FACILITY FACILITY FACILITY FACILITY FACILITY MANAGEMENT MANAGEMENT MANAGEMENT MANAGEMENT MANAGEMENT FACILITY FACILITY FACILITY FACILITY FACILITY MANAGEMENT MANAGEMENT MANAGEMENT MANAGEMENT MANAGEMENT FACILITY MANAGEMENT Facility Management Kennen Sie Ihre Anspruchsgruppen? Rolf Aregger, Max Graf, Andreas Marfurt, Heinz Meister* Was haben Ihre Mitarbeiter, Ihre Kunden, Ihre Lieferanten, Ihre Aktionäre und die Öffentlichkeit gemeinsam? Sie alle erbringen Leistungen für Ihr Unternehmen oder sind von den Leistungen des Unternehmens abhängig; sie haben also ein Interesse an Ihrem Unternehmen, und umgekehrt üben sie Einfluss auf die Unternehmensziele aus. Allerdings unterscheiden sich die Interessen und Ziele deser Gruppen – man nennt sie Anspruchsgruppen, englisch: Stakeholders – auch voneinander, und in gewissem Masse sprechen sie unterschiedliche Sprachen. Ein Unternehmen, das seine Anspruchsgruppen gut kennt und sozusagen ihre Sprache spricht, kann die Beziehungen optimal gestalten und so den Grundstein für weiteren Unternehmenserfolg legen. Und was für Unternehmen im Allgemeinen gilt, trifft auch auf das Facility Management (FM) zu. Mit dieser Aufgabe ist insbesondere das Management eines Unternehmens gefordert: Es muss nicht nur den vielfältigen Beziehungen mit den verschiedenen Anspruchsgruppen gerecht werden, sondern auch die unterschiedlichen Interessen bündeln. Shareholder- versus Stakeholder-Ansatz Auf welche Ziele soll sich die Unternehmensleitung überhaupt ausrichten? Im Wesentlichen unterscheidet man bei der Zielfindung zwischen zwei Ansätzen: Shareholder-Ansatz: Eigentümer-orientierte Sicht; das Unternehmen konzentriert sich dabei auf die Gewinnmaximierung für seine Eigentümer. Stakeholder-Ansatz: Gesellschaftsorientierter Ansatz; neben den Eigentümern (Aktionären) besitzen auch andere Gruppen oder Individuen legitime Ansprüche an das Unternehmen. Eine ganzheitliche Unternehmensvision bezieht alle Anspruchsgruppen mit ein. Aus der Literatur wird deutlich, dass Unternehmen, die langfristig erfolgreich sind, nicht in erster 2 Linie nach Gewinnmaximierung streben, sondern ein ganzes Bündel von Zielen für die verschiedenen Stakeholder verfolgen. Tatsächlich führt die Orientierung an Grundwerten und an einer ganzheitlichen Ausrichtung jenseits reiner Gewinnmaximierung auch wenn dies paradox erscheinen mag langfristig zu einem höheren finanziellen Erfolg als die reine Ausrichtung auf den kurzfristigen Erfolg. Dies bedeutet, dass sich auf lange Sicht der Stakeholder-Ansatz auch für langfristig orientierte Shareholders lohnt. Die Unternehmensvision ganzheitlich auszurichten bedeutet, ein optimales und harmonisches Gleichgewicht zwischen allen wesentlichen StakeholderInteressen anzustreben. Dadurch entsteht ein mehrdimensionales Zielsystem: das Leitbild des Unternehmens. Schriftlich festgehalten erleichtert es die Kommunikation mit den verschiedenen Anspruchsgruppen. Leitbild Wie wird nun ein Leitbild entwickelt? Zuerst wird die Ausgangslage nach den folgenden Aspekten analysiert; aus der Analyse werden sodann Massnahmen abgeleitet, diese wiederum sind die Grundlage für das Leitbild. Umweltanalyse: Sie umfasst die Diskussion der Chancen, Gefahren und Entwicklungstrends sowie deren Einfluss auf die wichtigsten Anspruchsgruppen. Unternehmensanalyse: Dabei wird ermittelt, wie sich die Stärken und Schwächen des Unternehmens auf die verschiedenen Anspruchsgruppen auswirken. Analyse der Wertvorstellungen: Dabei werden die Möglichkeiten eingegrenzt, die für die Formulierung eines Leitbildes in Frage kommen. In einem ersten Schritt werden bei dieser Analyse die individuellen Wertvorstellungen der obersten Führungskräfte des Unternehmens erfasst. In einem zweiten Schritt werden die individuellen Wertvorstellungsprofile durch Diskussion zu einem gemeinsamen Profil harmonisiert. Anspruchsgruppen-Analyse: Dabei werden die wichtigsten Anspruchsgruppen sowie deren Hauptanliegen und Einflussmöglichkeiten identifiziert und bewertet. Durchführen der Anspruchsgruppen-Analyse Die Unternehmensleitung muss danach streben, allen Anspruchsgruppen Anreize zu bieten, damit sie die vom Unternehmen benötigten Leistungen erbringen. Diese Leistungen sind notwendige Voraussetzungen für ein Unternehmen, um seinerseits Leistungen auf dem Markt anzubieten. Nur wenn die Ansprüche aller Gruppen befriedigt werden können, ist sichergestellt, dass sie auch in Zukunft ihren Beitrag leisten. Dabei können sich die Ansprüche der verschiedenen Gruppen kurzfristig widersprechen (zum Beispiel höhere Löhne für die Mitarbeitenden versus höhere Gewinne für die Aktionäre). Die Unternehmensleitung muss sich eine Übersicht über die relevanten Anspruchsgruppen erarbeiten. Dabei hat sich bewährt, die einzelnen Anspruchsgruppen in Teil-Anspruchsgruppen zu unterteilen, für die sich konkrete Aussagen machen lassen. Für ein Unternehmen, welches FacilityManagement-Leistungen erbringt, kann eine Übersicht aussehen wie in Tabelle 1 abgebildet. In einem weiteren Schritt werden die einzelnen (Teil-)Anspruchsgruppen analysiert. Dabei können die folgenden Fragestellungen hilfreich sein: Welche Leistungen trägt eine bestimmte Anspruchsgruppe bei, damit das Unternehmen seine Ziele erreicht? Welche Gegenleistungen erwartet sie dafür? Das Unternehmen und seine Anspruchsgruppen. SchweizerBauJournal 4/2002 FACILITY FACILITY FACILITY FACILITY FACILITY MANAGEMENT MANAGEMENT MANAGEMENT MANAGEMENT MANAGEMENT FACILITY FACILITY FACILITY FACILITY FACILITY MANAGEMENT MANAGEMENT MANAGEMENT MANAGEMENT MANAGEMENT FACILITY MANAGEMENT Anspruchsgruppen Teil-Anspruchsgruppen Eigentümer Unternehmen X Unternehmen Y Kleinaktionäre Management Mitarbeitende Fremdkapitalgeber Lieferanten Kunden Öffentlichkeit Bank A Bank B A-Lieferanten B-Lieferanten C-Lieferanten Konzern A: Eigentümer Konzern A: Leiter FM Konzern A: Nutzer Firma B: Head Service Contract Firma: Nutzer Konzern C: Eigentümer Konzern C: Leiter FM Konzern C. Nutzer Nachbarschaft Gemeinde Staat Gesellschaft Tabelle 1 Liste der Anspruchsgruppen. Tabelle2 Analyse der Anspruchsgruppen. Welche Chancen bietet die Beziehung zu dieser (Teil-)Anspruchsgruppe für die Zukunft? Welche Gefahren stecken in der Beziehung zu dieser (Teil-)Anspruchsgruppe für die Zukunft? Dabei ist die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gefahr und deren mögliche Auswirkung zu bewerten. Tabelle 2 zeigt, wie eine solche Analyse durchgeführt werden kann. Die Resultate dieser Analyse fliessen auf zwei Arten in das Unternehmen ein: Kurzfristig führt das Erkennen von Chancen und Gefahren zu Massnahmen auf der operativen Ebene im Sinne eines proaktiven Handelns. Längerfristig beeinflussen Änderungen im Verhalten der einzelnen relevanten Stakeholders die Unternehmensziele (Leitbild). Anspruchsgruppe: Teil-Anspruchsgruppe: Kapitalgeber Unternehmen Y Leistung Stellt der Unternehmung 40 % des Eigenkapitals zur Verfügung. Kann der Unternehmung zu Kontakten mit Entscheidungsträgern bei potenziellen Kunden verhelfen. Gegenleistung Erwartet eine Verzinsung von mindestens 8 % des investierten Kapitals. Erwartet mittelfristig eine Wertsteigerung der Unternehmung um 100 %. Will bei strategischen Entscheidungen über einen Sitz im Verwaltungsrat mitbestimmen. Chancen Heutige Situation bleibt langfristig bestehen. Unterstützt das Unternehmen aktiv in seiner Strategie. Gefahren Verkauft seinen Anteil an den Wettbewerber X. hoch tief Massnahme Mit Unternehmen Y einen intensiven Kontakt pflegen und laufend informieren. Wichtige Entscheidungen vorgängig besprechen. Die Festlegung der Massnahmen muss aus einer ganzheitlichen Sichtweise erfolgen, in der alle Anspruchsgruppen ihren Platz haben. Gute Führungskräfte haben die Fähigkeit, mit Paradoxien (Gegensätzen) umzugehen und scheinbar gegensätzliche Ziele gleichzeitig anzustreben. Wie die einzelnen Informationen dargestellt werden, ist zweitrangig. Aktuelle Office-Programme lassen tabellen- oder datenbankorientierte Lösungen zu. Nutzen Der bewusste Umgang mit den Anspruchsgruppen entspricht einer ganzheitlichen Denkweise. Dabei steht nicht die kurzfristige Gewinnmaximierung im Vordergrund, sondern der langfristige Unternehmenserfolg. Prozessschritte im Umgang mit Anspruchsgruppen Identifikation: Alle Einzelpersonen und Gruppen, die für das Unternehmen etwas leisten oder vom Unternehmen eine Leistung beziehen, sind auf einer Liste aufgeführt. Zweckmässig ist dabei eine Auflösung auf zwei Ebenen, zum Beispiel Anspruchsgruppen Teil-Anspruchsgruppen. Leistung / Gegenleistung: Hier wird festgehalten, was die einzelnen Anspruchsgruppen heute für das Unternehmen leisten und was sie als Gegenleistung beziehen. Chancen: Mit Chancen wird beurteilt, welcher Nutzen für die Zielerreichung des Unternehmens aus den Beziehungen zu den einzelnen Anspruchsgruppen zukünftig erwachsen kann. Gefahren: Mit Gefahren wird beurteilt, welche Risiken verhindern könnten, dass das Unternehmen seine Ziele erreicht. Dabei werden Abhängigkeit und Dringlichkeit der Bedrohung bestimmt (hoch, mittel, tief). Massnahmen: Der Aktionsplan konzentriert sich auf die Zielerreichung des Unternehmens. Dabei werden die zum Teil gegensätzlichen Ziele der verschiedenen Anspruchsgruppen ganzheitlich betrachtet. SchweizerBauJournal 4/2002 Eintrittswahrscheinlichkeit Auswirkung bei Eintritt: Es wird ein ganzes Bündel von Zielen für die verschiedenen Anspruchsgruppen zugleich verfolgt. Das Anspruchsgruppenkonzept ist durch die dauernde Einschätzung der Chancen und Gefahren proaktiv. Massnahmen, die zur Zielerreichung des Unternehmens nötig sind, können dadurch frühzeitig eingeleitet werden. Die Unternehmensleitung kann ihren Handlungs- und Entscheidungsspielraum erweitern und qualitativ bessere Entscheidungen treffen, um den Unternehmenserfolg zu sichern. Dieser bildet die Grundlage, um die gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche der Stakeholder zu erfüllen. Hat dieser Artikel Ihr Interesse geweckt? Überlegen Sie, ob sich das beschriebene Vorgehen in Ihrem Unternehmen gewinnbringend anwenden lässt? Wir schlagen Ihnen einen ersten Schritt vor: Lernen Sie Ihre Anspruchsgruppen kennen! Literatur: Strategisches Management, 1998, Versus Verlag AG, Roman Lombriser / Peter A. Abplanalp. Vorlesung Management Weiterbildungsstufe, Hochschule für Wirtschaft, Luzern. Weitere Informationen: * Die Autoren sind Absolventen der Management-Weiterbildungsstufe (Executive MBA) an der Hochschule für Wirtschaft in Luzern. Rolf Aregger, dipl. Ing FH, Abteilungsleiter, Luzern; Max Graf. dipl. Ing. FH, Geschäftsleiter, Lostorf; Andreas Marfurt, dipl. Ing. FH, Sozialvorsteher, Ebikon; Heinz Meister, dipl. Betriebsökonom FH, Abteilungsleiter, Aarau. 3