TK aktuell - Thüringen

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TK aktuell
April 2013
Vaginale Geburt aus Beckenendlage – Eine
sichere Alternative zur Schnittentbindung?
Neues aus der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe
Über viele Jahre galt bei Beckenendlagen der
vaginale Geburtsmodus als Standard, die Sectio wurde nur dann indiziert, wenn zusätzliche
Risiken, wie zum Beispiel sehr großes Kind
oder enges mütterliches Becken, vorlagen. Das
änderte sich grundlegend mit Veröffentlichung
einer Studie der Term Breech Trial Collaborative Group1 2004, die einen Vorteil der primären Sectio bei Beckenendlagen postulierte. Der
Review dieser Untersuchung legte jedoch erhebliche methodische Mängel offen, die dieses
Ergebnis beeinflusst haben. Über den Vorteil
einer primären Sectio bei Beckenendlage wird
seitdem kontrovers diskutiert. Während viele
Kliniken weiterhin konsequent den Empfehlungen der Studie folgen, hat bei anderen ein
Umdenken in Richtung vaginaler Geburt stattgefunden.
Die deutsche Leitlinie2 trägt dem Rechnung
und sieht beide Optionen als gleichwertige
Alternativen. Mit dem Versuch der äußeren
Wendung des Kindes steht zudem eine dritte
Option zur Verfügung, die Sectio zu vermeiden.
Unabdingbare Voraussetzung zur Planung
einer Beckenendlagengeburt ist die fachärztliche Untersuchung zur Beurteilung des mütterlichen Beckens und der kindlichen Größe.
Die Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe
sowie das Perinatalzentrum Saalfeld verfügen
über eine Struktur, die es ermöglicht, die vaginale Geburt aus Beckenendlage und die äußere
Wendung ohne erhöhtes Risiko für Mutter
und Kind anzubieten. Wir möchten in diesem
Newsletter unser Management vorstellen, damit Sie die betreffende Schwangere ergebnisoffen beraten können.
Voraussetzungen:
• klinische Untersuchung zur Beurteilung
des mütterlichen Beckens – bei einer
Erstgebärenden ist in unserer Klinik eine
Becken-MRT obligat.
• sonographische Biometrie zum Ausschluss einer fetalen Makrosomie (> 3800
g) und einer fetalen Wachstumsretardierung (< 10. Perzentile), Beurteilung der
Proportionen Kopf- und Abdomenumfang (KU >> AU)
• Gestationsalter > 36 + 0 SSW
• geeignete Klinikstruktur mit Anwesenheit von Chef- oder Oberarzt bei Geburt
sowie jederzeit abrufbares Neonatologieund Anästhesieteam (in Saalfeld bei Notfall innerhalb von zehn Minuten)
• klinikinterne strenge Limits der maximalen Dauer von Eröffnungs- und Austrei-
bungsperioden bis zur Indikation einer
sekundären Sectio
• Aufklärungsgespräch mit der Schwangeren durch einen Facharzt über Geburtsablauf, die potentiellen Risiken, Vor- und
Nachteile der vaginalen als auch der
Schnittentbindung und Darstellung der
Klinikstruktur. Im Ergebnis dessen gemeinsame Festlegung des Geburtsmodus
(„informed consent“).
• Angebot des Versuchs einer äußeren Wendung ab der 37 + 0 SSW mit Aufklärung
mindestens 1 Tag vor dem Eingriff. In
unserer Klinik erfolgt dieser Wendungsversuch in Sectiobereitschaft (OP-Team
pausiert im laufenden Programm), unter
Tokolyse und mit kurzfristigen intermittierenden CTG- und Sonographiekontrollen.
Unter Beachtung dieser Voraussetzungen
können wir in Saalfeld mehrere bezüglich des
kindlichen Risikos gleichwertige Alternativen
zur Geburt aus Beckenendlage anbieten und
damit die eingangs aufgeworfene Frage mit
einem eindeutigen „Ja“ beantworten.
Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe
Telefon (0 36 71) 54-14 60
[email protected]
Quellen:
1) Whyte, H at al. for the 2-year infant follow-up Term Breech
Trial Collaborative Group: Outcomes of children at 2 years
after planned cesarean birth versus planned vaginal birth for
breech presentation at term: The International Randomized
Term Breech Trial. Am J Obstet Gynecol 2004; 191: 864-71
2) AWMF-Leitlinien-Register Nr. 015/051 S1 01/2010
MRT-Becken zur Bestimmung der Beckenmaße (Conjugata vera obstetrica).
THÜRINGEN-KLINIKEN • Georgius Agricola • GmbH
www.thueringen-kliniken.de
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Hugo-Trinckler-Straße 2-4 • 07407 Rudolstadt • Telefon (0 36 72) 4 56-0
Hohes Gäßchen 8-10 • 07381 Pößneck • Telefon (0 36 47) 4 36-0
Alternativen prüfen
Sehr geehrte Kolleginnen und
Kollegen,
der heute übliche großzügigere Einsatz der
Schnittentbindung hat
zweifelsohne zur hohen
Sicherheit der Geburtshilfe beigetragen. Moderne Anästhesieverfahren
und unser perioperatives Management
gewährleisten die hohe Sicherheit der
werdenden Mutter. Dennoch sollte die
Geburt auf natürlichem Weg weiterhin
als Standard gelten. Die Sectiorate einer
Geburtsklinik, vor einigen Jahren noch
Marker in der Perinatalerhebung, rückt
in jüngster Zeit wieder mehr in den Focus
der Geburtshelfer. National und international diskutiert man, ob Sectioraten von
30 Prozent und mehr wirklich notwendig
und sinnvoll sind. Neben echten medizinischen Indikationen spielen dafür forensische Gründe, die weitestgehend verloren
gegangene Akzeptanz schicksalhafter Erkrankungen und nicht zuletzt auch völlig falsche Erwartungen an eine normale
Geburtsdauer eine Rolle. Hohe Sectiorate
bedeutet nicht sogleich niedrigere Morbidität und Mortalität. Die aktuelle Statistik des RKI zeigt klar, dass die Bundesländer Sachsen und Thüringen bei niedriger
Sectiorate die beste perinatale Mortalität
und Morbidität innerhalb Deutschlands
aufweisen. Der vaginale Geburtsmodus
bei Becken­endlagen ist ein kleiner Baustein in diesem Bestreben. Unsere Klinik
bietet alle Vorbedingungen, die vaginale
Geburt bei Beckenendlage als Alternative
anbieten zu können. Das Management
ist obligater Bestandteil der Weiterbildung unserer jüngeren Ärztinnen und
Ärzte. In der Frauenklinik Saalfeld lag
die Sectiorate 2012 bei 22,8 Prozent, und
23 Prozent der Frauen mit einem Kind in
Steißlage konnten auf natürlichem Weg
entbunden werden.
Ich möchte mit meinem Schreiben dazu
anregen, bei der Beratung unserer Frauen
diese Alternativen mit einzubeziehen und
gegebenenfalls zur weiteren Planung in
der Geburtsklinik vorzustellen.
Ihr Dr. med. Dietrich Hager
Chefarzt der Klinik für
Gynäkologie und Geburtshilfe
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