Warten auf das Transplantat

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ALTERNATIVEN
Warten auf das Transplantat
Alternativen bis zum entscheidenden Anruf - Teil1
von Dr. med. K. Ströh, Prof. Dr. med. Ch. Hagl, Klinikum der Universität München
P
atienten, die wegen einer fortgeschrittenen Herzschwäche auf
eine Herztransplantation warten,
warten heute deutlich länger als noch
vor 10 Jahren. Das liegt einerseits daran,
dass nach Einschätzung der Deutschen
Stiftung Organtransplantation (DSO)
nur 40 % aller Krankenhäuser in Deutschland potentielle Organspender melden [1]. Andererseits ist die Spenderbereitschaft in der Bevölkerung u. a. aufgrund der Transplantationsskandale
2012 massiv zurückgegangen [2].
Transplantiert werden heute fast ausschließlich Patienten, die hochdringlich
(HU-Status, HU=high urgency) für eine
Transplantation gelistet sind und sich im
Krankenhaus auf einer Überwachungsstation befinden. Diese dürfen sie bis zur
Transplantation nicht verlassen. Das war
vor einigen Jahren noch ganz anders:
Damals wartete die Mehrzahl der Patienten zu Hause (t-Status, t=transplantabel) und wurde ins Krankenhaus
gerufen, wenn ein Spenderorgan gefunden war. Die Wartezeit in der Klinik
ist für die Patienten, Familie und Freunde
sehr belastend. Auch medizinisch machen lange Wartezeiten große Probleme:
Für die schwer kranken Patienten kann
jede Grippe, jeder Harnwegsinfekt akut
lebensbedrohlich werden. Tritt eine
akute Verschlechterung ein, so kann die
mechanische Herzunterstützung die
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01/2015
Herzschlag
letzte Möglichkeit sein, den Patienten zu
stabilisieren. Hier hat es in den vergangenen Jahren viele neue Entwicklungen
gegeben. Mittlerweile gibt es komplett in
den Brustkorb implantierbare (intrathorakale) Systeme, die nicht nur als Überbrückung bis zur Herztransplantation
genutzt werden, sondern auch bei Patienten zum Dauereinsatz kommen, die
aufgrund von hohem Lebensalter (>65)
oder anderer Erkrankungen nicht transplantiert werden können (Abb.1).
Abb.1: Mechanisches Herzunterstützungssystem für die
linke Herzkammer. Die Pumpe ist komplett in den Brustkorb
implantiert. Ein Stromkabel verlässt den Körper im Bauchbereich und verbindet die Pumpe mit Batterien.
Quelle: Firma HeartWare® GmbH, Hannover
Mechanische
Herzunterstützungssysteme
Die mobile Herz-Lungen-Maschine
Es gibt unterschiedliche Arten von
Herzunterstützungssystemen. Braucht
man eine für wenige Tage andauernde
Unterstützung, so kommen Pumpen
außerhalb des Körpers zur Anwendung.
Das Blut verlässt über große Kanülen im
Leisten oder Brustbereich den Körper,
fließt durch die Pumpe und wird von
dieser in den Körper zurückgepumpt.
Der Kreislauf wird somit von der Pumpe
angetrieben, das schwache Herz entlastet
(Abb.2).
Auch die Lungenfunktion kann durch
diese Maschine ganz oder teilweise
übernommen werden. Es handelt sich
somit um eine „mobile“ Herz-LungenMaschine, wie sie auch bei Bypass- oder
Klappenoperationen am Herzen Verwendung findet. Der Einbau einer solchen
Herzunterstützung über die Leiste geht
sehr schnell und kann auch außerhalb
des Operationssaales, zum Beispiel auf
einer Intensivstation, erfolgen. Die Herzchirurgische Klinik der Universität München führt den Einbau solcher Unterstützungssysteme (medizinisch: ECLS=
extracorporeal life support) im Notfall
auch außerhalb, d. h. in fremden Kliniken durch, um die Patienten zu stabilisieren und dann in das Klinikum
Das Gesundheitsmagazin im Bayerischen Wald
Fakten zur
Herztransplantation
Abb.2: Mobile Herz-Lungen-Maschine: roter Pfeil: Blutschläuche, die an der Leiste angeschlossen werden.
Blauer Pfeil: die Pumpe steht direkt neben dem Bett. Quelle: Herzchirurgische Klinik und Poliklinik, Universität München
Großhadern zur weiteren Therapie überführen zu können.
Pumpsysteme
innerhalb des Körpers
Kann ein Patient mit einer mobilen HerzLungen-Maschine stabilisiert werden, es
gelingt jedoch nicht, ihn von dieser
wieder zu entwöhnen, braucht er eine
längerfristige Pumpunterstützung. Es ist
möglich, von der mobilen Herz-LungenMaschine auf ein kleineres Gerät zu
wechseln, was komplett im Brustkorb
verschwindet. Bei diesem Gerät verlässt
nur ein dünnes Stromkabel auf Bauchhöhe den Körper. Über dieses ist die
Pumpe an Batterien angeschlossen, die
sie antreiben. Pat-ienten mit einem
solchen Gerät können sich frei bewegen,
sogar in Maßen auf dem Ergometer oder
Laufband trainieren und ihren körperlichen Zustand wieder verbessern. Das
Gerät mit allem Zubehör wiegt 1.5 kg.
Die Batterien und die Steuereinheit
werden in einer Umhängetasche oder
einem Gürtel am Körper getragen.
Patienten mit dieser Pumpe sind pulslos,
weil die Pumpe kontinuierlich fördert
und das schwache Herz nur noch eine
minimale Restleistung hat.
Risiken und
Einschränkungen
Patienten, die vor der Transplantation
eine mechanische Herzunterstützung
brauchen, haben ein höheres Risiko
während der Herztransplantation Komplikationen zu erleiden. Die Transplantation wird aufgrund der vorherige Implantation der Pumpe schwieriger, weil
Verwachsungen auftreten und das Gerät
erst komplett ausgebaut werden muss,
bevor das neue Herz eingenäht werden
kann. Die Patienten haben während der
Laufzeit der Pumpe außerdem ein hohes
Risiko eine Infektion im Bereich der
Hautaustrittsstelle des Kabels zu erleiden. In solchen Fällen sind oft
Antibiotika-Therapien notwendig. In
seltenen Fällen kann die Infektion auch
am Kabel aufsteigen und zu einer Blut-
Unabhängig, informativ und verständlich
vergiftung führen. Zur Vermeidung der
Entstehung von Blutgerinnseln in solchen Pumpen ist eine Therapie mit Marcumar und Aspirin bei allen Patienten
notwendig. Trotzdem kann es zu Schlaganfällen kommen.
Ausblick
Durch die Entwicklung von kleinen,
leistungsstarken Pumpen zur Kreislaufunterstützung können wir heute Patienten, die sich auf der Transplantationsliste verschlechtern, retten und dann
erfolgreich einer Transplantation zuführen. Auch bei Patienten, die keine
Kandidaten für eine Transplantation
sind, können die Systeme bei Herzschwäche eingesetzt werden. Im November 2011 wurde an der LMU München die erste intrathorakale Pumpe des
hier beschriebenen Typs als Dauertherapie implantiert. Der Patient lebt bis heute
mit guter Lebensqualität daheim. Ein
Patient aus Skandinavien ist Träger der
gleichen Pumpe und lebt seit 6 Jahren
damit. Die Entwicklung schreitet fort
und mit der Einführung immer kleinerer
Pumpen können wir hoffentlich bald
auch Kindern intrathorakale Systeme
anbieten. Kleinere Geräte bedeuten
außerdem, dass auch kleinere Zugangswege (Stichwort: Schlüssellochchirurgie) in Zukunft immer häufiger möglich
sind. Die Entwicklungsfirmen arbeiten
außerdem daran, auf Dauer das Problem
mit der Stromversorgung zu lösen. Sie
möchten erreichen, dass auch die Energieträger in den Körper implantiert werden und eine Aufladung dann über die
Haut erfolgt. Wann und ob sich dieses
Ziel umsetzten lässt, gilt es abzuwarten.
Die Herztransplantation ist eine
etablierte Therapie. Für Patienten,
die vor der Transplantation nicht
mehr am normalen Leben teilhaben können, Luftnot schon bei
kleinsten Belastungen (z. B. wenige
Schritte gehen) oder in Ruhe
haben, oft zu massiven Wasseransammlungen in Bauch und Beinen
neigen und immer wieder von
Herzrhythmusstörungen bedroht
sind, bietet sich die Chance nach
der Transplantation wieder ein
vollständiges Leben zu führen:
inklusive Beruf und Sport. Im Jahre
2014 wurden insgesamt 304 Herzen an 21 Zentren in Deutschland
transplantiert [3]. Der Eingriff selbst ist ein Hochrisikoeingriff. Auch
das erste Jahr danach bedarf intensiver, engmaschiger Überwachung. Die Mortalität (Sterblichkeit)
bei der Operation und im ersten
postoperativen Jahr zusammen
liegt bei ca. 20 %. Nach 5 Jahren
leben 70 %, nach 10 Jahren 59 %
der Herztransplantierten[4]. Im
Vergleich dazu liegt das 1-JahresÜberleben mit einer Herzschwäche
im Endstadium ohne Transplantation bei 40 % [5]. Nach einer
Herztransplantation muss jeder
Patient dauerhaft Medikamente
einnehmen, die eine Abstoßung
des Organs verhindern. Diese
Medikamentendosis wird mit Hilfe
von regelmäßigen Blutabnahmen
überwacht.
Kontakt:
Herzchirurgische Klinik und Poliklinik
des Klinikums der Universität München (LMU)
Direktor: Prof. Dr. med. Christian M. Hagl
Transplantation und Herzunterstützungssysteme
PD Dr. med. R. Schramm, Dr. med. K. Ströh
Marchioninistr. 15, 81377 München
Tel.: 089 4400 73980, Fax: 089 4400 78774
Email:
[email protected]
Literatur
[1] Siegmund-Schultze N. Organspende: Wie hoch
ist das Potential? Dtsch Arztebl 2012; 109(4): A-136 /
B-126 / C-126
[2] Presse DSO 15.01.2014. Zahl der Organspender
in 2013 weiter stark gesunken. www.dso.de
[3] Eurotransplant Jahresbericht 2014, www.eurotransplant.org
[4] Kofler S, Bigdeli AK, Kaczmarek I. Long-term
outcomes after 1000 heart transplantations in six
different eras of innovation in a single center.
Transplant International. 2009; 22:1140 - 1150.
Herzschlag
01/2015
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