En tsteh u ng des Planetensystems

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WS 2008/09
Institut für Theoretische Astrophysik, Heidelberg
H.-P. Gail und W. M. Tscharnuter
II. Aufbau und Entwicklung von Akkretionsscheiben
Entstehung des Planetensystems
page: 2.1
Der erste Schritt in diesem Prozeß ist die Entstehung einer Akkretionsscheibe um den
entstehenden Stern, eine flache, rotierende Gas-Staub-Scheibe, in der ein relativ kleiner
Teil des kollabierten Materials (< 10%) für relativ lange Zeit (> 106 a) zwischengespeichert wird und nur sehr langsam in den Stern hineinwandert. In dieser Scheibe bleibt
das Material aus der Molekülwolke relativ kühl, hat aber vergleichsweise hohe Dichte.
In dieser Umgebung wird die Abscheidung des Staubs durch Verklumpung möglich, die
schließlich zur Entstehung von Planeten führt.
Nach der gegenwärtigen Vorstellung über die Entstehung des Planetensystems erfolgt
diese im Zusammenhang mit der Entstehung des Zentralsterns, der Protosonne, und ist
gewissermaßen ein Nebenprodukt der Sternentstehung. Die Prozesse, die sich hierbei
abspielen, dürften — zumindest bei der Entstehung der sonnenähnlichen Sterne — in
sehr vielen Fällen in ähnlicher Form ablaufen, sodaß die Bildung eines Planetensystems
einen weit verbreiteten Prozeß im Kosmos darstellt. Die Entdeckung einer großen Zahl
extrasolarer Planetensysteme in den letzten Jahren kann als Bestätigung dieser Vorstellung betrachtet werden.
2. Protoplanetare Akkretionsscheiben
page: 2.2
Die Entstehung eines neuen Sterns beginnt in einer kalten (T ≈ 10 K), dichten Molekülwolke, wenn eine zufällig entstandene Anhäufung von Masse die kritische Grenze
überschreitet, ab der die Gravitationsanziehung innerhalb der Massenansammlung nicht
mehr durch den Gasdruck im Zusammenwirken mit dem Turbulenzdruck der Strömungen in der Wolke und dem magnetischem Druck des Magnetfelds innerhalb der Wolke
kompensiert werden kann. Es setzt eine Kollapsbewegung ein, bei der die Materie in
nahezu freiem Fall in Richtung zum Massenschwerpunkt zu strömen beginnt.
2.1.1 Sternentstehung
2.1 Entstehung einer Akkretionsscheibe
page: 2.3
An der Oberfläche der zentralen Verdichtung, die langsam zum Protostern anwächst und
in deren Innerem sich die Materie annähernd in einem hydrostatischen Gleichgewichtszustand befindet, entsteht eine Stoßfront, in der die Geschwindigkeit der einfallenden
Materie abrupt von hoher Überschallgeschwindigkeit auf fast den Wert null abgebremst
wird. Die kinetische Energie der Einsturzbewegung wird in der Stoßfront vollständig in
thermische Energie umgesetzt, die ihrerseits in Form von Licht- und Wärmestrahlung
an die Umgebung abgegeben wird und die umgebende Molekülwolke in gewissem Umfang aufheizt. Die Leuchtkraft des langsam entstehenden, neuen Sterns wird in seiner
Entstehungsphase vollständig aus dieser Einsturzenergie und aus freigesetzter Gravitationsenergie bei der zunehmenden Kontraktion der Materie im inneren, hydrostatischen
Kern gespeist.
Dabei fällt die Materie zunächst praktisch im freien Fall bis in die Nähe des Massenzentrums. Im zentralen Bereich wird die Materie abgebremst und stark komprimiert.
Anfangs wird die Kompressionswärme abgestrahlt, aber wenn der zentrale Teil optisch
dick geworden ist, dann beginnt er sich aufzuheizen. Nach etwa 105 Jahren entsteht der
erste hydrostatische Kern: der Sternembryo leuchtet auf.
Entstehung einer Akkretionsscheibe
page: 2.4
Sterne entstehen nur selten als isolierte Einzelobjekte. Wenn in einer Molekülwolke die
Bedingungen für das Eintreten eines gravitativen Kollapses für Teilbereiche der Wolke
gegeben sind, dann entstehen gleich eine ganze Reihe solcher Gebiete gleichzeitig oder
kurz nacheinander. Die meisten Sterne werden mit vielen anderen zusammen in einem
Sternhaufen geboren.
Entstehung einer Akkretionsscheibe
page: 2.5
Die Winkelgeschwindigkeit der Rotationsbewegung und damit der Bahndrehimpuls der
einwärts fallenden Materieelemente, nimmt mit zunehmendem senkrechten Abstand zur
lokalen Rotationsachse der Wolkenmaterie zu. Bei Einfall in annähernd polarer Richtung (kleiner senkrechter Abstand zur Rotationsachse) ist der Bahndrehimpuls der einströmenden Materie immer klein und der kleinste Abstand einer Parabelbahn für freien
Fall liegt innerhalb des Protosterns. Diese Materie trifft deswegen schließlich immer
direkt auf den Protostern auf. Bei mehr äquatorialem Einfall (großer senkrechter Abstand von der Rotationsachse beim Beginn der Einwärtsbewegung) befindet sich der
Punkt des kleinsten Abstands vom Massenzentrum mit zunehmendem Abstand von der
Rotationsachse beim Beginn des Einfalls immer weiter vom Massenzentrum weg. Bei
genügend großem senkrechten Abstand verfehlt die einfallende Materie den Protostern.
Der gesamte Drehimpuls der Materie im gravitativ instabilen Bereich ist im allgemeinen nicht gleich Null. Dies liegt an den großräumigen, turbulenten Strömungen, die in
der Molekülwolke immer vorhanden sind, aber auch an der differentiellen Rotation der
Wolkenmaterie bei ihrem Umlauf um das galaktische Zentrum. Die einwärts strömende
Materie im kollabierenden Bereich trägt deswegen einen kleinen Bahndrehimpuls in Bezug auf das Massenzentrum. Dieser Drehimpuls bewirkt, daß die Materie nicht exakt in
radialer Richtung in Bezug auf das Massenzentrum einwärts fällt, sondern stattdessen
annähernd einer Parabelbahn folgt, analog zur Bewegung eines Probeteilchens um eine
Punktmasse. Diese Bahn trifft nicht das Zentrum, sondern führt an diesem in einem
gewissen Abstand vorbei.
2.1.2 Drehimpuls
Entstehung einer Akkretionsscheibe
page: 2.6
Die tangentiale Bewegungskomponente bleibt erhalten. Es entwickelt sich dadurch eine
Konfiguration, in der eine flache Materiescheibe, die sich in vertikaler Richtung praktisch im hydrostatischen Gleichgewicht befindet, in der Äquatorebene lokal mit der
Geschwindigkeit der Keplerschen Umlaufbewegung um den entstehenden Protostern
umläuft. Diese Scheibe wird als Akkretionsscheibe (vom englischen Begriff accretion =
Zuwachs, Wachstum). Je nach Zusammenhang spricht man auch von einer protostellaren
oder protoplanetaren Akkretionsscheibe.
Es entwickelt sich um den zentralen Protostern herum eine flache, rotierende Materiescheibe. Die einfallende Materie, die den Protostern verfehlt, trifft in der Äquatorebene nämlich auf einen entsprechenden Gasstrom, der aus der entgegengesetzten
Hemisphäre einfällt. Dadurch wird für beide Materieströme beim Erreichen der äquatorialen Ebene ihre Bewegungskomponente senkrecht zur Äquatorebene abrupt auf null
abgebremst.
Entstehung einer Akkretionsscheibe
page: 2.7
Abbildung 2.1: Ergebnis einer numerischen Berechnung des Kollapses. Graue Kreuze:
Position der Akkretions-Stoßfront. Die Entstehung der Akkretionsscheibe beginnt nach
ca. 131 400 Jahren und hat nach 1200 weiteren Jahren ihre volle Ausdehnung erreicht
Entstehung einer Akkretionsscheibe
page: 2.8
An den beiden Scheibenoberflächen befindet sich eine (praktisch) stehende Stoßfront, in
der die Vertikalkomponente der mit hoher Überschallgeschwindigkeit einfallenden Materie (v⊥ zwischen ≈ 100 km s−1 in der Nähe des Protosterns bis ≈ 1 km s−1 in ca. 100 AE
Entfernung) auf den Wert null abgebremst wird. Diese Stoßfront wird als Akkretionsstoß bezeichnet. Die Materie wird beim Durchgang durch den Akkretionsstoß zunächst
stark aufgeheizt, kühlt dann aber rasch wieder ab. Während der kurzen Phase, in der
sich die Materie nach dem Durchgang durch den Stoß auf hoher Temperatur (mehrere
1 000 K) befindet, wird das ursprüngliche Material der Staubwolke erheblich verändert:
Moleküle werden dissoziiert, die Atome evtl. ionisiert, diese rekombinieren wieder und
die Moleküle werden später wieder neu gebildet. Staubteilchen werden durch Reibungskräfte stark aufgeheizt und verdampfen hinter der Stoßfront zunächst, aber ihr Material
kondensiert dann in einiger Entfernung von der Front wieder zu neuen Staubteilchen.
Die Zusammensetzung der Materie nach dem Durchgang durch den Stoß ist dann völlig
verändert. Nur Materie, die weit weg vom Stern auf der Akkretionsscheibe landet und
nur noch durch einen relativ schwachen Akkretionsstoß hindurchgeht, wird in nahezu
unveränderter Zusammensetzung, wie sie in der Molekülwolke vorliegt, dem Scheibenmaterial hinzugefügt.
2.1.3 Akkretionsstoß
Entstehung einer Akkretionsscheibe
page: 2.9
übertragen wird, sodaß Materie in inneren Teilen der Scheibe auf Kosten einer
Erhöhung des Drehimpulses in den äußeren Teilen in den Stern hineinwandern kann.
• umverteilen kann, daß Drehimpuls von den inneren auf äußere Teile der Scheibe
• nach außen abgeben kann, oder diesen innerhalb der Scheibe dergestalt
Die weitere Entwicklung des Sterns hängt deswegen ganz entscheidend davon ab, auf
welche Weise die Scheibenmaterie den Drehimpuls entweder ganz oder teilweise
Hier ergibt sich sofort ein gravierendes Problem: Der Bahndrehimpuls pro Masseneinheit der Materie aufgrund der Scheibenrotation nimmt nach außen mit zunehmendem
1
Radius (proportional zu s 2 ) zu. Er ist sehr viel größer als der spezifische Drehimpuls der
Materie in einem Stern, selbst wenn dieser sehr rasch rotiert und sich am Rande der
Rotationsinstabilität befindet. Wegen der Erhaltung des Drehimpulses kann die Materie
deswegen nicht einfach einwärts in Richtung zum Stern wandern, ohne gleichzeitig den
überschüssigen Drehimpuls abzugeben.
Eine wichtige Konsequenz der Tatsache, daß der Drehimpuls der Materie, aus der ein
Stern entsteht, in den meisten Fällen nicht verschwindet, ist der Umstand, daß ein erheblicher, wenn nicht der größte Teil der Masse, die später im Stern versammelt ist,
zunächst gar nicht in dem in Entstehung begriffenen Stern, sondern in seiner Akkretionsscheibe landet. Es erhebt sich dann die Frage, wie diese Materie aus der Scheibe in
den Stern gelangt.
2.1.4 Drehimpulstransport
Entstehung einer Akkretionsscheibe
page: 2.10
aber keiner davon konnte die bekannten Beobachtungstatsachen bisher wirklich befriedigend erklären.
4. Jets
3. Gravitative Instabilitäten
2. Magnetische Instabilität
1. Turbulente Reibung
Dieses Drehimpulsproblem ist derzeit noch nicht gelöst. Daß die Materie während
der Sternentstehung in der Akkretionsscheibe tatsächlich einwärts wandert und dabei
zwangsläufig auf irgendeine Weise den überschüssigen Drehimpuls los wird, läßt sich der
Beobachtung entnehmen. Welcher Mechanismus dafür verantwortlich ist, ist aber nicht
klar.
Es sind eine Reihe von Mechanismen vorgeschlagen worden, die für den Drehimpulsverlust verantwortlich sein könnten,
Entstehung einer Akkretionsscheibe
page: 2.11
2. Magnetfelder: Die Akkretionsscheibe ist vermutlich von einem Magnetfeld durchsetzt.
In (schwach) ionisierten Bereichen der Akkretionsscheibe, die sich wie elektrische Leiter
verhalten, tritt eine Instabilität des Magnetfeldes auf, die zu einer chaotischen Struktur
des Magnetfeldes in der Scheibe führt. Diese wirkt sich bei elektrisch leitfähiger Materie wie eine starke zusätzliche Viskosität aus. Das setzt aber eine gewisse Ionisation
der Scheibenmaterie voraus, die nahe beim Stern durch thermische Ionisation bewirkt
wird, in weit außen liegenden Bereichen durch die kosmische Strahlung. In einem weiten
mittleren Bereich der Scheibe sind die Temperaturen für thermische Ionisation zu gering und die kosmische Strahlung dringt nur in eine sehr dünne Oberflächenschicht der
Scheibe ein. In diesem Bereich können Magnetfelder nicht für den Drehimpulstransport
verantwortlich sein.
1. Turbulente Reibung: Turbulenz bewirkt eine drastisch erhöhte effektive Zähigkeit des Gases durch den Impulsaustausch zwischen benachbarten Teilen des Gases, den die Wirbel
in der Strömung verursachen. Die Ursache der Turbulenz in der Akkretionsscheibe ist
ein starker Temperaturgradient zwischen der Mittelebene der Scheibe und den beiden
Oberflächen. Alternativ kann auch die differentielle Rotation in der Scheibe die Turbulenz anfachen.
Entstehung einer Akkretionsscheibe
page: 2.12
4. Jets: Teilweise scheint die Natur das Drehimpulstransportproblem dadurch zu lösen,
daß im Zentrum senkrecht zur Akkretionsscheibe ein Teil der Materie in zwei dünnen
Strahlen abgeblasen wird, die offenbar den den überschüssigen Drehimpuls mitnehmen.
Ein solches Phänomen wird durchgängig überall dort beobachtet, wo Akkretionsscheiben auftreten (z.B. auch in Galaxienkernen). Die physikalischen Ursachen dieser Jets
konnten aber noch nicht aufgeklärt werden.
Die Jets sind parallel zur Rotationsachse des Systems orientiert sind reichen bis in
Entfernungen von mehreren Parsec. Diese existieren bei Protosternen offenbar nur für
einige zehntausend Jahre oder weniger und treten offenbar gegen Ende der eigentliche
Phase der Sternentstehung als kurze Übergangserscheinung auf.
3. Gravitative Instabilitäten: Wenn die Masse in der Scheibe etwa ein viertel der Masse im
Protostern übersteigt, bilden sich durch gravitative Instabilitäten spiralförmige Dichteschwankungen in der Scheibe aus, die dann einen Drehimpulstransport in der Scheibe bewirken. Dies ist wahrscheinlich in der allerersten Entwicklungsphase des SternScheiben-Systems der dominierende Prozeß, wenn die Scheibe erst aufgebaut wird und
noch viel Masse im Verhältnis zum Stern enthält. In späteren Entwicklungsphasen, wenn
die Scheibe nur noch einen kleinen Teil der Gesamtmasse des Systems enthält, ist dieser
Prozeß unwirksam.
Entstehung einer Akkretionsscheibe
page: 2.13
3. Die “clearing” Phase. Die fortgesetzte Einwirkung des massiven Sternwinds der jungen Protosonne fegt die Gaskomponente aus dem Bereich der Scheibe heraus. Bei
massenreichen (= heißen) Sternen wird die Gasscheibe auch einfach durch starke
Aufheizung verdampft. Es hinterbleiben die größeren Körper, die sich inzwischen
durch Zusammenballung des Staubs und gefrorener Gase gebildet haben.
2. Die viskose Phase. Am Ende der Kollapsphase enthält die Scheibe ca. 10% der Masse
des Sterns. Diese Masse wird im Verlaufe von ca. 106 . . . 107 a langsam in den Stern
transportiert, wodurch sich die Scheibe langsam entleert. Ein weiterer Masseneinfall
findet in dieser Phase nicht mehr oder nur mit einer stark reduzierten Rate von
Ṁ < 10−8 M a−1 statt. Während dieser Phase setzt nach gegenwärtiger Vorstellung
die Planetenbildung ein.
1. Die Kollapsphase. In dieser Phase wird die Akkretionsscheibe durch Einfall von
Materie aus der umgebenden Molekülwolke aufgebaut und gleichzeitig entsteht der
Stern. Diese Phase endet nach ca. 105 a entweder durch Erschöpfung der äußeren
Materiequellen oder dadurch, daß der junge Stern einen Sternwind entwickelt, der
den weiteren Materieeinfall verhindert.
Es wird angenommen, daß die Entwicklung der Akkretionsscheibe in drei Phasen unterteilt werden kann, die sich deutlich voneinander unterscheiden lassen:
2.1.5 Etappen der Scheibenentwicklung
Entstehung einer Akkretionsscheibe
page: 2.14
Diese Unterteilung in drei getrennte Phasen wird hauptsächlich aus Gründen der
Zweckmäßigkeit vorgenommen, weil in den unterschiedlichen Phasen unterschiedliche
Prozesse ablaufen, die für ihre theoretische Behandlung auch ganz unterschiedliche Methoden erfordern. Es ist kaum anzunehmen, daß sich in der Realität die tatsächlichen
Geschehnisse in einer so klaren Abfolge säuberlich getrennter Einzelereignisse abspielen.
Die Übergänge zwischen den unterschiedlichen Prozessen werden vielmehr fließend sein
und in räumlich verschiedenen Teilen der Scheibe teilweise gleichzeitig ablaufen. Der
gegenwärtig noch rudimentäre Status der Theorie der Planetenentstehung erlaubt bis
jetzt aber nur eine getrennte Behandlung der einzelnen Prozesse.
Entstehung einer Akkretionsscheibe
~ .......................................
```
```
```
``
`
s
-
page: 2.15
Diese Annahme gilt natürlich nur solange, bis die Bildung von Protoplaneten einsetzt
und dadurch lokale Gravitationszentren entstehen, die die Rotationssymmetrie des Problems aufheben. Auch können sich in der allerersten Entwicklungsphase der Akkretionsscheibe, wenn sich noch ein wesentlicher Teil der Gesamtmasse in der Scheibe befindet
und noch nicht fast alle Masse im Stern konzentriert ist, Instabilitäten in Form von
Spiralwellen entwickeln, die nicht rotationssymmetrisch sind. Schließlich existieren in
der Scheibe Strömungsfelder, die durch Temperaturgradienten und Corioliskräfte angetrieben werden und keinerlei Symmetrie besitzen. Solche Strömungen stellen aber
nur eine kleine Störung der globalen Struktur dar und werden vernachlässigt. Es wird
angenommen, daß die Annahme von Rotationssymmetrie in der langen Entwicklungsphase zwischen der Entstehung des Sterns und der Bildung der ersten Protoplaneten
die großräumige Struktur der Akkretionsscheibe ausreichend genau beschreibt.
........................................
```
```
```
Wir betrachten eine Scheibe aus Gas und Staub, die um einen Stern herum rotiert.
Wir nehmen an, daß sich die Materie in der Scheibe auf Kreisbahnen um den Stern
bewegt, und daß die Scheibe überall dünn ist in dem Sinne, daß im Abstand s vom
Stern ihre Höhe h vertikal zur Mittelebene die Bedingung h s erfüllt. Weiterhin wird
angenommen, daß das ganze Problem rotationssymmetrisch um eine Achse senkrecht
zur Mittelebene der Scheibe ist.
z
6
^¬ϕ
`
``
2.2 Grundgleichungen
page: 2.16
Wenn dann noch die Eigenschaften der Materie in der Scheibe – insbesondere die chemische Zusammensetzung von Gas und Staub, radiale und vertikale Verteilung der Staubkomponente in der Scheibe, Opazität der Materie – bekannt sind, dann können die
betreffenden Gleichungen gelöst und der Aufbau und die Entwicklung der Scheibe bestimmt werden.
2. In vertikaler Richtung stellt sich praktisch ein hydrostatischer Gleichgewichtszustand
ein. Man berechnet dann an jeder Stelle s hydrostatische Gleichgewichtsmodelle
für die vertikale Scheibenstruktur, wobei bestimmte Parameter (Flächendichte der
Scheibe an der Stelle s, Effektivtemperatur der Scheibenoberfläche an der Stelle
s) aus der Einzonennäherung übernommen werden. Das ist die sogenannte (1+1)–
dimensionale Näherung für den Aufbau der Scheibe.
1. Man integriert die Gleichungen für den Aufbau der Akkretionsscheibe über die vertikale z-Richtung und leitet einen Satz von Gleichungen für die Mittelwerte der
physikalischen Größen bezüglich der z-Richtung her. Dies ist die sogenannte Einzonennäherung. Mit dieser Näherung wird die radiale Struktur der Scheibe und ihre
zeitliche Entwicklung berechnet.
Im Prinzip müßten für diese Konfiguration die hydrodynamischen Gleichungen in Zylinderkoordinaten gelöst werden. Das wird auch teilweise durchgeführt, doch ist die mit
gegenwärtigen Computern erreichbare Auflösung der Scheibenstruktur für das Problem
der Planetenentstehung noch unzureichend und eine Berechnung der Entwicklung über
lange Entwicklungszeiträume von einigen Millionen Jahren zu zeitaufwendig. Deswegen wird meistens eine einfachere Approximation zur Berechnung der Struktur einer
protoplanetaren Akkretionsscheibe verwendet, die in Folgendem besteht:
Grundgleichungen
beschrieben.
∂ρ
1 ∂
1 ∂
∂
=
sρvs +
ρvϕ +
ρvz
∂t
s ∂s
s ∂ϕ
∂z
Die Massenerhaltung in der Scheibe wird durch die Kontinuitätsgleichung
page: 2.17
(1)
Es werden durchweg Zylinderkoordinaten verwendet. Das Ursprung des Koordinatensystems liegt im Massenzentrum des Systems. Die Symmetrieachse steht senkrecht auf
der Mittelebene der Akkretionsscheibe.
Wir gehen hier von den hydrodynamischen Grundgleichungen für eine zylindersymmetrische Konfiguration aus und leiten daraus die Grundgleichungen für den Aufbau einer
protoplanetaren Akkretionsscheibe her. Wir setzen dabei voraus, daß das Material in
der Scheibe gut durchmischt ist und noch keine räumliche Separation der Staub- und
Gaskomponente stattgefunden hat, sodaß das Material der Akkretionsscheibe noch als
ein homogenes Fluid angenommen werden kann.
2.2.1 Hydrodynamische Gleichungen
Grundgleichungen
(4)
(3)
(2)
page: 2.18
ν ist die kinematische Zähigkeit. Von dieser ist angenommen, daß Effekte, die von einer
räumlichen Variation von ν herrühren, vernachlässigt werden können.
vϕ2
∂ vs
∂ vs vϕ ∂ vs
∂ vs
1 ∂P
+ vs
+
+ vz
−
=−
+ gs
∂t
∂
s
s
∂
ϕ
∂
z
s
ρ
∂
r


2
2
2
∂
v
1
∂
v
∂
v
1
∂
v
2
∂
v
v
s
s
s
s
ϕ
s


+ν 
+
+
+
−
−
∂ s2
s2 ∂ ϕ 2
∂ z2
s ∂s
s2 ∂ ϕ
s2
∂ vϕ
∂ vϕ vϕ ∂ vϕ
∂ vϕ vr vϕ
1 ∂P
+ vs
+
+ vz
+
=−
+ gϕ
∂t
∂
s
s
∂
ϕ
∂
z
s
ρs
∂
ϕ


2
2
2
∂ vϕ
1 ∂ vϕ
∂ vϕ
1 ∂ vϕ
2 ∂ vs
vϕ 


+ν 
+
+
+
+
−
∂ s2
s2 ∂ ϕ 2
∂ z2
s ∂s
s2 ∂ ϕ
s2
∂ vz
∂ vz
vϕ ∂ vz
∂ vz
1 ∂P
+ vs
+
+ vz
=−
+ gz
∂t
∂
s
s
∂
ϕ
∂
z
ρ
∂
z


2
2
2
∂
v
1
∂
v
∂
v
1
∂
v
z
z
z
z



+ν 
+ 2
+
+
2
2
2
∂s
s ∂ϕ
∂z
s ∂z
Die Impulserhaltung in der Scheibe wird durch die Navier-Stokes Gleichung für eine
zähe Flüssigkeit beschrieben. Dies sind in Komponenten die folgenden drei Gleichungen
für die Geschwindigkeitskomponenten
Grundgleichungen
page: 2.19
gs, gϕ, gz sind die Komponenten der Kräfte, die auf die Scheibenmaterie einwirken. Hier
kommen hauptsächlich die Schwerkraft und magnetische Kräfte in Frage. In der Nähe
des Sterns sind magnetische Kräfte vermutlich sehr wichtig, da bei jungen Vorhauptreihensternen (T Tau Sterne) verhältnismäßig starke Magnetfelder beobachtet werden und
die Scheibenmaterie in den inneren, heißen Zonen dicht beim Stern stark ionisiert ist
und einen guten elektrischen Leiter darstellt. In den kühleren Zonen der protoplanetaren Akkretionsscheibe ist die Materie aber neutral und es gibt bisher keine eindeutigen
Indizien dafür, daß Magnetfelder in diesem Bereich für die Dynamik der Scheibe wichtig
sind. Deswegen werden im Zusammenhang mit Überlegungen zur Planetenentstehung
magnetische Kräfte meistens vernachlässigt.
Grundgleichungen
sowie
vϕ2
∂ vs
∂ vs
∂ vs
1 ∂P
+ vs
+ vz
−
= −
+ gs
∂t
∂s
∂z
s
ρ
∂
r


2
2
∂ vs
1 ∂ vs
vs 
∂ vs


+ν 
+
+
−
2
2
2
∂s
∂z
s ∂s
s


2
2
∂ vϕ
∂ vϕ
∂ vϕ vr vϕ
∂
v
∂
v
1
∂
v
v
ϕ
ϕ
ϕ
ϕ


+
+
+ vs
+ vz
+
= +ν 
−
∂t
∂s
∂z
s
∂ s2
∂ z2
s ∂s
s2
∂ vz
∂ vz
1 ∂P
∂ vz
+ vs
+ vz
= −
+ gz
∂t
∂s
∂z
ρ ∂
z


2
2
∂ vz
∂ vz
1 ∂ vz 


+ν 
+
+
∂ s2
∂ z2
s ∂z
∂ρ
1 ∂
∂
=
sρvs +
ρvz
∂t
s ∂s
∂z
page: 2.20
(8)
(7)
(6)
(5)
Wegen der angenommenen Rotationssymmetrie des Problems verschwinden in der Kontinuitätsgleichung (1) und in den Gleichungen für die Geschwindigkeitskomponenten (2),
(3) und (4) alle Ableitungen nach dem Winkel ϕ und die Komponente gϕ der äußeren
Kräfte. Die Gleichungen (1), . . . , (4) lauten dann
Grundgleichungen





(9)
page: 2.21
Hierin sind qs, qϕ, qz die Komponenten des Wärmestromvektors. Die Wärme wird durch
Strahlung oder durch Konvektion transportiert, molekulare Wärmeleitung spielt keine
Rolle. Q ist die Energiezufuhr zur Materie oder der Energieverlust der Materie beispielsweise durch Absorption und Emission von Strahlungsenergie oder durch chemische Reaktionsenergie. Der zweite Term auf der rechten Seite beschreibt die Energiedissipation
durch Zähigkeit.

p
1 ∂
p
∂
p
∂ ρe 1 ∂
+
sρvs e +  +
ρvϕ e +  +
ρvz e + 
∂t
s ∂s
ρ
s ∂ϕ
ρ
∂ z
ρ
1 ∂ rqs
1 ∂ qϕ
∂ qz
ρν  ∂ vi ∂ vi 

 .
+
+
+
=Q+
s ∂s
s ∂ϕ
∂z
2 ∂ xj ∂ xj
Die Energiegleichung für den thermischen Energieinhalt ρe eines zähen Fluids lautet in
Zylinderkoordinaten
2.2.2 Energiegleichung
Grundgleichungen
(13)
page: 2.22
für die gegebene Massenverteilung ρ(~x). G ist die Gravitationskonstante. In Zylinderkoordinaten gilt
∂2 Φ 1 ∂ Φ
1 ∂2 Φ
∂2 Φ
+
+ 2
+
= −4πGρ .
(14)
∂ s2
s ∂s
s ∂ ϕ2
∂ z2
Wenn Zylindersymmetrie angenommen wird, dann ist gϕ = 0 und die Poissongleichung
lautet
∂2 Φ 1 ∂ Φ
∂2 Φ
+
+
= −4πGρ .
(15)
∂ s2
s ∂s
∂ z2
∆Φ = −4πGρ
gs = −
∂Φ
(10)
∂s
1 ∂Φ
gϕ =
(11)
s ∂ϕ
∂Φ
gz = −
.
(12)
∂z
Das Gravitationspotential einer Massenverteilung ρ ist die Lösung der Poissongleichung
Die Komponenten der Gravitationsbeschleunigung sind durch den Gradienten des Gravitationspotentials Φ gegeben. In Zylinderkoordinaten gilt
2.2.3 Gravitationspotential
Grundgleichungen
page: 2.23
Für die Schwerebeschleunigung, die durch die Masse des Sterns verursacht wird, ergibt
sich durch Differentiation
GM∗
gs,∗ = −
(18)
3 s
2
2
2
(s + z )
GM∗
gz,∗ = −
(19)
3 z.
(s2 + z 2) 2
Bei dem Problem der protoplanetaren Akkretionsscheiben ist der größte Teil der Masse
in dem zentralen Stern konzentriert und nur ein Teil der Masse befindet sich in der
Akkretionsscheibe. Wegen der Linearität der Poissongleichung können die Beiträge von
Stern und Akkretionsscheibe getrennt berechnet werden. Das Potential Φ kann in zwei
Teile aufgeteilt werden, von dem der Teil Φ∗ nur von der Massenverteilung im Stern
verursacht wird, und der zweite Teil Φa nur von der Massenverteilung in der Akkretionsscheibe.
Der Stern ist sphärisch symmetrisch aufgebaut. Sein Beitrag zum Gravitationspotential
ist einfach das Potential einer Punktmasse im Massenzentrum mit der gleichen Masse
M∗ wie der ganze Stern
GM∗
,
(16)
Φ∗(s, ϕ, z) = −
r
wobei r der Abstand zwischen dem Sternzentrum und dem betrachteten Punkt mit den
Koordinaten (s, ϕ, z) ist. Hierfür gilt
√
r = s2 + z 2 .
(17)
Grundgleichungen
page: 2.24
Der Beitrag der Akkretionsscheibe zur lokalen Schwerebeschleunigung muß aus dem
Potential Φa der Massenverteilung in der Akkretionsscheibe berechnet werden. Bei sehr
kleiner Masse in der Akkretionsscheibe im Vergleich zur Sternmasse kann dieser Beitrag
vernachlässigt werden. Das ist eine Näherung, von der bei Modellrechnungen oft Gebrauch gemacht wird. Leider gilt das aber nicht in allen Bereichen der Akkretionsscheibe.
Wenn der Beitrag der Scheibe berücksichtigt werden soll, dann muß die entsprechende
Poissongleichung
∂ 2 Φa 1 ∂ Φa
∂ 2 Φa
+
+
= −4πGρ
(20)
∂ s2
s ∂s
∂ z2
gelöst und daraus die Komponenten der Schwerebeschleunigung gs,a und gz,a berechnet
werden.
Grundgleichungen
−∞
dz ρ(s, z, t) .
(21)
page: 2.25
Die Integrationen in den beiden Definitionen (21) und (22) sind hier formal von −∞ bis
+∞ erstreckt. Tatsächlich hat die Scheibe in vertikaler Richtung nur eine endliche Ausdehnung. Sie wird in weiten Bereichen gegen die Umgebung durch den Akkretionsstoß
abgegrenzt, ansonsten fällt in den äußeren Teilen der Scheibe die Materiedichte rasch
ab und geht in die Dichte der Umgebung über. Die Grenzen der z-Integrationen sind in
dem Sinn zu verstehen, daß die Integration in vertikaler Richtung über den Bereich der
z-Koordinate zu erstrecken ist, innerhalb dessen die Materie als zur Scheibe und nicht
zur Umgebung gehörig gerechnet wird.
Sie hat folgende Bedeutung: In einem Kreiszylinder zwischen den Radien s und s +
∆s, ∆s s befindet sich die Masse 2πs∆sΣ. Die Dimension von Σ ist Masse/Fläche.
Weiterhin definieren wir die mittlere radiale Geschwindigkeit der Materie in der Scheibe
durch
1 Z +∞
hvsi =
dz ρ(s, z, t)vs(s, z, t) .
(22)
Σ −∞
Diese mittlere Massengeschwindigkeit beschreibt die mittlere radiale Strömungsgeschwindigkeit in den vertikalen Schichten der Akkretionsscheibe, in denen der wesentliche Teil der Materie konzentriert ist.
Σ(s, t) =
Z +∞
Wir definieren die sogenannte Flächendichte der Akkretionsscheibe durch
2.3.1 Massenerhaltung
2.3 Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
H
Abbildung 2.2: Zur Definition der Masseneinfallrate
```
```
```
```
```
```
``
```
.
.
.
. .
.
.
.
.
.
.
.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... . . . . . . . . . .
?
vz
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
page: 2.26
−∞
R +∞
dz auf (5) erhält man
(23)
(24)
page: 2.27
Die Masseneinfallrate Ṁz (s, t) muß vorgegeben werden. Sie ist aus einer Theorie der Hydrodynamik des Masseneinfalls aus der Molekülwolke beim protostellaren Kollaps oder
einer diesbezüglichen Modellrechnung für den Masseneinfall zu bestimmen.
Ab sofort wird zur Vereinfachung in dieser Gleichung das Mittelungssymbol h. . .i weggelassen. Unter vs ist immer der mit ρ gewichtete Mittelwert zu verstehen.
∂Σ 1 ∂
+
sΣhvsi = Ṁz (s, t) .
∂t
s ∂s
Der Grenzwert ist wieder im oben erklärten Sinn zu verstehen als die Masseneinfallrate
am oberen Rand H der Akkretionsscheibe (vergl. Abb. 2). Die z-integrierte Kontinuitätsgleichung hat dann folgende Form
Ṁz (s, t) = −2 z→∞
lim ρ(s, z, t)vz (s, z, t) .
∂Σ 1 ∂
+
sΣhvsi + z→∞
lim ρvz |+z
−z = 0 .
∂t
s ∂s
Der dritte Term beschreibt einen Massengewinn der Scheibe durch den Einfall von
Materie aus der Umgebung der Molekülwolke, wenn vz < 0 für z > 0, oder auch einem
Massenverlust durch einen Wind, der von der Scheibe ausgeht, wenn vz > 0 für z > 0 gilt.
Wir definieren die Masseneinfallrate Ṁz (s, t) von beiden Seiten auf die Scheibe durch
Bei Operation mit
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
(25)
gs,∗ = −
GM∗
.
s2
page: 2.28
(26)
Für die protoplanetare Akkretionsscheibe wird angenommen, daß sie dünn ist, d.h. daß
ihre vertikale Ausdehnung h in der Entfernung s vom Stern klein gegenüber s ist. Dann
kann z im Nenner von Gl. (18) vernachlässigt werden und es ist einfach
vϕ2
1 ∂P
GM∗
−
− =−
3 s.
s
ρ ∂s
(s2 + z 2) 2
Für die protoplanetare Akkretionsscheibe wird angenommen, daß in der Scheibe nur
wenig Masse im Verhältnis zur Masse des Protosterns enthalten ist. Diese Annahme
ist gleichbedeutend damit, daß eine späte Phase der Entwicklung der Protosonne betrachtet wird, in der die Protosonne schon fast ihre Endmasse erreicht hat. Die radiale
und vertikale Komponente der Schwerebeschleunigung sind bei Vernachlässigung der
Eigengravitation der Scheibe allein durch die Beiträge des Sterns gegeben, die in den
Gleichungen (18) und (19) angegeben sind. Genaue Kriterien hierfür werden später
angegeben.
In der protoplanetaren Scheibe ist nur die ϕ-Komponente der Geschwindigkeit wirklich
groß, die die Keplersche Kreisbahngeschwindigkeit eines Materieelementes beim Umlauf um den Protostern beschreibt. Die s- und z-Komponenten der Geschwindigkeit
sind demgegenüber völlig zu vernachlässigen. Die radiale Komponente (6) der Impulsgleichung vereinfacht sich dann zu
2.3.2 Radiale Impulsgleichung
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
GM∗
.
s3
(29)
page: 2.29
Dies ist die Winkelgeschwindigkeit der Kreisbahnbewegung der Keplerschen Bewegung
eines Körpers um den Zentralstern. Der Index K bezieht sich auf diese Keplerrotation.
Akkretionsscheiben, in denen die Umlauffrequenz durch (29) gegeben ist, werden oft als
Keplerscheiben bezeichnet.
ΩK =
v
u
u
u
t
folgt für die lokale Rotationsfrequenz der protoplanetaren Akkretionsscheibe
vϕ2 =
GM∗
.
(27)
s
Mit der Definition der Winkelgeschwindigkeit Ω der Kreisbahnbewegung um die Protosonne
sΩ = vϕ
(28)
Der radiale Druckgradient ist in der protoplanetaren Akkretionsscheibe meistens klein
gegenüber der radialen Komponente der Schwereanziehung. Die Größe dieser kleinen
Differenz ist im Zusammenhang mit der Entstehung von Planeten von großer Bedeutung. Das wird später noch eingehend untersucht. Bei Vernachlässigung des radialen
Druckgradienten wird aus Gleichung (25)
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
Zentrifugalbeschleunigung
Mittelebene
vertikale Komponente von g
●
page: 2.30
Abbildung 2.3: Kräftegleichgewicht in der protoplanetaren Akkretionsscheibe
zur Sonne
Sch
sc
ebe
wer
gu
uni
hle
g
ng
radiale Komponente von g
Druckgradient
∂P
GM∗
= − 3 zρ = −Ω2Kzρ .
(31)
∂z
s
Diese Gleichung bestimmt die hydrostatische Druckschichtung in vertikaler Richtung in
der protoplanetaren Akkretionsscheibe.
In der gleichen Näherung kleiner s- und z-Komponenten der Geschwindigkeiten folgt
aus Gleichung (8)
∂P
= ρgz .
(30)
∂z
In der Näherung der dünnen Akkretionsscheibe und bei Vernachlässigung der Eigengravitation der Scheibe gilt
2.3.3 Vertikale Impulsgleichung
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
kT
µmH
definiert ist. µ ist das mittlere Molekulargewicht.
c20 =
gilt. c0 ist die isotherme Schallgeschwindigkeit, die durch
page: 2.31
(33)
Der Druck P und die Dichte ρ sind durch die Zustandsgleichung miteinander verknüpft.
Die Materie in der Scheibe ist ein verdünntes Gas, für das die Zustandsgleichung des
idealen Gases
P = c20ρ
(32)
Sterns wird von der auswärts gerichteten Druckkraft der Scheibenmaterie kompensiert. Das führt zur hydrostatischen Druckschichtung nach (31).
• Die vertikale, zur Scheibenmitte gerichtete Komponente der Schwereanziehung des
galkraft kompensiert. Das führt zur Keplerschen Rotation (29) der Scheibenmaterie
um die Protosonne.
• Die radiale Komponente der Schwereanziehung des Sterns wird von der Zentrifu-
In der dünnen Akkretionsscheibe besteht folgendes Kräftegleichgewicht:
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
0
.
(34)
(35)
page: 2.32
Die Druckschichtung (34) fällt zum Rand hin wesentlich schneller ab als eine hydrostatisch geschichtete Sternatmosphäre; für dies gilt ρ ∝ e−z/H0 .
s3c20
c0
H0 =
=
.
GM∗ ΩK
v
u
u
u
u
t
ρc(s) ist die radiale Dichteverteilung in der Scheibenmitte. Die vertikale Dichteverteilung
(34) ist eine Gaußverteilung (siehe Abb. 4) mit der Skalenhöhe
ρ(z, s) = ρc e
2
− z 2
2H
Der einfachste Fall liegt vor, wenn die Temperatur in z-Richtung konstant ist. Bei konstanter Temperatur kann (31) sofort integriert werden und liefert folgende vertikale
Druckschichtung
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
ρc
ρ
page: 2.33
Abbildung 2.4: Vertikale Dichteschichtung in der isothermen Akkretionsscheibe. Sie entspricht einer Gaußverteilung.
z
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
(36)
(38)
(37)
page: 2.34
2h entspricht der gesamten Dicke einer Scheibe mit konstanter Dichte ρc, die die gleiche
Flächendichte Σ wie eine reale Scheibe mit einer gaußverteilungsförmigen Dichteverteilung hat. Dies entspricht einer Äquivalenthöhe der Akkretionsscheibe im gleichen Sinn,
wie die Äquivalentbreite bei einer Spektrallinie eingeführt wird.
2hρc = Σ .
1 Σ
ρc = √
.
2π H0
Man definiert eine Scheibendicke h durch
oder
Integration der Dichteschichtung (34) über z ergibt für die Flächendichte (21)
Z ∞
Z ∞
√
1
− 2 x2
Σ = −∞ dz ρ = H0ρc −∞ dx e
= 2πH0ρc
Die lokale Schallgeschwindigkeit muß klein gegenüber der Keplergeschwindigkeit vϕ =
sΩK sein, damit die Voraussetzung einer dünnen Scheibe erfüllt ist. Das ist eine Bedingung an die Temperatur in der Scheibe; das Gas darf nicht zu heiß sein.
H0
c0
c0
=
=
1.
s
sΩ vϕ
Die Bedingung, daß die Scheibe geometrisch dünn ist, erfordert
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
r
v
u
u
t
π c0
.
2 ΩK
π
H0 = 1.2533H0
2
h=
v
u
u
t
(40)
(39)
page: 2.35
Der Zahlenfaktor π/2 wird meistens näherungsweise gleich eins gesetzt, d.h., der Unterschied zwischen h und H0 wird vernachlässigt:
c0
h≈
.
(41)
ΩK
und mit (35) folgt
h=
Ein Vergleich von (37) und (38) zeigt
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
(43)
page: 2.36
wobei H der obere Rand der Scheibe in z-Richtung ist (siehe. Abb. 2), z.B. die Lage des
Akkretionsstoßes.
J˙z (s, t) = − ρ(s, z, t)rvϕ(s, z, t)vz (s, z, t)|z=H ,
∂
1 ∂
∂
1 ∂
∂ vϕ
sρvϕ +
sρvr vϕ +
sρrvϕvz =
sρνs
s
(42)
∂t
s ∂s
∂z
s ∂s
∂s s
bringen. Integration über die z-Richtung liefert mit der Annahme, daß vϕ z-unabhängig
ist
∂
1 ∂
1 ∂
3∂Ω
sΣvϕ +
sΣhvsisvϕ + z→∞
lim sρvϕvz |+z
=
νΣs
.
−z
∂t
s ∂s
s ∂s
∂s
Der dritte Term auf der rechten Seite beschreibt einen Drehimpulsgewinn (vz < 0 für
z > 0) der Scheibenmaterie durch den Einfall von Materie aus der umgebenden Molekülwolke, oder auch einen Drehimpulsverlust, wenn von der Scheibenoberfläche ein
Wind ausgeht (vz > 0 für z > 0). Wir definieren den Drehimpulsgewinn J˙z (s, t) durch
Einfall von Materie auf beide Seiten der Scheibe durch
Die Gleichung (7) läßt sich mit Hilfe der Kontinuitätsgleichung (5) auf die Form
2.3.4 Drehimpuls
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
Dies definiert den Massenstrom in radialer Richtung in der Akkretionsscheibe.
1
∂
J˙z − s2ΩṀz − s2Σ ∂∂ Ωt
3∂Ω
Σvs =
νΣs
+
.
∂ 2
∂s
s ∂∂s s2Ω ∂ s
s
Ω
∂s
page: 2.37
(45)
In der Gleichung (44) setzen wir vϕ = sΩ und eliminieren ∂Σ/∂t mit Hilfe der Kontinuitätsgleichung (24). Es folgt
∂
1 ∂
1 ∂
∂Ω
sΣvϕ +
sΣhvsisvϕ =
νΣs3
+ J˙z .
(44)
∂t
s ∂s
s ∂s
∂s
Ab sofort wird, schon wie bei der Gleichung für die Massenerhaltung, zur Vereinfachung
in dieser Gleichung das Mittelungssymbol h. . .i weggelassen. Unter vs ist immer der mit
ρ gewichtete Mittelwert zu verstehen.
Für die z-integrierte Drehimpulsgleichung gilt dann
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
(46)
2π
∂
3∂Ω
νΣs
.
∂ 2
∂
s
∂
s
r
Ω
∂r
(48)
(47)
Von diesen drei Beiträgen ist normalerweise der erste der wichtigste.
Ṁcoll
2πs3Σ ∂∂ Ωt
= ∂ 2
.
s
Ω
∂s
3. Akkretion, induziert durch das Anwachsen der Sternmasse
page: 2.38
(49)
Im Zähler steht die Differenz zwischen dem tatsächlichen Drehimpuls der einfallenden Materie und dem Drehimpuls, den diese hätte, wenn sie mit der Winkelgeschwindigkeit der Scheibe rotieren würde.
Ṁeinf
J˙z − s2ΩṀz
= −2πs
.
∂ 2
s
Ω
∂s
2. Akkretion, induziert durch einen Drehimpulsgewinn durch Masseneinfall
Ṁvisk = −
1. Akkretion durch viskose Kräfte
Das Vorzeichen ist so gewählt, daß die Akkretionsrate positiv ist, wenn die Materie (im
Mittel) in Richtung zum Stern driftet. Die Akkretionsrate besteht aus drei Anteilen:
Ṁs(s, t) = −2πsΣvs .
Wir definieren eine Akkretionsrate in radialer Richtung durch
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
gilt, erhalten wir
1
∂Σ
3 ∂ 1 ∂
=
s2
νΣs 2 .
∂t
s ∂s
∂s
∂ ΩK
3 ΩK
=−
∂s
2 s
und speziell für eine Keplerscheibe, für die mit (29)
page: 2.39
(53)
(52)
Wenn Masseneinfall und die Änderung der Sternmasse vernachlässigbar sind, dann reduziert sich (50) auf
∂
∂Σ
1 ∂
1
3∂Ω
=−
νΣs
(51)
∂t
s ∂ s ∂∂s s2Ω ∂ s
∂s
Die Kontinuitätsgleichung (24) kann mit (45) und der Definition (46) in folgender Form
geschrieben werden
1 ∂ ∂Σ
=
(50)
Ṁvisk + Ṁeinf + Ṁcoll + Ṁz .
∂t
2πs ∂ s
Da Ṁvisk proportional zu ∂Σ/∂s und Ṁcoll proportional zu Σ ist, ist (50) eine parabolische Differentialgleichung für Σ. Sie bestimmt die radiale und zeitliche Variation der
Flächendichte in der protoplanetaren Akkretionsscheibe.
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
(54)
(55)
page: 2.40
h ist hier die Scheibenhöhe, die durch (38) definiert ist, und α ist hier ebenfalls ein
numerischer Faktor α ≤ 1. Die ganze unbekannte Physik der viskosen Prozesse in der
Akkretionsscheibe ist in diesem Faktor enthalten!
ν = α · h · c.
gilt, wobei ` die mittlere freie Weglänge der Teilchen und c die isotherme Schallgeschwindigkeit ist. α ist ein numerischer Faktor, der von Details der Wechselwirkung zwischen
den Teilchen abhängt und von der Größenordnung eins ist. Nach dem Vorschlag von
Shakura und Sunayev macht man bei Akkretionsscheiben für die Zähigkeit den Ansatz
ν =α·`·c
Der Reibungskoeffizient ν muß aus einer Theorie des zu Grunde liegenden physikalischen
Prozesses berechnet werden. In der protoplanetaren Akkretionsscheibe ist das nicht
die molekulare Viskosität des Gases, sondern vermutlich die Reibung, die durch die
turbulente Strömung in der Scheibe bewirkt wird, die ihre Ursache in der thermischen
Konvektion in der Akkretionsscheibe oder in der Scherströmung der Scheibenrotation
hat. Die theoretische Berechnung der turbulenten Viskosität ist aber bis heute noch
nicht möglich, weil es keine Theorie der turbulenten Strömung gibt. Man orientiert sich
deswegen am Beispiel der molekularen Viskosität, bei der für die kinematische Zähigkeit
2.3.5 α-Scheiben
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
page: 2.41
verträglich. Größere Werte von α ergeben viel zu kurze Lebensdauern der Akkretionsscheiben, kleinere Werte, vor allem Werte kleiner als α ≈ 10−3, ergeben viel zu lange
Lebensdauern.
α ≈ 10−2
Der phänomenologische Faktor α muß an Beobachtungen geeicht werden. Man berechnet
Scheibenmodelle für verschiedene Werte von α und versucht, diese Modelle an beobachtete Eigenschaften von Akkretionsscheiben um junge Sterne anzupassen. Am besten ist
hierfür die beobachtete Lebensdauer der Scheiben von ca. 106 Jahren geeignet. Das ist
nur mit einem Wert von α von der Größenordnung
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
page: 2.42
Abbildung 2.5: Empirisch bestimmte Akkretionsraten aus der UV-Emission der Grenzschicht zum Stern für Objekte in einigen nahen Sternentstehungsgebieten mit unterschiedlichem Alter (aus Haisch und Kollegen )
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
(56)
page: 2.43
mit einem freien Parameter β, der wieder durch die Entwicklungszeitskala von Akkretionsscheiben geeicht werden muß. Typische Werte sind β ≈ 10−5.
ν = β s vφ
νeff =
1
s vφ
Re
ist. Der Wert der Reynoldszahl beim Umschlag von schlichten zu turbulenten Strömungen liegt bei etwa 102 . . . 103. Es wird Angenommen, daß Re etwa von der gleichen
Größenordnung ist; der genaue Wert ist aber natürlich nicht bekannt. Man macht deswegen für ν den Ansatz (Duschl, Strittmatter &Biermann, 2000)
Ein anderer Ansatz für die Viskosität geht davon aus, daß die charakteristische Geschwindigkeit der Grundströmung die φ-Komponente der Geschwindigkeit und die charakteristische Länge, die mit der Grundströmung verbunden ist, der Abstand s vom
Zentrum ist. Die Reynoldszahl der der Strömung ist dann
svφ
,
Re =
ν
wobei ν die Zähigkeit ist. Wenn der Grundströmung eine turbulente Strömung überlagert ist, dann wirkt sich der chaotische Transport von lokalen Schwankungen der
Impulsdichte wie eine effektive Zähigkeit νeff auf die großskalige Strömung aus. Es wird
angenommen, daß diese effektive Zähigkeit gleich
2.3.6 β -Scheiben
Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
bestimmen die Temperatur in der protoplanetaren Akkretionsscheibe.
• Energietransportprozesse in der Scheibe,
sonne, und die
page: 2.44
• Energieeinstrahlung von außen, z.B. die Beleuchtung der Scheibe durch die Proto-
• Energiedissipation in der Scheibe, die
Durch die viskosen Kräfte in der Scheibe wird mechanische Energie in Wärme umgewandelt. Diese Wärmeenergie wird durch Strahlungstransport und Konvektion zur
Scheibenoberfläche transportiert und von dort in die Umgebung abgestrahlt. Die
2.4 Energiedissipation und Temperatur


(57)

(59)
Dvisk


2
∂
Ω
 .
= νΣ s
∂s
page: 2.45
(60)
Integration über die z-Richtung ergibt die Wärmeenergie, die in der Akkretionsscheibe
pro Flächen-und Zeiteinheit durch viskose Prozesse freigesetzt wird
qvisk

2
∂
Ω
 .
= νρ s
∂s
Der einzige wirklich große Geschwindigkeitsgradient in einer Akkretionsscheibe ist
∂vϕ/∂s. Deswegen gilt

2
∂
Ω
 .
Ėkin = −νρ s
(58)
∂s
Dies ist die lokale Energiedissipationsrate der mechanischen Energie. Die lokale Erzeugungsrate für Wärmeenergie ist dann
Ėkin

1
∂ vi   ∂ vk 
.
= − νρ 
2
∂ xk
∂ xi
Abgesehen von der Keplergeschwindigkeit der Rotation der Scheibenmaterie um den
Stern haben lokale Strömungen in der Scheibe Unterschallgeschwindigkeit. Eine Unterschallströmung kann als inkompressibel angesehen werden. Die Energiedissipation in
einer viskosen, inkompressiblen Strömung ist (Landau-Lifschitz, Bd. 6, §16)
2.4.1 Viskose Energiedissipation
Energiedissipation und Temperatur
R∗
dr 2πs Dvisk(s) .
(61)
Für Ra R∗ folgt
9
4
R∗

dr νΣ
1
2
∗

3

2
Lakkr =
1 GM∗Ṁ
.
2 R∗
.
GM∗
3
2πs
=
GM∗Ṁ
s3
2
 1
3
1
2R

= GM∗Ṁ 
−
−

2
3R∗ Ra 3Ra
Lakkr =
Z R
a
R∗
Z R
a
v
u
u
u
t

dr 
R∗ 
1 −



2
s
s

page: 2.46
(62)
Die Integration ist von der Randschicht beim Stern bis hin zum äußeren Scheibenrand
zu erstrecken. Für eine Keplerscheibe gilt mit (52) und (75)
Lakkr =
Z R
a
Die gesamte Energieabstrahlung einer Akkretionsscheibe durch viskose Dissipation ist
Wenn, wie immer angenommen wird, radiale Temperaturgradienten sehr viel kleiner als
vertikale Temperaturgradienten sind, dann wird die Wärme praktisch nur in vertikaler
Richtung transportiert und beim gleichen Radius s, bei dem sie freigesetzt wurde, durch
die beiden Oberflächen der Scheibe abgestrahlt.
Energiedissipation und Temperatur
page: 2.47
Von der Akkretionsscheibe selbst wird nur die Hälfte dieser Energie abgestrahlt. Die andere Hälfte der Gesamtenergieabgabe durch Masseneinfall muß dann in der Übergangsschicht dissipiert und in dieser Zone auch abgestrahlt werden. Da diese Übergangsschicht
nur eine kleine räumliche Ausdehnung hat, muß sie zwangsläufig sehr heiß sein. Die Existenz einer solchen heißen Zone dicht beim Stern macht sich in den UV-Spektren der
jungen Sterne bemerkbar.
Die potentielle Energie von Materie im Gravitationsfeld des Sterns ist in der Entfernung
R∗ gleich GM∗/R∗. Diese Energie wird freigesetzt, wenn Materie, aus dem Unendlichen
kommend, dem Stern hinzugefügt wird. Die gesamte Leuchtkraft durch den Materieeinfall ist deswegen
GM∗Ṁ
.
(63)
Lgrav =
R∗
Energiedissipation und Temperatur
page: 2.48
Abbildung 2.6: UV-Emission durch die heiße Randschicht beim Stern. Die Abbildung
zeigt ein einfaches Scheibenmodell, das an das Spektrum des klassischen T Tau Sterns
DF Tau angepaßt wurde. Die durchgezogenen Kurven sind spektrophotometrische Messungen und das Modell (mit den Balmerlinien). Die gestrichelten Kurven sind die Emission durch die Scheibe (untere rechte Kurve) und durch eine optisch dünne Randschicht
(nach Basri und Bertout). Die starke Emission im UV belegt die Existenz einer heißen
Randschicht.
Energiedissipation und Temperatur
page: 2.49
Die Effektivtemperatur der Scheibenoberfläche ist dann für Keplerscheiben nach (60)
und (52)
9
GM∗ 9
4
σTeff
= νΣ 3 = νΣΩ2 .
(65)
8
s
8
4πH =
Dvisk
.
2
Hier ist 4πH der Strahlungsenergiestrom senkrecht zur Scheibenoberfläche. Man definiert die Effektivtemperatur der Atmosphäre an der Oberfläche der Akkretionsscheibe
durch
4
4πH = σTeff
.
(64)
Von der Scheibenoberfläche wird die innerhalb der Akkretionsscheibe dissipierte Energie
Dvisk abgestrahlt. Da eine Scheibe zwei Oberflächen hat, ist die Energieabstrahlung pro
Flächeneinheit für jede der beiden Seiten
2.4.2 Effektivtemperatur
Energiedissipation und Temperatur
z
dz 0 ρκ .
(67)
(68)
page: 2.50
Dieses τc ist in (66) bei der Berechnung der Temperatur in der Scheibenmitte zu verwenden. Im Prinzip ist κ ein Mittelwert über den Temperaturbereich der vertikalen
Temperaturschichtung.
τc = 12 κΣ
Wenn man annimmt, das der Massenextinktionskoeffizient κ konstant ist, dann folgt für
die optische Tiefe der Scheibenmitte
Für den Massenextinktionskoeffizienten κ ist im Rahmen der Eddingtonnäherung das
Flußmittel (bei τ 1: Rosselandmittel) zu verwenden.
τ=
Z ∞
τ ist die in vertikaler Richtung von außen her gemessene optische Tiefe
In den optisch dicken Teilen der Akkretionsscheibe wird für die Berechnung der Temperaturschichtung in vertikaler Richtung oft die Eddingtonnäherung verwendet. Dann
gilt
4
1 4
3
T (τ ) = 2 Teff 1 + 2 τ .
(66)
2.4.3 Vertikale Temperaturschichtung
Energiedissipation und Temperatur
3. Masseneinfall von außen kann vernachlässigt werden.
2. Die Sternmasse ist konstant.
1. Die Massenakkretionsrate ist über einen weiten radialen Bereich konstant.
In dieser Phase kann man folgende Vereinfachungen einführen:
page: 2.51
Im Zusammenhang mit der Frage der Entstehung des Planetensystems interessiert man
sich vor allem für die Endphase der Sternentstehung, wenn der Stern schon fast seine
Endmasse erreicht hat und ein weiterer Masseneinfall auf die Akkretionsscheibe nur
noch mit sehr kleiner Rate erfolgt, wenn überhaupt noch. Dann stellt sich in den inneren Teilen der Scheibe ein quasistationärer Zustand ein, in dem die Materie unter der
Wirkung viskoser Kräfte langsam einwärts spiralt.
2.5 Stationäre Keplerscheiben
Ṁvisk = const = Ṁ .
(69)
page: 2.52
Also ist sΣvs von s unabhängig. Mit der Definition (47) folgt durch nochmalige Integration
∂Ω
s3ΩΣvs = νΣs3
+C
(70)
∂s
mit einer Integrationskonstanten C.
Durch Integration folgt
∂
Ṁvisk = 0 .
∂s
Im stationären Zustand und ohne Masseneinfall auf die Scheibe lautet (50)
2.5.1 Gleichung für Σ
Stationäre Keplerscheiben
R∗
R0
Sternrotation
∼ s−3/2
Übergangsschicht
Keplerrotation
R
page: 2.53
Abbildung 2.7: Verlauf der Winkelgeschwindigkeit Ω der Scheibenrotation in der Nähe
des Sterns.
Ω0
Ω
Stationäre Keplerscheiben
page: 2.54
4.) In dieser Schicht muß es eine Stelle R0 geben, in der Ω(s) ein Maximum hat. An
dieser Stelle gilt
∂ Ω = 0.
(71)
∂ s R0
Aus (70) folgt dann sofort
R03Ω(R0)Σ(R0)vs(R0) = C .
Das legt die Integrationskonstante C in (70) fest.
3.) In der Nähe des Sterns gibt es deswegen eine Übergangsschicht, in der die Rotation
von der schnellen Keplerrotation auf die langsame Sternrotation abgebremst wird (vergl.
Abb. 7). In dieser Schicht rotiert die Scheibe nicht–Keplersch.
2.) Der Stern rotiert langsam. Die Beobachtung zeigt, daß junge T Tau Sterne alle keine
rasche Rotation zeigen. Die projizierten Rotationsgeschwindigkeiten liegen im Bereich
10–30 km s−1.
1.) Die Winkelgeschwindigkeit der Scheibenrotation nimmt bei Keplerscher Rotation
3
nach innen wie s− 2 zu.
Die Integrationskonstante wird durch folgende Überlegungen festgelegt:
Stationäre Keplerscheiben
3
(72)

(73)

(74)
page: 2.55
Hier darf nicht ohne weiteres Ω(R0) = ΩK(R0) angenommen werden, da die Scheibe, wie
wir gesehen haben, in der Randschicht nicht-Keplersch rotiert.

Ṁ 
R02Ω(R0) 
1 −
 .
νΣ =
3π
s2ΩK
Das bestimmt die radiale Variation der Flächendichte Σ in einer stationären Akkretionsscheibe. Speziell in einer Keplerscheibe gilt mit (52)

R02Ω(R0) 
Ṁ Ω 
1 −
 .
νΣ = −
∂
2
2π s ∂ s Ω
sΩ
Durch nochmalige Verwendung von (46) und (69) folgt
Hier wurden (46) und (69) verwendet. Diese Gleichung beschreibt den Transport von
Drehimpuls in der protoplanetaren Akkretionsscheibe im stationären Fall. Dieser wird
durch die Art und Weise festgelegt, wie der Drehimpuls durch die Randschicht beim
Stern hindurchtransportiert wird.
3
∂Ω
R02Ω(R0)
s ΩΣvs = νΣs
−
Ṁ .
∂s
2π
Daraus ergibt sich folgende Beziehung
Stationäre Keplerscheiben
GM∗
R∗3

Ṁ 
R∗ 
1 −
 .


3π
s
v
u
u
u
t
(75)
page: 2.56
Die radiale Driftgeschwindigkeit vs der Scheibenmaterie ergibt sich mit der Definition
(46) und mit (75) zu
3ν
1
r
(76)
vs =
.
2 s 1 − Rs∗
νΣ =

setzen. In der Näherung der dünnen Randschicht gilt dann
Ω(R0) =
v
u
u
u
u
t
Mit der zusätzlichen Hypothese, daß sich die Randschicht nur über einen sehr schmalen Bereich dicht beim Stern erstreckt, dessen Weite klein gegenüber dem Sternradius
ist, ergibt sich R0 ≈ R∗. Dann rotiert die Scheibe auch bis dicht hin zum Stern noch
Keplersch, ehe die Übergangsschicht zum Stern beginnt. Das Maximum von Ω(s) ist in
diesem Fall scharf ausgeprägt und der Maximalwert kann nicht sehr stark von ΩK(R0)
abweichen (vergl. Abb. 7). Man kann bei einer dünnen Randschicht deswegen
Stationäre Keplerscheiben

3GM∗Ṁ 
R∗ 
 .
1 −


3
8πσs
s
v
u
u
u
t
(77)
page: 2.57
Die hier angestellten Überlegungen setzen voraus, daß die Strömungen in der protoplanetaren Akkretionsscheibe nur durch die Zähigkeit, den Drehimpuls und gravitative
Kräfte bestimmt werden. Junge Sterne haben laut Beobachtung aber verhältnismäßig
starke Magnetfelder, sodaß in der Nähe des Sterns magnetische Kräfte die Strömung in
der Randschicht und ihre Struktur maßgebend bestimmen. Die Gleichungen (74) und
(75) können auch aus diesem Grund nicht in der Nähe des Sterns verwendet werden.
Das Verschwinden der rechten Seite von (75) und das Auftreten einer Singularität in
(76) an der Stelle s = R∗ deutet darauf hin, daß die Annahmen, die zu (75) führen,
im Bereich der Randschicht nicht alle ganz zutreffend sein können. Man darf die Gleichungen in der angegebenen Form nicht bis in die unmittelbare Umgebung von s = R∗
verwenden.
4
Teff
=

Für die stationäre Keplerscheibe ergibt sich mit (75)
Stationäre Keplerscheiben
4
Teff
=
c20 =
kT
.
µmH

GM∗
s3
v
u
u
u
t

3GM∗Ṁ 
R∗ 
1 −
 .


3
8πσs
s
.ΩK =
v
u
u
u
t
h=
v
u
u
t
π c0
.
2 ΩK
4. Hydrostatisches Gleichgewicht in vertikaler Richtung
3. Schallgeschwindigkeit
2. Viskose Energiedissipation
1. Keplerrotation
page: 2.58
(41)
(33)
(77)
(29)
Der Aufbau stationärer Akkretionsscheiben in der Einzonennäherung wird durch folgenden Satz von Gleichungen beschrieben:
2.5.2 Berechnung stationärer Scheibenmodelle
Stationäre Keplerscheiben
νΣ =
1Σ
.
2h
τc = 21 κΣ .
ρc =
Tc4(τ )
v
u
u
u
t

=
1 4
2 Teff
1+
3
2 τc
Ṁ 
R∗ 
1 −
 .


3π
s

9. Temperatur in der Mittelebene der Scheibe
8. Optische Tiefe bis zur Mittelebene
7. Massendichte in der Mittelebene
6. Erhaltung des Drehimpulses
ν = α · h · c.
.
5. Viskosität in der Näherung von Shakura und Sunyaev [?]
Stationäre Keplerscheiben
page: 2.59
(66)
(68)
(38)
(75)
(55)
P = c20ρ .
(32)
(46)
3. Die Konstante α in der Viskosität (55) .
2. Die Akkretionsrate Ṁ .
1. Die Sternmasse M∗ .
page: 2.60
Die Gleichungen enthalten drei freie Parameter, die bei der Lösung des Systems vorgegeben werden müssen:
11. Druck in der Mittelebene
Ṁs(s, t) = −2πsΣvs .
10. Massenerhaltung beim viskosen Transport in radialer Richtung
Stationäre Keplerscheiben
µ = µ(ρ, T ) .
(79)
(78)
page: 2.61
Diese beiden Funktionen sind, wenn für den Zustand der Materie lokales thermodynamisches Gleichgewicht gilt, vollständig durch die Vorgabe von ρ, T und der Elementmischung bestimmt.
κ = κ(ρ, T ) .
2. Das Rosseland-Mittel des Extinktionskoeffizienten
1. Das mittlere Molekulargewicht
Die Gleichungen für die Scheibe enthalten zusätzlich zwei Materialfunktionen:
Für die Sternmasse wird meistens M∗ = 1 M gesetzt, da man sich in den bisherigen Untersuchungen hauptsächlich für die Entstehung unseres eigenen Planetensystems interessiert hat. Für die Massenakkretionsrate werden meistens Werte von der Größenordnung
Ṁ = 10−7 M a−1 gewählt, da laut Beobachtung die Akkretionsscheiben um junge Sterne
mit einer Masse von der Größenordnung M ≈ 0.1 M nach etwa 106 Jahren dissipiert sind.
Die Konstante α wird durch Berechnung zeitabhängiger Modelle an der beobachteten
Lebensdauer der Scheiben geeicht, was zu Werten des Parameters von α = 0.01 . . . 0.001
führt.
Stationäre Keplerscheiben
(80)
page: 2.62
Das Rosseland-Mittel κ wird in den kühlen, äußeren Teilen der Akkretionsscheibe durch
den Staub und eventuell darauf aufgefrorene Eismäntel bestimmt. In diesem Bereich ist
κ eine komplizierte Funktion der Vorgeschichte und des thermodynamischen Zustands
der Scheibenmaterie. In der warmen Zone der Scheibe ist die Zusammensetzung des
Scheibenmaterials durch den thermodynamischen Zustand vollständig bestimmt. In diesem Bereich kann die Opazität der Staubmischung relativ einfach berechnet werden. In
den heißen, inneren Teilen der Akkretionsscheibe, in denen kein Staub existiert, wird κ
wie in einer Sternatmosphäre durch die Extinktion durch Moleküle, Atome und Ionen
bestimmt.
Das gilt im größten Teil der Akkretionsscheibe, außer in den heißen, innersten Teilen
sehr nahe beim Stern.
µ = 37 .
Das mittlere Molekulargewicht muß aus einer Berechnung des Dissoziationsgleichgewichts in der Scheibe bestimmt werden. Wenn aller Wasserstoff zu H2 assoziiert ist und
wenn die He Häufigkeit He = 0.1 (nach Teilchenzahl relativ zu H) ist, dann ist
Stationäre Keplerscheiben
s
si+1 si si−1
s2
s1
-
5. Mit den neuen Werten von µ und κ berechnet man τ und Tc.
page: 2.63
4. Man berechnet für den Zustand ρc und Tc die Materialfunktionen µ(ρc, Tc) und κ(ρc, Tc),
entweder durch Interpolation aus Tabellen oder mit einer separaten Berechnung.
3. Man berechnet nacheinander c0, h, ν, Σ und ρc.
2. Man schätzt einen Wert für Tc und µ.
1. Man berechnet Ω und Teff .
Die Aufbaugleichungen für die Akkretionsscheibe, wie sie vorher zusammengestellt wurden, können für jeden der Stützpunkte sk auf folgende Weise gelöst werden:
Den Stützpunkt s1 wählt man als Außenrand Ra der Scheibe, den wir beispielsweise bei
Ra = 20 AE wählen. Weiter außen ist die Annahme einer stationären Akkretionsscheibe nicht mehr gerechtfertigt. Den letzten Stützpunkt sK wählen wir beispielsweise bei
sK = 2R∗, weil die Gleichungen für die stationäre Keplerscheibe im Bereich der Randschicht dicht beim Stern nicht anwendbar sind.
K K−1
s
Stern
Zur Berechnung des Modells einer protoplanetaren Akkretionsscheibe führen wir einen
diskreten Satz von insgesamt K Radiusstützpunkten sk mit k = 1, . . . , K ein:
2.5.3 Lösung der Aufbaugleichungen
Stationäre Keplerscheiben
T,neu − Tc,alt −6
< 10
Tc,alt
(81)
page: 2.64
Dieses einfache Iterationsverfahren konvergiert aber nur dann, wenn κ keine schnell
abnehmende Funktion der Temperatur ist. Wenn dies doch der Fall sein sollte, dann
muß z.B. ein anderes Verfahren, z.B. die Newton-Iteration, verwendet werden.
Als Startwert für Tc und µ kann man am Außenrand s1 = Ra der Akkretionsscheibe z.B.
Tc = 20 K und µ = 37 verwenden. In allen weitere Stützpunkten k > 1 verwendet man als
Startwerte für Tc und µ die Ergebnisse für Tc und µ beim Stützpunkt sk−1.
erfüllt ist. Dann sind die Gleichungen mit ausreichender Genauigkeit gelöst.
Falls die Startschätzungen für Tc und µ schon richtig waren, dann sollte der in Punkt 5.
neuberechnete Wert von Tc mit dem Startwert übereinstimmen. Wenn das nicht der
Fall ist, dann wiederholt man mit den jeweils neu berechneten Werten von Tc und µ die
Berechnungen ab Punkt 3. bis Punkt 5. bis z.B.
Stationäre Keplerscheiben
page: 2.65
3. Ṁ = 10−8 M a−1. Das entspricht einer Entwicklungsphase ein bis zwei Millionen Jahren nach Entstehung des Sterns. Die großen Gasplaneten fangen in dieser Phase
an sich zu bilden, die Bildung der Vorläufer der terrestrischen Planeten ist voll im
Gang.
2. Ṁ = 10−7 M a−1. Das entspricht der mutmaßlichen Phase des Beginns der Bildung
der ersten Protoplaneten ca. 300 000 Jahre nach Entstehung des Sterns.
1. Ṁ = 10−6 a−1. Das entspricht einer sehr frühen Phase der Entwicklung, weniger als
100 000 Jahre nachdem der Stern entstanden ist.
Als Beispiel wird das Modell einer Keplerschen Akkretionsscheibe um einen Protostern
mit M = 1 M vorgestellt. Das entspricht der protoplanetaren Akkretionsscheibe, in der
unser Sonnensystem entstanden ist. Man spricht in diesem Zusammenhang auch oft vom
Sonnennebel. Diese Bezeichnung geht noch auf eine ältere Vorstellung zurück, nach der
das Material der Planeten in einem gasförmigen Nebel um die junge Sonne kondensiert
ist und sich zu den Planeten zusammengefunden hat.
Es werden drei verschiedene Massenakkretionsraten betrachtet:
2.5.4 Einige Ergebnisse
Stationäre Keplerscheiben
page: 2.66
Bei Diskussionen der Planetenbildung werden üblicherweise Akkretionscheiben mit Eigenschaften betrachtet, die diesen Standardwerten der Parameter entsprechen.
Eine typische Akkretionsrate in der Phase der beginnenden Planetenbildung von Ṁ =
10−7 M bei sonnenähnlichen Sternen ergibt sich auch aus folgender Feststellung: Bei
ganz jungen, sonnenähnlichen Sternen findet man eine Masse der Akkretionsscheibe
von etwa 1/10 der Sternmasse. Diese Scheiben verlieren den größten Teil ihrer Masse in etwa 106 Jahren. Daraus ergibt sich der genannte charakteristische Wert für die
Akkretionsrate in diesem Zeitraum. Es erscheint auch einigermaßen plausibel, daß die
Planetenbildung beginnt, ehe die Scheibe den größten Teil ihrer Masse verloren hat.
Diese Identifizierung bestimmter Werte der Akkretionsrate mit einem ungefähren Alter
der Akkretionsscheibe ergibt sich aus Beobachtungen junger, stellarer, sonnenähnlicher
Objekte mit einer Akkretionsscheibe in einigen nahen Sternentstehungsgebieten. Abbildung 2.1 zeigt Akkretionsraten, die aus der Beobachtung der Ausstrahlung der heißen
Grenzschicht beim Stern abgeleitet wurden. Das Alter der Sterne wurde durch Vergleich ihrer Position im Hertzsprung-Russel-Diagramm mit Entwicklungmodellen für
Protosterne geschätzt. Trotz der starken Streuung der Daten in dem Diagramm ist doch
eine deutliche Korrelation zwischen den Akkretionsraten und dem Alter der Akkretionsscheibe in dem oben angegebenen Sinne festzustellen.
Stationäre Keplerscheiben
page: 2.67
Die Gleichungen können im Prinzip für den Fall konstanter Materialfunktionen auch
exakt analytisch gelöst werden. Eine numerische Lösung ist aber erheblich einfacher.
Als einfachstes Beispiel wird der Fall eines konstanten Extinktionskoeffienten betrachtet.
Als Illustration der Drucke und Temperaturen, die man in protoplanetaren Akkretionsscheiben zu erwarten hat, sind in der Abb. 8 der Verlauf des Zentraldrucks Pc und
der Zentraltemperatur Tc in der Mittelebene der Scheibe dargestellt. Für κ sind dabei
verschiedene Werte angenommen, die den Bereich überdecken, in dem die tatsächlich
vorkommenden Werte von κ variieren. Für die Sternmasse wurde M∗ = 1M, für die
Akkretionsrate Ṁ = 10−7 M a−1 und für den Viskositätsparameter α = 1 10−2 gesetzt. Die
Temperatur der umgebenden Molekülwolke wurde zu 20 K angenommen. Die hohen
Werte von κ treten bei Extinktion durch Staub bei Scheibentemperaturen unterhalb
von <
∼ 1 400 K auf, die kleinen Werte von κ treten dann auf, wenn die Extinktion durch
Moleküle dominiert. Das ist im Bereich 1 400 K <
∼ 4 000 K der Fall.
Konstanter Extinktionskoeffizient
-4
(a)
-2
-3
log Pc [Pa]
0
10
10-2
10-1
10-0
2
4
page: 2.68
Abbildung 2.8: Scheibenmodelle für konstanten Extinktionskoeffizienten. Die angenommenen Werte von κ im Bereich 10−4 . . . 100 cm2 g−1 sind an den Kurven angezeigt. (a)
Verlauf von Zentraldruck Pc und Zentraltemperatur Tc in der Mittelebene einer protoplanetaren Akkretionsscheibe.
10
100
1000
10000
Konstanter Extinktionskoeffizient
Tc [K]
0.1
r [AE]
1
10-3
10-2
10-1
10-0
10
(b)
page: 2.69
Abbildung 2.9: Scheibenmodelle für konstanten Extinktionskoeffizienten. Die angenommenen Werte von κ im Bereich 10−4 . . . 100 cm2 g−1 sind an den Kurven angezeigt. (b)
Flächendichte Σ in Abhängigkeit vom Abstand zum Zentrum.
10
100
1000
10000
Konstanter Extinktionskoeffizient
Σ
0.1
(c)
r [AE]
1
10
-3
10
+0
10
page: 2.70
Abbildung 2.10: Scheibenmodelle für konstanten Extinktionskoeffizienten. Die angenommenen Werte von κ im Bereich 10−4 . . . 100 cm2 g−1 sind an den Kurven angezeigt. (c)
Scheibenhöhe h in Abhängigkeit vom Abstand zum Zentrum. Die gestrichelte Linie
zeigt zum Vergleich die Höhe h = 0.1r.
0.001
0.01
0.1
1
Konstanter Extinktionskoeffizient
h [AE]
0.1
-3
-2
-1
r [AE]
1
10
10
10
10-0
10
(d)
page: 2.71
Abbildung 2.11: Scheibenmodelle für konstanten Extinktionskoeffizienten. Die angenommenen Werte von κ im Bereich 10−4 . . . 100 cm2 g−1 sind an den Kurven angezeigt. (d)
Optische Tiefe bis zur Scheibenmitte in Abhängigkeit vom Abstand zum Zentrum.
1
10
100
1000
Konstanter Extinktionskoeffizient
τ
page: 2.72
Die Elementhäufigkeiten des Materials der protoplanetaren Akkretionsscheibe entsprechen den Elementhäufigkeiten der Sterne auf der Hauptreihe, bzw. den Elementhäufigkeiten des interstellaren Materials, das auf die Akkretionsscheibe herabgeregnet und in
den Stern gewandert ist. Die Elementhäufigkeiten in den Hauptreihensternen, wie sie aus
dem Linienspektrum der Sterne abgeleitet werden, sind innerhalb geringer Bandbreiten
praktisch für alle Sterne der galaktischen Scheibe die gleichen. Erhebliche Abweichungen treten nur bei weit entwickelten Sternen gegen Ende ihrer Lebensdauer auf, wenn
nuklear prozessiertes Material aus dem Sterninneren durch Mischungsvorgänge in bis
tief ins Innere reichenden Konvektionszonen an die Oberfläche gelangt oder wenn durch
Verlust der äußeren Schichten durch einen massiven Sternwind prozessiertes Material
freigelegt wird. Die einzige systematische Variation ist der Anteil der Elemente schwerer als H und He an der Mischung. Die schweren Elemente werden bei Brennprozessen
in Sternen aufgebaut, sodaß deren Anteil im Laufe der Zeit allmählich zunimmt. Die
Elementmischung bei der Entstehung von Planetensystemen dürfte deswegen, abgesehen vom Anteil der schweren Elemente relativ zu H und He, innerhalb enger Grenzen
fast die gleiche sein, die wir bei der Sonne und in unserem eigenen Planetensystem
feststellen.
2.6.1 Elementhäufigkeiten
2.6 Das Material der Akkretionsscheibe
P
K
F
Zn
Al
N
Si
Cr
Cl
Ar
O
C
Ne
Mg
S
Cu
Ti
Mn
Ca
Fe
V
Co
Ni
Na
Gruppe III
Gruppe II
Gruppe I
page: 2.73
Wegen der recht effektiven Mischungsvorgänge in der interstellaren Materie (Turbulenz!) sind auch keine großen Häufigkeitsgradienten im einfallenden Scheibenmaterial
zu erwarten, selbst wenn kürzlich in dem Gebiet, in dem neue Sterne entstehen, ein
sterbender Stern die interstellare Materie mit den Produkten der Kernprozesse in seinem Inneren verunreinigt hat. Die radiale Verteilung der Elementhäufigkeiten in der
Scheibe ist zu Beginn der Entstehung eines Planetensystems konstant.
Abbildung 2.12: Solare Häufigkeit der häufigsten Elemente .
4
5
6
7
8
9
10
He
11
H
log 6
12 Elementhäufigkeiten
page: 2.74
3. Die Elemente Al, Ca, Ni und Na bilden eine Gruppe von Elementen, die eine ca.
3 × 10−6 mal kleinere Häufigkeit als H haben.
2. Die Elemente Fe, Si, Mg und S bilden eine Gruppe von Elementen, die eine ca.
3 × 10−5 mal kleinere Häufigkeit als H haben.
1. Von den schwereren Elementen bilden O und C (und auch noch N) eine Gruppe, die
eine ca. 3 × 10−4 mal kleinere Häufigkeit als H haben.
Die häufigsten unter den restlichen Elementen (ohne die Edelgase) bilden drei klar
abgegrenzte Gruppen:
0.1% der Teilchendichte aus.
• Alle schwereren Elemente zusammen machen nur die restlichen 1% der Massen- bzw.
dichte bzw. 99.9% der Teilchendichte aus.
• Die häufigsten Elemente sind H und He. Sie machen zusammen 99% der Massen-
Die kosmische Häufigkeit der Elemente zeigt eine ausgeprägte Hierarchie der Häufigkeiten (vergl. Abb. 12):
Elementhäufigkeiten
r
VP
VO
r
5
TiO
rAlF r
PO
r
4
6
r
CaO
AlO
r
7
NS
r
r rSiN
SiC
S
r2
FeO
r
r
SO
rSiS
r
CS
rSiO
8
r
CN
r
NO
N
r 2
r
C2
CO
r
-
9 log OH
r
rO2
page: 2.75
Abbildung 2.13: Bindungsenergien der am stärksten gebundenen, zweiatomigen Moleküle der häufigsten Elemente, aufgetragen gegen die Häufigkeit des weniger häufigen der beiden beteiligten Elemente. Bindungsenergien aus Lide. Die hervorgehobenen
Moleküle blockieren das weniger häufige der beiden darin enthaltenen Elemente.
6
HF
TiF r
SiF rCF
rNaF
AlCl
r rCP
rKF TiCl
r
2
rrPPN
r
TiN
5
rMgF
PS
r
CrF
r
KCl
VC
r rHCl
rCrO
r PF
NiF rCoF TiC
aCl
r MnF rTiS rN
rSiCl
rMnO
CuF CoCl r
CaCl
4
7
8
9
10
11
12
6
E[eV]
Zusammensetzung der Gasphase
page: 2.76
Diese Hierarchie bedingt, daß nur ganz wenige chemische Verbindungen einiger weniger
Elemente mit nennenswerter Häufigkeit in der Gasphase der Materie in der Akkretionsscheibe vorkommen können. Bevorzugt bilden sich vor allem solche Verbindungen, deren
Bindungsenergie besonders groß ist, oder, bei vergleichbar großen Bindungsenergien,
Verbindungen mit den häufigeren Elementen. In der Abb. 13 sind die Bindungsenergien der zweiatomigen Moleküle der häufigsten Elemente dargestellt. Die Chemie der
Gasphase wird dadurch geprägt, daß einige Moleküle eine herausragend hohe Bindungsenergie haben (CO, N2, SiO), sodaß die Bildung dieser Moleküle das weniger häufige
der beiden beteiligten Elemente praktisch vollständig verbraucht, daß dann nicht mehr
für die Bildung anderer Verbindungen dieses Elements verfügbar ist. Wegen der großen
H Häufigkeit ist die Bildung von Verbindungen mit H begünstigt. Die Gasphase ist
deswegen im wesentlichen folgendermaßen zusammengesetzt:
2.6.2 Zusammensetzung der Gasphase
page: 2.77
Die meisten dieser Elemente können auch Festkörper bilden, die bis zu sehr hohen
Temperaturen stabil sind. Dadurch sind unterhalb der Verdampfungstemperatur der
stabilsten Festkörper fast alle Elemente in solchen Festkörpern gebunden. In der Gasphase verbleiben nur die Elemente, die keine solchen Verbindungen eingehen. Das sind
außer H und den Edelgasen nur noch N, C und in gewissem Umfang S.
1.) Das häufigste Element H bildet H2 Moleküle, wenn die Temperatur tief genug
ist. Bei den Druckverhältnissen in der Akkretionsscheibe heißt das: bei Temperaturen
T <
∼ 2 000 K.
2.) Von den Elementen O, C, N sind Verbindungen untereinander und mit H die häufigsten Moleküle. Das sind bei niedrigen Drucken vor allem H2O, CO und N2. Bei hohen
Drucken wird im chemischen Gleichgewicht statt des CO hauptsächlich CH4 und statt
des N2 hauptsächlich NH3 gebildet.
3.) Von den Elementen Mg, Si, Fe und S ist die Bildung von Verbindungen mit H bzw.
O, C, N begünstigt, wobei allerdings berücksichtigt werden muß, daß C und N durch die
Bildung von CO und N2 verbraucht werden. Man findet deswegen als häufigste Moleküle
SiO, H2O und die freien Atome Mg und Fe.
4.) Von den Elementen Al, Ca, Ni und Na sind die häufigsten Teilchen in der Gasphase
Al2O, AlOH, Ca, Ni und Na.
Zusammensetzung der Gasphase
page: 2.78
Wären die Häufigkeitsverhältnisse von C und O bei der Bildung des Planetensystems
gerade umgekehrt gewesen, wie man es z.B. in den Atmosphären von Kohlenstoffsternen
findet, dann wäre alles O bei der Bildung von CO verbraucht worden, und es könnten
keine der üblichen Mineralien gebildet werden sondern nur Ruß, Karbide, Sulphide
und Nitride. Die Chemie der Gasphase wäre in diesem Fall durch Kohlenwasserstoffe
bestimmt. Ob etwas derartiges im Kosmos tatsächlich vorkommt, ist unbekannt (aber
unwahrscheinlich).
d.h., in der Gasphase ist alles C in CO gebunden. Der restliche Sauerstoff – soweit er
nicht in mineralischen Festkörpern gebunden ist – bildet H2O.
O ≈ 2C ,
An dieser Stelle ist noch eine Bemerkung zur Rolle des CO Moleküls angebracht. CO
ist das stabilste aller zweiatomigen Moleküle, d.h. dasjenige, das die höchste Bindungsenergie hat. Das weniger häufige der beiden Elemente C und O in der Gasphase wird
deswegen praktisch vollständig bei der Bildung des CO Moleküls verbraucht. Nur der
Überschuß des häufigeren der beiden Elemente steht zur Bildung weiterer Verbindungen
zur Verfügung. Bei der üblichen Standardelementmischung ist
Die wenigen Elemente, die wir hier erwähnt haben, bestimmen die chemische Zusammensetzung der Akkretionsscheibe und deren Gehalt an Festkörpern in Form von kleinen
Staubteilchen. Andere Elemente haben eine viel zu kleine Häufigkeit, als daß sie einen
unmittelbaren Einfluß auf den Aufbau der Akkretionsscheibe haben könnten.
Zusammensetzung der Gasphase
page: 2.79
In der Akkretionsscheibe existieren zwei grundsätzlich verschiedene Staubmischungen:
Interstellarer Staub und chemische Gleichgewichtsmischung
Da der Staub ein sehr guter Absorber ist, dominiert er die Extinktion in den Bereichen der protoplanetaren Akkretionsscheibe, in denen die Temperatur niedrig genug
für seine Existenz ist. Das macht eine genaue Berechnung der Staubabsorption bei der
Konstruktion von Modellen für die Akkretionsscheibe erforderlich, und das setzt naturgemäß voraus, daß die Zusammensetzung der Staubmischung nach Art und Menge
bekannt ist.
Bei Temperaturen unterhalb von etwa 1 800 K sind die Elemente Mg, Fe, Si, S, Al, Ca,
Ni, Na, . . . ganz oder teilweise in Festkörpern gebunden. Der Kohlenstoff ist im interstellaren Medium teilweise in einer kondensierten Phase gebunden, deren genaue Natur
nicht ganz klar ist. Soweit das Material der Akkretionsscheibe weitgehend unverändertes
Material aus der Molekülwolke ist, ist auch dort ein Teil des C in einer kondensierten
Phase gebunden. Der nicht in einer festen Phase gebundene Kohlenstoff liegt in Form
des CO Moleküls vor. Der Sauerstoff ist teilweise in Mineralien gebunden. Der verbleibende Teil in der Gasphase liegt dort, soweit er nicht ebenfalls im CO gebunden ist, als
Wasserdampf vor. Bei Temperaturen unterhalb von ≈ 150 K friert dieser Wasserdampf
als Eismantel auf den Staubteilchen aus und bindet dabei im Eisgitter merkliche Mengen
des CO und einiger anderer, weniger häufiger Gase (CH4, NH3).
2.6.3 Zusammensetzung der Staubkomponente
page: 2.80
Dieser Staub stammt aus sehr vielen verschiedenen Quellen, hauptsächlich aus den
Hüllen um AGB-Sterne und den Massenabwürfen von Nova- und Supernovaereignissen.
Je nach Objekt hat der dort gebildete Staub eine ganz unterschiedliche Zusammensetzung. Zusätzlich ist er im interstellaren Medium durch Wechselwirkung mit hochenergetischen Photonen und Teilchen der kosmischen Strahlung verändert worden, und durch
Stoßwellen im interstellaren Medium wird der Staub teilweise zerstört, wobei das freigesetzte Material später wieder re-kondensiert. Seine Zusammensetzung ist deswegen weit
entfernt von einer chemischen Gleichgewichtszusammensetzung. Die Zusammensetzung
dieses Staubs muß aus den beobachteten Absorptionseigenschaften des interstellaren
Staubs erschlossen werden, was leider nur unvollständig möglich ist.
1. Interstellarer Staub. In den äußeren Teilen einer Protoplanetaren Akkretionsscheibe (s > 3 . . . 5 AE) befindet sich Staub, der aus der umgebenden Molekülwolke stammt.
Die Akkretionsscheibe ist dort kalt, sodaß der Staub weder durch thermische Prozesse
noch durch chemische Oberflächenreaktionen verändert ist. In der späten Phase der
Entwicklung der Akkretionsscheibe ist er auch nur durch einen relativ schwachen Akkretionsstoß an der Scheibenoberfläche hindurchgegangen. Dabei wird er höchstens so
stark aufgeheizt, daß darauf ausgefrorene Eishüllen verdampfen (später sich aber wieder
neu bilden), aber nicht so stark, daß der Staub selbst verdampft oder durch Erhitzung
thermisch verändert wird.
Zusammensetzung der Staubkomponente
page: 2.81
Pollack et al. (1994) haben versucht, so gut wie dies eben möglich ist, die Zusammensetzung der Materie, die aus der Molekülwolke auf die Scheibe herabgeregnet ist, aus den
Beobachtungsdaten über Staubabsorption, den bekannten Elementhäufigkeiten, und der
Zusammensetzung einiger Typen von Meteoriten, die sehr ursprüngliches Material aus
der Entstehungszeit des Planetensystems enthalten, abzuleiten. Die Tabelle 1 gibt die
Zusammensetzung dieser Staubmischung an, die in den kühlen Teilen der Scheibe anzutreffen ist. Das darin erwähnte Kerogen ist eine kohlige Substanz mit hohem Anteil an
H, O und N, die sich in den als kohlige Chondriten bezeichneten Meteoriten findet. Nach
Ansicht von Pollak et al. wird der aus C Sternen stammende kondensierte Kohlenstoff
bereits in der interstellaren Materie in Kerogen umgewandelt und gelangt als solcher
in die Akkretionsscheibe. Dieses Modell für die Staubzusammensetzung beschränkt sich
auf die sechs häufigsten Elemente (nach H und den Edelgasen He, Ne), da Aussagen
über seltenere Elemente zur Zeit nicht möglich sind. Es ist aber bekannt, daß z.B. auch
Aluminiumverbindungen im Staub enthalten sind.
Zusammensetzung der Staubkomponente
Zusammensetzung
Mg2x Fe2(1−x) SiO4
Mgx Fe1−x SiO3
SiO2
Fe
FeS
CHON
Name
Olivin
Pyroxen
Quarz
Eisen
Troilit
Kerogen
0.83
0.17
Mg
0.1
0.39
0.42
0.09
Fe
0.63
0.27
0.10
0.75
Kondensierter Teil
Si
S
0.55
C
0.7
0.7
x
page: 2.82
2180
1850
1996
1811
1460
Tm
[K]
Tabelle 2.1: Zusammensetzung des Staubs in den kühlen Teilen der Akkretionsscheibe
nach Pollak (1994), der Bruchteil der Elemente, der jeweils im Staub kondensiert ist,
der stöchiometrische Koeffizient x für die Silikate, und die Schmelzpunkte.
Zusammensetzung der Staubkomponente
page: 2.83
Eine wichtige Konsequenz dieses Vorgangs ist z.B. das Verschwinden der KohlenstoffKomponente im Staubgemisch, da dieser in einer sauerstoffreichen Umgebung im chemischen Gleichgewicht nicht existieren kann; er reagiert zum CO. Dadurch verschwindet
ein starker Absorber aus dem Staubgemisch.
2. Gleichgewichtszusammensetzung. In den inneren Teilen der Akkretionsscheibe für
s<
∼ 1 AE herrschen in der Mittelebene der Scheibe Temperaturen von über 1 000 K. Bei
solchen Temperaturen und den langen zur Verfügung stehenden Zeiträumen (≈ 104 a) beginnen die weniger stabilen Staubsorten langsam zu verdampfen, während die stabileren
Sorten das freigesetzte Material anlagern und dadurch Teilchen aus solchem Material
wachsen. Gleichzeitig werden innere Diffusionsprozesse in den Teilchen aktiviert, die zu
einer Kristallisation des ursprünglich amorphen Materials führen. Bei der langsamen
Einwärtsdrift des Scheibenmaterials entwickelt sich im Bereich hoher Temperaturen
T >
∼ 800 K der Staub zu einer Mischung von Komponenten, wie sie in einem chemischen
Gleichgewichtszustand vorliegen. Die Zusammensetzung dieses Gemischs kann mit den
Methoden der chemischen Thermodynamik berechnet werden.
Zusammensetzung der Staubkomponente
page: 2.84
Zwischen den beiden Zonen mit unterschiedlichen Staubgemischen existiert eine Übergangszone, in der die Umwandlung von der ursprünglichen, interstellaren Mischung zur
Gleichgewichtsmischung stattfindet. In dieser Zone kann die Zusammensetzung der Materie nur durch Berechnung der physikalischen und chemischen Umwandlungsprozesse
ermittelt werden. Als weitere Komplikation kommt hinzu, daß turbulente Durchmischung, z.B. durch Konvektion, das Scheibenmaterial in radialer Richtung durchmischt.
Dadurch kommen in einem mittleren Bereich, den man etwa zwischen 1 <
∼s<
∼ 5 AE
suchen muß, ursprünglicher Staub aus der Molekülwolke und chemisch und physikalisch prozessierter Staub aus den heißen, inneren Bereichen der Scheibe nebeneinander
vor. Das hat selbstverständlich einen erheblichen Einfluß auf die Zusammensetzung der
größeren Körper, die in diesem Bereich entstehen (Erde, Mars, Körper im Asteroidengürtel).
Zusammensetzung der Staubkomponente
– Periklas mit der Zusammensetzung MgO.
page: 2.85
– Magnetit mit der Zusammensetzung Fe3O4. Auch die weniger stabilen Oxide
Hämatit (Fe2O3) und Wüstit (Fe0.98O) kommen vor.
– Quarz mit der Zusammensetzung SiO2.
• Si und Fe bilden mit O sehr stabile Oxide. Am stabilsten sind
Die Stabilität dieser Mischungen nimmt mit zunehmendem Eisengehalt ab, sodaß
vorwiegend die magnesiumreichen Vertreter dieser Mineralien vorkommen.
– Pyroxen mit der Zusammensetzung MgxFe1−xSiO3 mit 0 ≤ x ≤ 1. Die Endpunkte dieser kontinuierlichen Mischungsreihe heißen Enstatit (x = 1, MgSiO3) und
Ferrosilit (x = 0, FeSiO3). Reines Ferrosilit und Mischungen mit x 1 scheinen
instabil zu sein.
– Olivin mit der Zusammensetzung Mg2xFe2(1−x)SiO4 mit 0 ≤ x ≤ 1. Die Endpunkte
dieser kontinuierlichen Mischungsreihe heißen Forsterit (x = 1, Mg2SiO4) und
Fayalit (x = 0, Fe2SiO4).
turen. In der protoplanetaren Akkretionsscheibe sind davon die stabilsten
• Mg, Fe und Si bilden zahlreiche verschiedene Silikate mit unterschiedlichen Struk-
Wir kommen jetzt zur Zusammensetzung des Staubs im chemischen Gleichgewicht in
Materie mit der Elementmischung, wie sie im Sonnennebel vorlag. Umfangreiche Berechnungen zum chemischen Gleichgewicht haben für den Fall O > C ergeben, daß die
nachfolgend angegebenen Mineralien der häufigen Elemente gebildet werden.
Zusammensetzung der Staubkomponente
aus
Åkermannit
(Al2Ca2SiO7)
mit
Gehlenit
page: 2.86
– Anorthit mit der Zusammensetzung CaAl2Si2O8. Das ist die Hauptkomponente
von Feldspat.
– Diopsid mit der Zusammensetzung CaMgSi2O6.
– Spinell mit der Zusammensetzung MgAl2O4.
– Melilit, ein Mischkristall
(MgSiCa2SiO7).
– Korund mit der Zusammensetzung Al2O3.
• Al und Ca können folgende stabilen Festkörper bilden:
– Ni bildet keine eigenen Verbindungen, sondern kommt als Mischkristall im Eisen
vor.
– Fe kann mit S Sulphide bilden. Unter kosmischen Bedingungen ist Troilit mit der
Zusammensetzung FeS das stabilste.
• Fe kann als freies Metall vorkommen.
Diese Oxide kommmen aber kaum vor.
Zusammensetzung der Staubkomponente
page: 2.87
Die Stabilitätsbereiche der einzelnen Verbindungen lassen sich mit den Methoden der
chemischen Thermodynamik berechnen. Ergebnisse solcher Berechnungen für die solare
Elementmischung sind in Abb. 14 dargestellt. Im Bereich unterhalb der Stabilitätsgrenze von Olivin besteht die Hauptkomponente des Staubs aus Olivin, Pyroxen und aus
Eisenteilchen (mit darin aufgelöstem Ni). Bei Temperaturen unterhalb von 710 K ist
das Eisen teilweise in Eisensulphid umgewandelt. Diese Staubsorten sind, weil in ihnen
die häufigsten staubbildenden Elemente gebunden sind, die Hauptabsorber in diesem
Temperaturbereich. Im Bereich zwischen den Stabilitätsgrenzen von Olivin und Korund
existieren verschiedene Al-Ca Verbindungen. Diese sind die Hauptabsorber in diesem
Bereich.
In diesen Verbindungen können die Kationen teilweise gegen Kationen anderer, seltenerer Elemente ausgetauscht werden (auch mit anderen Wertigkeiten) und in den Silikaten
kann ein Teil der tetraedrisch koordinierten Si Atome gegen tetraedrisch koordinierte Al
Atome ausgetauscht werden. Die Verbindungen können deswegen eine ziemlich komplexe Zusammensetzung mit einer erheblichen Beimischung der weniger häufigen Elemente
und einem fließenden Al-Si-Gehalt aufweisen.
Zusammensetzung der Staubkomponente
600
10−10
800
1000
1200
1400
10−8
Troilit
Eis
en
skit
v
Pero
ZrO 2
nit
hle
e
G ll
ne
Spi
d
run
Ko
10−4
P [bar]
10−6
10−2
Enstatit
10+0
Diopsid
Forsterit
page: 2.88
Abbildung 2.14: Stabilitätsgrenzen der häufigsten Mineralien in der P -T Ebene für die
Elementmischung im Sonnensystem bei chemischem Gleichgewicht. Die gestrichelten
Kurven sind die P -T Trajektorien der Scheibenphotosphäre (links) und der Mittelebene
der Scheibe (rechts).
T [K]
1600
äre
1800
hotosph
Scheibe
:P
2000
e
Zusammensetzung der Staubkomponente
ittelebe
n
Scheibe
:M
page: 2.89
Die Opazität wird in verschiedenen Temperaturbereichen durch unterschiedliche Absorber bestimmt. Bei niedriger Temperatur (T <
∼ 2 000 K) dominiert die Absorption durch
den Staub, der bei sehr niedrigen Temperaturen ( <
∼ 150 K) einen Eisüberzug hat, bei
mittlerer Temperatur (2 000 K <
∼T <
∼ 4 000K) dominiert die Absorption durch Moleküle
und bei höheren Temperaturen die Absorption durch das H− Ion (4 000K <
∼T <
∼ 10 000K).
Für noch höhere Temperaturen schließlich wird die Opazität durch die gf - und ff Übergänge von Atomen bestimmt. Die Variation des Rosselandmittels der Opazität mit
Druck und Temperatur ist in Abb. 15 dargestellt.
2.6.4 Extinktion durch das Scheibenmaterial
4
2
−4
−2
0
1 103
3
3 10
H−
1 10
4
T[K]
3 104
105
reuung
Elektronenst
Metallinien
H,He (ff, gf )
3 10
5
1 106
page: 2.90
Abbildung 2.15: Das Rosselandmittel des Massenextinktionskoeffizienten für die Gaskomponente des Scheibenmaterials. Daten aus Alexander & Ferguson (1994) für den
Temperaturbereich 1 000 ≤ T ≤ 10 000 K und aus Iglesias & Rogers (1996) für den Bereich
10 000 ≤ T ≤ 1 × 106 K.
log ρ
10−4
10−2
10+0
10+2
κR
Staub
Extinktion durch das Scheibenmaterial
Moleküle
page: 2.91
Eisverdampfung: Im Bereich um 150 K herum verdampfen diese Eismäntel. Dadurch
nimmt die Opazität in einem schmalen Temperaturbereich bis zur Opazität der nackten
Staubteilchen ab. Das Rosselandmittel des Massenextinktionskoeffizienten κ kann in
diesem Bereich durch
κeis,v = 1.0 × 1016 · T −7 [ cm2/g ]
(83)
approximiert werden.
approximiert werden.
Staub mit Eismänteln: Bei sehr niedrigen Temperaturen (T <
∼ 150 K) sind die Staubteilchen mit einem Mantel aus Wassereis mit kleinen Beimengungen anderer, gefrorener
Gase bedeckt. In diesem Bereich kann das Rosselandmittel des Massenextinktionskoeffizienten κ durch
κeis = 2.0 × 10−4 · T 2 [ cm2/g ]
(82)
Bei Modellrechnungen für protoplanetare Akkretionsscheiben werden für die Opazität
in den verschiedenen Temperaturbereichen oftmals einfache, analytische Näherungen
verwendet, wie sie z.B. von Lin & Papaloizou (1985) und Bell & Lin (1994) angegeben
wurden.
Extinktion durch das Scheibenmaterial
(84)
approximiert werden.
κd,v = 2.0 × 1081 · ρ · T −24 [ cm2/g ]
page: 2.92
(85)
approximiert werden.
Staubverdampfung: Im Bereich 1 500 . . . 1 700 K verdampfen nacheinander die verschiedenen Staubsorten und die Opazität nimmt stark ab bis zur reinen Gasopazität.
Das Rosselandmittel des Massenextinktionskoeffizienten κ kann in diesem Bereich durch
κd = 1.0 × 10−1 · T 2 [ cm2/g ]
1
Staubteilchen: Bis zu einer Temperatur von ca. 1 500 K wird die Opazität durch die
Staubteilchen dominiert. Zur Absorption tragen eine Reihe verschiedener Staubsorten bei: Silikatstaub, Kohlenstoffstaub, Eisenpartikelchen usw. Das Rosselandmittel des
Massenextinktionskoeffizienten κ dieses Gemischs kann in dem Temperaturbereich durch
Extinktion durch das Scheibenmaterial
(86)
approximiert werden.
page: 2.93
approximiert werden.
Negatives Wasserstoffion: Bei höherer Temperatur dominiert die Absorption durch
H−. Das Rosselandmittel des Massenextinktionskoeffizienten κ kann in diesem Bereich
durch
1
κH− = 1.0 × 10−36 · ρ 3 · T 10 [ cm2/g ]
(87)
κmol = 1.0 × 10−8 · ρ 3 · T 3 [ cm2/g ]
2
Moleküle: Bei mittleren Temperaturen dominieren die Absorptionsbanden von Molekülen die Opazität, hauptsächlich die zahlreichen Banden des H2O und TiO. In diesem
Bereich kann das Rosselandmittel des Massenextinktionskoeffizienten κ durch
Extinktion durch das Scheibenmaterial
(88)
approximiert werden.
page: 2.94
approximiert werden.
Elektronenstreuung: Bei sehr hohen Temperaturen schließlich ist die Materie stark
ionisiert und die Opazität wird dann praktisch vollständig durch die Elektronenstreuung
dominiert. Das Rosselandmittel des Massenextinktionskoeffizienten κ kann in diesem
Bereich durch
κel = 0.348 [ cm2/g ]
(89)
κat = 1.5 × 1020 · ρ · T − 2 [ cm2/g ]
5
Gebunden-frei und frei-frei Übergänge: Bei noch höheren Temperaturen dominieren
die gf - und ff -Übergänge der Atome und Ionen das Absorptionsverhalten der Materie.
Das Rosselandmittel des Massenextinktionskoeffizienten κ kann in diesem Bereich durch
Extinktion durch das Scheibenmaterial
page: 2.95
Mit diesen Approximationen für den Extinktionskoeffizienten berechnete Modelle für
die stationäre Keplerscheibe sind in den folgenden Abb. gezeigt. Die Berechnung kann
nach den Methoden erfolgen, die schon beschrieben sind. Wegen der starken Temperaturabhängigkeit der Extinktion unterscheiden sie sich erheblich von entsprechenden
Modellen für konstantes κ, die in Abb. 8 dargestellt sind. Der flache Temperaturanstieg
in Abb. 17 bei ca. 150 K und 1 300 K wird durch die Verdampfung der Eismäntel bzw.
von Silikatstaub hervorgerufen, die sich auch in einer deutlichen Abnahme der optischen
Tiefe in Abb. 18 äußert. Die Abnahme der optischen Tiefe wirkt dem weiteren Anstieg
der Temperatur in der Scheibenmitte entgegen.
2.6.5 Modell für stationäre Keplerscheiben
102
103
104
10
0.1
1
r [AE]
10-8
10-7
10-6
10
100
page: 2.96
Abbildung 2.16: Variation der Flächendichte Σ mit dem Radius für drei verschiedene
Massenakkretionsraten.
-2
5
Modell für stationäre Keplerscheiben
Σ [g cm ]
10
100
1000
0.1
1
r [AE]
10
10-8
10-7
Stationäre Keplerscheiben
100
10-6
page: 2.97
Abbildung 2.17: Variation der Temperatur Tc in der Mittelebene der Scheibe mit dem
Radius für drei verschiedene Massenakkretionsraten.
Tc [K]
10
0
101
102
103
104
0.1
1
r [AE]
10
-8
10
10
-7
Stationäre Keplerscheiben
10
-6
100
page: 2.98
Abbildung 2.18: Variation der vertikalen optischen Tiefe τc von der Scheibenoberfläche
bis zur Mittelebene mit dem Radius für drei verschiedene Massenakkretionsraten
τc
0.01
0.1
1
0.1
1
r [AE]
10
10
10
10
Stationäre Keplerscheiben
-8
-7
-6
100
page: 2.99
Abbildung 2.19: Variation der vertikalen Ausdehnung h der Scheibe mit dem Radius für
drei verschiedene Massenakkretionsraten. Die Scheiben sind flach
h/r
vr [cm s ]
10
0
101
10
2
103
0.1
1
-6
r [AE]
10-8
10-7
10
10
Stationäre Keplerscheiben
100
page: 2.100
Abbildung 2.20: Variation des Betrags der Akkretionsgeschwindigkeit vs mit dem Radius
für drei verschiedene Massenakkretionsraten.
-1
10-8
100
1000
10-7
10-6
10-4
P [bar]
10-5
Eisverdampfung
Tempern
10-3
10-2
Eisenverdampfung
10-1
Korundverdampfung
Stationäre Keplerscheiben
page: 2.101
Abbildung 2.21: Variation von Druck und Temperatur in der Mittelebene der Scheibe bei einer Massenakkretionsrate von 10−7 M a−1. Modell mit (grün) und ohne (rot)
Berücksichtigung von Tempern
T [K]
page: 2.102
Eine untere Grenze für die Masse in der protoplanetaren Akkretionsscheibe bei der Entstehung unseres eigenen Planetensystems erhält man, wenn zu dem Gehalt der Planeten
an Elementen schwerer als Wasserstoff und Helium die entsprechende Masse an H und
He hinzufügt wird, wie sie dem normalen Häufigkeitsverhältnis der Sonne entspricht,
und bei den terrestrischen Planeten auch der Anteil der verlorengegangenen flüchtigen unter den schwereren Elemente, die nicht in Mineralen gebunden sind (das betrifft
hauptsächlich O und S). Entsprechend den solaren Häufigkeitsverhältnissen ist nur etwa 0.45% der Masse in Elementen enthalten, aus denen die Gesteine zusammengesetzt
sind, 0.31% sind mäßig volatile Elemente und weitere 0.90% der Masse sind Elemente,
die bei Temperaturen T >
∼ 150 K gasförmig vorliegen und bei tieferen Temperaturen als
Eis ausfrieren. Im einzelnen muß man folgendermaßen vorgehen:
2.6.6 Rekonstruktion des Sonnennebels
23
182
223
24
0.1
1730
1060
754
914
0.22
0.55
0.86
1.26
2.10
4.0
7.3
14.4
24.7
-
0.55
0.86
1.26
2.10
4.0
7.3
14.4
24.7
35.5
7 470
35 700
22 300
660
1.3
3 830
590
160
120
Masse ergänzte Masse Zonengrenzen
Σ
M⊕
M⊕
AE
kg m−2
Merkur
0.053
Venus
0.815
Erde
1
Mars
0.107
Asteroiden 0.0005
Jupiter
318
Saturn
95
Uranus
14.6
Neptun
17.2
Planet
page: 2.103
Tabelle 2.2: Rekonstruktion der Flächendichte im Sonnennebel bei der Entstehung des
Planetensystems
Rekonstruktion des Sonnennebels
page: 2.104
Die ergänzte Masse des Planeten denkt man sich auf einen Ring verteilt, der von der
Bahn des betreffenden Planeten jeweils bis zum halben Abstand zum Nachbarplaneten reicht. Diese Rekonstruktion der Flächendichte Σ(s) im Sonnennebel wurde zuerst
von Weidenschilling (1977) angegeben. Das Ergebnis einer solchen Rekonstruktion mit
neueren Daten für die Elementhäufigkeiten findet sich in Tabelle 2.
4. Uranus und Neptun haben eine Gashülle von etwa zwei Erdmassen mit etwa solarer
Zusammensezung, der Rest ist ein Kern aus Gestein, Metall und gefrorenen Gasen; auch
die sehr flüchtigen Gase sind ausgefroren.
3. Bei Jupiter und Saturn ist davon auszugehen, daß sie einen Kern von ca. 10 Erdmassen
haben, der die schwerflüchtigen Elemente und gefrorenes Eis repräsentiert. Die Gashülle
entspricht solarer Zusammensetzung, aber mit etwa dreifach erhöhter Metallizität.
2. Bei Venus und Erde sind die gesteinsbildenden Elemente Mg, Al, Si, Ca, Fe, Ni im
Mantel und Eisenkern auskondensiert. Beim Mars ist auch noch der Schwefel als Troilit
auskondensiert.
1. Bei Merkur ist ein Teil des Silikatmantels verlorengegangen . Zur Berechnung der rekonstruierten Masse ist von der Masse des Eisenkerns auszugehen und die entsprechende
Masse mit solarer Elementmischung zu berechnen.
Rekonstruktion des Sonnennebels
page: 2.105
Aus Abb. 16 entnimmt man, daß eine Flächendichte Σ von etwas über 2 000 g cm−2 in
der Entfernung der Erde von der Sonne in einer stationären Keplerscheibe einer Akkretionrate von 1 10−7 M a−1 entspricht. Dies ist der typische Wert von Ṁ , der bei der
Modellierung einer protoplanetaren Akkretionsscheibe zum Zeitpunkt der Planetenentstehung verwendet werden muß.
Da zur Zeit noch nicht klar ist, welcher Teil der vorhandenen schweren Elemente
tatsächlich in die entstehenden Planeten eingebaut wird, ist die auf diese Weise abgeleitete Flächendichte Σ lediglich eine untere Grenze für die tatsächliche Flächendichte
Σ im Sonnennebel bei der Entstehung unseres Planetensystems. Sie setzt voraus, daß der
Anteil der schweren Elemente, die in den jeweiligen Kreisringen während der Zeitspanne der Entstehung der Planetesimale vorhanden waren, sich vollständig in den heutigen
Planeten wiederfindet. Aber selbst solche untere Grenzen liefern einen wertvollen Anhaltspunkt bei der Konstruktion von Modellen für die Entstehung des Planetensystems.
Rekonstruktion des Sonnennebels
i
X
Mis2i ωi ,
(90)
page: 2.106
wobei für die Massen Mi die rekonstruierten Massen verwendet werden, für den Abstand
si der heutige Bahnradius der Planeten und für ωi die Keplersche Umlauffrequenz.
Summiert wird über alle Planeten. Es ergibt sich ein rekonstruierter Drehimpuls der
Materie zwischen 0.2 und 35 AE von J = 1.61×1045 kg m2 s−1. Dies gibt einen Anhaltspunkt
für den Drehimpuls der Materie, den man bei der Konstruktion von Modellen des
Sonnennebels als Anfangsbedingung verwenden muß.
J=
Einen ungefähren Wert für den Drehimpuls der Materie im Sonnennebel erhält man aus
Wenn man die Massen in Tab. 2 aufsummiert, dann erhält man eine minimale Masse
in der protoplanetaren Akkretionsscheibe im Bereich zwischen 0.2 und 35 AE von etwa
4 910 Erdmassen, entsprechend ca. 0.015 Sonnenmassen, die im Sonnennebel zum Zeitpunkt der Entstehung des Planetensystems mindestens enthalten gewesen sein müssen.
Ein Modell des Sonnennebels mit dieser Masse wird als Minimalmassen-Sonnennebel
(in der englischsprachigen Literatur: minimum mass solar nebula) bezeichnet. Als Masse
werden in der Regel 0.02 M angegeben (Weidenschilling 1977). Dieser Wert beruht auf
älteren Daten über die solaren Elementhäufigkeiten, für die heute bei einigen Elementen
niedrigere Werte angegeben werden.
Rekonstruktion des Sonnennebels

(53)
4
σTeff
=
9
GM∗
νΣ 3 .
8
s
page: 2.107
(65)
2. Für die Effektivtemperatur der Scheibenoberfläche muß hier statt Gleichung (77)
folgende Gleichung verwendet werden:
Hierin ist ν(Σ) die Viskosität, die aus den Gleichungen für die Scheibenstruktur
berechnet werden muß.

∂Σ
3 ∂ √ ∂ √
=
s
s νΣ 
∂t
s ∂s
∂s
1. An die Stelle der Gleichung (75), mittels derer bei stationären Modellen die Flächendichte Σ berechnet wird, tritt im im instationären Fall die Diffusionsgleichung
Es werden wieder Keplerscheiben betrachtet, in denen der Beitrag der Scheibe zur
z-Komponente der Schwerebeschleunigung vernachlässigt und die Viskosität durch den
α-Ansatz (55) approximiert wird. Die Gleichungen, die den Aufbau und die Entwicklung
der Akkretionsscheibe beschreiben, entsprechen weitgehend dem stationären Fall. Nur
zwei Gleichungen müssen abgeändert werden:
2.7.1 Gleichungen
Die Entwicklung der Akkretionsscheibe erfolgt nur in den inneren ca. 10 . . . 20 AE quasistationär. Um die Entwicklung der Scheibe auch bei größeren Abständen zu verfolgen,
müssen zeitabhängige Modelle berechnet werden.
2.7 Zeitabhängige Einzonenmodelle
page: 2.108
hinzu. Diese Gleichungen beschreiben den Scheibenaufbau in der Einzonennäherung
ebenso wie im Fall der stationären Akkretionsscheibe, und aus ihnen wird für gegebenes
Σ die Viskosität ν(Σ) berechnet. Wegen der komplizierten, nichtlinearen Abhängigkeit
der Viskosität von Σ ist Gleichung (53) nicht etwa eine lineare partielle Differentialgleichung für Σ, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Sie kann für realistische
Zustandsgleichungen und Opazitäten nur numerisch gelöst werden.
7. die Gleichung (66) für die Temperatur in der Mittelebene Tc
6. die Gleichung (68) für die vertikale optische Tiefe τc und
5. die Gleichung (38) für die Massendichte ρc,
4. die Gleichung (55) für die Viskosität ν,
3. die Gleichung (41) für die Äquivalenthöhe h,
2. die Gleichung (33) für die Schallgeschwindigkeit cs,
1. die Gleichung (29) für die Keplersche Umlauffrequenz ΩK,
Zu diesen Gleichungen kommen noch
Gleichungen
page: 2.109
∂ √
Ṁ = −6π s
s νΣ .
(91)
∂s
Die Massenakkretionsrate ist hier kein freier Parameter, sondern eine Funktion der Zeit
und des Abstands s vom Zentralstern; sie wird aus der Lösung der Differentialgleichung
(53) berechnet. Die Geschwindigkeit vs der Einwärtsdrift der Materie ergibt sich dann
mittels Gleichung (45).
√
Wir erinnern uns daran, daß Geichung (53) im wesentlichen die Kontinuitätsgleichung
ist. Für die Massenakkretionsrate Ṁ liest man aus dieser Gleichung folgendes ab:
Gleichungen
für s = si
(92)
für s = sa
(93)
page: 2.110
gesetzt werden. Beispielsweise kann sa = 300 AE gewählt werden, falls nicht gerade sehr
stark ausgedehnte Scheiben untersucht werden sollen.
Σ(s, t) = 0
Als äußeren Rand der Akkretionsscheibe wählt man einen Radius sa, der groß genug
ist, daß sich die Akkretionscheibe innerhalb des interessierenden Zeitraums nicht bis zu
diesem Radius ausdehnt. Dann kann dort einfach
gesetzt, d.h., alles Material wird dort weggenommen und am Stern angelagert.
Σ(s, t) = 0
Als Randbedingung am inneren Rand si wird
Die Lösung einer Gleichung vom Typ einer Diffusionsgleichung erfordert die Vorgabe
von Randbedingungen und einer Anfangsbedingung. Im Zusammenhang mit der Entwicklung von Planetensystemen sind Lösungen innerhalb eines festen Bereichs zwischen
zwei Abständen si < sa von Interesse, ausgehend von einem gegebenen Zustand Σ0(s) zu
einem Anfangszeitpunkt t0 (vergl. Abb. 22).
2.7.2 Rand- und Anfangsbedingungen
6
si
Σ(s, t0 ) = Σ0 (s)
Anfangsbedingung
Σ(si , t) = 0
Randbedingung
sa
-
s
Σ(sa , t) = 0
Randbedingung
page: 2.111
Abbildung 2.22: Anfangs- und Randbedingungen für die Diffusionsgleichung (53) für Σ.
t0
t
Rand- und Anfangsbedingungen
Σ(s, t) = Σ0(s)
für t = t0, si ≤ s ≤ sa
(94)
page: 2.112
s2
τvisk = ,
(95)
ν
die Lösung Σ nicht mehr von der speziell gewählten Anfangsbedingungen abhängt.
Als Anfangsbedingung wird bei der Berechnung von Modellen für den Sonnennebel oft
ein stationäres Modell mit einer Gesamtmasse von M = 0.1 M∗ und einem Gesamtdrehimpuls vom zehnfachen Bahndrehimpuls der Planeten im Sonnensystem verwendet.
Da die Gleichung (53) einen diffusiven Prozeß beschreibt, wird angenommen, daß nach
einigen charakteristischen Zeitskalen τvisk für die Diffusion, definiert durch
müßte aus einem Modell für den protostellaren Kollaps und die Entstehung des Protosterns kommen. Das ist zur Zeit mangels geeigneter Modelle nicht möglich, sodaß eine
Verteilung Σ0(s) auf andere Weise festgelegt werden muß.
Eine Anfangsbedingung
Rand- und Anfangsbedingungen
page: 2.113
Diese Bedingungen gelten aber nur für die Materie, die in dem Bereich <
∼ 30 AE enthalten ist, denn nur diese hat zu den heute im Sonnensystem enthaltenen Planeten
beigetragen. Wieviel Masse und Drehimpuls in weiter außen liegender Materie zum
Zeitpunkt der Entstehung des Sonnensystems vorhanden war, ist nicht bekannt; der
heutige Kuipergürtel ist auf jeden Fall nur ein Fragment der ursprünglich im Bereich
s>
∼ 30 AE vorhanden gewesenen Masse.
Die Anfangsmasse wird etwas größer gewählt als die Masse des Modells, an dem man
interessiert ist, denn in der anfänglichen Relaxationsphase fließt etwas Masse über den
Innenrand ab. Der Drehimpuls in dem System bleibt allerdings erhalten; es muß bei der
Wahl des Anfangsmodells dafür gesorgt werden, daß dieses den richtigen“ Drehimpuls
”
enthält.
Rand- und Anfangsbedingungen
-5 10-7
-4 10-7
-3 10-7
-2 10-7
-1 10-7
0 100
1 10
-7
2 10-7
3 10-7
4 10-7
5 10-7
0.1
1
r [AE]
10
100
1000
2.7.3 Ergebnisse von Modellrechnungen
page: 2.114
Abbildung 2.23: Radiale Variation der Massenakkretionsrate in einem zeitabhängigen
Einzonenmodell zu zu verschiedenen Zeitpunkten zwischen 105 und 106 Jahren in Schritten von 50 000 Jahren. Modell für einen Protostern mit 1 M
M [MO· a-1]
page: 2.115
der im inneren Bereich einwärts transportierten Materie. Dieser äußere Bereich expandiert und entwickelt sich nicht in quasistationärer Weise. Die Entwicklung der
Akkretionsscheibe kann in diesem Bereich in adäquater Weise nur durch zeitabhängige Modelle beschrieben werden.
• Im äußeren Bereich wird Masse auswärts transportiert. Diese trägt den Drehimpuls
einer praktisch radial konstanten Akkretionsrate zum Stern transportiert wird. Dieser Bereich entwickelt sich in quasistationärer Weise mit langsam abnehmendem
Betrag der Akkretionsrate. Die Entwicklung der Akkretionsscheibe kann in diesem
Bereich in guter Näherung durch eine Serie stationäre Modelle mit unterschiedlichen
konstanten Akkretionsraten beschrieben werden.
• Im inneren Bereich bis ≈ 10 . . . 20 AE entsteht schnell eine Zone, in der Masse mit
Die Entwicklung der Akkretionsscheibe erfolgt in unterschiedlichen Zonen in unterschiedlicher Weise
Entwicklung der Massenakkretionsrate
page: 2.116
Abbildung 2.24: Prozentsatz der Sterne in jungen Sternhaufen, die eine infrarote Überschußemission in den JHKL-Farbbändern aufweisen, in Abhängigkeit vom Alter der
Sterne in den Sternhaufen. Die Überschußemission wird als die Emission durch warmen
Staub in einer Akkretionsscheibe interpretiert. Das Diagramm zeigt, daß innerhalb von
ca. 5 Millionen Jahren die Akkretionsscheiben um junge Sterne verschwinden
Entwicklung der Massenakkretionsrate
page: 2.117
Abbildung 24 zeigt Beobachtungsergebnisse für die Lebensdauer von Akkretionsscheiben
um junge stellare Objekte in einigen nahen Sternentstehungsgebieten der Milchstraße.
Danach verlieren Akkretionsscheiben innerhalb von etwa 5 Millionen Jahren den größten
Teil ihrer Masse in den inneren Teilen der Akkretionsscheibe, die sich als Infrarotexzeß
in den Farbbändern JHKL bemerkbar machen.
Aus zeitabhängigen Modellen wird der unbekannte Parameter α (oder auch β) für
den angenommenen Viskositätskoeffizienten bestimmt. Durch Vergleich der Zeit von
ca. 106 Jahren, die laut Beobachtung zur Akkretion des größten Teils der Scheibenmasse
benötigt wird, und der entsprechenden Zeitskala im Modell, kann α geeicht werden. Man
findet Werte im Bereich α = 10−2 . . . 3 · 10−3. Durch die Eichung dieses einen Parameters
an Beobachtungen erhält man Modelle, welche die meisten beobachteten Eigenschaften
der Akkretionsscheiben gut reproduzieren.
Entwicklung der Massenakkretionsrate
10-1
10
0
10
1
102
10
3
104
105
0.1
1
r [AE]
10
100
Entwicklung der Akkretionsscheibe
1000
page: 2.118
Abbildung 2.25: Radiale Variation der Flächendichte Σ in der Mittelebene der Scheibe in
einem zeitabhängigen Einzonenmodell zu verschiedenen Zeitpunkten zwischen 105 und
106 Jahren in Schritten von 50 000 Jahren. Modell für einen Protostern mit 1 M.
Σ [g cm-2]
101
2
10
10
3
104
0.1
1
r [AE]
10
100
Entwicklung der Akkretionsscheibe
1000
page: 2.119
Abbildung 2.26: Radiale Variation der Temperatur Tc in der Mittelebene der Scheibe in
einem zeitabhängigen Einzonenmodell zu verschiedenen Zeitpunkten zwischen 105 und
106 Jahren in Schritten von 50 000 Jahren. Modell für einen Protostern mit 1 M.
T [K]
-1 102
-5 101
0
5 101
1 102
0.1
1
r [AE]
10
100
Entwicklung der Akkretionsscheibe
1000
page: 2.120
Abbildung 2.27: Radiale Variation der radialen Geschwindigkeitskomponente vs mit der
Zeit in einem zeitabhängigen Einzonenmodell zu verschiedenen Zeitpunkten zwischen
105 und 106 Jahren in Schritten von 50 000 Jahren.
vs [cm s-1]
102
10
3
10
4
105
10
6
107
108
0.1
1
r [AE]
10
100
Entwicklung der Akkretionsscheibe
1000
page: 2.121
Abbildung 2.28: Variation der viskosen Entwicklungszeitskala (= Diffusionszeitskala) mit
der Zeit in einem zeitabhängigen Einzonenmodell zu verschiedenen Zeitpunkten zwischen 105 und 106 Jahren in Schritten von 50 000 Jahren.
τdiff [a]
Stationäre 1+1-dim Modelle
page: 2.122
daraus das emittierte Spektrum ermittelt werden. Dieses kann mit beobachteten
Spektren von Akkretionsscheiben um junge Sterne verglichen werden, um daraus
wesentliche Parameter realer Akkretionsscheiben zu bestimmen (Massen, Massenakkretionsraten, Eigenschaften des darin enthaltenen Staubs, Anzeichen für den Beginn
von Planetenentstehung).
• Für ein solches Modell kann der Strahlungstransport in der Akkretionsscheibe und
Variablen. Dazu wird in jedem Abstand s vom Protostern ein hydrostatisches Modell
der vertikalen Druck- und Temperaturschichtung berechnet (wie bei einer Sternatmosphäre). Dieses Modell wird so bestimmt, daß z.B. nach vertikaler Mittelung
der vertikalen Dichteschichtung die Flächendichte des Einzonenmodells reproduziert
wird.
• Man rekonstruiert die vertikale Struktur der Scheibe aus den gemittelten Werten der
Dies liefert die radiale Variation der vertikal gemittelten Eigenschaften der Akkretionsscheibe, insbesondere die Flächendichte Σ(s).
• Man berechnet ein Einzonenmodell, in dem über die vertikale Struktur gemittelt ist.
Für viele Anwendungen muß die vertikale Struktur der Akkretionsscheibe bestimmt
werden. Die Berechnung echter 2D-Modelle ist sehr aufwendig. Deswegen wird vielfach
eine Vereinfachung durchgeführt, die 1+1-dim Näherung:
2.8
lim P = 0
z→∞
qvisk =
9 2
νΩ
4
5. Die lokale Energierzeugungsrate ρqvisk durch Dissipation ist
z→0
lim F = 0
4. Aus Symmetriegründen gilt an der Mittelebene die Randbedingung
F ist der Energiestrom.
∂F
= ρqvisk .
∂z
3. Die Gleichung für den Energietransport in vertikaler Richtung lautet
2. Die Randbedingung hierfür ist
bestimmt.
∂P
GM∗
=− 3 z·ρ
∂z
a
page: 2.123
(100)
(99)
(98)
(97)
(96)
1. Die Druckschichtung in vertikaler Richtung wird durch die hydrostatische Gleichung
2.8.1 Gleichungen
(101)
∂T
=0
∂z
(103)
page: 2.124
9. Wenn Energie durch Konvektion transportiert wird, dann muß der Energiestrom Fconv
z.B. in der Mischungswegapproximation berechnet werden. Der Beitrag der Konvektion
zum Energietransport ist bei Akkretionsscheiben im allgemeinen vernachlässigbar, aber
die Konvektion ist eine der möglichen Ursachen für den Drehimpulstransport.
erfüllt werden.
z→0
lim
8. Aus Symmetriegründen muß an der Mittelebene die Bedingung
7. Wenn Energie durch Strahlung transportiert wird, dann ist der Energiestrom in der
Eddington Näherung
16σT 3 ∂ T
(102)
Frad = 4πH = −
.
3κρ ∂ z
F = Fconv + Frad
6. Der Energiestrom F wird durch Strahlungstransport und Konvektion bestimmt
Gleichungen
1
ρ(z, s) dz = Σ(s)
2
(104)
page: 2.125
stellt. Σ(s) ist die Flächendichte des Einzonenmodells in der Entfernung s vom Protostern. Diese Bedingung legt dann die vertikale Ausdehnung des Modells auf folgende
Weise fest:
0
Z ∞
Der Anschluß an die Einzonenmodelle wird dadurch hergestellt, daß man die Bedingung
Das Gleichungssystem hat die etwas unangenehme Eigenschaft, daß die Randbedingungen für die Differentialgleichungen an zwei verschiedenen Stellen vorgeschrieben werden
(an der Mittelebene und am Außenrand der Scheibe) und daß die Lage des Außenrandes
nicht bekannt ist; dieser muß als Teil des Lösung des Problems bestimmt werden.
Aus der Lösung der Gleichungen für die vertikale Struktur der Akkretionsscheibe ergeben sich P (z), T (z) und ρ(z)
Gleichungen
Σ0 =
0
Z ∞
ρ(z, s) dz
(105)
von z0, der die Bedingung Σ0 = 21 Σ(s), Gleichung (104), erfüllt
page: 2.126
• Aus solchen Wertepaaren (z0, Σ0) bestimmt man durch Interpolation denjenigen Wert
mindestens je einen Wert Σ0 < 21 Σ(s) und Σ0 > 21 Σ(s) enthalten.
• Durch Verkleinern oder Vergrößern von z0 bestimmt man einige Werte von Σ0, die
für die vertikale Scheibenstruktur und berechnet einen neuen Wert von Σ0.
• Man wählt man einen neuen Anfangspunkt z0 und löst erneut das Gleichungssystem
• Man berechnet
bis zur Mittelebene.
• Man integriert das Gleichungssystem für die vertikale Scheibenstruktur von außen
Anfangsbedingung an einer Stelle z0 für die Integration der Druckgleichung vor.
• Man wählt statt P = 0 einen sehr kleinen Anfangsdruck p0 und schreibt diesen als
Gleichungen
-12
0.0
-16
0.2
z/h
0.4
0.6
0.8
1.0 10.
3.0
1.0
r [AE]
0.3
0.1
page: 2.127
Abbildung 2.29: Variation der Massendichte mit radialem Abstand von der Protosonne
und (normiertem) vertikalem Abstand von der Mittelebene
10
10-14
10
10-10
10-8
10-6
ρ[g cm-3]
(a)
2.8.2 Vertikale Scheibenstruktur
0.2
z/h
0.4
0.6
0.8
1.0 10.
3.0
1.0
0.1
r [AE]
0.3
(b)
page: 2.128
Abbildung 2.30: Variation der Temperatur mit radialem Abstand von der Protosonne
und vertikalem Abstand von der Mittelebene
0.0
500
1000
1500
2000
T [K]
Vertikale Scheibenstruktur
2 -1
0.1
r [AE]
0.3
1.0
3.0
10. 0.0
0.2
0.4
0.6
0.8
(c)
z/h
1.0
page: 2.129
Abbildung 2.31: Variation des Massenextinktionskoeffizienten mit radialem Abstand von
der Protosonne und vertikalem Abstand von der Mittelebene
10-4
10-3
10
-2
10-1
10
+0
10+1
κR [cm g ]
Vertikale Scheibenstruktur
0.0
0.1
0.2
0.3
r [AE]
0.3
1.0
3.0
10.
0.0
0.2
0.4
0.6
Abbildung 2.32: Verteilung der Konvektionszonen
0.1
vconv [km s-1]
Vertikale Scheibenstruktur
z/H
0.8
1.0
page: 2.130
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