Neuenburg: Ackerschmalwand im Zentrum dreier Nationen

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Neuenburg: Ackerschmalwand im Zentrum dreier Nationen
Vom 24. bis zum 27. August empfängt die Universität Neuenburg anlässlich eines Seminars über die
Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland,
Österreich und der Schweiz. Dieser zweite Tri-Nationale Arabidopsis Kongress, der mit Unterstützung des
Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) Überlebenserfolg von Pflanzen organisiert wurde, behandelt
Themen in Zusammenhang mit der Genetik dieser Pflanze aus der Familie der Kohlgewächse. Da ihre DNA
vollständig entschlüsselt ist, sie sich problemlos im Labor kultivieren lässt, eine genügend grosse
Wachstumsrate aufweist sowie eine kurze Generationszeit hat, eignet sie sich hervorragend für
molekularbiologische Untersuchungen.
Die Spezialistin in Pflanzenphysiologie Claire Bréhélin, Oberassistentin an der Universität Neuenburg, wird darlegen
wie sie am Beispiel der Arabidopsis die pflanzliche Vitaminsynthese untersucht hat. Genauer gesagt hat sie ein
Schlüsselenzym für die Biosynthese von Vitamin E lokalisiert.Vitamin E ist eine Substanz, die in pflanzlichen Ölen
vorkommt und für die Funktion von Herz und Kreislauf von Wichtigkeit ist. Ihre Resultate haben aufgezeigt, dass
dieses Enzym und das von ihm gebildete Vitamin in den Plastoglobuli gespeichert wird, eine Art winzige Öltröpfchen in
pflanzlichen Zellen, deren Funktion bis jetzt nicht genau definiert war. Damit konnten Plastoglobuli erstmals als
wichtige Vitamin E-Speicher bezeichnet werden. Eine bedeutende Schlussfolgerung für Experten dieses Bereichs.
Didier Reinhardt, Forscher an der Universität Freiburg und Mitglied des NFS Überlebenserfolg von Pflanzen, wird
Arbeiten präsentieren, für die er im Wissenschaftsmagazin Nature im Jahr 2003 gewürdigt wurde. An diesen
Forschungen hatte auch einer der Vize-Direktoren des NFS, Professor Cris Kuhlemeier von der Universität Bern,
teilgenommen. Sie haben den Nachweis erbracht, dass Auxin, ein pflanzliches Hormon, an der regelmässigen
Verteilung der Blätter rund um die Stängel beteiligt ist. Dieses Phyllotaxie genannte Phänomen ist Thema zahlreicher
mathematischer Überlegungen. Die geometrischen Gesetze, der sie folgt, sind am Beispiel der spiralförmigen
Anordnung der Samen der Sonnenblume gut sichtbar. Allerdings waren die für die Phyllotaxie ausschlaggebenden
biochemischen Faktoren bis jetzt noch unbekannt. Licht ins Dunkel brachte zunächst die Identifikation der Gene der
Ackerschmalwand, womit es möglich wurde, eine Variante dieser Pflanze mit Blattwuchs in unregelmässigen
Abständen zu erzeugen. Entscheidend war jedoch der Beweis, dass dieses «willkürliche» Wachstum durch die erneute
Zufügung von Auxin aufgehoben werden kann.
Ein anderer Schwerpunkt des Seminars betrifft die Gene, welche die Entwicklung der Pflanzen steuern. Ein Thema,
das Professor Detlef Weigel vom Max Planck Institut in Tübingen (Deutschland) in seinem mit Spannung erwarteten
Eröffnungsvortrag zentral behandeln wird. Das Team des deutsch-amerikanischen Wissenschaftlers ist weltweit für
seine grundlegend neuen Erkenntnisse in vielen Bereichen der Pflanzenentwicklung bekannt. Seine Arbeiten der
letzten Jahre haben mit dazu beigetragen, die «klassische» Betrachtungsweise der Molekularbiologie, die schematisch
davon ausging, dass die Produktion eines bestimmten Proteins von dem dazugehörigen Gen bestimmt wird, zu
revidieren. So einfach ist dies nämlich nicht. Durch Untersuchungen an verschiedenen Varianten der
Ackerschmalwand konnte die deutsche Forschergruppe kleine Sequenzen des genetischen Codes (die Mikro-RNA)
identifizieren, welche die Übermittlung des vom Gen gesendeten «Befehls» unterdrücken, indem sie das
Trägermolekül der Botschaft buchstäblich abfangen. Eine dieser Mikro-RNAs, JAW genannt, wirkt auf der Ebene der
Zellteilung und -vermehrung und beeinflussen so die Form der Blätter.
In diesem Sinne arbeiten die Spezialisten aus Tübingen an der Herstellung von künstlichen Mikro-RNA-Sequenzen,
welche theoretisch jede beliebige, durch Gene gesteuerte Produktion der Proteine abstoppen könnten. Ein enormes
Potential, um Wachstum und Entwicklung von Pflanzen zu beeinflussen. Dieser Vorgang dürfte auch für die
Landwirtschaft von Interesse sein, da er a priori auf Kulturpflanzen wie Reis übertragbar zu sein scheint.
Das Meeting in Neuenburg wird kofinanziert vom NFS Überlebenserfolge von Pflanzen, dem Troisième Cycle Romand
en Sciences Biologiques und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Für die Durchführung verantwortlich
sind die Professoren Felix Kessler (Neuenburg), Wilhelm Gruissem (Zürich), Lutz Nover (Frankfurt am Main) und
Heribert Hirt (Wien). Zu den etwa 20 Konferenzen und vier thematischen Workshops werden mehr als 160
Wissenschaftler erwartet.
Mehr erfahren Sie unter: www.unine.ch/nccr/arabidopsis
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