.. UNIVERSIT AT BONN Physikalisches Institut Studie zur Bestimmung der Top-Quark-Masse über den Zerfall der B -Hadronen in dileptonischen tt̄-Ereignissen mit dem ATLAS-Experiment am LHC von Birte Domnik Abstract: A Monte Carlo study of the top quark mass determination with the ATLAS experiment at the Large Hadron Collider (LHC) is presented. The decay vertex of the B hadrons in tt̄ events is reconstructed and four different observables, connected to this vertex, are defined. These observables are the decay length, the thrust, the mean decay angle and the mean opening angle and they are all related to the B hadron momentum. Because of kinematical reasons, each of them is sensitive to the top mass. Due to the fact, that one only requires tracking information for every observable, the top mass determination is independent of the jet energy scale, which is a common, crucial uncertainty of the other methods used so far. At the LHC eight million top quarks will be produced per year at an integrated luminosity of 1033 cm−2 s−1 . Therefore the dilepton channel, which has a lower cross section but a higher signal-to-background ratio than the other channels, is considered. For every observable the statistical and systematic errors of the top mass are estimated, whereas the full detector simulation is used. The statistical error is found to be approximately 1 GeV for all observables. For the decay length the systematic error is estimated as 5 GeV and for the other observables between 5 GeV and 6 GeV. Post address: Nussallee 12 53115 Bonn Germany BONN-IB-2008-06 Bonn University November 2007 .. UNIVERSIT AT BONN Physikalisches Institut Studie zur Bestimmung der Top-Quark-Masse über den Zerfall der B -Hadronen in dileptonischen tt̄-Ereignissen mit dem ATLAS-Experiment am LHC von Birte Domnik Dieser Forschungsbericht wurde als Diplomarbeit von der Mathematisch - Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn angenommen. Angenommen am: Referent: Korreferent: 22. November 2007 Prof. Dr. N. Wermes Prof. Dr. K. Desch Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 Theoretische Grundlagen 2.1 Das Standardmodell der Elementarteilchen 2.2 Top-Quark Physik . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 t t̄-Ereignisse am LHC . . . . . . . 2.2.2 Das Top-Quark . . . . . . . . . . . 1 . . . . 5 5 8 9 12 3 Das ATLAS-Experiment 3.1 Physikalische Observablen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Der Detektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 18 19 4 Der 4.1 4.2 4.3 Zerfall der B-Hadronen Die Zerfallslängenmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Messgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rekonstruktion des Zerfallsvertex . . . . . . . . . . . . . 23 23 26 28 5 Analysierte Datensätze 5.1 Erzeugung von dileptonischen t t̄-Ereignissen . . . . . . . 5.2 Ereignisselektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 31 33 6 Bestimmung der Top-Quark-Masse aus den generierten Datensätzen 6.1 Eigenschaften der dileptonischen t t̄-Ereignisse . . . . 6.2 Der Zerfall der B -Hadronen . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Bestimmung der Top-Quark-Masse . . . . . . . . . . 6.4 Diskussion der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . 37 37 39 41 46 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Bestimmung der Top-Quark-Masse mit voller Detektorsimulation 47 7.1 Die Vertexrekonstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 7.2 Vergleich der generierten und rekonstruierten Verteilungen 50 7.3 Bestimmung der Top-Quark-Masse . . . . . . . . . . . . 53 7.4 Diskussion der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 8 Systematische Unsicherheiten 8.1 Die Reweighting-Methode . . . . . . . . . . . . 8.2 Gluonabstrahlung im Anfangs- und Endzustand 8.3 Partondichteverteilungen . . . . . . . . . . . . . 8.4 b-Fragmentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5 Lebensdauer der B -Hadronen . . . . . . . . . . 8.6 Jet-Energieskala . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 59 62 65 68 69 70 71 9 Zusammenfassung und Ausblick 73 A Variation der Partondichteverteilung A.1 Generierte Datensätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.2 Voll simulierte Datensätze . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 79 80 B Lorentztransformation des B-Hadron Impulses 81 1 Einleitung Die Hochenergiephysik beschäftigt sich mit der Untersuchung der elementaren Bausteine der Materie und der Wechselwirkungen zwischen diesen Elementarteilchen. Die zugrunde liegende Theorie wird als das Standardmodell der Elementarteilchen bezeichnet. Das Top-Quark ist eines von sechs Quarks im Standardmodell und zeichnet sich gegenüber den anderen Quarks durch seine große Masse von 171 GeV aus. Es ist damit fast 40 mal schwerer als das zweitschwerste Quark, das Bottom-Quark (b-Quark), und etwa so massiv wie ein Goldatom. Die Masse des Top-Quarks ist ein fundamentaler Parameter des Standardmodells und als solcher möglichst genau zu bestimmen, insbesondere für eine Überprüfung der Selbstkonsistenz des Standardmodells. Aber auch für Theorien, die über das Standardmodell hinausgehen, ist eine genaue Bestimmung der Top-Quark-Masse wichtig, da oft massenabhängige Kopplungen betrachtet werden. Wenn der Large Hadron Collider (LHC), ein Proton-Proton-Beschleuniger mit einer Schwerpunktsenergie von 14 TeV, 2008 seinen Betrieb aufnehmen wird, ist davon auszugehen, dass das Higgs-Boson entdeckt wird (sofern ein Standardmodell Higgs-Boson existiert). Das Higgs-Boson ist das einzige Teilchen innerhalb des Standardmodells, dass noch nicht nachgewiesen werden konnte. Da es für die Erzeugung der Massen aller Elementarteilchen verantwortlich ist, nimmt es eine zentrale Rolle im Standardmodell ein. Durch den Zusammenhang der Massen des Top-Quarks, des W - und des Higgs-Bosons ist mit einer Bestimmung der Top-Quark und W -BosonMasse eine Abschätzung der Higgs-Boson-Masse möglich und erleichert somit die Suche nach dem Higgs-Boson. Auch wenn ein Higgs-Boson entdeckt worden ist, kann mit Hilfe der Top-Quark-Masse überprüft werden, ob es sich tatsächlich um das Higgs-Boson handelt, das vom Standardmodell vohergesagt wird. Seit der Entdeckung des Top-Quarks 1995 am Tevatron ist eine direkte Bestimmung der Top-Quark-Masse möglich und der derzeitige Mittelwert aller direkten Messungen liegt bei mtop = 170,9 ± 1,1 (stat.) ± 1,5 (syst.) GeV/c2 . Für die hohe anfängliche Luminosität von 1033 cm−2 s−1 und dem großen Wirkungsquerschnitt von 800 pb für die Produktion von t t̄-Ereignissen, 1 1 Einleitung d.h. Top-Antitop Paaren, werden etwa acht Millionen solcher Ereignisse pro Jahr am LHC erwartet. Die angestrebte Genauigkeit der Messung der Top-Quark-Masse von ∼ 1 GeV wird damit eine weitere Verbesserung gegenüber der am Tevatron erreichten erlauben. Insbesondere ist es bei dieser großen erwarteten Datenmenge interessant den dileptonischen Kanal der t t̄-Ereignisse zu analysieren, der zwei Leptonen im Endzustand enthält. Zwar hat er ein deutlich kleineres Verzeigungsverhältnis als der semileptonische (mindestens ein Lepton im Endzustand) und der vollhadronische Kanal (kein Lepton im Endzustand), es werden jedoch immerhin noch etwa 400 000 dileptonische t t̄-Ereignisse pro Jahr bei der Anfangsluminosität erwartet. Die erreichbare Genauigkeit der Messung wird daher auch im dileptonischen Kanal durch den systematischen Fehler dominiert sein. Ein Vorteil des dileptonischen Kanals ist, dass er aufgrund der klareren Signatur der Ereignisse im Detektor, weniger von Untergrundprozessen verunreinigt sein wird als die übrigen Kanäle. Es wird sogar erwartet, dass für die in der vorliegenden Arbeit verwendeten Methoden zur Bestimmung der Top-Quark-Masse der Beitrag zum systematischen Fehler aufgrund von Untergrundprozessen durch eine genügend restriktive Ereignisselektion vernachlässigt werden kann. Mittels Monte-Carlo-Studien können Strategien zur Auswertung der experimentellen Daten, die der LHC in naher Zukunft bereitstellen wird, entwickelt werden. In der vorliegenden Arbeit wird eine solche Studie zur Bestimmung der Top-Quark-Masse in dileptonischen t t̄-Ereignissen für das ATLAS-Experiment am LHC präsentiert. Um die Top-Quark-Masse zu ermitteln, werden verschiedene Observablen verwendet. Sie können aus dem Zerfall eines B -Hadrons, welches aus dem im Top-Quark Zerfall entstandenen b-Quark hervorgeht, bestimmt werden. Die vorgestellten Methoden zur Bestimmung der Top-Quark-Masse haben den Vorteil, dass sie unabhängig von der Jet-Energieskala sind, die den dominierenden systematischen Fehler aller übrigen, bisher verwendeten Methoden darstellt. Durch Vergleich mit den von der Jet-Energieskala abhängigen Methoden können daher die jeweiligen Messungen auf ihre gegenseitige Konsistenz überprüft werden. Durch die geringe Korrelation der hier präsentierten Bestimmung der Top-Quark-Masse mit den übrigen Messungen, wird ihr Gewicht in der Bildung eines Gesamtmittelwerts der ermittelten Massen zudem verstärkt. Eine der zur Massenbestimmung in dieser Arbeit verwendeten Observablen ist die transversale Zerfallslänge. Die Zerfallslängenmethode wurde 2005 erstmals von der CDF Kollaboration vorgestellt und wird seit 2006 zur Bestimmung der Top-Quark-Masse verwendet. Sie trägt schon derzeit einige Prozent zur Gesamtgenauigkeit 2 der direkten Messungen der Top-Quark-Masse bei. Zudem wurden noch drei weitere Observablen - der Thrust, der mittlere Zerfalls- und Öffnungswinkel - definiert, die von der Kollimation der Spuren, die von den aus dem B -Hadron Zerfall stammenden Teilchen erzeugt werden, abhängen. Sie werden erstmals zur Bestimmung der Top-Quark-Masse verwendet. Die Arbeit gliedert sich wie folgt. Zuerst wird in Kapitel 2 eine Einführung in die theoretischen Grundlagen gegeben. Dabei wird das Standardmodell der Elementarteilchen kurz erläutert, um dann auf die Erzeugung der Top-Quarks in t t̄-Ereignissen am LHC und die derzeitige Kenntnis der Eigenschaften des Top-Quarks näher einzugehen. In Kapitel 3 wird das ATLAS-Experiment, mit dem die t t̄-Ereignisse untersucht werden sollen, vorgestellt. Die Bestimmung der Top-Quark-Masse erfolgt in dieser Arbeit über den Zerfall der B -Hadronen, der in Kapitel 4 näher erläutert wird. Weiterhin wird hier die Massenbestimmung über die Zerfallslängenmethode erklärt und es werden die weiteren Observablen, die neben der transversalen Zerfallslänge verwendet werden, präsentiert. Für alle Observablen, einschließlich der transversalen Zerfallslänge, ist eine Bestimmung des Zerfallsvertex der B -Hadronen nötig, deren Prinzip kurz dargelegt wird. Die in dieser Studie verwendeten Datensätze wurden eigenständig produziert. In Kapitel 5 wird erklärt, wie diese Datensätze generiert und anschließend voll simuliert wurden. Etwas vereinfacht ausgedrückt, wird in der vollen Simulation die Aufzeichnung des generierten Ereignisses vom Detekor nachgeahmt. Des Weiteren wird in diesem Kapitel die zur Unterdrückung von Untergrundprozessen verwendete Ereignisselektion präsentiert. Die Massenbestimmung wurde für alle Observablen aus mehreren Gründen sowohl auf Generatorniveau als auch mit voller Detektorsimulation durchgeführt. So ist zum einen die auf Generatorniveau verfügbare Datenmenge wesentlich größer und erlaubt Studien, die mit den voll simulierten Datensätzen nicht möglich wären. Zum anderen kann durch eine Analyse auf Generatorniveau ein tieferes Verständnis der zugrunde liegenden Physik ohne Einfluss von Detektoreffekten gewonnen werden. Daher wird in Kapitel 6 die Bestimmung der Top-Quark-Masse auf Generatorniveau und in Kapitel 7 mit den voll simulierten Datensätzen vorgestellt. Die wichtigsten systematischen Fehler der Messungen mit den verschiedenen Observablen und deren Berechnung werden in Kapitel 8 dargelegt. In Kapitel 9 wird die Arbeit mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick abgeschlossen. 3 2 Theoretische Grundlagen Die Hochenergiephysik beschäftigt sich mit der Untersuchung der elementaren Bausteine der Materie und der Wechselwirkungen zwischen diesen Elementarteilchen. Die zugrunde liegende Theorie wird als das Standardmodell bezeichnet, über das im Folgenden eine Übersicht gegeben wird. Anschließend wird die Produktion der t t̄-Ereignisse am LHC näher beschrieben, um dann auf die Eigenschaften des Top-Quarks, dessen Massenmessung Gegenstand dieser Arbeit ist, einzugehen. 2.1 Das Standardmodell der Elementarteilchen Das Standardmodell [1] ist eine Quantenfeldtheorie, die die Elementarteilchen und deren Wechselwirkungen mit Ausnahme der Gravitation1 beschreibt. Es gibt drei Arten von Elementarteilchen, die Leptonen, die Quarks, die beide zu den Spin 1/2-Teilchen (Fermionen) gehören, und die Austauschteilchen, die Spin 1-Teilchen (Bosonen) sind und auch als Vektorbosonen bezeichnet werden. Die Austauschteilchen vermitteln die Wechselwirkungen zwischen den Elementarteilchen. Die vier fundamentalen Wechselwirkungen, meistens als Kräfte bezeichnet, sind neben der Gravitation die elektromagnetische, die schwache und die starke Kraft. Die mathematische Beschreibung des Standardmodells erfolgt mit Hilfe der Gruppentheorie. Demnach liegt dem Standardmodell die Eichsymmetrie SU (3)C ⊗ SU (2)L ⊗ U (1)Y zugrunde und die Austauschteilchen sind die Anregungen der entsprechenden Eichfelder dieser Symmetrien. Nach dem Noether-Theorem geht jede kontinuierliche Symmetrie mit einem erhaltenen Strom beziehungsweise einer erhaltenen Ladung einher. Die Ladungen, die ein Elementarteilchen trägt, charakterisieren es zusammen mit seinem Spin und seiner Masse eindeutig und sind ein Maß für die Stärke der Kopplung an die Austauschteilchen. Die starke Wechselwirkung wird durch die SU (3)C -Symmetrie beschrieben und die assoziierte Ladung wird als Farbladung, oder kurz als Farbe, bezeichnet (daher das C für Colour ). Es gibt drei verschiedene Farben, an die acht verschiedene Austauschteil1 Die Gravitationskraft ist zu schwach, um eine Rolle in der Elementarteilchenphysik bei den in den nächsten Jahren erreichbaren Energien zu spielen. 5 2 Theoretische Grundlagen chen, die masselosen Gluonen, koppeln. Die elektromagnetische und die schwache Wechselwirkung werden in der Elektroschwachen Theorie durch die Symmetriegruppen SU (2)L ⊗ U (1)Y beschrieben. Die Quantenzahlen dieser Symmetrien sind die dritte Komponente des schwachen Isospins I3 und die Hyperladung Y . Die elektroschwache Symmetrie ist jedoch durch Spontane Symmetriebrechung zu einer U (1)em -Symmetrie heruntergebrochen, wodurch die Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung eine nicht verschwindende Masse erhalten. Die elektroschwachen Quantenzahlen sind daher im Allgemeinen nicht erhalten. Stattdessen ist die zur U (1)em -Symmetrie assoziierte Ladung, die elektromagnetische Ladung Q, eine Erhaltungsgröße. Die masselosen Photonen sind Anregungen des Eichfelds der elektromagnetischen Wechselwirkung. Die Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung sind die beiden (elektrisch) geladenen W ± -Bosonen und das Z -Boson, die alle zu den Spin 1-Teilchen gehören. Verantwortlich für die Symmetriebrechung ist das Higgs-Boson, das im Rahmen des Higgs-Mechanismus [2] eingeführt wird und neben den W und Z -Bosonen auch den Leptonen und Quarks Masse verleiht. Es hat den Spin 0. Für einen Überblick der Leptonen und Quarks ist deren Darstellung in Dubletts, wie sie in Abbildung 2.1 gezeigt wird, hilfreich. In der oberen ! ! ! Q=0: νe νµ ντ Q = −1 : e µ τ L Q = +2/3 : Q = −1/3 : u d ! L L c s ! L L t b ! L Abbildung 2.1: Einteilung der Leptonen und Quarks in Isospin-Dubletts. Die Masse der Teilchen nimmt von links nach rechts zu. Q ist die elektrische Ladung der Teilchen in Einheiten der Elementarladung e. Zeile befinden sich die drei Dubletts der Leptonen mit deren zugehöriger elektrischer Ladung Q und darunter die Dubletts der Quarks. Zu den Leptonen gehört das bekannteste Elementarteilchen, das Elektron (e), welches schon im Jahre 1897 von J.J. Thomson bei der Untersuchung von Kathodenstrahlen entdeckt wurde. Es ist zusammen mit dem ElektronNeutrino (νe ) in einem Dublett angeordnet. Das Myon (µ) ist eine exakte Kopie des Elektrons, bis auf seine unterschiedliche Masse. Ebenso verhält es sich für das Myon- und Elektron-Neutrino (νµ ,νe ), weshalb die Lepton-Dubletts auch als Lepton-Familien bezeichnet werden. Die dritte 6 2.1 Das Standardmodell der Elementarteilchen Lepton-Familie enthält das schwerste geladene Lepton, das Tau (τ ), und seinen Partner das Tau-Neutrino (ντ ). Die geladenen Leptonen (e, µ, τ ) nehmen sowohl an der elektromagnetischen als auch an der schwachen Wechselwirkung teil, jedoch nicht an der starken Wechselwirkung. Die elektromagnetisch neutralen Leptonen, die Neutrinos (νe , νµ , ντ ), wechselwirken kaum mit Materie, sie koppeln nur an die Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung. Die Quarks sind die einzigen Teilchen, die an allen drei Wechselwirkungen teilnehmen. Sie sind wie die Leptonen in drei Familien angeordnet, die sich voneinander wieder nur durch ihre Masse unterscheiden. Die erste Familie setzt sich aus dem Up- und dem Down-Quark (u,d ) zusammen, die beide wesentliche Bestandteile des Protons sind. Das Charm- und das Strange-Quark (c,s) bilden die zweite Familie und das Top- und das Bottom-Quark (t,b) schließlich die dritte. Die Quarks treten daher in sechs unterschiedlichen so genannten Flavours auf. Den Dubletts in Abbildung 2.1 ist ein Index L hinzugefügt, da sie die linkshändigen Komponenten der Teilchen enthalten und gerade die Eigenzustände der elektroschwachen Isospin-Symmetrie sind. Jedes massive Teilchen besitzt sowohl eine links- sowie rechtshändige Komponente, die masselosen2 Neutrinos treten jedoch nur in linkshändigen Zuständen auf. Ein weiterer Grund für die Anordnung der fermionischen Elementarteilchen in Dubletts ist die Erhaltung der Leptonfamilienzahl. Diese besagt, dass sich die Leptonen nur innerhalb eines Dubletts unter Abstrahlung eines W ± -Bosons ineinander umwandeln können. Der direkte Übergang eines Myons in ein Elektron ist daher zum Beispiel nicht erlaubt. Eine analoge Regel gilt für den Quark-Sektor allerdings nur näherungsweise. Hier sind auch Übergänge zwischen den Dubletts erlaubt, die aber gegenüber Umwandlungen innerhalb einer Familie unterdrückt sind. Die Wahrscheinlichkeit für einen bestimmten Übergang wird durch die Cabibbo-Kobayashi-Maskawa (CKM) Matrix beschrieben. Alle Teilchen des Standardmodells konnten experimentell nachgewiesen werden, bis auf das Higgs-Boson, dessen Entdeckung noch aussteht3 . Aus den Quarks lassen sich verschiedene, farblose Bindungszustände, so genannte Hadronen, konstruieren. Dabei treten Bindungen zwischen einem Quark und einem Antiquark auf, die als Mesonen bezeichnet werden, 2 3 Das Standardmodell nimmt die Neutrinos als masselos an. Experimentell konnten aber schon Neutrinooszillationen beobachtet werden [3], womit den Neutrinos zumindest eine kleine Masse zugestanden werden muss. Sofern ein Standardmodell Higgs-Boson existiert, wird es am LHC entdeckt werden können. 7 2 Theoretische Grundlagen oder Bindungen zwischen drei Quarks (oder drei Antiquarks), den Baryonen. Die gesamte uns umgebene Materie besteht aus Protonen (uud ), Neutronen (ud d ) und Elektronen. In dieser Arbeit spielen die B -Mesonen und B -Baryonen, die als B -Hadronen zusammengefasst werden, eine wichtige Rolle, wobei das B kennzeichnet, dass eines der in der Bindung enthaltenen Quarks ein b- oder b̄-Quark ist. Zum Beispiel besteht das B 0 aus einem d - und einem b̄-Quark und gehört somit zu den B -Mesonen. 2.2 Top-Quark Physik Kobayashi und Maskawa postulierten schon 1973 eine dritte Quarkfamilie zur Erklärung der CP-Verletzung4 in der schwachen Wechselwirkung [5] und vier Jahre später wurde ein fünftes Quark, das b-Quark, entdeckt [6]. Das Top-Quark, der elektroschwache Partner des b-Quarks, ist mit einer Masse von ungefähr 171 GeV das schwerste der bekannten Elementarteilchen (vgl. Abbildung 2.2) und etwa so schwer wie ein Goldatom. Diese Tatsache führte dazu, dass es lange Zeit nicht nachgewiesen werden Abbildung 2.2: Quark-Massen im Vergleich. konnte, bis 1983 das Tevatron, ein Proton-Antiproton-Beschleuniger am Fermilab mit ausreichend hoher Schwerpunktsenergie zur Erzeugung von Top-Quarks, in Betrieb genommen wurde. Die beiden Experimente CDF und DØ konnten schließlich 1995 die ersten Top-Quarks beobachten [7]. Durch seine hohe Masse hat das Top-Quark eine Lebensdauer von nur etwa 0,5 · 10−24 s. In dieser kurzen Zeit kommt es nicht zu einer Hadronisierung wie bei den anderen Quarks, so dass keine gebundenen Zustände mit Top-Quarks existieren. Die Eigenschaften des Top-Quarks sind daher 4 8 Die schwache Wechselwirkung ist nicht invariant unter der Ladungskonjugation C und der Parität P. In neutralen Kaon Zerfällen konnte beobachtet werden [4], dass sie auch die kombinierte CP -Transformation nicht erhält. 2.2 Top-Quark Physik experimentell über seine Zerfallsprodukte direkt zugänglich. Im Folgenden wird die Produktion des Top-Quarks in Beschleunigerexperimenten, speziell am LHC, erläutert und anschließend von den aktuellen Kenntnissen seiner Eigenschaften, insbesondere seiner Masse, berichtet. Für eine ausführlichere Darstellung der bisher unternommenen Anstrengungen und gewonnenen Erkenntnisse in dem Bereich der Top-Quark Physik sei auf das Buch „Top Quark Physics at Hadron Colliders“ [8] verwiesen. 2.2.1 t t̄-Ereignisse am LHC √ Am LHC werden Protonen mit einer Schwerpunktsenergie von s = 14 TeV zur Kollision gebracht, deren Wechselwirkung nach dem PartonModell als eine Streuung zwischen den Bestandteilen der Protonen (Partonen) beschrieben werden kann. In der Hochenergiephysik sind die Kollisionsenergien an Teilchenbeschleunigern sehr hoch, weshalb nicht nur die Valenzquarks des Protons sondern auch Gluonen und sogenannte Seequarks innerhalb des Protons aufgelöst werden können. Diese Partonen tragen einen gewissen Bruchteil x des Proton Impulses, dessen Verteilung durch die Partondichteverteilungen (PDF) beschrieben wird. Die Partondichteverteilungen bestimmen nach dem Faktorisierungs-Theorem zusammen mit dem Wirkungsquerschnitt des harten Streuprozesses der Partonen den Gesamtwirkungsquerschnitt der Wechselwirkung. In Abbildung 2.3 ist die Wechselwirkung zweier Protonen mit den Impulsen P1 und P2 nach dem Ansatz des Parton-Modells skizziert. Die Partondichteverteilungen fi (xi , Q2 ) des Protons sind für alle relevanten Quark-Flavours i und die Gluonen für zwei verschiedene Energie-Skalen Q in Abbildung 2.4 dargestellt. Da eine perturbative Berechnung der Partondichteverteilungen nicht möglich ist, können sie nur experimentell für eine gegebene Skala Q ermittelt werden. Mittels der DGLAP-Gleichungen5 ist eine Entwicklung zu anderen Skalen möglich. Die hier gezeigte und auch in den analysierten Daten verwendete Parametrisierung stammt von der CTEQKollaboration [10]. Andere Parametrisierungen führen zu leicht anderen Partondichteverteilungen. Um wie in Abbildungq 2.3 ein t t̄-Paar erzeugen zu können, muss die Schwer√ punktsenergie ŝ = (x1 P1 + x2 P2 )2 in der Parton-Wechselwirkung aus kinematischen Gründen mindestens so groß wie die zweifache Top-QuarkMasse sein. Unter der Annahme von x1 ≈ x2 = x ergibt sich mit einer 5 Evolutionsgleichungen nach Dokhshitzer, Gribov, Lipatov, Altarelli und Parisi 9 2 Theoretische Grundlagen Abbildung 2.3: Erzeugung eines t t̄-Paares in einer Proton-ProtonWechselwirkung nach dem Parton-Modell. Abbildung 2.4: Partondichteverteilungen für das Proton für zwei verschiedene Energie-Skalen Q2 = (20 GeV)2 (links) und Q2 = (175 GeV)2 (rechts) [9, 10]. Top-Quark-Masse von mt = 175 GeV und einer Schwerpunktsenergie √ von s = 14 TeV der kollidierenden √ Protonen am LHC für den Impulsbruchteil der Partonen x ≈ 2mt / s = 0,025 . Im Zusammenhang mit Abbildung 2.4 wird daher deutlich, dass die t t̄-Produktion am LHC durch Gluon-Fusion dominiert wird. Die gleiche Abschätzung ergibt für das Te√ vatron (Run II: s = 1,96 TeV) einen Wert von x ≈ 0,18. Am Tevatron entstehen die t t̄-Paare also hauptsächlich durch Wechselwirkung von Quarks und nicht von Gluonen. In Abbildung 2.5 sind die in führender Ordnung zur t t̄-Erzeugung beitragenden Feynmangraphen dargestellt. Die Gluon-Gluon-Fusion (unten) trägt einen Anteil von ungefähr 90% und die Quark-Annihilation (oben) von nur etwa 10% zur gesamten Produktionsrate am LHC bei. Alle Prozesse erfolgen über die dominante starke Wechselwirkung. Der Wirkungsquerschnitt für t t̄-Ereignisse am 10 2.2 Top-Quark Physik Abbildung 2.5: Produktionsmechanismen führender Ordnung zur Erzeugung von t t̄-Paaren. Oben: Quark-Annihilation (∼ 10% am LHC). Unten: GluonGluon-Fusion (∼ 90% am LHC). LHC wird zu σt t̄ = 794 ± 32 pb (NLO6 ) vohergesagt [11], so dass mit einer erwarteten Anfangsluminosität von etwa 1033 cm−2 s−1 ungefähr acht Millionen t t̄-Ereignisse pro Jahr produziert werden. Aufgrund seiner kurzen Lebensdauer kann das Top-Quark nicht direkt im Detektor beobachtet werden, sondern nur die in seinem Zerfall erzeugten Produkte. Nach dem Standardmodell zerfällt es zu annähernd 100% in ein W -Boson und in ein b-Quark. Das W -Boson kann nun entweder in die zwei Komponenten einer der drei Lepton-Dubletts oder einer der ersten beiden Quark-Dubletts zerfallen (vergleiche Abbildung 2.1). Ein Zerfall in die dritte Quarkfamilie ist kinematisch nicht erlaubt. Je nachdem wie die W -Bosonen zerfallen, klassifiziert man t t̄-Ereignisse in dileptonische, semileptonische oder (voll-)hadronische Ereignisse, wobei hier unter Leptonen nur die Elektronen und Myonen zu verstehen sind7 und die semileptonischen Ereignisse die dileptonischen mit einschließen. Die Verzweigungsverhältnisse der einzelnen Zerfallskanäle sind in Abbildung 2.6 dargestellt. Demnach sind ungefähr 5% aller t t̄-Ereignisse dileptonisch, 35% semileptonisch und etwa 44% hadronisch. Die entstandenen b-Quarks können aufgrund ihrer Farbladung wie alle 6 7 In der Quantenfeldtheorie werden Größen in Ordnungen der Kopplungskonstante der zugrunde liegenden Wechselwirkung entwickelt. Die führende Ordnung wird als leading order (LO) und die nächste Ordnung als next-to-leading order (NLO) bezeichnet. Die Tau-Leptonen sind experimentell schwerer nachzuweisen als die Elektronen und Myonen und würden die Genauigkeit der Analyse senken (vergleiche auch Kapitel 5.2) 11 2 Theoretische Grundlagen Abbildung 2.6: Zerfallskanäle der t t̄-Ereignisse (in führender Ordnung). In der Legende sind für die di- und semileptonischen Ereignisse die im Zerfall entstandenen, geladenen Leptonen spezifiziert. Quarks nicht frei existieren und bilden durch Gluon-Abstrahlung und Erzeugung von Quark-Antiquark-Paaren ein Bündel von Gluonen und Quarks, die sich zu vielen farblosen Hadronen zusammenfassen. Dieses Hadronen-Bündel wird als Jet, in diesem Falle als b-Jet, bezeichnet und ist experimentell nachweisbar. Die t t̄-Ereignisse zeichnen sich daher durch das Auftreten von zwei b-Jets aus. Für die Analyse werden nur Ereignisse, in denen die Top-Quarks paarweise auftreten, betrachtet. Top-Quarks können aber auch einzeln über die schwache Wechselwirkung erzeugt werden, wobei der Wirkungsquerschnitt dieser so genannten single top events mit ungefähr 257 pb [12] am LHC kleiner ist als der für die t t̄-Produktion. 2.2.2 Das Top-Quark Im Folgenden werden die derzeitigen Kenntnisse über Masse, Lebensdauer und Ladung des Top-Quarks und über die Spinkorrelationen in t t̄-Ereignisssen vorgestellt. Masse Durch elektroschwache Präzisionsmessungen konnte die Masse des Top-Quarks bereits vor dessen Entdeckung abgeschätzt werden. Dazu wurde die quadratische Abhängigkeit der Schleifenkorrekturen der W -Boson-Masse von der Top-Quark-Masse und die lediglich logarithmische Abhängigkeit von der Higgs-Boson-Masse ausgenutzt. Die Feynmangraphen der Schleifenkorrekturen durch das Higgs-Boson und das TopQuark sind in Abbildung 2.7 dargestellt. Aus der Messung der Parameter der elektroschwachen Theorie ist eine Vorhersage der W -Boson-Masse möglich und durch Vergleich mit dem experimentellen Wert lassen sich 12 2.2 Top-Quark Physik Abbildung 2.7: Schleifenkorrekturen zum W -Boson Propagator. Links: Quadratische Korrektur durch das Top-Quark. Rechts: Logarithmische Korrektur durch das Higgs-Boson. somit Rückschlüsse auf die Größe der Strahlungskorrekturen, beziehungsweise auf die Top-Quark-Masse, ziehen. Da auch der Z -Boson Propagator in höherer Ordnung von der Top-Quark-Masse abhängt, können aus Untersuchungen von Wechselwirkungen mit dem Austausch von schwachen neutralen Strömen ebenfalls Bedingungen an die Top-Quark-Masse abgeleitet werden. So bestimmt sich allein aus indirekten Messungen die 13 Top-QuarkTop-Quark-Masse zu 173 + − 10 GeV [13]. Am Tevatron wurden die ersten direkten Messungen der Top-Quark-Masse durchgeführt und der vorläufige Mittelwert aller Messungen von CDF und DØ aus Run I und II ist [14] : mtop = 170,9 ± 1,1 (stat.) ± 1,5 (syst.) GeV . Die Ergebnisse der einzelnen Analysen sind links in Abbildung 2.8 zu sehen. Die Messungen am Tevatron sind durch ihren statistischen Fehler limitiert, so dass die Untersuchung des semileptonischen Zerfallskanals, der eine größere Ereignisanzahl als der dileptonische und eine klarere Signatur im Detektor als der hadronische Zerfallskanal durch die hochenergetischen Leptonen bietet, die genauesten Ergebnisse liefert. In der linken Abbildung ist auch die Messung der Top-Quark-Masse über die Zerfallslänge (Lxy ) der B -Hadronen des CDF-Experiments aufgeführt [15]. Sie trägt trotz ihrer großen Unsicherheit durch ihre Unabhängigkeit von den anderen Messungen mit ein paar Prozent zum Gesamtergebnis bei. Die Anteile der einzelnen Messungen an dem Gesamtmittelwert sind rechts in Abbildung 2.8 dargestellt. Mit der direkten Messung der Top-Quark-Masse ist nun eine (indirekte) Bestimmung der Masse des Higgs-Bosons über eine Anpassung der Standardmodell Vorhersage an die elektroschwachen Präzisionsdaten möglich. Das ∆χ2 dieser Anpassung ist links in Abbildung 2.9 in Abhängigkeit von der Higgs-Masse mH dargestellt. Der gelbe Bereich präsentiert den von 13 2 Theoretische Grundlagen Abbildung 2.8: Messungen der Top-Quark-Masse am Tevatron [14]. Links: Von CDF und DØ in verschiedenen Analysen und Kanälen bestimmte TopQuark-Masse. Rechts: Anteile der einzelnen Messungen an dem Gesamtmittelwert. LEP8 in der direkten Suche nach dem Higgs-Boson auf einem Vertrauensniveau von 95% ausgeschlossenen Bereich von Higgs-Massen kleiner als 114,4 GeV [16]. Das Minimum der schwarzen Kurve bestimmt die 33 wahrscheinlichste Higgs-Masse zu mH = 76 + − 24 GeV [17], sie liegt damit unterhalb von dem durch LEP ausgeschlossenen Bereich. Die obere Grenze für die Higgs-Boson-Masse liegt bei mH < 144 GeV auf einem Vertrauensniveau von 95% (ohne Hinzunahme des unteren Limits von LEP). Die Daten bevorzugen also eine leichte Higgsmasse. Rechts in Abbildung 2.9 ist der Zusammenhang zwischen W -Boson-, Top-Quark- und Higgs-Masse verdeutlicht. Die violetten Geraden geben die nach dem Standardmodell erlaubten Werte der W -Boson- und Top-Quark-Masse für eine feste HiggsMasse von 114, 300 und 1000 GeV an. Für Higgs-Massen zwischen dem 8 Large Electron-Positron Collider (1989-2000) - ein e+ e− -Beschleuniger mit Schwerpunktsenergien bis zu 209 GeV am CERN in Genf. 14 2.2 Top-Quark Physik 6 mLimit = 144 GeV Theory uncertainty 5 ∆α(5) had = 80.5 0.02758±0.00035 68% CL 0.02749±0.00012 incl. low Q2 data mW [GeV] ∆χ2 4 3 2 1 Excluded 0 30 80.4 80.3 Preliminary 100 mH [GeV] LEP1 and SLD LEP2 and Tevatron (prel.) 300 mH [GeV] 114 300 150 ∆α 1000 175 200 mt [GeV] Abbildung 2.9: Abschätzung der Higgs-Boson-Masse [17]. Links: Indirekte Bestimmung der Higgs-Masse durch eine Anpassung der Standardmodell Vorhersage an die elektroschwachen Präzisionsdaten. Rechts: Erlaubte HiggsMassen in der mW -mt -Ebene. unteren, durch LEP vorgegebenen Limit, und 1000 GeV werden die erlaubten Massen durch ein grünes Band dargestellt. Die Ellipsen präsentieren die gemessenen Werte der Top-Quark- und W -Boson-Masse auf einem Vertrauensniveau von 68%. Zu erkennen ist, dass die direkten Messungen (blau) gut mit den indirekten (rot) übereinstimmen. Lebensdauer Aufgrund seiner großen Masse ist die Lebensdauer des Top-Quarks mit τ ∼ 0,5 · 10−24 s, beziehungsweise cτ ∼ 1,5 · 10−10 µm, sehr klein. Sie wurde bisher nur bei CDF durch Messung des Abstandes des pp̄-Kollisionspunktes zum leptonischen W -Boson-Zerfallsvertex in semileptonischen t t̄-Ereignissen abgeschätzt. Es ergab sich eine mit Null verträgliche Lebensdauer und auf einem Vertrauensniveau von 95% muss cτ < 52,5 µm gelten [18]. Ladung Das Standardmodell sagt eine elektrische Ladung von Q = +2/3 e für das Top-Quark voraus, die jedoch noch nicht gemessen wurde. Die Ladung der anderen Quarks kann über das Verhältnis R = σ(e+ e− → Hadronen)/σ(e+ e− → µ+ µ− ) in e+ e− -Beschleunigern bestimmt werden, allerdings ist es bisher nicht möglich, Schwerpunktsenergien oberhalb des Schwellenwerts für die Top-Quark Produktion zu erreichen. 15 2 Theoretische Grundlagen Hinzu kommt, dass eine Interpretation des 1995 vom Tevatron entdeckten Quarks als ein exotisches Quark Q4 mit einer Ladung von Q = −4/3 e aus einem Modell mit einer vierten Quark-Familie [19] prinzipiell möglich ist. Denn in den Analysen bei CDF und DØ wird keine Zuordnung der b -Jets zu den W -Bosonen in den t t̄-Ereignissen vorgenommen, so dass neben dem Zerfall t → W + b aus dem Standardmodell auch der Zerfall Q4 → W − b vorliegen könnte. Durch Messung der Ladung der Zerfallsprodukte des Top-Quarks konnte DØ die Hypothese von einem Top-Quark mit einer Ladung von Q = −4/3 e gegenüber der Standardmodell-Hypothese mit einer Top-Quark Ladung von Q = +2/3 e auf einem Vertrauensniveau von 92% ausschließen [20]. CDF verwirft das exotische Modell auf einem Vertrauensniveau von 81% [21]. Spinkorrelationen Da die Top-Quarks nicht hadronisieren, ist ihr Spin experimentell durch die Winkelverteilungen der Zerfallsprodukte zugänglich. Obwohl in Hadron-Kollisionen die Top-Quarks größtenteils unpolarisiert sind, besteht eine Korrelation der Spins des Top- und des Anti-TopQuarks in einem t t̄-Ereignis. Im dileptonischen Kanal ist die Korrelation κ über die Winkel θ+ und θ− der Leptonen l+ , beziehungsweise l− , zu einer gewählten Quantisierungsachse im Ruhesystem des Top-, beziehungsweise des Antitop-Quarks, wie folgt definiert: d2 σ 1 − κ cos θ+ cos θ− 1 = . σ d(cos θ+ ) d(cos θ− ) 4 Das Standardmodell sagt für das Tevatron bei einer Schwerpunktsenergie √ von s = 1,8 TeV (Run I) und einer bestimmten Quantisierungsachse eine Korrelation von κ = 0,88 [22] voraus. In Run I konnte DØ ein unteres Limit von κ > −0,25 auf einem Vertrauensniveau von 68% für die Spinkorrelationen in dileptonischen t√ t̄-Ereignissen ermitteln [23]. In Run II bei einer Schwerpunktsenergie von s = 1,96 TeV wird eine Korrelation von κ = 0,782 (NLO) [24] erwartet. Zur Zeit ist aber noch keine Messung der Spinkorrelationen mit Daten von Run II veröffentlicht. 16 3 Das ATLAS-Experiment Das ATLAS Experiment ist eines von vier größeren Experimenten am Large Hadron Collider (LHC), der zur Zeit am Europäischen Forschungslabor für Teilchenphysik, CERN1 , in Genf gebaut wird. Dazu wird der ehemalige Tunnel des LEP-Beschleunigers, der etwa 27 km lang ist und 100 m tief unter der Erde liegt, benutzt. Voraussichtlich ab 2008 werden dann Protonen mit jeweils einer Energie von 7 TeV zur Kollision gebracht. In den ersten drei Jahren soll der Beschleuniger mit einer Anfangsluminosität von 1033 cm−2 s−1 laufen und schließlich eine Luminosität von 1034 cm−2 s−1 erreichen. Die für die Anfangszeit über ein Jahr integrierte Luminosität soll damit bei 10 fb−1 liegen. Die vier Experimente sind an vier verschiedenen Wechselwirkungs-Punkten der Protonen-Strahlen im Tunnel aufgebaut. Neben ATLAS (A Toroidal LHC ApparatuS ) gibt es noch einen weiteren Mehrzweckdetektor, CMS (Compact Muon Solenoid ), die beide einen möglichst großen Bereich an interessanter Physik, die es am LHC zu erforschen gilt, abdecken sollen. Die beiden etwas kleineren Experimente ALICE (A Large Ion Collider Experiment) und LHCb (LHC-beauty) widmen sich spezielleren physikalischen Fragestellungen. So dient Ersteres zur Untersuchung von Schwerionenphysik, wenn der LHC zur Beschleunigung von Schwerionen, wie zum Beispiel Blei-Kernen, verwendet wird. Letzteres wurde zur Analyse der CP-Verletzung im B -System konstruiert. Im Folgenden sollen zuerst die physikalischen Observablen vorgestellt werden, die typischerweise an Hadron-Beschleunigern Verwendung finden, um dann eine kurze Übersicht über den Aufbau und die Funktion der ATLAS Detektorkomponenten zu geben. Für detailliertere Informationen über den ATLAS-Detektor sei auf [25] verwiesen, wobei aktuellere technische Angaben in [26] zu finden sind. Die in Kapitel 3.2 zitierten Auflösungen sind aus [25] entnommen. 1 Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire 17 3 Das ATLAS-Experiment 3.1 Physikalische Observablen Da bei Hadron-Beschleunigern die direkte Wechselwirkung zwischen den Partonen und nicht zwischen den beschleunigten Teilchen selber stattfindet, ist im Gegensatz zu e+ e− -Beschleunigern die Energie der wechselwirkenden Teilchen nicht bekannt und variiert von Ereignis zu Ereignis. In einem zylindersymmetrischen Detektor wird daher der Impuls p~ eines Teilchens, durch den Transversalimpuls pT , die Pseudorapidität p η2 und2 den Azimutwinkel φ beschrieben. Die transversale Größe pT = px + py p hat gegenüber dem dreidimensionalen Betrag |p| = p2x + p2y + p2z den Vorteil, dass ihre Verteilung nicht von der z-Komponente abhängt. Denn diese unterliegt stärker dem Einfluss der zufälligen, von den Partondichteverteilungen vorgegebenen, Variation der Parton-Impulse, bei der für gewöhnlich vorgenommenen Definition der z-Achse parallel zur Strahlachse. Anstelle des Polarwinkels θ wird die Pseudorapidität η = − ln tan θ/2 verwendet, die den Vorteil hat, dass die Verteilung physikalischer Objekte, wie die Anzahl der Jets, in Abhängigkeit von η einen deutlich flacheren Verlauf hat. Insbesondere in der Nähe der Strahlachse, wo eine extrem hohe Teilchendichte herrscht, steigt die Pseudorapidität in Abhängigkeit des Polarwinkels stark an. Des Weiteren ist sie für den Fall vernachlässigbarer Teilchenmassen, wie es bei Teilchen-Beschleunigern im Allgemeinen möglich ist, eine gute Näherung für die Rapidität. Differenzen in der Rapidität sind invariant unter speziellen Lorentz-Transformationen (Boosts) entlang der z-Achse. Dies gilt daher auch für Differenzen der Pseudorapidität ∆η, weshalb sich diese für die Beschreibung des Winkel-Abstandes zweier Objekte eignet. So ist zum Beispiel für die Definition eines Jets seine Ausdehnung eine entscheidene Größe, die jedoch unabhängig vom longitudinalen Boost des Ereignisses sein sollte. Als Maß für den Abstand zweier p 2 Vektoren im Raum wählt man daher den Abstand ∆R = ∆η + ∆φ2 in der η-φ-Ebene. Die Differenz der Azimutwinkel ∆φ ist per Definition unabhängig von dem Boost eines Ereignisses. Eine bei e+ e− - und Hadron-Beschleunigern gleichermaßen wichtige Größe ist die fehlende transversale Energie ETmiss eines Ereignisses. Da die kollidierenden Partonen näherungsweise keinen Transversalimpuls besitzen, muss aufgrund der Impulserhaltung die Summe der Transversalimpulse aller erzeugten Teilchen verschwinden. Dies ist allerdings nicht mehr der Fall, wenn in der Wechselwirkung Neutrinos entstehen, da diese nicht nachgewiesen werden. Dann besitzt das Ereignis netto einen fehlenden Transversalimpuls beziehungsweise eine fehlende transversale Energie. 18 3.2 Der Detektor 3.2 Der Detektor Die zur Rekonstruktion eines Ereignisses interessanten physikalischen Größen sind die Impulse, die Energien und die Spuren der Teilchen, für deren Messung verschiedene Detektorkomponenten zuständig sind. Der ATLAS-Detektor, siehe Abbildung 3.1, besteht aus vier Hauptkomponenten: dem Inneren Detektor, den Kalorimetern, dem Myon- und dem Magnet-System. Sie werden im Folgenden zusammen mit dem für die Vorselektion der Daten zuständigen Triggersystem kurz vorgestellt. Abbildung 3.1: Der ATLAS-Detektor [27]. Der Innere Detektor Der Innere Detektor befindet sich direkt am Wechselwirkungspunkt und dient unter anderem der Spurrekonstruktion, Bestimmung der Ladung und der Impulsmessung geladener Teilchen. Aus den gemessenen Spuren lassen sich der Primärvertex und mögliche Sekundärvertizes, die in dieser Arbeit zur Bestimmung der Top-QuarkMasse benutzt werden, rekonstruieren. Er wird von einem supraleitenden Solenoid-Magneten mit einer mittleren Stärke von etwa 2 T umschlossen und setzt sich von innen nach außen aus drei Komponenten, dem Pixel-Detektor, dem Halbleiter-Spurfinder und dem ÜbergangsstrahlungsDetektor, zusammen. 19 3 Das ATLAS-Experiment Der Pixel-Detektor besteht aus ungefähr 1 700 Modulen, auf denen jeweils etwa 46 000 Pixel angeordnet sind. Die Module sind im Vorwärtsund Rückwärtsbereich in drei Scheiben zwischen 9 und 15 cm und im Zentralbereich in drei Lagen bei den Radien 5, 9 und 12 cm angeordnet, so dass der Pixel-Detektor drei Messpunkte einer Spur zur Verfügung stellt. Auf den Pixel-Detektor folgt der Halbleiter-Spurfinder, ein Siliziumstreifen-Detektor. Der Halbleiter-Spurfinder besteht im Vorwärtsund Rückwärtsbereich jeweils aus neun Scheiben und im Zentralbereich aus vier Lagen. Zusammen mit dem Pixel-Detektor liefert er damit im Mittel sieben sehr genaue Messpunkte einer Spur im Zentralbereich. Zur Erhöhung der Anzahl der Messpunkte werden die beiden Komponenten von dem Übergangsstrahlungs-Detektor umschlossen. Er besteht aus gasgefüllten Röhren mit einem Draht in der Mitte, so genannten Straw-Tubes, deren Funktionsprinzip dem einer Proportionalkammer gleicht. Im Zentralbereich befinden sich knapp 53 000 axiale und im Endkappen-Bereich 320 000 radiale Straw-Tubes. Im Mittel liefert der ÜbergangsstrahlungsDetektor 36 Messpunkte einer Spur. Insgesamt deckt der Innere Detektor einen η-Bereich von |η| < 2,5 ab. Eine Spur kann in einem homogenen Magnetfeld durch fünf Parameter beschrieben werden. Die Auflösung dieser Parameter ist: 13 1 TeV−1 ≈ 0,36 ⊕ √ σ pT pT sin θ 1,8 σ (φ) ≈ 0,075 ⊕ √ [mrad] pT sin θ 2,0 × 10−3 σ (cot θ) ≈ 0,70 × 10−3 ⊕ √ 3 pT sin θ 73 σ (a0 ) ≈ 11 ⊕ √ [ µm] pT sin θ 115 σ (z0 ) ≈ 87 ⊕ √ 3 [ µm] . pT sin θ Dabei sind a0 und z0 der transversale und longitudinale Stoßparameter einer Spur. Die Bestimmung der Parameter findet an dem Punkt der Spur statt, der der Strahlachse am nächsten ist. Die Kalorimeter Die Kalorimeter dienen der Messung der Energie und Identifikation von Elektronen2 , Photonen und Jets. Zusätzlich liefern sie 2 Damit sind hier auch Positronen gemeint 20 3.2 Der Detektor Informationen über die Flugrichtung der Teilchen und die fehlende Energie im Detektor. Nachdem die Teilchen den Inneren Detektor passiert haben, gelangen sie als erstes in das elektromagnetische Kalorimeter, das die Elektronen und Photonen absorbiert. Die Jets durchdringen dieses im Allgemeinen und werden erst im hadronischen Kalorimeter gestoppt. Die Kalorimeter bestehen prinzipiell aus alternierenden Schichten von Absorbermaterial und aktivem Material. In ersterem lösen die eintreffenden Teilchen einen so genannten Schauer von Sekundärteilchen aus, durch dessen Energie-Deposition im aktiven Material auf die Energie des eintreffenden Teilchens zurückgeschlossen werden kann. Elektronen und Photonen bilden im Material durch Paarerzeugung und Bremsstrahlung einen elektromagnetische Schauer, der aus einer Vielzahl von gebündelten Elektronen und Photonen besteht. Die Jets enthalten Hadronen, die im Gegensatz zu den Elektronen und Photonen nicht nur elektromagnetisch, sondern auch stark wechselwirken. Durch inelastische Reaktionen mit den Kernen des Absorbermaterials entsteht der hadronische Schauer, der weniger stark kollimiert als der elektromagnetische Schauer ist und aus vielen neu erzeugten Hadronen besteht. Das elektromagnetische Kalorimeter deckt einen η-Bereich von |η| < 3,2 ab und hat voraussichtlich eine Auflösung von etwa 10% σ (E) ≈ √ [ GeV] . E E Durch das zentrale Kalorimeter, Endkappen- und Vorwärtskalorimeter hat das hadronische Kalorimeter insgesamt eine η-Akzeptanz von etwa |η| < 5. Seine Auflösung ist wesentlich schlechter als die des elektromagnetischen Kalorimeters und liegt ungefähr bei 50% σ (E) ≈ √ ⊕ 3% [ GeV] . E E Für die fehlende transversale Energie wird bei der Anfangsluminosität eine Genauigkeit von miss σ pT = 0,46 × qX ET [ GeV] P erwartet, wobei ET die Summe der transversalen Energien über die einzelnen Kalorimeterzellen bedeutet. Bei hoher Luminosität wird die Auflösung um einen Faktor zwei schlechter. 21 3 Das ATLAS-Experiment Der Myondetektor Der Myondetktor ist das äußerste System, in das nur die Myonen und die nicht detektierbaren Neutrinos gelangen. Es dient zur Identifikation und Impulsmessung der Myonen und besitzt dafür ein eigenes toroidales Magnetfeld und Trigger -System. Die Spurmessung erfolgt mit Hilfe von gasgefüllten Spurkammern wie Driftkammern und Kathoden-Streifen-Kammern, die auf dem Prinzip einer Vieldrahtproportionalitätskammer basieren. Insgesamt deckt das Myon-System einen η-Bereich von |η| < 2,7 ab. Das Trigger-System Beim LHC treffen sich alle 25 ns (40 MHz) die Protonen an den verschiedenen Wechselwirkungspunkten, wobei mit einer Endluminosität von 1034 cm−2 s−1 im Mittel 23 inelastische Proton-ProtonKollisionen auftreten. Die Ereignisrate liegt daher bei etwa 1 GHz und mit einer mittleren Größe von 1-2 MB pro Ereignis läge die zu speichernde Datenrate bei ∼ 1 PB/s. Dies ist technisch nicht realisierbar, so dass ein Trigger-System verwendet wird, welches die physikalisch interessanten Ereignisse selektieren soll. Das ATLAS Trigger-System ist dreistufig und reduziert die Ereignisrate von anfänglich rund 1 GHz auf etwa 200 Hz. Die endgültige Datenrate beträgt dennoch ungefähr ∼ 300 MB/s. 22 4 Der Zerfall der B-Hadronen Im Folgenden soll der Zusammenhang zwischen dem Zerfallsvertex der B -Hadronen und der Top-Quark-Masse erläutert werden. Dazu wird die Zerfallslängenmethode zur Top-Quark-Massenmessung, wie sie 2005 präsentiert [28] und schließlich seit 2006 von CDF angewendet [15] wird, vorgestellt. Neben der Zerfallslänge werden auch andere mögliche Messgrößen der Top-Quark-Masse, die aus den Zerfallsprodukten der B -Hadronen bestimmt werden können und bisher noch nicht zu einer Bestimmung der Top-Quark-Masse verwendet wurden, betrachtet. Für alle Variablen ist eine Rekonstruktion des Zerfallsvertex des B -Hadrons nötig, die anschließend kurz erläutert wird. 4.1 Die Zerfallslängenmethode Das Top-Quark zerfällt nach dem Standardmodell zu fast 100% in ein b -Quark und ein W -Boson. In diesem Zwei-Körper-Zerfall hängt der Impuls, beziehungsweise die Energie, des b -Quarks nahezu linear von der Top-Quark-Masse mtop ab. Zum Verständnis dieser Abhängigkeit ist es hilfreich, die Energie Eb∗ des b -Quarks im Ruhesystem des Top-Quarks zu betrachten. Eine kurze Rechnung ergibt: Eb∗ m2top − m2W + m2b 1 m2b − m2W 1 = mtop + . = 2mtop 2 2 mtop Der 1/mtop -Term kann entwickelt werden und eine lineare Näherung ist für nicht zu große Top-Quark-Massenbereiche ausreichend. Aus einer numerischen Berechnung folgt (Entwicklung von 1/mtop um mtop = 175 GeV): Eb∗ ≈ 0,6 mtop − 36,8 GeV . Die Top-Quarks befinden sich allerdings im Laborsystem nicht in Ruhe, wie in Abbildung 4.1 zu erkennen ist. In dieser ist die Verteilung des Boosts der Top-Quarks in dileptonischen t t̄-Ereignissen, die in dieser Arbeit untersucht werden, für eine Top-Quark-Masse von 175 GeV dargestellt. Der Übergang vom Ruhesystem des Top-Quarks in das Laborsystem 23 rel. Anteil 4 Der Zerfall der B-Hadronen 0.07 0.06 0.05 0.04 0.03 0.02 0.01 0.00 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 β Abbildung 4.1: Boost der Top-Quarks am LHC bei mtop = 175 GeV. erfolgt durch die Lorentztransformation Eb = γ Eb∗ + p~∗b · β~ p~b = p~∗b + γ β~ Eb∗ + γ p~∗b · β~ mit dem Lorentzfaktor γ = Etop /mtop und dem Boost β~ = p~top /Etop . Da der Phasenraum für das Top-Quark stark von der Energie der wechselwirkenden Partonen und nur schwach von der Top-Quark-Masse bestimmt ist, bleibt eine annähernd lineare Abhängigkeit des b -Quark Impulses von der Top-Quark-Masse im Laborsystem erhalten. Bei der Hadronisierung des b -Quarks entsteht in der Regel ein angeregtes B -Hadron, das mittels der starken Wechselwirkung in ein B -Hadron im Grundzustand übergeht. Dieser Übergang kann in mehreren Schritten erfolgen, da aber die Lebensdauer stark zerfallender Teilchen in der Größenordnung von 10−24 s liegt, entsteht das Grundzustands-B -Hadron noch im Wechselwirkungspunkt (Primärvertex). Es zerfällt schwach und kann daher mit einer mittleren Lebensdauer von knapp 1,6 ps [29] einige Millimeter weit fliegen, bevor es in ein D-Hadron und schließlich in stabile Teilchen übergeht. In Tabelle 4.1 sind die Massen und die Lebensdauern der wichtigsten B -Hadronen dargestellt. Der Zerfallsvertex (Sekundärvertex) der schwach zerfallenden B -Hadronen (im Folgenden einfach nur noch als B -Hadronen bezeichnet) ist experimentell bestimmbar und für die Zerfallslänge L, dem Abstand zwischen Primär- und Sekundärvertex, gilt: pB ∗ t . L = βγt∗ = mB 24 4.1 Die Zerfallslängenmethode B -Hadron proz. Anteil m [ MeV] τ [ps] B± 40,1 ± 1,0 % 5279,0 ± 0,5 1,643 ± 0,010 40,1 ± 1,0 % 5279,4 ± 0,5 1,527 ± 0,008 B 0s ,B s 10,6 ± 1,3 % 5367,5 ± 1,8 0,029 1,451+ − 0,028 Λ0b ∼ 8% 5624 ± 9 1,393 ± 0,049 B 0 ,B 0 0 Tabelle 4.1: Prozentualer Anteil an den B -Hadronen [29], Masse m [30] und Lebensdauer τ [29] der wichtigsten B -Hadronen. Hierbei ist pB der Impuls, mB die Masse des B -Hadrons und t∗ seine Lebensdauer im Ruhesystem. Die Größen β und γ ergeben sich analog wie für das Top-Quark aus den kinematischen Variablen des B -Hadrons. Der Impuls der B -Hadronen beträgt einen Bruchteil Xb des b -Quark Impulses und ist durch die Fragmentationsfunktion f (Xb ) bestimmt (siehe Kapitel 8.4). Er ist somit eine auf die Top-Quark-Masse sensitive Größe, die experimentell über die Zerfallslänge der B -Hadronen zugänglich ist. Aufgrund des proportionalen Zusammenhangs von L und pB ist eine annähernd lineare Abhängigkeit der mittleren Zerfallslänge von der TopQuark-Masse zu erwarten. Da die longitudinale Komponente der Zerfallslänge stärker dem Einfluss der Partondichteverteilungen unterliegt (vgl. Kapitel 3.1), ist die transversale Zerfallslänge LT sensitiver auf die Top-Quark-Masse als die Zerfallslänge L. Sie wird daher im Folgenden zur Bestimmung der TopQuark-Masse verwendet. In Abbildung 4.2 ist die experimentelle Bestimmung der transversalen Zerfallslänge dargestellt. Der Vorteil der Zerfallslängenmethode ist, dass lediglich Spurinforma- Abbildung 4.2: Experimentelle Bestimmung der transversalen Zerfallslänge 25 4 Der Zerfall der B-Hadronen tionen zur Bestimmung des Zerfallsvertex nötig sind. Eine Kenntnis der Jet-Energien wie bei herkömmlichen Methoden zur Bestimmung der TopQuark-Masse ist nicht erforderlich. Der absolute Wert der Jet-Energien, die so genannte Jet-Energieskala (JES), ist schwer zu bestimmen, und führt dort zu einem großen systematischen Fehler. Des Weiteren vereinfacht sich die Analyse erheblich durch die Tatsache, dass die vollständige Rekonstruktion der Ereignis-Topologie nicht nötig ist. Dies ist in dileptonischen t t̄-Ereignissen aufgrund der auftretenden Neutrinos nicht trivial und würde zu weiteren systematischen Fehlerquellen führen. Eine Behandlung der systematischen Fehler findet in Kapitel 8 statt. 4.2 Weitere Messgrößen Neben der Zerfallslänge wurde nach weiteren Messgrößen des B -Hadron Impulses gesucht, in der Hoffnung, dass diese eine weitere Methode zur Bestimmung der Top-Quark-Masse ermöglichen. Um eine Unabhängigkeit von der Jet-Energieskala beizubehalten, müssen diese Variablen ebenfalls allein aus Spurinformationen bestimmbar sein. Daher wurde versucht aus den Spuren der Zerfallsprodukte der B -Hadronen sensitive Größen auf die Top-Quark-Masse zu konstruieren. Typischerweise zerfällt ein B -Hadron in ein angeregtes D-Hadron, das in mehreren Stufen ähnlich wie das B -Hadron zerfällt. Ein möglicher Zerfall eines B + -Mesons ist: B + → ρ(770)+ D̄∗ (2007)0 η mit ρ(770)+ → π + π 0 → π + γγ D̄∗ (2007)0 → D̄0 γ → K + e− ν̄e γγ η → π + π − π 0 → π + π − γγ . Er ist in Abbildung 4.3 skizziert, wobei nur diejenigen Zerfallsprodukte dargestellt sind, deren Spuren vom Detektor nachgewiesen werden können. Je nachdem wie groß der Impuls der B -Hadronen ist, sind die Spuren mehr oder weniger stark in Richtung der B -Hadron Flugrichtung kollimiert. Dies ist in der unteren Abbildung verdeutlicht, in der der gleiche Zerfall, jedoch mit einer geringeren Energie des B + -Mesons, zu sehen ist. Es wurden drei Messgrößen konstruiert, die ein Maß für die Kollimation der Spuren und damit für den B -Hadron Impuls, liefern sollen. Der Zerfallswinkel αdc (i) einer Spur i mit dem Impuls p~i wird definiert als der Winkel dieser Spur zur Flugrichtung p~B des B -Hadrons: (~pi · p~B ) . cos αdc (i) = pi pB 26 4.2 Weitere Messgrößen Abbildung 4.3: Oben: Schematischer Zerfall eines B + -Mesons mit einer Energie von 141 GeV innerhalb eines generierten t t̄-Ereignisses. Die gestrichelte Linie kennzeichnet die B -Meson Flugrichtung und die gepunktete deutet das 0 D̄ -Meson an. Unten: Der obige Zerfall nach einer Lorentztransformation mit einem entgegengesetzt zur Flugrichtung des B -Mesons gerichteten Boost. Die Energie des B + -Mesons beträgt nur noch rund 47 GeV. Jede Spur liefert damit einen Hinweis auf den B -Hadron Impuls. Für die Analyse wurde der Zerfallswinkel über alle detektierten Spuren N der Zerfallsprodukte eines B -Hadrons gemittelt hαdc i = N 1 X αdc (i) . N i=1 Die Flugrichtung der B -Hadronen kann aus dem Differenzvektor von Sekundär- und Primärvertex rekonstruiert werden. Sie wird nicht immer korrekt ermittelt, weshalb noch ein weiterer Winkel, der mittlere Öffnungswinkel hαop i der Spuren, bestimmt wird. Dieser ist unabhängig von der Flugrichtung der B -Hadronen und der Öffnungswinkel zwischen zwei Spuren i und j ist durch cos αop (i, j) = (~pi · p~j ) pi pj gegeben. Der Mittelwert über alle auftretenden Spurpaare in einem B Hadron Zerfall ist: X 2 hαop i = 2 αop (i, j) . N −N i >j Da die D-Hadronen eine Lebensdauer von bis zu 1 ps (D ± -Mesonen) haben, können sie unter Umständen mehrere Millimeter weit fliegen, so 27 4 Der Zerfall der B-Hadronen dass die Winkel αdc und αop ihrer Zerfallsprodukte nicht immer in der gewünschten Relation zum B -Hadron Impuls stehen. Daher wurde noch eine dritte Messgröße der so genannte Thrust betrachtet. Er wird aus den Impulsen der Spuren bestimmt, indem zuerst eine Thrust-Achse ~n ermittelt wird, die die Impulse parallel zu dieser Achse maximiert: P p~i · ~n i P . thrust = max ~ n ~i ip Der Thrust ist ein Maß für die Kollimation der Impulse bezüglich dieser Achse und kann Werte zwischen null (isotrope Verteilung der Impulse im Raum) und eins (alle Impulse parallel zur Thrust-Achse) annehmen. Zur Berechnung dieser Variablen wird ein Paket [31] verwendet, das ursprünglich zur Berechnung von Jet-Richtungen entwickelt wurde. 4.3 Rekonstruktion des Zerfallsvertex Die Rekonstruktion des Zerfallsvertex [32] basiert auf dem VKalVrt-Paket [33], das auch zur Findung des Primärvertex verwendet wird. Um den Sekundärvertex eines B -Hadrons innerhalb eines b -Jets zu bestimmen, werden alle Spuren dieses b -Jets verwendet, sofern sie bestimmte Qualitätskriterien erfüllen. Diese sind: • Anzahl der Treffer im Pixel-Detektor ≥ 1 • Anzahl der Treffer im Siliziumstreifen-Detektor ≥ 4 • Anzahl der Treffer in den Silizium-Spurdetektoren (Pixel- und Siliziumstreifen-Detektor) ≥ 7 • Güte der Spuranpassung χ2 ≤ 3 • 1/pT ≤ 1,3 ( GeV)−1 • Unsicherheit des transversalen Stoßparameters σa0 ≤ 0,35 mm • Unsicherheit des longitudinalen Stoßparameters σz0 ≤ 2,5 mm. Aus den Spuren, die diese Kriterien erfüllen, wird versucht Spurpaare zu bilden, die einen so genannten 2-Spur Vertex (2-track vertex ) mit einem χ2 kleiner als 3,5 formen. Dieser 2-Spur Vertex muss eine Signifikanz des dreidimensionalen Abstands d zum Primärvertex von d/σd > 2,5 besitzen. Zudem müssen die Spuren i eines solchen Paares noch zwei 28 4.3 Rekonstruktion des Zerfallsvertex weiteren Bedingungen bezüglich ihres dreidimensionalen Abstand di zum Primärvertex genügen: • di /σdi > 2,3 P2 • i=1 di /σdi > 6,0 Damit findet eine Differenzierung zu den aus dem Primärvertex stammenden Spuren statt. Alle diese Spuren bilden eine Liste von Spuren, aus der ein Unterprogramm des VKalVrt-Pakets versucht einen gemeinsamen Sekundärvertex zu finden. Ist das χ2 dieser ersten Anpassung nicht akzeptabel, so wird die Spur, die den höchsten Beitrag zum χ2 leistet, von der Spurliste gestrichen und eine neue Anpassung durchgeführt. Diese Suche wird solange iteriert bis ein Sekundärvertex mit genügend kleinem χ2 vorliegt oder keine Spuren mehr in der Liste enthalten sind. Manche der rekonstruierten 2-Spur Vertizes stammen aus K 0 -, Λ -Zerfällen, γ → e+ e− Konversionen oder hadronischen Wechselwirkungen mit dem Detektormaterial, die durch Berechnung ihrer invarianten Masse, unter Annahme entsprechender Massenhypothesen, und des transversalen Abstands zum Primärvertex identifiziert werden können. Ihre Spuren werden von der Liste entfernt. In der Bestimmung des Sekundärvertex werden keine Annahmen über die exakte Topologie und Multiplizität des B -Hadron Zerfalls gemacht, weshalb es sich um eine inklusive Bestimmung handelt. Der gefundene Vertex entspricht somit einer mittleren Position zwischen dem B -Hadron und dem D-Hadron Zerfallspunkt. 29 5 Analysierte Datensätze Für diese Arbeit werden Datensätze dileptonischer t t̄-Ereignisse bei verschiedenen Top-Quark-Massen benötigt. Da die Produktion der offiziellen Datensätze noch nicht abgeschlossen ist, wurden die dileptonischen t t̄-Ereignisse selber generiert und rekonstruiert. Zerfälle der W -Bosonen in Tau-Leptonen sind in den dileptonischen Ereignissen nicht enthalten. Zur Unterdrückung der Untergrundprozesse fand anschließend eine Selektion der rekonstruierten Ereignisse statt. Im Folgenden wird zuerst die Produktion der Datensätze und daraufhin die vorgenommene Ereignisselektion vorgestellt. 5.1 Erzeugung von dileptonischen t t̄-Ereignissen Die Erzeugung der Ereignisse unterteilt sich in zwei Abschnitte. Zuerst wird ein bekannter Prozess (das „wahre“ Ereignis) generiert und anschließend findet eine so genannte volle Simulation des Ereignisses im Detektor statt. Dies wird im Folgenden manchmal als das „rekonstruierte“ Ereignis bezeichnet. Zur Generation der Ereignisse wird der Monte-Carlo-Generator AcerMC [34] in der Version 3.4 verwendet. AcerMC ist ein auf Untergrundprozesse beim LHC spezialisierter Generator (LO) für den harten Prozess, das heißt für die harte (hochenergetische) Wechselwirkung der Partonen aus den kollidierenden Protonen, und berücksichtigt die Spinkorrelationen der Top-Quarks. Abstrahlungsprozesse sowie die Hadronisierung und Zerfälle müssen von einem externen Generator übernommen werden. Dafür wurde Pythia 6.4 [35] innerhalb der ATHENA1 Version 12.0.6 verwendet. Es gibt auch andere Generatoren zur Erzeugung von t t̄-Ereignissen, da aber AcerMC und Pythia in der offiziellen Produktion der Datensätze für unterschiedlichen Top-Quark-Massen verwendet werden und leicht zu bedienen sind, wurden sie gewählt. Für eine bessere Beschreibung von Tau-Lepton Zerfällen und um QED2 -Abstrahlung der Leptonen und Hadronen im 1 2 Eine Programmumgebung zur Generation, Rekonstruktion und Analyse von Ereignissen innerhalb des ATLAS-Experiments. Die Quantenelektrodynamik ist eine Quantfeldtheorie zur Beschreibung der elektromagnetischen Wechselwirkung innerhalb des Standardmodells. 31 5 Analysierte Datensätze Endzustand zu berücksichtigen, werden die Programme TAUOLA [36] und PHOTOS [37] innerhalb von Pythia benutzt. Wenn der LHC mit einer Luminosität von 1034 cm−2 s−1 läuft, werden im Mittel 23 Proton-Proton-Kollisionen pro Strahlwechselwirkung stattfinden, so dass eine Überlagerung mehrerer Ereignisse im Detektor auftreten wird. Bei einer Luminosität von 1033 cm−2 s−1 treten nur etwa 2-3 Kollisionen pro Wechselwirkung auf. Die meisten dieser zusätzlichen Ereignisse gehen jedoch aus niederenergetischen Wechselwirkungen hervor und da eine Beschreibung des Phänomens schwierig ist, wird in dieser Arbeit kein pile-up berücksichtigt. Die volle Simulation der generierten Ereignisse erfolgt in drei Teilschritten. Zuerst findet eine GEANT4 [38] Simulation des ATLAS Detektors statt, die die Teilchen durch den Detektor propagiert und deren Energiedeposition im Detektor bestimmt. Die Simulation ist sehr rechenaufwendig und dauert einige Minuten pro Ereignis. Sie stellt daher den limitierenden Faktor in der Datenproduktion dar. Anschließend erfolgt die Digitalisierung, in der die Detektorantwort auf das Ereignis in den physikalischen Größen von Ladung, Strom, Ort etc. ermittelt wird. Die Interpretation dieser Rohdaten in Spuren und Energiedepositionen erfolgt in der abschließenden Rekonstruktion. Die volle Simulation erfordert eine möglichst wahrheitsgemäße Beschreibung des Detektors, die ständig verbessert wird. Eine Übersicht über vorhandene Beschreibungen ist in [39] zu finden. Zur Erzeugung der Datensätze wurde die zur CSC 3 Produktion empfohlene Detektor-Beschreibung CSC-01-02-00 gewählt. Sie beinhaltet sowohl realistische Fehlausrichtungen in allen drei Komponenten des Inneren Detektors als auch der Komponenten untereinander. Des Weiteren sind Korrekturen des Magnetfelds und Materialverzerrungen eingeschlossen. Die volle Simulation erfolgte in den aktuellsten validierten Athena-Versionen. Dies war für die Simulation und Digitalisierung die Version 12.0.6.1 und für die Rekonstruktion die Version 12.0.6.3. Da die volle Simulation sehr zeitintensiv ist, existiert noch eine so genannte schnelle Simulation ATLFAST [40], die für viele Analysen ausreichend ist. Da in dieser Arbeit der Zerfallsvertex der B -Hadronen bestimmt werden muss, den ATLFAST nicht korrekt beschreibt, konnte die schnelle Detektorsimulation nicht verwendet werden. Insgesamt wurden sieben Datensätze bei den Top-Quark-Massen 160, 165, 170, 175, 180, 185 und 190 GeV mit jeweils ungefähr 500 000 Ereignissen 3 Die CSC (Computing System Commissioning) Produktion ist konzipiert zur Erprobung der ATLAS Software und zur Vorbereitung auf die zukünftige Datennahme. 32 5.2 Ereignisselektion generiert und davon jeweils etwa 10% voll simuliert. 5.2 Ereignisselektion Die experimentellen Daten werden nicht nur die gewünschten t t̄-Signalereignisse sondern auch einen großen Teil an Untergrundereignissen enthalten. Im Allgemeinen ist es daher wichtig, diese Untergrundprozesse so stark wie möglich zu unterdrücken, um den aus ihnen resultierenden systematischen Fehler klein zu halten und ein hohe Sensitivität der Messung zu erreichen. Folgende Untergrundprozesse können eine ähnliche Signatur aufweisen wie ein in Abbildung 5.1 dargestelltes dileptonisches t t̄-Ereignis. Physikalischer Untergrund: • Diboson Ereignisse: WW, WZ, ZZ • Drell-Yan Prozesse: Z /γ ∗ → τ + τ − Instrumenteller Untergrund4 : • W +Jets, Z +Jets • Drell-Yan Prozesse: Z /γ ∗ → e + e − , µ+ µ− • Multijet Untergrund Die dileptonischen t t̄-Ereignisse haben, im Gegensatz zu den anderen Zerfallskanälen des Top-Quarks, aufgrund der zwei hochenergetischen Leptonen eine klare Signatur im Detektor, weshalb durch eine genügend restriktive Ereignisselektion davon auszugehen ist, dass die Untergrund- Signatur: • 2 hochenergetische Leptonen • 2 b -Jets • fehlende transversale Energie Abbildung 5.1: Dileptonisches t t̄-Ereignis. 4 Ereignisse des instrumentellen Untergrunds haben im Gegensatz zum physikalischen Untergrund nur dann dieselbe Signatur wie die Signalereignisse, wenn mindestens ein physikalisches Objekt fehlinterpretiert wird. 33 5 Analysierte Datensätze prozesse vernachlässigt werden können. Es wurde keine eigene Schnittanalyse durchgeführt, stattdessen werden die Definitionen physikalischer Objekte, wie Leptonen und Jets, von der Top-Quark Arbeitsgruppe bei ATLAS verwendet. Diese sind in dem Analyseprogramm TopView implementiert und können in [41] nachgelesen werden. Damit wurden folgende Anforderungen an ein rekonstruiertes Ereignis aufgestellt: • zwei entgegengesetzt geladene, isolierte Leptonen (e,µ) mit pT > 20 GeV und |η| < 2,5, wobei im ee- und µµ-Kanal die invariante Masse der Leptonen nicht innerhalb eines Bereiches von 85-95 GeV um die Z -Boson Masse liegen darf • fehlende transversale Energie ETmiss > 40 GeV • mindestens zwei Jets mit pT > 20 GeV und |η| < 2,5, wobei ein Jet als b -Jet identifiziert sein muss (w > 6,75, s. nächsten Absatz) Die betrachteten Jets werden vom Cone-Algorithmus mit einem Radius von 0,4 (in der η-φ-Ebene) rekonstruiert. Da der Innere Detektor nur eine η-Bereich bis 2,5 abdeckt, wird für alle Objekte gefordert, sich innerhalb dieses Bereiches zu befinden. Die Leptonen wurden zudem noch weiteren Qualitätskriterien unterworfen. Mit dieser Selektion müssen insgesamt ungefähr 82% der Signalereignisse verworfen werden und das Signal zu Untergrund Verhältnis liegt bei etwa 40:1 [42]. Die Identifikation eines Jets als b -Jet erfolgt durch so genannte b -Tagging Algorithmen, die eine Unterscheidung zwischen b -Jets und leichten Jets (Jets, die sich aus Quarks der ersten beiden Generationen beziehungsweise Gluonen entwickelt haben) mittels einer einzigen diskriminierenden Variablen w erlauben. Das in dieser Arbeit verwendete b -Tagging [43] kombiniert zwei voneinander unabhängige Methoden, das Stoßparameterbasierte [25] und das Sekundärvertex-basierte b -Tagging [32], die beide den Zerfall des B -Hadrons innerhalb des b -Jets ausnutzen. Erstere verwendet zur Unterscheidung der b -Jets von den leichten Jets die Stoßparametersignifikanz a0 /σa0 der Spuren in den Jets, die im Mittel für die Spuren im b -Jet deutlich größer ist. Die Definition des (transversalen) Stoßparameters ist in Abbildung 5.2 dargestellt. Die zweite Methode benutzt direkt den Sekundärvertex der B -Hadronen (vergleiche Kapitel 4.3) und berechnet eine diskriminierende Variable aus drei verschiedenen Parametern M , F und N . Diese sind die invariante Masse M aller aus dem Sekundärvertex stammenden Teilchen, der Bruchteil F der Energie, 34 5.2 Ereignisselektion Abbildung 5.2: Definition des transversalen Stoßparameters a0 die von diesen Teilchen kommt, bezogen auf die Energie aller geladenen Teilchen im Jet und die Anzahl N der 2-Spur Vertizes innerhalb des Jets. Beide zum b -Tagging benutzte Methoden berechnen unabhängig voneinander eine diskriminierenden Variable, die schließlich zu einer einzigen diskriminierenden Variablen w kombiniert werden. Mit der Wahl von w > 6,75 liegt die Nachweiswahrscheinlichkeit der b -Jets in den vorliegenden rekonstruierten Daten mit einer Top-Quark-Masse von 175 GeV bei etwa 60% und die Unterdrückung (inverse irrtümliche Nachweiswahrscheinlichkeit als b -Jet) der leichten Jets bei 181 ± 8. Die bereinigte Unterdrückung der leichten Jets ist 292 ± 17. Diese berücksichtigt nur leichte Jets, die in einem Radius von ∆R < 0,8 kein B -, D-Hadron oder Jet aus einem Tau-Lepton, c- oder b-Quark enthalten. Da der Untergrund schon mit der Forderung von nur einem identifizierten b -Jet pro Ereignis stark unterdrückt werden kann, wird auf eine Identifikation des zweiten b -Jets im Ereignis verzichtet, um die Ereignisanzahl nicht weiter zu reduzieren. Bei einer Nachweiswahrscheinlichkeit von 60% der b -Jets ist die Wahrscheinlichkeit, dass beide b -Jets in einem t t̄-Ereignis identifiziert werden, mit ungefähr 36% weniger als halb so groß wie für die Identifikation von mindestens einem b -Jet (84%). 35 6 Bestimmung der Top-Quark-Masse aus den generierten Datensätzen Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse der Bestimmung der TopQuark-Masse über vier verschiedene Observablen auf Generatorniveau vorgestellt. Nach einem Überblick über die Eigenschaften der Top-Quarks und B -Hadronen in den dileptonischen t t̄-Ereignissen folgt die Präsentation der Verteilungen der Zerfallslänge, des Thrust, des mittleren Zerfallsund Öffnungswinkels. Für jede dieser Observablen wird eine Eichkurve erstellt, mittels derer eine Bestimmung der Top-Quark-Masse möglich ist. Abschließend findet ein Vergleich der verschiedenen Methoden statt. Die Ergebnisse basieren allein auf den Informationen, die der MonteCarlo-Generator liefert, das heißt, es fand keine Rekonstruktion der Jets und damit kein b -Tagging, keine Rekonstruktion des Zerfallsvertex und keine Ereignisselektion statt. Die in Kapitel 6.1 und 6.2 gezeigten Verteilungen sind mit einer Top-Quark-Masse von 175 GeV erstellt worden. Die Histogramme im gesamten Kapitel 6 sind auf eins normiert. 6.1 Eigenschaften der dileptonischen t t̄-Ereignisse √ Die Verteilung der Schwerpunktsenergie ŝ der beiden Top-Quarks ist in Abbildung 6.1 zu sehen. Aufgrund der Partondichteverteilung der Gluonen und des typischen Abfalls des Wirkungsquerschnitts mit der Schwerpunktsenergie, findet die Produktion der Top-Quarks nah an der kinematischen Schwelle bei der doppelten Top-Quark-Masse statt. Das t t̄-System wird daher annähernd in Ruhe erzeugt und der Transversalimpuls der Top-Quarks ist relativ groß. Die Verteilung des Impulses und des Transversalimpulses der Top-Quarks ist in Abbildung 6.2 dargestellt. Die im Zerfall der Top-Quarks entstehenden b -Quarks sind hochrelativistisch und erzeugen in der Hadronisierung hochenergetische B -Hadronen. In Abbildung 6.3 ist die Impuls- und η-Verteilung der B -Hadronen zu sehen. Etwa 91% der B -Hadronen liegen innerhalb des Akzeptanzbereichs von |η| < 2,5 des Inneren Detektors. Die Transversalimpuls- und η-Verteilung der Leptonen in den dileptonischen t t̄-Ereignissen sind in Abbildung 6.4 dargestellt. In der Analyse der rekonstruierten Ereignisse 37 rel. Anteil 6 Bestimmung der Top-Quark-Masse aus den generierten Datensätzen 0.04 0.03 0.02 0.01 0.00 0 500 1000 1500 s [GeV] rel. Anteil rel. Anteil Abbildung 6.1: Schwerpunktsenergie der dileptonischen t t̄-Ereignisse. 0.05 0.04 0.030 0.025 0.020 0.03 0.015 0.02 0.010 0.01 0.005 0.00 0 500 1000 p GeV 0.000 0 200 400 p T 600 GeV Abbildung 6.2: Impuls und Transversalimpuls der Top-Quarks. werden an die Leptonen die Bedingungen |η| < 2,5 und pT > 20 GeV gestellt. Erstere kann von etwa 7% und letztere von etwa 15% der Leptonen auf Generatorniveau nicht erfüllt werden. Um die Untersuchung der generierten Datensätze möglichst vergleichbar mit der der rekonstruierten Daten zu machen, wurden im Folgenden nicht nur die B -Hadronen des harten Prozesses sondern alle im Ereignis auftretenden B -Hadronen untersucht. In Abbildung 6.5 ist die Anzahl der B -Hadronen pro Ereigniss zu sehen. Etwa 90% aller Ereignisse haben zwei B -Hadronen, jedoch können auch Ereignisse mit vier oder selten sogar sechs B -Hadronen auftreten. Die Anzahl der B -Hadronen, die tatsächlich aus dem harten Prozess stammen und daher eine Information 38 rel. Anteil rel. Anteil 6.2 Der Zerfall der B-Hadronen 0.035 0.030 0.025 0.020 0.025 0.015 0.020 0.015 0.010 0.010 0.005 0.005 0.000 0 50 100 150 0.000 200 250 p GeV -4 -2 0 2 4 η T 0.040 rel. Anteil rel. Anteil Abbildung 6.3: Transversalimpuls und Pseudorapidität der B -Hadronen. 0.035 0.030 0.025 0.020 0.025 0.020 0.015 0.015 0.010 0.010 0.005 0.005 0.000 0 50 100 150 200 250 p GeV 0.000 T -4 -2 0 2 4 η Abbildung 6.4: Transversalimpuls und Pseudorapidität der Leptonen. über die Top-Quark-Masse enthalten, liegt bei 95%. (Top-Quarks sind so schwer, dass ihre Produktion außerhalb des harten Prozesses höchst unwahrscheinlich ist.) 6.2 Der Zerfall der B-Hadronen Um die Top-Quark-Masse zu bestimmen, werden verschiedene Observablen, wie sie in Kapitel 4.2 vorgestellt wurden, verwendet: die transversale Zerfallslänge LT , der Thrust, der Zerfallswinkel αdc und der Öffnungswinkel αop . Auf Generatorniveau sind im Gegensatz zur transversalen Zerfallslänge die Impulse der Zerfallsprodukte zur Berechnung des Thrusts 39 rel. Anteil rel. Anteil 6 Bestimmung der Top-Quark-Masse aus den generierten Datensätzen 0.8 0.20 0.15 0.6 0.4 0.10 0.2 0.05 0.0 0 2 4 6 8 # B-Hadronen/Ereignis Abbildung 6.5: B -Hadronen pro Ereignis. 0.00 0 5 10 15 # verwerteter Spuren/Svtx Abbildung 6.6: Spuren pro Sekundärvertex. und der beiden Winkel nötig. Da im Detektor nur Spuren geladener Teilchen zu sehen sind, werden auch auf Generatorniveau nur geladene Teilchen, die zudem höchstens einen inversen Transversalimpuls von 1/pT ≤ 1,3 (GeV)−1 haben, verwendet. Die übrigen Spurkriterien, die an die rekonstruierten Spuren gestellt werden (vergleiche Kapitel 4.3), beziehen sich auf die Auflösung einer Spur und sind daher für die generierten Spuren nicht implementierbar. Im Mittel enthält ein Sekundärvertex vier geladene Spuren, deren Verteilung in Abbildung 6.6 präsentiert wird. Die Verteilungen der vier Observablen sind in Abbildung 6.7 dargestellt. Die transversale Zerfallslänge zeigt Abweichungen von einem einfachen exponentiellen Abfall, wie die Anpassung einer Exponentialfunktion links in Abbildung 6.8 verdeutlicht. Die Ursache liegt nicht in den unterschiedlichen Lebensdauern und Massen der verschiedenen B -Hadron Typen, sondern darin, dass der Impuls der B -Hadronen variiert (siehe Abbildung 6.3). Dies kann aus dem rechts danebenstehenden Histogramm, in dem die Zerfallslänge der B -Hadronen mit einem Impuls in dem Bereich von 30-50 GeV gezeigt ist, geschlossen werden, da hier die Anpassung einer Exponentialfunktion erfolgreich ist. Der aus den Spuren der Zerfallsprodukte bestimmte Thrust ist, aufgrund der geringen Anzahl und starken Kollimation der Spuren, sehr groß und steigt steil zum Maximalwert hin an. Die y-Achse der Verteilung des Thrust in Abbildung 6.7 ist daher, ebenfalls wie die der transversalen Zerfallslänge, logarithmisch dargestellt. Die Verteilungen der Winkel favorisieren beide, ebenfalls aufgrund der hohen Kollimation der Spuren, kleine Werte und wie zu erwarten ist, fällt 40 rel. Anteil rel. Anteil 6.3 Bestimmung der Top-Quark-Masse 10-1 10-1 10-2 10-2 -3 10 -3 10 10-4 10 20 30 40 50 LT mm 0.98 0.08 0.06 0.985 0.99 0.995 1 thrust rel. Anteil rel. Anteil 0 0.06 0.05 0.04 0.03 0.04 0.02 0.02 0.00 0.01 0 5 10 15 20 25 30 〈α 〉 [°] 0.00 0 5 10 15 dc 20 25 30 〈α op〉 [°] Abbildung 6.7: Transversale Zerfallslänge LT , Thrust und die beiden Winkel αdc , αop auf Generatorniveau. der Öffnungswinkel weniger steil ab als der Zerfallswinkel. 6.3 Bestimmung der Top-Quark-Masse Zur Bestimmung der Top-Quark-Masse wurde aus den Verteilungen der Observablen für verschiedene Top-Quark-Massen von 160 bis 190 GeV jeweils der Mittelwert bestimmt und eine Eichkurve, die die Top-QuarkMasse in Abhängigkeit vom Mittelwert beschreibt, erstellt. Es hat sich dabei herausgestellt, dass der Mittelwert der geeignetste Parameter ist. Die Anpassung verschiedenster Funktionenen, wie zum Beispiel eine Summe von zwei Exponentialfunktionen, an die transversale Zerfallslänge gelingt nur sehr unzureichend und liefert eine schlechtere Sensitivität 41 rel. Anteil rel. Anteil 6 Bestimmung der Top-Quark-Masse aus den generierten Datensätzen 10-1 10-1 10-2 10-2 -3 10 -3 10 30 GeV < p < 50 GeV 10-4 0 5 10 15 20 25 LT mm T 0 5 10 15 20 25 LT mm Abbildung 6.8: Anpassung einer Exponentialfunktion an die Verteilung der transversalen Zerfallslänge der B -Hadronen, wobei rechts der Impuls der B Hadronen auf eine Bereich von 30-50 GeV eingeschränkt wurde. auf die Top-Quark-Masse. CDF verwendet ebenfalls den Mittelwert zur Bestimmung der Top-Quark-Masse aus der transversalen Zerfallslänge [15]. Er berechnet sich bei N Messpunkten xi nach PN xi hxi = i=1 N und sein Fehler ist durch s σhxi = hx2 i − hxi2 N gegeben. Bei der Analyse der rekonstruierten Daten hat sich gezeigt, dass für manche Observablen eine größere Sensitivität auf die Top-QuarkMasse erreicht werden kann, wenn ihr Gültigkeitsbereich eingeschränkt wird (vergleiche Kapitel 7.3). Der Mittelwert hängt stark von dem gewählten Bereich ab und für eine bessere Vergleichbarkeit wurden die mit den rekonstruieren Daten ermittelten Gültigkeitsbereiche ebenfalls für die Untersuchung der Observablen auf Generatorniveau verwendet. In Abbildung 6.9 sind die ermittelten Datenpunkte zur Bestimmung der Eichkurven für die verschiedenen Observablen dargestellt. Die TopQuark-Masse ist auf der y-Achse aufgetragen, da dies die Berechnung des statistischen Fehlers der Top-Quark-Massenmessung vereinfacht. Die transversale Zerfallslänge und der Thrust steigen beide mit zunehmender Top-Quark-Masse, beziehungsweise zunehmendem B -Hadron Impuls, 42 Graph Graph mtop GeV/c2 mtop GeV/c2 6.3 Bestimmung der Top-Quark-Masse 190 185 180 175 190 185 180 175 170 165 160 5.4 5.6 5.8 6 χ2 / ndf 7.7 / 3 Prob 0.052 a0 1.5e+02 ± 1.2 a1 5.5 ± 1.1 a2 -0.29 ± 0.3 a3 0.047 ± 0.026 170 χ2 / ndf 5.2 / 4 Prob 0.26 a0 1.5e+02 ± 40 a1 -26 ± 14 a2 5 ± 1.2 165 160 6.2 6.4 〈L 〉 [mm] 1 2 3 4 Graph Graph mtop GeV/c2 mtop GeV/c2 T 190 185 180 175 170 165 160 5 6 7 transf. 〈thrust〉 190 185 180 175 170 χ2 / ndf 8.6 / 4 Prob 0.072 a0 8.5e+02 ± 0.84 a1 -2.7e+02 ± 0.26 a2 26 ± 0.048 3.9 4 4.1 165 160 4.2 4.3 4.4 〈α 〉 [°] dc χ2 / ndf 8.9 / 4 Prob 0.064 a0 8.7e+02 ± 0.86 a1 -1.8e+02 ± 0.17 a2 11 ± 0.021 6 6.2 6.4 6.6 6.8 〈α op〉 [°] Abbildung 6.9: Eichkurven zur Bestimmung der Top-Quark-Masse. an und die beiden Winkel fallen aufgrund der höheren Kollimation der Spuren. Um einer Observablen, zum obsaus einem gemessenen Mittelwert obs Beispiel LT , eine Top-Quark-Masse mtop zu ermitteln, wird an die gemessenen Datenpunkte ein Polynom angepasst, das einerseits zwischen den Datenpunkten interpoliert und andererseits die Abhängigkeit von den statistischen Fluktuationen der einzelnen Punkte senkt. Die Polynome stellen die Eichkurven der jeweiligen Observablen dar und ermöglichen ein einfaches Ablesen der Top-Quark-Masse an der y-Achse bei einem entsprechendem Messwert auf der x -Achse. Für die transversale Zerfallslänge und Pdie beiden Winkel beschreibt ein Polynom vom Grad zwei, P2 (x) = 2i=0 ai xi , den Verlauf der Top-Quark-Masse am besten. Dies berücksichtigt den nächst höheren Term in der Entwicklung des 1/mtop Faktors in der Energie der b -Quarks (vergleiche Kapitel 4.1). Der Zusam- 43 6 Bestimmung der Top-Quark-Masse aus den generierten Datensätzen menhang zur Top-Quark-Masse ist für den Thrust und die beiden Winkeln komplizierter als für die transversale Zerfallslänge, so dass die Anpassung eines Polynoms an die Datenpunkte nicht ganz so gute χ2 -Werte liefern. Zur Bestimmung der Eichkurve für den Thrust, wurde diese aus technischen Gründen einer linearen Transformation f (x) = 10 000 x − 9 970 unterworfen, um dem Datenanalyseprogramm ROOT [44] die Anpassung zu erleichtern. Es stellte sich heraus, dass ein Polynom vom Grad drei die Thrust-Verteilung besser beschreibt als eine quadratische Funktion. Mit einer Anpassung von Polynomen höherer Ordnung kann keine Verkleinerung des χ2 -Werts mehr erreicht werden. der Bestimmung der Top-QuarkUm die statistische Genauigkeit σmstat top Masse mit den verschiedenen Observablen auf Generatorniveau zu ermitteln, wird der statistische Fehler des Mittelwerts und der Koeffizienten des angepassten Polynoms für jede Observable mittels Gaußscher Fehlerfortpflanzung in eine Unsicherheit auf die Top-Quark-Masse umgerechnet. In Tabelle 6.1 sind die Ergebnisse dargestellt, wobei σmfittop und σmmean die top aus den Polynomkoeffizienten und dem Mittelwert resultierenden Unsicherheiten sind, die quadratisch addiert die Gesamtunsicherheit ergeben. Die Unsicherheit σmfittop kann durch die Verwendung größerer Datensätze LT thrust hαdc i hαop i L fb−1 σmfittop σmmean top σmstat top 12,6 0,11 0,26 0,28 10,0 0,11 0,29 0,31 12,6 0,15 0,23 0,27 10,0 0,15 0,25 0,29 12,6 0,08 0,20 0,22 10,0 0,08 0,23 0,24 12,6 0,08 0,21 0,22 10,0 0,08 0,24 0,25 Tabelle 6.1: Statistische Genauigkeit der Bestimmung der Top-Quark-Masse in GeV bei einer integrierten Luminosität L von 12,6 fb−1 und 10 fb−1 . reduziert werden, so dass die statistische Genauigkeit in der eigentlichen Messung durch σmmean dominiert sein wird. Die Ergebnisse wurden mit top Datensätzen, die etwa 12,6 fb−1 entsprechen, erstellt und zum Vergleich sind zusätzlich die Werte für σmstat und σmmean für 10 fb−1 angegeben. Zur top top 44 χ2 / ndf 8.4 / 10 Prob 0.59 Constant 0.21 ± 0.01 Mean -0.024 ± 0.037 Sigma 0.96 ± 0.03 0.20 rel. Anteil rel. Anteil 6.3 Bestimmung der Top-Quark-Masse 0.20 0.15 0.15 0.10 0.10 0.05 0.05 0.00 -4 -2 0 2 0.00 4 ∆mtop/ σmtop χ2 / ndf Prob Constant Mean Sigma -4 (a) Transversale Zerfallslänge -2 0 rel. Anteil rel. Anteil 0.20 0.15 0.10 0.10 0.05 0.05 -4 -2 0 2 4 ∆mtop/ σmtop (c) Mittlerer Zerfallswinkel χ2 / ndf Prob Constant Mean Sigma 0.20 0.15 0.00 4 ∆mtop/ σmtop (b) Thrust χ2 / ndf 6.7 / 12 Prob 0.87 Constant 0.20 ± 0.01 Mean -0.061 ± 0.039 Sigma 1.0 ± 0.0 2 6.4 / 11 0.84 0.20 ± 0.01 -0.12 ± 0.04 0.99 ± 0.03 0.00 -4 -2 0 2 7.7 / 11 0.74 0.20 ± 0.01 -0.11 ± 0.04 0.99 ± 0.03 4 ∆mtop/ σmtop (d) Mittlerer Öffnungswinkel Abbildung 6.10: Pull -Verteilungen der verschiedenen Observablen für ein Ensemble von 700 Datensätzen mit insgesamt rund sieben Millionen Ereignissen. Normierung auf 10 fb−1 wurde der Wert σt = 794 ± 32 pb [11] für den Wirkungsquerschnitt der t t̄-Ereignisse und ein Verzweigungsverhältnis von 4,5% [30] für den Zerfall der W -Bosonen in Elektron oder MyonLeptonen verwendet. Um zu überprüfen, dass der statistische Fehler korrekt abgeschätzt wurde und die Eichkurven die Abhängigkeit von der Top-Quark-Masse richtig beschreiben, wurden so genannte Pull -Verteilungen erstellt. Dazu wurde ein Ensemble von 700 Datensätzen mit insgesamt sieben Millionen Ereignissen bei einer Top-Quark-Masse von mtruth top = 175 GeV generiert 45 6 Bestimmung der Top-Quark-Masse aus den generierten Datensätzen und für jeden Datensatz über die erstellten Eichkurven die Top-Quark obs truth Masse mobs /σmtop ist top ermittelt. Die normierte Differenz mtop − mtop in den Pull -Verteilungen in Abbildung 6.10 zu sehen. Da Mittelwerte einer Gaußschen Verteilung folgen und alle Observablen näherungsweise linear von der Top-Quark-Masse abhängen, werden die Pull -Verteilungen gut durch eine Normalverteilung beschrieben und validieren damit die Top-Quark-Massenbestimmung für alle Observablen. Im nächsten Abschnitt werden die Ergebnisse der Bestimmung der TopQuark-Masse über die verschiedenen Observablen diskutiert. 6.4 Diskussion der Ergebnisse Aufgrund der Verfügbarkeit großer Datenmengen auf Generatorniveau, konnten die Eichkurven sehr genau aufgelöst werden. Die Unsicherheiten der Fitparameter, die zwar auch von der Sensitivität der jeweiligen Observablen abhängen, werden daher hier durch die Abweichungen der Eichkurve vom angenommenen quadratischen, beziehungsweise kubischen, Verlauf dominiert. Um die verschiedenen Observablen hinsichtlich ihrer Genauigkeit auf die Top-Quark-Masse zu vergleichen, sollten deshalb nicht sondern nur die Unsicherdie statistischen Gesamtunsicherheiten σmstat top aus den Fehlern der Mittelwerte in Tabelle 6.1 betrachtet heiten σmmean top werden. Der Vergleich zeigt, dass sich bei Verwendung des Thrusts oder der beiden Winkel eine um 10 bis 20% kleinere Unsicherheit als für die transversale Zerfallslänge ergibt. Dies liegt vermutlich daran, dass die Verteilung der transversalen Zerfallslänge stark durch die exponentiell verteilte Lebensdauer bestimmt ist und diese daher an Sensititvität verliert. Die Verteilungen der anderen Observablen unterliegen dem Einfluss der zufälligen Phasenraumeinteilung der B -Hadron Zerfallsprodukte, dessen Auswirkungen jedoch geringer sind. Im nächsten Kapitel wird die Sensitivität aller betrachteten Observablen mit den voll simulierten Daten untersucht. 46 7 Bestimmung der Top-Quark-Masse mit voller Detektorsimulation Bevor die Ergebnisse der Bestimmung der Top-Quark-Masse mit den voll simulierten Daten präsentiert werden, findet eine Darstellung der Auflösung von Primär- und Sekundärvertex und anschließend eine Analyse der Verteilungen, am Beispiel der transversalen Zerfallslänge und des mittleren Zerfallswinkels, unter dem Einfluss des b -Taggings und der Auflösung des Sekundärvertex statt. Damit können die Unterschiede zwischen den generierten und den mit dem Detektor messbaren (rekonstruierten) Verteilungen für die Observablen verstanden werden. Die in Kapitel 7.1 und 7.2 gezeigten Verteilungen sind mit einer TopQuark-Masse von 175 GeV erstellt worden. Im gesamten Kapitel 7 sind die Histogramme, bis auf Verteilungen von Nachweiswahrscheinlichkeiten in Kapitel 7.1, auf eins normiert. 7.1 Die Vertexrekonstruktion Für eine möglichst genaue Bestimmung der Top-Quark-Masse sind eine hohe Auflösung und Nachweiswahrscheinlichkeit des Sekundärvertex wichtig. Die Sekundärvertexrekonstruktion ist zudem auf eine gute Auflösung des Primärvertex angewiesen, um diesen als Referenzpunkt nutzen zu können. Die Auflösung des Primär- und Sekundärvertex, die aus den voll simulierten Ereignissen ohne Anwendung der in Kapitel 5.2 beschriebenen Ereignisselektion ermittelt wurde, ist in Abbildung 7.1 und 7.2 dargestellt. Mittels Anpassung einer Gaußfunktion kann sie zu etwa 10 µm für die x - und y-Koordinate des Primärvertex abgeschätzt werden. Die Auflösung in Richtung der Strahlachse ist mit ungefähr 40 µm wesentlich schlechter. Dies beeinflusst auch die Auflösung des Sekundärvertex entlang der Strahlachse, die schlechter als in der x -y-Ebene ist. Auffällig ist, dass die Auflösung des Primärvertex annähernd gaußförmig ist, die des Sekundärvertex hingegen sehr markante Ausläufer aufweist. Diese werden von Spuren aus dem Primärvertex verursacht, die irrtümlicherweise zum Sekundärvertex assoziert wurden und so zu einer falschen Rekonstruktion des Sekundärvertex führen. Um die Sensitivität der hier durchgeführten 47 rel. Anteil rel. Anteil 7 Bestimmung der Top-Quark-Masse mit voller Detektorsimulation 0.04 0.04 0.03 0.03 0.02 0.02 0.01 0.01 0.00 -40 -20 0 20 reco x(y) 0.00 -200 40 truth -x(y) -100 0 µm 100 200 zreco-ztruth µm rel. Anteil rel. Anteil Abbildung 7.1: Auflösung des Primärvertex entlang der x - und y-Achse (links) und in der z-Richtung (rechts). 0.10 0.08 0.10 0.08 0.06 0.06 0.04 0.04 0.02 0.02 0.00 -3 -2 -1 0 1 reco x(y) 2 truth -x(y) 3 mm 0.00 -3 -2 -1 0 1 2 3 zreco-ztruth mm Abbildung 7.2: Auflösung des Sekundärvertex entlang der x - und y-Achse (links) und in der z-Richtung (rechts). Messung zu steigern, wäre eine Beseitigung oder zumindest eine Verkleinerung der Ausläufer wünschenswert. Die Nachweiswahrscheinlichkeit des Sekundärvertex ist stark durch dessen Lage im Detektor beeinflusst. Dies ist in den schwarzen Histogrammen in Abbildung 7.3 verdeutlicht. Links ist die Nachweiswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von der Pseudorapidität zu sehen. Innerhalb des Bereiches |η| < 2,5, der vom Inneren Detektor abgedeckt wird, liegt sie bei über 70% und sinkt außerhalb bis auf null ab. Der Einfluss des Primärvertex auf die Nachweiswahrscheinlichkeit ist rechts in der Abbildung zu sehen, 48 7.1 Die Vertexrekonstruktion rel. Anteil rel. Anteil in der die Nachweiswahrscheinlichkeit für Sekundärvertizes innerhalb des Akzeptanzbereichs des Inneren Detektors in Abhängigkeit von der transversalen Zerfallslänge dargestellt ist. Durch die erschwerte Spurmessung in der Nähe des Primärvertex und die gleichzeitig relativ kleinen Stoßparameter der Sekundärvertex-Spuren, sinkt die Nachweiswahrscheinlichkeit mit abnehmenden transversalen Abständen unterhalb von 3 mm stark. Für die hier dargestellten Histogramme wurden so genannte wahre b -Jets untersucht, also Jets, die einem b -Quark entstammen. Diese Information ist in der Analyse der experimentellen Daten nicht vorhanden, so dass die zur Bestimmung der Top-Quark-Masse verwendeten Jets mittels dem b -Tagging als b -Jets identifiziert werden müssen. Durch einen Schnitt auf die dazu verwendete diskriminierende Variable w (vergleiche Kapitel 5.2) 0.06 10-1 0.04 10-2 ∈ ∈ 0.02 1.0 1.0 0.8 0.8 0.6 0.6 0.4 0.4 truth b jets truth b jets with btag 0.2 truth b jets truth b jets with btag 0.2 η < 2.5 0.0 -3 -2 -1 0 1 2 3 η 0.0 0 5 10 15 20 25 LT mm Abbildung 7.3: Links: Nachweiswahrscheinlichkeit des Sekundärvertex in Abhängigkeit von der (wahren) Pseudorapidität η der B -Hadronen. Rechts: in Abhängigkeit von der (wahren) transversalen Zerfallslänge LT der B Hadronen für |η| < 2,5. Die Nachweiswahrscheinlichkeiten sind jeweils mit einer durchgezogenen für die wahren und mit einer gestrichelten Linie für die identifizierten b -Jets dargestellt. Die zugrunde liegende η- beziehungsweise LT -Verteilung der B -Hadronen ist entsprechend in dem jeweiligen oberen Histogramm gezeigt. (Letztere ist mit einer logarithmisch skalierten y-Achse dargestellt.) 49 7 Bestimmung der Top-Quark-Masse mit voller Detektorsimulation wird bewirkt, dass der Sekundärvertex fast aller als b -Jet gekennzeichneten Jets rekonstruiert werden kann. Die Nachweiswahrscheinlichkeit des Sekundärvertex dieser identifizierten b -Jets mit w > 6,75, |η| < 2,5 und pT > 20 GeV liegt oberhalb von 95% und ist jeweils mit einer gestrichelten Line in Abbildung 7.3 dargestellt. 7.2 Vergleich der generierten und rekonstruierten Verteilungen truth LT 10-1 truth LT ,btag truth LT ,btag,cuts reco LT ,btag,cuts rel. Anteil rel. Anteil Der Übergang von den generierten zu den mit dem Detektor messbaren Verteilungen der vier Observablen soll in Abbildung 7.4 am Beispiel der transversalen Zerfallslänge und des mittleren Zerfallswinkels verdeutlicht werden. Die mit einer durchgezogenen Line dargestellten Histogramme beschreiben die generierten Verteilungen der jeweiligen Observable für identifizierte b -Jets (siehe voherigen Abschnitt) und zeigen somit im Vergleich mit den generierten Verteilungen der wahren b -Jets (Punkt-StrichLinie) den Einfluss der Nachweiswahrscheinlichkeit des Sekundärvertex auf. Aus der Verteilung des Zerfallswinkels lässt sich schließen, dass die Rekonstruktion von Sekundärvertizes mit Zerfallswinkeln zwischen 2◦ und 7◦ häufiger gelingt als bei sehr kleinen oder großen Winkeln. Letztere gehen mit kleinen Impulsen der B -Hadronen und damit auch kleinen transversalen Zerfallslängen einher, so dass durch den Einfluss des Primär- α truth dc 0.10 α truth ,btag dc α truth ,btag,cuts dc 0.08 α reco ,btag,cuts dc 0.06 10-2 0.04 0.02 -3 10 0 5 10 15 20 25 LT mm 0.00 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 〈α 〉 ° dc Abbildung 7.4: Vergleich der generierten zu den mit dem Detektor messbaren Verteilungen am Beispiel der transversalen Zerfallslänge LT und dem mittleren Zerfallswinkel hαdc i. 50 truth Ntracks-Ntracks truth Ntracks 7.2 Vergleich der generierten und rekonstruierten Verteilungen 5.0 -1.0 -1.2 reco 4.8 4.6 -1.4 -1.6 4.4 -1.8 4.2 -2.0 4.0 -2.2 3.8 -2.4 3.6 -2.6 0 2 4 6 8 10 12 〈α 〉 ° dc 0 2 4 6 8 10 12 〈α 〉 ° dc Abbildung 7.5: Profile Plot der wahren Spuranzahl Ntrack (links), entsprechend der Anzahl der zur Winkelberechnung verwendeten Zerfallsprodukte auf Generatorniveau (vgl. Kapitel 6.2), und die Differenz der rekonstruierten zur wahren Spuranzahl (rechts), jeweils in Abhängigkeit von dem wahren Wert des mittleren Zerfallswinkels ohne Ereignisselektion. vertex ein relativer Abfall der mit einer durchgezogenen zur der mit einer Punkt-Strich-Linie dargestellten Verteilung, analog wie für die transversale Zerfallslänge, entsteht. Die Anzahl der Sekundärvertex-Spuren steigt mit abnehmendem Zerfallswinkel, da der B -Hadron-Impuls steigt, wie links in Abbildung 7.5 zu sehen ist. Jedoch sinkt die Differenz von rekonstruierter zu wahrer Spuranzahl stark mit abnehmendem Zerfallswinkel. Dies ist im rechten Histogramm gezeigt. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass Spuren sich überlagern, steigt durch die erhöhte Spuranzahl und gleichzeitig stärkere Kollimation der Spuren. Somit entsteht der beobachtete relative Abfall unterhalb von 2◦ des mit einer durchgezogenen Linie dargestellten Histograms rechts in Abbildung 7.4. Insgesamt liegt, durch die Forderung der Jets als b -Jet identifiziert worden zu sein, eine Verschiebung der generierten Verteilung des Zerfallswinkels zu größeren Werten hin vor. Die Histogramme mit der durchgezogenen Line in Abbildung 7.4 zeigen die generierten Verteilungen der Observablen für identifizierte b -Jets mit einem rekonstruierten Sekundärvertex aus Ereignissen, die nach der Selektion übrig geblieben sind. Im Vergleich mit den mit einer gepunkteten Line dargestellten Histogrammen, die die letztendlich gemessenen Verteilungen präsentieren, wird daher der Einfluss der Detektorauflösung und insbesondere der Auflösung des Sekundärvertex deutlich. Zu sehen ist, 51 〈α 〉reco-〈α 〉truth ° 2.0 dc 5 4 3 1.5 dc Lreco -Ltruth mm T T 7 Bestimmung der Top-Quark-Masse mit voller Detektorsimulation 2 1.0 0.5 1 0.0 0 -0.5 -1 0 2 4 6 8 10 12 14 LT 0 2 4 6 8 10 12 〈α 〉 ° dc Abbildung 7.6: Profile Plot der Auflösung der transversalen Zerfallslänge (links) und des mittleren Zerfallswinkels (rechts), jeweils in Abhängigkeit von dem wahren Wert der Observablen ohne Ereignisselektion. dass der Sekundärvertex eher zu weit weg vom Primärvertex und der Zerfallswinkel zu groß rekonstruiert wird. Ersteres ist eine Konsequenz der inklusiven Sekundärvertexfindung, die einen mittleren Vertex zwischen dem Zerfall des B -Hadrons und D-Hadrons liefert, und des Einflusses des Primärvertex, wie besonders bei kleinen Zerfallslängen zu erkennen ist. Dies wird links in Abbildung 7.6, in der die Auflösung der transversalen Zerfallslänge in Abhängigkeit von seinem wahren Wert dargestellt ist, verdeutlicht. Da zur Winkelberechnung die Impulse aller stabilen, geladenen Teilchen aus dem B -Hadron Zerfall verwendet werden, wird der Einfluss der D-Hadronen schon auf Generatorniveau mitberücksichtigt. Die Ursachen für die Veränderung der Verteilung hier sind sehr komplex, wie an der Auflösung des mittleren Zerfallswinkels rechts in Abbildung 7.6 zu sehen ist. Da der rekonstruierte Sekundärvertex in der Regel weniger Spuren enthält, als zur Berechnung des wahren Zerfallswinkels benutzt werden (vergleiche Abbildung 7.5), entsteht eine Abweichung der rekonstruierten Winkel von den wahren Werten. In Abbildung 7.7 sind die Verteilungen aller vier Observablen, die zur Bestimmung der Top-Quark-Masse verwendet wurden, zusammen mit den generierten Verteilungen dargestellt. Die Ergebnisse aus dem Vergleich der generierten und rekonstruierten Verteilungen für den mittleren Zerfallswinkel können auf den mittleren Öffnungswinkel übertragen werden, so dass dessen rekonstruierte gegenüber der generierten Verteilung ebenfalls zu höheren Winkeln hin verschoben ist. Die Verteilung des Thrusts ist 52 rel. Anteil rel. Anteil 7.3 Bestimmung der Top-Quark-Masse 10-1 10-1 reco truth 10-2 reco truth 10-2 -3 10 -3 10 10-4 10 20 30 40 50 LT mm 0.98 0.12 0.10 reco truth 0.08 0.06 0.985 0.99 0.995 1 thrust rel. Anteil rel. Anteil 0 0.08 0.06 reco truth 0.04 0.04 0.02 0.02 0.00 0 5 10 15 20 25 30 〈α 〉 ° 0.00 0 5 dc 10 15 20 25 30 〈α op〉 ° Abbildung 7.7: Transversale Zerfallslänge LT , Thrust und die beiden Winkel αdc , αop auf Generatorniveau (gestrichelte Linie) und mit voller Detektorsimulation nach der Ereignisselektion (durchgezogene Linie). mit denselben Argumenten wie für die Winkelverteilungen zu erklären, unter der Berücksichtigung, dass sie im Gegensatz zu den Winkeln mit zunehmendem B -Hadron-Impuls steigt. Insgesamt liegt hier ebenfalls eine Verschiebung zu höheren Werten hin vor. 7.3 Bestimmung der Top-Quark-Masse Im voherigen Abschnitt wurde festgestellt, dass die verschiedenen Bereiche der Verteilungen der Observablen unterschiedlich stark von Auflösungseffekten betroffen sind. Deshalb wurde die untere und die obere Grenze des Bereichs der Histogramme, in dem der Mittelwert der Verteilungen 53 7 Bestimmung der Top-Quark-Masse mit voller Detektorsimulation 55 Determining the optimal range 3 26 2.4 2.8 24 50 x2 ° Determining the optimal range x2 ° x2 mm Determining the optimal range 1.95 42 1.94 40 38 2.35 22 1.93 2.6 36 1.92 20 2.3 45 2.4 34 1.91 32 18 2.25 2.2 40 16 2 2.15 1 1.5 0 x1 mm 0.5 1 1.8 x1 ° (b) hαdc i (a) LT 1.89 26 14 35 0.5 1.9 28 2.2 0 30 1.88 24 0 0.5 x1 ° (c) hαop i Abbildung 7.8: Bestimmung der unteren und oberen Grenze, x1 und x2 , des auf die Top-Quark-Masse maximal sensitiven Bereichs. Die Farbkodierung gibt die statistische Genauigkeit der Top-Quark-Masse in GeV an. x1 - x2 LT thrust hαdc i hαop i 1 - 50 mm 0,98 - 1 0 - 16◦ 0 - 27◦ Tabelle 7.1: Gewählte Bereiche zur Mittelwertbestimmung. bestimmt wird, variiert. So können Regionen, die eine sehr geringe Sensitivität auf die Top-Quark-Masse haben, gefunden und der Bereich zur Bestimmung des Mittelwerts eingeschränkt werden. Für die transversale Zerfallslänge und die beiden Winkel scheint es von Vorteil zu sein, eine Einschränkung vorzunehmen, wie in Abbildung 7.8 gezeigt wird. Sehr kleine transversale Zerfallslängen sind stark vom Primärvertex beeinflusst, weshalb nur transversale Zerfallslängen größer als 1 mm zur Bestimmung des Mittelwerts der Verteilung verwendet werden. Da große Winkel kleinen transversalen Zerfallslängen entsprechen, ist es aus demselben Grund vorteilhafter Zerfallswinkel oberhalb von etwa 16◦ und Öffnungswinkel oberhalb von 27◦ nicht zu benutzen. Sekundärvertizes mit kleinen Abständen zum Primärvertex beeinflussen auch kleine Werte des Thrusts, jedoch führt eine Einschränkung der Werte nicht zu einer höheren Sensitivität auf die Top-Quark-Masse. Dies liegt wahrscheinlich darin begründet, dass der 54 Graph Graph mtop GeV/c2 mtop GeV/c2 7.3 Bestimmung der Top-Quark-Masse 190 185 180 175 190 185 180 175 170 170 χ2 / ndf Prob const slope 165 160 6.4 6.6 6.8 5.3 / 5 0.38 -69 ± 18 35 ± 2.6 7 χ2 / ndf 2.4 / 5 Prob 0.8 const -6.3e+04 ± 10 slope 6.4e+04 ± 11 165 160 7.2 7.4 〈L 〉 [mm] 0.9973 0.9975 0.9977 Graph Graph mtop GeV/c2 mtop GeV/c2 T 190 185 180 175 0.9979 〈thrust〉 190 185 180 175 170 170 χ2 / ndf 3.1 / 5 Prob 0.69 const 4.8e+02 ± 20 slope -69 ± 4.7 165 160 4.1 4.2 4.3 4.4 165 160 4.5 4.6 〈α 〉 [°] dc χ2 / ndf 0.52 / 5 Prob 0.99 const 4.7e+02 ± 19 slope -45 ± 3 6.2 6.4 6.6 6.8 〈α op〉 [°] Abbildung 7.9: Eichkurven zur Bestimmung der Top-Quark-Masse. Thrust, wie auch der mittlere Öffnungswinkel, dessen Bereichseinschränkung wesentlich weniger Einfluss auf die Genauigkeit hat als bei dem mittleren Zerfallswinkel, unabhängig von der konkreten, rekonstruierten Position des Sekundärvertex ist. Diese ist zur Bestimmung der transversalen Zerfallslänge und des Zerfallswinkels, für den die Flugrichtung des B -Hadrons bekannt sein muss, notwendig. Mit den gefunden Bereichen, die in Tabelle 7.1 zusammengefasst sind, wurden die Mittelwerte der Verteilungen zu den Top-Quark-Massen von 160 bis 190 GeV für jede Observable ermittelt und mittels einer linearen Anpassung die Eichkurve bestimmt. Das Ergebnis ist in Abbildung 7.9 dargestellt. Aufgrund der großen statistischen Fehler der Mittelwerte können im Gegensatz zu den in Kapitel 6 gezeigten Eichkurven, die mit Ereignissen auf Generatorniveau erstellt wurden, höhere Ordnungen in 55 7 Bestimmung der Top-Quark-Masse mit voller Detektorsimulation LT thrust hαdc i hαop i L fb−1 σmfittop σmmean top σmstat top 1,5 0,8 2,0 2,2 10,0 0,8 0,8 1,1 1,5 0,7 1,8 1,9 10,0 0,7 0,7 1,0 1,5 0,7 1,8 1,9 10,0 0,7 0,7 1,0 1,5 0,7 1,8 1,9 10,0 0,7 0,7 1,0 Tabelle 7.2: Statistische Genauigkeit der Bestimmung der Top-Quark-Masse in GeV bei einer integrierten Luminosität L von 1,5 fb−1 und 10 fb−1 . der Top-Quark-Massenabhängigkeit nicht aufgelöst werden. Ein Polynom vom Grad eins beschreibt daher den Kurvenverlauf ausreichend. Die resulsind in Tabelle 7.2 aufgeführt, tierenden statistischen Genauigkeiten σmstat top mean fit wobei σmtop und σmtop die aus den Polynomkoeffizienten und dem Mittelwert resultierenden Unsicherheiten sind, die quadratisch addiert die Gesamtunsicherheit ergeben. Die Ergebnisse wurden mit Datensätzen, die etwa 1,5 fb−1 entsprechen, erstellt und zum Vergleich sind die Werte für σmstat und σmmean , die mit der gefundenen Eichkurve und einer Datenmenge top top −1 von 10 fb erreichbar wären, angegeben (vergleiche Kapitel 6.3). Im nächsten Abschnitt findet eine Diskussion der Ergebnisse und ein Vergleich mit denen, die auf Generatorniveau erzielt werden konnten, statt. 7.4 Diskussion der Ergebnisse Während auf Generatorniveau noch eine statistische Genauigkeit von etwa 0,2 bis 0,3 GeV auf die Top-Quark-Masse bei einer integrierten Luminositat von 10 fb−1 erreicht werden konnte, liegt die tatsächlich erreichbare Unsicherheit mit den voll simulierten Daten bei 1,0 bis 1,1 GeV. Die Ursache dafür ist die vorgenommene Ereignisselektion, die etwa 82% der dileptonischen Ereignisse verwirft. Die statistische Unsicherheit der transversalen Zerfallslänge ist mit 1,1 GeV etwas höher als der in [28] für den LHC abgeschätzte Wert von 0,9 GeV, der ohne eine Verwendung der vol- 56 7.4 Diskussion der Ergebnisse len Detektorsimulation bestimmt wurde. Ein Vergleich der verschiedenen Observablen zeigt, dass der Thrust und die beiden Winkel nicht nur auf Generatorniveau eine höhere Sensitivität auf die Top-Quark-Masse erreichen als die transversale Zerfallslänge. Ihre statistischen Gesamtunsicherheiten liegen mehr als 10% unterhalb der der transversalen Zerfallslänge. Die Genauigkeiten aller Observablen ließe sich durch eine größere Produktion an voll simulierten Daten für die Bestimmung der Eichkurven weiter steigern. Eine Verdopplung der Datenmenge würde allerdings immer noch eine Unsicherheit von 0,8 GeV für den mittleren Öffnungswinkel und 1,0 GeV für die transversale Zerfallslänge bedeuten. Im nächsten Kapitel werden die voraussichtlich wichtigsten systematischen Fehler auf die rekonstruierte Top-Quark-Masse abgeschätzt. Erst danach kann beurteilt werden, ob die Bestimmung der Top-Quark-Masse über den Thrust oder die beiden Winkel eine mit der transversalen Zerfallslänge vergleichbare oder sogar höhere Genauigkeit liefert. 57 8 Systematische Unsicherheiten Im folgenden Kapitel werden die wichtigsten systematischen Unsicherheiten für die vier verschiedenen Observablen bei einer Top-Quark-Masse von 175 GeV abgeschätzt. Es findet eine Berücksichtigung der Unsicherheiten in der Beschreibung der Gluonabstrahlung im Anfangs- und Endzustand (ISR/FSR), der Partondichteverteilung, der Fragmentation der b -Quarks, der Lebensdauer der B -Hadronen und der Unsicherheit der Jet-Energieskala (JES) statt. Mit Ausnahme letztgenannter sind dies die in [28] angegebenen größten Fehlerquellen der Zerfallslängenmethode. Für die beiden Winkel und den Thrust werden dieselben systematischen Fehler wie für die transversale Zerfallslänge, bis auf die Unsicherheit durch die Lebensdauer der B -Hadronen, untersucht. Zur Bestimmung der systematischen Fehler durch die Gluonabstrahlung und die Partondichteverteilung ist die Generation von weiteren Datensätzen mit entsprechenden Variationen erforderlich. Da die volle Simulation dieser Datensätze zu aufwendig wäre, werden die Variationen dieser neu generierten Datensätze mittels der Reweighting-Methode (Kapitel 8.1) auf die schon bestehenden rekonstruierten Datensätze übertragen und so der entsprechende rekonstruierte systematische Fehler ermittelt. Wie in den beiden vorherigen Kapiteln sind alle Histogramme auf eins normiert dargestellt. 8.1 Die Reweighting -Methode Die Idee der Reweighting-Methode in dem hier verwendeten Zusammenhang ist, die Informationen aus einem vorhandenen, voll simulierten Datensatz zu nutzen, um aus einer variierten, generierten Verteilung die rekonstruierte zu ermitteln und so die systematischen Fehler mit voller Detekorsimulation, Ereignisselektion und Rekonstruktion (vergleiche Kapitel 5) abschätzen zu können ohne tatsächlich die Ereignisse erneut explizit rekonstruieren zu müssen. Diese werden im Folgenden auch als rekonstruierte systematische Fehler bezeichnet. Dazu wird aus der generierten Verteilung für jede Observable xtruth eine Gewichtsverteilung w(xtruth ) bestimmt, die verwendet wird, um aus der bestehenden Zuordnung von rekonstruierten Werten xreco und generierten 59 8 Systematische Unsicherheiten Werten xtruth in dem voll simulierten Datensatz Histogramme mit den rekonstruierten Werten, gewichtet mit w(xtruth ), zu füllen. Für ein Gewicht von eins ergeben sich die in Kapitel 7.2 dargestellten Verteilungen der Observablen. Gewichte verschieden von eins berücksichtigen eine Veränderung in der Verteilung der xtruth in den voll simulierten Ereignissen und bestimmen die dazugehörige rekonstruierte Verteilung. Die Gewichtsverteilung wird aus dem Quotienten der variierten, generierten Verteilung, mit der generierten Verteilung, die die Verteilung der wahren Werte xtruth des voll simulierten Datensatzes präsentiert, gebildet1 . Zur Bestimmung der systematischen Unsicherheiten wird der generierte Datensatz bei einer Top-Quark-Masse von 175 GeV und der entsprechende voll simulierte Datensatz verwendet. Um die systematischen Fehler zu ermitteln, werden jeweils bestimmte Monte-Carlo Parameter variiert und aus den resultierenden Verteilungen jeweils die Gewichtsverteilung gebildet. Für eine möglichst genaue Bestimmung der Gewichte, werden die Datensätze für die systematischen Fehler mit denselben Zufallszahlen generiert wie der ursprünglich generierte Datensatz. Die Ereignisse in den beiden Datensätzen weisen daher eine starke Korrelation auf. In Abbildung 8.1 wird die Reweighting-Methode am Beispiel der transversalen mZerfallslänge bei Variation der Gluonabstrahlung im Endzustand veranschaulicht. In 8.1(a) ist die ursprünglich generierte (durchgezogene Linie) und die variierte (gepunktete Linie) Verteilung dargestellt. Die aus deren Quotienten gebildete Gewichtsverteilung ist daneben in 8.1(b) zu sehen. Mittels der Reweighting-Methode kann aus der ursprünglichen, rekonstruierten Verteilung (durchgezogene Linie) die variierte, rekonstruierte (gepunktete Linie) bestimmt werden, die zusammen in 8.1(c) abgebildet sind. Dabei wird jede einzelne rekonstruierte transversale Zerfallslänge in 8.1(c) mit demjenigen Gewicht aus 8.1(b) multipliziert, dem der Wert in der generierten Verteilung entspricht. Das Binning der Gewichtsverteilung wird so gewählt, dass die Ereignisanzahl, und damit auch der Fehler der Einträge, annähernd konstant für alle Bins ist. Um aus den gewichteten Histogrammen der vier Observablen die TopQuark-Masse bestimmen zu können, muss der Mittelwert der Verteilungen ermittelt werden. Dieser berechnet sich bei N Messpunkten xi mit einem Gewicht wi nach PN wi xi hxi = Pi=1 N i=1 wi 1 Unter dem Quotienten zweier Verteilungen ist die Verteilung, die sich durch Division ihrer jeweiligen Bins ergibt, zu verstehen. 60 8.1 Die Reweighting-Methode q 2 2 unvariiert rel. Anteil rel. Anteil gegeben [45]. Dabei ist und sein Fehler ist durch σhxi = hx Ni−hxi eff P 2 P 2 Neff = ( wi ) / wi die Anzahl der effektiven Einträge des Histo- 1.08 1.06 10-1 max. FSR 1.04 1.02 10-2 1.00 0.98 0.96 -3 10 0 5 10 15 20 LT mm 0 rel. Anteil (a) Die wahre transversale Zerfallslänge ohne und mit Variation. 2 4 6 8 10 LT mm (b) Verteilung der Gewichte in Abhängigkeit von der wahren transversalen Zerfallslänge. 10-1 unvariiert max. FSR 10-2 0 5 10 15 20 LT mm (c) Die rekonstruierte transversale Zerfallslänge ohne und mit, der über die Reweighting-Methode ermittelten, Variation. Abbildung 8.1: Anwendung der Reweighting-Methode zur Bestimmung des systematischen Fehlers aus der Unsicherheit der Gluonabstrahlung für maximale FSR (vergleiche Kapitel 8.2). 61 8 Systematische Unsicherheiten gramms, die der Anzahl der ungewichteten Einträge, die ein Histogramm bräuchte, um die vorliegende statistische Genauigkeit zu erreichen, entspricht. Aus den Mittelwerten können nun mit den in Kapitel 7.3 erstellten Eichkurven die Top-Quark-Massen für die entsprechenden Variationen ermittelt werden. Der systematische Fehler einer Variation ist durch die Differenz dieser Masse zu dem zentralen, ursprünglichen Wert der ermittelten Top-Quark-Masse gegeben. Da die variierte und ursprüngliche rekonstruierte Verteilung einer Observablen auf derselben Verteilung der wahren Werte xtruth der Observablen basieren, sind sie stark korreliert und der statistische Fehler der systematischen Abweichung sollte klein gegenüber dieser sein. 8.2 Gluonabstrahlung im Anfangs- und Endzustand In Kapitel 2.2.1 wurden die Produktionsmechanismen führender Ordnung zur Erzeugung von t t̄-Paaren vorgestellt. In höheren Ordnungen können die wechselwirkenden Partonen und auch die Top-Quarks Gluonen abstrahlen. Ersteres wird als Gluonabstrahlung in Anfangszustand (initial state radiation ISR) und letzteres als Gluonabstrahlung im Endzustand (final state radiation FSR) bezeichnet. Die beiden Prozesse sind in Abbildung 8.2 veranschaulicht. Durch die zusätzliche Gluonabstrahlung im Abbildung 8.2: Gluonabstrahlung im Anfangs- und Endzustand. Anfangszustand sinkt die Schwerpunktsenergie des harten Prozesses und es resultiert eine Veränderung der Impulsverteilung der Top-Quarks. Eine zusätzliche Abstrahlung von Gluonen im Endzustand erniedrigt direkt den Impuls der Top-Quarks. Neben dem Impulsbetrag wird auch die Impulsrichtung der Top-Quarks und die Anzahl der Jets im Ereignis verändert. Für die Bestimmung der Top-Quark-Masse über den Zerfallsvertex der B -Hadronen ist dabei die Impulsänderung der Top-Quarks von vorrangi- 62 8.2 Gluonabstrahlung im Anfangs- und Endzustand ger Bedeutung, da diese direkt die Impulse der B -Hadronen modifiziert, die letztendlich alle Observablen beeinflusst (vergleiche Kapitel 4). Um den systematischen Fehler durch die Gluonabstrahlung im Anfangsund Endzustand zu bestimmen, werden entsprechende Monte-Carlo-Parameter von PYTHIA nach [46] variiert. Dabei findet eine voneinander unabhängige Behandlung der ISR und FSR statt. Deren Interferenz ist nur für großwinklige Gluonabstrahlungen relevant [35] und die Auswirkungen werden für diese Analyse als klein angenommen. Für die Variation der Abstrahlung im Anfangszustand wird der Parameter PARP(82), der die Regularisierungsskala des Transversalimpuls-Spektrums für multiple Partonwechselwirkungen definiert, und der Parameter PARP(61), der die QCD-Skala ΛQCD für den Partonschauer festlegt, benutzt. Zur Bestimmung der Unsicherheit durch Gluonabstrahlung im Endzustand wird ebenfalls die QCD-Skala durch den Parameter PARJ(81) variiert. Die gewählten Werte der Parameter sind in Tabelle 8.1 aufgelistet. min. ISR max. ISR PARP(82) = 3,8 GeV PARP(61) = 96 MeV PARP(82) = 0,95 GeV PARP(61) = 384 MeV min. FSR max. FSR PARJ(81) = 70 MeV PARJ(81) = 280 MeV Tabelle 8.1: Variation der PYTHIA-Parameter zur Bestimmung der Unsicherheiten durch Gluonabstrahlung im Anfangs- und Endzustand. Die Veränderungen der Impulsverteilung der B -Hadronen auf Generatorniveau ist für die minimale und maximale Gluonabstrahlung im Anfangsund Endzustand in Abbildung 8.3 gezeigt. Zu sehen ist, dass mit den gewählten PYTHIA Einstellungen die Variation der FSR eine wesentlich größere Veränderung in der Impulsverteilung als die der ISR herbeiführt. Die größten Veränderungen der Impulsverteilungen treten sowohl für die Abstrahlung im Anfangs- als auch im Endzustand in einem Bereich bis etwa 60 GeV auf. Um die systematischen Fehler auf Generatorniveau zu bestimmen, wird die Differenz der Top-Quark-Masse, die aus den Variationen mittels der Eichkurve folgt, mit der, die sich aus dem generierten Datensatz bei 175 GeV ergibt, gebildet. Die Ergebnisse sind in Tabelle 8.2 dargestellt. Die beiden Winkel und der Thrust zeigen eine größere Abhängigkeit von der Beschreibung der Gluonabstrahlung als die transversale Zerfallslänge. 63 rel. Anteil rel. Anteil 8 Systematische Unsicherheiten 0.045 unvariiert 0.040 min. ISR max. ISR 0.035 0.045 0.030 0.025 0.025 0.020 0.020 0.015 0.015 0.010 0.010 0.005 0.005 0 100 200 0.000 300 400 p [GeV/c] min. FSR max. FSR 0.035 0.030 0.000 unvariiert 0.040 0 100 200 300 400 p [GeV/c] Abbildung 8.3: Veränderung der Impulsverteilung der B -Hadronen durch ISR (links) und FSR (rechts). Die mit der gestrichelten Linie dargestellten Veränderungen führen zu einer Erhöhung und die mit der gepunkteten Linie gezeigten zu einer Senkung der gemessenen Top-Quark-Masse. In Tabelle 8.3 sind die rekonstruierten systematischen Fehler, die sich mittels der Reweighting-Methode ergeben, dargestellt. Die Unsicherheiten durch die Gluonabstrahlung im Endzustand gleichen sich durch die Unterschiede in der Analyse der rekonstruierten und generierten Datensätze für die verschiedenen Observablen an. In [28] wurden die Unsicherheiten der Zerfallslängen-Methode am LHC zu σISR = 1,3 GeV und σFSR = 0,5 GeV abgeschätzt. Die Diskrepanz zu den hier ermittelten Werten ist zum einen durch die unterschiedliche Ereignisselektion zu erklären. So wird in [28] ein Jet-Veto verwendet, das Ereignisse mit zusätzlich zu den b -Jets auftretenden Cluster, bzw. Jets, mit einer truth LT thrust hαdc i hαop i − σISR + σISR 0,2 0,5 0,4 0,7 0,5 0,5 0,7 0,5 − σFSR + σFSR 5,4 4,5 7,0 6,1 7,7 6,2 7,8 6,0 Tabelle 8.2: Systematische Fehler auf die Top-Quark-Masse in GeV durch die Unsicherheit der Beschreibung von QCD-Abstrahlungen im Anfangs- und Endzustand auf Generatorniveau. σ − kennzeichnet eine Senkung und σ + eine Erhöhung der Top-Quark-Masse durch die entsprechende Variation. 64 8.3 Partondichteverteilungen reco LT thrust hαdc i hαop i − σISR + σISR 0,4 0,6 0,3 0,8 0,3 0,5 0,4 0,5 − σFSR + σFSR 4,8 3,9 5,2 4,0 5,1 4,1 5,2 4,1 Tabelle 8.3: Rekonstruierte systematische Fehler auf die Top-Quark-Masse in GeV durch die Unsicherheit der Beschreibung von QCD-Abstrahlungen im Anfangs- und Endzustand. σ − kennzeichnet eine Senkung und σ + eine Erhöhung der Top-Quark-Masse durch die entsprechende Variation. Energie oberhalb von 10 GeV verwirft, um den systematischen Fehler durch die Gluonabstrahlung zu verringern. Zum anderen werden zum Teil andere PYTHIA-Parameter variiert und der Parameter PARJ(81), der in dieser Arbeit und auch in [28] benutzt wurde, wird nicht von 0,07 bis 0,28, wie hier, sondern von 0,2 bis 0,4 variiert. Die beiden Bereiche sind nur bedingt vergleichbar, da unterschiedliche PYTHIA-Versionen und auch andere zentrale Werte verwendet wurden. Jedoch liefert die Tatsache, dass in dieser Arbeit der Wert von PARJ(81) für die obere Variation aus einer Verfierfachung der unteren Variation hervorgeht, wohingegen in [28] nur eine Verdopplung der unteren Variation vorgenommen wurde, einen Hinweis darauf, dass die vom Tevatron vorgeschlagenen, und die von [28] verwendeten, Variationen der Gluonabstrahlung schwächer sein könnten als die von der Top-Gruppe in der ATLAS-Kollaboration zur Zeit benutzten. Die hier betrachteten Variationen von [46] sind nicht experimentell bestimmt oder bestätigt worden. Wie nah oder weit weg die verwendete Variation von der tatsächlichen Unsicherheit ist, ist daher schwer zu beurteilen. Trotzdem sollte durch eine Untersuchung ermittelt werden, inwiefern mit der Implementation eines Jet-Vetos ebenfalls eine Verringerung der systematischen Fehler durch die Gluonabstrahlung möglich ist. 8.3 Partondichteverteilungen Um den Einfluss der Unsicherheiten der Partondichteverteilungen auf die Top-Quark-Masse zu bestimmen, werden die von der CTEQ-Kollaboration zur Verfügung gestellten Partondichteverteilungen [48] benutzt. Sie enthalten 20 unabhängige Variationen der zentralen Partondichtevertei- 65 8 Systematische Unsicherheiten lung CTEQ61m. Diese ist eine NLO Parametrisierung und unterscheidet sich daher zu der in der Generation verwendeten Partondichteverteilung CTEQ6ll führender Ordnung (LO) (siehe Kapitel 2.2.1), für die keine Variationen existieren. Daher wurden insgesamt 41 Datensätze generiert: 40 Datensätze für die unteren und oberen Variationen und ein Datensatz mit der zentralen Partondichteverteilung. Der systematische Fehler einer einzelnen Variation wird relativ zu diesem zentralen Datensatz bestimmt und ist im Anhang A für alle 40 Partondichteverteilungen tabellarisch aufgelistet. Es wird dabei angenommen, dass die in Kapitel 6 und 7 erstellten Eichkurven sich maximal nur durch eine konstante Verschiebung der Mittelwerte der Observablen von einer, mit der zugrunde liegenden Partondichteverteilung CTEQ61m erstellten, unterscheiden, so dass die schon ermittelten Eichkurven zur Bestimmung der systematischen Fehler aus den verschiedenen Variationen verwendet werden können. Für die beiden Winkel und den Thrust wird der systematische Fehler durch zwei Variationen (Nummer 15 und 16) dominiert und führt daher zu einem deutlich größeren Wert des systematischen Fehlers der Partondichteverteilung σPDF als für die transversale Zerfallslänge. Um den systematischen Fehler zu bestimmen, werden die Variationen, die zu einer Senkung der − Top-Quark-Masse führen, quadratisch zu σPDF und die Variationen, die + die Top-Quark-Masse erhöhen, quadratisch zu σPDF addiert. Die untere Variation führt nicht immer zu einer Erniedrigung und die dazugehörige obere Variation zu einer Erhöhung der Top-Quark-Masse (oder umgekehrt), sondern sie gehen manchmal in dieselbe Richtung. In diesem Falle wird der systematische Fehler durch den größeren Wert abgeschätzt. Die resultierenden asymmetrischen, systematischen Fehler auf Generatorniveau sind in Tabelle 8.4 angeführt. Die Winkel und der Thrust sind nicht truth LT thrust hαdc i hαop i − σPDF + σPDF 0,8 2,3 3,1 4,5 4,0 5,2 3,9 5,3 Tabelle 8.4: Systematische Fehler auf die Top-Quark-Masse in GeV durch die Unsicherheit der Partondichteverteilung auf Generatorniveau. σ − kennzeichnet eine Senkung und σ + eine Erhöhung der Top-Quark-Masse durch die entsprechende Variation. nur sensitiver auf die Beschreibung der Gluonabstrahlung sondern auch auf die der Partondichteverteilung. In Abbildung 8.4 sind die Veränderungen der Impulsverteilungen der B -Hadronen für die zwei dominanten 66 rel. Anteil rel. Anteil 8.3 Partondichteverteilungen 0.045 0.040 unvariiert 0.035 PDF:15a PDF:15b 0.045 0.040 unvariiert 0.035 PDF:16a PDF:16b 0.030 0.030 0.025 0.025 0.020 0.020 0.015 0.015 0.010 0.010 0.005 0.005 0.000 0 100 200 0.000 300 400 p [GeV/c] 0 100 200 300 400 p [GeV/c] Abbildung 8.4: Veränderung der Impulsverteilung der B -Hadronen durch die Variation der zwei dominierenden Parameter der Partondichteverteilung. Die mit der gestrichelten Linie dargestellten Veränderungen führen zu einer Erhöhung und die mit der gepunkteten Linie gezeigten zu einer Senkung der gemessenen Top-Quark-Masse. reco LT thrust hαdc i hαop i − σPDF + σPDF 0,8 1,5 1,7 2,5 2,5 3,0 2,6 2,8 Tabelle 8.5: Systematische Fehler auf die Top-Quark-Masse in GeV durch die Unsicherheit der Partondichteverteilung nach der Rekonstruktion. σ − kennzeichnet eine Senkung und σ + eine Erhöhung der Top-Quark-Masse durch die entsprechende Variation. Variationen der Partondichteverteilung gezeigt. Die größten Veränderungen liegen auch hier wieder in dem Bereich kleiner B -Hadron Impulse. Aus [48] ist bekannt, dass die Variation Nr. 15 die größte Veränderung der Gluondichteverteilung bei großen x-Werten hervorruft (starke Modifikationen des Verlaufs ab ungefähr x > 0,016). Diese hat einen großen Einfluss auf die t t̄-Ereignisse, die zu 85% über Gluonfusion produziert werden (vergleiche Kapitel 2.2.1). In Tabelle 8.5 sind die rekonstruierten Ergebnisse für σPDF dargestellt. Trotz einer Verkleinerung der systematischen Fehler, sind die beiden Winkel und der Thrust auch nach der Rekonstruktion deutlich anfälliger für Variationen der Partondichteverteilung als die transversale Zerfallslänge. Die Ursache dafür ist, dass die beiden Winkel und der Thrust auch von der longitudinalen Impulskompo- 67 8 Systematische Unsicherheiten nente der B -Hadronen abhängen. Diese ist stärker von der verwendeten Partondichteverteilung abhängig als die transversalen Komponenten. 8.4 b-Fragmentation rel. Anteil Die Fragmentation des b -Quarks beinflusst den B -Hadron Impuls und damit auch die Top-Quark-Masse (vergleiche Kapitel 4.1). Der Bruchteil Xb des b -Quark Impulses, den das B -Hadron erhält, ist durch die Fragmentationsfunktion f (Xb ) gegeben, deren Mittelwert hXb i von der 0,0038 OPAL-Kollaboration zu hXb i = 0,7193 ± 0,0016+ − 0,0033 gemessen wurde [49]. Die Massenbestimmung ist durch die Ereignisselektion und das b-Tagging auch von der Form der Fragmentationsfunktion abhängig. Da die OPAL-Daten allerdings nicht stark zwischen den verschiedenen theoretischen Beschreibungen der Fragmentationsfunktion unterscheiden [49], wird wie in [28] nur die Unsicherheit des Mittelwerts der Fragmentationsfunktion betrachtet. Die transversale Zerfallslänge ist proportional zum Impuls der B -Hadronen, weshalb die relative Unsicherheit von +0,57%, beziehungsweise −0,51%, des Mittelwerts der Fragmentationsfunktion direkt auf eine relative Unsicherheit der transversalen Zerfallslänge übertragen werden kann. Durch eine Verschiebung des Mittelwerts der transversalen Zerfallslänge unvariiert - 0,51% + 0,57% 0.12 0.10 0.08 0.06 0.04 0.02 0.00 0 100 200 300 400 p [GeV/c] Abbildung 8.5: Veränderung der (wahren) Impulsverteilung der B -Hadronen in den rekonstruierten Ereignissen nach der Selektion durch eine relative Verschiebung der Impulse um ± 0,57% . Die mit der gestrichelten Linie dargestellten Veränderungen führen zu einer Erhöhung und die mit der gepunkteten Linie gezeigten zu einer Senkung der gemessenen Top-Quark-Masse. 68 8.5 Lebensdauer der B-Hadronen um einen Faktor 1,0057, beziehungsweise 0,9949, kann so die Variation der Top-Quark-Masse nach unten, beziehungsweise oben, bestimmt werden. Die beiden Winkel und der Thrust hängen zwar annähernd linear von dem Impuls der B -Hadronen ab, jedoch besteht keine reine Proportionalität. Der systematische Fehler muss daher für sie anders bestimmt werden. Um eine Verschiebung der Impulsverteilung um zum Beipsiel 0,57% zu erreichen, werden die Impulse der B -Hadronen um einen Faktor f = 1,0057 vergrößert. Dazu wird eine Lorentztransformation in Richtung der Flugrichtung der B -Hadronen bestimmt, deren Boost β entsprechend gewählt ist. Dieser kann exakt ausgerechnet werden und die zugehörige Rechnung ist in Anhang B zu finden. Mit Hilfe der gefundenen Lorentztransformation werden die rekonstruierten Impulse der gemessenen Spuren aus dem Zerfallsvertex des B -Hadrons transformiert. Eine mögliche Änderung der Topologie des Zerfalls kann dabei vernachlässigt werden, da die Verschiebung der B -Hadron Impulse sehr klein ist. In Abbildung 8.5 ist die erzeugte Verschiebung der Impulsverteilung der B -Hadronen dargestellt. Die für alle Observablen ermittelten systematischen Fehler aus der Unsicherheit des Mittelwerts der Fragmentationsfunktion sind in Tabelle 8.6 aufgeführt. reco LT thrust hαdc i hαop i − σFrag + σFrag 1,3 1,4 1,5 1,4 1,5 1,0 1,9 1,1 Tabelle 8.6: Rekonstruierte systematische Fehler auf die Top-Quark-Masse in GeV durch die Unsicherheit des Mittelwerts der Fragmentationsfunktion. σ − kennzeichnet eine Senkung und σ + eine Erhöhung der Top-Quark-Masse durch die entsprechende Variation. 8.5 Lebensdauer der B-Hadronen Da die transversale Zerfallslänge proportional zur Lebensdauer der B Hadronen ist, fließt die Unsicherheit dieser als ein weiterer systematischer Fehler in die Massenbestimmung des Top-Quarks ein. Eine Abhängigkeit der anderen Observablen von der Lebensdauer der B -Hadronen besteht nicht. Die mittlere Lebensdauer der B -Hadronen liegt bei τ = 1,568 ± 0,009 ps [29]. Der systematische Fehler kann prinzipiell genauso bestimmt werden wie 69 8 Systematische Unsicherheiten der aus der b-Fragmentation für die transversale Zerfallslänge resultierende (vergleiche vorherigen Abschnitt 8.4). Allerdings müssen die unterschiedlichen Nachweiswahrscheinlichkeiten des b-Taggings für die B Mesonen M und B -Baryonen B berücksichtigt werden, die zu einer effektiven mittleren Lebensdauer von τ̂ (r) = τB + x τ M 1+x führen, wobei x = M pM / (B pB ), pM , bzw. pB , die relative Häufigkeit der Mesonen, bzw. Baryonen, von der Gesamtanzahl der B -Hadronen und τM , bzw. τB , die entsprechende Lebensdauer ist (vergleiche Kapitel 4.1). Diese Lebensdauer τ̂ ist gegenüber der oben angegebenen um ∆τ verschoben: τ̂ (r) = τ + ∆τ (r) . Hier wurde das Verhältnis r = B /M definiert. Dieses konnte aus dem vorliegendem voll simulierten Datensatz bei einer Top-Quark-Masse von 175 GeV zu r = 0,81 bestimmt werden. Es wird darauf ein Fehler von 10% angenommen, der oberhalb des in [28] verwendeten von 6% liegt. Zusammen mit einem prozentualen Anteil von 9,2% ± 1,8% und einer mittleren Lebensdauer von 1,325±0,039 ps der B -Baryonen [29] ergibt sich eine Verschiebung der mittleren Lebensdauer um ∆τ = 0,004 ± 0,002 ps. Damit wird insgesamt ein relativer Fehler der mittleren Lebensdauer von 0,58% ermittelt. Dieser übersetzt sich in einen systematischen Fehler von στ = 1,4 GeV für die Zerfallslängenmethode. 8.6 Jet-Energieskala Die Bestimmung der Top-Quark-Masse über den Zerfallsvertex der B -Hadronen ist gegenüber den herkömmlichen Methoden der Massenbestimmung nur geringfügig abhängig von der Jet-Energieskala (JES). Dies soll durch eine Variation dieser gezeigt werden. Dazu wird die Energie der rekonstruierten Jets um 10% verschoben und die Verteilungen der Observablen neu bestimmt. Es wird dadurch eine Abhängigkeit von der JES durch die vorgenommenen Schnitte berücksichtigt. Die Größe der Variation der Jet-Energieskala wurde so gewählt, dass sie der Energieauflösung eines Jets mit mittlerer Energie (50 GeV) entspricht (vergleiche Kapitel 3.2). In Tabelle 8.7 sind die erhaltenen systematischen Fehler dargestellt. − Die Variation der Jet-Energieskala nach unten (σJES ) und nach oben + (σJES ) führen beide zu einer Erniedrigung der Top-Quark-Masse. Da die 70 8.7 Zusammenfassung reco LT thrust hαdc i hαop i σJES− σJES+ 0,09 0,01 0,07 0,07 0,10 0,06 0,11 0,10 Tabelle 8.7: Rekonstruierte systematische Fehler auf die Top-Quark-Masse in GeV durch die Unsicherheit der Jet-Energieskala. Aufgrund ihrer geringen Größe sind sie dem Einfluss statistischer Fluktuationen unterlegen. σJES− kennzeichnet eine Senkung und σJES+ eine Erhöhung der Jet-Energieskala. systematischen Fehler in derselben Größenordnung wie ihr statistischen Fehler (siehe folgenden Abschnitt 8.7) liegen, sind ihre konkreten Werte, und damit auch die Richtung der Top-Quark-Massenänderung, nicht aussagekräftig. Jedoch ist zu sehen, dass der Einfluss der JES in dieser Messung tatsächlich vernachlässigbar ist. 8.7 Zusammenfassung Alle ermittelten systematischen Fehler (bis auf JES) und Gesamtunsicherheiten sind für die vier Observablen in Tabelle 8.8 zusammengefasst. In der Berechnung der Gesamtunsicherheiten wurden angenommen, dass die einzelnen systematischen Fehler untereinander nicht korreliert sind. Für alle Observablen wird der systematische Fehler durch die Unsicherheit der Gluonabstrahlung im Endzustand dominiert. Die Winkel und der Thrust reco ISR FSR PDF Frag. τ Gesamt LT σ− σ+ 0,4 0,6 4,8 3,9 0,8 1,5 1,3 1,4 1,4 1,4 5,2 4,7 thrust σ− σ+ 0,3 0,8 5,2 4,0 1,7 2,5 1,5 1,4 - 5,7 5,0 hαdc i σ− σ+ 0,3 0,5 5,1 4,1 2,5 3,0 1,5 1,0 - 5,9 5,2 hαop i σ− σ+ 0,4 0,5 5,2 4,1 2,6 2,8 1,9 1,1 - 6,1 5,1 Tabelle 8.8: Systematische Fehler auf die Top-Quark-Mase in GeV für alle Observablen. σ − kennzeichnet eine Senkung und σ + eine Erhöhung der TopQuark-Masse durch die entsprechende Variation. 71 8 Systematische Unsicherheiten haben gegenüber der transversalen Zerfallslänge den Vorteil, dass sie nicht von der Lebensdauer τ der B -Hadronen beeinflusst sind. Jedoch sind sie deutlich sensitiver auf die Unsicherheiten der Partondichteverteilung, aufgrund ihrer Abhängigkeit von der longitudinalen Impulskomponente der B -Hadronen. Daher ist ihr gesamter systematischer Fehler 0,3 bis 0,9 GeV größer als der der transversalen Zerfallslänge. Der statistische Fehler auf die systematischen Unsicherheiten, die durch die relative Variation des Mittelwerts der transversalen Zerfallslänge, wie σFrag und στ , bestimmt wurden, kann mittels Gaußscher Fehlerfortpflanzung zu 0,1 GeV errechnet werden. Da auch für die anderen Observablen in der Ermittlung des systematischen Fehlers durch die Fragmentationsfunktion eine große Korrelation der variierten und ursprünglichen Verteilungen besteht, wird ihr statistischer Fehler ebenfalls etwa von dieser Größe sein. Ähnliches gilt für die aus der Unsicherheit der Gluonabstrahlung und Partondichteverteilung resultierenden systematischen Fehler aller Observablen. Denn wie in Kapitel 8.1 erwähnt wurde, ist die vorliegende Korrelation der mittels der Reweighting-Methode erzeugten, variierten und der ursprünglichen Verteilungen groß. Der obige berechnete statistische Fehler ist proportional zur Stärke der Variation, weshalb bei den hier auftretenden systematischen Unsicherheiten bis zu 6 GeV, angenommen werden kann, dass ihr statistischer Fehler bei maximal etwa 0,3 GeV liegt (je nach Stärke der Variation). 72 9 Zusammenfassung und Ausblick In der vorliegenden Arbeit wurde die Bestimmung der Top-Quark-Masse über die Zerfallslängenmethode in dileptonischen t t̄-Ereignissen mit dem ATLAS-Experiment studiert und die damit erreichbare Genauigkeit abgeschätzt. Dazu wurden erstmals voll simulierte Ereignisse verwendet, deren Produktion eigenständig durchgeführt wurde. Die Verteilung der transversalen Zerfallslänge wurde auf Generatorniveau und mit voller Detektorsimulation verstanden. Durch Anwendung der Zerfallslängenmethode auf Generatorniveau konnte einerseits der Zusammenhang zwischen dem Mittelwert der transversalen Zerfallslänge und der Top-Quark-Masse nachvollzogen und andererseits die korrekte Abschätzung des statistischen Fehlers überprüft werden. Um einen möglichst kleinen rekonstruierten statistischen Fehler zu erreichen, wurde der maximal sensitive Bereich der rekonstruierten transversalen Zerfallslänge auf die Top-Quark-Masse ermittelt. Dabei hat sich herausgestellt, dass aufgrund des Einflusses des Primärvertex die höchste Sensitivität erreicht wird, wenn nur transversale Zerfallslängen größer als 1 mm berücksichtigt werden. Neben dem statistischen Fehler der Massenbestimmung wurde auch die systematische Unsicherheit aus den voraussichtlich wichtigsten Fehlerquellen abgeschätzt. Dabei fand eine Berücksichtigung der Unsicherheiten in der Beschreibung der Gluonabstrahlung im Anfangs- und Endzustand, der Partondichteverteilung, der Fragmentation der b -Quarks, der Lebensdauer der B -Hadronen und der Unsicherheit der Jet-Energieskala statt. Der mit den voll simulierten Daten ermittelte statistische Fehler liegt bei σmstat = 1,1 GeV für eine integrierte Luminosität von 10 fb−1 und der top 4,7 =+ systematische bei σmsyst − 5,2 GeV. Die Unabhängigkeit der Zerfallsläntop genmethode von der Jet-Energieskala konnte bestätigt werden. Es wurden drei weitere Observablen eingeführt: der Thrust, der mittlere Zerfallswinkel und der mittlere Öffnungswinkel. Mittels derer ist ebenfalls eine Bestimmung der Top-Quark-Masse, analog zur Verwendung der transversalen Zerfallslänge, möglich. Da alle drei Observablen nur auf Spurinformationen basieren, ist die Abhängigkeit von der Jet-Energieskala auch hier vernachlässigbar. Des Weiteren sind sie nicht von der Unsicherheit der Lebensdauer der B -Hadronen beeinflusst, im Gegensatz zur transversale Zerfallslänge. Die Bestimmung der Top-Quark-Masse über 73 9 Zusammenfassung und Ausblick diese drei Observablen wurde, wie für die Zerfallslängenmethode, sowohl auf Generatorniveau als auch mit den voll simulierten Daten durchgeführt. Der mit den voll simulierten Daten ermittelte statistische Fehler der Massenbestimmung über den Thrust oder einer der beiden Winkel liegt bei σmstat = 1,0 GeV für eine integrierte Luminosität von 10 fb−1 top und ist damit kleiner als für die transversale Zerfallslänge. Jedoch ist der systematische Fehler für alle drei Observablen etwas größer. Der kleinste systematische Fehler konnte für den Thrust ermittelt werden. Er wurde 5,0 zu σmsyst =+ − 5,7 GeV bestimmt. Die Ursache für das Auftreten des höheren top systematischen Fehlers im Vergleich zur transversalen Zerfallslänge, trotz einer Unabhängigkeit von der Lebensdauer der B -Hadronen, ist bekannt und liegt in der Abhängigkeit des Thrusts, beziehungsweise der beiden Winkel, von der longitudinalen Impulskomponente der B -Hadronen. Dies führt insbesondere zu einem größeren systematischen Fehler durch die Partondichteverteilungen. Es wird erwartet, dass sich die Top-Quark-Masse am LHC mit einer Gesamtgenauigkeit von ∼ 1 GeV bestimmen lässt [50]. Aufgrund der hohen, verfügbaren Luminosität am LHC und des hohen Wirkungsquerschnitts der t t̄-Ereignisse, werden die statistischen Fehler der jeweiligen Messungen klein gegenüber dem systematischen sein. Daher ist für den LHC, im Vergleich zur aktuellen Situation der Messungen am Tevatron, ein größerer Beitrag der Zerfallslängemethode zur Gesamt-Genauigkeit der Top-Quark-Masse zu erwarten. Insbesondere werden die Massenbestimmungen im dileptonischen Kanal mit zunehmender Laufzeit des LHCs, und die damit einhergehende Vergrößerung der verfügbaren Datenmengen, an Bedeutung gewinnen. Abschließend lässt sich daher sagen, dass die Bestimmung der Top-Quark-Masse über die transversale Zerfallslänge oder den Thrust, beziehungsweise die Winkel, einen wesentlichen Beitrag zur Genauigkeit der Top-Quark-Masse liefern kann. Im Hinblick auf die Analyse der experimentellen Daten, die der LHC in naher Zukunft liefern wird, sollten einige Annahmen und Vereinfachungen, die hier gemacht wurden, überprüft, verbessert und unter Umständen weitere Gegebenheiten berücksichtigt werden. Insbesondere sollte das Studium der systematischen Fehler weitergeführt werden. Im Folgenden wird eine Sammlung von Vorschlägen und Ideen vorgestellt. Um die Top-Quark-Masse zu bestimmen, wurden dileptonische t t̄-Ereignisse analysiert. Dabei wurden lediglich Ereignisse betrachtet, in denen die W -Bosonen direkt in Elektronen, beziehungsweise Myonen, zerfallen sind. Jedoch sollte auch eine Berücksichtigung derjenigen Ereignisse stattfinden, in welchen die W -Bosonen zuerst in Tau-Leptonen und diese dann 74 in Elektronen und Myonen zerfallen sind. Da die zusätzlich auftretenden Neutrinos nicht detektiert werden, haben diese Ereignisse denselben Endzustand und sind damit nicht unterscheidbar von den in dieser Arbeit betrachteten Ereignissen. Die Berücksichtigung dieser Ereignisse könnte prinzipiell zu einer Veränderung der Impulsverteilung der B -Hadronen und damit auch zu einer Modifizierung der Verteilungen der verschiedenen Observablen, die zur Massenbestimmung verwendeten werden, führen. Denn die Transversalimpulse der Leptonen, die in dem Zerfall des TauLeptons entstehen, sind im Mittel kleiner als die der Leptonen, die direkt im W -Boson Zerfall produziert werden. Aufgrund der Tatsache, dass das im B -Hadron enthaltene b-Quark und das Lepton beide aus demselben W -Boson stammen, kann durch die vorgenommene Ereignisselektion, die einen Transversalimpuls oberhalb von 20 GeV für die Leptonen fordert, eine Verschiebung der B -Hadron Impulse zu kleineren Werten hin auftreten. Der erwartete Effekt ist jedoch klein, besonders da die Korrelation des im W -Boson Zerfall entstandenen Leptons und b-Quarks nicht besonders stark ist. Eine starke Korrektur oder Abweichung von den in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnissen und Ergebnissen, speziell die ermittelten Genauigkeiten der Massenbestimmung, ist daher nicht zu erwarten. Da die Genauigkeit der hier vorgestellten Bestimmung der Top-QuarkMasse von der Qualität der Rekonstruktion der Spuren, des Primär- und des Sekundärvertex abhängt, sollte zudem der Einfluss auf die verschiedenen Observablen aufgrund von Pile-up untersucht werden. Dies ist vor allem wichtig, wenn der LHC mit einer Luminosität von 1034 cm−2 s−1 betrieben wird. Wie bereits erwähnt, sollte eine Weiterführung des Studiums der systematischen Fehler stattfinden. So ist insbesondere die Bestimmung des systematischen Fehlers aus der Gluonabstrahlung im Endzustand näher zu betrachten, da dies der dominierende Fehler ist. Daher sollte die Einführung eines Jet-Vetos (vergleiche Kapitel 8.2) zur Senkung der Sensitivität der Messung auf Variationen der Gluonabstrahlung getestet werden. Des Weiteren ist eine Untersuchung des Einflusses der Interferenz von Gluonabstrahlung im Anfangs- und Endzustand nötig, die in dieser Arbeit vernachlässigt wurde. Zur Bestimmung des systematischen Fehlers aus der Unsicherheit der Partondichteverteilungen wurden die von der CTEQ-Kollaboration vorgeschlagenen Variationen verwendet. Diese beinhalten jedoch keine Unsicherheit in der starken Kopplungskonstanten αs . Mittels der Partondichteverteilungen der MRST-Kollaboration könnte dies berücksichtigt werden. Zudem sollte die zentrale Partondichteverteilung CTEQ61m der 75 9 Zusammenfassung und Ausblick variierten Partondichteverteilungen CTEQ61 nicht nur als Referenzpunkt zur Bestimmung des systematischen Fehlers sondern auch zur Erstellung der Eichkurven benutzt werden. In der Bestimmung des systematischen Fehlers, der aus Unsicherheit der Fragmentationsfunktion resultiert, wurde lediglich die Unsicherheit des Mittelwerts der Fragmentationsfunktion einbezogen. Es sollte daher eine Überprüfung der Abhängigkeit von der Form der Fragmentationsfunktion stattfinden. Die korrekte Beschreibung der Verteilung des Thrusts und der beiden Winkel ist zudem von der Kenntnis der Multiplizität der geladenen Spuren im B -Hadron-Zerfall abhängig. Der daraus resultierende systematische Fehler wurde in dieser Arbeit nicht bedacht. Die Abhängigkeit der transversalen Zerfallslänge von der Multiplizität wird als gering eingeschätzt. Zwar wird zur Bildung der diskriminierenden Variablen des Sekundärvertex basierten b -Taggings, die Anzahl der 2-Spur Vertizes, die stark mit der Multiplizität korreliert ist, verwendet, jedoch werden in der Rekonstruktion des inklusiven Sekundärvertex keine Annahmen über die Multiplizität gemacht. Die Verteilungen aller vier Observablen hängen außerdem von den verwendeten Generatoren und der Detektorbeschreibung ab. Ersteres könnte durch eine Benutzung anderer Generatoren (Herwig, MC@NLO, ...) abgeschätzt werden. Um die Abhängigkeit von der Detektorbeschreibung zu bestimmen, könnten Annahmen zum Beispiel über mögliche Fehlausrichtungen des Inneren Detektors gemacht und die resultierenden systematischen Fehler bestimmt werden. Wenn die experimentellen Daten zur Verfügung stehen, besteht zudem die Möglichkeit mittels weiterer Datensätze, die eine hohen Reinheit an identifizierten b -Jets haben, die rekonstruierten Verteilungen der Observablen mit den experimentellen Verteilungen zu vergleichen und so mit Hilfe eines Skalierungsfaktors eine eventuell auftretende Unzulänglichkeit in der Beschreibung durch einen systematischen Fehler zu berücksichtigen (näheres siehe zum Beispiel [15]). Untergrundprozesse wurden in dieser Arbeit aufgrund des erwarteten Signal-zu-Untergrund Verhältnisses vernachlässigt. Dies sollte überprüft und der resultierende systematische Fehler ermittelt werden. Für alle betrachteten systematischen Fehler könnte außerdem untersucht werden, ob eine Modifizierung der Ereignisselektion zu einer Verkleinerung der Fehler führt. Neben dem schon angesprochenen Jet-Veto, könnte auch eine Anhebung des Schnitts auf den Transversalimpuls der b-Jets eine Erhöhung der Genauigkeit bewirken, wenn gerade kleine Transversa- 76 limpulswerte von systematischen Unsicherheiten betroffen sein sollten. Abschließend sei noch bemerkt, dass die Entwicklung einer Observablen, die, wie der Thrust und die beiden Winkel, unabhängig von der Lebensdauer der B -Hadronen ist, und im Gegensatzt zu diesen außerdem nicht von der longitudinalen Impulskomponente der B -Hadronen abhängt, die Bestimmung der Top-Quark-Masse mit einem geringeren systematischen Fehler, als die in dieser Arbeit mit den untersuchten Observablen ermittelten, ermöglichen könnte. 77 A Variation der Partondichteverteilung A.1 Generierte Datensätze LT thrust hαdc i hαop i LT thrust hαdc i hαop i 1a 1b 0,48 0,30 0,26 0,40 0,11 0,19 0,09 0,26 11a 11b -0,09 0,63 0,20 1,09 0,34 0,70 0,38 0,76 2a 2b 0,36 -0,11 -0,07 0,27 -0,13 0,09 -0,17 0,17 12a 12b 0,47 0,43 0,23 0,04 0,22 -0,13 0,17 -0,06 3a 3b 0,27 0,24 0,43 -0,24 0,23 -0,29 0,27 -0,24 13a 13b 0,29 0,43 0,16 0,58 -0,19 0,39 -0,12 0,53 4a 4b 0,23 0,63 0,27 0,44 0,34 -0,00 0,13 -0,03 14a 14b 0,02 0,49 -0,02 0,84 -0,09 0,59 -0,05 0,68 5a 5b 0,56 -0,14 0,60 -0,67 0,27 -0,78 0,35 -0,74 15a 15b -0,30 0,83 -3,00 3,39 -3,78 4,47 -3,72 4,52 6a 6b 0,02 0,41 -0,07 0,43 -0,27 0,11 -0,21 0,15 16a 16b 0,66 -0,51 1,71 -0,47 1,77 -0,81 1,91 -0,69 7a 7b 0,00 0,66 -0,03 0,13 -0,20 -0,13 -0,21 -0,17 17a 17b 0,04 0,15 0,45 0,46 0,25 0,27 0,24 0,43 8a 8b -0,43 0,30 0,38 0,11 0,25 0,08 0,37 0,20 18a 18b -0,05 0,59 -0,09 0,62 -0,16 0,46 -0,20 0,51 9a 9b 0,34 0,16 0,54 0,26 0,50 0,00 0,56 -0,01 19a 19b 0,48 0,29 0,81 -0,18 0,92 -0,20 0,92 -0,02 10a 10b 0,07 0,65 -0,19 0,75 -0,28 0,79 -0,17 0,76 20a 20b 0,11 -0,01 0,69 -0,02 0,49 -0,10 0,62 -0,11 Tabelle A.1: Änderung der Top-Quark-Masse in GeV durch Variation der 20 unabhängigen Parameter der Partondichteverteilung CTEQ61m [48] um ±1σ auf Generatorniveau. Kennzeichnet a eine +1σ, bzw. eine −1σ, Variation, so steht b für die −1σ, bzw. +1σ, Variation. 79 A Variation der Partondichteverteilung A.2 Voll simulierte Datensätze LT thrust hαdc i hαop i 1a 1b 0,21 0,29 0,17 0,26 0,14 0,07 0,04 0,06 2a 2b 0,15 -0,28 0,03 0,24 -0,07 0,10 3a 3b 0,09 -0,12 0,19 -0,06 4a 4b 0,13 0,38 5a 5b LT thrust hαdc i hαop i 11a 11b 0,07 0,28 0,22 0,47 0,23 0,51 0,21 0,41 -0,13 0,03 12a 12b 0,28 0,07 0,17 -0,06 0,02 -0,17 0,07 -0,30 0,17 -0,15 0,14 -0,19 13a 13b 0,19 0,24 0,11 0,30 -0,17 0,22 -0,17 0,27 0,27 0,26 0,16 0,15 0,09 0,04 14a 14b -0,06 0,16 -0,12 0,35 -0,16 0,35 -0,16 0,39 0,36 -0,28 0,20 -0,26 0,21 -0,39 0,10 -0,52 15a 15b -0,46 0,79 -1,70 1,97 -2,33 2,50 -2,35 2,39 6a 6b 0,05 0,22 0,06 0,24 -0,10 0,20 -0,15 0,17 16a 16b 0,33 -0,37 0,92 -0,24 1,10 -0,62 1,04 -0,61 7a 7b -0,14 0,64 -0,02 0,07 0,02 -0,06 0,00 -0,08 17a 17b 0,09 0,13 0,20 0,30 0,12 0,25 0,08 0,21 8a 8b -0,38 -0,03 0,27 0,17 0,19 0,12 0,16 0,15 18a 18b -0,03 0,27 -0,04 0,27 -0,03 0,28 -0,10 0,17 9a 9b 0,40 0,17 0,19 0,09 0,14 -0,00 0,10 -0,13 19a 19b 0,33 0,29 0,48 -0,02 0,58 -0,15 0,50 -0,24 10a 10b 0,15 0,40 -0,07 0,50 -0,25 0,51 -0,25 0,46 20a 20b -0,05 -0,07 0,32 0,02 0,34 -0,18 0,23 -0,22 Tabelle A.2: Änderung der Top-Quark-Masse in GeV durch Variation der 20 unabhängigen Parameter der Partondichteverteilung CTEQ61m [48] um ±1σ mit voller Detektorsimulation. Kennzeichnet a eine +1σ, bzw. eine −1σ, Variation, so steht b für die −1σ, bzw. +1σ, Variation. 80 B Lorentztransformation des B-Hadron Impulses Zur Bestimmung des systematischen Fehlers durch die Unsicherheit der b-Fragmentation für die Winkel und dem Thrust in Kapitel 8.4 ist eine Lorentztransformation der Impulse der Sekundärvertexspuren nötig. Der Boost der Transformation soll dabei gerade so groß sein, dass der B -Hadron Impuls mit einem Faktor f , der gerade der Unsicherheit des Mittelwerts der Fragmentationsfunktion entspricht, multipliziert wird. Im Folgenden soll dieser Boost über eine Lorentztransformation des B -Hadron Impuls bestimmt werden. Seien EB und pB die Energie und der Impuls des B -Hadrons vor und E B0 , beziehungsweise pB0 , die Größen nach der Transformation: ! ! ! ~ EB E B0 γ βγ . = ~ p~B0 p~B βγ γ Da keine Richtungsänderung des B -Hadrons erfolgen soll, ist β~ k p~B und der Impuls(betrag) nach der Transformation ergibt sich zu: pB0 = γ (pB + βEB ) p ! Mit γ = 1/ 1 − β 2 und der Forderung pB0 = f · pB kann nun der Boost β berechnet werden: 1 f pB = p 1 − β2 (pB + βEB ) ⇔ 1 − β 2 f 2 p2B = p2B + 2βpB EB + β 2 EB2 ⇔ β 2 + 2βEB c = pB f 2 − 1 c , wobei c = pB / (EB2 + f 2 p2B ) definiert wurde. Damit ist β wie folgt gegeben: q β = pB (f 2 − 1) c + c2 EB2 − cEB q pB 2 2 2 2 2 = 2 f EB + f pB (f − 1) − EB . EB + f 2 p2B 81 B Lorentztransformation des B-Hadron Impulses Insgesamt lässt sich daher mit x = EB /pB schreiben: β= p 1 2 + f2 − 1 − x . f x x2 + f 2 Mit dieser Formel kann der Boost für ein gegebenes x = EB /pB und einen Faktor f berechnet werden. Im Falle f = 1 ergibt sich β = 0, und der B -Hadron Impuls wird nicht transformiert. Für f < 1 wird der Boost negativ und für f > 1 positiv. Der vektorielle Boost β~ bestimmt sich schließlich zu β~ = β pp~BB . 82 Literaturverzeichnis [1] S. Weinberg, Phys. Rev. Lett. 19, 1264-1266 (1967); A. Salam, Elementary Particle Theory, ed. N. Svartholm, Almqvist and Wiksell (1968); D. L. 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