Die Bedeutung des Lateins für die universitäre Bildung im 21

Werbung
Maturaarbeit Oktober 2011
Die Bedeutung des Lateins für die
universitäre Bildung im 21. Jahrhundert
Autorin, Klasse:
Adresse
Betreuende Lehrperson
Büsra Beceren, 4B
Baslerstrasse 108, 8048 Zürich
Dr. Zeuch Ulrike
Inhaltsverzeichnis:
1. Abstract
3
2. Vorwort
4
2.1 Motivation
4
2.2 Ziel, Eingrenzung des Themas und Vorgehensweise
5
3. Einleitung
7
3.1 Thesen
8
3.2 Die Popularität des Lateins im 21. Jahrhundert
10
3.3 Latein als Fremdsprache an den Gymnasien
11
3.4 Beiträge des Lateins zur gymnasialen Bildung
12
3.5 Die DAV-Matrix-Tabelle: Inhaltsbereiche des Lateinunterrichtes
15
3.6 Die universitäre Bildung
18
3.7 Die Universität Zürich
20
3.7.1 Latein als Fremdsprache an der Universität
21
3.7.2 Der Lateinkurs an der Universität Zürich
21
4. Empirische Arbeit: Die Wichtigkeit des Lateins für die universitäre
Bildung im 21. Jahrhundert
23
4.1 Latein als Sprache der Rechtswissenschaft
23
4.2 Lateinkenntnisse für das Medizinstudium
25
4.3 Latein im Theologiestudium
27
4.4 Bedeutung des Lateins für das Geschichtsstudium
29
4.5 Englisch – das „moderne Latein“ im 21. Jahrhundert
31
4.6 Latein lebt an den Universitäten des 21. Jahrhunderts
33
4.7 Einstellungen der Hochschullehrer zum Lateinobligatorium
36
4.8 Folgerungen
42
4.9 Interviewpartner
49
5. Diskussion
50
5.1 Zusammenfassung
50
5.2 Ausblick und Schlusswort
53
1
6. Dank
55
7. Glossar
57
8. Quellenverzeichnis
60
9. Eigenständigkeitserklärung
65
10. Anhang
66
10.1 Fragebogen
66
10.2 Interview mit Prof. Dr. Martin Killias
68
10.3 Interview mit Prof. Dr. med. Anita Rauch
70
10.4 Interview mit Prof. Dr. Eva Ebel
73
10.5 Interview mit Prof. Dr. Claudia Zey
74
10.6 Interview mit Prof. Dr. Andreas Jucker
75
10.6 Interview mit Prof. Dr. Christian Utzinger
77
2
1. Abstract:
Mit meiner Maturaarbeit möchte ich den Gymnasiasten der Kantonsschule
Ausserschwyz auf der einen Seite bewusst machen, dass Latein selbst im 21.
Jahrhundert eine Schlüsselqualifikation für sämtliche Disziplinen an der Universität
Zürich darstellt, und auf der anderen Seite, dass es als Schwerpunktfach gewählt werden
sollte, weil diese Sprache das Allgemeinwissen erweitert, die Leistungen vor allem in
den sprachlichen und historischen Fächern fördert und eine Grundlage für die
universitäre Bildung darstellt. Was aber den Unterschied zwischen universitärer
Bildung und „gewöhnlicher“ Bildung ausmacht, das habe ich in meiner Arbeit genau
analysiert und schliesslich anhand der Definitionen von Wilhelm von Humboldt und
Prof. Dr. Andreas Jucker untermauert. Die Interviews mit den Dozenten der Universität
Zürich bestärken meine These, dass Latein für die universitäre Bildung im 21.
Jahrhundert wichtig ist und dass es sich dabei nicht nur um eine Sprache, sondern auch
um ein Hilfsmittel für die restlichen gymnasialen Fächer handelt. Ausserdem entlarven
sie die Behauptung, Latein sei eine tote Sprache, als blosses Vorurteil.
3
2.Vorwort
2.1 Motivation
Die Idee, eine Arbeit im Fach Latein zu schreiben, geht zurück auf die Anregung meiner
Privatnachhilfelehrerin Frau Pichler. Ihr habe ich meine Liebe zum Latein zu verdanken.
Aufgrund des Schulwechsels an die Kantonsschule Stadelhofen konnte ich dank Ihrer
Unterstützung in drei Wochen die Grundlagen des Lateins erarbeiten.
Als Schülerin der Kantonsschule Ausserschwyz will ich mit meiner Maturaarbeit
versuchen, die Bedeutung des Lateins, das auch als „Königin der europäischen
Sprachen“1 bezeichnet wird, für die universitäre Bildung im 21. Jahrhundert zu
analysieren. Als Befürworterin des altsprachlichen Profils werde ich sämtliche
Argumente zusammenführen, um die Vorurteile, die in Bezug auf die Altsprache an
meiner Schule bestehen, als blosse Vorurteile zu entlarven. Meiner Überzeugung nach
sollte Latein ein gymnasiales Grundlagenfach wie in früheren Jahren sein, weil es
Bildungsleistungen erbringt, die sich für andere Fächer auszahlen.2 Durch das
Übersetzen von Fabeln, Geschichten, Texten aus dem Neuen Testament und vielen
anderen verbessert der einzelne Gymnasiast seine schulischen Leistungen, weil die
Texte genau analysiert, interpretiert und ausgewertet werden.
Aber was mag der Grund dafür sein, dass es trotzdem viele Gymnasiasten ablehnen?
Fragen wie: Braucht man Latein noch an der Universität? Ist Latein etwa schon vor
einigen Jahrhunderten gestorben? In welchem Bereich wird der Schüler überhaupt
durch das Lernen einer alten Sprache gebildet? wollte ich beantworten und dies war
auch der Grund dafür, dass ich mich ein ganzes Jahr auf diese Thematik spezialisiert
habe.
Maßgeblich wollte ich mich dem Thema „Die Bedeutung des Lateins für die gymnasiale
Bildung im 21. Jahrhundert“ widmen. Schnell aber tauchte bei mir der Gedanke auf, dass
meine Maturaarbeit sich auf einem seriösen wissenschaftlichen Niveau bewegen und
meine Zielgruppe die Dozenten an den Universitären sein sollten. Deshalb entschied ich
1
Tore Janson. 2006.: Die Erfolgsgeschichte einer Sprache. Buske. Hamburg
Karl-Willhelm Weber. 1998.: Mit dem Latein am Ende? Traditionen mit Perspektiven. Vandenhoeck &
Ruprecht. Göttingen
2
4
mich, meine Arbeit an der Universität auszuführen und ihr einen anderen Titel zu geben,
nämlich: „Die Bedeutung des Lateins für die universitäre Bildung im 21. Jahrhundert“.
2.2 Ziel, Eingrenzung des Themas und Vorgehensweise
Im Focus meiner Arbeit steht die Frage, ob Latein für die Disziplinen Geschichte,
moderne Sprachen (insbesondere Englisch), Theologie, Jura und Medizin im 21.
Jahrhundert noch eine Schlüsselqualifikation darstellt, die die Studienordnung den
Studenten abverlangt. Auch die Behauptung, Latein sei im 21. Jahrhundert nicht mehr
lebendig, soll mit den Begründungen der Fachleute als falsch erwiesen werden. Nebst
den Recherchen in zahlreichen Büchern stellt das Interview mit den Dozenten an der
Universität Zürich und das Auswerten der Fragebogen den Kernpunkt meiner Arbeit
dar.
Von Anfang an ahnte ich, dass ich mich mit einem anspruchsvollen Thema beschäftigen
und besonders auf die Bereitschaft der Professoren angewiesen und davon abhängig
sein würde. Die Schwierigkeit meiner Arbeit lag nicht darin, ein trockenes Thema zu
untersuchen, sondern, dass ich erst dann Erfolg haben könnte, wenn ich auch die
gewünschten Professoren interviewen dürfte. Meine Motivation und mein Ehrgeiz
hielten mich trotz allem nicht davon ab, eine Arbeit über das Latein in Verbindung mit
der Universität zu schreiben. Dabei wollte ich meine Thesen nicht an allen Universitäten
in der Schweiz erhärten, sondern beschränkte mich auf die Universität Zürich, weil es im
Vergleich zu Bern und Basel lateinfreundlich geblieben ist und für 32 BachelorStudiengänge das Lateinobligatorium voraussetzt.3
Nebst den Literaturrecherchen wollte ich durch eine Umfrage im Internet von den
Dozenten erfahren, in welchen Studien das Latein noch an der Universität Zürich eine
Rolle spielt. Die Fächer Geschichte, Theologie und die modernen Sprachen wurden
überwiegend genannt. Nach langen Recherchen in zahlreichen Büchern beschloss ich
schliesslich, wie von den Professoren vorgeschlagen, meine Untersuchungen in den drei
Studiengängen Theologie, Geschichte und Englisch durchzuführen. Früher waren auch
an den medizinischen und rechtswissenschaftlichen Fakultäten Lateinkenntnisse
vorausgesetzt. Um die anhaltende Wichtigkeit des Lateins in diesen Studiengängen, in
NZZ online 2008: Diskussion um Lateinobligatorium an der Universität Zürich
URL:http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/diskussion_um_lateinobligatorium_an_der_un
iversitaet_zuerich_1.703631.html (25.09.2011)
3
5
denen keine Lateinpflicht mehr herrscht, veranschaulichen zu können, wollte ich auch
hier Untersuchungen anstellen. In Medizin, weil meiner Überzeugung nach Latein für
dieses Fach eine wichtige Rolle spielt, in den Rechtswissenschaften, weil ich nach der
Matura Jura studieren möchte.
Um optimale Ergebnisse zu erhalten, musste ich, bevor ich meine Gespräche an der
Universität durchführen konnte, mir über den Begriff „Bildung“ Klarheit verschaffen.
Wie oben ausgeführt habe ich ihn auf die universitäre Bildung eingegrenzt, für die die
Aussagen von Humboldt eine zentrale Rolle spielen. Nach Recherchen in
fachspezifischer Literatur Büchern glaubte ich dazu bereit zu sein und über das nötige
Grundwissen verfügen, um meine Befragungen durchführen zu können. Die Interviews
sollten gemäss meinen Vorstellungen ungefähr eine halbe Stunde dauern. Die Aussagen
der Dozenten wollte ich danach genau analysieren und miteinander vergleichen, damit
ich am Schluss zu einer allgemeingültigen Aussage komme.
Die Interviews sollten nicht per Telefon geführt werden, sondern mein Ziel war es, mich
mit den Professoren zu treffen, weil sie, wie ich hoffte, bei einem persönlichen Gespräch
freundlicher und hilfsbereiter sein würden. Tatsächlich boten sie mir ihre Betreuung bis
zum Ende der Arbeit an.
Um einen Überblick zur aktuellen Lage des Lateins an der Universität zu erhalten,
musste ich schliesslich auch einen Dozenten für Latein interviewen. Letzte
Informationen über das Latinum an der Universität verschaffte ich mir am Donnerstag,
den 08.09.2011, dem Tag er offenen Tür, an dem ich mir Vorlesungen im Fach Latein
anhörte, damit ich meine Arbeit mit mehr Wissen bereichern konnte. Zusätzlich zu den
Interviews habe ich Fragebogen ausgearbeitet, die die Einstellung der Dozenten zum
Lateinobligatorium zeigen sollten.
Nebst dem Auswerten der Fragebogen und Interviews bringe ich einige Beispiele zum
Thema „Beiträge des Lateins für die gymnasiale Bildung“ aus der Kantonsschule
Stadelhofen, weil ein paar Ereignisse an dieser Schule zeigen, welchen Beitrag Latein für
die Allgemeinbildung leistet.
6
3. Einleitung:
Latein, eine Sprache, die im 21. Jahrhundert keine Bedeutung mehr für die universitäre
Bildung hat und auch keine Schlüsselqualifikation mehr für das Studium darstellt? Die
Mehrheit der Gymnasiasten behauptet das. An der Kantonsschule Ausserschwyz kommt
das Schwerpunktfach Latein seit drei Jahren nicht mehr zustande. Auch an der
Kantonsschule Stadelhofen ist die Zahl der Lateinschüler sehr klein, denn dieses Jahr
beträgt die Anzahl der Maturanden, die das altsprachliche Profil gewählt haben, nur
noch vier. Durch das musische, naturwissenschaftliche, neusprachliche und
wirtschaftlich-rechtliche Profil wird die alte Sprache verdrängt.4 Latein wird an unserer
Schule, der KSA, bald als eine tote Sprache gelten, sofern man es „tot“ nennen kann. Laut
Prof. Dr. Christian Utzinger, einem Dozenten für Latein an der Universität Zürich, kann
eine Sprache als tot bezeichnet werden, wenn sich niemand mehr damit befasst bzw.
wenn sie nicht mehr unterrichtet oder gelesen wird. 5 An den Mittelschulen wird Latein
aufgrund des Rufes, eine schwere Sprache zu sein, immer weniger gewählt. Schon der
Gedanke, eine weitere anspruchsvolle Sprache zu lernen, die eine Menge Fleiss und
Ehrgeiz voraussetzt, schreckt viele Gymnasiasten ab. Die Schüler gehen oft den Weg des
geringsten Widerstandes und hoffen, während der vier Jahre Gymnasium mit einem
möglichst minimalen Lernaufwand durchzukommen und die Matura zu bestehen. Jedoch
nicht wenige von ihnen stellen nach diesen vier Jahren an der Universität fest, dass ohne
das Latinum oder wenigstens einige Lateinkenntnisse ihr Studium erheblich schwieriger
wird. 6 Die Universität Zürich verlangt nämlich für rund 32 Hauptfächer das Latinum. 7
Einige von den Studenten müssen sogar den Standort wechseln, weil die Universität
Zürich im Vergleich zu den anderen Universitäten, das heisst Bern und Basel,
lateinfreundlicher geblieben ist.8 Um das Latinum dann an der Universität nachzuholen,
muss der Student während des Bachelorstudiums einen Lateinkurs besuchen, welcher
4
Berner Zeitung. 2010.:
URL:http://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/Die-modernen-Faecher-verdraengen-das-Lateinvom-Stundenplan/story/17596505 (25.09.2011)
5
Vgl.: Interview mit Herrn Utzinger
Karl-Willhelm Weber. 1998.: Mit dem Latein am Ende? Traditionen mit Perspektiven. Vandenhoeck &
Ruprecht. Göttingen
6
Lateinobligatorium an der Philosophischen Fakultät in den Bachelor-Studiengängen. 2010.:
URL:http://www.uzh.ch/latinum/katalog_ba.html (25.09.2011)
7
NZZ online 2008: Diskussion um Lateinobligatorium an der Universität Zürich
URL:http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/diskussion_um_lateinobligatorium_an_der_un
iversitaet_zuerich_1.703631.html (25.09.2011)
8
7
zwei Semester lang jeweils sieben Stunden pro Woche dauert. 9 Der Studierende soll also
den gesamten Stoff in einem Jahr nachholen, während der Gymnasiast drei oder je nach
Kanton vier bis sechs ganze Jahre dafür Zeit hat. Nach diesen zwei Semestern müssen
die Studenten neben ihrem regulären Studium die Lateinprüfung absolvieren, die aus
einem schriftlichen sowie aus einem mündlichen Teil besteht.10 Der Lohn für das
Erlernen des Lateins an der Kantonsschule kann also hoch sein, denn laut Herrn Dr.
Utzinger beträgt die Durchfallquote der Studenten, die den Lateinkurs zwar besucht,
jedoch die Prüfung nicht erfolgreich abgeschlossen haben, über 30 Prozent.11 Es
existieren also eine Menge gute Gründe, dass der Gymnasiast auf das Schwerpunktfach
Latein nicht verzichten sollte.
3.1 Thesen
Welche Beiträge Latein für die universitäre Bildung leistet, wie stark Lateinkenntnisse
an der Universität im 21. Jahrhundert gewichtet werden und warum die alte Sprache
von den Gymnasiasten als Schwerpunktfach gewählt werden sollte, möchte ich in
meiner Maturaarbeit ersichtlich machen. Dafür müssen folgende Thesen enthärtet
werden:
These 1: Latein ist nicht nur eine gewöhnliche Sprache, sondern ein Hilfsmittel für
Gymnasiasten, um sich in den restlichen Schulfächern verbessern zu können.
These 2: Latein bildet! Latein trägt sehr viel zur Allgemeinbildung bei.
These 3: Latein stellt für die Disziplinen Jura, Medizin, Theologie, Geschichte und
Englisch an der Universität eine wichtige Voraussetzung dar.
Genauer:
These 3.1: Latein ist aufgrund seiner Genauigkeit und Eindeutigkeit selbst im 21.
Jahrhundert eine Sprache der Rechtswissenschaft.
These 3.2: Latein hat selbst im 21. Jahrhundert trotz des gefallenen
Lateinobligatoriums für die Medizin eine grosse Bedeutung.
These 3.3: Ohne Lateinkenntnisse wäre das Theologiestudium utopisch.
These 3.4: Für das Geschichtsstudium müssen auch im 21. Jahrhundert
Lateinkenntnisse vorhanden sein.
9
Latinumshomepage der Universität Zürich. 2011.: http://www.uzh.ch/latinum/ (25.09.2011)
10
Latinumhomepage der Universität Zürich. 2011.: http://www.uzh.ch/latinum/ (25.09.2011)
11
Vgl.: Interview mit Herrn Utzinger
8
These 3.5: Englisch stellt das „moderne Latein“ des 21. Jahrhunderts dar.
These 3.6: Latein lebt noch an den Universitäten des 21. Jahrhunderts.
9
3.2 Die Popularität des Lateins im 21. Jahrhundert:
Im 21. Jahrhundert ist die Quote der Lateinschüler an den Gymnasien zwar ziemlich
klein, aber die alte Sprache lebt in unserer modernen Welt noch. Die modernen
europäischen Sprachen Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Portugiesisch und
Spanisch legen deutlich Beweis davon ab. 12„80% der Wörter des English Oxford
Dictionary haben einen lateinischen Ursprung.“13 Bis heute verzichtet keine
Wissenschaft darauf, ihre Fachausdrücke aus dem Lateinischen und Griechischen zu
beziehen, sei es die Rechtswissenschaft, die Medizin, die Philosophie, die Theologie und
sogar die Musik. 14 Die Carmina burana, „die Lieder aus Benediktbeuren“ 15, werden
immer wieder aufgeführt. In der Medizin scheint Latein so präsent wie nie zuvor zu sein.
Schon ihr Name kommt aus dem Lateinischen, nämlich von „ars medicinae“, auf Deutsch
„die ärztliche Kunst“.16 Wer heutzutage selbst nur mit einem Computer arbeitet, wird
mit der alten Sprache konfrontiert, denn dieser Begriff ist ein Lehnwort (lat. computare)
und bedeutet „zusammenrechnen.“17 Auch die Medien, die Werbung, die Firmen bei der
Benennung der Marken bedienen sich am lateinischen Vokabular, wie zum Beispiel die
Firma ad Novum (zum Neuen), der Sender Vox (die Stimme), die Automarke Volvo (ich
rolle) oder das luxuriöse Edelrestaurant Bona Dea (die gute Göttin) am Bahnhof Zürich.
Wir kommen tagtäglich unbewusst mit der alten Sprache in Berührung. An den
Universitäten wird sie noch für viele Studiengänge verlangt.18 Trotz der Präsenz scheint
Latein aber im 21. Jahrhundert eine Sprache zu sein, die weder von den Gymnasiasten
noch von den Studenten noch von den Eltern geschätzt wird. Trotz ihrer Unbeliebtheit
12
Wilfried Stroh. 2007.: Latein ist tot, es lebe Latein! Kleine Geschichte einer grossen Sprache (S.12). List.
Berlin.
13Carl
Vossen. 1999.: Mutter Latein und ihre Töchter: Europas Sprache und ihre Herkunft (S.162).
Stern-Verlag Janssen. Düsseldorf.
Wilfried Stroh. 2007.: Latein ist tot, es lebe Latein! Kleine Geschichte einer grossen Sprache (S.12). List.
Berlin.
14
Wikipedia: Carmina Burana Übersetzung. 2008.:
URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Carmina_Burana(25.09.2011)
15
Wikipedia: Medizin Übersetzung 2008:
URL:http://de.wikipedia.org/wiki/Medizin (25.09.2011)
16
Wikipedia: Computer Übersetzung 2011:
URL:http://de.wikipedia.org/wiki/Computer (05.10.2011)
17
NZZ online 2008: Diskussion um Lateinobligatorium an der Universität Zürich
URL:http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/diskussion_um_lateinobligatorium_an_der_un
iversitaet_zuerich_1.703631.html (25.09.2011)
18
10
muss sie jedoch gelernt werden, um einige Fächer an der Universität belegen zu
können.19
3.3 Latein als Fremdsprache an den Gymnasien:
Bis ins 19. Jahrhundert war Latein das Hauptfach des Gymnasiums. An den
humanistischen Gymnasien wurde es sogar als erste Sprache noch vor Englisch und
Französisch unterrichtet. 20 Durch die Wandlung des Bildungswesens im 20.
Jahrhundert von einer humanistischen zu einer sozialistischen Sichtweise wurde in den
Schulen das Lateinobligatorium aufgehoben.21 Mit der Zeit entstanden neusprachliche,
mathematische und naturwissenschaftliche Profile. Durch die Einführung der
verschiedenen Profile verlor Latein je länger je mehr an Bedeutung und wurde
schliesslich nicht mehr als ein Pflicht- sondern als ein Wahlfach geführt, was natürlich
dazu beitrug, dass es kein typisches gymnasiales Basisfach mehr war und somit von den
Gymnasiasten weniger häufig gewählt wurde. 22
Je nach Kanton haben Gymnasiasten im 21. Jahrhundert die Möglichkeit, eines von
sieben Schwerpunktfächern an der Kantonsschule zu wählen und sich dementsprechend
auf die Erfordernisse ihrer künftigen Studien zu spezialisieren. In Kanton Zürich werden
die Schüler im Kurzzeit-Gymnasium schon in der ersten Klasse mit dem
Schwerpunktfach konfrontiert, während an den Gymnasien im Kanton Schwyz es erst ab
der zweiten Klasse beginnt, dafür jedoch umso intensiver. Latein ist im 21. Jahrhundert
das am wenigsten beliebte Fach unter den Schülern. Die Statistiken zeigen, dass Latein
an den Gymnasien kaum mehr gewählt wird. 23
19
Vgl. Interview mit Frau Zey
Lohe Peter: Friedrich Maier. 1996. : Latein 200 (S.125): Existenzprobleme und Schlüsselqualifikationen.
Buchner. Bamberg.
20
21Peter
Kulmann. 2009. : Fachdidaktik Latein kompakt (S15). Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen.
22
Karl-Willhelm Weber. 1998.: Mit dem Latein am Ende? Traditionen mit Perspektiven. Vandenhoeck &
Ruprecht. Göttingen
23
Homepage der Kantonsschule Stadelhofen. 2011.:
URL:http://www.ksstadelhofen.ch/dnn/Default.aspx?tabid=75 (25.09.2011)
11
Kantonsschule Stadelhofen
6%
36 S.
Altsprachliches Profil
45%
285 S.
49%
307 S.
Neusprachliches Profil
Musisches Profil
Abbildung 1: Wahl der drei Profile an der Kantonsschule Stadelhofen im Jahr 2011
An der Kantonsschule Stadelhofen hat man die Möglichkeit sich zwischen einem
altsprachlichen, neusprachlichen und musischen Profil zu entscheiden. Die Statistik aus
dem Jahre 2011 beweist, dass das neusprachliche Profil, also Spanisch und Italienisch,
am populärsten ist. Von den 628 Gymnasiasten besuchen immerhin 307 Schüler/innen
das neusprachliche Profil, 285 Schüler/innen das musische und nur 36 Schüler/innen
das altsprachliche.24 Dieser Statistik zeigt also, dass weniger als 6% der Gymnasiasten,
genau genommen 5.7%, Latein in Angriff nehmen.25 Dabei muss aber erwähnt werden,
dass die Lateinschüler öfter die Schule aufgrund der Schwierigkeiten nach dem ersten
Semester, der sogenannten Probezeit, verlassen. Im Jahre 2008 bestand die Lateinklasse
1A (Altsprache) aus 10 Schüler/innen. Inzwischen sind es nur noch vier Maturanden, die
es bis in die vierte Klasse geschafft haben. Aus diesen Zahlen lässt sich ableiten, dass die
Anzahl der Lateinschüler/innen von Jahr zu Jahr geringer wird. Es ist ohne grosse
Überlegung voraussehbar, dass Latein an den Gymnasien in wenigen Jahren gar nicht
mehr geführt bzw. unterrichtet wird, wenn sich nicht Entscheidendes ändert.
3.4 Beiträge des Lateins zur gymnasialen Bildung:
Die Mehrzahl der Gymnasiasten ist sich nicht bewusst, welche Möglichkeiten es durch
das Ablehnen des Schwerpunktfaches Latein verpasst. Es wäre vermessen zu glauben,
dass alle Lateinschüler intelligenter sind als ihre Mitschüler und deshalb in den meisten
anderen Fächern auch besser abschneiden und bessere Sprachkenntnisse besitzen,
24Homepage
der Kantonsschule Stadelhofen. 2011.:
URL:http://www.ksstadelhofen.ch/dnn/Default.aspx?tabid=75 (25.09.2011)
25
Homepage der Kantonsschule Stadelhofen. 2011.:
URL:http://www.ksstadelhofen.ch/dnn/Default.aspx?tabid=75 (25.09.2011)
12
wodurch ihnen das Erlernen einer weiteren Fremdsprache leichter fällt. 26 Eine
mögliche Erklärung dafür, dass die Lateinschüler schneller, effizienter und eifriger eine
weitere Fremdsprache lernen, besteht darin, dass sie die Fremdwörter bereits vom
Latein ableiten können und ihnen die Grammatik bekannt vorkommt. 27 Durch den
strukturierten Aufbau der lateinischen Sätze lässt sich die Grammatik womöglich am
besten erklären.28 Durch die Suche nach dem Subjekt, nach dem Prädikat und dem
Akkusativ fängt der Schüler an, logisch zu denken und wendet diese Taktik bei einer
anderen Sprache auch an. Steht das Verb im Partizip Perfekt Passiv und das Nomen im
Ablativ, so erkennt der Schüler schnell, dass es sich hier um einen Ablativus absolutus
handelt und übersetzt ihn dementsprechend vorzeitig. Die Grammatik des Lateins
funktioniert nach einer Gesetzmässigkeit.29 Diese Gesetzmässigkeit lässt sich besonders
gut anhand der KNG-Kongruenz (K:Kasus/ N:Numerus/ G:Genus) erklären. Dabei
müssen sich die Adjektive immer an dem Bezugswort orientieren.30 Nehmen wir als
Beispiel „canis bonus“, das so viel bedeutet wie „ein guter Hund“. Das adjektivische
Attribut stimmt mit dem Nomen in Bezug auf den Fall, die Zahl und das Geschlecht
überein. 31
Ein weiteres Beispiel:
Tabelle 1:
(in) argento puro
In echtem Silber
Kasus: Abl. = Abl.
Numerus: Sg. = Sg.
Genus: n = n
26
Wilfried Stroh. 2007.: Latein ist tot, es lebe Latein! Kleine Geschichte einer grossen Sprache. List. Berlin.
27Wilfried
28
Stroh. 2007.: Latein ist tot, es lebe Latein! Kleine Geschichte einer grossen Sprache. List. Berlin.
Peter Kuhlman. 2009. : Fachdidaktik Latein kompakt. Vandenhoeck & Ruprecht. Götingen.
Brandes Jürgen. Diether Gaul. 1998.: Vokabeln und Grammatik: Arcus compactus (S.48). Moritz
Diesterweg. Frankfurt.
29
Fink Gerhard. Maier Friedrich. 2001: Cursus brevis: Systematische Begleitgrammaik. C.C. Buchner.
Bamberg.
30
31Brandes
Jürgen. Diether Gaul. 1998.: Vokabeln und Grammatik: Arcus compactus (S.48). Moritz
Diesterweg. Frankfurt.
13
Um die KNG-Kongruenz zu erkennen, braucht der Lernende eine Menge Konzentration.
Während des Übersetzens müssen die Vokabeln vorhanden und die Grammatik
verstanden sein. Im Lateinunterricht müssen also die drei Bereiche Wissen, Verstehen
und Können aktiv sein, damit ein Originaltext korrekt übersetzt werden kann.32 Somit ist
der Schüler immer darauf angewiesen, alles sehr präzise zu überarbeiten. Latein ist eine
aussergewöhnliche Sprache. Bei der Übersetzung eines Textes darf kein einziger Fall
falsch wiedergegeben werden, weil die Struktur des Satzes ansonsten nicht stimmt. Die
Sprache hat Ähnlichkeiten mit der Mathematik. Beim Lösen einer Aufgabe muss das
Resultat identisch mit den Summanden sein, damit die Lösung aufgeht, beim Übersetzen
eines Textes müssen alle Wörter korrekt entziffert werden, damit der Sinn des Satzes
erhalten bleibt. Nicht nur das Lernen einer weiteren Sprache fällt den Gymnasiasten mit
Lateinkenntnissen leichter, auch in der Mathematik scheinen sie davon zu profitieren.
Durch das genaue Denken und Hinschauen vermeiden sie Flüchtigkeitsfehler und
widmen sich der Aufgabe sehr konzentriert. Als Beleg dafür kann ich eine
Mathematikprüfung aus dem Jahr 2010 an der Kantonsschule Stadelhofen anführen. Der
Durchschnitt der Klasse 2A war dazumal eine 4.6. Die Klasse bestand aus 20
Schüler/innen, wobei acht davon das altsprachliche und die restlichen 12 das
neusprachliche Profil besuchten. Das Interessante bei dieser Prüfung war, dass die acht
Gymnasiasten mit Lateinkenntnissen einen Durchschnitt von einer 5.1 erreichten,
während die anderen 12 einen Durchschnitt von einer 4.3 aufwiesen. Der Grund für das
schlechtere Abschneiden der Nicht-Lateiner lag nicht darin, dass sie weniger wussten,
sondern dass sie eine Menge Flüchtigkeitsfehler machten. Durch ungenaues Lesen der
Aufgabenstellung gingen ebenfalls eine Menge Punkte verloren. Bei diesem Beispiel
würde also die Behauptung, dass Lateinschüler intelligenter sind, nicht stimmen. Doch
durch das erlernte logische Denken und das zielstrebige Handeln können sie nicht nur
im Lateinunterricht profitieren, sondern eben auch in anderen Fächer. Schüler mit
Lateinkenntnissen kommen im Gymnasium leichter durch. Der Lateinunterricht dient
auch als „Nachhilfeunterricht für Deutsch. Durch das genaue Analysieren und
Interpretieren der Texte entwickelt der einzelne Gymnasiast ein besseres
Sprachbewusstsein und ist fähig mit den Wörtern zu spielen bzw. signifikante Sätze zu
bilden. Hier gilt es allerdings zu bemerken, dass kein Schüler ohne die Anstrengung
belohnt wird. Latein bildet den Gymnasiasten zwar in allen Bereichen, aber um diese
32
Peter Kuhlmann. 2009.: Fachdidaktik Latein kompakt (S.19). Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen.
14
Bildung wirklich zu erhalten, muss er ständig die Vokabeln und vor allem die Grammatik
repetieren und darf bis zum Schluss nicht nachlassen. Wenn es einem Gymnasiasten an
Fleiss und Ehrgeiz fehlt, so bekommt er nur die „Nachteile“ des Lateins zu spüren. Damit
meine ich, dass er den umfangreichen Stoff vor entscheidenden Prüfungen aufholen
muss und kaum von den Vorteilen einer Lateinlektion profitieren kann.
3.5 Die DAV-Matrix-Tabelle: Inhaltsbereiche des Lateinunterrichtes
Tabelle 2:
Bereich
Sprache
Literatur
Gesellschaft
Grundfragen
menschl.
Existenz,
Humanismus,
Philosophie ,
Beispiel
Aussprache,
literarische
historisches
philosophische
Wortschatz,
Gattungen,
Wissen,
Systeme,
Grammatik
Interpretationen
politisches
Mythologie
Wissen
Kompetenz Sprachkompetenz
Textkompetenz
Kulturelle
Kulturelle
Kompetenz
Kompetenz
Ein besonders gutes Beispiel, um die Auswirkung des Lateinunterrichts an den
Gymnasien auf die restlichen Fächern darzustellen, zeigt die DAV-Matrix Tabelle. „ In
den 1970er Jahren stellte der deutsche Altphilologen-Verband (DAV) die Lernzielmatrix
zur Veranschaulichung der Ziele des Lateinunterrichts auf.“33 Mit dieser Tabelle wird
darauf hingewiesen, dass der Lateinunterricht nicht nur die Sprachkenntnisse, sondern
auch das historische, das politische und das philosophische Wissen unterstützt. Kurz
gesagt: Latein trägt zur Allgemeinbildung bei. Der Lateinunterricht gilt also nicht nur für
die Intelligenten und Spezialisten, sondern er unterstützt das Allgemeinwissen jedes
Gymnasiasten. Bei der DAV-Matrix-Tabelle stellen die vier Bereiche, nämlich die
33
Peter Kuhlmann. 2009.: Fachdidaktik Latein kompakt (S.17). Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen.
15
sprachliche, literarische, historisch-politische und die philosophische Bildung die
zentralen Beteiligten dar. 34
Folgendes lässt sich aus der DAV-Matrix-Tabelle herauslesen:

Sprachliche Bildung:
Aussprache: Nebst dem Übersetzen eines lateinischen Originaltextes soll jeder
Gymnasiast die Betonung der Silben beim Lesen beherrschen, denn dadurch werden die
Zusammenhänge der Wörter besser erkannt. In der lateinischen Grammatik existiert
eine so genannte Betonungsregel. „Bei dieser Regel werden die zweisilbigen Wörter auf
der ersten Silbe betont, bei den drei- oder mehrsilbigen Wörtern wird vorletzten Silbe
betont, wenn der Vokal der lang ist, wie zum Beispiel bei laudare oder persona.“35 „Eine
Silbe gilt als lang, wenn der Vokal lang ist oder mehrere Konsonanten auf ihn folgen, wie
beim Wort elephantus oder amphitheatrum. Wenn der Vokal der vorletzten Silbe jedoch
kurz ist, so wird immer die drittletzte Silbe betont, wie bei subito oder mortuus.“36
Beim Lesen von Gedichten muss der Gymnasiast besonders auf die Betonung achten.
Durch das Bestimmen der Versfüsse wie Jamben, Trochäen und Daktylen entwickelt der
Schüler ein gutes Gefühl für Rhythmen und verbessert somit auch seinen Vortrag.
Wortschatz: Die Originaltexte von Catull, Ovid, Vergil, Cicero und Seneca enthalten
zahlreiche Metaphern. Die übertragene Bedeutung der Wörter verhilft dem Schüler zu
einem Sinn für poetische Sprache. 37
Grammatik: Anhand der komplizierten Sätze im Latein lässt sich die Grammatik
besonders gut erklären. Durch das Vergleichen der modernen Sprachen mit der alten
Sprache kann der Schüler Zusammenhänge besser verstehen und somit besonders eine
romanische Sprache besser lernen. 38
34
Peter Kuhlmann. 2009.: Fachdidaktik Latein kompakt (S.17). Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen.
35
Brandes Jürgen. Diether Gaul. 1998.: Vokabeln und Grammatik: Arcus compactus (S.17). Moritz
Diesterweg. Frankfurt.
36 Brandes Jürgen. Diether Gaul. 1998.: Vokabeln und Grammatik: Arcus compactus (S.17). Moritz
Diesterweg. Frankfurt.
37
Peter Kuhlmann. 2009.: Fachdidaktik Latein kompakt (S.17). Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen.
38
Peter Kuhlmann. 2009.: Fachdidaktik Latein kompakt (S.17). Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen.
16

Literarische Bildung:
Literarische Gattungen: Durch das Übersetzen von Briefen, Fabeln, Gedichten, Sprüchen,
Reden, Texten aus dem Neuen Testament und vielen anderen wird der Gymnasiast mit
den verschiedenen Autoren, Gattungen, Stilmitteln, Epochen und Themen konfrontiert.39
Interpretation: Das langsame und genaue Interpretieren der Originaltexte verhilft dem
Gymnasiasten zu einer besseren Analysefähigkeit. 40

Historisch-Politische Bildung:
Historisches Wissen: Je nach Lehrplan hat jede Lateinklasse bis zu der
Maturitätsprüfung einen historischen Text übersetzt, z.B. aus Cäsars Bellum Gallicum.
Im modernen Lateinunterricht wird nebst der Übersetzung auch noch die Geschichte
der jeweiligen Texte gelernt, wodurch natürlich das historische Wissen erweitert wird.41
Politisches Wissen: Ebenfalls befasst sich jede Lateinklasse bis zum Ende der vierten
Klasse einmal mit dem römischen Recht. Die Rechtsquellen ermöglichen es den
Schülern, sich Gedanken über die Rechtslage in der Antike zu machen.42

Kulturelle – Philosophische Bildung:
Kulturelle Bildung: Durch das Kennenlernen der fremden Kultur der Antike werden die
Gymnasiasten mit verschiedenen Sitten, Gebräuchen und Normen konfrontiert. Diese
Konfrontation ermöglicht es ihnen, das Leben anderer Kulturen zu verstehen. 43
Philosophische Bildung: Die griechische Philosophie in ihrer Adaption durch Cicero und
Seneca sorgt während des Lateinunterrichts für eine Menge philosophischer
Fragestellungen. Die philosophischen Texte aus der Antike führen die Schüler in die
unterschiedlichen Denkweisen ein.44
Die Aussage der DAV- Matrix- Tabelle, dass der Lateinunterricht die Schüler in
vielfältigen Bereichen bildet und einen Beitrag zu anderen Schulfächern leistet, ist durch
diese Ausführungen bestätigt
39Peter
40
Kuhlmann. 2009.: Fachdidaktik Latein kompakt (S.17). Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen.
Peter Kuhlmann. 2009.: Fachdidaktik Latein kompakt (S.17). Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen.
41
Peter Kuhlmann. 2009.: Fachdidaktik Latein kompakt (S.17). Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen.
Peter Kuhlmann. 2009.: Fachdidaktik Latein kompakt (S.17). Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen.
43
Peter Kuhlmann. 2009.: Fachdidaktik Latein kompakt (S.17). Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen.
44 Peter Kuhlmann. 2009.: Fachdidaktik Latein kompakt (S.17). Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen.
42
17
3.6 Die universitäre Bildung
Für meine Untersuchungen soll der Begriff „die Bildung“ auf die schulische und vor
allem auf die universitäre Bildung eingegrenzt werden.
Wo der Begriff die universitäre Bildung auftaucht, wird sofort Wilhelm von Humboldt
einem in die Erinnerung gerufen. Der Wilhelm von Humboldt war ein Humanist und
Naturforscher im 19. Jahrhundert. 45 Durch seinen Einfluss auf die Bildung ist er selbst
im 21. Jahrhundert sehr bekannt. Gemäss seinen Aussagen sollen die Universitäten den
Studierenden nicht mehr die Allgemeinbildung vermitteln, sondern ihnen die
Möglichkeit zur freien Forschung geben, ohne irgendwelche Vorschriften.46 Die
Gymnasien sollten die Schüler so gut auf die Universität vorbereiten, dass sie über die
erforderliche Bildung für die Forschung verfügen. Durch das vorhandene Wissen sollte
der Studierende ohne irgendwelche Anleitungen dazu fähig sein zu untersuchen,
forschen und analysieren. 47 Nicht durch das bereits vorhandene Wissen, also von den
Theorien, soll der Lernende sich bilden, sondern durch die eigenständige
Untersuchung.48 Kurz gefasst geht es bei der universitären Bildung gemäss Humboldt
um „die Freiheit zu selbständigem Forschen“. 49Die Studenten sollen an der Universität
ohne irgendwelche Vorschriften sich bilden können. Das Ziel der universitären Bildung
ist schliesslich die Schaffung eines aufgeklärten Menschen. 50
Die aktuellste Definition zur universitären Bildung erhielt ich von Prof. Dr. Andreas
Jucker, einem Professor am Englischen Seminar in Zürich: „Die universitäre Bildung
hängt mit dem Wissen und dem Verstehen zusammen. An der Universität sollte der
Studierende nicht alles auswendig lernen, sondern durch das Herleiten und Verstehen
zu seinen Ergebnissen kommen. Die Universität verlangt das Wissen! Ohne die
Alexander von Humboldt. 1979. :
URL:http://www.educat.hu-berlin.de/schulen/avh/avh/avhb.html (05.10.2011)
45
JUSO: Humboldtsches Bildungsidel. 2010. :
URL:http://www.jusohsg-ude.de/hochschulpolitik-a-z/das-humboldtsche-bildungsideal/ (05.10.2011)
46
47
JUSO: Humboldtsches Bildungsidel. 2010. :
URL:http://www.jusohsg-ude.de/hochschulpolitik-a-z/das-humboldtsche-bildungsideal/ (05.10.2011)
Prof. Dr. Heide von Felden: Was heisst universitäre Bildung? 2004. :
URL:http://www.unimainz.de/FB/Paedagogik/Erwachsenenbildung/Dateien/Universitaere_Bildung_heute.pdf (06.10.2011)
48
49
JUSO: Humboldtsches Bildungsidel. 2010. :
URL:http://www.jusohsg-ude.de/hochschulpolitik-a-z/das-humboldtsche-bildungsideal/ (05.10.2011)
JUSO: Humboldtsches Bildungsidel. 2010. :
URL:http://www.jusohsg-ude.de/hochschulpolitik-a-z/das-humboldtsche-bildungsideal/ (05.10.2011)
50
18
Erkenntnisse kann der Student nicht erfolgreich sein. Es geht um den Wissensdurst,
nicht um das sture Auswendiglernen. “51
Die Definitionen von Humboldt und Professor Jucker stimmen eigentlich überein.
Gemäss Humboldt ist ein Student erst dann gebildet, wenn er durch das vorhandene
Wissen selbständig untersuchen und forschen kann.52 Herr Prof. Dr. Jucker behauptet,
dass ein Student nicht aus den Theorien alles lernen, sondern selber zu einem Ergebnis
kommen soll. 53Die Idee der universitären Bildung ist es also, sich durch den
selbständigen Arbeitsprozess zu bilden. Aus diesen zwei Ansichten ergibt sich die
folgende Definition zur universitären Bildung: Die universitäre Bildung verlangt von den
Studenten den Wissensdrang. Im Vergleich zur allgemeinen Bildung geht es bei der
universitären Bildung um das Wissen und Verstehen und das Erbringen einer Leistung.
Der Student soll selbständig ohne irgendwelche Vorschriften arbeiten können. Die
universitäre Bildung muss die Selbständigkeit fördern und dem Studenten die
Möglichkeit zur freien Forschung geben. 54 Durch die Freiheit und die Emanzipation
kann der Student sich auf die eigene Art und Weise bilden und darf nicht alles
auswendig lernen. Kurz gefasst: Das Allgemeinwissen sollte den Studenten an den
Gymnasien vermittelt werden, damit sie sich an der Universität vollkommen auf die
Forschung und die Untersuchung konzentrieren können.55
Somit kann gesagt werden, dass Latein eine grosse Bedeutung für die universitäre
Bildung hat. Der Lateinunterricht bildet gemäss der DAV-Matrix-Tabelle den
Gymnasiasten in vielen Bereichen und vermittelt den Schülern Allgemeinwissen. Durch
diese Kenntnisse können die zukünftigen Studenten sich zum Beispiel im
Medizinstudium vermehrt der Forschung widmen und müssen sich nicht mit dem
Lernen der anatomischen Fachbegriffe beschäftigen, weil sie durch die vorhandenen
Kennnisse alles herleiten können, wie es für eine universitäre Bildung gemäss Professor
Jucker und Humboldt vorausgesetzt wird.
51
Vgl.: Interview mit Herr Jucker
52
JUSO: Humboldtsches Bildungsidel. 2010. :
URL:http://www.jusohsg-ude.de/hochschulpolitik-a-z/das-humboldtsche-bildungsideal/ (05.10.2011)
53
Interview mit Herrn Jucker
54
Prof. Dr. Heide von Felden: Was heisst universitäre Bildung? 2004. :
URL:http://www.unimainz.de/FB/Paedagogik/Erwachsenenbildung/Dateien/Universitaere_Bildung_heute.pdf (06.10.2011)
JUSO: Humboldtsches Bildungsidel. 2010. :
URL:http://www.jusohsg-ude.de/hochschulpolitik-a-z/das-humboldtsche-bildungsideal/ (05.10.2011)
55
19
3.7 Die Universität Zürich
Die Universität Zürich mit rund „26`100 Studierenden“56 scheint im Vergleich zu den
anderen Universitäten der Schweiz, das heisst Basel, Bern, Fribourg, Genf, Lausanne,
Luzern und Neuchâtel, lateinfreundlicher geblieben zu sein. 57 Bis ins 19. Jahrhundert
gab es zwei europäische Bildungssprachen, nämlich Latein und die Nationalsprache.58
Die letzte Reduktion des Lateinobligatoriums an der Universität Zürich wurde mit der
Bologna-Reform vorgenommen.59 Wer in Zürich studieren möchte, muss aber trotz
dieser Reduktion für 32 Hauptfächer und 17 Nebenfächer(siehe Glossar)
Lateinkenntnisse haben.60 Ein gutes Exempel dafür ist die allgemeine
Sprachwissenschaft. Abgesehen von Zürich verlangen alle Universitäten in der Schweiz
kein Latinum für dieses Fach.61 Aufgrund dieser Anforderung in Zürich kann es sein,
dass der zukünftige Student seinen Standort wechselt, um dem Latein auszuweichen. Ob
das Lateinobligatorium dem Image der Universitäten gut tun würde oder nicht, darüber
wird seit Jahren ununterbrochen diskutiert. Warum aber ausgerechnet Zürich noch die
alte Sprache pflegt, scheint selbst den Dozenten unbekannt zu sein.62 Gemäss Professor
Dr. Christian Utzinger könnte es sein, dass die Universität Zürich nur die gebildeten
Kandidaten, also diejenigen mit Lateinkenntnissen, anziehen möchte.63
56
Wikipedia: Universität Zürich. 2011.:
URL:http://de.wikipedia.org/wiki/Universit%C3%A4t_Z%C3%BCrich (06.10.2011)
Lateinobligatorium an der Philosophischen Fakultät der Schweiz. 2010.:
URL:http://www.philologia.ch/latinum/ (06.10.2011)
57
Das Latinum an der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich. 2010. :
URL:http://www.uzh.ch/latinum/Woerterlisten/Latinum_Reglement_Aug10.pdf (06.10.2011)
58
NZZ online 2008: Diskussion um Lateinobligatorium an der Universität Zürich
URL:http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/diskussion_um_lateinobligatorium_an_der_un
iversitaet_zuerich_1.703631.html (25.09.2011)
59
60
Lateinobligatorium an der Philosophischen Fakultät in den Bachelor-Studiengängen. 2010.:
URL:http://www.uzh.ch/latinum/katalog_ba.html (25.09.2011)
Lateinobligatorium an der Philosophischen Fakultät der Schweiz. 2010.:
URL:http://www.philologia.ch/latinum/ (06.10.2011)
61
62
NZZ online 2008: Diskussion um Lateinobligatorium an der Universität Zürich
URL:http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/diskussion_um_lateinobligatorium_an_der_un
iversitaet_zuerich_1.703631.html (25.09.2011)
63
Vgl.: Interview mit Herrn Utzinger
20
3.7.1 Latein als Fremdsprache an der Universität
Wer heutzutage ein Studium an einer Universität beginnt, wird in irgendeiner Form mit
der lateinischen Sprache konfrontiert. Diese Konfrontation kann den Studenten
aufgrund der mangelnden Sprachkenntnisse zur Verzweiflung bringen. Schon der Name
der Einrichtung, nämlich das Wort Universität, stammt aus dem Lateinischen. 64
„universitas-atis (f): Gesamtheit. In früherer Zeit sprach man bei universitären Studien
vom „studium generale“, die Gemeinschaft der Lehrer und Schüler wurde als
„universitas magistrorum et scholarium“ bezeichnet, woraus sich bald die
Bezeichnung universitas für die gesamte Institution entwickelte.“ 65
Latein ist eine Wissenschaftssprache, die zwar nicht zum Kommunizieren gebraucht
wird, aber, wie bereits in dem vorherigen Kapitel erwähnt, für die Forschung und die
universitäre Bildung grosse Dienste leistet. Im 21. Jahrhundert gilt Latein zwar nicht
mehr als die europäische Bildungssprache, aber es wird immerhin noch für sämtliche
Studienrichtungen an der theologischen und philosophischen Fakultät der Universität
Zürich vorausgesetzt.66 Die Lateinkenntnisse können schon während des Gymnasiums
im Schwerpunktfach oder einem fakultativen Fach erarbeitet werden. Verfügt der
Student nicht über das kleine Latinum und will ein Fach studieren, in dem es
vorausgesetzt wird, so ist er gezwungen, eine Lateinprüfung zu bestehen.67
3.7.2 Der Lateinkurs an der Universität Zürich
Um die Schlussprüfung zu bestehen, bietet die Universität Zürich einen Lateinkurs an.
Dieser Kurs dauert zwei Semester lang zu jeweils sieben Wochenstunden und kann
während des Bachelorstudiums besucht werden.68 In diesem kurzen Zeitraum müssen
die Studenten den gesamten Stoff nachholen, für den dem Gymnasiasten je nach Kanton
Johanna Filip-Fröschl. Peter Made. 1999. : Latein in der Rechtssprache (S.11): ein Studienbuh und
Nachschlagewerk. Braumüller. Wien.
64
Johanna Filip-Fröschl. Peter Made. 1999. : Latein in der Rechtssprache (S.11): ein Studienbuh und
Nachschlagewerk. Braumüller. Wien.
65
66
NZZ online 2008: Diskussion um Lateinobligatorium an der Universität Zürich
URL:http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/diskussion_um_lateinobligatorium_an_der_un
iversitaet_zuerich_1.703631.html (25.09.2011)
67
Latinum an der Philosophischen Fakultät. 2011. :
URL:http://www.uzh.ch/latinum/ (25.09.2011)
Latinum an der Philosophischen Fakultät. 2011. :
URL:http://www.uzh.ch/latinum/ (25.09.2011)
68
21
drei, vier oder mehr ganze Jahre zur Verfügung stehen. Nach dem ersten Semester
erfolgt die erste Prüfung, der sogenannte Zwischentest, an dem der Stand des Wissens
der Studenten ermittelt wird. Auch bei einer ungenügenden Leistung kann der Student
in das zweite Semester eintreten, denn dadurch hat er die Chance, sich im kommenden
Semester mehr anzustrengen.69
Nach diesen zwei Semestern folgt die Schlussprüfung. Diese besteht aus einem
mündlichem und einem schriftlichen Teil. „Bei der schriftlichen Prüfung hat der Student
einen Zeitraum von 135 Minuten für die Übersetzung und die Analyse eines Prosatextes
zur Verfügung. Die mündliche dauert nur 15 Minuten.“70 Der Kandidat bekommt einen
kleinen Abschnitt aus einem Originaltext und muss diesen in einer Viertelstunde
übersetzen.71 Besteht der Student die Prüfung nicht, hat er die Möglichkeit sie im
Herbstsemester oder im Frühlingssemester nachzuholen.72
Das Konzept der Latinumskurse. 2011. :
URL:http://www.uzh.ch/latinum/konzept.html (07.10.2011)
69
Das Konzept der Latinumskurse. 2011. :
URL:http://www.uzh.ch/latinum/konzept.html (07.10.2011)
70
71
Vgl. Interview mit Herrn Utzinger
Latinum an der Philosophischen Fakultät: Aktuelle Prüfungstermine. 2011. :
URL:http://www.uzh.ch/latinum/pruefung_termine.html (07.10.2011)
72
22
4. Empirische Arbeit: Die Wichtigkeit des Lateins für die universitäre
Bildung (bezogen auf die Disziplinen Jura, Medizin, Theologie, Englisch und
Geschichte) im 21. Jahrhundert an der Universität Zürich:
In diesem Kapitel möchte ich den Schwerpunkt auf die Forschung legen. Mein Interesse
besteht darin, herauszufinden, ob Latein für die Disziplinen Jura, Medizin, Theologie,
Englisch und Geschichte an der Universität Zürich noch im 21. Jahrhundert eine
wichtige Rolle spielt bzw. eine Schlüsselqualifikation darstellt. Auch werde ich der Frage
nachgehen, ob Latein an der Universität Zürich noch lebendig und wie vor einigen
Jahrhunderten die Sprache der Gelehrten ist. Die sechs Thesen, die ich zu den jeweiligen
Fakultäten aufgestellt habe, werden durch die Interviews erhärtet und sollen mir
behilflich sein, die Antwort auf meine Fragen zu geben.
1. Latein stellt aufgrund seiner Genauigkeit und Eindeutigkeit selbst im 21.
Jahrhundert eine Sprache der Rechtswissenschaft dar.
2. Latein ist im 21. Jahrhundert trotz des gefallenen Lateinobligatoriums für
die Medizin sehr wichtig.
3. Ohne die Lateinkenntnisse wäre das Theologiestudium selbst im 21.
Jahrhundert utopisch.
4. Für das Geschichtsstudium müssen Lateinkenntnisse im
21. Jahrhundert vorhanden sein.
5. Englisch ist das moderne Latein des 21. Jahrhunderts!
6. Latein lebt noch an den Universitäten des 21. Jahrhunderts.
4.1 Latein als Sprache der Rechtswissenschaft
Die Leistungen der Römer auf dem Gebiet der Rechtswissenschaft sind unbestritten.
Gemäss ihren Vorstellungen mussten die Gesetze knapp sein, damit sie von allen, das
heisst sowohl von den Adligen als auch von den Bürgern, verstanden wurden. Die
lateinische Sprache vermochte es, das römische Rechtsdenken genau, bündig, eindeutig
und ausdrucksvoll in Worte zu fassen.73 Keine Sprache konnte es ihr darin gleichtun.
73
Carl Vossen. 1999.: Mutter Latein und ihre Töchter: Europas Sprache und ihre Herkunft (S.42).
Stern-Verlag Janssen. Düsseldorf.
23
Von den Römern bis ins 21. Jahrhundert hat sich aber einiges geändert. Die
Universitäten in der Schweiz verlangen für die Rechtswissenschaft in den Bachelor- und
Masterstudiengängen keine Lateinkenntnisse mehr.74 Die alte Sprache wird in unserer
modernen Zeit in den meisten Bereichen durch die internationale Weltsprache Englisch
ersetzt.
Wie ergeht es aber einem Jurastudenten im 21. Jahrhundert ohne Lateinkenntnisse beim
Analysieren des römischen Rechtes? Was mag wohl der Grund sein, dass Latein im
Jurastudium gestorben ist? Die Antwort auf diese und noch weiteren Fragen bekam ich
von Herrn Prof. Dr. Killias, einem Dozenten an der rechtswissenschaftlichen Fakultät
der Universität Zürich. Das gelungene Interview fand am 04. April 2011 statt.
Zu meiner ersten Frage, was wohl die Gründe sein könnten, dass das Lateinobligatorium
an der Universität Zürich für die Rechtswissenschaft aufgehoben wurde, antwortete er
folgendermassen: „Nun, einfach deswegen, weil die historischen Rechtstexte, die früher
oft in Latein verfasst wurden, heute in der Rechtspraxis kaum mehr eine Rolle spielen.“75
1. Folgerung: Im 21. Jahrhundert haben die lateinischen Rechtsquellen an der
rechtswissenschaftlichen Fakultät keinen Einfluss mehr auf das Studium.
Auf meine zweite Frage, ob Latein eine tote Sprache für das Jurastudium darstelle,
antwortete er folgendermassen: „Ich bedaure es, aber leider ja. Durch die modernen
Sprachen Italienisch, Französisch und Englisch verliert Latein von Jahr zu Jahr an
Bedeutung. Heutzutage können die Fachbegriffe auswendig gelernt werden. Um an den
Diskussionen über die Rechtsquellen teilnehmen zu können, muss man keine
Lateinkenntnisse haben.“76
2. Folgerung: Im Jurastudium wird Latein durch die modernen Sprachen ersetzt,
Fachbegriffe werden auswendig gelernt.
Lateinobligatorium an der Philosophischen Fakultät in den Bachelor-Studiengängen. 2010. :
URL:http://www.uzh.ch/latinum/katalog_ba.html (07.10.2011)
74
75
Vgl.: Interview mit Herrn Killias
76
Vgl.: Interview mit Herrn Killias
24
Auf meiner dritten Frage, ob Latein immer noch die Sprache der Gelehrten sei,
entgegnete er folgendermassen: „Dominant ist als Gelehrtensprache heute das Englisch.
Das Englisch regiert im 21. Jahrhundert die Sprachwelt.“77
3. Folgerung: Englisch ist die Bildungssprache im 21. Jahrhundert.
Zu meiner vierten Frage, ob das Latein einen Beitrag zur Allgemeinbildung leiste, sagte
er: „Wenn man dabei all das Wissen nebst der Sprache betrachtet, dann sicherlich. Ein
Schüler, der Latein als Fach genommen hat, sollte aber immer aktiv dabei sein, damit er
seine Zeit während dem Gymnasium nicht mit dem Nachholen verbringen muss“78
4. Folgerung: Latein bildet.
Zu meiner fünften Frage, ob Latein noch im 21. Jahrhundert eine Schlüsselqualifikation
für die Rechtswissenschaft darstelle, meinte er folgendes: „ Ich denke es nicht. Dadurch,
dass das Latinum an der rechtswissenschaftlichen Fakultät aufgehoben wurde, haben
sich die Studien auch dementsprechend umgestellt. Im 21. Jahrhundert kann man dem
Latein durch das Auslassen einiger Rechtsquellen ausweichen.“79
5. Folgerung: Latein stellt für die Rechtswissenschaft heutzutage keine
Schlüsselqualifikation mehr dar.
4. 2 Lateinkenntnisse für das Medizinstudium
Die Ursprünge der medizinischen Fachsprache liegen genau genommen im Griechischen.
Nachdem Griechenland unter die römische Herrschaft gefallen war, übernahmen die
Römer auch die Medizin samt ihrer Terminologie von den Griechen, welche sie
latinisierten. Diese lateinischen medizinischen Fachbegriffe sind trotz des Unterganges
des römischen Reiches aber nicht umbenannt worden, sondern bis ins 21. Jahrhundert
erhalten geblieben.80 Egal ob der Doktor mit seinem Patienten über eine Fraktur oder
über ein Virus spricht, tagtäglich wird er in irgendeiner Art und Weise mit der
lateinischen Sprache konfrontiert. Aber nicht nur im Spital, sondern auch in den
77
Vgl.: Interview mit Herrn Killias
78
Vgl.: Interview mit Herrn Killias
79
Vgl.: Interview mit Herrn Killias
80
Carl Vossen. 1999.: Mutter Latein und ihre Töchter: Europas Sprache und ihre Herkunft (S.35).
Stern-Verlag Janssen. Düsseldorf.
25
Apotheken ist Latein noch sehr präsent. 81 Selbst im 21. Jahrhundert müssen „alle
medizinisch zur Verwendung kommenden Chemikalien und Drogen auf den
Standgefässen in den Apotheken lateinisch bezeichnet werden.“82 Sogar die Bezeichnung
für die Zusammensetzung, nämlich das Rezept, hat seine Wurzeln im Latein. Der
Imperativ „recipe“ bedeutet „man nehme!“83
Die Medizin pflegt nach wie vor die alten Sprachen. Erstaunlicherweise verlangen aber
die Universitäten in der Schweiz das Latinum für die die medizinische Fakultät nicht. Um
nähere Angaben zum Medizinstudium ohne Lateinkenntnisse zu bekommen, habe ich
mich mit der Professorin Dr. Anita Rauch am 11. Mai 2011 darüber unterhalten.
Zu meiner ersten Frage, wie ein Medizinstudium ohne Lateinkenntnisse abläuft, meinte
sie Folgendes: „ Im 21. Jahrhundert ist Latein nicht mehr die Sprache der Wissenschaft!
Die meisten anatomischen Fachbegriffe sind lateinisch, aber diese können auch
auswendig gelernt werden und nebenbei kann der ganze Aufwand, die lateinische
Grammatik zu lernen, erspart werden. Heutzutage wird diese Sprache gar nicht mehr
gesprochen. Bis ins 19. Jahrhundert konnte man Latein als die Sprache der Gelehrten
bezeichnen, heute hat sie jedoch an Wert verloren.“84
1. Folgerung: Für das Medizinstudium müssen die Studenten zwar über das
lateinische Vokabular verfügen, aber nicht über Grammatikkenntnisse. Durch das
Aufheben des Obligatoriums sind die Studenten nicht mehr gezwungen, einen
Lateinkurs zu besuchen, weil die Fachbegriffe auch während des
Medizinstudiums gelernt werden können.
Auf meine zweite Frage, ob der Student trotz des Auswendiglernens der Fachbegriffe
gebildet sei, antwortete Frau Professor Rauch folgendermassen: „Ein Student, der über
Lateinkenntnisse verfügt, hat Vorteile gegenüber seinen Kameraden, weil er die Begriffe
herleiten kann und nicht alles stur auswendig lernen muss. Einer, der das Latein im
Gymnasium abgelehnt hat, muss mit einem grösseren Lernaufwand rechnen, weil die
anatomischen Begriffe für ihn vollkommen fremd sind. Damit die Fachbegriffe immer
81
Carl Vossen. 1999.: Mutter Latein und ihre Töchter: Europas Sprache und ihre Herkunft (S.36).
Stern-Verlag Janssen. Düsseldorf.
82
Carl Vossen. 1999.: Mutter Latein und ihre Töchter: Europas Sprache und ihre Herkunft (S.36).
Stern-Verlag Janssen. Düsseldorf.
83
Carl Vossen. 1999.: Mutter Latein und ihre Töchter: Europas Sprache und ihre Herkunft (S.36).
Stern-Verlag Janssen. Düsseldorf.
84 Vgl.: Interview mit Frau Rauch
26
präsent bleiben, ist er gezwungen, sie andauernd zu repetieren. Derjenige, der die
anatomischen Fachbegriffe trotz der mangelnden Lateinkenntnisse beherrscht, ist
meiner Meinung nach gebildet!“85
2. Folgerung: Ein Student mit Lateinkenntnissen kann sich das Studium
erleichtern, weil er die Fachbegriffe schnell herleiten kann und nicht alles
auswendig lernen muss. Alle diejenigen, die trotz der mangelnden
Lateinkenntnisse die Fachbegriffe beherrschen, sind aber auch gebildet.
Zu meiner dritten und somit letzten Frage, nämlich ob Latein zur Allgemeinbildung
einen Beitrag leistet, sagte sie: „Latein ist für die Allgemeinbildung wichtig! Durch die
Fähigkeit, mit der deutschen Sprache spielen und seinen Wortschatz mit einigen
lateinischen Fachbegriffen bereichern zu können, hat jeder Mediziner die Möglichkeit,
das Publikum an sich zu reissen. Auch für die Eintrittsprüfung, den Numerus clausus,
muss der Schüler logisch überlegen können. Der Lateinunterricht bereitet ihn sicher
darauf ausgezeichnet vor. “86
3. Folgerung: Latein unterstützt den Gymnasiasten vor, während und nach dem
Medizinstudium, das bedeutet also, dass die Sprache eine Schlüsselqualifikation
für das Studium darstellt.
4.3 Latein im Theologiestudium
Latein stellt seit dem 4. Jahrhundert die Sprache des kirchlichen Lehramtes und der
christlichen Religion dar. 87
Die Studenten setzen sich im Theologiestudium wissenschaftlich mit den biblischen und
theologischen Quellen des Christentums auseinander und analysieren die Texte des
Alten und des Neuen Testaments in der jeweiligen Ursprungssprache.88 An der
85
Vgl.: Interview mit Frau Rauch
86
Vgl.: Interview mit Frau Rauch
87
Carl Vossen. 1999.: Mutter Latein und ihre Töchter: Europas Sprache und ihre Herkunft (S.54).
Stern-Verlag Janssen. Düsseldorf.
88 Theologische Fakultät: Theologisches Seminar. 2010. :
URL:http://www.theologie.uzh.ch/faecher/theologischesseminar.html (07.10.2011)
27
Theologischen Fakultät sind deshalb noch die Lateinkenntnisse gefragt. Nebst dem
Latein müssen die Studenten aber auch noch Hebräisch und Griechisch können.89
Um meine These zu belegen, knüpfte ich einen Kontakt mit Prof. Dr. Eva Ebel an, einer
sehr freundlichen Dozentin an der Theologischen Fakultät in Zürich und hatte die
Möglichkeit, am 01. Juni 2011 ein Interview mit ihr zu führen.
Zu meiner ersten Frage, ob im Theologiestudium ohne Lateinkenntnisse
wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt werden können, meinte sie Folgendes:
„Die Aufgabe der Studenten im 21. Jahrhundert ist, die Originalexte des Christentums
mit Hilfe der gegebenen deutschen Übersetzung analysieren zu können. Die lateinische
Sprache dient während dem Studium nicht für die Übersetzung, sondern für die
Hinterfragung der Quellen. Anhand der deutschen Übersetzung verglichen mit dem
Originaltext haben sie die Möglichkeit, die Quellen wissenschaftlich zu analysieren. Im
Gymnasium wird den Schülern nur das Nötigste für eine Übersetzung beigebracht und
die Hintergründe der Texte sind sehr variierend. Im Theologiestudium ist der Bereich
aber nur auf die Religion und den Glauben eingeschränkt. Es geht um die Forschung!
Durch das Erkennen der einzelnen lateinischen Wörter im Text kann der Student die
Zusammenhänge zwischen den Quellen besser verstehen. Für die Forschung müssen
Lateinkenntnisse vorhanden sein.“ 90
1. Folgerung: Ohne Lateinkenntnisse würde dem Theologiestudium die
wissenschaftliche Basis fehlen. Latein ist eine Voraussetzung, um eine
Untersuchung der Quellen vornehmen zu können.
Zu meiner zweiten Frage, ob ein Gymnasiast, der der Überzeugung ist, dass er Theologie
studieren will, schon während der Kantonsschule Latein als Fach wählen soll, sagte sie:
„Latein ist ein Fach, das nicht von einem Jahr auf das andere gelernt werden kann. Durch
das Nachholen des Latinums an der Universität besteht auch die Gefahr, dass der
Student die Prüfung nicht besteht und somit Schwierigkeiten im Studium haben wird. Es
ist auf jeden Fall empfehlenswert, Latein schon während der gymnasialen Schulzeit zu
erwerben. Dadurch kann der Gymnasiast auch in den anderen Fächern wie Deutsch und
Historisches Seminar: Lehre und Forschung. 2011.:
URL:http://www.hist.uzh.ch/lehre.html (07.10.2011)
89
90
Vgl.: Interview mit Frau Ebel
28
Geschichte profitieren. Latein dient eigentlich als ein Fach, das die restlichen schulischen
Schwächen abdeckt.“91
2. Folgerung: Latein sollte schon während dem Gymnasium gelernt werden, weil es
verschiedene Bildungsleistungen erbringt und an der Universität nicht
nachgeholt werden muss.
Zu meiner dritten und meines Erachtens aktuellsten Frage, nämlich ob Latein im 21.
Jahrhundert an den Universitäten immer noch lebt, argumentierte sie folgendermassen:
„Wir können diese Frage von zwei Seiten betrachten. Latein ist insofern tot, als es nicht
mehr gesprochen wird. Bezieht man diese Frage jedoch nur auf die Universität, so lebt es
noch weiter, weil es eine sehr originelle und nützliche Sprache ist. Natürlich könnte man
den Schülern eine Übersetzung der historischen Originaltexte geben, aber so würde sich
der Student nicht mehr bilden und es gäbe auch keine Forschung. Die Analyse sollte den
Studenten die Möglichkeit zu eigenen Erkenntnissen geben. Latein ist im
Theologiestudium lebendig und aktiv. Es wird erst sterben, wenn sich keine einzige
Studie mehr damit beschäftigt.“92
3. Folgerung: Latein lebt noch an den Universitäten im 21. Jahrhundert, weil es in
einigen Studiengängen vorausgesetzt und benötigt wird.
4.4 Bedeutung des Lateins für das Geschichtsstudium
Wo auch immer man suchen mag, Latein hat in der Geschichte seine Spuren
hinterlassen. Gemäss der Sage ist der Stammvater Aeneas nach Latium ausgewandert
und hat dort die Tochter des Königs Latinus geheiratet. Demzufolge hat er ungefähr im
Jahr 1200 v. Chr. Latein gelernt. 93 Im Jahre 450 v. Chr. wurde die Grundlage des
Römischen Rechtes, die zwölf Tafeln, in Latein publik gemacht. 94 Durch die Eroberung
Griechenlands im zweiten Jahrhundert vor Christus wurde die griechische Wissenschaft
latinisiert. 95 Im Jahre 1890 begann der Lateinabbau mit der antihumanistischen Rede
91
Vgl.: Interview mit Frau Ebel
92
Vgl.: Interview mit Frau Ebel
93
Stroh Wilfried. 2007. Latein ist tot, es lebe Latein! kleine Geschichte einer grossen Sprache. (325) List.
Berlin.
94
Stroh Wilfried. 2007. Latein ist tot, es lebe Latein! kleine Geschichte einer grossen Sprache.(332) List.
Berlin.
95
Stroh Wilfried. 2007. Latein ist tot, es lebe Latein! kleine Geschichte einer grossen Sprache. (336) List.
Berlin.
29
des Kaiser Willhelm II. 96 Im 2. Vatikanischen Konzil wird im Jahre 1962 eine Reduktion
der lateinischen Messe beschlossen. 97 Wie man merkt, spielt Latein bei all diesen
Ereignissen eine zentrale Rolle,
Die Universität Zürich verlangt noch für die Alte, Allgemeine, Mittelalterliche,
Osteuropäische und Schweizer Geschichte das Latinum.98 In der Geschichtswissenschaft
wird über die Vergangenheit geforscht und das historische Wissen ermittelt.99 Eine der
wichtigsten Grundlagen, um das historische Wissen ermitteln zu können, stellt Latein
dar.
Wie wichtig Latein aber im Studium wirklich ist und ob es das Grundlagenmaterial wie
in der Theologie darstellt, konnte ich am 21. Juli 2011 von Frau Dr. Zey, einer Dozentin
für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Zürich, erfahren.
Zu meiner ersten Frage, ob Latein im 21. Jahrhundert für die Allgemeine Geschichte eine
Schlüsselqualifikation darstelle, hat sie Folgendes geantwortet: „Die Quellen sind für
diese Epoche zu etwa 90% und mehr in lateinischer Sprache abgefasst. Ohne die
Lateinkenntnisse kann man die mittelalterliche Geschichte nicht auf einem
wissenschaftlich seriösen Niveau studieren. Die Studienordnung für Haupt- und
Nebenfach Allgemeine Geschichte verlangt, dass die Studierenden nach dem
Grundstudium, also in der Regel nach dem dritten Semester, das Latinum nachweisen
können.“ 100
1. Folgerung: Ohne Lateinkenntnisse kann Allgemeine Geschichte nicht studiert
werden, weil mehr als 90% der Quellen, die untersucht werden, in Latein verfasst
sind. Latein spielt eindeutig eine wichtige Rolle für die universitäre Bildung.
Zu meiner zweiten Frage, ob Latein bilde, gab sie folgende Antwort: „Dass ich Latein
ganz unabhängig von unserer Studienordnung als wichtigen Beitrag zur
Allgemeinbildung ansehe, versteht sich in meinem Beruf von selbst. Die alte Sprache
96
Stroh Wilfried. 2007. Latein ist tot, es lebe Latein! kleine Geschichte einer grossen Sprache. (343) List.
Berlin.
97
Stroh Wilfried. 2007. Latein ist tot, es lebe Latein! kleine Geschichte einer grossen Sprache. (45) List.
Berlin.
98 Lateinobligatorium an der Philosophischen Fakultät in den Bachelor-Studiengängen. 2010. :
URL:http://www.uzh.ch/latinum/katalog_ba.html (07.10.2011)
Historisches Seminar: Lehre und Forschung. 2011.:
URL:http://www.hist.uzh.ch/lehre.html (07.10.2011)
99
100
Vgl.: Interview mit Frau Zey
30
erweitert unser Wissen in mehreren Bereichen und hat einen gewissen Einfluss auf
unsere Präzision. Latein zwingt die Lernenden dazu, auf jedes einzelne Detail beim
Analysieren der verschiedenen Texte zu schauen.“ 101
2. Folgerung: Latein bildet und beeinflusst selbst unsere Handlungsweise.
Meine dritte Frage erklärte sich eigentlich von selbst. Ich wollte von Frau Dr. Zey
erfahren, ob Latein an der Universität noch wie im 19. Jahrhundert die Sprache der
Gelehrten sei: „ Auch wenn mehrere Studien heutzutage nicht mehr Lateinkenntnisse
voraussetzen, wird Latein indirekt in jeder Wissenschaft gebraucht. Deshalb wäre es
nicht korrekt, wenn man Latein als tot bezeichnen würde, weil es noch an der
Universität sehr häufig von Nutzen ist.“ 102
3. Folgerung: Latein taucht selbst im 21. Jahrhundert in jeder Wissenschaft auf.
4.5: Englisch - das „moderne Latein“ im 21. Jahrhundert
Einen sehr starken Einfluss auf die englische Sprache hat Latein selbst im 21.
Jahrhundert. Schon 450 n. Chr. brachten die Angeln und Sachsen zahlreiche lateinische
Vokabeln, die sie durch den Kontakt mit den Römern aufgenommen hatten, vom
Festland nach England. Durch die Christianisierung ab 597 n. Chr. begann in England das
Kirchenlatein.103 Das Angelsächsische nahm eine Menge von lateinischen Begriffen auf,
welche mit der Religion verknüpft sind. Die meisten Begriffe sind noch bis heute
erhalten geblieben, wie zum Beispiel: „altar, bishop, monk“… 104 Auch die moderne
Technik und die Wissenschaft brachte in den letzten drei Jahrhunderten immer wieder
Begriffe hervor, die einen lateinischen Ursprung haben wie zum Beispiel television,
computer, radio usw .105
Folgende zwei Fakten sollen meine These begründen:
101
Vgl.: Interview mit Frau Zey
102
Vgl.: Interview mit Frau Zey
103
Carl Vossen. 1999.: Mutter Latein und ihre Töchter: Europas Sprache und ihre Herkunft (S.140).
Stern-Verlag Janssen. Düsseldorf.
104 Carl Vossen. 1999.: Mutter Latein und ihre Töchter: Europas Sprache und ihre Herkunft (S.140).
Stern-Verlag Janssen. Düsseldorf.
Carl Vossen. 1999.: Mutter Latein und ihre Töchter: Europas Sprache und ihre Herkunft (S.140).
Stern-Verlag Janssen. Düsseldorf.
105
31
1. „Von den rund 40`000 Wörtern des Oxford Englisch Dictionary sind nicht
weniger als rund 80% des gesamten Bestandes lateinischer Herkunft.“106
2. Selbst unter den 10`000 häufigsten Vokabeln der englischen Sprache sind nach
Ayers (Univ. of Arizona 1965) mehr als die Hälfte lateinischen/griechischen
Ursprungs.“107
Um mich noch über die Wirkung des Lateins auf das Englisch im Studium zu erkundigen,
konnte ich glücklicherweise mein letztes Interview am 03. Oktober 2011 mit Prof. Dr.
Andreas Jucker am Englischen Seminar in Zürich führen.
Auf die erste Frage, ob die englische Sprache im 21. Jahrhundert das moderne Latein sei,
antwortete er folgendermassen: „Man kann es so nennen, aber es kommt natürlich
darauf an, in welchem Zusammenhang man diese Aussage verstehen will. Würde man
einen wissenschaftlichen Text nehmen, so wären mehr als die Hälfte aller Wörter aus
dem Lateinischen abgeleitet. Wählt man jedoch einen einfach zu verstehenden Text, so
liegt die Quote der englischen Wörter, die eine lateinische Abstammung haben,
sicherlich bei weitem unter 50%. Deshalb ist für diese Behauptung sehr schwierig zu
argumentieren. Es ist möglich zu sagen, dass die englische Sprache noch das Latein
pflegt, aber ob sie es im 21. Jahrhundert vertritt, ist fragwürdig.“ 108
1. Folgerung: Englisch pflegt die lateinische Sprache, indem Latein darin in einer
modernen Form auftaucht.
Zu meiner zweiten Frage, ob man Latein während des Englischstudiums braucht, meinte
er: „Nein! Kein Student kann aus diesen zwei Semestern Lateinkurs einen Profit ziehen.
Es wäre um einiges intelligente, müssten die Studenten nebst dem Englisch eine weitere
moderne Sprache können, eine Sprache, die sie im Leben auch ausserhalb des Studiums
brauchen könnten. Damit meine ich aber nicht, dass Latein für gar nichts nützlich ist. Ein
erfolgreicher Gymnasiast mit Lateinkenntnissen kann sicherlich auch im Studium
punkten, weil er in diesen vier Jahren nicht hetzen musste und die Vokabeln gründlich
lernen konnte. Bei einem Studenten jedoch, der den gesamten Stoff während zwei
Carl Vossen. 1999.: Mutter Latein und ihre Töchter: Europas Sprache und ihre Herkunft (S.162).
Stern-Verlag Janssen. Düsseldorf.
106
Carl Vossen. 1999.: Mutter Latein und ihre Töchter: Europas Sprache und ihre Herkunft (S.162).
Stern-Verlag Janssen. Düsseldorf.
107
108
Vgl.: Interview mit Herrn Juck
32
Semestern nachholen musste, wird das gesamte Erlernte wieder vergessen. Das
Lateinobligatorium sollte in der Englischen Sprachwissenschaft aufgehoben werden!“109
2. Folgerung: Ein Gymnasiast mit Lateinkenntnissen kann im Gegensatz zu einem
Studenten, der das Latinum an der Universität nachholen muss, mehr, weil er den
gesamten Stoff während drei Jahren gründlich lernen konnte. Anstelle des
Lateinobligatoriums sollte die Englische Sprachwissenschaft als Pflicht einführen,
dass eine weitere Fremdsprache vorausgesetzt wird, weil dies den Schülern zwar
nicht an der Universität, aber ausserhalb der Schule etwas bringt.
Schliesslich zu meiner letzten Frage, ob Latein einen Beitrag zur Bildung leistet, sagte er
Folgendes: „ Ja, aber nur in einem minimalen Bereich und das wieder nur während des
Gymnasiums. Durch das ständige Repetieren der Vokabeln und der Grammatik kann der
Schüler seinen Wortschatz erhöhen und verbessert dadurch sicherlich auch seine
Sprachkenntnisse. Auch unterstützt es das historische Wissen. Wer heutzutage Alte
Geschichte studieren möchte, sollte an der Kantonsschule als Profil Latein nehmen, weil
die Lateinkenntnisse besonders in diesem Fach gefragt sind.“110
3. Folgerung: Latein bildet, indem es die Sprach- und die Geschichtskenntnisse fördert.
4.6: Latein lebt an den Universitäten des 21. Jahrhunderts
Um ein klares Bild vom Nutzen und von der Popularität des Lateins an der Universität
Zürich im Jahre 2011 zu bekommen, habe ich noch zum Schluss meiner empirischen
Arbeit ein sehr intensives und informatives Interview mit Prof. Dr. Christian Utzinger
geführt.
In diesem Interview wollte ich erfahren, ob ein Lateinfanatiker dieselbe Meinung vertritt
wie die restlichen Dozenten, die das Lateinobligatorium nicht unbedingt als einen
Vorteil betrachten. Lange musste ich auf einen passenden und geeigneten Termin
warten, schliesslich konnte ich mich mit Herrn Professor Utzinger auf den 19. Juli
einigen.
Meine erste Frage bezog sich auf die Aktualität der Sprache. Ich wollte von Herrn
Utzinger erfahren, welche Bedeutung das Latein an der Universität Zürich im 21.
109
Vgl.: Interview mit Herrn Jucker
110
Vgl.: Interview mit Herrn Jucker
33
Jahrhundert hat: „Latein war eine lange Zeit die Sprache der Wissenschaft. Wer sich
heute in irgendeiner Form mit Wissenschaft beschäftigt, kommt immer auf irgendeine
Weise zur Begegnung mit Latein. Natürlich kann man aber dem auch ausweichen.“111
1. Folgerung: In jeder Wissenschaft kommt Latein noch streng genommen zum
Tragen.
Zu meiner zweiten Frage, ob Latein eine tote Sprache ist oder weiterhin an den
Universitäten lebt, argumentierte er folgendermassen: „ Cicero sagte, dass die
lateinische Sprache unsterblich ist, solange sie gelesen wird. Natürlich ist Latein keine
Kommunikationssprache, deshalb wird sie als tot bezeichnet. Die Inhalte des Lateins
sind aber nicht tot und sie gilt nach wie vor noch als eine Gelehrtensprache. Selbst in der
Antike galt es nicht als eine Kommunikationssprache, deswegen behaupte ich, dass
Latein an der Universität und in jedem wissenschaftlichem Bereich lebt. Besonders in
der Geschichte und in der Theologie stellt sie eine Wichtigkeit dar, weil mit den
lateinischen Texten geforscht wird. Ohne Lateinkenntnisse kommt man eigentlich bei
diesen Fächern gar nicht weiter. Die alte Sprache lebt noch und wird erst dann
aussterben, wenn sich niemand mehr damit befasst, was natürlich eine halbe Ewigkeit
dauern wird.“112
2. Folgerung: Latein lebt noch an den Universitäten des 21. Jahrhunderts, weil jede
Wissenschaft die Sprache noch pflegt. Von einem Todesdatum ist erst zu
sprechen, wenn sie gar nicht mehr an den Universitäten gelesen oder
vorausgesetzt wird.
Weil meine These zu der rechtswissenschaftlichen Fakultät durch die Aussagen von
Prof. Dr. Martin Killias nicht belegt wurde, wollte ich noch die Meinung von Herrn Prof.
Utzinger hören. Zu meiner dritten Frage, wie stark das Latein an der
rechtswissenschaftlichen Fakultät trotz des gefallenen Obligatoriums genutzt wird,
sagte er: „Im Rechtsstudium wird heutzutage das Römische Recht ausgelassen. Deshalb
braucht man eigentlich Latein sagen wir mal für den grössten Bereich gar nicht. Latein
ist in der Rechtswissenschaft die Sprache der Angeber. Im 21. Jahrhundert existiert auch
111
Vgl.: Interview mit Herrn Utzinger
112
Vgl.: Interview mit Herrn Utzinger
34
das Lateinobligatorium an dieser Fakultät nicht mehr, darum denke ich, dass diese
Fakultät darauf Rücksicht nimmt, dem Latein auszuweichen. “113
3. Folgerung: Aufgrund des gefallenen Lateinobligatoriums hat sich auch der
inhaltliche Stoff des Studiums geändert. Heutzutage gilt zum Beispiel das
Römische Recht, für das Lateinkenntnisse vorhanden sein müssten, nicht mehr
als ein obligatorisches Fach.
Zu meiner vierten Frage, ob ein Student schon während des Gymnasiums Latein als
Schwerpunktfach nehmen sollte, antwortete er Folgendes: „ An der Universität Zürich
besteht die Möglichkeit, an einem Lateinkurs teilzunehmen und nach diesen zwei
Semestern eine Prüfung abzulegen. Ich hatte vor einigen Monaten ein paar Studenten,
die Italienisch studieren und die mir gesagt haben, dass sie das Latein, welches sie
während des Gymnasiums gelernt haben, bereits vergessen hätten. Ich will damit nicht
sagen, dass Latein während des Gymnasiums abgelehnt werden sollte, aber es kann
natürlich sein, dass ein gewisser Bereich vom Lateinunterricht bis zum Studium
vergessen gehen kann. Betrachtet man die Nachteile eines Lateinkurses jedoch, so ist die
Gefahr um einiges grösser. Wer sich nicht gründlich mit der Sprache beschäftigt, riskiert
die Prüfung nicht zu bestehen. Von den ca. 350 Teilnehmern sind es immerhin mehr
oder weniger 30%, die die Prüfung auf Grund der Unterschätzung nicht erfolgreich
absolvieren“. 114
4. Folgerung: Latein sollte schon an den Gymnasien erarbeitet werden, weil die
Durchfallquote bei der Lateinabschlussprüfung an der Universität Zürich ca. 30%
beträgt. Es kann natürlich sein, dass nach der der Maturitätsprüfung ein kleiner
Teil des erlernten Lateinstoffes verloren geht, aber dies sollte nicht allzu sehr die
Leistungen an der Universität beeinflussen.
Zu meiner fünften Frage, ob Latein bildet, meinte er: „Ja, das kann man so sagen. Latein
gibt den Studenten das Sprachgefühl und begleitet sie während dem ganzen Studium, sei
es beim Lernen, bei der Forschung oder bei den Diskussionen. Latein ermöglicht es den
Studenten, überall dabei zu sein.“115
113
Vgl.: Interview mit Herrn Utzinger
114
Vgl.: Interview mit Herrn Utzinger
115
Vgl.: Interview mit Herrn Utzinger
35
5. Folgerung: Latein bildet.
Zu meiner sechsten Frage, was wohl die Gründe dafür sein könnten, dass die
philosophische Fakultät der Universität Zürich im Unterschied zu Bern und Basel noch
Lateinkenntnisse voraussetzt, sagte er: „ Bösartig gesagt ist sicher ein Grund, dass die
Universität Zürich im Vergleich zu den anderen in der Schweiz diese Studenten mit den
Lateinkenntnissen anziehen will. Hier taucht sicherlich wieder die Frage der Selektion
auf. Dadurch, dass die Universität Zürich im Vergleich zu den anderen das
Lateinobligatorium in mehreren Fächern voraussetzt, müssen die Studenten entweder
den Lateinkurs nachholen oder den Standort wechseln.“116
Folgerung: Mit dem Lateinobligatorium zieht die Universität Zürich vor allem die
„Gebildeten“ an.
4.7 Einstellung der Hochschullehrer zum Lateinobligatorium
Um die Einstellung der Dozenten zum Lateinobligatorium beurteilen zu können, habe
ich nebst dem Interview noch einen Fragebogen angefertigt. Den Fragebogen sandte ich
den Professoren, verteilte ihn an der Universität Zürich bei meinen Interviewdaten oder
liess die letzten noch am Tag der offenen Tür an der Universität Zürich ausfüllen.
Insgesamt erklärten sich schliesslich 30 Professoren/innen zum Ausfüllen der
Fragebogen bereit. Absichtlich war meine Zielgruppe aber nur auf die Dozenten
gerichtet, die ein Fach unterrichten, in dem noch das Lateinobligatorium besteht, sei es
Geschichte, Sprachwissenschaft (Englisch, Französisch, Deutsch, Spanisch, Italienisch,
Portugiesisch, Indogermanisch), Literaturwissenschaft, Theologie, Religionsgeschichte,
Philosophie oder Musik.
Bevor ich auf die einzelnen Themenbereiche einging, wollte ich von den Befragten
wissen, ob die Universität Zürich weiterhin die alte Sprache und den Ruf, eine
lateinfreundliche Universität zu sein, pflegen soll. Das Resultat kann man in Abbildung 2
sehen. Herausgekommen ist, dass 19 von insgesamt 30 befragten Professoren/innen
dafür sind. Die Begründungen sind einleuchtend. Eines der am meisten angeführten
Argumente lautet, dass Latein im Studium eine Schlüsselqualifikation darstellt und die
meisten Fächer ohne Lateinkenntnisse nicht studiert werden können. Ein Argument
gegen das Lateinobligatorium, das die restlichen 11 Professoren anführen, besagt, dass
116
Vgl.: Interview mit Herrn Utzinger
36
es eine Last für die Studenten darstellt. Diese Aussage kann ich nachvollziehen, denn
Prof. Dr. Jucker meinte ebenfalls, dass das obligatorische Nachholen des Lateins gar
keinen Einfluss auf die Leistung an der Universität habe. 117 Deshalb kann gesagt
werden, dass die Universität Zürich für die Spanische, Portugiesische, Französische und
auch Italienische Sprachwissenschaft das Lateinobligatorium aufgrund der minimalen
Wichtigkeit aufheben könnte. Bei den historischen Fächern müssen jedoch die
Lateinkenntnisse vorhanden sein, weil die Quellen mehrheitlich in Latein verfasst sind.
37%
11. D.
Ja
63%
19 D.
Nein
Abbildung 2: Soll die Universität Zürich das kleine Latinum in 32 Fächern weiterhin
voraussetzen?
Mit meiner zweiten Frage wollte ich erfahren, für welche Studiengänge, die noch das
Latinum voraussetzen, Latein eine besonders wichtige Schlüsselqualifikation für die
universitäre Bildung darstellt. In Abbildung 3 sind die Antworten der Dozenten
graphisch erfasst. Erkennbar ist, dass die Dozenten besonders drei Studiengänge,
nämlich Alte Geschichte, Theologie und Englisch nennen.
117
Vgl.: Interview mit Herr Jucker
37
5%
7% 4 D.
6 D.
33%
30 D.
24%
22 D.
Alte Geschichte
Theologie
Englisch
Deutsch
31%
28 D.
Philosophie
Andere Studien
Abbildung 3: In welchen Studiengängen, die noch das Latinum voraussetzen, spielt
Latein eine besonders wichtige Rolle?
Da Dreifachnennungen erlaubt waren, gab es im Gesamten 90 Antworten. Wie aus der
Abbildung erkennbar ist, waren alle Professoren der Meinung, dass Latein hauptsächlich
für das Hauptfach Alte Geschichte einen sehr wichtigen Beitrag leistet. Dieses Resultat
stimmt mit der Meinung von Prof. Dr. Claudia Zey überein, denn gemäss ihren Aussagen
wäre das Studium ohne die Lateinkenntnisse gar nicht möglich, weil mehr als 90% der
Quellen in Latein verfasst sind und somit Latein als eine Basis des Studiums dient. 118
Erstaunlicherweise waren nur vier Dozenten der Ansicht, dass Latein für das
Philosophiestudium wichtig ist. Ich hätte gedacht, dass besonders im
Philosophiestudium die Lateinkenntnisse gefragt wären, weil im Lateinunterricht im
Gymnasium philosophische Texte einen Schwerpunkt bilden und die meisten
Philosophen aus der Antike einen starken Einfluss auf die Moderne haben, wie zum
Beispiel Sokrates, Aristoteles, Platon, Pythagoras usw. Bei der Auswertung wurde mir
ebenfalls klar, dass nur sechs Dozenten der Meinung sind, dass für die Deutsche
Sprachwissenschaft Latein eine Schlüsselqualifikation darstellt, was mich ein wenig
überraschte. Es kann aber sein, dass wegen der Bevorzugung der Fächer Geschichte,
Theologie und Englisch die deutsche Sprachwissenschaft nicht mehr gewählt werden
konnte, weil die Professoren sich nur für drei zu entscheiden hatten.
Aufgrund der Möglichkeit, Latein an der Universität nachzuholen, lehnen immer mehr
Gymnasiasten das Lateinangebot an der Kantonsschule ab. Gemäss den Aussagen von
118
Vgl.: Interview mit Frau Rauch
38
Herrn Prof. Jucker profitiert der Student aber vom intensiven Lateinkurs der Universität
kaum, weil nach der Schlussprüfung vieles wieder vergessen geht und somit nur wenig
auf den Weg für die universitäre Bildung mitgenommen wird. 119Auch Herr Prof.
Utzinger, ein Dozent, der an der Universität Zürich Lateinkurse gibt, meint, dass Latein
nicht an der Universität gelernt werden sollte, da der Lohn für das Erlernen der alten
Sprache an den Gymnasien um einiges höher wäre. Wenn wir nur den zeitlichen Rahmen
vergleichen, so stellt sich heraus, dass der Gymnasiast mehrere Jahre für das Erarbeiten
der Lateinkenntnisse zur Verfügung hat, während der Student nur zwei Semester dafür
erhält. Die Durchfallquote der Kursteilnehmer liegt bei den Abschlussprüfungen an der
Universität bei ca. 30%, während die Maturanden die Hürde erfolgreicher nehmen. 120
Was meine These, dass Latein an den Gymnasien gelernt werden soll, betrifft, erhielt ich
ein klares Ergebnis und eine eindeutige Bestätigung. Das Auswerten dieser Frage zeigt,
dass 77%, nämlich 22 Dozenten, der Meinung sind, Latein soll schon während des
Gymnasiums gelernt werden, weil das erste Jahr im Studium ziemlich streng ist und der
Studierende gar keine Motivation für das Nachholen des Lateinkurses hat.
17%
8 D.
im Gymnasium
77%
22 D.
an der Universität
Abbildung 4: Wann soll ein zukünftiger Student Latein lernen?
Die Begründungen der acht Dozenten, die sich für das Lernen des Lateins an der
Universität entschieden haben, sind relativ ähnlich. Einer der Gründe lautet, dass sich
119
Vgl.: Interview mit Herr Jucker
120
Vgl.: Interview mit Herr Utzinger
39
das Gymnasium nicht allzu sehr auf das Studium fixieren und den Schülern die freie
Wahl unabhängig von der Universität lassen soll.
Gemäss Prof. Dr. Martin Killias sei Latein in der Rechtswissenschaft im 21. Jahrhundert
eine gestorbene Sprache, weil diese Fakultät keine Lateinkenntnisse mehr verlangt. 121
Herr Prof. Utzinger behauptet jedoch, dass die Sprache in vielen Formen in der
Wissenschaft noch lebt und an den Universitäten noch über Generationen hinweg leben
wird.122 Weitere 26 Dozenten sind derselben Meinung. In Abbildung 5 kann man sehen,
dass beinahe 90% der Professoren diese Ansicht vertreten. Die restlichen vier Dozenten
meinen aber, dass Latein nicht mehr die Sprache der Wissenschaft ist, weil die
modernen Sprachen, genauer genommen Englisch seinen Platz eingenommen hat.
13%
4 D.
Ja
87%
26 D.
Nein
Abbildung 5: Denken Sie, dass Latein im 21. Jahrhundert an den Universitäten noch
lebendig ist?
Die DAV-Matrix- Tabelle bestätigt die Behauptung, dass Latein bildet. An den Gymnasien
fällt auf, dass Lateinschüler in den meisten Fächern gut abschneiden. Deshalb wollte ich
von den Dozenten erfahren, ob Latein gemäss ihrer Meinung ein Fach ist, das einen
Beitrag zum Allgemeinwissen leistet und somit die Gymnasiasten in vielfältigen
Bereichen bildet. Erstaunlicherweise befürworten alle 30 Dozenten diese Behauptung.
121
Vgl.: Interview mit Herr Killias
122
Vgl.: Interview mit Herr Utzinger
40
Dieses Ergebnis ist eindeutig. Nach den Interviews und der Auswertung der Fragebogen
kann eindeutig gesagt werden: Latein bildet.
41
4.8 Folgerungen:
Die Graphiken, die ich auf der Grundlage der Aussagen der Dozenten angefertigt habe,
veranschaulichen, dass Latein im Studium noch seinen Platz hat. Ob es sich um die
Analyse historischer Quellen, das Auswendiglernen juristischer oder anatomischer
Fachbegriffe, die Teilnahme an Diskussionen und Vorlesungen handelt: Wer über
Lateinkenntnisse verfügt, kann sich das Universitätsleben erleichtern.
Obwohl die Meinungen der einzelnen Dozenten zum Lateinobligatorium an der
Universität Zürich variieren, bestreitet doch niemand, dass Latein bildet. Und die zu
Beginn der Arbeit aufgestellte These, dass Latein ein multivalentes Fach ist, das während
der Schulzeit immense Bildungsleistungen erbringt, haben die Professoren bestätigt.
Meine erste Behauptung, dass Latein aufgrund seiner Genauigkeit und Eindeutigkeit
selbst im 21. Jahrhundert die Sprache der Rechtswissenschaft sei, wird durch das
Interview mit Prof. Dr. Martin Killias und Prof. Dr. Christian Utzinger nicht bestätigt. Der
Professor für Strafrecht an der rechtswissenschaftlichen Fakultät erläutert, dass die
lateinischen Rechtstexte im 21. Jahrhundert keinen Einfluss mehr auf das Studium
haben. Die internationale Sprache Englisch übernimmt im Jurastudium den Platz des
Lateins.123
Herr Prof. Utzinger vertritt dieselbe Meinung. Gemäss seinen Ausführungen versucht
die Rechtswissenschaft im 21. Jahrhundert, dem Latein aus dem Weg zu gehen. Durch
das Aufheben der Lateinpflicht ist auch der inhaltliche Umfang des Studiums reduziert
worden. Heutzutage muss sich ein Student nicht mehr mit dem römischen Recht
auseinandersetzen, wofür Lateinkenntnisse erforderlich wären. Hingegen wird laut Prof.
Utzinger von Anwälten das Latein immer noch gerne zum Angeben verwendet, indem
sie mit Lateinbrocken um sich werden. Aber eine Schlüsselqualifikation für das
Jusstudium stellt es nicht mehr dar. Im Wortschatz der juristischen Sprache lebt es
jedoch nach wie vor. 124
Die Aussagen der beiden Professoren widersprechen meinen ursprünglichen
Erwartungen. In Büchern und auf Internetseiten ist zwar zu lesen, dass Latein im 21.
Jahrhundert trotz des gefallenen Obligatoriums für die Rechtswissenschaft wichtig sei,
123
Vgl.: Interview mit Herr Killias
124
Vgl.: Interview mit Herr Utzinger
42
weil die Studenten sich mit dem römischen Recht und dem corpus iuris civilis
auseinandersetzen müssen.125 In Tat und Wahrheit sieht es jedoch anders aus und mit
dem Römischen Recht hat die lateinische Sprache in den Bachelor- und
Masterstudiengängen an Bedeutung verloren.
Fazit: An der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich müssen die
Studenten im 21. Jahrhundert über keine Lateinkenntnisse mehr verfügen, um
erfolgreich zu sein. Durch die gefallene Lateinpflicht haben die Rechtstexte, die in der
Antike in Latein verfasst wurden, im 21. Jahrhundert eine sehr alte Sprache an
Bedeutung verloren. Latein kann heutzutage den Studenten nur noch für die sprachliche
Präzision, das Herleiten der juristischen Fachbegriffe und die genauen Formulierungen
dienen, ansonsten spielt es für das Studium keine wichtige Rolle mehr.
Die Behauptung, die ich zum Medizinstudium aufgestellt habe, nämlich dass Latein
selbst im 21. Jahrhundert für das Medizinstudium sehr nützlich ist, wurde von Prof. Dr.
med. Anita Rauch bestätigt. Der Medizinstudent muss immer noch die Sprache der
Wissenschaft beherrschen. Für das Erlernen der Fachbegriffe ist aber nicht unbedingt
ein Lateinkurs vonnöten, weil der Student bloss Vokabel-, aber keine
Grammatikkenntnisse braucht. Zwar ist das Lateinobligatorium an der medizinischen
Fakultät gefallen, aber der Lernstoff ist der gleiche geblieben ist.126
Ein Gymnasiast mit Lateinkenntnissen hat auch einen grossen Vorteil bei der
Eintrittsprüfung zum Medizinstudium, dem sogenannten Numerus- clausus- Test. Die
logische, genaue und effiziente Denkweise, die sich während der drei Jahre
Lateinunterricht bildet, zahlt sich aus. Der Besuch des Lateinunterrichts ist gemäss Prof.
Rauch eine gute Vorbereitung auf diese Aufnahmeprüfung. Ein Arzt bzw. ein Mediziner,
der über Lateinkenntnisse verfügt, kann ausserdem mit seinem Wissen und seinem
kultivierten Auftreten seine Patienten stark beeindrucken. 127
Fazit: Latein stellt im Medizinstudium selbst im 21. Jahrhundert eine
Schlüsselqualifikation dar. Durch das Aufheben des Lateinobligatoriums sind die
Studenten zwar nicht mehr gezwungen einen zweisemestrigen Kurs zu besuchen, aber
Filip-Fröschl Johanna. Mader Peter. 1999. Latein in der Rechtssprache: ein Studienbuch und
Nachschlagewerk (S.9). Braumüller. Wien.
125
126
Vgl. interview mit Frau Rauch
127
Vgl.: Interview mit Frau Rauch
43
die medizinischen Fachbegriffe, die zur Hälfte aus dem Latein stammen, müssen
trotzdem gelernt werden. Um sich das Studium zu erleichtern und die Numerusclausus- Prüfung zu bestehen, ist es von Vorteil, wenn Lateinkenntnisse schon im
Gymnasium erworben werden.
Auf die Medizingeschichte bezogen muss man betonen, dass die Römer von den
Griechen das Wissen bezogen und viel davon in lateinischer Sprache an die Nachwelt
weitergegeben haben. 128 Das lateinische Fachvokabular ist trotz des Unterganges von
Rom bis ins 21. Jahrhundert erhalten geblieben.
Meine dritte These, dass für das Theologiestudium selbst im 21. Jahrhundert
Lateinkenntnisse unentbehrlich sind, weil die Kirchensprache seit dem 4. Jahrhundert
Latein ist und die Studenten sich mit den theologischen und biblischen Quellen
auseinandersetzen müssen, wurde von Frau Prof. Ebel bestätigt. 129 Ohne
Lateinkenntnisse können die Originaltexte des Christentums in der Ursprungssprache
gar nicht wissenschaftlich analysiert werden. Im 21. Jahrhundert ist es nicht die Aufgabe
der Studierenden, die Texte zu übersetzen. Weil deutsche Übersetzungen die
vorhandenen sind, müssen sie die entscheidenden lateinischen Wörter in den Quellen
erkennen und daraus ihre Schlüsse ziehen. Um an der wissenschaftlichen Forschung
teilnehmen zu können, muss der Student über Lateinkenntnisse verfügen. Latein ist das
Grundlagenmaterial für eine Analyse der biblischen und theologischen Originaltexte. 130
Diese Aussagen von Frau Ebel stimmen mit meinen Erwartungen überein.
Fazit: Eine wissenschaftliche Analyse der theologischen Originaltexte kann nur dann
erfolgen, wenn Lateinkenntnisse vorhanden sind. Latein stellt für die Theologie im 21.
Jahrhundert eine Schlüsselqualifikation dar und das wird noch über mehrere
Generationen hinweg so bleiben.
Die vierte von mir formulierte These, dass Latein in der Allgemeinen Geschichte ein der
Grundlagenmaterial für die Analyse der Überlieferung darstellt, wurde von Frau Dr. Zey
bestätigt und durch das Auswerten der Fragebogen untermauert. Gemäss ihren
Aussagen sind die historischen Quellen zu mehr als 90% in Latein verfasst. Ohne
128
Carl Vossen. 1999.: Mutter Latein und ihre Töchter: Europas Sprache und ihre Herkunft (S.35).
Stern-Verlag Janssen. Düsseldorf.
129
Carl Vossen. 1999.: Mutter Latein und ihre Töchter: Europas Sprache und ihre Herkunft (S.54).
Stern-Verlag Janssen. Düsseldorf.
130 Vgl.: Interview mit Frau Ebel
44
Lateinkenntnisse wäre es überhaupt nicht möglich, das Fach Geschichte zu studieren.
Latein zu lernen ist nicht nur Pflicht für den Geschichtsstudenten, sondern auch eine
Notwendigkeit. 131Aufgrund dessen kann gesagt werden, dass Latein zu lernen noch
viele Jahre in den historischen Studiengängen (Alte, Allgemeine, Mittelalterliche,
Osteuropäische und Schweizer Geschichte) eine Pflicht bleiben wird.
Fazit: Latein war, ist und wird für die Geschichte eine Schlüsselqualifikation darstellen,
weil in der Geschichtswissenschaft über die Vergangenheit geforscht wird und die
Quellen zum grössten Teil in Latein verfasst sind.
Die fünfte These, die ich zum Englischstudium aufgestellt habe, nämlich dass Englisch im
21. Jahrhundert das moderne Latein sei, ist von Herrn Dr. Jucker nicht so bestätigt
werden, aber die Fakten untermauern meine Aussage. Gemäss Prof. Jucker kann man
eine solche These nicht als allgemeingültig betrachten. Englisch ist zwar eine Sprache,
die das Latein pflegt, aber ob sie es wirklich vertritt, sei fragwürdig. Das
Lateinobligatorium für Englisch ist aber laut Professor Jucker äusserst unnötig. Dadurch
dass der Student die Grundlagen in nur zwei Semestern lernen muss, ist er nicht in der
Lage, nachhaltiges Wissen zu erwerben. Deshalb ist es besser, wenn das
Lateinobligatorium durch die Voraussetzung einer modernen Fremdsprache ersetzet
wird.132
Wenn auch nicht Prof. Jucker, so unterstützen doch Prof. Killias und Prof. Rauch meine
These. Gemäss dem Juradozenten hat Englisch im 21. Jahrhundert den Rang des Lateins
eingenommen.133 Auch laut Frau Prof. Rauch ist Englisch die moderne
Wissenschaftssprache, weil es als die internationale Kommunikationssprache anerkannt
und deshalb an allen Universitäten weltweit gesprochen wird.134
Fazit: Zwar verzichtet man im 21. Jahrhundert in der Wissenschaft nicht auf das
lateinische Vokabular, aber die englische Sprache scheint trotzdem den Platz der
Bildungssprache eingenommen zu haben. Erwähnen muss man jedoch, dass über drei
Viertel des englischen Vokabulars eine lateinische Herkunft haben. Deshalb kann gesagt
131
Vgl. Interview mit Frau Zey
132
Vgl.: Interview mit Herr Jucker
133
Vgl.: Interview mit Herr Killias
134
Vgl.: Interview mit Frau Rauch
45
werden, dass Latein im 21. Jahrhundert in einer modernen Form auftaucht, nämlich im
englischen Gewand.
135
Aus all diesen Aussagen der Dozenten und den Ausführungen in der einschlägigen
Literatur ist ersichtlich, dass Latein trotz seiner Unbeliebtheit und der beständigen
Reduktion an der Universität Zürich noch lebt und gebraucht wird. Auch 87 % der
befragten Dozenten vertreten diese Aussage. Von einem Tod des Lateins ist gemäss
Herrn Prof. Utzinger erst dann die Rede, wenn sich niemand mehr damit befasst oder
genauer gesagt, wenn keine lateinischen Texte mehr gelesen werden. 136 Somit kann
Latein gar nicht aussterben, weil sowohl die Geschichte als auch die Theologie Latein als
Grundlage für die Forschung benötigen. In den kommenden Jahren kann es gut möglich
sein, dass sämtliche Lateinobligatorien in den modernen Sprachen fallen, weil die
anderen Schweizer Universitäten sie längst aufgegeben haben und die Kenntnis der
Sprache kaum mehr als Schlüsselqualifikation betrachten. Doch eines ist klar, dass in
sämtlichen historischen Studien Latein noch lange erhalten bleiben wird und somit die
lateinische Sprache an den Universitäten weiter am Leben bleibt.
Fazit: Latein lebt noch an den Universitäten und wird noch über Generationen hinweg
nicht sterben.
Das Vorurteil, Latein sei eine tote Sprache, ist nach meiner Untersuchung an der
Universität Zürich tatsächlich als ein blosses Vorurteil entlarvt. Von einem Todesdatum
des Lateins kann nicht die Rede sein. Somit kann auch die Behauptung von Herrn Killias,
dass Latein an der Universität längst gestorben sei, als nicht der Wahrheit entsprechend
abgetan werden.
Latein taucht im 21. Jahrhundert entweder indirekt, nämlich in einer modernisierten
Form, das heisst im Englischen auf oder die Wissenschat bedient sich direkt des
lateinischen Vokabulars und bringt die Sprache wieder zur Geltung.
Auch wenn Latein im 21. Jahrhundert nicht mehr die europäische Bildungssprache
darstellt, lebt sie noch an den Universitäten und bildet die Gymnasiasten in vielfältigen
Bereichen. Durch die DAV-Matrix-Tabelle und durch die Aussagen der Dozenten wird
meine These, dass Latein Bedeutendes zur Allgemeinbildung beiträgt, legitimiert.
135
Carl Vossen. 1999.: Mutter Latein und ihre Töchter: Europas Sprache und ihre Herkunft (S.162).
Stern-Verlag Janssen. Düsseldorf.
136 Vgl.: Interview mit Herr Utzinger
46
Als Maturandin kann ich deshalb nur für das Lernen des Lateins im Gymnasium
plädieren. Diese Sprache leistet für die universitäre Bildung im 21. Jahrhundert in vieler
Hinsicht wertvolle Dienste, sei es für

das logische, vernünftige und präzise Denken

das Allgemeinwissen

die sprachliche, literarische, historische, politische, kulturelle, philosophische
Bildung

die Grammatikkennnisse

bessere Menschen- und Kulturkenntnisse

das Beherrschen der wissenschaftlichen Fachbegriffe

die Numerus-clausus- Prüfung

die Ausdrucksfähigkeit und Genauigkeit

das Spiel mit Worten

die Gesprächsfähigkeit

die Kreativität

das Erlernen einer weiteren Fremdsprache

die Beteiligung an Diskussionen

das Orientierungswissen

das Verfassen einer wissenschaftlichen Arbeit

das Ableiten von Fremdwörtern

einen besseren Grundwortschatz

die freie Wahl der Studien ohne jegliche Einschränkungen

die Analyse von Quellen

die wissenschaftliche Forschung

die juristischen Fachbegriffe

das Verstehen der romanischen Sprachen

eine Erleichterung des Studiums

die Zuverlässigkeit
und noch vieles mehr.
Erwähnen muss ich hier aber noch einmal ausdrücklich, dass Latein während des
Gymnasiums zwar vielfältige Bildungsleistungen erbringt, aber die Gymnasiasten dazu
auch ihren Beitrag leisten müssen, denn aus nichts kann nichts werden. Deshalb
47
empfehle ich allen Schülern, die Latein als Schwerpunktfach wählen, dass sie von Beginn
an bei der Sache sind und das Lernen nicht auf den Tag vor der Prüfung verschieben. Bei
der relativ umfangreichen Grammatik und den vielen Vokabeln verlieren sie schnell den
Anschluss, und so kann der abwechslungsreichste und modernste Lateinunterricht
schnell zum Alptraum werden.
48
4.9 Interviewpartner:
Abbildung 6: Frau Dr. Anita Rauch 137
Abbildung 9: Herr Dr. Martin Killias 138
Abbildung 7: Frau Dr. Eva Ebel 139
Abbildung 10: Herr Dr. Andreas Jucker 140
Abbildung 8: Frau Dr. Claudia Zey 141
Abbildung 11: Herr Dr. Christian Utzinger142
Anita Rauch: http://www.med.uzh.ch/UeberdieFakultaet/fakultaetsmitglieder/rauchanita.html
Martin Killias: http://www.rwi.uzh.ch/lehreforschung/alphabetisch/killias/mk.html
139 Eva Ebel: http://www.med.uzh.ch/UeberdieFakultaet/fakultaetsmitglieder/rauchanita.html
140 Andreas Jucker: http://es-jucker.uzh.ch/
141 Claudia Zey: http://www.hist.uzh.ch/personen/zey.html
142 Christian Utzinger : http://www.sprachenzentrum.uzh.ch/ueberuns/mitarbeiter2.php?mitarbnr=34
137
138
49
5. Diskussion
5.1 Zusammenfassung
Die Bedeutung des Lateins für die universitäre Bildung. Schon beim Titel meiner
Maturaarbeit trifft man auf ein Wort, das zur Verwirrung führen könnte, denn die
universitäre Bildung ist nicht dasselbe wie die Bildung. Durch die präzise Definition des
Begriffes „die universitären Bildung“ im theoretischen Teil meiner Arbeit, wird es nun
für den Leser möglich sein, mein Thema zu verstehen. Durch die Erklärung des Begriffes
kann nachvollzogen werden, welche Beiträge Latein für die Universität leistet.
Erwähnen sollte ich hier jedoch, dass ich selber sehr lange gebraucht habe, bis ich den
Begriff „die universitäre Bildung“ definieren konnte. Mehrere Stunden habe ich nach
Wilhelm von Humboldt recherchiert, weil in jedem Artikel der universitären Bildung
sein Name erschien. Ehrlichgesagt hatte ich ziemliche Mühe seine Ansicht zur
universitären Bildung zu verstehen. Am Ende meiner Recherchen sah ich aber ein, dass
er mit der universitären Bildung die Möglichkeit frei zu Forschen meinte. Die Universität
sei ein Ort, an der die Selbsttätigkeit ausgelebt werden sollte.143 Nach der universitären
Bildung sollte der Mensch aufgeklärt sein und sich in seinem Fach spezialisiert haben. 144
Durch die ähnliche Erklärung von Herrn Jucker, konnte ich schliesslich eine
allgemeingültige Definition herleiten und somit feststellen, dass Latein ein
Grundlagenmaterial für die universitäre Bildung darstellt.
Die erste These, dass Latein nicht nur eine gewöhnliche Sprache sondern ein Hilfsmittel
für die Gymnasiasten ist, um sich in den anderen Fächern verbessern zu können, wurde
durch die Aussagen der Dozenten und die DAV-Matrix-Tabelle belegt. Nebst den
Literaturangaben und den Aussagen der Professoren wollte ich aber auch Beispiele aus
der Kantonsschule Stadelhofen bringen, damit meine Behauptungen besser von den
Gymnasiasten verstanden werden konnten. Gemäss Prof. Dr. Hans Vettiger hätte ich
durch das Auflisten der persönlichen Erfahrungen, der Arbeit einen objektiveren Touch
gegeben, weil meine Behauptung auch durch die eigenen Erfahrungen belegt wurde.
Philosophische Fakultät: Das humboldtsche Bildungsideal und die raue Wirklichkeit des 21.
Jahrhunderts. 2002. :
URL:http://www.uni-jena.de/Humboldt_heute.html (05.10.2011)
143
JUSO: Humboldtsches Bildungsidel. 2010. :
URL:http://www.jusohsg-ude.de/hochschulpolitik-a-z/das-humboldtsche-bildungsideal/ (05.10.2011)
144
50
Die Bereiche „die Popularität des Lateins im 21. Jahrhundert“, „Latein an den
Gymnasien“, „die Beiträge des Lateins zur Bildung“ und „Latein als Fremdsprache an den
Universitäten“ wurden im theoretischen Teil meiner Arbeit erläutert. Absichtlich habe
ich einige Themen auch ausserhalb der Universität gebracht, weil ich den Gymnasiasten
zeigen wollte, dass die lateinische Sprache zwar hauptsächlich an den Universitäten lebt,
aber auch für die Gymnasien und in unserem Alltag eine bestimmte Rolle spielt. Kurz
gefasst wollte ich dem Schüler eigentlich mitteilen, dass die Altsprache selbst dann
nützlich ist, wenn man nicht unbedingt studieren gehen will.
Die Interviews mit den Dozenten an der Universität Zürich, die Auswertung der
Fragebogen und die Analyse, ob die Altsprache noch an den Universitäten notwendig ist,
bildete den Hauptteil meiner Maturaarbeit. Aufgrund des fachkundigen Einsatzes der
Professoren klappte meine empirische Arbeit wie geplant.
Die Thesen, die ich zu den jeweiligen Disziplinen an der Universität Zürich aufgestellt
hatte, wurden durch die Analyse der Aussagen von den Dozenten belegt. Bereits nach
drei Befragungen ist mir aber besonders aufgefallen, dass die meisten Aussagen der
Professoren immer wieder gleich waren. Niemand bestritt, dass Latein bilden würde
und ebenfalls nicht, das Latein ein Fach ist, welches verschiedene, vielseitige
Bildungsleistungen während dem Gymnasium erbringt. Meine Thesen zum Medizin-,
Theologie-, Geschichts- und Englischstudium wurden legitimiert. Nur bei der
rechtswissenschaftlichen Fakultät haben mich die Literaturangaben und meine eigenen
Erwartungen getäuscht. Durch das Interview mit Herrn Killias und Herrn Utzinger
wurde mir bewusst, dass Latein im Jurastudium eigentlich streng genommen gar keine
Wichtigkeit mehr darstellt.
Absichtlich habe ich meine Thesen nicht nur durch die Ergebnisse der Fragebogen
belegen wollen, weil ich von Beginn an wusste, dass ein Interview im Gegensatz zu
einem Fragebogen viel informativer ist und mein Zielpublikum mehr ansprechen würde.
Durch die verschiedenen Meinungen der Dozenten konnte ich schliesslich feststellen,
wie und auf welche Weise Latein im 21. Jahrhundert an der Universität Zürich zum
Nutzen kommt und ob es eine Schlüsselqualifikation für die fokussierten Disziplinen
darstellt.
Herausgestellt hat sich, dass Latein in den untersuchten Fächern, trotz des gefallenen
Lateinobligatoriums, in irgendeiner Art und Weise gebraucht wird. In der
Rechtswissenschaft stellt es zwar keine Wichtigkeit dar, aber es gibt nach wie vor noch
51
lateinische Fachbegriffe, die gelernt werden müssen. Darum sollte bemerkt werden, dass
sich die Wissenschaftssprache der Römer gut durchgesetzt hat und weiterhin eine
unsterbliche Sprache bleiben wird, weil die Altsprache tief in der Geschichte verankert
wurde.
Zu den Dozenten:
Die Dozenten fanden mein Thema äusserst interessant, aber gerne wollten sie noch
erfahren, wie ich überhaupt auf die Idee kam, eine wissenschaftliche Arbeit im Fach
Latein zu schreiben. Die Erklärung, nämlich dass ich aufgrund des Schulwechsels den
Grundstoff des Lateins während drei Wochen nachholen musste und trotz meines
Ehrgeizes meine Leistung an der Kantonsschule nicht anerkannt wurde, zwangen mich
fast dazu, aus all den Enttäuschungen eine Lehre zu ziehen und den ganzen Prozess mit
einem guten Schluss zu beenden. Mit meiner Maturaarbeit wollte ich nun herausfinden,
ob sich meine Bemühung an der Universität auszahlen wird. Durch meine Recherchen
und die selbständige Analyse wurde mir bewusst, dass ich durch die Wahl des Lateins
eine gute Entscheidung getroffen hatte und dies den Gymnasiasten an meiner Schule
mitteilen will.
Meine Erklärung beeindruckte die Dozenten offenbar. Sie boten mir die kompetente
Betreuung bis zum Ende meiner Arbeit an, was ich natürlich sehr schätzte.
Das Ziel, die Wichtigkeit des Lateins für die universitäre Bildung im 21. Jahrhundert
darzustellen, um die Vorurteile, dass Latein eine tote Sprache sei, als blosse Vorurteile
zu entlarven, habe ich meiner Meinung nach durch diese Arbeit erreicht.
52
5.2 Ausblick und Schlusswort
November 2010. Nun wurde der Startschuss durch die Schulleitung gegeben und schon
wurden die Gymnasiasten mit dem Druck und der Eigenständigkeit konfrontiert. Von
Anfang an hatte ich aber gespürt, dass ich in einem Jahr mein Ziel, das ich vor meinen
Augen hatte, durch mein ehrgeiziges Arbeiten, erreichen konnte. Ein Ziel, das ich seit
zwei Jahren anstrebte, genauer genommen, seit dem meine erbrachten Leistungen an
der Kantonsschule Stadelhofen nicht anerkannt wurden.
Um keine einzige Minute zu verschwenden, habe ich mir bereits nach dem Startschuss
ein Konto an der Zentralbibliothek Zürich eröffnet und die folgenden Bücher für meine
Maturaarbeit ausgeliehen: Latein ist Tod, es lebe Latein von Wilfried Stroh, Mit dem
Latein am Ende? von Karl-Willhelm Weeber, Fachdidaktik Latein kompakt von Peter
Kuhlmann, Latein 200: die Existenzprobleme und Schlüsselqualifikation von Peter Lohe
und auch die Erfolgsgeschichte einer Sprache von Tore Janson. Nachdem ich meiner
Lateinlehrerin meine Interessen kurz geschildert hatte, bestätigte sie die Betreuung
meiner Arbeit und nun konnte meine fleissige und ehrgeizige Phase eröffnet werden.
Tag täglich verfolgten mich die Gedanken, wie ich meine Arbeit am besten aufbaue und
mit welchen Mitteln ich meine Thesen belegen könnte. Ich wusste zwar, dass die
Dozenten die Zielgruppe in meiner Arbeit waren, unklar war mir jedoch, ob ich meine
empirische Arbeit sowohl mit den Interviews als auch mit den Fragebögen gestallten
sollte oder nur mit einem von beiden. Nach einem intensiven Gespräch mit Frau Zeuch
entschied ich mich schliesslich für beide Varianten.
Durch den persönlichen Kontakt mit den Dozenten an der Universität Zürich, konnte ich
mich in die Lage eines Studenten setzen und dadurch auch erfahren, wie die Universität
wirklich ist. Die Professoren ermunterten mich bei jedem Gespräch, indem sie mir ihr
Vertrauen zeigten und mir ein grosses Lob mit auf den Weg gaben.
Die erlebnisreichen elf Monate vergingen schneller, als ich es mir vorstellen konnte.
Mein Endprodukt liegt nun vor mir. Meine erste wissenschaftliche Arbeit, meine eigene
Maturaarbeit. Mein Ziel, das ich seit mehreren Jahren anstrebe, nämlich eine Arbeit zu
schreiben, indem die Wichtigkeit des Lateins für die universitäre Bildung gezeigt wird
und nebenbei auch noch meinen Ehrgeiz und meinen Fleiss zum Vorschein bringen
sollte.
In diesem Moment darf ich sagen, dass ich stolz auf mich bin, eine wissenschaftliche
Arbeit im Latein geschrieben zu haben. Ein Fach und ein Thema, dass viel Ehrgeiz
voraussetzt hat. Eine Arbeit, die selbst von den Dozenten als eine Diplomarbeit
53
angesehen wurde. Auch wenn mir das Schreiben manchmal schwer fiel, hielt ich mir
immer das Ziel vor den Augen. Meine Motivation, am 22. November meine Arbeit stolz
meiner Betreuungsperson, meinen Lehrern, meinen Eltern und meinen Kameraden
präsentieren zu dürften, hat mir immer den Schub zum Arbeiten gegeben.
Als Gymnasiastin habe ich durch meine Untersuchungen und Erlebnisse während
meiner Maturaarbeit einiges gelernt. Heute darf ich sagen, dass ich durch die intensive
dreiwöchige Privatnachhilfe nicht nur die Lateinkenntnisse erworben, sondern auch
gelernt habe, aus all den Enttäuschungen eine Lehre zu ziehen und immer trotz allem
das höchste anzustreben. Schliesslich habe ich erkannt, dass sich jede einzelne
Bemühung im Leben in irgendeiner Art und Weise, entweder zum richtigen Zeitpunkt
oder eben später, auszahlt.
54
6. Dank
Glücklicherweise hat mich meine Motivation nicht getäuscht.
An der ersten Stelle möchte ich mich deshalb deutlich bei meiner Lateinlehrerin, Frau
Dr. Ulrike Zeuch, bedanken, die mich während meiner Maturaarbeit kompetent betreut
hat. Die Bereitschaft und die Ehrlichkeit, die sie zu pflegen wusste, habe ich schon
während dem Lateinunterricht und vor allem während meiner Maturaarbeit sehr
geschätzt.
Damit meine empirische Arbeit durchgeführt werden konnte, habe ich natürlich eine
Menge Informationen von den Dozenten benötigt, deshalb schulde ich
der Professorin

Dr. Anita Rauch (Medizin, Fachärztin für Humangenetik),

Dr. Eva Ebel (Theologie, Dozentin für religiöse Grundfragen ),

Dr. Claudia Zey (Geschichte, Dozentin für Allgemeine Geschichte des
Mittelalters),
und dem Professoren

Dr. Martin Killias (Rechtswissenschaft, Dozent für Straf- und
Strafprozessrecht),

Dr. Christian Utzinger (Altsprache bzw. Latein, Dozent für Altsprache),

Dr. Andreas Jucker (Englisch, Professor für Englische Sprachwissenschaft)
an der Universität Zürich einen grossen Dank.
Natürlich bedanke ich mich auch ganz herzlich bei den 30 Dozenten/innen, die die
Fragebogen wahrheitstreu ausfüllten.
Besonders möchte ich mich auch bei Professor Herrn Hans Vettiger und Frau Pichler
bedanken, die mir während meiner Arbeit behilflich waren.
Schliesslich möchte ich ein grosses Dankeschön meinen Eltern schenken, die mich durch
ihr Vertrauen nicht mit den zweifelhaften Gedanken konfrontieren liessen.
55
„Vale, mea opus, et omnibus discipulis nuntia linguam Latinam vivere!“ 145
„Lebe wohl, meine Arbeit, und melde allen Schülern, dass die lateinische Sprache
lebt!“145
Zürich, 12.10.2011
145Wilfried
Stroh. 2007.: Latein ist tot, es lebe Latein! Kleine Geschichte einer grossen Sprache (S.10). List.
Berlin.
56
7. Glossar
Latinum: Das Latinum ist ein Nachweis der Lateinkenntnisse an der Universität. Dabei
unterscheidet man aber zwischen dem grossen und dem kleine Latinum. Das grosse
Latinum kann nur erreicht werden, wenn der Gymnasiast seinen Schwerpunktfach beim
Maturitätsjahr mit einer genügenden Note abschliesst, also mindestens mit einer vier.
Das kleine Latinum ist die Voraussetzung für 32 Fächer an der Universität Zürich und
kann mit einer Schlussprüfung nach zwei Semestern Lateinkurs selbst während dem
Studium erreicht werden.
146
Lateinobligatorium: Das Lateinobligatorium ist eine Voraussetzung, die die
Lateinkenntnisse in gewissen Fächern an der Universität Zürich fordert. Für die
folgenden Bachelor-Studiengänge gilt das Obligatorium noch an der Universität Zürich
im Jahre 2011:
Hauptfach:147

Allgemeine Geschichte

Allgemeine Sprachwissenschaft

Alte Geschichte

Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft

Englische Sprach- und Literaturwissenschaft

Französische Sprach- und Literaturwissenschaft

Geschichte des Mittelalters

Griechische Sprach- und Literaturwissenschaft

Historische Hilfswissenschaften
Wikipedia: Latinum. 2011.:
URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Latinum (08.10.2011)
146
147
Latinum in der Philosophischen Fakultät: Lateinobligatorium an der Philosophischen Fakultät in den
Bachelor-Studiengängen. 2010. :
URL: http://www.uzh.ch/latinum/katalog_ba.html (25.09.2011)
57

Italienische Sprach- und Literaturwissenschaft

Klassische Archäologie

Kulturwissenschaft der Antike I + II

Kunstgeschichte

Lateinische Sprach- und Literaturwissenschaft

Militärgeschichte

Mittelalterarchäologie

Mittellateinische Sprach- und Literaturwissenschaft

Musikwissenschaft

Osteuropäische Geschichte

Philosophie

Portugiesische Sprach- und Literaturwissenschaft

Prähistorische Archäologie

Rätoromanische Sprach- und Literaturwissenschaft

Religionsgeschichte der griechisch-römischen Antike

Religionswissenschaft

Rumänische Sprach- und Literaturwissenschaft

Schweizer Geschichte

Spanische Sprach- und Literaturwissenschaft

Theologie

Vergleichende Germanische Sprachwissenschaft

Vergleichende Indogermanische Sprachwissenschaft

Vergleichende Romanische Sprachwissenschaft
58
Kleines Nebenfach :148

Englische Sprach- und Literaturwissenschaft

Französische Sprach- und Literaturwissenschaft

Griechische Sprach- und Literaturwissenschaft

Italienische Sprach- und Literaturwissenschaft

Lateinische Sprach- und Literaturwissenschaft

Militärgeschichte

Mittelalterarchäologie

Mittellateinische Sprach- und Literaturwissenschaft

Musikwissenschaft

Portugiesische Sprach- und Literaturwissenschaft

Rätoromanische Sprach- und Literaturwissenschaft

Religionsgeschichte der griechisch-römischen Antike

Rumänische Sprach- und Literaturwissenschaft

Schweizer Geschichte

Spanische Sprach- und Literaturwissenschaft

Vergleichende Germanische Sprachwissenschaft

Vergleichende Indogermanische Sprachwissenschaft
148
Latinum in der Philosophischen Fakultät: Lateinobligatorium an der Philosophischen Fakultät in den
Bachelor-Studiengängen. 2010. :
URL: http://www.uzh.ch/latinum/katalog_ba.html (25.09.2011)
59
8. Quellenverzeichnis:
Bücher:
Einverfasserschriften:
Name & Vorname des Autors. Erscheinungsjahr. Titel. Verlag. Erscheinungsort.
Janson Tore. 2006. Die Erfolgsgeschichte einer Sprache. Buske. Hamburg.
Weeber Karl-Wilhelm. 1998. Mit dem Latein am Ende? Traditionen mit Perspektiven.
Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen.
Vossen Carl. 1999. Mutter Latein und ihre Töchter: Europas Sprache und ihre Herkunft.
Stern-Verlag Janssen. Düsseldorf
Stroh Wilfried. 2007. Latein ist tot, es lebe Latein! kleine Geschichte einer grossen
Sprache. List. Berlin.
Kuhlmann Peter. 2009. Fachdidaktik Latein kompakt. Vandenhoeck & Ruprecht.
Göttingen.
Mehrverfasserschriften:
Fink Gerhard. Maier Friedrich. 2001. Cursus brevis: Systematische Begleitgrammatik.
C.C. Buchner. Bamberg.
Montessori Maria. Oswald Paul. 1966. Über die Bildung des Menschen. Herder. Freiburg.
Filip-Fröschl Johanna. Mader Peter. 1999. Latein in der Rechtssprache: ein Studienbuch
und Nachschlagewerk. Braumüller. Wien.
Lohe Peter. Maier Friedrich. 1996. Latein 2000: Existenzprobleme und
Schlüsselqualifikationen. Buchner. Bamberg.
Brandes Jürgen. Gaul Diether. 1998. Arcus compactus: Vokabeln und Grammatik. Moritz
Diesterweg. Frankfurt.
60
Tabellen:
Tabelle 1: Brandes Jürgen. Gaul Diether. 1998. Arcus compactus: Vokabeln und
Grammatik. Moritz Diesterweg. Frankfurt.
Tabelle 2: Kuhlmann Peter. 2009. Fachdidaktik Latein kompakt. Vandenhoeck &
Ruprecht, Göttingen.
Internet:
Homepage der Kantonsschule Stadelhofen: Statistik der Kantonsschule Stadelhofen
(2011): 25.09.2011
URL:http://www.ksstadelhofen.ch/dnn/Default.aspx?tabid=75
NZZ online: Diskussion um Lateinobligatorium an der Universität Zürich (2008):
25.09.2011
URL:http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/diskussion_um_lateinobliga
torium_an_der_universitaet_zuerich_1.703631.html
Berner Zeitung: Die modernen Fächer verdrängen das Latein vom Stundenplan (2010).
25.09.2011
URL: http://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/Die-modernen-Faecherverdraengen-das-Latein-vom-Stundenplan/story/17596505
Latinumhomepage der Universität Zürich: Latinum an der Philosophischen Fakultät
(2011): 25.09.2011
URL: http://www.uzh.ch/latinum/
Latinum in der Philosophischen Fakultät: Lateinobligatorium an der Philosophischen
Fakultät in den Bachelor-Studiengängen (2010): 25.09.2011
URL: http://www.uzh.ch/latinum/katalog_ba.html
Wikipedia: Carmina Burana (2008): 25.09.2011
URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Carmina_Burana
Wikipedia: Medizin (2008): 25.09.2011
URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Medizin
61
Wikipedia: Computer (2011): 05.10.2011
URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Computer
Wikipedia: Die Bildung (2011): 05.10.2011
URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Bildung
Lucia: Schule im Mittelalter : 05.10.2011
URL: http://www.primolo.de/home/Ritterburg/hp_innen13.htm
Alexander von Humboldt (1979): 05.10.2011
URL: http://www.educat.hu-berlin.de/schulen/avh/avh/avhb.html
Philosophische Fakultät: Das humboldtsche Bildungsideal und die raue Wirklichkeit des
21. Jahrhunderts (2002): 05.10.2011
URL: http://www.uni-jena.de/Humboldt_heute.html
JUSO: Humboldtsche Bildungsideal (2010): 05.10.2011
URL: http://www.jusohsg-ude.de/hochschulpolitik-a-z/das-humboldtschebildungsideal/
Michael Schmidt: Was ist Bildung wirklich? (2005): 05.10.2011
URL: http://www.dghk.de/laby85/85_schmidt_bildung.pdf
Prof. Dr. Heide von Felden: Was heisst universitäre Bildung?(2004): 06.10.2011
URL:http://www.unimainz.de/FB/Paedagogik/Erwachsenenbildung/Dateien/Universit
aere_Bildung_heute.pdf
Wikipedia: Universität Zürich (2011): 06.10.2011
URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Universit%C3%A4t_Z%C3%BCrich
Philosophische Fakultät der Universität Zürich: Das Latinum an der Philosophischen
Fakultät der Universität Zürich (2010): 06.10.2011
URL: http://www.uzh.ch/latinum/Woerterlisten/Latinum_Reglement_Aug10.pdf
Lateinobligatorium an der Philosophischen Fakultät der Schweiz (2010): 06.10.2011
URL: http://www.philologia.ch/latinum/
Latinum an der Philosophischen Fakultät: Das Konzept der Latinumskurse (2011):
07.10.2011
URL: http://www.uzh.ch/latinum/konzept.html
62
Latinum an der Philosophischen Fakultät: Aktuelle Prüfungstermine (2011): 07.10.2011
URL: http://www.uzh.ch/latinum/pruefung_termine.html
Theologische Fakultät: Theologisches Seminar (2010): 07.10.2011
URL: http://www.theologie.uzh.ch/faecher/theologischesseminar.html
Historisches Seminar: Lehre und Forschung (2011) 07.10.2011
URL: http://www.hist.uzh.ch/lehre.html
Wikipedia: Latinum (2011): (08.10.2011)
URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Latinum
Abbildungen:
Titelblatt: Logo der Universität Zürich (2008): 01.08.2011
URL: http://www.175jahre.uzh.ch/fakultaeten/weiterdenken/programm/zentraleveranstaltungen/felixundregula/stationen/universitaet/un
ilogo.jpg
Abbildung 1: Statistik der Kantonsschule Stadelhofen (2011). 25.09.2011
URL: http://www.ksstadelhofen.ch/dnn/Default.aspx?tabid=75
Abbildung 6: Prof. Dr. med. Anita Rauch (2011). 09.10.2011
URL: http://www.med.uzh.ch/UeberdieFakultaet/fakultaetsmitglieder/rauchanita.html
Abbildung 7: Prof. Dr. Eva Ebel (2011): 09.10.2011
URL: http://www.theologie.uzh.ch/faecher/neues-testament/ebel.html
Abbildung 8: Prof. Dr. Claudia Zey (2011): 09.10.2011
URL: http://www.hist.uzh.ch/personen/zey.html
Abbildung 9: Prof. Dr. Martin Killias (2011): 09.10.2011
URL: http://www.rwi.uzh.ch/lehreforschung/alphabetisch/killias/mk.html
Abbildung 10: Prof. Dr. Andreas Jucker (2011): 09.10.2011
URL: http://es-jucker.uzh.ch/
Abbildung 11: Prof. Dr. Christian Utzinger (2011): 09.10.2011
URL: http://www.sprachenzentrum.uzh.ch/ueberuns/mitarbeiter2.php?mitarbnr=34
63
Vgl.: Interview:
Im Anhang zu finden:
Interview mit Prof. Dr. Martin Killias
Interview mit Prof. Dr. med. Anita Rauch
Interview mit Prof. Dr. Eva Ebel
Interview mit Prof. Dr. Claudia Zey
Interview mit Prof. Dr. Andreas Jucker
Interview mit Prof. Dr. Christian Utzinger
64
9. Eigenständigkeitserklärung:
Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und nur unter Benutzung
der angegebenen Quellen verfasst habe und ich auf eine eventuelle Mithilfe Dritter in
der Arbeit ausdrücklich hinweise.
Zürich, 12.10.2011
Büsra Beceren
65
10. Anhang
10.1 Fragebogen
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich bin Teilnehmerin des altsprachlichen Profils Latein an der Kantonsschule
Ausserschwyz und schreibe meine Maturaarbeit über die Bedeutung des Lateins für die
universitäre Bildung im 21. Jahrhundert. Im Focus meiner Arbeit steht die Frage, ob das
Latein für Ihr Fach heute noch eine Schlüsselqualifikation darstellt, die die
Studienordnung den Studenten abverlangt und ob sie persönlich das Latein zumindest
als einen wichtigen Beitrag zur Allgemeinbildung ansehen. Zu diesem Zweck würde ich
Sie gerne fragen, ob Sie dazu bereit wären, meinen Fragebogen zu meiner Maturaarbeit
auszufüllen.
Ihre Angaben werden vertraulich behandelt und nicht an Drittpersonen weitergegeben.
1. Sollte die Universität Zürich ihrer Meinung nach das kleine Latinum in 32
Hauptfächern noch weiterhin voraussetzen und im Gegensatz zu den anderen
Universitäten in der Schweiz, lateinfreundlich bleiben?
o Ja
Begründung:
_____________________________________________________________________________________
_____________________________________________________________________________________
_____________________________________________________________________________________
o Nein
Begründung:
_____________________________________________________________________________________
_____________________________________________________________________________________
_____________________________________________________________________________________
2. In welchen Fächern spielt Latein eine sehr entscheidende Rolle?
a. Alte Geschichte
b. Philosophie
c. Deutsch
d. Theologie
e. Englisch
66
f. Andere: __________________________________________
3. Wann sollte ein zukünftiger Student Latein lernen, wenn er bzw. sie ein Fach
studieren möchte, an dem die Lateinkenntnisse vorausgesetzt werden?
o Im Gymnasium
Begründung:
_____________________________________________________________________________________
_____________________________________________________________________________________
_____________________________________________________________________________________
o An der Universität
Begründung:
_____________________________________________________________________________________
_____________________________________________________________________________________
_____________________________________________________________________________________
4. Denken Sie, dass Latein im 21. Jahrhundert an den Universitäten noch wichtig
und daher auch lebendig ist?
o Ja
Begründung:
_____________________________________________________________________________________
_____________________________________________________________________________________
_____________________________________________________________________________________
o Nein
Begründung:
_____________________________________________________________________________________
_____________________________________________________________________________________
_____________________________________________________________________________________
5. Leistet Latein Ihrer Meinung nach einen Beitrag zur Allgemeinbildung?
o Ja
o Nein
o Ich kann es nicht beantworten
Vielen Dank für das Ausfüllen.
Büsra Beceren
67
10.2 Interview mit Prof. Dr. Martin Killias
1. Büsra: Was könnten wohl die Gründe dafür sein, dass das Lateinobligatorium
für die Rechtswissenschaft an der Universität Zürich aufgehoben wurde?
Herr Killias: Nun, einfach deswegen, weil die historischen Rechtstexte, die früher
oft in Latein verfasst wurden, heute in der Rechtspraxis kaum mehr eine Rolle
spielen. Einen noch besseren Grund dafür wüsste ich nicht. Latein kann heute
höchstwahrscheinlich dafür dienen, die Begriffe nicht stur auswendig lernen zu
müssen, aber einen noch grösseren Beitrag zur Rechtswissenschaft würde es nicht
leisten.
2. Büsra: Wird Latein noch im 21. Jahrhundert trotz des gefallenen
Lateinobligatoriums für die Rechtswissenschaft gebraucht, oder stellt es
etwa eine tote Sprache dar?
Herr Killias: Ich bedaure es, aber leider ja. Durch die modernen Sprachen
Italienisch, Französisch und Englisch verliert Latein von Jahr zu Jahr an Bedeutung.
Heutzutage können die Fachbegriffe auswendig gelernt werden. Um an den
Diskussionen über die Rechtsquellen teilnehmen zu können, muss man keine
Lateinkenntnisse haben. Aber dies gilt natürlich nur in der Rechtswissenschaft. An
den historischen Fakultäten müssen die Lateinkenntnisse vorhanden sein!
3. Büsra: Bis ins 19. Jahrhundert galt Latein mit der Nationalsprache
zusammen, als die europäische Bildungssprache. In diesen zwei
Jahrtausenden hat sich jedoch einiges geändert. Stellt Latein Ihrer Meinung
nach immer noch eine Sprache der Gelehrten dar?
Herr Killias: Dominant ist als Gelehrtensprache heute das Englisch. Das Englisch
regiert im 21. Jahrhundert die Sprachwelt. Ich finde das nicht besonders schön
oder toll, aber… cèst la vie!
4. Büsra: Leistet Latein zumindest einen Beitrag zur Allgemeinbildung?
Herr Killias: Wenn man dabei all das Wissen nebst der Sprache betrachtet, dann
sicherlich. Ein Schüler, der Latein als Fach gewählt hat, sollte aber immer aktiv
dabei sein, damit er seine Zeit nicht mit dem Nachholen verbringen muss. Durch
68
das aktive Mithalten im Unterricht kann der Lernende sein Allgemeinwissen
erweitern und auch gute Noten erzielen.
5. Büsra: Stellt Latein im 21. Jahrhundert für das Studium noch eine
Schlüsselqualifikation dar?
Herr Killias: Ich denke es nicht. Dadurch, dass das Latinum im Jurastudium
aufgehoben wurde, haben sich die rechtswissenschaftlichen Fakultäten auch
dementsprechend umgestellt. Im 21. Jahrhundert kann man dem Latein durch das
Auslassen einiger Quellen ausweichen. Deshalb denke ich nicht, dass Latein noch
im 21. Jahrhundert für die Rechtswissenschaft eine Schlüsselqualifikation
darstellt…
69
10.3 Interview mit Prof. Dr. med. Anita Rauch
1. Büsra: Wie ist es möglich, dass man Medizin im 21. Jahrhundert ohne die
Lateinkenntnisse studieren kann?
Frau Rauch: Im 21. Jahrhundert ist Latein nicht mehr die Sprache der
Wissenschaft! Die meisten anatomischen Fachbegriffe sind lateinisch, aber diese
können auch auswendig gelernt werden und nebenbei kann der ganze Aufwand,
die lateinische Grammatik zu lernen erspart werden. Heutzutage wird diese
Sprache gar nicht mehr gesprochen. Bis ins 19. Jahrhundert konnte man Latein als
die Sprache der Gelehrten bezeichnen, heute hat sie jedoch an Wert verloren.
Meiner Ansicht nach stellt Englisch im 21. Jahrhundert die Sprache der Gebildeten
dar, weil sie weit verbreitet ist. Mit meiner Aussage will ich aber nicht behaupten,
dass Latein kein Nutzen mehr hat. Im Medizinstudium sind die meisten Wörter
lateinischer Herkunft, deshalb hat sie einen ziemlich grossen Stellenwert an den
Universitäten. Aber wie schon erwähnt, dadurch, dass sie nicht mehr gesprochen
wird, betrachtet man die Altsprache als Tod.
2. Büsra: Ist ein Student, der die anatomischen Fachbegriffe stur auswendig
lernt auch gebildet?
Frau Rauch: Natürlich hat ein Student der die Lateinkenntnisse verfügt mehr
Vorteile als seine Kameraden, weil er die Begriffe herleiten kann und nicht alles
stur auswendig lernen muss. Latein trägt einen sehr grossen Beitrag für die
Allgemeinbildung bei und erleichtert auch das Lernen. Ein Student, der Latein im
Gymnasium abgelehnt hat, muss mit einem grösseren Lernaufwand rechnen, weil
die anatomischen Begriffe für ihn vollkommen fremd sind. Damit die Fachbegriffe
immer präsent bleiben, ist er gezwungen, sie andauernd zu repetieren. Derjenige,
der die anatomischen Fachbegriffe trotz der mangelnden Lateinkenntnisse
beherrscht, ist meiner Meinung nach gebildet!
3. Büsra: Leistet Latein Ihrer Meinung nach einen Beitrag zur
Allgemeinbildung?
Frau Rauch: Latein ist für die Allgemeinbildung wichtig! Durch die Fähigkeit mit
der deutschen Sprache spielen und seinen Wortschatz mit einigen lateinischen
Fachbegriffen bereichern zu können, hat jeder Mediziner die Möglichkeit, das
70
Publikum an sich zu reissen. Auch für die Eintrittsprüfung, für den Numerus
Clausus, muss der Schüler logisch überlegen können. Der Lateinunterricht bereitet
ihn sicher darauf ausgezeichnet vor. Ein guter Mediziner kann sowohl Deutsch, als
auch Englisch und Latein! Das lateinische Vokabular unterstützt den Arzt nicht nur
in der Praxis sondern auch in seinem Freundeskreis.
71
10.4 Interview mit Prof. Dr. Eva Ebel
1. Büsra: Wäre eine Auseinandersetzung mit einer biblischen oder
theologischen Quelle ohne die Lateinkenntnisse überhaupt möglich?
Frau Ebel: Ich kann es mir nicht vorstellen. Die Aufgabe der Studenten im 21.
Jahrhundert ist, die Originalexte des Christentums mit Hilfe der gegebenen
Übersetzung analysieren zu können. Die lateinische Sprache dient während dem
Studium nicht für die Übersetzung, sondern für die Hinterfragung der Quellen. Es
ist nicht mehr üblich, dass die Studenten heutzutage das Alte Testament
übersetzen müssen, das würde zu lange dauern! Anhand der deutschen
Übersetzung verglichen mit dem lateinischen haben sie die Möglichkeit die Quellen
auf einem wissenschaftlichen Niveau zu analysieren. Im Gymnasium wird den
Schülern nur das nötigste für eine Übersetzung beigebracht und die Hintergründe
der Texte sind sehr variierend. Im Theologiestudium ist der Bereich aber nur auf
die Religion und das Glauben eingeschränkt. Es geht um die Forschung! Durch das
Erkennen der einzelnen lateinischen Wörter im Text kann der Schüler die
Zusammenhänge zwischen den Quellen besser verstehen. Für die Forschung
müssen die Lateinkenntnisse vorhanden sein. Würden nur die deutsche
Übersetzung der Originaltexte analysiert werden, so würde sich die Forschung
nicht auf einem wissenschaftlichen Niveau befinden, weil nicht mit der Quelle
sondern mit einer Übersetzung geforscht wird. Für eine wissenschaftliche Arbeit
muss immer ein Originaltext untersucht werden.
2. Büsra: Sollte Latein ihrer Meinung nach schon während dem Gymnasium
erarbeitet werden?
Frau Ebel: Latein ist ein Fach, das nicht von einem Jahr auf den anderen gelernt
werden kann. Durch das Nachholen des Latinums an der Universität ist auch die
Gefahr ziemlich gross, dass der Student die Prüfung nicht besteht. Es ist auf jeden
Fall empfehlenswert, Latein schon während dem Gymnasium zu erwerben.
Dadurch kann der Gymnasiast auch in den anderen Fächern wie Deutsch und
Geschichte profitieren. Latein dient eigentlich als ein Fach, das die restlichen
schulischen Schwächen abdeckt. Auch diejenigen Gymnasiasten, die zwar nicht ein
Fach studieren möchten, an der die Lateinkenntnisse vorausgesetzt werden, sollte
72
es trotzdem als Fach nehmen, die Universität verlangt nämlich trotzdem die
Genauigkeit und das Orientierungswissen.
Ein Punkt muss noch erwähnt werden! Derjenige Student, der die Lateinkenntnisse
schon aus dem Gymnasium mitgenommen hat, kann den Konjunktiv im Vergleich
zu den anderen Studierenden korrekt anwenden. Bei der genauen Analyse der
Texte spielt auch die Grammatik eine entscheidende Rolle.
3. Büsra: Lebt Latein Ihrer Meinung nach noch weiterhin an den Universitäten?
Frau Ebel: Wir können diese Frage von zwei Seiten betrachten. Latein ist insofern
Tod, weil sie nicht mehr gesprochen wird. Bezieht man diese Aussage jedoch nur
auf die Universität, so lebt sie noch weiter, weil sie eine sehr originelle und
nützliche Sprache ist. Natürlich könnte man den Schülern eine Übersetzung der
historischen Originaltexte geben, aber so würde sich der Student nicht mehr bilden
und es gäbe auch keine Forschung. Das Studium sollte den Studenten zum
Nachdenken, Analysieren und Forschen bringen. Latein ist im Theologiestudium
lebendig und aktiv. Sie wird erst sterben, sobald sich keine einzige Studie mehr
damit beschäftigt. Deshalb finde ich es sehr wichtig, dass das Latinum noch für
immerhin einige Fächer vorausgesetzt wird.
73
10.5 Interview mit Prof. Dr. Claudia Zey
1. Büsra: Stellt Latein nach wie vor noch eine Schlüsselqualifikation für Ihr
Fach dar?
Frau Zey: Die Quellen sind für diese Epoche zu etwa 90% und mehr in
lateinischer Sprache abgefasst. Ohne die Lateinkenntnisse kann man die
mittelalterliche Geschichte nicht auf einem wissenschaftlich seriösen Niveau
studieren. Die Studienordnung für Haupt- und Nebenfach allgemeine Geschichte
verlangt, dass die Studierenden nach dem Grundstudium, also in der Regel nach
dem dritten Semester das Latinum nachweisen können, dass das Latein selbst im
21. Jahrhundert eine Schlüsselqualifikation für Geschichte darstellt, ist nicht nur
meine eigene Meinung, sondern eine Tatsache.
2. Büsra: Leistet Latein Ihrer Meinung nach einen Beitrag zur
Allgemeinbildung?
Frau Zey: Das ich das Latein ganz unabhängig von unserer Studienordnung als
wichtigen Beitrag zur Allgemeinbildung ansehe, versteht sich von meinem Beruf
von selbst. Die Altsprache erweitert unser Wissen immens und hat einen
gewissen Einfluss auf unsere Präzision. Latein zwingt die Lernenden dazu, auf
jedes einzelne Detail beim Analysieren der verschiedenen Texte zu schauen.
3. Büsra: Lebt Latein noch Ihrer Meinung nach an den Universitäten?
Frau Zey: Auch wenn mehrere Studien heutzutage nicht mehr die
Lateinkenntnisse voraussetzen, wird Latein indirekt in jeder Wissenschaft
gebraucht. Deshalb wäre es nicht korrekt, wenn man Latein als Tod bezeichnen
würde, weil es noch an der Universität sehr häufig zum Nutzen kommt.“
74
10.6 Interview mit Prof. Dr. Andreas Jucker
1. Büsra: Stellt Englisch das moderne Latein im 21. Jahrhundert dar?
Herr Jucker: Man kann es so nennen, aber es kommt natürlich darauf an, in
welchem Zusammenhang man diese Aussage verstehen will. Würde man einen
wissenschaftlichen Text nehmen, so wären mehr als die Hälfte aller Wörter aus
dem Lateinischen abgeleitet. Wählt man jedoch ein einfach zu verstehendes Text,
so liegt die Quote der Englischen Wörter, die eine Lateinische Abstammung haben
sicherlich beweisend unter 50%. Deshalb ist diese Behauptung sehr schwierig zu
argumentieren. Es ist möglich zu sagen, dass die englische Sprache noch das Latein
pflegt, aber ob sie es im 21. Jahrhundert vertritt, das ist fragwürdig
2. Büsra: Brauchen die Studenten das Latein in ihrem Fach?
Herr Jucker: Nein! Kein Student kann aus diesen zwei Semestern Lateinkurs einen
Profit ziehen. Es wäre um einiges Intelligenter, müssten die Studenten neben dem
Englisch eine weitere moderne Sprache können, eine Sprache, die sie im Leben
auch ausserhalb des Studiums brauchen könnten. Damit meine ich aber nicht, dass
Latein für gar nichts nützlich ist. Ein erfolgreicher Gymnasiast mit
Lateinkenntnissen kann sicherlich auch im Studium punkten, weil er in diesen vier
Jahren nicht hetzen musste und die Vokabeln gründlich lernen konnte. Bei einem
Studenten jedoch, der den gesamten Stoff während zwei Semestern nachholen
muss, wird das gesamte Erlernte wieder vergessen. Das Lateinobligatorium sollte
im Englisch aufgehoben werden!
3. Büsra: Trägt Latein ihrer Meinung nach einen Beitrag zur Bildung bei?
Herr Jucker: Ja, aber nur in einem minimalen Bereich und das wieder nur
während des Gymnasiums. Durch das ständige Repetieren der Vokabeln und der
Grammatik kann der Schüler seinen Wortschatz erhöhen und verbessert dadurch
sicherlich auch seine Sprachkenntnisse. Ebenfalls unterstützt es das historische
Wissen. Wer heutzutage Altgeschichte studieren möchte, sollte an der
Kantonsschule als Profil Latein nehmen, weil die Lateinkenntnisse besonders in
diesem Fach gefragt sind.
75
4. Büsra: Was verstehen Sie unter dem Begriff „die universitäre Bildung“?
Herr Jucker: Die universitäre Bildung hängt mit dem Wissen und dem Verstehen
zusammen. An der Universität sollte der Studierende nicht alles auswendig lernen,
sondern durch das Herleiten und Verstehen zu seinen Ergebnissen kommen. Die
Universität verlangt das Wissen! Ohne die Erkenntnisse kann der Student nicht
erfolgreich sein. Es geht um den Wissensdurst, nicht um das sture
Auswendiglernen!
76
10. 7 Interview mit Prof. Dr. Christian Utzinger
1. Büsra: Welche Bedeutung hat das Latein an der Universität Zürich im 21.
Jahrhundert?
Herr Utzinger: Latein war eine lange Zeit die Sprache der Wissenschaft. Wer sich
heute in irgendeiner Art und Weise mit der Wissenschaft beschäftigt, kommt
immer in irgendeiner Form mit Latein in Begegnung. Natürlich kann man aber dem
Ausweichen.
2. Büsra: Was sagen sie zur Behauptung, Latein sei eine tote Sprache?
Herr Utzinger: Cicero sagte, dass die lateinische Sprache unsterblich ist, solange
sie gelesen wird. Natürlich ist Latein keine Kommunikationssprache, deshalb wird
sie als Tod bezeichnet. Die Inhalte des Lateins sind aber nicht Tod und sie gilt nach
wie vor noch als eine Gelehrtensprache. Selbst in der Antike galt es nicht als eine
Kommunikationssprache, deswegen behaupte ich, dass das Latein an der
Universität und an jedem wissenschaftlichem Ort lebendig ist. Besonders in der
Geschichte und in der Theologie stellt sie eine Wichtigkeit dar, weil mit den
lateinischen Texten geforscht wird. Ohne die Lateinkenntnisse kommt man
eigentlich bei diesen Fächern gar nicht rundherum. Die Altsprache lebt noch und
wird erst dann aussterben, wenn sich niemand mehr damit befasst, was natürlich
eine halbe Ewigkeit dauern wird
3. Büsra: Welche Bedeutung hat Latein noch an der rechtswissenschaftlichen
Fakultät?
Herr Utzinger: Im Rechtsstudium wird heutzutage das römische Recht
ausgelassen. Deshalb braucht man eigentlich das Latein sagen wir mal für den
grössten Bereich gar nicht. Ein Anwalt, der die Hintergründe der juristischen
Begriffe kann benützt sie natürlich umso öfter. Latein ist in der Rechtswissenschaft
die Sprache der Angeber. Im 21. Jahrhundert existiert auch das Lateinobligatorium
an dieser Fakultät nicht mehr, darum denke ich, dass diese Fakultät darauf
Rücksicht nimmt, dem Latein auszuweichen.
77
4. Büsra: Würden Sie persönlich als ein Professor für Latein den Gymnasiasten
das Lernen des Lateins während dem Gymnasium vorschlage?
Herr Utzinger: An der Universität Zürich besteht die Möglichkeit, an einem
Lateinkurs teilzunehmen und nach diesen zwei Semestern eine Prüfung abzulegen.
Ich hatte vor einigen Monaten ein paar Studenten, die Italienisch studieren und die
haben mir gesagt, dass sie das Latein, welches sie während dem Gymnasium
gelernt haben bereits vergessen hätten. Ich will damit nicht sagen, dass Latein
während dem Gymnasium abgelehnt werden sollte, aber es kann natürlich sein,
das ein gewisser Bereich vom Lateinunterricht bis zum Studium vergessen gehen
kann. Betrachtet man die Nachteile eines Lateinkurses jedoch, so ist die Gefahr um
einiges grösser. Wer sich nicht gründlich mit der Sprache beschäftigt, riskiert die
Prüfung nicht zu bestehen. Von den ca. 350 Teilnehmern sind es immerhin mehr
oder weniger 30%, die die Prüfung aufgrund der Unterschätzung nicht erfolgreich
absolvieren.
5. Büsra: Denken Sie, dass Latein einen Beitrag zur Bildung leistet?
Herr Utzinger: Ja, das kann man so sagen. Latein gibt den Studenten das
Sprachgefühl und begleitet sie während dem ganzen Studium, sei es beim Lernen,
bei der Forschung oder bei den Diskussionen. Latein ermöglicht es den Studenten
überall dabei zu sein.
6. Büsra: Was können wohl die Gründe dafür sein, dass die Universität Zürich im
Vergleich zu den restlichen Universitäten in der Schweiz lateinfreundlich
geblieben ist?
Herr Utzinger: Bösartig gesagt ist sicher ein Grund, dass die Universität Zürich im
Vergleich zu den anderen in der Schweiz diese Studenten mit den
Lateinkenntnissen anziehen will. Hier taucht sicherlich wieder die Frage der
Selektion auf. Dadurch, dass die Universität Zürich im Vergleich zu den anderen in
der Schweiz das Lateinobligatorium in mehreren Fächern voraussetzt müssen die
Studenten entweder den Lateinkurs nachholen oder den Standort wechseln.
78
Herunterladen