NL Recht Wenn Geister geweckt werden Zur Bewältigung nicht erkannter Liquidationen Die Probleme um jene „Geister“-LPG, die längst totgeglaubt, nach zehn Jahren als LPG in Liquidation auferstehen, müssen jetzt vernünftig gelöst werden. Besonders dann, wenn seit Jahren erfolgreich gewirtschaftet wird, kann in der Regel niemand ein Interesse daran haben, Betriebe zu zerschlagen, Vermögen zu entwerten und Arbeitsplätze zu gefährden. Darauf aber liefe es hinaus, wenn in den Fällen nicht erkannter Liquidationen aus unwirksamen Umwandlungen keine sinnvollen Lösungen gefunden würden, die alle berechtigten Interessen berücksichtigen. NL-Redakteur KLAUS BÖHME ist dieser Frage nachgegangen. U nter den LPG-Liquidationen sollen hier nicht die selbst beschlossenen Auflösungen oder die Liquidationen kraft Gesetzes für jene, die bis 31. 12. 1991 die Umwandlung nicht geschafft hatten, zur Diskussion stehen. Auch wenn es dort, siehe das Beispiel auf Seite 10 in diesem Heft, reichlich Probleme gibt. Im Folgenden geht es um jene Fälle, in denen sich eine Umwandlung zu einem späteren Zeitpunkt als unwirksam herausstellt. Von einer als gelungen betrachteten Umwandlung ausgehend, wurde in diesen Fällen in vermeintlichen Nachfolgeunternehmen weiterproduziert – oft sehr erfolgreich – und diese Unternehmen traten auch für die Verpflichtungen aus der Vermögensauseinandersetzung ein. Gründe fehlgeschlagener Umwandlungen Im Rahmen eines Forschungsvorhabens an der Universität Jena wurde bei einer Überprüfung der Registereintragungen in Thüringen festgestellt, dass 8,1 % aller eingetragenen Umwandlungen als gescheitert anzusehen sind. 29 LPG befinden sich nach den Forschungsergebnissen in diesem Land derzeit in Liquidation, davon der größte Teil noch unerkannt. In den anderen Ländern wird mit ähnlichen Raten des Scheiterns von Umwandlungen gerechnet. Die Ursachen fehlgeschlagener Umwandlungen sind sicher vor allem in Unzulänglichkeiten des Gesetzes, hohem zeitlichen 76 Neue Landwirtschaft 10 · 2001 Druck, fehlenden Erfahrungen, Schwierigkeiten einer Umbruchzeit und großen wirtschaftlichen Problemen zu sehen. Sie liegen dabei gleichermaßen in den Unternehmen, bei Beratern, den Registergerichten und staatlichen Stellen und sollen hier nicht näher diskutiert werden. Eine rechtzeitiger Anmeldung zum Register bis zum 31. 12. 1991 und das Vorliegen eines Umwandlungsbeschlusses vorausgesetzt, liegen die Gründe für den Fehlschlag einer Umwandlung vor allem in ● Umwandlungen in Rechtsformen, die das Gesetz zum Zeitpunkt der Eintragung in das Register nicht oder noch nicht vorsah (nach diesem Gesichtspunkt sind alle frühen Umwandlungen in GmbH, AG und GmbH & Co. KG „verdächtig“) sowie in ● Umwandlungen, bei denen die Identität von LPG und neuem Unternehmen nicht gewahrt wurde, insbesondere LPG-Mitglieder rechtswidrig im Umwandlungsprozess „verdrängt“ wurden. In diesen beiden Fällen kann auch die starke Heilungswirkung der Registereintragung für Umwandlungsmängel nicht mehr wirksam werden. Sind diese Mängel von einem Gericht festgestellt worden, dann steht mit allen damit verbundenen Konsequenzen fest, ● dass das neue Unternehmen nicht aus einer Umwandlung hervorgegangen ist, also die Rechtsnachfolge nie angetreten hat, ● und damit die alte LPG fortbesteht, allerdings seit dem 01. 01. 1992 kraft Gesetzes in Liquidation. Die Tatsache, dass Wissenschaftler diese Feststellung im Fall einer konkreten LPG treffen, führt noch nicht zu praktischen Schema zur Prüfung, ob eine unheilbar fehlgeschlagene Umwandlung vorliegen könnte Liegt ein Umwandlungsbeschluss vor, der besagt, dass die LPG nach dem LwAnpG umgewandelt wurde? nein ! nein oder unklar ! ja Hat allen Mitgliedern freigestanden, Gesellschafter/Mitglied im neuen Unternehmen zu werden? ja Wann ist die Eintragung beim Registergericht erfolgt? nach dem 07. 07. 1991, aber ordnungsgemäße Anmeldung bis zum 31. 12. 1991 vor dem 07. 07. 1991 Umwandlung in eine e.G. ✔ ✔ ✔ wirksame Umwandlung ! Umwandlung in AG, GmbH, GmbH & Co.KG ! Rechtsrat einholen! Das Schema kann bei der komplizierten Materie nur eine grobe Orientierung geben. Nicht berücksichtigt sind spezielle Fragen, die sich aus der Teilung ergeben. NL-Grafik So sah unser Karrikaturist im 1998er Februarheft der Neuen Landwirtschaft den ersten aufsehenerregenden Fall einer bekanntgewordenen „nicht erkannten Liquidation“. Der vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall betraf das Unternehmen des Thüringer Bauernverbandspräsidenten. Karrikatur: Harri Parschau Konsequenzen. Die Auswertung der Untersuchung von Registerunterlagen kann uns bestenfalls zeigen, mit welcher Dimension wir eventuell zu rechnen haben und welche Gründe eine Rolle spielen. Praktisch relevant wird das Problem erst, wenn die Tatsache der Fortexistenz der totgeglaubten LPG bzw. die unheilbare Fehlerhaftigkeit der Umwandlung rechtlich verbindlich festgestellt sind. Für die aus Umwandlungen hervorgegangenen Unternehmen gibt es folgenden Handlungsbedarf: 1. Bei festgestellten Fällen fehlgeschlagener Umwandlungen ist sofort und wirksam zu handeln. 2. Jedes aus einer Umwandlung von LPG hervorgegange Unternehmen sollte für sich selbst nach dem nebenstehenden Schema die Umwandlung überprüfen und ggf. Rechtsrat einholen. Für die Mehrzahl kann die Beantwortung der Fragen allerdings auch eine Entwarnung bringen. 3. Wird mit Unterstützung sachkundigen Rechtsrates festgestellt, dass eine bisher nicht erkannte, fehlgeschlagene Umwandlung vorliegt, dann muss man sich der bestehenden latenten Gefahr bewusst sein. Sie besteht darin, dass bei verschiedenen Gelegenheiten die Ungültigkeit der Umwandlung gerichtlich festgestellt und damit die LPG i.L. wiederbelebt werden könnte. Eine Verjährung oder Heilung tritt nie ein! Als Minimalreaktion sollte das Management des neuen Unternehmens die Auswirkungen analysieren und Szenarien für den „Ernstfall“ erarbeiten. „Sicherungsmaßnahmen“ für das Unternehmen müssen aber sofort ergriffen werden. Festgestellte fehlgeschlagene Umwandlung Wenn eine fehlgeschlagene Umwandlung festgestellt wird, muss gehandelt werden! Die Kompliziertheit der zu regelnden rechtlichen, organisatorischen und wirtschaftlichen Fragen legt in jedem Falle eine kooperative, interessenausgleichende Problemlösung nahe. Akteure sind dabei ● der/die Liquidator/en, ● die Mitglieder der LPG (die sich in bisher unerkannter Liquidation befindet) und ● die Gesellschafter der/des neuen Unternehmen/s (vermeintlicher Rechtsnachfolger). Bewährt und in der Literatur empfohlen ist die sogenannte „Nachzeichnungslösung“. Bei ihr wird eine notariell zu beurkundende Übertragungsvereinbarung zwischen LPG i.L. und „Nachfolgeunternehmen“ abgeschlossen. Mit dieser nicht einfach zu erarbeitenden Vereinbarung wird durch Abschluss eines Unternehmenskaufvertrages das ursprünglich beabsichtigte wirtschaftliche Ergebnis der inzwischen rechtsunwirksamen Umwandlung nachträglich herbeigeführt. Wenn das „Nachfolgeunternehmen“ auch alle Verpflichtungen der LPG i.L. übernimmt hat auch der Bundesgerichtshof gegen eine solche Lösung offensichtlich nichts einzuwenden. Die „Nachzeichnungslösung“ ist durchsetzbar, weil sie eine bestmögliche Verwertung in der Liquidation, wie sie für den Liquidator vorgeschrieben ist, ermöglicht. Sie dürfte in aller Regel, besonders bei florierenden „Nachfolgeunternehmen“, deut- lich bessere Ergebnisse bringen als eine Zerschlagung mit Veräußerung einzelner Vermögenswerte. Damit entspricht diese Lösung auch am besten den Interessen sowohl der Mitglieder der LPG i.L. – an denen sich der Liquidator zu orientieren hat – wie auch denen der Gesellschafter des „Nachfolgeunternehmens“. Wesentlich erschwert werden kann eine Lösung, wenn von der LPG i.L. bei der unbedingt erforderlichen Überprüfung festgestellt wird, dass die Vermögensauseinandersetzung nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Auch hier sind aber nachträgliche Lösungen möglich. Sollten sich LPG i.L. und „Nachfolgeunternehmen“ nicht einigen, kann es auch bei den Pachtverträgen zu komplizierten Konstellationen kommen. Drohende Feststellung einer fehlgeschlagenen Umwandlung Ist die Feststellung noch nicht erfolgt, dann sind verschiedene Gelegenheiten zu berücksichtigen, aus denen heraus eine fehlgeschlagene Umwandlung jederzeit festgestellt werden kann. In der Regel dürfte das Feststellungsinteresse eines tatsächlich oder vermeintlich Benachteiligten aus der Vermögensauseinandersetzung der Auslöser sein. Aber auch alle anderen Vorgänge, bei denen es auf die Rechtsnachfolge der LPG ankommt (Gebäudeeigentum, Steuerprüfung, EALG-Bodenkauf etc.) können ein berechtigtes Feststellungsinteresse auslösen und zur gerichtlichen Nachprüfung führen. Wenn dieser Fall droht ist es höchste Zeit, sich an einen für solche Fragen qualifizierten rechtlichen Berater zu wenden und die Verbindung zu den Mitgliedern der eventuell als Liquidationsbetrieb „auferstehenden“ LPG sowie zu den Verpächtern zu festigen. (bö) NL Wer sich näher mit den rechtlichen Fragen fehlgeschlagener Umwandlungen beschäftigen möchte, dem seien die Briefe zum Agrarrecht empfohlen: 1/1998, S. 16 ff., 7/2000, S. 265 ff., 8/2000, S. 304 f, 9/200, S. 352, ff. Neue Landwirtschaft 10 · 2001 77