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rot-graue blätter
internetschrift der
pfadfinderschaft grauer reiter
014
Mit dieser Ausgabe gibt es eine Übersicht
über die Steppenvölker. U. a. Herkunft,
Geschichte. Ihr erfahrt einiges über Kimerer,
Skyten, Assyrer, Meder, Perser, Parther, Sarmaten,
Goten, Hunnen, Mongolen, die
Hiung-Nu, Awaren, Chasaren und Bulgaren.
1
rot-graue blätter
heft nummer vierzehn
Inhalt
Vorwort
5
Die Steppenreiter
6
Allgemeines
9
Die Awaren
22
Die Hunnen
23
Die Mongolen
28
Die Ungarn
33
Die Türken
35
Die Sarazenen
42
Die Skythen
44
Vorwort
Lieber Leser! Nun liegt die Nummer 014 der rot-grauen blätter vor. Auch
diesmal geht es um das Steppenlager. Es sollen einige Steppenvölker vorgestellt werden, die die Geschichte entscheidend mitgeprägt haben.
Natürlich erhebt auch diese Ausgabe keinen Anspruch auf erschöpfende
Inhalte. Sie sollen einfach nur einem ersten Überblick dienen – und helfen,
die Thematik „Steppenlager“ ein wenig aufzubereiten.
Nachdem nun in relativ kurzer Zeit fünfzehn Hefte vorliegen (die Nummer
015 ist bereits veröffentlicht), wird es die Schriftleitung ein wenig langsamer angehen. Die Spanienfahrt steht an, Bastion und GRAUE-REITER-Hefte
sind noch zu machen. Deshalb wird es vor dem Winter wahrscheinlich
kein Heft mehr geben. Doch ich glaube, ein Anfang ist gemacht. Die Internetschrift hat Anklang gefunden, daran kann man anknüpfen . . .
– die Schriftleitung –
Die Steppenreiter
Die Steppe ist das Gebiet Innerasiens, das sich von 20° bis zum 120° Längengrad erstreckt. Die vorherrschende Kulturen waren nomadischen
Ursprungs, welche im Laufe der Menschheitsgeschichte sich immer wieder
in großen Völkerwanderungen bis nach Europa ausbreiteten. Ihr Fortbewegungsmittel war das Pferd, ihre Kriegstechnik, das berittene Bogenschießen.
Vom Pferde mit dem Bogen schießen, ist gewissermaßen die älteste und
erfolgreichste Kunst des Bogenschießens der Menschheitsgeschichte, was
die Erfolge der verschiedensten Steppenreiter über die seßhafte Bevölkerung zeigen. Ganz gleich, ob es die Skyten, die Hunnen, Tartaren oder
der verheerende Sturm der Mongolen war, die dahinrasenden berittenen
Bogenschützen beherrschten eine Kriegskunst, der selbst der schwer
gepanzerte europäische Ritter nichts entgegenzusetzen hatte. Unsere heute noch christliche Angst vor dem Islam kommt von der berittenen leichten
Reiterei der Osmanen, den Akinci, die bei Gefechten stets die erste Feindberührung hatten und die nie Gefangene machten. Zu ihrer Standardausrüstung gehörte der berühmte osmanische Kompositbogen, dessen mit
ihm abgeschossene Pfeile selbst dickste Panzerungen durchstießen.
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GESCHICHTE DER BERITTENEN BOGENSCHÜTZEN
1. Der Steigbügel kam mit den Skythen und Samartern im 1.Jhd n.Chr.
nach Westen. Und die Goten errangen große Erfolge mit ihrer Reiterei
gegen die Römer, sie hatten auf ihren ausgedehnten Reisen in russische
Gebiete Kontakt mit den östlichen Reitervölkern. Erst 590 nChr. schrieb
Kaiser Maurikios I über die Kriegskunst der Goten und den Wert des
Steigbügels.
2. Die Hunnen: Ihre Pferde konnten ohne Unterbrechung 20 Kilometer
galoppieren und 120 Kilometerritte pro Tag stellten für sie keine
Schwierigkeit dar. Ihre überlegene Reitkunst, schnelle Attacken mit
gewandtem Rückzug, sowie Wolken von Pfeilen, die sie vom Pferderücken im gestrecktem Galopp abschossen, waren selbst gotischen Reitern zuviel.
3. Belisar, Offizier der byzantinischen, kaiserlichen Reitschule, beeinflusst
von der gotischen schweren Reiterei, bildete 520 einen Eliteverband in
der schweren Reiterei aus, bewaffnet mit Wurfpfeilen, Bogen und Lanzen. Da man zum Bogenschießen beide Hände braucht, hielten sich
die Reiter mit Steigbügeln in ihren großen bequemen Sätteln. Ihre Pferde mussten Sie mit den Knien dirigieren. Belisar gelang im Laufe seines
kriegerischen Lebens mithilfe der neuen Reitertechniken aus den asiatischen Steppen große Erfolge gegen die auf Rom anstürmenden Vandalen und Goten.
4. Im beginnenden Mittelalter stürmten nun arabisch, muslimische Nomadenstämme von Südosten gegen Byzanz an. Sie hatten dabei große
Erfolge mit ihren schnellen, wendigen berittenen Bogenschützen und
Lanzenträgern, die Kettenhemden, Helme und Beinschienen trugen. Bei
Yarmuk besiegten sie entscheidend die Truppen von Heraklios und hatten damit die Tür ins Byzantinische Reich aufgestoßen und eroberten in
schneller Folge Nordafrika bis Spanien und Mitte des 11. Jahrhunderts
unter den Seldschuken dann ganz Kleinasien.
5. Herausragend sind die Leistungen der Franken unter Karl dem Großen,
er führte in seinem Reich ununterbrochen Krieg gegen die Langobarden, die Sachsen, Sarazenen in Spanien, die Serben, die Awaren, die
Byzantiner in Süditalien, die Briten, die Friesen und gegen das Herzogtum Benevent. Mit der Schaffung der schweren Kavallerie und damit
des Ritterwesens, hatte er große Erfolge gegen die leichte Reiterei der
Sarazenen und barbarischen Ostvölker, so daß diese Strategie zum
siegversprechenden Mittel für lange Zeit in Europa wurde.
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6. War Karl der Große noch ein echter Glaubenskämpfer, so lassen sich
die Kreuzzüge des Mittelalters eher als egoistische Unternehmungen
beschreiben, gekennzeichnet durch Heuchelei und Zynismus. Salahuddin Ajubi, ein frommer Muslim, fähiger Herrscher und Stratege gelang
es dann 1187 den Kreuzfahrern unter Guy des Lusignan bei Hattin
den entscheidenden Schlag zu versetzen und aus dem Vorderen Orient
zu vertreiben. Dabei waren es wiederum die leichte Reiterei der Sarazenen, die unaufhörlich die Truppen der Kreuzfahrer mit Pfeilen
beschossen, wobei Salahuddin geschickt jeder Schlacht auswich. 70
mit Pfeilen beladene Kamele versorgten dabei die berittenen Bogenschützen und demoralisierten so die Truppen von Guy. Nach der
Schlacht fiel den Muslimen das echte Kreuz Christi in die Hände.
7. Ein schwerer Schlag für die islamischen Länder war der Einfall der
Mongolen, der in Westeuropa nur an dessen östlichsten Rand bemerkt
wurde. Dschingis Khan und seine Nachfolger verstanden es hervorragend mit gewaltigen, straff organisierten Reiterhorden von bis zu
200.000 Reitern und der Fluchttaktik die Muslime zu besiegen. So
täuschten die Mongolen einen Angriff vor, flohen dann, sogar über
mehrere Tage, bis sie dann die sich in Auflösung begriffenen Verfolger
in einen Hinterhalt lockten. Geschützt durch Kettenhemd und darunter
liegender schwerer Seidenkleidung war ihre Hauptwaffe der Bogen.
Zudem brachten sie aus China das Schwarzpulver und gewaltige Belagerungsmaschinen mit nach Westen.
8. Die Osmanen führten die Technik der berittenen Bogenschützen dann
zur Blüte. Sowohl die Spahis, die osmanische Elitekavallerie, als auch
die Acini, die sogenannte leichte Reiterei, führten den osmanischen
Kompositebogen, mit dem außerordentliche Schußweiten von bis zu
900 und mehr Metern ereicht wurden. Dieser kurze, zusammengesetzte Bogen übertraf und übertrifft auch heute noch mit seinen Schußweiten alle damals und heute gebräuchlichen Bögen. Erst mit dem Aufkommen der Schußwaffen verlor der Bogen immer mehr an Bedeutung.
Unter den osmanischen Offizieren galt der Bogen lange, obwohl im
Laufe der Zeit zur Gänze durch Musketen und Gewehre ersetzt, noch
als Ehrenwaffe, so wie in Europa der Säbel.
9. Nur noch in Japan gibt es bis heute eine 800 Jahre alte Tradition der
berittenen Bogenschützen, des Yabusame. In Ungarn gibt es seit nunmehr 20 Jahren ein Revival der alten Kunst des berittenen Bogenschießens unter den Magyaren.
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Allgemeines
In den Steppenregionen zwischen Don und dem Gelben Meer ermöglicht
der Übergang zur verstärkten Viehzucht/Viehhaltung von Schaf und Pferd
einen wirtschaftlichen Aufschwung. Eine gezielte Pferdezucht entsteht.
Nomadenvölker formieren sich und stehen in ständigem Kampf um Weidegebiete. Wanderhirten folgen den Pferdeherden.
Im ersten Jahrtausend v. Z. wird die Pferdezucht dominierender Zweig. Für
die Steppenvölker wird das Pferd zur ökonomische Grundlage. Der Pferdenomadismus im Steppenland ist entstanden. Hieraus erwächst ihre
geschichtliche Rolle als mobile Reitervölker für etwa 2000 Jahre.
Nomadenstämme beeinflussen zeitweilig äußerst nachhaltig die Gebiete
Chinas, Vorderasiens und Europas. Zwischen 1000 v. Z. und 1500 u. Z.
werden viele Länder von Kriegszügen der Nomadenheere heimgesucht.
Der Reiternomadismus manifestiert sich in der ersten Reiterwanderung sie
bringt die Dorer nach Griechenland, die Caldäer nach Mesopotamien,
die Meder und Perser nach Iran, die Arier nach Indien, die Phryger,
Myser und Bithynier nach Kleinasien, die Aramäer nach Syrien, die Israeliten nach Palästina, die Philster an die palästinische Küste und führt
schließlich zum Angriff der Seevölker auf Ägypten. Der Pferdenomadismus
entfaltet sich im offensiven Reiterkriegertum. Als Pferdenomaden formieren
sich zuerst indoeuropäische Völker, wie Kimerer, Skythen und Sarmaten,
dann Turkvölker, denen die Mongolen folgen.
KIMERER UND SKYTEN
Sie sind die ersten Reiterkrieger der Geschichte. Es sind verwandte ostiranische Stämme eines Volkes oder benachbarte Völker. Seit dem 8. Jh. v. Z.
ziehen sie über den Kaukasus südwärts und bedrängen das Reich der
Assyrer. Die Skythen überfallen die Kimerer und assimilieren sie. Gruppen
beider Völker ziehen über den Kaukasus. Dabei zerschlagen sie den Staat
Urartu in Armenien.(Königreich 1400–714 v. Z.)
Zwischen 696 und 676 v. Z. geht unter ihren Angriffen auch das Phrygerreich unter. Im 6. Jh. v. Z. stoßen sie auch auf den Balkan vor (Gebiet des
heutigen Rumänien) und dringen in das Mederreich ein.
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705 v. Z. liefern sie Assyrien (Neuassyrisches Reich 883–612 v. Z.) die
erste Schlacht,das ebenfalls neben den Wagen, Reiterei aufbietet. Assurbanipal kann Assyrien nur dank seiner neu geschaffenen Reiterwaffe verteidigen. Im Bunde mit Babylon und den Medern besiegen sie 612 v. Z. das
mächtige Assyrien und zerstören die Hauptstadt Ninive.
Der Sieg über die assyrische Streitmacht ist der erste große Erfog der neuen Waffengattung. Im 7. Jh. v. Z. bedrohen sie mit ihren Raubzügen die
altorientalischen Staaten und ganz Kleinasien. 633 v. Z. erfolgt sogar ein
Vorstoß bis Ägypten. Gleichzeitig verbreiten sie das Pferd über Kleinasien
sowie Südeuropa.
Die Skythen beherrschen bis ins 4. Jh. v. Z. große Teile Kleinasiens, werden dann aber von den Sarmaten auf die Krim zurückgedrängt, wo ihr
Staatswesen sich bis in das 2. Jh. u. Z. hält und erst von den Goten vernichtet wird. Die Reiterei kam wohl zuerst bei den Skythen in Gebrauch.
Sie dürften damit das erste Reitervolk sein.
Die Taktik der Reiterkrieger drückt der Kriegsführung den Stempel auf. Die
Reiterei wird zum Rückrat der Heere. Die inzwischen erfundene Trense
ermöglicht die zuverlässige Lenkung des Pferdes. Von den Skythen stammt
die Taktik der verstellten Flucht. Ihre Bewaffnung besteht aus Bogen und
Kurzschwert, teilweise auch Streitaxt. Sie waren wohl die ersten, die Sattel
und Steigbügel verwendeten.
Die Kerntruppen, zumindest eine privilegierte schicht bildet bereits schwere Reiterei, Bewaffnet mit Lanzen und zum Schutz bronzene Brustschilde.
(Schuppenpanzer, Helm, Hose mit Eisenstreifen beschlagene Schilde.) Auf
die nomadisierenden Skythen geht die griechische Kentaurendarstellung
zurück. Der reitende Bogenschütze (Pferdebogner) ist schneller, wendiger
und unberechenbarer als der Streitwagen. Sie fechten in aufgelöster Ordnung ohne sich in Handgemenge einzulassen.
A: Steppenreiter a. d. Fürstengrab bei Kertsch, 4. Jh. v. Z. B: König Assurnarispal auf Löwenjagd (883–859 v. Z.) C: Assyrische Reiterei (9. Jh. v. Z.)
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ASSYRER, MEDER UND PERSER
Seit dem 9. Jh. v. Z. war durch grausame Eroberungszüge Assyrien erneut
zu einer Großmacht geworden. Die Geschichte der Assyrer ist ein einziger Kriegszug, nur von großen Raubjagden unterbrochen.
Die Assyrer besitzen im 7. Jh. v. Z. ein Riesenreich vom Mittelmeer bis Persien. Ihre Streitmacht besteht aus Fußvolk, Pionieren, Kampfwagen und
ganzen Abteilungen disziplinierter Kavallerie.
Die Reiterei kommt etwa zur Zeit Sargons in Gebrauch. Die anfänglich
wie Wagenpferde ausgerüsteten Pferde belegen, daß sich die Reiterei aus
den Wagentruppen entwickelt hat. Die Reiter kennen noch keine Sättel.
Ein zweiter unbewaffneter Reiter führt das Pferd des Bogenschützen. Dies
sind aber keine echten Pferdebogner, vielmehr eine Art berittener Infanterie, die abgesessen kämpft.
In der Folge kommt neben dem Pferdebogner auch der Speerwerfer zu
Pferde auf. Lanzenreiter leiten ihr Pferd selbst. Die Hauptrolle fällt noch
den Kampfwagen zu, besetzt mit Krieger, Rosslenker und oft noch einem
Schildträger. Jeder Wagen besitzt 2 Köcher Pfeile, 1 Bogen, 1 Wurfspieß
und 1 Streitaxt. Gefahren wird drei-, dann zweispännig.
Zu Ende des 8. Jh.sind beide Reiterarten mit Panzerhemd und Lederbekleidung ausgerüstet. Um 681 v. Z. erhalten auch die Pferde eine Schutzbekleidung.
Assurbanipal (669–627 v.Z.) ist der letzte bedeutende Herrscher Assyriens. Dem Ansturm der Skythen und Meder kann Assyrien nicht mehr
widerstehen.
836 v. Z. werden erstmals die Meder erwähnt, die unter Sargon
(722–705 v. Z.) an Assyrien Pferde liefern. Sie waren seit 1500 in Iran
(Land der Arier) eingewandert. Auch sie sind keine perfektionierten Pferdebogner, kämpfen aber beritten.625–585 v.Z. bilden sie ein Großreich,
das von Syrien bis zum Hindus reicht. Nach der Vernichtung Assyriens
beherrschen sie ganz Iran. In den ehemaligen Grenzen des assyrischen
Reiches entsteht in wenigen Jahrzehnten zwischen Nil und Syrdaja durch
den iranischen Stamm der Perser das Großreich Persien.
Noch unter medischer Oberherrschaft regieren Kyros I.(640–600 v. Z.)
und Kambyses (600–559 v. Z.) Der Perserkönig Kyros II.(559–528 v. Z.)
aus der Dynastie der Achämiden vernichtet 550 v.Z. das Mederreich,
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erobert 539 v. Z. Babylon und 525 v.Z. Ägypten. Sein Nachfolger Kambyses II.(529–522 v. Z) gliedert Ägypten an.
Unter Kyros II. entsteht per Gesetz die Reiterei, deren Wert er von den
Medern kennenlernte. Mit 40 000 Reitern entsteht die stärkste Reiterei
dieser Zeit. Pferd und Reiter tragen Harnische aus Leder oder Bronze. Die
Reiter sind mit Lanzen bewaffnet, so daß eine Lanzenreiterei entsteht, die
für das Nahgefecht ausgebildet ist. Diese schwere Reiterei wird zu einem
wichtigen Teil der persischen Heere.
Unter Dareios I.(521–486 v. Z.) kommt es zu 19 Schlachten.514–513 v.
Z. ziehen die Perser gegen die Skythen. Ihre Streitwagen erweisen sich
der Taktik des Scharmützels der skythischen Reiterei aber unterlegen. Sein
Heer:10 000 Mann Fußvolk,1000 Reiter,1000 Hellebardiere und Sichelwagen. Das ist der letztmalige große Einsatz der überholten Streitwagen.
Dareios organisiert das persische Weltreich. Er ist ein perfekter Reiter und
Bogenschütze.
Die Ohnmacht gegen die Skythen lenkt die Perser gegen die Griechen,
gegen die sie von 490–449 v. Z. Kriege führen. Noch besitzen die Perser
kein ausgesprochenes Reiterheer. In der Schlacht gegen die Griechen bei
Marathon 490 v. Z. stehen sich auf beiden Seiten jeweils 4–6000 Mann
gegenüber, davon aber nur jeweils 500–800 Reiter. Die Reiterei ist eine
Elitetruppe, rekrutiert aus dem Adel. Die Perser erleiden eine Niederlage
bei Marathon.
Als 480 v. Z. Xerxes in Griechenland einfällt, hat er in seiner Armee aber
schon 80 000 Reiter, die bereits ganz nach den Grundsätzen der späteren Zeit zum Einsatz kommen. Neben der schweren Reiterei unterhalten
die Perser auch leichte Reiterei, bewaffnet mit Pfeil und Bogen sowie
Wurfspießen. Schließlich zerfällt das Reich im 5. Jh. v. Z.Den Todesstoß
erhält das Achämenidenreich 331 v. Z. durch den Sieg der Makedonier
bei Gaugamela.
PARTHER UND SASSANIDEN
Das aus Vorderasien (östl.des Kaspischen Meeres) kommende nordiranische Reitervolk der Parther bildet Mitte des 3. Jh. v. Z. ein großes
Reich.138 v. Z. erobern sie Mesopotamien. Seit 54 v. Z. stehen sie im
Kampf mit den Römern. Die Parther sind Verwandte der Skythen und Sarmaten, doch im Unterschied zu diesen Nomadenstämmen gelingt ihnen
der Aufbau eines festgefügten Staates mit Städten.
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A: Amazone beim Parthischen Schuß auf verdeckte Flucht, um 500 v. Z.
B: Sassanidisches Felsrelief eines Reiterkampfes. C: Odin auf Leipnir
Der Reiterei verdanken sie ihre großen Erfolge gegen die Griechen, später
die Römer. Sie haben in den Pferdebognern eine leichte Reiterei und
daneben eine schwere, mit Stoßlanze und Schwert bewaffnet. Mithridates
I.(171–138 v. Z.) errichtet nach zeitweiligem Verfall ein neues Großreich.155 v. Z. wird Medien erobert und 141 v. Z. Mesopotamien. Unter
den Parthern kämpfen auch skythische Reiterverbände.
Ihre Taktik ist die Kombination von verstellter Flucht und Panzereiterei, wie
der Erfolg im Jahre 53 v. Z. in der Schlacht bei Carrhai gegen die Römer
unter Crassus beweist. Tausend Lastkamele sollen Pfeilmunition für den
ununterbrochenen Pfeilhagel herangeschleppt haben. Erst im 3.Jh.treten
nach einer fast 500jährigen Herrschaft die Sassaniden ihr Erbe an.
Mit dem ersten Herrscher der Sassaniden beginnt 224 die Erneuerung des
persischen Reiches. Die Schlagkraft der neupersischen Armee beruht auf
der modernsten Waffe des Jhts., der gepanzerten schweren Reiterei.
260 erfechten die Sassaniden unter König Shapur (Schapur, 241–271)
einen glänzenden Sieg über ein römisches Heer unter Valerian ,wobei
60 000 Mann vernichtet sein sollen. Die Sassaniden-Dynastie existiert bis
ins 7. Jh.
SARMATEN UND GOTEN
Als Sarmaten vereinigen sich verschiedene Nomadenstämme Zentralasiens. Sie treten im 6. Jh. in die Geschichte, als sie sich im asiatischen
Raum westwärts bewegen. Sie stehen in ständiger Auseinandersetzung
mit Rom und das mit wechselndem Erfolg. Auch sie haben neben dem
Bogner eine schwere Reiterei.
Bei ihnen kämpfen auch die Frauen. Ende des 1. Jh. v. Z. dringen sie bis
zur Donau vor. Erst im Jahre 175 kann Marcus Aurelius sie bezwingen.
Sie finden ihr geschichtliches Ende im 3. Jh.,als sie von den Hunnen im
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Dongebiet überrannt werden. Die Römer lernen von den Sarmaten die
Wirksamkeit der Reiterwaffe kennen und gliedern ihren Legionen fremde
Truppen als Auxiliar-Reiter bei.
Im nördlichen Schwarzmeergebiet treffen die Sarmaten auf Germanen,
besonders Goten, die von den baltischen Gestaden hierher gelangt waren
und zwischen den sarmatischen Kräften ihr Reich errichtet hatten. Diese
Nachbarschaft prägt die Goten grundsätzlich. Sie werden Reiterkrieger
und die Reiterei wird Kern ihrer Streitmacht, besonders die schwere Reiterei. Aber auch der Typ des Pferdebogners wird übernommen. Die Goten
gliedern auch alanische und hunnische Reiter in ihr Heer ein.
378 entscheidet die geschlossene Masse der gotischen Reiterei den Sieg
bei Adrianopel über die Römer. Ihr Vordringen versetzt die Griechen in
Furcht und Schrecken. Das erfolgreiche Reiterkriegertum schafft ein neues
Ideal.398 belagert Alarich sogar mit 80–100 000 Menschen Konstantinopel und plündert dann Griechenland.
Die Bedeutung des Pferdes drückt sich bei den Germanen im ostgermanischen Raum in der Konzeption reitender Götter aus: Die Asen sitzen zu
Pferd, ihr Führer Wotan, ursprünglich selbst pferdegestaltig, reitet den
achtfüßigen, allen andern Pferden überlegenen Sleipner.(Leipnir)
Die Stärke der Pferdenomaden ist unbekannt. Erhalten sind aber Aufzeichnungen der Reitervölker Ostasiens.
HIUNG-NU (HSIUNG-NU,XIONGNU)
Diese Stämme leben auf dem Gebiet der heutigen Mongolei. Sie treten in
das Licht der Geschichte, als sie im 4. Jh. v. Z. das chinesische Hoheitsgebiet bedrohen. Sie erweisen sich den chinesischen Wagen- und Fußtruppen stets überlegen. Der chinesische Kaiser Wu-ling (325–298 v. Z.) entschließt sich deshalb zur Schaffung einer Reiterei aus bestehenden Wagentruppen. So können die Pferdebogner erfolgreicher abgewährt werden.
Die Herrscher konkurrierender Königreiche im Norden Chinas hatten nach
und nach einzelne Schutzwälle errichtet. Sie sollten die barbarischen Reitervölker aus den nördlich gelegenen Steppen daran hindern in ihr Land
einzudringen. Diese Teilstücke werden ab dem 3. Jht. v. Z. miteinander zu
einer großen Mauer verbunden. So entsteht aus bereits bestehenden Grenzwällen die „Große Mauer“ in ihrer ursprünglichen Form.(nicht zu verwechseln mit der Mauer, deren Reste noch heute existieren!) Ihr heutige
Form erhält die Mauer aber im 15./16.Jh. unter der Ming-Dynastie.
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Um 220 v. Z. entsteht der erste geschlossene Verteidigungsgürtel unter
dem Kaiser Qin Shi Huang (Qinshihuang oder Quin Shihuang (Regierungszeit 221–210 v. Z.) Er mißt etwa 6000 km Länge.
221–206 v. Z. entsteht mit dem Reich der Chin erstmals ein einheitliches
chinesisches Kaiserreich.
Die hölzernen Wagen sind nicht sehr gut erhalten, dafür aber die Wagenlenker und Pferde. Die Pferde des Grabes sind meist Rappen, die Rasse
kommt noch heute in China und der Mongolei vor. Die Tonkrieger und Reiter (6000–7000 Tonfiguren) stellen die Feldzüge dar.
Eine 2. Grabung 1980 brachte Wagen und Pferde aus Bronze zutage mit
einer Masse von 1,8 t und 1564 goldenen und silbernen Verzierungen,
die sorgfältig restauriert wurden. Unter der Bezeichnung Nr.2 stehen sie
seit 1983 in einem Museum.
1974 wird bei der Stadt Siam das Grab des Kaisers Qinshihuang entdeckt. Darin befinden sich Nachbildungen von Kriegern, Pferden und
Kriegswagen. Der Kaiser schlug mit solch einer Armee 220 v.Z.die Hunnen erfolgreich zurück und besiegte 221 v. Z. 6 Reiche. Er ist der Begründer des ersten Staates in der chin. Geschichte, der Quin-Dynastie
(221–207 v.Z.).
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Um 209–174 v. Z. erreichen die Hiung ihre größte Machtentfaltung und
175 v. Z. unterwerfen sie die Massagneten. Der HAN-Kaiser Wu-ti
(141–87 v. Z.) reorganisiert die Reiterei. Neben dem Pferdebogner gibt
es jetzt auch schwere Reiterei mit Stoßlanze und großem Hiebschwert.
Diese Reiterei kann die Steppenreiter mehrfach bezwingen.
110 v. Z setzen die Hiung im Kampf gegen China 90 000 Pferdebogner
ein. Auf chines. Seite kommen 20000 Mann und 100 000 Pferde zum
Einsatz. Selbst wenn die realen Zahlen bei einem Viertel liegen, welch
eine Dimension!
Unter Wu-ti werden 3000 Zuchtpferde aus Turkestan beschafft und systematisch Gestüte gegründet. Bis zum 7. Jh. unterhalten die Chinesen etwa
750 000 Pferde in den nördlichen Steppen. Mit dem Pferd werden neue
Gebiete erschlossen. Das chinesische Reich wird seit dem 1.Jh.zunehmend
von den mit den Hiung verwandten Hunnen bedroht. Schließlich lassen
die Angriffe nach und die Hunnen wenden sich westwärts. 220 zerfällt
das HAN-Reich und es entstehen 3 unabhängige Staaten.
In Nordchina entsteht die „Nördliche Wei Dynastie“. (385–439),die ganz
Nordchina umfaßt. Im Süden gibt es 221–589 verschiedene südl.Dynastien. Nach Zerfall des Toba Reiches entsteht 581 wieder ein einheitliches
Reich unter der Sui-Dynastie.(581–618). Von 618 bis 906 erreicht China
eine neue Blütezeit unter der Tang-Dynastie, dann erneuter Zerfall.
960–1279 wieder ein großes Reich unter der Song-Dynastie in Mittel- und
Südchina.1126 Einfall der Chin in Nordchina, die es dann beherrschen.1270–80 beide Reiche unter mongolischer Herrschaft unter dem
Namen Yuan Dynastie.
1345 erfolgt der Bau der Wolkenterrasse, eines Tunneltores mit Inschriften
in Sanskrit, Tibetisch, Mongolisch, Uigurisch, Chinesisch und Tangutisch1368–1644 zur Zeit der Ming-Dynastie ist die Mauer die massivste
A: Grabungsarbeiten. B: 1980 geborgener Wagen, vergoldete Bronze, in
ein Drittel der Lebensgröße
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Verteidigungsanlage der Welt. Von Nordosten dringen dann die Mandschuren in China ein und erobern 1644 Peking. Die Mandschu beginnen
eine neue Dynastie.
1957 erfolgt die Restaurierung eines Teils der Großen Mauer bei Badaling und 1985 Restaurierung der teilweise mehr als 10 m hohen und 5 m
breiten Großen Mauer bei Mutianyu.1987 wird dieses Bauwerk von der
UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
Schließlich erbringen Forschungen im Jahre 2000, daß die Mauer
ursprünglich im Nordosten noch 500 km länger war und damit über 7200
km Länge besaß.
DIE HUNNEN KOMMEN NACH WESTEN
Im 4.Jh. ziehen die sogenannten Schwarzen Hunnen westwärts in Richtung Südrußland. Sie fallen 373/5 in die osteuropäischen Steppen ein.
Zuerst unterwerfen sie die Sarmaten.
374 bedrängen sie die sarmatischen Alanen am Schwarzen Meer und
375 stehen die Alanen an der Seite der Hunnen bei der Unterwerfung der
germanischen Goten (beide sind Nomadenstämme) und bewirken so das
Vordringen der Germanen in das Römische Reich.
Die Goten waren schon im 2. Jh. aus dem Ostseeraum in diese Gebiete
eingewandert. Hier spalten sie sich in Teilstämme. Die besiegten Ostgoten
werden von den Hunnen zur Heeresfolge gezwungen. Das gleiche Schikksal erleiden wenig später auch die germanischen Gepiden.
Der Teilstamm der Westgoten zieht in das heutige Bulgarien. Sieg der
Westgoten über den römischen Kaiser Valens 378 in der Schlacht bei
Adrianopel. Nach der Niederwerfung dieser Germanenstämme ziehen
Der Hunnensturm rast über die romanischen und germanischen Völker
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die Hunnen (schwarze Hunnen) unter Balamir in Richtung Mitteleuropa.
Bald tauchen sie im Donauraum auf, wo sie um 420 im heutigen Ungarn
eine straffe Zentralmacht bilden.
Ein anderer Teil der Hunnen (weiße Hunnen) zieht über den Kaukasus in
Richtung der oströmischen Provinzen. Die Stadt Antochia wird bei diesem
Raubzug geplündert.
445 wird Attila (geboren 395 oder 396, erzogen am ital.Hof ) Großkhan. Lange ist er Bündnispartner der Römer gegen germanische Stämme.
Er richtet seine Angriffe zunächst gegen die oströmischen Donauprovinzen. Thrakien wird 447 verwüstet. Byzanz wird tributpflichtig gegenüber
den Hunnen.
Nun wird Gallien sein Ziel.451 zieht er gegen die Rheinprovinzen. Vor
Orleans trifft er auf die mit den Römern verbündeten Westgoten. In der
anschließenden Schlacht auf den Katalaunischen Feldern wird er mit seinen 40 000 Kriegern geschlagen. Neben Hunnen stehen an seiner Seite
auch viele germanische Stämme, denn das Hunnenreich ist ein Vielvölkerstaat.
Die Schlacht wird zu einem fürchterlichen Gemetzel vor allem der auf beiden Seiten stehenden germanischen Stämmen. Hunnen und Römer erleiden weit weniger Verluste. Die Römer unter Aetius verfolgen die abziehenden Hunnen nicht; die Germanenstämme sollen nicht zu mächtig werden.
Die Hunnen sind perfekte Pferdebogner und führen eine leistungsfähige
Bogenwaffe. Mit dem neuartigen Bogen können die Pfeile auch schwere
Panzer durchschlagen. Ihr fremdländisches Aussehen erzeugt zudem eine
große psychologische Wirkung. Neben dem Bogen führen die Krieger
Hiebschwert, Hellebarde und lange Lanze.
Auf römischer Seite zeichnet sich besonders die schwere Lanzenreiterei
der Westgoten aus, die Vorbild der späteren Ritterreiterei sein werden.
452 sind die Hunnen schon wieder auf Beutezug, diesmal in Italien. Beim
Anmarsch auf Rom stellt sich ihnen Papst Leo I. Entgegen und erreicht
deren Abzug. Sicher haben Seuchen und aus Byznz ausbleibende Tribute
auch zum Rückzug geführt. Die Hunnen stellen über 800 Jahre einen
machtpolitischen Faktor dar. Erst Attilas Tod bringt den Zerfall des Riesenreiches. Nach 15 Jahren ist das ganze Hunnenreich verschwunden
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AWAREN, BULGAREN, CHASAREN UND UNGARN
Diese Nachbarn der Hunnen nehmen den gleichen Weg wie vor ihnen
Kimerer, Skythen und Hunnen. Seit dem 4. Jh. folgen den Hunnen die Kök
Turuck (die Blauen oder Himmlischen Türken) westwärts. Im 7. Jh. beherrschen sie ein Reich von der Mandschurei bis zu den Steppen westlich des
Syr-Darja.Sie verschmelzen mit anderen türkischen und hunnischen Nomaden und tauchen schließlich als Awaren wieder auf. Sie lösen eine neue
Welle von Wanderungen aus.
Der 560 vom Schwarzmeergebiet einsetzende Ansturm zwingt die Langobarden 568 nach Italien. Auch slawische Völker werden vertrieben und
lassen sich in Osteuropa nieder.
Die Awaren stoßen nach Schlesien und Thüringen vor. Schließlich werden
sie in der Theißebene seßhaft. 561/2 greifen sie erstmals fränkisches
Gebiet an.
626–7 belagern sie Konstantinopel. Erst 796 ist ihre Macht gebrochen. In
den Folgejahren erobern die Franken das Awarenreich vollends und eignen sich deren große Schätze an. Auf die Awaren geht der eiserne Steigbügel zurück. Seine Einführung ermöglicht die Verstärkung der Schutzpanzerung.
Ausgrabungen in der Slovakei zeigen, daß gemäß ihrer Sitten, dem Reiter
Roß und Rüstung mit ins Grab gegeben werden. (Siehe auch Allamannen
Museum Ellwangen )
Um 635 hatten sich die Bulgaren aus der Vorherrschaft der Awaren
befreit. Asparuch zieht mit einer Völkerschaft aus dem Kubangebiet westwärts. Er begründet das Donaubulgarische Reich, erobert weite Balkangebiete und bedroht mehrfach Byzanz. 681 wird im Friedensvertrag mit
Byzanz das Bulgarenreich anerkannt.
A: Reitergefecht des 10. Jhts., Russen verfolgen Bulgaren. B: Syrischer Panzerreiter mit Lanze. C: Angreifende Ungarn.
19
Die Chasaren sind Mitte des 7. Jh. noch Vasallen der Westtürken,die an
der Wolga siedeln.Nach Zerfall des westtürkischen Kaganats 766 erringen sie ihre Unabhängigkeit. Im 8.Jh. herrschen sie im Don-Wolga-Gebiet.
Das Reich der Chasaren geht im 10. Jh.unter dem Druck der Petschenegen
und Russen unter. Im 8.Jh. dringen die Petschenegen bis zur unteren
Donau vor und verdrängen die Ungarn,die größtenteils in das Karpatenbecken wandern.
Seit dem 9. Jh.löst ein anderes Reitervolk die Awaren ab – die Ungarn.Im
7.Jh. Leben sie an der Wolga, wohin sie mit den Hunnen aus dem Osten
gelangt waren.Ihre 7 Stämme gelangen um 800 unter die Herrschaft der
Chasaren.Um 830 wandert die Masse der Ungarn bis zur Nordküste des
Schwarzen Meeres.Bei der weiteren Westwanderung stoßen sie auf die
Bulgaren. Von ihnen kopieren sie die berittene Leibgarde des Bulgarenkhans.
894 treten sie als Verbündete Ostroms in die Geschichte.Doch bald werden die Reiterkrieger zu Gegnern,sie fallen in Bayern,Italien und Sachsen
ein. Ihre eigenen Wohnstätten werden derweil von den Petschenegen verwüstet.
Die Staaten in Mitteleuropa im 7. Jahrhundert
20
895 erneuter Aufbruch unter Arpad. 897 erfolgt die Landnahme im heutigen Ungarn bei Assimilation der dort lebenden Awaren. Von hier unternehmen sie ein Jahrhundert ihre Raubzüge.
907 und 910 besiegen sie ein deutsches Heer. 933 erleiden sie erstmals
in der Schlacht bei Riade an der Unstrut eine Niederlage durch König
Heinrich II. Erst 955 können sie auf dem Lechfeld bei Augsburg bezwungen werden.
Ihre Schlagkraft ist die schnelle Reiterei. Um das Jahr 1000 werden auch
die Ungarn seßhaft. Staatsbildung durch Stephan I.(Istvan) Damit endet
die Epoche der Invasion asiatischer Reitervölker, die dauerhaft ihre Sitze
nach Europa verlegen sollten.
Zu den Reiterkriegern zählen noch die Araber und Mongolen sowie die
Pferdebogner Afrikas,die Numider und Mauren. Numidische Reiterei trägt
z.B. entscheidend zum Sieg der Römer über Karthago bei. Später sind
maurische Reiter wichtiger Teil der römischen Heere.
ZUSAMMENFASSUNG:
Die reiterliche Verbindung zum Pferd und das Geschick, den Bogen zu
spannen begründen die militärische Überlegenheit der zentralasiatischen
Nomaden.
Die Taktik der verstellten Flucht wird lange als Ausdruck Furcht gedeutet.
Größte Bedeutung für die Durchsetzung von Disziplin und Gehorsam
kommt den Führern zu.
Neben dem Bogen kommen auch lange Lanze, Keule, Kriegsbeil,
Schwert, Krummsäbel und Dolch zum Einsatz. Die Reiterkrieger entwickel
auch den gepanzerten Reiter.
Jagd dient dem reiterlichen Training. Frauen werden nur selten am Kriegsreiten beteiligt. Die Sauromatinnen, heißt es, durften allerdings erst heiraten, wenn sie einen Feind getötet hatten.
In der Amazonensage der Griechen finden diese Leistungen asiatischer
Frauen ihren Niederschlag.
21
Die Awaren
Die Awaren sind ein Volk in Dagestan und Aserbaidshan, das die kaukasische Sprache Awarisch spricht. Die Awaren sind ein anthropologisch
stark gemischtes Volk, in dem sowohl mongolide als auch europide Typen
vertreten sind. Sie lebten ursprünglich als Nomaden, wurden später
jedoch sesshafte Viehzüchter und Ackerbauern.
Die von den Türken bedrängten Awaren wanderten ab 552 n. Chr. nach
Westen aus. 558 wurden sie Föderaten von Byzanz. An der Seite der
Langobarden kämpften die Awaren 566 gegen die ungarischen Gepiden
und besiedelten anschließen das Karpatenbecken. Nachdem die Langobarden 558 nach Italien ausgewandert waren, übernahmen die Awaren
die Alleinherrschaft Pannoniens. Ende des 6. Jahrhunderts erstreckte sich
das Territorium der Awaren von der Wolga bis hin zur Ostsee. Sie forderten enorme Tributzahlungen vom Byzantinischen Reich. Während dieser
Periode waren die Awaren unter ihrem Herrscher Baian Khan wahrscheinlich die stärkste Macht in Europa. Sie beeinflussten die Entwicklung weiter
Teile des Kontinents, da sie einen Großteil der Westslawen in die Gebiete
drängten, die sie seither besiedeln. Nach dem Tod Baians schwand die
Macht der Westawaren durch Angriffe der Slawen und Bulgaren. 791
und 803 wurden sie von Karl dem Großen endgültig geschlagen. Ethnisch
gingen die Awaren in den Slawen und den später zugewanderten Magyaren auf.
Über die Awarenstämme, die im Osten Europas geblieben waren, ist
wenig bekannt. Es gibt Hinweise darauf, dass sie die Vorfahren der heutigen Kaukasus-Awaren sind. Einer ihrer größten Krieger und Patriot ist
Imam Schamil, der die Völker der Kaukasusregion im 19. Jahrhundert in
ihrem Freiheitskampf gegen Russland anführte. Sein spiritueller Lehrer war
der große Imam der Naqshibandiya Tarikat Sheik Jamaludin al Ghumuqi.
22
Die Hunnen
Die Hunnen, asiatisches Nomadenvolk, das während des 4. und 5. Jahrhunderts von den Kaspischen Steppen aus nach Westen vordrang. Die
Feldzüge der Hunnen brachten sowohl das Oströmische als auch das
Weströmische Reich an den Rand der Zerstörung und kulminierten in einer
Serie von Kriegen unter Attila, dem berühmtesten aller Hunnenkönige. Auf
dem Höhepunkt ihrer Macht absorbierten die Hunnen verschiedene andere Völker und übernahmen deren Eigenheiten, so dass sie in Europa
zunehmend ihren spezifischen asiatischen Charakter verloren. Doch schon
in ihrer voreuropäischen Ära war die Identität der Hunnen nicht eindeutig
festzulegen, weder aufgrund ihrer physischen Erscheinung, noch nach
ihrer ethnischen oder sprachlichen Besonderheiten. Übereinstimmend werden sie jedoch als angriffslustige, kraftvolle Nomaden auf relativ niedrigem kulturellen Niveau geschildert. Ihre Technik der Kriegsführung, insbesondere ihre Reiterei, war hoch entwickelt.
Während der frühen Han-Dynastie (202 v. Chr. bis 9 n. Chr.) ist im Westen Chinas ein vermutlich mit den Hunnen verwandter Stamm, die Xiongnu,
Das Hunnenreich 453 n. Chr. während seiner größten Ausdehnung
23
bezeugt. Seine Macht schwand im 1. Jahrhundert v. Chr., und der Stamm
zerfiel in zwei Gruppen. Die eine der beiden Gruppen wanderte nach
Süden, die andere Gruppe orientierte sich in Richtung Westen und Nordwesten. Diese Gruppe sammelte sich zunächst am Aralsee, und in der
zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr. stießen sie unter ihrem Anführer
Balamir (Balamber) in das Territorium der Alanen an der Wolga vor und
besiegten diese.
375 eroberten die Hunnen das Gebiet der Ostgoten westlich der Wolga,
besiegten die Westgoten und unterwarfen verschiedene andere germanische Stämme in Südosteuropa. Dieser Vorstoß der Hunnen hatte unter den
germanischen
Stämmen
eine
Fluchtbewegung ausgelöst, die in
dieser Region den Beginn der Völkerwanderung markierte.
Um die Jahrhundertwende waren
die Hunnen bereits bis zur Donau
vorgestoßen. Unter ihrem Führer
Ruga wurden die Hunnen zusammen mit den von ihnen unterworfenen germanischen Stämmen um
425 Bundesgenossen des Römischen Reiches und erhielten immense Soldzahlungen von Rom.
Rugas Nachfolger war sein Neffe
Bleda, unter dem das Hunnenreich
seine größte Ausdehnung hatte.
Nachdem Attila seinen Bruder Bleda ermordet hatte, übernahm er
die Alleinherrschaft. Er unternahm
Vorstöße nach Byzanz, das ihn als
gleichberechtigt anerkennen musste, nach Italien und nach Gallien.
Dort wurde er 451 auf den Katalaunischen Feldern besiegt und
zog sich in das Zentrum seines Reiches, die Theißebene, zurück.
Hunnischer Krieger, mit typischen
kleinen Pferd und Kopfdeformation
hervorgerufen durch Schädeldeformationen im Säuglingsalter. Schuppenpanzer, Kompositbogen und
geradem Reiterschwert. Hunnen
benutzten bereits Steigbügel. Im
Gegensatz zu ihren römischen Gegnern. Mit ihren kleinen häßliche Pferden gelangen ihnen Truppenbewegungen von 80 km täglich. sie
waren damit mehr als doppelt so Nach Attilas Tod im Jahr 453 zerfiel das Reich rasch aufgrund von
schnell wie die Römer.
24
Streitereien um die Nachfolge und vor allem durch eine vernichtende
Niederlage gegen die Gepiden. Die Hunnen verschwanden aus Europa
und gingen ab dem 6. Jahrhundert in verschiedenen anderen Völkerschaften auf (z. B. den Awaren und den Chasaren).
Frankreich entstand aus den Wirren der durch die Hunnen ausgelösten
Völkerwanderung. Nachdem diese durch die vereinten Kraefte der Roemer, Westgoten, Burgunder und Franken auf den Katalaunischen Feldern
451 zum Rückzug gezwungen werden konnten, brachen fuer Europa turbulente Zeiten an. Die aus ihren Stammsitzen verdraengten Germanen
fanden Geschmack am Wandern und Pluendern und fielen, wie vor ihnen
die Hunnen, in ganz Europa ein. Bald darauf gruendeten sie die ersten
Reiche, so die Westgoten in Toulouse (418, unter Koenig Wallia), welches
bis auf das Frankenreich das bestaendigste Germanenreich war und erst
711 durch die Araber unterworfen wurde).
Hätten ihrs gewußt?
Die Pocken wurden von den Hunnen nach Europa eingeschleppt.
Nach ihrer Ausbreitung im 6ten Jahr hundert nach Christus hat dieses
Virus hier minde stens vier Millionen Todesopfer gefordert. Auch die
Auslöschung der Azteken und die starke Dezimierung der anderen
Indianer Nordamerikas führt man im Anschluss an kriegerische Ereignisse letztlich auf Pockenepidemien zurück.
25
HUNNENZUG
(Börries Freiherr von Münchhausen)
Finsterer Himmel, pfeifender Wind,
wildöde Heide, der Regen rinnt,
von fern ein Schein, wie ein brennendes Dorf,
mattdüstrer Glanz auf den Lachen im Torf.
Da plötzlich ein stampfendes, dumpfes Geroll,
wie drohenden Wetters steigender Groll,
und lauter und lauter erdröhnt die Erde
vom stürmischen Nahn einer wilden Herde,
Ein Hunnenschwarm mit laut jauchzendem Ruf!
Dumpf donnert und poltert der Rosse Huf,
es erbebt die Heide, der Schlamm spritzt auf
an den dolchbangenen Sattelknauf.
Ein köcherumrauschter, gewaltiger Schwarm,
hell klirren die Spangen an Sattel und Arm.
Das Haupt geneigt auf die struppige Mähne,
die braune Faust an gespannter Sehne. –
Durch den rauschenden Regen wild geht ihr Schrei,
immer mehr, immer neue jagen herbei
von der heimatlosen unzählbaren Schar,
der der Sattel Wiege und Sterbebett war.
Da endlich die letzten vom Völkerheer, –
zerstampft und zertreten die Heide umher,
ein letztes Wiehern im Winde, – als Spur
auf dem schwarzen Schlamme ein Riemen nur. –
Finsterer Himmel, pfeifender Wind,
wildöde Heide, der Regen rinnt,
von fern ein Schein, wie ein brennendes Dorf,
und düsterer Glanz auf den Lachen im Torf.
ATTILA, Beiname Gottesgeißel (um 406 bis 453), König der Hunnen (um
433 bis 453), im Deutschen auch Etzel genannt: Über Attilas frühes Leben
ist wenig bekannt, außer dass er der herrschenden Familie der Hunnen
angehörte, einem asiatischen Nomadenvolk, das von den kaspischen
Steppen kam und wiederholt in das Römische Reich einfiel. Bereits vor Atti-
26
las Geburt hatten die Hunnen auf ihren Raubzügen gegen das Oströmische Reich die Donau erreicht und 432 so große Macht erlangt, dass Attilas Onkel, der Hunnenkönig Roas (oder Rugilas) von Rom einen hohen
jährlichen Tribut einfordern konnte. Attila folgte seinem Onkel auf den
Thron, den er jedoch zunächst mit seinem Bruder Bleda teilen musste, bis
er ihn 445 ermordete. 447 marschierte er durch Illyrien und verwüstete
das gesamte Gebiet zwischen Schwarzem Meer und Mittelmeer; die
Unterworfenen zwang er zum Dienst in seinem Heer. Er besiegte den
byzantinischen Kaiser Theodosius II.; Konstantinopel selbst blieb nur verschont, weil die Armee der Hunnen, die sich vor allem aus Reitertruppen
zusammensetzte, nicht die Voraussetzungen für eine Belagerung mitbrachte. Theodosius musste jedoch einen Teil seines Gebiets südlich der Donau
abtreten und Tribut sowie jährliche Unterstützungszahlungen leisten. Mit
seinem Heer, in dem auch sehr viele Ostrogoten oder Ostgoten kämpften,
fiel Attila 451 im Bund mit Gaiserich, dem König der Wandalen, in Gallien ein. Er traf dort auf den römischen Feldherrn Flavius Aetius, der ihn in
der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern (heute Châlons-sur-Marne in
der Nähe von Troyes, Frankreich) besiegte.
Es soll eine der schrecklichsten Schlachten des Altertums gewesen sein.
Die Römer wurden unterstützt von den Wisigoten oder Westgoten unter
ihrem König Theodoros I. (er regierte 419-451). Zeitgenössische
Geschichtsschreiber geben die Verluste unter Attilas Truppen mit 200 000
bis 300 000 Mann an, eine Zahl, die heute als stark übertrieben gilt.
Aetius ließ die Hunnen abziehen, verfolgte sie jedoch bis an den Rhein.
Teilweise von der Schlacht erholt, richtete Attila im folgenden Jahr seine
Aufmerksamkeit auf Italien, wo er Aquilèia, Mailand, Padua und andere
Städte verwüstete und gegen Rom vorrückte. Dieser Sachverhalt für sich
genügt um festzustellen, daß es eine wirkliche Niederlage der Hunnen bei
den Katalaunischen Feldern nicht gegeben haben kann! Weshalb es zu
ihrem Abzug kam, bleibt im Dunkel der Geschichte verborgen. Rom entging der Vernichtung nur dank der Vermittlung von Papst Leo I., der den
Hunnenkönig durch sein erhabenes Auftreten tief beeindruckt haben soll.
453 rüstete Attila erneut zu einem Angriff auf Italien, starb jedoch, bevor
er seinen Plan in die Tat umsetzen konnte.
Eine bemerkenswerte Folge von Attilas Einmarsch in Italien war, dass einige der bedrängten Völker, vor allem die Veneter im nordöstlichen Italien,
auf den Inseln, in den Sumpfgebieten und den Lagunen der nördlichen
Adria Zuflucht suchten und dort einen Staat gründeten, aus dem später die
Republik Venedig hervorging.
27
Die Mongolen
DSCHINGIS KHAN UND DAS MONGOLISCHE REICH
Der zweite Kaiser der Qingdynastie, Kangxi, über die Reitkünste seiner
Vorfahren, der Mandschuren (aus den „Gesprächen mit den Söhnen“):
Wenn die Mandschu und Mongolen im Norden auf die Jagd gehen, handeln sie mit unbeschreiblicher Geschicklichkeit. Dicht wie Sturmgewölk
drängen sich die Jäger, und die berittenen Bogenschützen verschmelzen
mit ihren Pferden; so fliegen sie dahin und erlegen mit Pfeilen das fliehende Wild. Ein guter Reiter weiß immer, aus welcher Richtung er sich dem
Opfer nähern muss, und ein gut trainiertes Pferd versteht die Absichten seines Reiters, trabt voran oder hält sich seitlich, je nachdem, wie es am
besten ist.
DAS MONGOLISCHES REICH, DAS VON DEN MONGOLISCHEN KHANEN IM 13. UND
14. JAHRHUNDERT BEHERRSCHTE GEBIET; ES UMFASSTE FAST GANZ WEST- UND OSTASIEN UND WAR EINES DER GRÖßTEN REICHE IN DER GESCHICHTE.
Das ursprüngliche Heimatland der Mongolen, im ostasiatischen Steppengürtel gelegen, grenzte im Osten an das Chingan-Gebirge, im Westen an
die Gebirgszüge Altai und Tian Shan, im Norden an den Fluss Schilka
und die Gebirgszüge um den Baikalsee und im Süden an Chinas Große
Mauer (heute in etwa das Gebiet der
chinesischen autonomen Region der
Inneren Mongolei, der Mongolischen
Volksrepublik und der südlichen Randgebiete Sibiriens). Der Norden des
Reiches besteht überwiegend aus
fruchtbaren Steppen und bewaldeten
Gebirgen, der Süden aus ausgedehnten Weidegebieten, und den zentralen Gürtel nimmt die Wüste Gobi ein.
Mit Ausnahme der nördlichsten Grenzen ist das Land hochgradig trocken.
Mongolischer Reiter mit Bogen
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Die typische Wirtschaftsform der mongolischen Stämme in diesem Gebiet
war die Weidewirtschaft und Viehzucht; die wichtigsten Tiere waren-
Schafe und Pferde bzw. Kamele in den trockeneren Regionen. Daneben
war die Jagd die Hauptbeschäftigung. Bestimmte Waren, wie z. B. Getreide, Textilien, Tee und Metalle, wurden durch Handel mit den benachbarten Ackerbauern Chinas erworben. Die Mongolen waren Nomaden, und
ihre soziale Organisation war der Stammesverband. Kriege gegen andere Stämme waren regional begrenzt, und einzelne Krieger, die sich durch
große Tapferkeit und Heldentaten hervortaten, konnten mühelos zu Führern aufsteigen. Gegenseitige persönliche Verpflichtungen zu Schutz und
Loyalität, die sich vom Stammesführer über die untergeordneten Führer bis
zum einzelnen Krieger fortsetzten, sicherten die politisch-militärische Hierarchie und den Zusammenhalt des Stammes.
ERRICHTUNG DES REICHES DURCH DSCHINGIS KHAN
Seine erste Blütezeit hatte das mongolische Reich im 13. Jahrhundert. Eine
Versammlung mongolischer Stammesfürsten erhob 1206 den mächtigen
Temüdschin, der zu dieser Zeit bereits fast die ganze Mongolei beherrschte, zu ihrem Führer mit dem Titel Dschingis Khan (ozeangleicher Herrscher)
oder Groß-Khan. Dschingis Khan schuf ein schlagkräftiges Heer, das sich
vor allem durch seine hervorragende Reiterei und seine Bogenschützen
sowie durch die Fähigkeit seiner Führer auszeichnete. Der Khan selbst war
ein brillanter Stratege und Taktiker. Das benachbarte nordchinesische
Reich der Jin und die zentralasiatischen Staaten, alle militärisch schwach
und in sich zerrissen, unterwarfen sich mehr oder weniger freiwillig den
Mongolen auf ihren Eroberungszügen durch Asien, ebenso die arabischtürkische Welt des Mittleren Ostens. Dschingis Khans riesiges Reich
erstreckte sich schließlich vom Ostchinesischen Meer bis zum Dnjepr und
vom Persischen Golf praktisch bis zum Nordpolarmeer; Karakorum wurde
zu seiner Hauptstadt. Es erreichte einen in der mongolischen Welt bislang
beispiellosen Stand der Zentralisierung und Stärke. Grundlage der mongolischen Herrschaft war die Jasa, eine von Dschingis Khan veranlasste
Sammlung verbindlicher Gesetze, sowie Organisation, Disziplin und
Schlagkraft des Heeres.
Nach Dschingis Khans Tod wurde sein Reich gemäß Stammessitte unter
den Söhnen seiner Hauptfrau und ihren Erben aufgeteilt. Sein dritter Sohn,
Ögödei, bekam das ostasiatische Khanat und übernahm als Dschingis
Khans Nachfolger auch die Position des Groß-Khans. Sein Khanat umfasste die Äußere Mongolei, die Mandschurei, Korea, einen großen Teil Chinas, Tibet und die nördlichen Randgebiete des heutigen Indochina.
Der nächste bedeutende Groß-Khan war Ögödeis Neffe Möngke. Zusammen mit seinem Bruder Kubilai vollendete er die Eroberung Chinas.
29
DAS REICH DES KUBILAI KHAN
1279 unterwarf Kubilai Khan, ein Enkel Dschingis Khans, die Sung-Dynastie in Südchina und brachte somit das ganze China unter seine Kontrolle;
Peking wurde zu seiner neuen Hauptstadt. Dort begründete er in seiner
Funktion als chinesischer Kaiser die Yuan-Dynastie (auch Yüan), blieb aber
gleichzeitig auch Groß-Khan der Mongolen. Er verzichtete darauf, die
Chinesen zu „mongolisieren“ und ihnen mongolische Herrschaftsstrukturen
aufzuzwingen, sondern setzte das seit der Tang-Dynastie bestehende
System fort. Chinesen blieben jedoch weitgehend vom politischen Leben
ausgeschlossen und unterlagen sozialer und politischer Diskriminierung.
Die Mongolen dagegen bewahrten ihre kulturelle Identität und ihre Vorrechte als die herrschende Klasse. Kubilais Versuche, die mongolische
Herrschaft auf Japan und Java auszudehnen, erwiesen sich als verheerende Fehlschläge.
Die mongolischen Kaiser nach Kubilai unterlagen dem dekadenten Leben
des chinesischen Hofes und interessierten sich zunehmend für die abergläubischen Bräuche des Lamaismus. Als Mitte des 14. Jahrhunderts die
Überschwemmung des Gelben Flusses, eine Hungersnot in Nordchina
sowie soziale Spannungen zu einer schweren Katastrophe führten, waren
die mongolischen Herrscher nicht mehr in der Lage, dieser Herausforderung zu begegnen. 1368, als auch das ganze restliche asiatische Reich
der Mongolen durch innere Differenzen zerrissen war, wurden die GroßKhane in China von der einheimischen Ming-Dynastie gestürzt.
Das Reich des Tschaghatai
Bei der Teilung des Mongolenreiches nach Dschingis Khans Tod (1227)
erhielt sein zweiter Sohn Tschaghatai das Khanat von Turkestan. Dieses
Khanat umfasste die heutige chinesische autonome Region Sinkiang Uigur
bis zum Aralsee und grenzte im Süden an Tibet und Kaschmir. Die westlichen Gebiete wurden überwiegend von sesshaften Muslimen bewohnt,
die übrige Bevölkerung waren nomadisierende Mongolen. Das Khanat,
eine strategisch wichtige und zentrale Region des asiatischen Mongolenreiches, wurde zum Brennpunkt politischer Rivalitäten unter den Nachkommen Dschingis Khans.
Im 14. Jahrhundert nahm die Autorität der Khane von Turkestan über ihre
muslimischen Untertanen gravierend ab. Nach 1370 fiel der westliche Teil
des Khanats an das Reich des Timur-i Läng, eines mongolischen Führers,
der nicht von Dschingis Khan abstammte. Die Herrschaft der Khane
beschränkte sich danach auf den östlichen Teil des ursprünglichen Khanats.
30
Das Reich des Il-Khan
Bis 1231 hatten die mongolischen Heere Persien, Mesopotamien und Teile Kleinasiens überrannt. 1258 wurde Bagdad, der Sitz des AbbasidenKalifats, erobert. Das persische Khanat wurde von Hülägü, Enkel Dschingis Khans und Bruder Kubilais, begründet. Hülägü bezeichnete sich selbst
als Il-Khan, und sein Reich umfasste den heutigen Iran, Ostirak, Westafghanistan und Turkmenistan. Unter Ghazan, der 1295 die Nachfolge Hülägüs antrat, wurden die Il-Khane vom Groß-Khan unabhängig und traten
zum Islam über. Sie führten neue Steuersysteme ein, reformierten die Streitkräfte und bauten die Verkehrswege aus. Die iranische Kultur wurde gefördert und gleichzeitig mongolischen Einflüssen geöffnet; Türkisch, Persisch
(Farsi) und Arabisch waren neben Mongolisch gleichberechtigte Sprachen. Die Herrschaft der späteren Khane war jedoch bereits geschwächt,
und als der Khan Abu S’aid 1395 ohne männlichen Nachfolger starb,
zerfiel das Khanat schließlich in kleine, überwiegend von Einheimischen
beherrschte Staaten.
Das Khanat der Goldenen Horde
Während Ögödei und seine Nachfolger die Eroberung Ostasiens vollendeten, drangen Mongolen unter Batu Khan, einem Enkel Dschingis Khans,
westwärts vor. 1237 plünderten sie die Städte um Wladimir und Susdal
und 1240 sogar Kiew. Dann zogen sie weiter Richtung Westen, nach
Polen, Böhmen, Ungarn und ins Donautal. Um 1241 hatte das Heer die
adriatische Küste erreicht, bereit, Westeuropa anzugreifen. Lediglich der
Tod des Groß-Khans Ögödei 1241 rettete das in sich zerstrittene und
schlecht gerüstete Europa vor einer Katastrophe: Batu zog sich nach Südrussland zurück, um an der Wahl von Ögödeis Nachfolger teilzunehmen.
Hier gründete er 1251 das Khanat der Goldenen Horde (auch Khanat
Kiptschak).
Die Goldene Horde beherrschte das heutige Südrussland bis Ende des 15.
Jahrhunderts. Die Mongolen führten ein Herrschafts- und Steuersystem ein,
das deutlich den Einfluss ihrer verwandten Groß-Khane in China zeigte.
1380 besiegte der Großherzog von Moskau, Dmitri Donskoi, die Goldene Horde. Ihre endgültige Niederlage konnte kurzzeitig noch durch die
Intervention Tamerlans abgewendet werden, der 1395 selbst die Herrschaft über die Goldene Horde an sich riss. Nach seinem Tod zerfiel sie in
vier unabhängige Khanate: Astrachan, Kasan, Krim und Sibir, womit der
Weg für den Aufstieg des Moskowiterreiches frei war. 1480 schüttelte
Iwan III. Wassiljewitsch, Großherzog von Moskau, die mongolische Herrschaft über Südrussland endgültig ab, indem er einfach weitere Tributzahlungen an die Horde verweigerte.
31
STÄRKEN UND SCHWÄCHEN DES
MONGOLISCHEN REICHES
Das mongolische Reich hat einen bedeutenden
Beitrag zur Verständigung und Annäherung zwischen Ost- und Westasien sowie Europa geleistet. Ein gut organisiertes System von berittenen
Kurieren verband ständig, quer durch die Steppen und Wüsten Zentralasiens, die Hauptstadt
des Groß-Khans in China mit den weit entfernten
Außenposten des Reiches. Die Handelswege
Zentralasiens waren sicherer als je zuvor; infolgedessen nahm der Verkehr auf diesen Straßen
beachtlich zu; Händler und Missionare zogen
von West nach Ost und umgekehrt und transportierten neben vielem anderen auch Nachrichten.
Einer dieser Reisenden, der venezianische Kaufmann Marco Polo, brachte dem Westen erstmals
detaillierte Kenntnisse über China.
Gute Verkehrswege und Verwandtschaftsbande
erwiesen sich auf die Dauer als unzulänglich,
um den zentrifugalen Kräften entgegenzuwirken,
die das mongolische Reich auseinandertrieben.
Früh tauchten religiöse Differenzen auf: Die mongolischen Herrscher in Westasien neigten eher
zum Islam, in China bekannten sie sich zum
Buddhismus oder Lamaismus. In der Politik hielten sich die Mongolen in China an die Lehren
des Konfuzianismus, der die umfassende Autorität des Herrschers betonte; die Mongolen in
Westasien verstrickten sich dagegen in eine eher
diffuse Politik und in Kriege mit Osteuropa und
dem Mittleren Osten. China, Russland und Persien hatten jeweils eigene Sprachen, Kulturen
und Herrschaftssysteme, deren Einfluss und Wirkung sich die mongolische Oberschicht nicht entziehen konnte. Früher oder später kam es in
allen von den Mongolen eroberten Gebieten zu
einer Restauration der ursprünglichen, vormongolischen Verwaltungs- und
Herrschaftsstrukturen, da sie der sesshaften Zivilisationsform der neuen
Untertanen wesentlich besser entsprachen als die der nomadisierenden
Mongolen.
32
Die Ungarn
In byzantinischen Quellen werden die Magyaren als Türken bezeichnet.
Aus dem Staatshandbuch des Kaisers Konstantin VII. Porphyrogennetos
erfahren wir, dass sie vor den nachdrängenden Petschenegen 889 ihre
Wohnsitze in Lewedien (griechisch Lebedia) aufgeben mussten und nach
Etelköz (eigentlich „Zwischenstromland“) an die untere Donau auswichen.
892 verbündeten sie sich mit Arnulf von Kärnten, 894 ließen sie sich von
Kaiser Leon VI. als Hilfstruppen gegen die Bulgaren anwerben. Zur Vergeltung hetzte der Bulgarenkhan Simeon die Petschenegen gegen sie auf,
sodass sie teilweise überstürzt aus der südrussischen Steppenzone abziehen mussten.
Unter ihrem militärischen Führer Árpád drangen die landflüchtigen Magyarenstämme in mehreren Zügen über die Karpatenpässe und entlang der
33
Donau in das Pannonische Becken vor. Die magyarische Landnahme löste
vorübergehend unter den Anrainern erhebliche Irritationen aus und verursachte weit reichende machtpolitische Umschichtungen. Die »Ungarnplage« weitete sich nach der Niederlage des lombardischen Heeres König
Berengars I. 899 an der Brenta zu einer akuten Bedrohung der gesamten
südöstlichen Grenzgebiete des Ostfränkischen Reiches aus. Seit 900 hatten die Magyaren ganz Pannonien fest in ihrer Hand. Das Großmährische
Reich brach 906 unter ihrem Ansturm sehr rasch zusammen. Ein bayerisches Heer wurde 907 bei Preßburg vernichtend geschlagen, Markgraf
Luitpold, der Erzbischof von Salzburg, die Bischöfe von Freising und
Säben sowie die Besten des bayerischen Adels fanden den Tod.
Die magyarischen Steppenkrieger suchten in den folgenden Jahren auf
ihren Streifzügen ganz Süddeutschland und Oberitalien heim und drangen westwärts bis über den Rhein vor. Selbst die byzantinischen Kaiser
blieben seit dem überraschenden magyarischen Vorstoß im Jahre 934 vor
weiteren Übergriffen der ehemaligen Verbündeten nicht verschont. Die
Magyaren hatten sich inzwischen mit den Petschenegen verständigt. Auf
gemeinsamen Streifzügen bedrohten sie mehrfach die Kaiserstadt am
Bosporus und waren nur durch horrende Geldzahlungen zum Abzug zu
bewegen.
Den mobilen Steppenkriegern waren die schwerfälligen Aufgebote gepanzerter Ritter zunächst hilflos ausgeliefert. Nur mühsam formierte sich eine
wirksame Gegenwehr gegen ihre fintenreiche Kriegstaktik. König Heinrich
I. gelang es erstmals 933 bei Riade an der Unstrut (in der Nähe von Merseburg), das Schlachtfeld gegen die magyarischen Angreifer zu behaupten. Die Wende führte König Otto I. mit seinem hart erkämpften Sieg auf
dem Lechfeld bei Augsburg am 10. August 955 herbei. Der Führer der
Magyaren Bulcsu, der 948 den Frieden mit Byzanz erneuert hatte und in
Konstantinopel getauft worden war,
fiel in die Hand des Siegers und wurde hingerichtet. Unter dem Eindruck
der verheerenden Niederlage ebbten
die Ungarnzüge ab. Die Magyaren
büßten ihre militärische Schlagkraft
ein. Sie zogen sich auf ihren pannonischen Kernraum zurück und suchten
sich mit ihren christlichen Nachbarn
zu arrangieren.
links: ungarischer Ritter
34
Die Türken
Sprach- und Völkergruppe im Südosten Europas (Türken), in Nord-, Mittelund Vorderasien (u.a. Aserbaidschaner, Baschkiren, Kirgisen, Kasachen,
Tataren, Turkmenen, Uiguren, Usbeken); etwa 130 Mio.; zumeist Muslime.
Die Urheimat der Turkvölker (erste Erwähnung des Namens „Türk“ im 6.
Jahrhundert) lag in Zentralasien (Altairegion). Vom 6. bis 8. Jahrhundert
bildeten die nomadischen Turkvölker Steppenimperien von der Mongolei
bis zur Ukraine. Durch Wanderungen einzelner Stämme oder Stammesverbände dehnte sich ihr Siedlungsgebiet nach Westen aus, dabei wurden
viele Nomaden unter iranischem Einfluss sesshaft. Im 11. Jahrhunderat
drangen die türkischen Seldschuken nach Kleinasien vor, wo im 13. Jahrhundert das Osmanische Reich entstand. Besonders bekannt wurden auch
die Protobulgaren, die Chasaren und Polowzer (Kumanen)
Die erste Erwähnung des Namens „Türke“ findet sich in China. Die nomaidisierenden „T'u-küe“ ode „Tür-küt“ (die Mächtigen) – wie die Übertragung des chinesischen Schriftzeichens in deutsche Lautschrift bedeutet –
sollen nach der Zerschlagung des mongolischen Schuschan-Reiches im
Jahre 552 einen gemeinsamen Staat der Göktürken gebildet haben, des-
35
sen Reichsgebiet vom Chingangebirge bis nach Transoxianien reichte.
Nach dem Tode des Reichsgründers Bumin erhielten die beiden Söhne
jeweils einen Reichsteil – das Khaganat der Osttürken (unter Muhan) und
das Khagant der Westtürken (unter Istami). Die türkischen Stämme unterstanden – wie deren östlichen Rivalen, die Mongolen – jeweils einem
Familienoberhaupt, dessen Urahn oft den Namen des Stammes bestimmte.
Chazaren, Ghasnawieden, Karachaniden, Köktürken, Oghusen (nach
dem Stammvater Ogus Khan), Turkmenen, Türken, Uiguren und Usbeken alle diese türkischen Stämme gehören eigentlich einem gemeinsamen Volk
an, und es ist kein Wunder, dass türkische Stämme bekannt ware, noch
bevor der Name der Tu-küe in der Geschichtsschreibung genannt wurde.Die Stammheimat der (Alt-)Türken ist das mittelasiatische Gebiet zwischen dem Altai im Bereich der Mongolei, dem Tienschan östlich Kasachstan, Tibet und Chingan im Nordosten. Nach verschiedenen Wanderungen in Richtung Westen – bis zum Kaspischen Meer – gründeten türkische
Nomadenstämme eine Reihe von losen Verbänden, die sich immer mehr
zu staatlichen Strukturen entwickelten. Nach Abebben der Hunnenzüge
und Verfall der Hunnen-Reiche im 5. und 6. Jhd. n. Chr. kam es zum Ausschwärmen einzelner alttürkischer Eroberergruppen, so daß nach und
nach das Siedlungsgebiet im Osten bis an den Pazifik, im Norden bis ans
Eismeer und im Westen bis nach Europa ausgeweitet wurde und sich im
Laufe der Zeit die einzelnen Türkvölker herausbildeten.
Tanzende Derwische
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Die älteste schriftliche Überlieferung einer Türksprache sind alttürkische
Innschriften am oberen Jennisei und am Talas sowie die Orchon-Inschriften
der Altaier, die zwischen 732 und 735 n. Chr. in einer runischen und auf
dem syro-aramäischen Alphabet fußenden Schrift verfaßt wurden. In diesen Orchon-Schriften erfolgte die Aufzeichnungen der Heldentaten des
ersten türkischen Reichsgründers der Tür-küt. Sprachlich bilden die verschiedenen Turksprachen noch immer eine relativ starke Einheit, die zwar
aufgrund der weiten Ausdehnen und der Kontakte mit Nachbarvölkern
zahlreiche Eigenheiten entwickelten, aber heute noch sprechen alle Turkvölker von der Türkei an der Grenze zu Europa bis nach Chinesisch-Turkestan eine gemeinsame Sprache, die eine Verständigung zwischen den
Angehörigen der verschiedenen Völker möglich macht. Insoweit wäre es
vielleicht sogar angebracht, von türkischen Dialekten anstatt von unterschiedlichen türkischen Sprachen auszugehen. Die Stärke der einzelnen
Stämme und deren Siedlungsgebiet änderte sich allerdings sehr häufig.
Heute unterscheidet man zwischen mehreren großen türkischen DialektGruppen, den Kipcak-Türken, den Oguz-Türken, den südsibirischen Türkstämmen der Altay (Oyrut), Hakas (Abakan) und Tuva (Sayan) sowie den
ostsibrischen Jakuten, die sich selbst „Saha“ nennen.
a) Die Sprache der Kipcak-Türken, historisch der Petschenen und Hazaren
findet sich heute noch - nicht in den slavisierten Bulgaren, sondern beim
Volk der Tschuwaschen, die in der Sowjetunion am Ufer der mittleren
Wolga leben, sowie den bis Polen verstreut lebenden Karaim.
Als weitere zeitgenössische Nachfolger dieser Kipcak-Türken werden
die Tataren, die Baskurt (Baschkiren , Kazak (Kosaken und Kasachen),
Kara Kalpak, Novay und Kirgisen betrachtet. Auch ein Zweig der
Özbek (Usbeken) spricht den Kipcak-Dialekt. Es ist in diesem
Zusammenhang nicht uninteressant, dass uralte kirgisische Sagen von
der Urheimat der Kirgisen am Jenssei und dem Kampf gegen Chinesen
und Kalmücken berichtet.
b) Die Sprache der Oguz-Türken findet sich dagegen bis heute im Dialekt
der Türkei-Türken (Osmanen) und der Türken Cyperns, in Aserbeidschan
und der Türken des nördl. Iran (Azeri) u. d. Turkmenen. Das Ost-Türkisch
der Uiguren und Usbeken gehört ebenfalls zu dieser Sprachgruppe.
Rechnet man die Türken europäischer Staaten, von den Litauischen Tataren als historischen Nachfolgern der Petschenen bis zu den modernen
Gastarbeitern Berlins, die türkische Sprachinseln auf dem Balkan, auf
Zypern, in den Arabischen Nachbarländern und im Irak mit, so kommt
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man auf mindestens 145 Millionen Menschen auf der ganzen Welt, die
heute Türkisch sprechen.
Der bekannte Turkologe Wilhelm Radloff drückte das 1866 so aus:
„Vom Nordosten Afrikas bis zur Europäischen Türkei, vom südöstlichen Teil
Rußlands über Kleinasien nach Turan und von dort nach Sibirien, bis zur
Wüste Gobi hin leben Stämme, die die türkische Sprache sprechen. Auf
der ganzen Welt ist keine Sprachfamilie über ein so weites Gebiet hinweg
verbreitet wie das Türkische“.
DIE SELDSCHUKEN
Der Name der Seldschuken geht auf Seldschuk, einen turkmenischen, ogusischen Stammeshäuptling zurück, der um 970 mit seinen Gefolgsleuten
zum Islam übergetreten war. Im 11. Jahrhundert rückten die Seldschuken
zunächst nach Süden vor und eroberten den Iran. Vom abbasidischen
Kalifen nach Bagdad eingeladen, besetzten sie 1055 unter Tughrul Beg
die Stadt und wurden Schutzherrscher über die Kalifen. 1071 schlug Alp
Arslan (1063–72), Tughruls Neffe, die Byzantiner bei Manzikert, und die
Turkmenen konnten sich in Anatolien festsetzen. Etwa zur selben Zeit
gerieten auch Syrien und
Palästina unter die KonKonya
trolle der Seldschuken.
Damit waren wesentliche
Anstöße zu den Kreuzzügen gegeben, die jedoch
die islamische Welt in
Vorderasien nur am Rande betrafen.
Der Sultan Melikschah
(1072–92), Sohn von
Tughrul, sollte sich der
Unterstützung durch Nisam al-Mulk (1018–92),
einen der bedeutendsten
Wesire in der islamischen Geschichte, erfreuen. Dieser wurde am
Ende einer dreißigjährigen Amtszeit durch einen
Assassinen ermordet. Die
Assassinen („haschscha-
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schun“, die „Benutzer von Haschisch“, daher auch frz. „assassin“, „Mörder“), eine extremistische schiitische Sekte, hatten sich unter dem Agitator
Hasan as-Sabbah (gest. 1124) als terroristische Gruppe in den Bergen
südlich des Kaspischen Meeres (Bergfestung Alamut) etabliert und wurden
erst 1256 durch die Mongolen vernichtet.
Nach dem Tode Melikschahs sollte das seldschukische Großreich rasch
zerfallen. Zwar konnte Sultan Mohammed, ein Bruder Melikschahs, den
Zersetzungserscheinungen noch Einhalt gebieten, doch sein Bruder Sandschar (1118–57) herrschte nur noch im Ostiran (Chorassan). In anderen
Regionen Irans, in Syrien, dem Irak und Kleinasien bildeten sich Teilstaaten, die sich bekämpften. Von ihnen sollte das Reich der Rum-Seldschuken
(„oströmische Seldschuken“) für Europa am wichtigsten werden. Unter
Süleyman, dem Statthalter Alp Arslans, in Anatolien mit der Hauptstadt
Konya gegründet, wurde es zur großen Gefahr einerseits für die Byzantiner, die 1176 bei Myriokephalon vernichtend geschlagen wurden, aber
auch für die Kreuzfahrer, deren Landwege nach Palästina erheblich
gestört wurden. Als Konstantinopel 1204 von den Kreuzrittern erobert
wurde, schied es als Gegner für die Seldschuken aus, und Anatolien konnte vor allem unter Kai Kobad I. (1220–37) eine kurze Blüte auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet erleben.
Das Ende des Reiches der Rum-Seldschuken kam durch den Vorstoß der
Mongolen nach Kleinasien und die Niederlage am Kösedag 1243; die
Seldschuken mussten sich unterwerfen und wurden Vasallen der Mongolen, die eine zunehmend straffere eigene Verwaltung einführten. Die seldschukische Dynastie ging 1308 mit dem Tode von Mesud II. zu Ende, während der Westen des Landes bereits in selbstständige Kleinfürstentümer
zerfallen war. Aus einem von ihnen sollte das Osmanische Reich hervorgehen.
DIE OSMANEN
Der Traum des Osman (Es begann mit einem Traum): Osman war in
die Tochter Edebalis verliebt. Edabali war ein Scheich aus Adana.
Doch er verweigerte die Zustimmung zur Heirat. Als Osman bei ihm
zu Gast war träumte er: „Aus Edebali wuchs der Mond hervor, der in
die Brust Osmans, der neben ihm auf dem Boden lag, versank. Aus
seinen Lenden wuchs ein Baum, dessen Schatten bis zum äußersten
Gesichtskreis der drei Teile der Erde reichte. Der Kaukasus, der Atlas,
der Taurus und der Hämus waren die vier Pfeiler der Welt. Die vier
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Flüsse: Tigris, Euphrat, Nil und Donau entsprangen aus diesen Bergen
und umspülten die Wurzeln des Baumes. Die Flüsse und Meere waren
von Schiffen bedeckt, auf den Feldern und in den Tälern gab es Städte, über deren Turmspitzen der Halbmond thronte. Die Blätter hatten
die Form von Schwertern, die ein starker Wind gegen die Städte bog.
Zuallererst gegen Konstantinopel. Es war wie ein Ring allumfassender
Herrschaft, mit einem Diamanten geformt und er wollte sich diesen
Ring an den Finger stecken.“ Dann erwachte er.
Die Auslegung des Traumes besagte, den Nachkommen Osmans und seiner Frau (symbolisiert durch d. Vollmond), wäre die Kaiserwürde bestimmt.
Nachdem Edebali den Traum hörte, gab er die Einwilligung zur Heirat.
Osman wurde zum Gründer der Dynastie der Osmanen, der das neue
Volk der Türken zum Kampf gegen das christliche Europa führte. Einen
Kampf, der jahrhundertelang dauern sollte.
Die Osmanen sind ein turkstämmiges Herrschergeschlecht (1300–1922)
in der Nachfolge Osmans I. Ghasis. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts
waren in Anatolien auf dem ehemaligen Gebiet des geschwächten byzantinischen Imperiums und des Reiches der Rum-Seldschuken zahlreiche Fürstentümer entstanden. Zu ihnen gehörte ein kleiner, von Osman I. (Regierungszeit 1300–1324) gegründeter Staat in der nordwestlichen Provinz
Bithynien. In der Folge konnten die Osmanen dank der günstigen Lage
ihres Stammlandes und einer Reihe herausragender Herrscherpersönlichkeiten ihr Reich bis nach Europa und auf die turkmenischen Nachbarstämme ausdehnen. Auf dem Höhepunkt seiner Macht umfasste das Osmanische Reich weite Teile Nordafrikas, des Nahen Ostens, Russlands und des
Baltikums. Die Osmanen regierten ab 1325 zunächst von Bursa, ab 1361
von Edirne und ab Mitte des 15. Jahrhunderts schließlich von Konstantinopel (Istanbul) aus über ihr wachsendes Imperium, das eine Vielzahl von
Völkern mit unterschiedlichen Sprachen, Kulturen und Religionen einschloss. Um stabilitätsgefährdende Rivalitäten innerhalb der Dynastie zu
verhindern, ließen die osmanischen Herrscher ab dem 15. Jahrhundert bei
Regierungsantritt eines neuen Sultans dessen Brüder ermorden. Dieses
System wurde ab Beginn des 17. Jahrhunderts durch eine nach Alter der
verschiedenen Nachkommen gestufte Rangfolge, das Seniorat, ersetzt.
Nicht nur aus der eigenen Familie oder von ausländischen Feinden drohte
den osmanischen Fürsten indessen Gefahr: Ab dem 16. Jahrhundert sahen
sie sich zunehmend von den mit großen Machtbefugnissen ausgestatteten
Großwesiren und Eunuchen kontrolliert. Die gezielt schlechte Ausbildung
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der Prinzen und ihre Beschränkung auf den engen Bereich des Palastes
trugen zum Zerfall des Osmanischen Reiches bei.
Janitscharen (türkisch yeniceri: neue Truppe), Elitetruppe des osmanischen
Heeres, bestand seit etwa Mitte des 14. Jahrhunderts. Früher hatten die
osmanischen Streitkräfte aus turkmenischen Stammesaufgeboten bestanden, die jeweils ihrem Stammesführer unterstanden; aber als sich die
Osmanen zu einer Art Staat formierten, brauchte man eine Armee, die
ausschließlich dem Sultan zur Treue verpflichtet war.
Zunächst wurde die Truppe aus zum Islam übergetretenen christlichen
Kriegsgefangenen gebildet; als Nächstes führte man die Knabenlese
(devshirme) ein: Christliche Jungen mussten zum Islam übertreten, erhielten
dann aber die beste militärische Ausbildung und wurden zur Elite der
Armee. Der Tagesablauf der Janitscharen war durch eigene Gesetze geregelt, die ihnen den Kontakt mit der Zivilbevölkerung ebenso verboten wie
die Heirat. Ihre Disziplin ließ sie zum Schrecken Europas werden. Ihre spirituelle Stärke bezogen Sie aus der Zugehörigkeit zum Bektashi-Orden.
Aber mit der Zeit wurden die Richtlinien weniger hart, die Rekrutierung
wurde lockerer (z. B. wurden auch Muslime aufgenommen), und wegen
der Privilegien, die die Janitscharen genossen, wuchs ihre Zahl von 20
000 im Jahr 1574 auf über 135 000 im Jahr 1826 an. Um ihren Sold
aufzubessern, gingen die Janitscharen verschiedenen anderen Tätigkeiten
nach und bauten gute Verbindungen zur Zivilbevölkerung auf, was ihre
Treue zum Herrscher untergrub. Mit der Zeit wurden sie zu Königsmachern und Verbündeten der konservativen Kräfte, widersetzten sich allen
Reformen und der Modernisierung der Armee. Das Ansehen der Janitscharen litt stark, als es ihnen nicht gelang, den griechischen Aufstand in
den frühen zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts niederzuschlagen. Als
die Janitscharen 1826 revoltierten, löste Sultan Mahmud II. im Zuge einer
Heeresreform die Truppe gewaltsam auf.
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Die Sarazenen
Der Name Sarazene meint ursprünglich die nomadischen Stämme, die
sich in einem Gebiet vom heutigen Syrien bis Saudi Arabien ausbreiteten.
In einem weiteren Sinn werden damit alle arabischen Stämme des Mittelalters bezeichnet. Diese Wüstennomaden erschienen plötzlich im siebten
Jahrhundert und errichteten innerhalb anderthalb Jahrhunderte ein ausgebreitetes Reich. Ihre Eroberungen waren durch Ihren neuen Glauben und
Ihre hohe Moral gekennzeichnet. Indem Sie den Lehren des Propheten
Mohammed, Friede sei mit Ihm, folgten, beabsichtigten Sie die Religöse
und Politische Landschaft der damals bekannten Erde zu verändern.
Ab 613 predigte der Gesandte Gottes, Mohammed, Friede sei mit Ihm,
eine neue Religion, den Islam. In seiner eigenen Heimatstadt Mekka wurde er verfolgt und floh nach Medina, der Beginn der muslimischen Zeitrechnung, errichtete dort eine starke Anhängerschaft und kehrte schließlich nach Mekka zurück und nahm es friedlich ein. Die wahrscheinlich einzige Eroberung der Menschheitsgeschichte, die ohne Blutvergiessen und
ohne nachfolgender Plünderung stattgefunden hat. Nach seinem Tod im
Jahre 632 wurden seine Lehren in den Hadithsammlungen und im heiligen
Koran niedergeschrieben. Im Jahre 634 begannen die Muslime dann der
Verbreitung des Islams und öffneten in der berühmten Schlacht von Yarmuk
636 die Tore ins Byztanische Reich. Innerhalb von nur fünf Jahren überrannten sie ganz Ägypten, Palästina und Syrien. Besonders Ihre Toleranz
Andersgläubigen gegenüber, den Juden und Christen erleichterte Ihre
Feldzüge, da die dort ansäßigen Völker oft unter der Verfolgung der Byztantiner litten.
In den folgenden 60 Jahren breitete sich dann der Islam im Norden Afrikas im Westen über ganz Persien aus, was neben Byzanz die zweite
damalige Supermacht war. Im frühen achten Jahrhundert fielen Sarazenen
aus Tanger in die iberische Halbinsel ein und eroberten das Königreich
der Visigoten, das nach dem Fall von Rom dort errichtet wurde. In Asien
eroberten sie nach und nach Kleinasien, scheiterten aber an den Befestigungsanlagen von Konstantinopel. Im Westen wurde ein Vortrupp von
Karl Martell bei Poitier gestoppt, zu einer Schlacht soll es nach islamischen Quellen nie gekommen sein, wenn auch christliche dies für den
Wendepunkt in ihrer Geschichte halten.
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Im Osten hingegen eroberten die Sarazenen Indien, die innerasiatischen
Steppengebiete bis nach China. 750 hatten sie den Indus und das nördliche Indien eingenommen und erreichten über Zentralasien die westlichen
Grenzen Chinas. Von Nord- und Ostafrika breitete sich der Islam bis nach
Zentralafrika aus. Bis auf das heutige Spanien sind das die heutigen Kernländer der Muslime, in denen über 90 % der Bevölkerung dem Islam
angehören.
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Die Skythen
Die Skythen sind ein ostiranisches Nomadenvolk, das im 8. Jahrhundert v.
Chr. von den mittelasiatischen Steppen in das Gebiet nördlich des Schwarzen Meeres zwischen den Karpaten und dem Don eingewandert und im
6. Jahrhundert v. Chr. ins heutige Rumänien vorgestoßen ist. Man nimmt
an, dass diese Stämme aus der Region um den Altai an der Grenze zu
China in diese Gebiete zogen.
Ihre Sprache war eine Form des Iranischen. Die Skythen hielten Pferde,
Kühe und Schafe, lebten in Planwagen und waren für ihre Reitkunst sowie
als Bogenschützen berühmt.
Sie hatten früh eine reiche Kultur, die noch heute in prunkvollen Gräbern
für skythische Könige und Adlige sowie in Handwerksgegenständen aus
Bronze und Gold, die mit außergewöhnlicher technischer und künstlerischer Perfektion gefertigt waren, zu sehen ist.Anfang des 7. Jahrhunderts
v. Chr. zogen die Skythen südlich des Kaspischen Meeres weiter und drangen in das Königreich Medien ein. Von dort wurden sie jedoch 625 v.
Chr. von König Kyaxares vertrieben.
Kurz nach der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. wurden die Skythen aus
diesem Gebiet von den Sarmaten verdrängt. Im 2. Jahrhundert v. Chr.
drangen skythische Stämme in das Parthische Reich südöstlich des Kaspischen Meeres ein. Um 130 v. Chr. zogen sie weiter nach Osten in das
Königreich Baktrien im Gebiet des heutigen Afghanistan. Im 1. Jahrhundert v. Chr. drangen sie nach West- und Nordindien ein, wo sich noch
Spuren aus den folgenden fünf Jahrhunderten erhalten haben.
TRINKRITUALE DER SKYTHEN
Das Trinken hatte bei den Skythen einen durchaus rituellen Hintergrund
und bei gewissen sozialen Anlässen einen bedeutenden Stellenwert. So
heißt es bei Herodot: „Alle Jahre einmal lässt jeder Häuptling in seinem
Gau einen Mischkrug mit Wein bereiten, aus dem alle Skythen trinken, die
schon einen Feind erschlagen haben. Die aber noch keinen Feind erschlagen haben, dürfen nicht mit davon trinken, sondern müssen ungeehrt
dabeisitzen, und das ist für sie die größte Schande. Hat aber einer schon
sehr viele Feinde erschlagen, so bekommt er sogar zwei Becher und trinkt
aus beiden zugleich.“
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I M P R E S S U M
rot-graue blätter
Heft Nr. 014
Ausgabe im Oktober 2004
Ausgabe nur als PDF für das Internet
S C H R I F T L E I T U N G
U N D
B E Z U G
Quelle: Sämtliche Bilder und Texte sind aus dem Internet zusammengetragen. Adressen für Zuschriften an die Schriftleitung:
Stephan Maria Sommer, Kanalstraße 12, 85049 Ingolstadt; E-Mail: [email protected], www.schriftleitung.org.
H E R S T E L L U N G
Schriften gesetzt in 7-Punkt Futura (Impressum) sowie 15.0/20.0-Punkt Futura Book. Überschriften und Pagina gesetzt in 15-Punkt, Futura
Book. Nicht berücksichtigt: Titelblatt. Heftumfang 47 Seiten inkl. Schmutztitel und zwei Seiten Umschlag.
U R H E B E R R E C H T
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