Statisstische e Inform mationen 2/200 09 Volk kswirts schafttliche Ges samtre echnun ngen Zeitreeihen 19 995 ‐ 20 008 Reinh hold Russsinger Abteilung Wirtschafts swissen nschaft und u Statistik mber 20 009 Wien, Septem 1. Einleitung Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) entspricht dem Geldwert aller in einer Periode von den inländischen Wirtschaftseinheiten produzierten Waren und Dienstleistungen nach Abzug des Wertes der im Produktionsprozess als Vorleistung verbrauchten Güter. Das BIP wird im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) auf drei verschiedene Arten berechnet. Ausgehend von der Produktionstätigkeit der Wirtschaftseinheiten wird das Güteraufkommen einer Volkswirtschaft festgestellt – dies ist die so genannte aufkommensseitige Berechnung des BIP. Als zweite Berechnungsvariante steht die Güter-/und Dienstleistungsverwendung (Konsum, Investitionen, Export) im Vordergrund – es handelt sich dabei um die verwendungsseitige Berechnung. Bei der dritten Variante spricht man von der verteilungsseitigen BIP-Berechnung, sie stellt Größen wie Einkommen der Unselbstständigen und Einkommen der Selbstständigen in den Mittelpunkt der Betrachtung. Alle drei Berechnungsarten zusammen bilden das Kreislaufmodell einer Volkswirtschaft. Seit dem 3. Quartal 2009 liegen die Daten der VGR in Form einer Zeitreihe für die Jahre 1977 – 2008 nach den Konzepten des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 1995 (ESVG 95) vor. Die Realwerte werden als verkettete Volumenindizes dargestellt (Vorjahrespreisbasis). Als Referenzjahr (Ausgangszeitpunkt für die Darstellung einer Indexzeitreihe) dient das Jahr 2005. Die Ergebnisse bilden daher eine geeignete Grundlage für konsistente Zeitreihenanalysen auf einheitlicher methodischer Basis. Die folgenden Darstellungen beziehen sich überwiegend auf die Präsentation nummerisch-tabellarischer Übersichten der Jahre 1995 – 2008. Die wichtigsten Definitionen und Begriffe finden nachstehend Erwähnung. Eine detailliertere Darstellung kann den AK-Publikationen Statistische Informationen der Vorjahre entnommen werden. 1 Als Hauptdatenquelle wurde verwendet: VGR 1977 – 2008, Hauptergebnisse, Wien 2009, Statistik Austria. Methodische Erläuterungen bzw. Hintergründe der VGR-Daten-Revision finden sich ausführlich in den Statistischen Nachrichten, 8/2008, Seite 737 – 753. Sämtliche Tabellen des Tabellenteils I stammen (in teilweise leicht abgeänderter Form) aus dieser Quelle. Im Teil II/Grafiken (Derivationstabellen) gelangen spezielle AK-Berechnungen tabellarisch als auch teilweise grafisch zur Darstellung. 2 2. Methoden und Konzepte des ESVG 95 Auf Grund der Umsetzung des ESVG 95 ergeben sich im Vergleich zu früher angewandten Konzepten einige wichtige Unterschiede. Sie sollen nachstehend diskutiert werden: Die Bewertung der Bruttowertschöpfung der einzelnen Branchen erfolgt nunmehr zu Herstellungspreisen (früher: Marktpreise), d. h., dass die Gütersteuern in der Bruttowertschöpfung nicht enthalten sind, die Gütersubventionen korrespondierend dazu schon. Damit wird eine für alle Produktionsaktivitäten einheitliche Bewertung geschaffen. Die Ableitung erfolgt gemäß nachstehendem Schema: Die Entstehungsseite liefert in Österreich die Ausgangsdaten für die Berechnungen des BIP. Datenquellen: Vollerhebungen existieren für die Jahre 1976, 1983, 1988, 1995 (Nichtlandwirtschaftliche Bereichszählungen). Seit 1997 erfolgt eine jährliche Stichprobenerhebung im Rahmen der Leistungsund Strukturerhebung, und zwar für ausgewählte Wirtschaftsbereiche. Die Stichprobe umfasst Umsatzsteuerstatistik, derzeit die 43.500 Unternehmen. monatliche Weiters bilden Konjunkturerhebung, die die Zahlungsbilanzstatistik, die Rechnungsabschlüsse der Körperschaften und Geschäftsberichte wichtige BIP-Berechnungs- und Abstimmungsgrundlagen. 3 3. Das Produktionskonto und seine Komponenten Zentrale Berechnungsschemata für die entstehungsseitigen BIP-Berechnungen sind detaillierte Produktionskonten, die für alle wirtschaftlichen Aktivitäten erstellt werden. Die Hauptgröße bildet der Produktionswert. Ertragseitig umfasst der Produktionswert sämtliche Verkaufserlöse zuzüglich allfälliger Lagerkorrekturen („Der Produktionswert ist der Wert aller Güter, die im Rechnungszeitraum produziert werden ...“; ESVG 95, S. 43). Bei den so genannten sonstigen Nichtmarktproduzenten (Staat, private Organisationen ohne Erwerbscharakter (POoE)) wird der Produktionswert über die Kostenseite definiert. Seine Komponenten sind der Intermediärverbrauch (Vorleistung) („Die Vorleistungen messen den Wert der im Produktionsprozess verbrauchten oder umgewandelten Waren und Dienstleistungen ...“; ESVG 95, S. 54) und die Abschreibungen („Abschreibungen messen die Wertminderung des Anlagevermögens wirtschaftliches während Veralten, einer unter Periode durch Einschluß des normalen Risikos für Verschleiß und Verluste von Anlagevermögen durch versicherbare Schadensfälle ...“; ESVG 95, S. 127). Die Bruttowertschöpfung (zu Herstellungspreisen) ergibt sich als Saldogröße aus Produktionswert und Vorleistung. Durch die Zubuchung der Differenz aus Gütersteuern und Gütersubventionen erhält man die gesamtwirtschaftliche Größe Bruttoinlandprodukt zu Marktpreisen. 4 4. Die Verwendungsrechnung und ihre Komponenten Ein nachfrageseitiger Aspekt der BIP-Berechnung liegt der Verwendungsrechnung zu Grunde. Folgende Komponenten werden unterschieden: Konsum (nach dem Ausgabenkonzept) („Konsumausgaben sind die Ausgaben ... für Waren und Dienstleistungen, die zur unmittelbaren Befriedigung individueller Bedürfnisse und Wünsche oder kollektiver Bedürfnisse der Allgemeinheit verwendet werden. Diese Ausgaben können im Inland oder in der übrigen Welt getätigt werden ...“; ESVG 95, S. 55.) Hiebei ist anzumerken, dass auch die vom Staat angekauften und produzierten Güter und Dienstleistungen, die zur unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung privater Haushalte führen den Konsumausgaben zuzuordnen sind. Konsum (nach dem Verbrauchskonzept) („Der Konsum nach dem Verbrauchskonzept umfaßt die Güter, die ... zur unmittelbaren Befriedigung individueller oder kollektiver Bedürfnisse erworben werden ...“; ESVG 95, S. 57.) Der Konsum nach dem Verbrauchskonzept wird weiter untergliedert in den Individualkonsum und den Kollektivkonsum. „Individualkonsum umfaßt die von privaten Haushalten empfangenen Güter, die der Befriedigung der Bedürfnisse und Wünsche der Mitglieder der inländischen privaten Haushalte unmittelbar dienen ...“; ESVG 95, S. 57. Kriterium ist u. a., dass die Haushalte und die Güter identifizierbar sind. „Kollektivkonsum umfaßt die ‚ kollektiven Dienstleistungen’, die allen Mitgliedern der Bevölkerung oder allen Angehörigen einer bestimmten Bevölkerungsgruppe, beispielsweise aller privaten Hauhalte einer bestimmten Region, gleichzeitig zur Verfügung gestellt werden ...“; ESVG 95, S. 57. Demnach sind sämtliche Konsumausgaben privater Haushalte Teil des Individualkonsums. Definitionsgemäß zählen die Konsumausgaben des Staates zum Individualkonsum, wenn es sich um Positionen wie Unterrichtswesen, Gesundheitswesen, soziale Sicherung, Sport, Erholung und Kultur handelt. Zum Kollektivkonsum zählen die Verwaltung der Gesellschaft, Sicherheit und Verteidigung, Umweltschutz, Forschung und Entwicklung, Aufrechterhaltung der öffentlichen Gesundheit und die Wirtschaftsförderung. 5 Bruttoinvestitionen Die Bruttoinvestitionen setzten sich zusammen aus den Bruttoanlageinvestitionen, den Vorratsveränderungen und dem Nettozugang an Wertsachen. „Bruttoanlageinvestitionen umfassen den Erwerb abzüglich der Veräußerung von Anlagegüter durch gebietsansässige Produzenten in einem Zeitraum zuzüglich gewisser Werterhöhungen an nichtproduzierten Vermögensgütern durch produktive Tätigkeiten von Produzenten oder institutionellen Einheiten. Zum Anlagevermögen zählen produzierte Sachanlagen und produzierte immaterielle Anlagegüter, die wiederholt oder kontinuierlich länger als ein Jahr in der Produktion eingesetzt werden...“; ESVG, S. 59. Das natürliche Wachstum der Nutztierbestände und der Nutzpflanzungen ist ebenfalls dieser Kategorie zuzurechnen. Immaterielle Anlagegüter umfassen Suchbohrungen, Computerprogramme und Urheberrechte. Der Kauf von militärischen Waffen und die dazugehörigen Systeme zählen hingegen nicht zu den Bruttoanlageinvestitionen, sondern zum Intermediärverbrauch. „Vorratsveränderungen erfassen den Wert der Vorratszugänge abzüglich des Wertes der Abgänge (einschließlich ‚normaler’ Verluste) vom Vorratsbestand ...“; ESVG 95, S. 61. Nettozugang zu Wertsachen: „Wertsachen sind nichtfinanzielle Vermögensgüter, die primär als Wertanlage dienen und nicht der Produktion oder dem Konsum und die normalerweise ihren physischen Wert erhalten...“; ESVG, S. 63. Zu den Wertsachen zählen u. a. Edelsteine, Antiquitäten. Damit ist der Erwerb einer Edelsteinkette durch einen privaten Haushalt den Bruttoinvestitionen zuzuordnen. Exporte und Importe „Die Exporte umfassen Transaktionen mit Waren und Dienstleistungen (Verkäufe, Tausch, Schenkungen oder Übereignungen) von Gebietsansässigen an Gebietsfremde“; ESVG 95, S. 64. Importtransaktionen mit Waren und Dienstleistungen verlaufen von den Gebietsfremden zu den Gebietsansässigen. Bei den Exporten und Importen ist zwischen Lieferungen und Bezügen innerhalb der EU und Exporten und Importen an/von Staaten außerhalb der EU (Drittländer) zu unterscheiden. Die Warenexporte und Warenimporte werden zum fob-Wert (frei an Bord) an der Grenze des Ausfuhrlandes ausgewiesen. 6 5. Die Verteilungsseite - ihre Datenquellen und Komponenten Die dritte Variante der BIP-Berechung ist die des verteilungsseitigen Ansatzes. Ihre Komponenten bestimmen sich zum Teil aus einer residualen Berechnungsmethode. Wertschöpfungskomponenten: Bruttolöhne und –gehälter „Die Bruttolöhne und –gehälter in Form von Geldleistungen schließen alle vom Arbeitnehmer gezahlten Sozialbeiträge, Einkommensteuern usw. ein, selbst wenn diese vom Arbeitgeber einbehalten und für den Arbeitnehmer direkt an Sozialschutzsysteme, Steuerbehörden usw. abgeführt werden“; ESVG 95, S. 7. U. a. sind darin auch die Abfertigungen enthalten. Sinngemäßes gilt auch für den Sachleistungsbezug. So sind Mahlzeiten und Getränke bei Geschäftsreisen den Sachleistungen zuzuordnen, außer ihre Verabreichung ist auf außergewöhnliche Arbeitsbedingungen zurückzuführen. Generell kann man davon ausgehen, dass sämtliche konsumtive Ausgaben des Arbeitnehmers, die er außerhalb seines beruflichen Wirkungsfeldes getätigt hat und vom Arbeitgeber bezahlt werden Sachleistungen darstellen. 7 Sozialbeiträge der Arbeitgeber „Die tatsächlichen Sozialbeiträge der Arbeitgeber umfassen deren Zahlungen an Versicherungsträger (Sozialversicherung und andere mit speziellen Deckungsmitteln finanzierte Sicherungssysteme) zugunsten ihrer Arbeitnehmer. Diese Zahlungen umfassen die gesetzlich vorgeschriebenen, die gewohnheitsmäßig gewährten, die vertraglichen sowie die freiwilligen Beiträge zur Versicherung gegen soziale Risiken oder Bedürfnisse“; ESVG 95, S 73. „Die unterstellten Sozialbeiträge stellen den Gegenwert von Sozialleistungen (vermindert um den Betrag in Höhe eventueller Arbeitnehmerbeiträge) dar, die von den Arbeitgebern direkt, also ohne Zwischenschaltung einer Versicherungsgesellschaft oder einer rechtlich selbständigen Pensionskasse und ohne dass zu diesem Zweck spezielle Fonds oder spezielle Rückstellungen gebildet werden, an die von ihnen gegenwärtig oder früher beschäftigten Arbeitnehmer oder sonstige Berechtigte gezahlt werden“; ESVG, S. 73. Den unterstellten Sozialbeiträgen kommt besondere Bedeutung bei den öffentlichen Gebietskörperschaften zu („imputierte Pensionen der Beamten“). Produktions- und Importabgaben gliedern sich in Gütersteuern: „Gütersteuern sind Steuern, die pro Einheit einer produzierten oder gehandelten Ware oder Dienstleistung zu entrichten sind...“; ESVG 95. S. 74. - prominente Beispiele sind die Mehrwertsteuer, die Importabgaben und Zölle - und die sonstigen Produktionsabgaben: „Die sonstigen Produktionsabgaben umfassen sämtliche Steuern, die von Unternehmen aufgrund ihrer Produktionstätigkeit, unabhängig von der Menge oder dem Wert der produzierten oder verkauften Güter, zu entrichten sind“; ESVG 95, S. 76. Unter anderem ressortieren Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu den sonstigen Produktionsabgaben. Korrespondierend zur Produktions- und Importabgaben untergliedern sich die Subventionen („Subventionen sind laufende Zahlungen ohne Gegenleistung, die der Staat oder Institutionen der Europäischen Union an gebietsansässige Produzenten leisten, um den Umfang der Produktion dieser Einheiten, ihrer Verkaufpreise oder die Entlohnung der Produktionsfaktoren zu beeinflussen...“; ESVG 95, S. 78) in Gütersubventionen und sonstige Subventionen. 8 6. Die Vollständigkeit Zur Sicherung der Vollständigkeit der einzelnen in das VGR-Datensystem einfließenden Größen stehen diverse methodische Vorgangsweisen zur Verfügung. Für den Bereich der so genannten Untererfassung werden die tatsächlich gemeldeten Umsätze mit den steuerbaren Umsätzen lt. Mehrwertsteuerstatistik verglichen und angepasst. Eine Reihe von Adaptionen betreffen Unterschiede, die auf die verschiedenen Konzepte der Unternehmensbuchhaltung einerseits und der VGR andererseits zurückzuführen sind. Besonders betroffen sind davon der sonstige Betriebsaufwand (z. B. Überführung der Bruttoversicherungsprämie in das Service-Charge-Konzept) und die Reklassifikation von steuerähnlichen Abgaben und Transfers. Unter dem Titel „underreporting“ erfolgen Zuschätzungen auf Grund von nicht deklarierten Einkommen - dies betrifft vor allem Kleinunternehmungen (Trinkgelder). Schließlich wird das Datenset noch durch eine Zuschätzung für nicht erfasste Wirtschaftsaktivitäten vervollständigt. Laut einer Kommissionsentscheidung vom 24. 7. 1998 muss für den Zweck der Feststellung der Mehrwertsteuerhinterziehung noch das theoretische (lt. InputOutput-Statistik) mit dem tatsächlichen Mehrwertsteueraufkommen (Kasseneingang beim Bund) verglichen werden. Ein Teil der daraus resultierenden Differenz wird unter dem Titel „Steuerhinterziehung“ zugebucht. 9 Bezeichnungen der ÖNACE 2003 - Abschnitte (Systematik der Wirtschaftstätigkeiten: A, B: Land- und Forstwirtschaft, Fischerei C: Bergbau, D: Sachgütererzeugung, E: Energie- und Wasserversorgung, F: Bauwesen, G: Handel; Reparatur von KFZ und Gebrauchsgütern, H: Beherbergungs- und Gaststättenwesen, I: Verkehr und Nachrichtenübermittlung, J: Kredit- und Versicherungswesen, K: Realitätenwesen, Vermietung bewegl. Sachen, unternehmensbezogene DL, N: Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen, O: Sonstige DL, L: Öffentliche Verwaltung, Landesverteidigung, Sozialversicherung (weitere Klassifikationselemente siehe: Systematik der Wirtschaftstätigkeiten; Statistik Austria, Wien 2003) 10 7. Ableitung des Nettonationaleinkommens Glossar: „Bruttobetriebsüberschuss ist das Einkommen, das den Einheiten aus der Eigennutzung ihrer Produktionsanlagen zufließt. Er ist der letzte Saldo, der sowohl für die Wirtschaftsbereiche als auch für die institutionellen Sektoren und Teilsektoren berechnet werden kann ...“; ESVG 95, S. 165. Selbstständigeneinkommen: „Im Falle der dem Sektor Private Haushalte angehörenden Unternehmungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit enthält der Saldo des Einkommensentstehungskontos implizit einen Bestandteil, bei dem es sich um die Vergütung für die vom Eigentümer oder von Mitgliedern seiner Familie geleistete Arbeit handelt und die nicht von seinen in seiner Eigenschaft als Unternehmer 11 erzielten Gewinnen unterschieden werden kann. In diesem Falle spricht man von ‚Selbstständigeneinkommen’ ...“; ESVG 95, S. 165. „Primäreinkommen ist das Einkommen, daß gebietsansässige Einheiten aufgrund ihrer unmittelbaren Einkommen, das Teilnahme der am Eigentümer Produktionsprozeß eines erhalten, Vermögenswertes sowie oder das eines nichtproduzierten Sachvermögensgegenstandes als Gegenleistung dafür erhält, daß er einer anderen institutionellen Einheit finanzielle Mittel oder nichtproduziertes Sachvermögen zur Verfügung stellt ...“; ESVG 95, S. 167. Konkret zählen die Arbeitnehmerentgelte, Selbstständigeneinkommen, die der Betriebsüberschuss und Vermögenseinkommen (z. B. Erträge die aus Direktinvestitionen), die Produktionsabgaben an die EU und die Subventionen von der EU zu den Primäreinkommen. Die empfangenen EU-Subventionen für die Landwirtschaft werden den österreichischen Bauern direkt als Primäreinkommen zugerechnet. Die Zahlungen Österreichs aus dem Titel „BSP-Eigenmittel“ zählen zu den laufenden Transfers und nicht zu den Produktionsabgaben. Im Rahmen der Produktions- und Importabgaben kommt dem so genannten „Rotterdam-Effekt“ Bedeutung zu. Es handelt sich dabei um Importabgaben auf österreichische Einfuhren, die direkt dem EU-Haushalt zufließen. Statistik Austria bucht sie zu den Importabgaben an die EU. 12 8. Exkurs: Finanzierungssaldo des Staatssektors Bei der Berechnung des Finanzierungssaldos - oder populärer ausgedrückt: des öffentlichen Defizits oder Maastricht-Defizits - handelt es sich um komplexe Buchungs-und Berechnungsabläufe. Nachstehend sollen die wichtigsten Begriffe und Zusammenhänge aufgezeigt werden. Es kann an dieser Stelle lediglich ein grober Eindruck der dem System zu Grunde liegenden Kontensequenzen und Buchungsverläufe vermittelt werden. Kontenabfolge nichtfinanzieller Transaktionen des Sektors Staat Das ESVG ordnet wirtschaftliche Transaktionen den dafür vorgesehenen Konten zu. Für die nichtfinanziellen Transaktionen zur Berechnung des öffentlichen Defizit ist dies in nachstehender Tabelle dargestellt: 13 Aus der obigen Darstellung lässt sich deutlich erkennen, dass sämtliche Konten durch die Salden (Fettdruck) verbunden sind. Auf diese Weise kann man ausgehend von der Entstehung des Einkommens, über die Verteilung und Verwendung bis hin zur Vermögensbildung - alle daran beteiligten Transaktionen verfolgen. Diese Kontenabfolge gilt im Übrigen für alle Sektoren – also nicht nur für den Sektor Staat. Das Finanzierungskonto (hier nicht angeführt) zeigt aufgeschlüsselt das Finanzierungsinstrumentarium eines Sektors. Dies bedeutet auch, dass eine Buchung nur auf diesem Konto zu keiner Änderung des Finanzierungssaldos führt. Eine Änderung kann sich lediglich durch eine Kombinationsbuchung auf einem nichtfinanziellen Konto und Finanzierungskonto ergeben. Beispiele: Gewährt der Staat ein Darlehen, so erhöht dies seine Forderungen und vermindern seine Geldbestände >>> keine Auswirkung auf den Finanzierungssaldo (beides sind Buchungen auf dem Finanzierungskonto). Verkauft der Bund eine Liegenschaft bar, so vermindert sich sein Bestandsvermögen (Sachvermögensbildungskonto: nichtproduziertes Vermögen); korrespondierend dazu erhöht sich sein Bargeldbestand >>> der Finanzierungssaldo verringert sich. Ein Bundesland überweist ein Guthaben für den Bau einer Vereinsporthalle. Durch diesen Kapitaltransfer - der auf dem Sachvermögensbildungskonto verbucht wird erhöht sich der Finanzierungssaldo (Finanzierungskontobuchung: Verminderung des Bankguthabens). 14 9. Tabellenteil I (Basistabellen: Statistik Austria) 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 10. Tabellenteil II (Derivationstabellen/Grafiken: AK Wien) 35 36 11. Berechnungsschema der Lohnquoten: Lohnquote unbereinigt, nom. (LQu) = (Arbeitnehmerentgelt/Nettoinlandsprodukt zu Faktorkosten)*100; Lohnquote bereinigt (LQb) = (Arbeitnehmerentgelt*(1+(Selbständige/Unselbständige)))/Nettoinlandsprodukt zu Faktorkosten 12. Funktionelle und personelle Einkommensverteilung - Lohnquoten An der Erstellung des Nettoinlandsproduktes (NIP) sind zwei Arten von Produktionsfaktoren (Kapital und Arbeit) beteiligt. Die Verteilung des NIP auf diese beiden Faktoren nennt man funktionale Einkommensverteilung. Die personelle Einkommensverteilung hingegen untersucht, welchen Wirtschaftssubjekten die jeweiligen Einkommen zufließen, unabhängig davon, welche Produktionsfaktoren dabei eingesetzt werden. Anders ausgedrückt: Setzt ein Arbeitnehmer beide Produktionsfaktoren ein, so erhält er Lohneinkommen und Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (z. B. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Zinseinkommen usw.). Dass ein hauptberuflich Selbständiger auch Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit bezieht, kommt eher selten vor, ist aber durchaus möglich (z. B. Spitalsarzt mit eigener Praxis). Daraus ist ersichtlich, dass man aus der funktionalen Einkommensverteilung nicht ohne weiteres auf die personelle schließen kann. Dazu bedarf es einer sehr detaillierten Primärdatenbasis, die jedoch nicht verfügbar ist. Die Lohnquote, die den Anteil der Lohneinkommen am Nettoinlandsprodukt darstellt und korrespondieren die Gewinnquote als Anteil der Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit, kann somit nicht eindeutig auf eine bestimmte Person bezogen werden. Vielmehr kann ein und die selbe Person Einkunftsquellen beziehen. 37 Einkommen aus verschieden Da zunehmend die alten Lohnformen durch neue „innovative“ ersetzt werden, man denke nur an die Diskussion über Mitarbeiterbeteilung aber auch an Selbständige, die dem wirtschaftlichen Gehalt nach Unselbständige sind, muss man diesen Umständen bei der argumentativen Verwendung der Lohnquoten stets Rechnung tragen. Anmerkungen - Probleme: Mit der Berechnung der bereinigten Lohnquote wird dem Umstand Rechnung getragen, dass im Zeitablauf nicht nur die Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit schwanken, sondern auch die Zusammensetzung Selbständige/Unselbständige (Erwerbstätige) sich verändert. Um die damit zusammenhängenden Schwankungen zu eliminieren, wird das Arbeitnehmerentgelt um eine Art kalkulatorischen Aufschlag ergänzt, und zwar im Ausmaß des Anteils der Selbständigen an den Unselbständigen. Die Anzahl der Selbständigen und Unselbständigen wird in Vollzeitäquivalenten gemessen, das sind auf Normalzeit umgerechnete Beschäftigkungsverhältnisse. Lohnquoten 1995 - 2008 90 85 in % des NIP 80 75 bereinigte LQ unbereinigte LQ 70 65 60 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 38 Entwicklung des Arbeitnehmerentgeltes und des Nettobetriebsüberschusses und Selbstständigeneinkommens 1995 = 100 210 190 170 Index 150 130 110 90 Arbeitnehmerentgelt Netto-BÜ 70 50 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Beschäftigungs-/ Beschäftigtenveränderung in % gegenüber dem Vorjahr 1995 - 2008 6,0 5,0 4,0 Unselbstständige Selbstständige % 3,0 2,0 1,0 -1,0 -2,0 39 08 20 07 20 06 20 05 20 04 20 03 20 02 20 01 20 00 20 99 19 98 19 97 19 96 19 19 95 0,0 Arbeitsproduktivität zu Vorjahrespreisen 1995 - 2008 130 125 Index 1995 = 100 120 115 110 105 100 95 90 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Arbeitsproduktivität = BIP zu Vorjahrespreisen (real) je Erwerbstätigen. 40 2007 2008 41 42 Lohnstückkosten Die Lohnstückkosten berechnen sich aus dem Quotient aus Arbeitnehmerentgelt und Bruttoinlandsprodukt. Verwendet man das reale BIP (BIP zu Preisen eines bestimmten Basisjahres), dann erhält man die nominellen Lohnstückkosten, welche Auskunft darüber geben sollen, welchen Druck die Lohnkosten auf das Preisniveau ausüben. Verwendet man hingegen das nominelle BIP (BIP zu den laufenden Preisen), erhält man die realen Lohnstückkosten. Dieser Indikator zeigt die tatsächliche Lohnkostenbelastung des Produzenten an, d.h. welchen Anteil der Lohnsteigerung das Unternehmen nicht durch Erhöhung des Verkaufspreises ausgleichen kann. Folgende Definitionen gelten: Reales Bruttoinlandsprodukt (BIPreal) = BIPnom/Preisindex (P); LSKreal = AN/BIPnom; LSKnom = LSKreal*P = (ANnom/BIPnom)*P = AN/(BIPnom/P) = AN/BIPreal 43 44 Reale Lohnstückkosten 1995 - 2008 102 100 Index 1995 = 100 98 96 94 92 90 88 86 84 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 45 2003 2004 2005 2006 2007 2008 13. Wirtschaftswachstum und Prognose 46 47 Laut Wirtschaftsforschungsinstitut durchläuft seit dem III. Quartal 2008 die heimische Wirtschaft die tiefste Rezession nach dem 2. Weltkrieg. Aufgrund der internationalen und nationalen Konjunkturpakete setzte jedoch bereits Mitte 2009 wieder eine deutliche Belebung ein. 2010 sollte die Wirtschaft wieder mit einem moderaten Wachstum aufwarten. Eine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt ist jedoch noch nicht in Sicht. Während die privaten Konsumausgaben auch im Krisenjahr 2009 um 0,2% real wachsen werden, tritt bei den Bruttoanlageinvestitionen ein Rückgang von 6,1% ein. Besonders davon betroffen sind die Austrüstungsinvestitionen mit einem Minus von 11% - jeweils verglichen mit dem Jahr 2008. Einen annähernd synkronen Verlauf zeigen die Entwicklungen bei den Warenexporten mit -15,1% und bei den Warenimporten mit -11,2 %. Die für das Jahr 2009 prognostizierte Inflationsrate in Höhe von 0,5% stellt einen Dekaden-Tiefstwert dar; vor genau 10 Jahre betrug sie 0,6%. Damit verbunden ist ist Hoffnung auf eine verstärkte private Konsumnachfrage. Ebenso ist aufgrund der Erholung der Industrieproduktion mit einer Ausrüstungsinvestitionen zu rechnen. 48 zunehmenden Nachfrage nach Der staatliche Finanzierungssaldo lt. Maastricht beträgt für 2008 -4,5% und liegt damit um 1,5 %-Punkte über der erlaubten Defizitgrenze von 3% des BIP. Die Gründe hierfür liegen überwiegend in den staatlichen Konjunkturprogrammen und konjunkturell bedingten Steuerausfällen. Österreich befindet sich mit dieser Situation europaweit bzw. weltweit in bester Gesellschaft. Dies betrifft auch das Wirtschaftswachstum im Allgemeinen. Das prognostizierte OECD-Wirschaftswachstum liegt im Jahre 2009 bei -3,5% (Österreich -3,4%), die EU 27 liegen im Durchschnitt bei -4,0%. Ein herausragendes Wachstum verzeichnet China mit 7,0% . 14. Realrechung – Einführung der Vorjahrespreisbasis und Verkettung in den österreichischen VGR Durch die Schaffung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes im Juli 1997 wurde erstmals die Frage nach der „korrekten“ Messung des BIP zu konstanten Preisen relevant. Zu verstehen ist darunter die Volumenmessung des BIP. Bis dato erfolgte die Berechnung zu konstanten Preisen eines fixen Basisjahres. Als Hauptgründe von einer Abkehr dieses Berechnungsmodus werden angeführt die Verschiebungen der relativen Preise im Zeiablauf, die die ökonomischen Verhältnisse nur mehr verzehrt im Stande sind abzubilden und der Basisjahreffekt, der bei einem Basisjahrwechsel auftritt. Der von vielen Seiten angeführte Nachteil der BIP-Berechnung zu Vorjahrespreisen und deren Verkettung liegt in der Nicht-Additivität der VGR-Teil-Aggregate. Grund dafür ist die durch die jährliche Verkettung entstehende Gewichtungsänderung der Kettenindizes. Um auch vergleichbare Absolutwerte für die Volumenangaben als Zeitreihe darzustellen, müssen die Kettenindizes mit den Werten des Bezugsjahres verknüpft werden (ausführlich dazu siehe Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen 1988 – 2003, Revision 2004, Statistik Austria, Wien 2004). 49 15. Literatur/Datenquellen Brück, Tilman; Uhlendorff, Arne; Woweries, Malte: DIW, Wochenbericht 14/04, Berlin, 2004 . Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 1995, Brüssel, Luxemburg 1996. Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung, Prognose für 2009 bis 2010, Wien, September 2009. Statistik Austria, Systematik der Wirtschaftstätigkeiten, Wien 2003. Statistik Austria, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen 1977 – 2008, Wien 2009. 50