Prof.Dr.W.Timmermann Institut für Analysis Topologische Algebren unbeschränkter Operatoren Die Theorie topologischer Algebren unbeschränkter Operatoren hat im wesentlichen zwei Quellen: - Darstellungen von Liegruppen (insbesondere Darstellungen der Envelopping-Algebren von zugehörigen Liealgebren) - algebraischer Zugang zur axiomatischen Quantenfeldtheorie (hier insbesondere die Garding-Wightman-Axiomatik). Eine umfassende und sehr allgemeine Darstellung der Theorie findet man in: Schmüdgen: Unbounded Operator Algebras and Representation Theory, Birkhäuser 1990. Wir wollen einige wenige grundlegende Definitionen im Zusammenhang mit solchen Algebren anführen. Zunächst soll daran erinnert werden, daß eine Algebra A ein Ring ist, der gleichzeitig (natürlich bezüglich der Addition und zusätzlichen Multiplikation mit reellen oder komplexen Zahlen) ein Vektorraum ist. Wir betrachten nur komplexe Algebren. Unter einer Involution in A versteht man eine Abbildung a 7→ a∗ von A auf sich mit: (a + b)∗ = a∗ + b∗ , (ab)∗ = b∗ a∗ , (λa)∗ = λ̄a∗ , a∗∗ = a für alle a, b ∈ A. Unter einer topologischen Algebra (A, τ ) versteht man eine Algebra A versehen mit einer lokalkonvexen Topologie τ (i.a. gegeben durch Halbnormensysteme), so daß die Operationen in A stetig sind, wobei von der Multiplikation nur die getrennte Stetigkeit verlangt wird. Eine topologische *-Algebra ist eine *-Algebra, versehen mit einer lokalkonvexen Topologie, so daß A eine topologische Algebra wird und die Involution auch noch stetig ist. Sei D ein dichter linearer Teilraum eines Hilbertraumes H. Um Algebren linearer Operatoren auf D zu definieren benötigt man, dass diese Operatoren D invariant lassen (sonst kann man nicht multiplizieren). Außerdem möchte man *-Algebren betrachten. Diese beiden Forderungen münden in die Definition folgender Menge linearer Operatoren: L+ (D) = {A : AD ⊂ D, A∗ D ⊂ D} Diese Menge ist mit den natürlichen Operationen (Addition, Multiplikation mit komplexen Zahlen und Multiplikation (= Hintereinanderausführung) eine Algebra und bezüglich der Involution A → A+ = A∗ |D eine *-Algebra. Unter einer O∗ -Algebra A = A(D) versteht man eine *-Unteralgebra von L+ (D), die außerdem den Einheitsoperator I (identische Abbildung auf D ) enthält. Dann ist L+ (D) die maximale O∗ -Algebra auf D. 1.Bemerkungen i) In L+ (D) werden i.a. auch unbeschränkte Operatoren enthalten sein (s. Beispiele weiter unten). ii) Würde man in der Definition von L+ (D) die Forderung weglassen, daß A∗ den Bereich D invariant läßt (wären wir also nur an Algebren, nicht an *-Algebren interessiert), dann würden auch sehr pathologische Operatoren dazugehören können. So aber ergibt sich, daß alle A ∈ L+ (D) automatisch abschließbare Operatoren sind (weil A∗ dicht definiert ist!). 2. Beispiele i) Sei H = L2 (Rn ) und D einer der Schwartzräume S(Rn ) der schnell fallenden unendlich oft differenzierbaren Funktionen oder D(Rn ) der unendlich oft differenzierbaren Funktionen mit kompaktem Träger. Als A kann man z.B. nehmen: alle Differentialoperatoren mit polynomialen Koeffizienten (nichtkommutatione O∗ -Algebra) oder alle Differentialoperatoren mit konstanten Koeffizienten oder alle Operatoren der Multiplikation mit beliebigem Polynom (letztere beiden Algebren sind kommutativ). ii) Das Beispiel des Schwartzraumes S läßt sich (strukturell) wie folgt verallgemeinern. Sei in einem beliebigen Hilbertraum H ein unbeschränkter selbstadjungierter Operator T ≥ I gegeben. Dann definieren wir: \ D = D∞ (T ) = D(T n ) n∈N Diese Definitionsbereich D ist zum Beispiel der natürliche Definitionsbereich für die O∗ -Algebra, die aus allen Polynomen in T besteht. 3. Topologisierung von D Unser nächstes Ziel besteht darin, Topologien in O∗ -Algebren einzuführen. Dabei gehen wir so vor, daß zunächst der Definitionsbereich D geeignet topologisiert wird. Wir definieren die Topologie tA durch das folgende System von Halbnormen: tA : {k.kA : kϕkA = kAϕk ∀A ∈ A, ∀ϕ ∈ D} Im Falle A = L+ (D) schreiben wir einfach t. Die Topologie tA heißt - in naheliegender Weise - die (von A induzierte) Graph-Topologie in D. Das oben angegebene Halbnormensystem ist gerichtet, tA ist stärker als die von H induzierte Normtopologie (dank der Voraussetzung I ∈ A!). Der eigentliche Gewinn der Einführung dieser Topologie besteht darin, daß wir nun (D, tA ) als lokalkonvexen Raum haben und jetzt die Theorie der lokalkonvexen Räume einsetzen können. Als einfache Folgerung aus der Definition der Topologie vermerken wir: Lemma: Alle Operatoren A ∈ A sind stetige Abbildungen sowohl von (D, tA ) in (H, k.k), als auch von (D, tA ) in sich. Wir nennen A(D) geschlossen, wenn (D, tA ) vollständig. Wir nennen D geschlossen, wenn L+ (D) geschlossen ist. Lemma T i) Wenn D = D(Ā), dann ist (D, tA ) vollständig und folglich A geschlossen. A∈A T ii) Setzt man D = D(Ā) und A = {Â = Ā|D(A) : A ∈ A}, dann gilt: A∈A D ist die Vervollständigung von (D, tA ), A ist geschlossen (auf D) und A ↔ Â ist ein *-Isomorphismus zwischen A und A. Von besonderem Interesse sind metrisierbare Bereiche, insbesondere (F)-Bereiche (also solche, wo t oder tA vollständige metrisierbare Topologien sind, Frechet-Topologien). Beispiele dafür sind (D∞ (T ), t) Nun kann man dazu übergehen, O∗ -Algebren zu topologisieren. 4. Topologien in O∗ -Algebren Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, in O∗ -Algebren Topologien einzuführen. Man kann sich dabei von unterschiedlichen Gesichtspunkten leiten lassen. Einmal kann man versuchen, Topologien, die in der Theorie der lokanlkonvexen Räume wohlbekannt sind, auf ihre speziellen Eigenschaften zu untersuchen, wenn die zugrunde liegenden Räume O∗ -Algebren sind. Man kann aber auch Topologien betrachten, die (direkt) die Operatornorm oder andere Topologien (in B(H) verallgemeinern. Schließlich erwähnen wir noch, daß sich wichtige Topologien daraus ergeben, daß man in O∗ -Algebren noch eine Halbordnung definiert hat (Ordnnungstopologien also). Wir geben nur einfache Beispiele von Topologien an und verweisen ansonsten auf o.g. Buch. Die Topologien werden jeweils durch erzeugende Halbnormensystem angegeben . τD : A 7→ kAkM = sup |hϕ, Aψi|, τD : A 7→ kAkM = sup kAϕk für alle t-beschränkten M ϕ,ψ∈M für alle tA -beschränkten M ϕ∈M τ (D) : A 7→ kAk B,M = sup kBAϕk für alle tA -beschränkten M , alle B ∈ L+ (D) ϕ∈M τ∗ : A 7→ kAkB,M ; A 7→ kA+ kB,M mit den oben definierten Halbnormen. Die genannten Topologien haben u.a. die folgenden Eigenschaften: – Im Falle D = H stimmen diese Topologien mit der Normtopologie überein. – Bezüglich τD und τ ∗ wird A eine topologische *-Algebra. – Es ist τD = τ D genau dann, wenn die Multiplikation bezüglich τD in beiden Faktoren gleichzeitig stetig ist. – Bezüglich der Topologien τ D und τ (D) erhält man i.a. keine topologischen *Algebren. Man beachte, daß man bei den obigen Topologien außerdem noch die Algebra A mit angeben müßte. Um Konzepte einzuführen, die mit der Ordnungsstruktur in O∗ -Algebren zusammenhängen, werden folgende Objekte definiert. Sei A(D) gegben. Setze: X P(A) = { A+ Ai ∈ A} i Ai : endlich A+ = {A ∈ A : hϕ, Aϕi ≥ 0, für alle ϕ ∈ D} Man sieht leicht, daß P(A) ein Keil und A+ ein Kegel in Ah = {A ∈ A : A = A+ } und P(A) ⊂ A+ . Ferner ist A+ erzeugend: Ah = A+ − A+ . Achtung! Während in C ∗ -Algebren die wichtige Aussage P(A) = A+ gilt, kann in O∗ -Algebren echte Inklusion bestehen! Das erschwert den Umgang mit dem Positivitätsbegriff in Algebren unbeschränkter Operatoren.