Flüssigkeit am Lebensende: Was ist zu viel? Was ist zu wenig? 4. Palliativtag Stift Göttweig Gudrun Kreye 13.6.2014 Was ist zu viel? Patient P.P., 1924* • • • • • Rezidivierende Aspirationspneumonien bei Neurologischer Schluckstörung Bei vaskulärer Demenz Trigeminusneuralgie seit Jahren Prostatahypertrophie • Aufnahmegrund: Pneumonie • Therapie: Unasyn: Besserung Am Tag der Aufnahme wird eine antibiotische Therapie mit Unasyn i.v. begonnen, Herr Pircher fiebert daraufhin prompt ab, die Entzündungsparameter im Labor zeigen sich als rückläufig. Im Gespräch mit der Familie stellt sich außerdem heraus, dass die orale Nahrungsaufnahme in letzter Zeit nur mehr sehr schlecht funktioniert habe, weshalb ein langes und ausführliches Gespräch mit der Gattin sowie dem Sohn (Sachwalter des Patienten) bzgl. möglicher Anlage einer PEG Sonde geführt wird. Im Rahmen dieses Gespräches sprechen sich der Sohn und letztendlich auch Ehefrau dezidiert gegen eine PEG Sonde aus, die weitere Betreuung des Patienten daheim wird mit dem Hausarzt besprochen. Mit dem betreuenden Hausarzt wird ein weiteres Vorgehen im Sinne von best supportive Care beschlossen, die orale Medikation wurde beendet. Die Morphindosis wurde entsprechend dem Leidensdruck angepasst. Herr Pircher kann am 4.4. fieber-und schmerzfrei sowie mit laborchemisch normalisierten Elektrolytwerten in adäquatem Allgemeinzustand aus der stat. Pflege entlassen werden. Patient P.P., 1924* • Medikamente bei Entlassung: – Transtec 37.5 µg TTS alle 4 Tage – Vendal ½ Ampulle subkutan bei Bedarf – 1000 ml 5% Glucose s.c.: 1-0-0 – Übrige orale Medikation abgesetzt Medikationsänderung vom Palliativteam: Transtec 52,5µg jeden 4. Tag Temgesic 0,4mg max. 4x/d bei Schmerzen in die Wangentasche legen Transcop (vom HA verordnet) jeden dritten Tag Guttalax 20 gtt -0-0 250ml NaCl 0,9% jeden 2. Tag Vendal s.c.> ex! 1000 ml Glucose 5% s.c.> ex! Frau Maria E., 1925* Frau Maria E., 1925* Frau Maria E., 1925* Mögliche Ursachen für Exsikkose • • • • • • • • Nachlassen des Durstgefühls Fieber, Erbrechen Schluckstörung Mundatmung Neurologische/ internistische Erkrankung Vergesslichkeit Eingeschränkte Mobilität Sterbephase Eychmüller S., Cina C., Inselspital Bern Frau Maria E., 1925* Symptome der Exsikkose • • • • • • • • Müdigkeit, Lethargie Verwirrtheit, Unruhe Schwindel, orthostatische Hypotonie Oligurie Durst, Mundtrockenheit Hyperkalzämie, Muskelkrämpfe (relative Medikamententoxizität ) Eychmüller S., Cina C., Inselspital Bern Frau Maria E., 1925* Was spricht für Flüssigkeitssubstitution? • • • • • Stark verminderte Flüssigkeitsaufnahme Hohe Flüssigkeitsverluste (Erbrechen, Diarrhoe, Fieber) Symptomatische Exsikkose Hyperkalzämie, diabetische Entgleisung etc. Unbekannter eingetrübter Patient Eychmüller S., Cina C., Inselspital Bern Frau Maria E., 1925* Was spricht gegen Flüssigkeitssubstitution? • Nicht gewollte Infusion = Körperverletzung • Invasive Maßnahme richtet Aufmerksamkeit auf „Technik“, nicht auf Realität des nahen Todes • Lebensqualität? • 86% der euhydrierten terminal Kranken gaben Durst an, aber nur 68% der dehydrierten (Ellershaw) Eychmüller S., Cina C., Inselspital Bern Was spricht für oder gegen Flüssigkeitssubstitution? Ohne Flüssigkeitsgabe Problem Mit Flüssigkeitsgabe ↓ Atemnot ↑ ↓ Absaugen ↑ ↓ Rasselatmung ↑ ↓ Sekret im Gastrointestinaltrakt ↑ ↓ Erbrechen ↑ ↓ Cerebrale/periphere Ödeme ↑ Ungleichgewicht, Endorphinausschüttung ↑ Flüssigkeit und Elektrolyte Korrigiert ↓ Schmerzen ↑ Weniger Diurese Mehr, Dauerkatheter ↑ Verwirrtheit ↓ Nach Steil H., Münster Frau Maria E., 1925* Flüssigkeit am Lebensende? • • • • Patientin ist zufrieden! Hat weder Hunger noch Durst! Möchte keine Infusionen mehr! Trinkt am liebsten ein paar Schluck kaltes Wasser! • Söhne sind besorgt, daß Mutter verdurstet! Was ist zu wenig? Herr A.M. 1964* • • • • • • • Weit fortgeschrittenes Urothelkarzinom Akut auf chronisches Nierenversagen Massive Exsikkose Massive Emesis Ausgeprägte Myoklonien Halluzinationen Hydromorphonperfusor: 0.8 mg/h Herr A.M. 1964* • Durch Flüssigkeitsgabe i.v. und Benzodiazepine: – Reduktion Myoklonien – Reduktion von Emesis – Besserung der Gesamtsituation – Patient wieder klar und orientiert • Kann dadurch Entscheidungen am Lebensende bewusst treffen Placebo versus Flüssigkeit 100 ml NaCl 0.9% versus 1000 ml NaCl 0.9% • 129 Patienten aus Hospizen: – 66 Placebo (100 ml) – 63 „Verum“ (1000 ml) • Täglich über 4 Stunden Bruera et al, JCO, 2013 Jan 1;31(1):111-8. Placebo versus Flüssigkeit 100 ml NaCl 0.9% versus 1000 ml NaCl 0.9% Primärer Endpunkt: Änderung in der Summe der 4 Dehydratationssymptome: Fatigue Sedierung Bruera et al, JCO, 2013 Jan 1;31(1):111-8. Myoklonien Halluzinationen Parenteral hydration in patients with advanced cancer: a multicenter, double-blind, placebo-controlled randomized trial. Bruera et al, JCO, 2013 Jan 1;31(1):111-8. Placebo versus Flüssigkeit 100 ml NaCl 0.9% versus 1000 ml NaCl 0.9% • Kein Unterschied bezüglich Summe der Dehydratations-Symptome • Kein Unterschied im Gesamtüberleben Bruera et al, JCO, 2013 Jan 1;31(1):111-8. Möglichkeit der Flüssigkeitsgabe bei Sterbenden • Oral so lange wie möglich! – Mundpflege • med. Behandlung: Infektionen( Pilze, Bakterien…), Wunden, • Druckstellen(Prothese?) – Stäbchen in Flüssigkeit getränkt, Zerstäuber, Zahnpflege.. – Wasser, Cola, Sekt, Bier, Wein, Brausetablette, Schlagobers, Butter etc. • gefrorene Ananasstücke (Cave: Intakte SH! Aspirationsgefahr) • Zitrusfrüchte ( Speichelbildung) Stangelberger-Frosch D., Baden bei Wien Möglichkeit der Flüssigkeitsgabe bei Sterbenden • • • • • Oral (so lange wie möglich Sonden (nasal, oral, PEG) Katheter (peripher, zentral) Rektal Wenn schon, dann am besten subkutan! Geeignete Areale zur Hypodermoklysis Aus: Bausewein, Leitfaden für Palliativmedizin Stangelberger-Frosch D., Baden bei Wien Flüssigkeit am Lebensende? Gespräche Gespräche Gespräche Künstlerische Gest al t ung: Hei nz Pet er Possel t www. hppossel t . at Dar st el l er : Gel bi : Fl at rE i c junger Löwenzahn: Dandel oi n Verwelkter Löwenzahn: Sof f i one Pust ebl ume: Bl owbal l Künstlerische Gestaltung, Ausführung, Photographie: Heinz Peter Posselt www.hpposselt.at Darsteller: Yellow: Flat Eric Junger Löwenzahn: Dandelion Verwelkter Löwenzahn: Soffione Pusteblume: Blowball