleger mit hohen Renditen bei Biogas. Was hat der Landwirt davon? Und wer verdient daran wirklich? kaufen oder selbst als Kommanditist auch Kapital einbringen – den Stromerlös dagegen kassiert die Betreibergesellschaft. Die Kapitalgeber bestimmen also die Spielregeln. „Ein Biogasfonds konkurriert auf dem Markt mit Schiffsfonds oder anderen Beteiligungen im Energiebereich. Um überhaupt Anleger hierfür zu bekommen, muss ihnen ein Höchstmaß an Sicherheiten geboten werden“, führt Gerald Marunde vom Fondsanbieter Aufwind Schmack GmbH aus Regensburg aus. Das äußert sich so: ■ Standort: Gerade bei größeren Anlagen wird oft Wert auf eine Wärmenutzung gelegt. Aber auch andere Faktoren wie Bodengüte zum Anbau der Rohstoffe können eine Rolle spielen. W er „Investmentfonds“ hört, denkt an Immobilien oder Aktien – dagegen sicher nicht an Biogas. Das könnte sich jedoch bald ändern. Denn wie Pilze schießen derzeit Biogasfonds aus dem Boden (siehe Kasten). Anzeigen versprechen Renditen von 9 % und mehr. Für Landwirte interessant: Mit diesem Kapital werden Biogasanlagen im großen Stil finanziert. Allein in Niedersachsen sind über 100 dieser Anlagen in Planung. Ist der Landwirt dabei noch Betreiber oder nur Rohstofflieferant? Und wie kann er von dem Fondskonzept noch profitieren? Fest steht: Eigentümer der Anlage ist die Betreibergesellschaft. Der Landwirt kann den Standort für die Anlage verkaufen oder verpachten, im Lohn den Anlagenbetrieb übernehmen, Rohstoffe ver- 118 top agrar 4/2005 Bei der Technik setzen Fondsanbieter auf standardisierte Anlagen, wie z.B. beim Biogaspark Westliches Weserbergland mit liegenden Stahlfermentern. ■ Anlagengröße: Die Kosten rund um den Fonds, wie der aufwändige Fondsprospekt, die regelmäßige Information der Kommanditisten oder die Betriebskosten bestimmen die Mindestgröße, die in der Praxis derzeit bei rund 200 kW liegt. ■ Anlagentechnik: Mit Vollwartungsverträgen, Fernüberwachung und standardisierter Anlagentechnik soll der Betrieb gewährleistet werden nach der Devise: Vorbeugen statt Reparieren. Bei der Auswahl des Anbieters spielt auch die Zahl der Referenzobjekte eine Rolle. ■ Rohstofflieferung: Die Lieferanten müssen eine gewisse Bonität aufweisen. Derzeit konzentrieren sich viele Konzepte auf Mais als Substrat, weil es damit die meisten Erfahrungen gibt. Aber auch Getreide und CCM sind im Gespräch. Nicht jeder Standort ist geeignet Gute Standortvoraussetzungen können zum Beispiel vorhandene Siloflächen, Güllelagerstätten oder Trafostationen in der Nähe sein, meint Anlagenplaner Rainer Tripmaker aus Schwerin. „Dabei ist es für den Landwirt günstiger, den Standort zu verkaufen, weil er dann aus dem Risiko heraus ist“, rät Tripmaker. Als Mindestgröße für Anlagen sieht Fondsanbieter Marunde 185 kW elektrischer Leistung an. Da es bei dieser Größe eher Einzelhofanlagen sind und die Rohstoffe daher selbst angebaut werden können, sind sie auch ohne Wärmenutzung wirtschaftlich. „Anders dagegen bei größeren Anlagen, bei denen die Rohstoffe fast komplett zugekauft werden. Hier legen wir Wert auf eine gute Nutzung der Abwärme“, macht Marunde aufmerksam. Als Möglichkeiten sieht er hier neben Getreide- oder Hackschnitzeltrocknung auch einen Wärmelieferungsvertrag mit der Kommune. I m Jahr 2003 sind rund 340 Mio. E in Erneuerbare-Energien-Beteiligungen geflossen, meldet das Informationsportal für Erneuerbare Energie-Beteiligungen „Greenvalue“. Trotzdem machen diese Ökofonds auf dem gesamten Markt für Beteiligungen nur 3,3 % aus. Mit jeweils rund 22 % wird das meiste Geld in Schiffs- und Immobilienfonds angelegt. Mögliche Investoren im Bereich erneuerbare Energien teilt Daniel Kellermann von Greenvalue in drei Gruppen ein: ■ Anleger, die Interesse an steuerlichen Verlusten haben, ■ Anleger, die eine langfristige Kapitalanlage mit kalkulierbarem Risiko als Alternative zur Bankeinlage suchen oder ■ ökolgisch orientierte Anleger, die mit der Beteiligung in „grüne Fonds“ die erneuerbaren Energien voranbringen wollen. Die Anleger können dabei sowohl „anonyme“ Investoren oder Bürger vor Ort sein. Ihr Kapital soll konkrete Projekte finanzieren – bislang vor allem im Bereich Windenergie. Rund 20 Windkraftfonds gibt es in Deutschland. Zunehmend legen Investoren ihr Kapital aber auch in Solar- und Biomasse-Fonds an. 2004 gab es laut Greenvalue immerhin zehn Solar- und fünf Bioenergiefonds, Tendenz steigend. Unterstützt durch die negative Presse zur Windenergie und einige windschwache Jahre führen jetzt die gestiegenen Einspeisevergütungen für Strom aus Solar- und Bioenergie zu diesem Schwenk. Vor allem der Bonus für nachwachsende Rohstoffe löst jetzt eine Fondswelle bei Biogas aus. Denn diese Rohstoffe sind für Außenstehende planbarer als die bislang eingesetzten Abfälle. Vor allem die Möglichkeit, die Rohstoffversorgung über Lieferverträge abzusichern und damit gleichmäßiger Strom produ- zieren zu können als bei Wind oder Solarenergie, reizt die Anleger. Mittelpunkt eines Anlagefonds ist die Fondsgesellschaft. Die am häufigsten gewählte Rechtsform ist die GmbH & Co KG. Der Fondsanleger beteiligt sich als Kommanditist an dem Unternehmen. Das bedeutet zwar mehr Risiko, aber unter Umständen auch eine höhere Rendite als bei der Kapitalanlage bei der Bank. Mit Anlagen von 240 kW oder 400 kW arbeitet die „Biogaspark Westliches Weserbergland GmbH & Co KG“ in Niedersachsen. Bei diesem Konzept werden 30 baugleiche Anlagen in der Region Südniedersachsen errichtet, weitere Parks sind in Planung. „Bei den kleinen Anlagen minimieren sich die Transportkosten für die Rohstoffe. Gleichzeit wird das Risiko verteilt, falls eine Anlage ausfällt“, erläutert Geschäftsführer Carsten Rühe. Die Transportkosten werden in vielen Fondskonzepten unterschätzt, meint er. Für jede Biogasanlage pachtet die Gesellschaft einen Standort, für den der Grundbesitzer 3,5 % vom Stromertrag er- hält. „Im Jahr sind das etwa 8 000 bis 10 000 E für den Landwirt“, kalkuliert Rühe. Gleichzeitig erhält dieser noch 300 bis 400 E je ha, wenn er nachwachsende Rohstoffe an die Anlage verkauft. Ebenfalls auf Biogasparks setzt der Fondsanbieter Intrust AG aus Regensburg. Ein erster Park mit einer Investitionssumme von 10,75 Mio. E entsteht derzeit in Anklam (Mecklenburg-Vorpommern), ein weiterer ist in Wolgast geplant. In einem Gewerbegebiet sind fünf baugleiche Anlagen mit je 526 kW zusammengefasst. Die Wärme der Anlagen wird in ein Fernwärmenetz eingespeist. Jede Anlage gehört einer eigenen Einlage von 2500 Euro „Die Höhe der Beteiligung an Erneuerbare-Energien-Fonds beginnt meist ab 2500 Euro“, erläutert Kellermann. Es gibt aber auch andere Modelle: So bietet z.B. die Intrust AG aus Regensburg eine so genannte „Privatplatzierung“ an, bei der die Kapitalanlage auf wenige Anleger individuell zugeschnitten ist. Die Mindestbeteiligung liegt bei 50 000 E je Anleger. Dafür entfallen Kosten für Eigenkapitalbeschaffung, Platzierungsgarantien, Prospekterstellung, Treuhandgebühren und Mittelverwendungskontrolle. Ein weiterer Vorteil: Die Zahl der Anleger ist hierbei begrenzt. „Biogas ist nicht so einfach zu überschauen wie Windenergie, weshalb Publikumsfonds mit vielen Anlegern schwer zu vermitteln sind“, meint Klaus Cording, Geschäftsführer von der MuP Bioinvest GmbH aus Hannover, die zur Zeit 10 Anlagen à 500 kW über Privatplatzierungen in Planung haben. Für Landwirte interessant: Einige Fondskonzepte bieten Landwirten als Kommanditisten an, die Anlage nach Abzahlen des Fremdkapitals oder nach einer bestimmten Laufzeit zu erwerben. Weitere Informationen zu Biogasfonds hält die unabhängige Plattform www.greenvalue.de bereit. top agrar 4/2005 119 top Neue Energie Kleinere Anlagen bestechen durch niedrige Transportkosten für die nachwachsenden Rohstoffe. Fondsfinanzierte Anlagen haben dabei eine Größe ab etwa 200 kW. Fotos: Neumann, Werkbild (2) GmbH & Co KG. „Zwei der fünf Anlagen-KGs sind weitgehend von Landwirten aus dem Allgäu finanziert worden“, merkt Thomas Kinitz, Vorstand der Intrust AG, an. Biogasparks haben auch beim Anlagenbetrieb Vorteile: Beim Biogaspark Weserbergland sollen die Anlagen von einem Serviceteam mit acht Mitarbeitern betrieben und gewartet werden. „Damit lassen sich Ausfallzeiten reduzieren, da es sich beispielsweise lohnt, einen Austauschmotor und andere Ersatzgeräte vorzuhalten“, bemerkt Geschäftsführer Rühe. Im Gegensatz zu dem Landwirt als Betreiber kann sich das Serviceteam ganz auf die Anlage konzentrieren und muss nicht parallel noch Stall oder Acker im Blick haben – ein wichtiges Argument für die Anleger in punkto Sicherheit. Bei Lieferverträgen Laufzeit und Preisanpassung prüfen! Für viele Landwirte interessant: Kann ich meine Rohstoffe zu guten Konditionen an einen Fonds verkaufen? Auch hier spielt die Sicherheit für die Anleger eine Rolle. Daher prüft so mancher Fondsanbieter die Bonität der Lieferanten über einen Gutachter. „Wir nehmen nur Landwirte, bei denen eine langjährige Lieferung möglich ist“, erläutert Marunde. Andersherum ist er aber auch überzeugt, dass nicht jeder Landwirt liefern will. „Entscheidend ist die Vertragslänge und die Höhe der Vergütung“, lautet seine Erfahrung. Denn fest steht: Fondsgesellschaften können in der Regel keine Höchstpreise für die Rohstoffe zahlen. „Die Anleger wollen ihre Rendite. Daher müssen wir uns mit den Landwirten in der Mitte treffen“, meint Marunde. Derzeit liegt der Maispreis zwischen 18 und 22 E je t. Er empfiehlt den Landwirten, einen derartigen Liefervertrag als Grundabsicherung zu sehen: Langfristig sicher, aber ohne hohe Ausschläge nach oben oder 120 top agrar 4/2005 nach unten. Für Preispoker eignen sich eher die Marktfruchtflächen. Beim Biogaspark Anklam werden als Substrat Schweinegülle, Maissilage und Roggen eingesetzt, wofür langjährige Lieferverträge mit Betrieben vor Ort geschlossen werden. „Für Anlagen dieser Größe ist Ostdeutschland prädestiniert, weil hier das Substrat auf den großen Flächen deutlich günstiger bereitgestellt werden kann“, meint Intrust-Vorstand Kinitz. In Westdeutschland wäre das seiner Meinung nach nur in einigen Regionen in Niederbayern, Franken, Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen möglich. Genauso wie Fondsanbieter Standort und Lieferanten unter die Lupe nehmen, müssen Landwirte umgekehrt auch die Fondsgesellschaft genau prüfen. „Es gibt zum Teil sehr unseriöse Anbieter auf dem Markt“, lautet die Erfahrung von Anlagenplaner Rainer Tripmaker. Das betrifft auch die Substratlieferverträge. „Üblicherweise wird nach Gewicht und TS-Gehalt abgerechnet, was aber wenig Aussagen über die eigentliche Gasproduktion macht.“ Seiner Meinung nach müssen hier gerechtere Systeme gefunden werden. Die Corntec GmbH aus dem niedersächsischen Twist bietet Lieferrechte für Rohstoffe an, die nach dem Stromertrag abgerechnet werden. Pro t Maissilage sind das etwa 24 Euro. Dazu kommt eine Erfolgsbeteiligung. „Anders als bei üblichen Fonds ist unser Konzept für die Landwirte gestrickt und wir finden Kapitalgeber, die hierfür ihr Geld investieren“, begründet Geschäftsführer Hermann Rugen diese Preishöhe. Wenn Landwirte als Lieferanten gleichzeitig Kommanditisten sind, können sie nach Abzahlen des Fremdkapitals die Anlage übernehmen. „Fonds ist nicht gleich Fonds: Erst wenn Landwirte weniger als 50 % des Kommanditkapitals stellen, geben sie das Zepter aus der Hand“, gibt Rugen zu bedenken. Bei langfristigen Verträgen sollte auch geprüft werden, ob Preisanpassungen für die Rohstoffe enthalten sind. Genauso, wie die Anleger die gleichbleibende Stromvergütung schätzen, werden auch Verträge mit starren Substratpreisen angeboten. „Wir bieten daher einen Jahrespreis für die Rohstoffe, der jedes Jahr neu festgelegt wird“, meint Georg Bollmer von der Consentis GmbH aus dem niedersächsischen Wiethmarschen. Vorsicht ist vor bestimmten Klauseln in den Lieferverträgen geboten. „Wir haben Verträge gesehen, die 50 Tonnen je Hektar als Mindestertrag vorgesehen hatten. Solche Klauseln sind sehr gefährlich“, warnt Hilke Hellmers, stellvertretende Geschäftsführerin und Steuerberaterin beim Kreislandvolkverband Mittelweser in Syke (Niedersachsen). Bei Verpachtung des Standortes sollte im Vertrag auch eine Klausel über den Rückbau der Anlage für den Fall enthalten sein, dass der Betreiber insolvent wird. Um den Landwirten Vertrauen gegenüber dem Fondskonzept zu geben, hält sie es für sinnvoll, wenn Akteure wie der örtliche Maschinenring mit eingebunden werden. Fazit Immer mehr Anbieter von Biogasfonds locken mit einer alternativen Finanzierung. Doch anders als beim Bankkredit wird bei Fonds der Anlagenbetrieb aus der Hand gegeben. Mehr noch: Die Fondsanbieter bestimmen Größe, Technik, Standort und Substrate der Anlagen. Für Landwirte, die trotz eines guten Standortes selbst kein Biogas erzeugen können, bietet sich mit Fonds allerdings die Möglichkeit, den Standort zu verpachten oder zu verkaufen, Substrat zu liefern oder sich finanziell zu beteiligen. Vor der Vertragsunterzeichnung gerade bei Lieferverträgen gilt es, sich genau über Konditionen, Laufzeit, aber auch über die Seriosität des Anbieters zu informieren. Hinrich Neumann