Inhaltsverzeichnis 1 Magnetooptische Untersuchungen an organischen Schichten Juniorprofessur Organische Halbleiter Diplomarbeit angefertigt von Michael Fronk zur Erlangung des Grades eines Diplomphysikers Diese Arbeit wurde im Zeitraum von Oktober 2006 bis September 2007 unter der Anleitung von Frau Juniorprof. Dr. Georgeta Salvan angefertigt. Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 2 Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis 4 1 Einleitung 5 2 Physikalische Grundlagen 7 2.1 Molekularer Magnetismus 7 2.1.1 Makroskopische Betrachtung 7 2.1.2 Mikroskopische Betrachtung 8 2.1.3 Magnetische Materialien 11 2.1.3.1 Diamagnetismus 11 2.1.3.2 Paramagnetismus 12 2.1.3.3 Ferromagnetismus 12 2.1.3.4 Magnetische Eigenschaften von Phthalocyaninen 13 2.2 Wichtige Zusammenhänge und Definitionen aus der Optik 14 2.2.1 Polarisation 14 2.2.2 Dielektrischer Tensor 15 2.2.3 Jones–Formalismus 17 2.2.4 Fresnel–Formeln für senkrechten Lichteinfall 18 2.2.5 Grundlagen der Reflexions–Anisotropie–Spektroskopie (RAS) 19 2.3 Magnetooptik 20 2.3.1 Phänomenologie 20 2.3.2 Magnetooptische Effekte 21 2.3.2.1 Faraday–Effekt und zirkularer magnetischer Dichroismus (MCD) 22 2.3.2.2 Magnetooptischer Kerr–Effekt (MOKE) 23 2.3.3 Ursachen für magnetooptische Effekte in Dia- und Paramagneten 25 3 Experimentelles 28 3.1 Reflexions–Anisotropie–Spektroskopie (RAS) 28 3.1.1 Experimenteller Aufbau für die RAS 28 3.1.2 Messprozedur für die RAS 30 3.2 Magnetooptische Kerr–Effekt–Messung 31 3.2.1 Experimenteller Aufbau für den MOKE 31 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 3 3.2.2 Messprozedur für MOKE 31 3.2.2.1 Spektroskopische Messung 32 3.2.2.2 Messung mit variablem Magnetfeld 33 3.2.3 Einfluss der Luft 34 3.3 Messung bei tiefen Temperaturen 39 3.4 Schichtherstellung 41 3.5 Ellipsometrie 42 4 Untersuchungen an organischen Schichten 44 4.1 Temperaturabhängige RAS–Untersuchungen 45 4.2 Ellipsometrische Messungen 50 4.2.1 Optische Konstanten von Vanadylphthalocyanin 51 4.2.2 Optische Konstanten von Kupferphthalocyanin 54 4.3 MOKE–Messungen 55 4.3.1 MOKE–Spektren von Vanadylphthalocyanin 55 4.3.2 MOKE–Spektren von Kupferphthalocyanin 57 5 Berechnung magnetooptischer Parameter 59 5.1 Modell zur Berechnung der Voigt–Konstanten 59 5.1.1 Voigt–Konstante von Vanadylphthalocyanin 62 5.1.2 Voigt–Konstante von Kupferphthalocyanin 65 5.2 Berechnung von Größen des Faraday–Effekts 68 5.2.1 Vanadylphthalocyanin 68 5.2.2 Kupferphthalocyanin 69 6 Zusammenfassung 71 7 Literaturverzeichnis 73 Danksagung 75 Anhang 76 Abkürzungsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 4 Abkürzungsverzeichnis 0 Elektrische Feldkonstante 0 = 8,85418810⋅10−12 A s V−1 m−1 0 Magnetische Feldkonstante 0 = 4 ⋅10−7 V s A−1 m−1 c Vakuumlichtgeschwindigkeit c = 0 0 −1/2 = 299792458 m s−1 ℏ Reduzierte Planckkonstante ℏ = 1,054573⋅10−34 J s e Elementarladung e = 1,602177⋅10−19 C me Elektronenmasse m e = 9,1093897⋅10−31 kg B Bohrsches Magneton B = e ℏ /2 m e = 9,274⋅10−24 A m 2 E Elektrische Feldstärke Kreisfrequenz des Lichts E Elektrische Suszeptibilität Dielektrische Funktion = 1E ñ Komplexer Brechungsindex n = nik = 1 /2 B Magnetische Induktion H Magnetische Feldstärke M Magnetisierung M Magnetische Suszeptibilität M Permeabilität σ+ rechtszirkular polarisiert σ– linkszirkular polarisiert Q Voigt–Konstante V Verdet–Konstante Y Transmission T Temperatur r Reflexionskoeffizient t Transmissionskoeffizient ℕ0 RAS MOKE Menge der natürlichen Zahlen mit 0 Reflexions–Anisotropie–Spektroskopie Magnetooptischer Kerr–Effekt PE Probenebene RT Raumtemperatur VOPc Vanadylphthalocyanin CuPc Kupferphthalocyanin MnPc Manganphthalocyanin Abb. Abbildung M = 1M 1 Einleitung Inhaltsverzeichnis 5 1 Einleitung In dieser Arbeit wird die spektroskopische Messung des magnetooptischen Kerr–Effekts (MOKE) in der polaren Geometrie zur Charakterisierung paramagnetischer organischer Schichten auf Siliziumsubstrat eingesetzt. Zur Bestimmung magnetischer Stoffparameter ist die zusätzliche Information der optischen Konstanten des Materials unter Abwesenheit eines Magnetfeldes erforderlich. Diese Größen werden durch spektroskopische Ellipsometrie gewonnen. Diese Vorgehensweise ist bereits gebräuchlich zur Untersuchung anorganischer ferromagnetischer Legierungen [97Wi]. Es sind auch schon Ansätze umgesetzt worden, die magnetooptischen Messungen mit den ellipsometrischen Untersuchungen in einem einzigen Messverfahren zu verknüpfen, der sogenannten verallgemeinerten magnetooptischen Ellipsometrie [03Ne], [97Be]. Dieses Verfahren wurde bisher allerdings auch nur an Schichtsystemen, an denen ferromagnetische Komponenten beteiligt sind, zur Anwendung gebracht. Der Grund dafür liegt darin, dass die magnetooptischen Materialparameter von Ferromagneten deutlich größer zu erwarten sind als die von Nicht–Ferromagneten. Es zeigt sich in dieser Arbeit, dass der Unterschied zwischen metallischen Ferro– und organischen Paramagneten zwei Größenordnungen beträgt. Diese Tatsache stellt größere Anforderungen an die Messgenauigkeit bei der Untersuchung von Paramagneten. In den hier vorgestellten Messungen wird diese durch ausgedehnte Akkumulationszeit erzielt. Eine weitere Herausforderung bei der Arbeit mit Nicht–Ferromagneten sind die Anforderungen an die Beschaffenheit der Probe. Im Fall von metallischen Ferromagneten ist es möglich, sehr dünne Schichten im Bereich von einigen Nanometern zu untersuchen und die Messung mit fortgeschrittenen Modellen, die der Transparenz der dünnen Schicht Rechnung tragen, auszuwerten. Andererseits ist es bei Metallen auch leicht möglich, optisch dicke Schichten herzustellen, um so mit einfachen Modellen, die nur noch optische Oberflächeneffekte zu berücksichtigen haben, zum Ergebnis zu kommen. Bei Proben mit Schichten aus halbleitenden organischen Materialien ist die Situation komplizierter. Ist die untersuchte Schicht zu dünn, so ist das vom Magnetismus erzeugte Messsignal zu klein, um noch auflösbar zu sein. Zum anderen ist es praktisch unmöglich, eine Schicht 1 Einleitung Inhaltsverzeichnis 6 zu erzeugen, die in weiten Spektralbereichen als undurchsichtig angenommen werden kann. Außerdem können die Wachstumsmodi mit der Schichtdicke variieren [06Go] und Inhomogenitäten in der Struktur und damit auch in den optischen Eigenschaften hervorrufen. Ein Ergebnis dieser Arbeit ist die Feststellung, welche Schichtdicken für die untersuchten Substanzen am besten zur Ermittlung der magnetooptischen Materialparameter geeignet sind. Als Materialgröße wird die komplexe Voigt–Konstante Q bestimmt. Als organisches Material wird Vanadylphthalocyanin VOPc und Kupferphthalocyanin CuPc verwendet. Der Hauptgrund für die Verwendung von Phthalocyaninen ist ihre thermische Stabilität [81Ki], die es ermöglicht, sie durch Molekularstrahlabscheidung als Schicht auf ein Substrat abzuscheiden. Dieses Verfahren ermöglicht die Herstellung verhältnismäßig glatter Schichten. Die Rauigkeiten liegen, abhängig vom Material, zwischen Werten kleiner als zwei Nanometer und etwa 20 Nanometern bei Schichtdicken in der Größenordnung von 50 Nanometern. Dies ist für die optischen Messungen von Bedeutung. Es ist aus Voruntersuchungen bekannt, dass organische Schichten, die mittels Rotationsbeschichtung (spin coating) hergestellt wurden [06Br], eine hohe Rauigkeit besitzen, die zu starker Depolarisation des Lichts führt. Das Messsignal besteht für solche Proben nur aus Rauschen. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Verwendung von Phthalocyaninen ist, dass diese Moleküle bereits ausgiebig wissenschaftlich untersucht wurden, sodass in der Literatur Vergleichsmessungen des magnetooptischen Effekts des zirkularen magnetischen Dichroismus (MCD) zu finden sind. So kann eingeschätzt werden, ob das auf organische Schichten angewendete Modell zur Bestimmung der magnetischen Materialparameter verlässliche Ergebnisse erbringt. Dazu werden aus den ermittelten Materialgrößen die erwarteten Messgrößen anderer Verfahren berechnet und mit Literaturwerten verglichen. Mit der MOKE–Apparatur kann auch Reflexions–Anisotropie–Spektroskopie (RAS) durchgeführt werden. Es wird in dieser Arbeit das Verhalten von VOPc bei tiefen Temperaturen mittels RAS untersucht. Dies ist eine Vorarbeit auf MOKE–Messungen bei tiefen Temperaturen. Da das RAS–Signal das MOKE– Signal überlagert, ist die Kenntnis des Temperaturverhaltens des RA– Spektrums erforderlich, um verlässliche Aussagen über das Verhalten des MOKE–Spektrums treffen zu können. 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis 7 2 Physikalische Grundlagen 2.1 2.1.1 Molekularer Magnetismus Makroskopische Betrachtung Zum allgemeinen Verständnis des Magnetismus müssen die Maxwellschen Gleichungen herangezogen werden. Sie sind in vielen Lehrbüchern der Physik zu finden, so z.B. in [04He]. Aus ihnen geht hervor, das magnetische Felder durch bewegte Ladungen (Ströme) und zeitlich veränderliche elektrische Felder verursacht werden. Zur Betrachtung des Elektromagnetismus in Stoffen müssen die Maxwellschen Gleichungen durch Materialgleichungen ergänzt werden. Außerdem werden Hilfsgrößen eingeführt. Neben der elektrischen Feldstärke E wird die elektrische Verschiebungsdichte D definiert. Die elektrische Materialgleichung lautet 1 D = 0 E . (1) Die Dielektrizitätskonstante ist eine Materialeigenschaft und im allgemeinen Fall ein Tensor. Darauf wird später eingegangen (siehe 2.2.2). Im Vakuum ist = 1. Das D–Feld ist eine Hilfsgröße beim Umgang mit Dielektrika, während das E–Feld die zweckmäßige Größe zur Bestimmung von Kräften auf Ladungsträger ist. Für diese Arbeit von größerer Bedeutung ist der Zusammenhang zwischen den magnetischen Feldgrößen. Analog zu der elektrischen Größe E ist das magnetische B–Feld die Größe, die zur Berechnung der Kräfte auf Ladungsträger zweckmäßig ist. Das H–Feld ist hier die Hilfsgröße und wird üblicherweise als äußerer Parameter angenommen, d.h. H wird experimentell z.B. durch den Strom durch eine Spule festgelegt und B stellt sich dann durch die Wechselwirkung mit der dem H–Feld ausgesetzten Materie ein. Die Antwort des Materials wird beschrieben durch die Größe der Magnetisierung M. Der Stoffparameter, der den Zusammenhang zwischen M und H angibt, ist die magnetische Suszeptibilität M. Im linearen Fall, der für Dia- und Paramagneten bei laborüblichen Magnetfeldstärken gegeben ist, ist M ein stoffspezifischer 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis 8 konstanter Tensor 2 M = M H . (2) Im Fall von Ferromagneten ist M von H abhängig, lässt sich aber wegen Hystereseerscheinungen nicht als einfache Funktion von H darstellen. Bei magnetischer Isotropie des Material wird M zum Skalar. Bei Übereinstimmung der Richtung des H–Feldes mit einer der Hauptachsen des Tensors M kann der entsprechende Eigenwert als skalares M genutzt werden. Dies ist relevant bei dünnen Schichten im Fall von Magnetfeldern normal oder parallel zur Schichtebene, da diese Richtungen zumindest bei im Volumen isotropen Medien die Hauptachsen des Tensors M der Schicht darstellen. Das B–Feld ergibt sich in linearer Näherung aus 3 B = 0 H M = 0 1M H = 0 M H . (3) Die magnetische Permeabilität M ist genau wie M eine Materialeigenschaft und unterscheidet sich von ihr nur durch die Einheitsmatrix. In dieser Betrachtungsweise wird H von makroskopischen Strömen erzeugt, während zu B außerdem die mikroskopischen Ströme im Material beitragen. 2.1.2 Mikroskopische Betrachtung Da es nach heutigem Erkenntnisstand keine magnetischen Monopole gibt, ist die Ursache niedrigster Ordnung der magnetische Dipol. Im klassischen Bild ist ein magnetischer Dipol ein Ringstrom, der das magnetische Moment erzeugt, indem der Strom I die Fläche A kreisförmig umfließt. ist ein Vektor, der die Richtung der Flächennormalen des umflossenen Kreises hat 4 = I A. (4) Für die mikroskopische Betrachtungsweise wird der Übergang zum Punktdipol vollzogen. Dafür wird der Grenzwert 5 lim I ∞ ,∣A∣0 I A = (5) festgehalten. Im Bild der Punktdipole mit ihren magnetischen Momenten kann 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis 9 nun die makroskopische Magnetisierung mikroskopisch als Dipoldichte interpretiert werden 6 M r = d ∑ j . dV (6) Dabei wird über die Momente derjenigen Dipole summiert, die sich im Volumenelement dV am Ort r befinden. Atomistisch werden diese Dipole von rotierenden geladenen Teilchen erzeugt. Ein rotierendes Teilchen besitzt einen Drehimpuls, welcher laut Quantenmechanik gequantelt ist. Die kleinstmögliche Drehimpulskomponente in eine Raumrichtung beträgt ℏ/2. Die größten magnetischen Momente werden von Elektronen erzeugt, da diese die betragsmäßig gleiche Ladung wie Protonen besitzen, aber deutlich leichter als diese sind. Daher müssen sie sich im klassischen Bild schneller drehen um den gleichen Drehimpuls zu haben. Die sich schneller drehende gleichgroße Ladung repräsentiert einen größeren Kreisstrom und erzeugt damit ein größeres magnetisches Moment. Es wird zwischen zwei verschiedenen Arten der Rotation der Elektronen unterschieden, die Bewegung um den Atomkern und die Eigenrotation, die als Spin bezeichnet wird. In der Atomphysik werden diese beiden Rotationen durch Quantenzahlen charakterisiert. Dem Bahndrehimpuls ist die Quantenzahl l zugeordnet, die Spinquantenzahl wird mit s bezeichnet. Für Elektronen gilt immer s = 1/2, während l ∈ ℕ0 ist. Unter dem Einfluss eines äußeren Magnetfeldes tritt die Magnetfeldrichtung als ausgezeichnete Richtung in Erscheinung. Diese Richtung wird üblicherweise mit der z–Achse identifiziert. Die Drehimpulse können sich unterschiedlich entlang dieser Achse ausrichten. Zur Beschreibung dieser Ausrichtung wird die Magnetquantenzahl m eingeführt. Die Ausrichtung des Bahndrehimpulses wird durch ml beschrieben, während ms die Ausrichtung des Spins beschreibt. Die Magnetquantenzahl m kann in mit der Schrittweite 1 alle Werte von der negativen bis zur Magnetquantenzahl betreffenden positiven multipliziert Drehimpulses. Drehimpulsquantenzahl mit Das ℏ ergibt magnetische die annehmen. Die z–Komponente des Moment, welches vom Drehimpuls v in z–Richtung erzeugt wird, ergibt sich aus 7 z = g v mv B . (7) 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis10 Der gyromagnetische Faktor g beträgt für den Bahndrehimpuls genau 1 und für den Spin etwas mehr als 2. Das Bohrsche Magneton B ist das magnetische Moment, welches das Elektron auf der ersten Bohrschen Bahn, d.h. auf der mechanisch stabilen Kreisbahn mit dem Bahndrehimpuls ℏ, besitzt. Das magnetische Moment des Spins ist dem B–Feld des Moments des Bahndrehimpulses ausgesetzt und umgekehrt. Daher existiert eine magnetische Wechselwirkung zwischen beiden Drehimpulsen auf Grund der Beziehung für die potenzielle Energie ΔW 8 W = −v⋅B w , (8) wobei v und w für die beteiligten Drehimpulse stehen. Die gleiche Beziehung gilt auch für die Wechselwirkung zwischen den Momenten der verschiedenen Elektronen im Atom. Ist die Mehrelektronenwechselwirkung größer als die zwischen l und s der einzelnen Elektronen, so koppeln die l der Elektronen zu dem Gesamtbahndrehimpuls L des Atoms, ebenso wie die s zum Gesamtspin S koppeln. Wie diese genau aus den Einelektronenquantenzahlen hervorgehen, ergibt sich aus den Hundschen Regeln [93Ha]. Im folgenden wichtig sind die Regeln, dass unvollständig besetzte Schalen den maximal möglichen Gesamtspin S annehmen und sich für vollbesetze Schalen die Drehimpulse zu 0 kompensieren. L und S selbst sind wieder Gleichung 8 unterworfen und koppeln vektoriell zum Gesamtdrehimpuls J. J kann die Werte ∣L−S∣ ≤ J ≤ LS annehmen, wobei eine der Hundschen Regeln eine Aussage darüber trifft, welches J das energetisch niedrigste ist. Ist die unvollständig gefüllte Schale weniger als halb besetzt, so ist J minimal, sonst maximal. Das magnetische Moment Magnetquantenzahl mJ. berechnet Dieser sich Fall nach der Gleichung 7 mit Dominanz der der Mehrelektronenwechselwirkung wird LS– oder Russell–Saunders–Kopplung genannt und gilt für leichte Elemente. Ist die durch Gleichung 8 beschriebene Wechselwirkung für die Momente der einzelnen Elektronen dominant gegenüber Mehrelektronenwechselwirkungen, so koppeln l und s zum Gesamtdrehimpuls des Elektrons, bezeichnet mit j. Die j der einzelnen Elektronen koppeln in diesem Fall zum Gesamtdrehimpuls J des Atoms. Diese Situation liegt bei schweren Elementen vor und wird jj–Kopplung genannt. 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis 11 Eine im Festkörper und Molekülen sehr oft vorliegende Situation ist es jedoch, dass der Bahndrehimpuls Symmetrieeinschränkungen in der Elektronen der Umgebung des auf Grund von betrachteten Atoms „gequencht“ ist, d.h. der Gesamtbahndrehimpuls L des Atoms ist formal ungleich 0, jedoch verschwindet auf Grund von Fluktuationen der Mittelwert über die Zeit. In diesem Fall geht der gesamte Magnetismus vom Spin aus, wie es z.B. bei 3d–Übergangsmetallen wie Nickel und Kupfer beobachtet wird. Da Spinumklappprozesse optisch verbotene Übergänge sind, sind optische Übergangsenergien durch die energetischen Positionen der Zustände gleichen Spins bestimmt. Da Photonen auf Grund ihres eigenen Spins den Bahndrehimpuls bei Absorption ändern müssen, stellt die Spin–Bahn–Kopplung die Verbindung zwischen Optik und (Spin–) Magnetismus her. 2.1.3 Magnetische Materialien Stoffe werden nach ihrer Antwort auf äußere Magnetfelder in verschiedene Gruppen eingeteilt. Das Hauptkriterium ist die Größe und das Verhalten der magnetischen Suszeptibilität M. Es wird zwischen Diamagnetismus, Paramagnetismus, Ferromagnetismus und Ferrimagnetismus unterschieden. 2.1.3.1 Diamagnetismus Für Diamagneten ist M in moderaten Magnetfeldern eine negative Konstante −4 im Bereich −10 ≤ M ≤ 0 , übliche Werte liegen in der Größenordnung –10–5. Die Folge ist eine schwache Magnetisierung M antiparallel zum äußeren H– Feld. Diamagneten sind Stoffe, die in Abwesenheit äußerer Magnetfelder keine atomaren bzw. molekularen magnetischen Momente besitzen. Durch den Aufbau eines äußeren H–Feldes werden in geringem Maße magnetische Dipole induziert, die auf Grund der Lenzschen Regel dem äußeren Feld entgegenwirken. Dieser Mechanismus tritt in allen Stoffen auf, jedoch ist der Diamagnetismus die schwächste Form des Magnetismus, sodass alle konkurrierenden Mechanismen dominant sind, wenn sie auftreten. 2 Physikalische Grundlagen 2.1.3.2 Inhaltsverzeichnis12 Paramagnetismus Paramagneten haben eine konstante positive magnetische Suszeptibilität im Bereich 0 ≤ M ≤ 10−3 , wobei übliche Werte im Bereich 10–4 bis 10–5 liegen. Im äußeren Feld wird eine schwache Magnetisierung parallel zu H ausgebildet. In Paramagneten sind auch ohne äußeres Feld bereits atomare magnetische Momente vorhanden. Das ist z.B. immer der Fall, wenn Schalen nur mit einem Elektron besetzt sind oder ein Elektron an der Vollbesetzung fehlt. Diese Momente sind im äußeren Feld einem ähnlichen Zusammenhang unterworfen, wie durch Gleichung 8 beschrieben wird, nur ist das magnetische Feld in diesem Fall extern angelegt. Gleichung 8 zeigt, dass es energetisch günstig ist, wenn und B den gleichen Richtungssinn haben, also werden sich die magnetischen Momente tendenziell in Richtung des Magnetfeldes ausrichten und es verstärken. Hier wird qualitativ sofort die Temperaturabhängigkeit von M klar. Bei T = 0 wirkt der Ausrichtung der intrinsischen magnetischen Dipole nichts entgegen, während sich bei endlichen Temperaturen ein Gleichgewicht abseits der vollständigen Ausrichtung der Dipole einstellen wird. Es gilt also 9 d M 0. dT (9) In einem paramagnetischen Stoff reagieren die magnetischen Momente praktisch unabhängig voneinander auf das äußere Magnetfeld, anders als beim Ferromagnetismus. 2.1.3.3 Ferromagnetismus Die magnetische Suszeptibilität von ferromagnetischen Materialien ist genau wie bei Paramagneten positiv. Allerdings ist sie viel größer, nämlich üblicherweise im Bereich zwischen 102 und 104. M ist keine Konstante mehr. Es ist bereits mit verhältnismäßig geringen Feldern möglich, alle verfügbaren magnetischen Dipole auszurichten (Sättigung). Die differenzielle magnetische Suszeptibilität dM / dH sinkt im Bereich der Sättigung von Werten die bei bei kleinen Feldern auftreten (102 bis 104) auf ≈ 0 ab, da die Magnetisierung nicht weiter ansteigen kann. Die Magnetisierung ist nicht nur von H abhängig, 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis13 sondern auch von der Vorgeschichte des Materials. So ist es insbesondere möglich, dass auch ohne externes H–Feld eine Magnetisierung ungleich 0 erhalten bleibt (Remanenz). Um diese Magnetisierung zu entfernen, muss ein entgegengesetzt gerichtetes äußeres Feld angelegt werden, das sogenannte Koerzitivfeld. Dieses „Erinnerungsvermögen“ des Materials wird als Hysterese bezeichnet. Ferromagnetismus ist durch eine starke Wechselwirkung zwischen den intrinsischen magnetischen Momenten gekennzeichnet, die dazu führt, dass Gebiete (Domänen) gleichausgerichteter Momente energetisch günstig sind. Aus diesem Grund können auch schon mit moderaten äußeren Feldern alle Momente ausgerichtet werden (Sättigung). Oberhalb der Curie–Temperatur wird die ferromagnetische Kopplung zwischen den Momenten zerstört und der Stoff wird paramagnetisch. 2.1.3.4 Magnetische Eigenschaften von Phthalocyaninen Unter den Phthalocyaninen werden in dieser Arbeit zwei Derivate des metallfreien Phthalocyanin H2Pc betrachtet, die an Stelle der beiden Wasserstoffatome im Zentrum ein Metallion oder ein Metalloxidion besitzen. Der π–konjugierte Ligand um das Zentrum des Moleküls ist rein diamagnetisch, die magnetischen Eigenschaften werden also von der Art des Zentrums bestimmt. Damit das Molekül elektrisch neutral ist, muss das Zentralion in zweifach positiver Oxidationsstufe vorliegen. Für H2Pc erfüllen das die Wasserstoffatome, deren Elektronen an der Bindung mit dem Liganden teilnehmen. H2Pc ist diamagnetisch, weil kein Elektron mit unkompensiertem Spin im Zentrum zurückbleibt. Von den Metallkomplexen ist z.B. Zinkphthalocyanin ZnPc ebenfalls diamagnetisch, da das Zn 2+–Ion seine beiden 4s–Elektronen an den Liganden abgegeben hat und eine vollständig gefüllte 3d–Schale zurückbehält. Die meisten anderen Übergangsmetallkomplexe sind paramagnetisch, weil sie eine unvollständig besetzte 3d–Schale haben, deren Spin nach den Hundschen Regeln maximal und insbesondere ungleich 0 ist. Für Manganphthalocyanin MnPc als einziges Phthalocyanin wurde ein Phasenübergang zum Ferromagnetismus für eine der kristallinen Phasen, nämlich die β–Konfiguration, mit einer Curie–Temperatur zwischen 8 K und 9 K 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis14 beobachtet [73Mi], [83Mi], [98Ya]. Das Mn2+–Ion besitzt dabei den Spin 3/2. MnPc ist wie die meisten Metallphthalocyanine ein planares Molekül. In dieser Arbeit werden das ebenfalls planare Kupferphthalocyanin CuPc und das nicht planare Vanadylphthalocyanin VOPc untersucht (Abb. 1). Beide Moleküle sind paramagnetisch mit dem Spin 1/2. Vanadium befindet sich auf Grund des Sauerstoffs in der Oxidationsstufe 4. Abb. 1 a) b) Abb. 1: a) Kupferphthalocyanin, b) Vanadylphthalocyanin, Das Molekül VOPc ist nicht planar, sondern hat andeutungsweise die Form einer Untertasse. An der Unterseite der Untertasse stehen das Vanadium- und das Sauerstoffion entlang der Hauptsymmetrieachse des Moleküls hervor. 2.2 Wichtige Zusammenhänge und Definitionen aus der Optik Zur Beschreibung der Ausbreitung von Licht werden zwei verschiedene Ansätze unterschieden, und zwar die Strahlen– und die Wellenoptik. Es wird sich in diesem Kapitel auf die Wellenoptik beschränkt. Die sich zeitlich und räumlich ausbreitenden Größen sind das B– und das E–Feld. Weil das elektrische Feld die um viele Größenordnung größere Wechselwirkung mit geladenen Teilchen aufweist, wählt man zur Beschreibung elektromagnetischer Wellen meist das E–Feld E = E(z,t) in Abhängigkeit vom Ort z entlang der Ausbreitungsrichtung und der Zeit t. 2.2.1 Polarisation Folgt der elektrische Feldvektor speziellen Funktionen E = E(z,t), so spricht man von polarisiertem Licht. 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis15 Die einfachste Polarisationsart ist die lineare Polarisation, bei der die Richtung des E–Feldes konstant ist, und nur die Länge des Vektors variiert 10 E z ,t = E0 e i ñ z− t c . (10) Dabei ist ñ der komplexe Brechungsindex des Mediums in dem sich das Licht ausbreitet, und die Kreisfrequenz des Lichts. Linear polarisiertes Licht kann durch Polarisationsfilter oder durch Reflexion im Brewsterwinkel erzeugt werden. Ein weiterer wichtiger Polarisationszustand ist die zirkulare Polarisation. Diese kann durch Überlagerung zweier senkrecht aufeinander stehenden, linear polarisierter Wellen erzeugt werden, die um /2 phasenverschoben sind. Der Realteil des E–Feldvektors beschreibt dann an jedem festen Ort einen Kreis, dessen Flächennormale in Ausbreitungsrichtung liegt. Ist die Phasenverschiebung kein ganzzahliges Vielfaches von /2, so wird aus dem Kreis eine Ellipse, man spricht dann von elliptisch polarisiertem Licht. Licht, das keinem der oben genannten Zusammenhänge folgt, aber dessen Feldvektor im zeitlichen Mittel eine Vorzugsrichtung besitzt, nennt man teilweise polarisiert. Licht mit völlig regellosem Verhalten des E–Feldvektors wird als unpolarisiert bezeichnet. 2.2.2 Dielektrischer Tensor Wie bereits Gleichung 1 aussagt, gibt der dielektrische Tensor den Zusammenhang zwischen elektrischer Verschiebungsdichte und elektrischer Feldstärke an. Analog zu der Magnetisierung beim Magnetismus wird die elektrische Polarisation P definiert: 11 P = 0 E E = 0 −1 E (11) mit der elektrischen Suszeptibilität E und 12 0 E = D− P . (12) Die Polarisation stellt die Antwort des Mediums auf das äußere elektrische Feld dar. Wie im Punkt 2.2.1 erwähnt, wird Licht durch ein zeitabhängiges 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis16 elektrisches Feld charakterisiert. Auf Grund der Trägheit der Ladungsträger im Medium ist E und damit nicht nur richtungsabhängig, sondern auch abhängig von der Frequenz des eingestrahlten Lichts, weshalb auch als dielektrische Funktion bezeichnet wird. Im allgemeinsten linearen Fall sieht wie folgt aus 13 11 12 13 = 21 22 23 . 31 32 33 (13) Alle Komponenten sind komplexe Größen. Üblicherweise setzt man die Abhängigkeit von der Frequenz in der Tensordarstellung als bekannt voraus und lässt „()“ einfach weg. Bei Abwesenheit magnetischer Felder und geeigneter Wahl des Koordinatensystems vereinfacht sich der Ausdruck zu 14 11 0 0 = 0 22 0 . 0 0 33 (14) Die durch Gleichung 14 beschriebene Situation entspricht biaxialer Anisotropie im Medium. Sind zwei Hauptdiagonalelemente identisch, so spricht man von uniaxialer Symmetrie. Sind alle drei Elemente gleich, so ist das Medium elektrisch isotrop und kann als Skalar aufgefasst werden. Einfluss auf den Verlauf der dielektrischen Funktion haben freie Ladungsträger (in Metallen), Schwingungen der Atome (Phononen im Kristall und ggf. innermolekulare Schwingungen) und elektronische Übergänge. In dem in dieser Arbeit untersuchten Spektralbereich von 1,5 eV bis 5,5 eV spielen die elektronischen Übergänge eine vorherrschende Rolle. Ist ein magnetisches Feld präsent, so sind auch die Nichtdiagonalelemente von ungleich 0. Im Fall eines Magnetfeldes in z–Richtung und eines elektrisch isotropen Mediums kann wie folgt dargestellt werden 15 12 0 = 21 0 . 0 0 (15) 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis17 Das elektrische Feld beeinflusst nicht nur das Medium, umgekehrt beeinflusst das Medium auch das elektrische Feld, also die Ausbreitung der elektromagnetischen Welle. Dieser Einfluss wird durch den komplexen Brechungsindex ñ beschrieben, der schon in Gleichung 10 eingeführt wurde. Zwischen der dielektrischen Funktion und dem Brechungsindex besteht der folgende Zusammenhang 16 ñ2 = . (16) Gleichung 16 gilt für den optisch isotropen Fall, im allgemeinen ist ñ von der Ausbreitungsrichtung des Lichts abhängig. Aus Gleichung 10 geht hervor, dass der Realteil von ñ = n + ik die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichtes im Medium auf c/n reduziert. Der Imaginärteil schwächt die Amplitude des E–Feldes mit fortschreitender räumlicher Ausbreitung des Lichts durch das Medium exponentiell ab. Wird berücksichtigt, dass die Intensität I des Lichts proportional zum Quadrat der Amplitude ist, kann die optische Konstante k bei bekannter Dicke d der durchstrahlten Schicht durch Messung der Transmission Y = I / I0 bestimmt werden 17 k =− 2.2.3 c ln Y . 2 d (17) Jones–Formalismus Dieser Formalismus ist besonders geeignet, um die Änderungen des Polarisationszustandes eines Lichtstrahls beim Passieren eines oder mehrerer optischer Elemente zu beschreiben. Seine Gültigkeit beschränkt sich allerdings auf vollständig polarisiertes Licht. Im Rahmen des Jones–Formalismus wird der elektrische Feldvektor wie folgt ausgedrückt 18 E z ,t = Ẽ x e i q z− t . Ẽy (18) Dabei ist q die Wellenzahl des Lichts und es wird von keiner Absorption außerhalb der optischen Elemente ausgegangen. Ẽx und Ẽy sind komplexe 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis18 Größen, damit kann ein Phasenunterschied zwischen x– und y–Komponente des E–Feldes, wie er bei elliptischer Polarisation vorkommt, berücksichtigt werden. Zur Beschreibung der einfachen Polarisationszustände reicht der Jones–Vektor J aus 19 J = Ẽx . Ẽy (19) Ein optisches Element ist durch eine 2×2 Jones–Matrix A charakterisiert. Passiert das Licht j Elemente, beginnend mit dem Element 1, so gilt für den finalen Polarisationszustand 20 J aus = A j⋅⋅A1⋅J 0 . 2.2.4 (20) Fresnel–Formeln für senkrechten Lichteinfall Die Fresnel–Formeln beschreiben das Verhalten von Licht an ebenen Grenzflächen. Sie geben das Verhältnis zwischen einfallenden E–Feld E0 und reflektierter (Er) bzw. transmittierter E–Feldstärke Et in Abhängigkeit vom Einfallswinkel, der Polarisation und der (isotropen) optischen Konstanten der beteiligten Medien an. Die allgemeinen Formeln sind z.B. in [04He] gegeben. Da in dieser Arbeit die magnetooptischen Messungen mit nahezu senkrechtem Lichteinfall durchgeführt werden und sich die Berechnungen auf diese Geometrie beziehen, werden unter Vernachlässigung der Abweichung nur die Formeln für den senkrechten Einfall verwendet. In diesem Fall entfällt auch die Abhängigkeit von der Polarisation. Der Reflexionskoeffizient r ergibt sich zu 21 Ẽr ñ −ñ =r = 1 2 . Ẽ0 ñ 1ñ2 (21) Dabei ist ñ1 der komplexe Brechungsindex des Materials, aus dem das Licht kommt, und ñ2 der des Materials, an dem das Licht reflektiert und gebrochen wird. Der Transmissionskoeffizient t folgt aus 22 Ẽt 2 ñ1 =t= . Ẽ0 ñ1ñ 2 (22) 2 Physikalische Grundlagen 2.2.5 Inhaltsverzeichnis19 Grundlagen der Reflexions–Anisotropie–Spektroskopie (RAS) Die RAS wird verwendet, um optische Anisotropien in der Probenebene festzustellen. Physikalisch wird der Unterschied der Reflexionskoeffizienten ra und rb in zwei senkrecht zueinander stehenden Achsen a und b gemessen. Im Jones–Formalismus stellt sich der Gesamtreflexionskoeffizient r im Fall zweier senkrechter Hauptreflexionsachsen im Hauptachsensystem als folgende Matrix dar: 23 r= ra 0 . 0 rb (23) Zur Messung der Anisotropie ist es unzweckmäßig, Licht einzustrahlen, welches linear entlang einer der Hauptachsen polarisiert ist. In diesem Fall wirkt nur ein Matrixelement auf das Licht. Da der Unterschied zwischen den Matrixelementen von Interesse ist, wird linear polarisiertes Licht mit einer Polarisationsachse 45° zu den beiden Hauptachsen der Probe verwendet. Der Gesamtreflexionskoeffizient r muss für diesen Fall transformiert werden zu 24 r 45 ° = r r /2 r /2 r (24) mit 25 r= Der r a r b und r = r a −r b . 2 Unterschied zwischen (25) den Reflexionskoeffizienten wird auf die Durchschnittsreflektivität normiert. Die Messgröße für die Reflexionsanisotriopie hat dann folgende Gestalt: 26 r 2r a −r b = . r r a r b (26) Der Überstrich bei der Durchschnittsreflektivität wird im Text weggelassen. Der Realteil von r/r kann mit einer Verkippung der Polarisationsachse des reflektierten Strahls gegenüber der des einfallenden Strahls in Verbindung 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis20 gebracht werden. Der Imaginärteil ist proportional zu einer Elliptizität des reflektierten Strahls. Allerdings ist r/r nicht sofort mit einem komplexen Winkel RA = RA + iRA wie er für den Faraday–Effekt (siehe Abb. 2) und den MOKE definiert wird gleichzusetzen. Nach [03Wa] gilt für kleine Reflexionsanisotropien 27 r = 2 RA . r (27) Mehr Details zur RAS können in [94Di] nachgelesen werden. 2.3 Magnetooptik Die Magnetooptik befasst sich mit optischen Effekten in und an Materialien, die einem äußeren Magnetfeld ausgesetzt sind oder eine Magnetisierung aufweisen. 2.3.1 Phänomenologie Die Wechselwirkung eines magnetisierten Materials mit Licht kann ebenfalls mit dem dielektrischen Tensor beschrieben werden, wie schon in Gleichung 15 angedeutet. Man führt zusätzlich die Voigt–Konstante Q ein, die der Symmetrie des Tensors unter Magnetfeldeinfluss gerecht wird. Der Begriff „Konstante“ bedeutet hier wie so oft „Materialkonstante“. Q ist von der Feldstärke des statischen Magnetfeldes und der Frequenz der elektromagnetischen Welle abhängig. Der dielektrische Tensor für ein optisch isotropes Medium mit einer Magnetisierung in z–Richtung wird unter Verwendung der Voigt–Konstante zu [00Ba]: 28 1 iQ 0 = −i Q 1 0 . 0 0 1 (28) Allgemeinere Darstellungen des –Tensors im Magnetfeld findet man z.B. in [00Ba] und [03Wa]. Q ist laut [00Su] eine gerade Funktion der Magnetisierung der Probe. Die Quelle definiert zwar nicht die Größe Q, jedoch trifft sie die 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis21 Aussage über die entsprechenden –Tensorelemente. Es wird allgemein angenommen, dass Q näherungsweise linear mit der Magnetisierung zusammenhängt. Obwohl dieser Zusammenhang oft einfach vorausgesetzt wird (siehe 2.3.2.2), so ist er doch nicht unstrittig [92Op]. Die Größenordnung von Q für Ferromagneten liegt in Remanenz bei 10 –2 [06He]. Da magnetooptische Untersuchungen an nicht–ferromagnetischen Systemen in der Literatur kaum zu finden sind, liegt kein Wert für Dia– oder Paramagneten vor. Es kann nur die allgemeine Aussage getroffen werden, dass magnetooptische Effekte, und damit Q, in Ferromagneten um Größenordnungen größer sind als in anderen Systemen. Zu dem Vorzeichen von Q sind in der Literatur unterschiedliche Konventionen zu finden, so wird Q z.B. in [97Zv] mit anderem Vorzeichen definiert und der Tensor in Gleichung 28 ist in diesem Fall transponiert. In [00Ba] wird gezeigt, dass durch Diagonalisierung des Tensors die Brechungsindizes für die beiden zirkular polarisierten Teilwellen, die sich in z– Richtung ausbreiten, mit Hilfe von Q angegeben werden können 29 ñ± ≈ ñ 1∓ Q . 2 (29) Rechtszirkular polarisiertes Licht wird mit σ +, linkszirkulares mit σ – bezeichnet. Die zirkular polarisierten Wellen sind die Eigenmoden des dielektrischen Tensors bei Ausbreitung des Lichtes parallel zur Magnetfeldrichtung. Wird also experimentell mit linear polarisiertem Licht gearbeitet, so ist es oftmals zweckmäßig, sich dieses als Überlagerung zweier Teilwellen gleicher Amplitude vorzustellen, die σ + bzw. σ – polarisiert sind. 2.3.2 Magnetooptische Effekte Die magnetooptischen Effekte werden zum einen nach der Messgeometrie, also ob in Transmission oder Reflexion gemessen wird, unterschieden. Zum anderen findet eine Einteilung nach den Winkeln, die das Magnetfeld mit der Ausbreitungsrichtung des Lichtstrahls und ggf. mit seiner Polarisationsachse einschließt. So werden der Voigt– und der Faraday–Effekt in Transmission 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis22 gemessen und der magnetooptische Kerr–Effekt (MOKE) in Reflexion. Beim Voigt–Effekt steht die Magnetfeldrichtung senkrecht auf der Aubreitungsrichtung des Lichtes. Beim Faraday–Effekt sind Magnetfeld– und Ausbreitungsrichtung parallel. Unter MOKE wird jede Magnetfeldrichtung abgehandelt (siehe 2.3.2.2). Im Rahmen dieser Arbeit wird ausschließlich in der polaren Geometrie gemessen, in der das Magnetfeld ähnlich wie beim Faraday–Effekt nahezu parallel zur Ausbreitungsrichtung liegt. Daher wird auf den Faraday–Effekt auch gesondert eingegangen. 2.3.2.1 Faraday–Effekt und zirkularer magnetischer Dichroismus (MCD) Die Messgeometrie des Faraday–Effekt wurde weiter oben bereits beschrieben und ist in Abb. 2 dargestellt. Abb. 2 B Licht Polarisationszustand des einfallenden Strahls Probe Polarisationszustand des ausgehenden Strahls Abb. 2: Prinzip des Faraday–Effekts Beim Durchgang des Lichts durch die Probe ändert es seine Polarisation. Üblicherweise wird linear polarisiertes Licht eingestrahlt, und die Verkippung F und die Elliptizität F des ausgehenden Strahls bestimmt. Der Zusammenhang mit der Voigt–Konstanten wird durch Gleichung 30 hergestellt [00Ba] 30 F = Fi F = ñ−−ñ + d = ñQd . 2c 2c (30) Dabei ist d die Dicke der durchstrahlten Probe. Oftmals wird nur der Realteil des komplexen Winkels, also nur die Verkippung F als Faraday–Effekt bezeichnet. Dafür wird die einfache Formel 31 F = V d B (31) 2 Physikalische Grundlagen verwendet. V ist die Inhaltsverzeichnis23 Verdet–Konstante, welche ebenfalls eine Materialeigenschaft ist. Der Imaginärteil des komplexen Winkels wird dann mit zirkularer magnetischer Dichroismus (MCD) bezeichnet. In dieser Arbeit wird MCD als Synonym für den Imaginärteil des Faraday–Effekts verwendet. Durch Verknüpfung der Gleichungen 30 und 31 geht auch V aus Q hervor 32 n⋅Re Q−k⋅Im Q . 2c B V= (32) Diese Gleichung setzt genau wie Gleichung 31 einen linearen Zusammenhang zwischen Q und B voraus. Für Dia– und Paramagneten ist diese Voraussetzung erfüllt. Für das diamagnetische SiO2 wird in [00Su] eine Verdet–Konstante von 5,67 rad T-1 m-1 bei 2,27 eV angegeben und bemerkt, dass in Ferromagneten die Verdet–Konstante um vier bis sechs Größenordnungen größer sein kann. Der Faraday–Effekt kann für transparente Proben zur magnetischen Charakterisierung genutzt werden, nicht jedoch für undurchsichtige Proben wie z.B. Metallschichten oder Schichten auf einem opaken Substrat. In diesen Fällen sind Reflexionsmessungen erforderlich, wie sie im folgenden Abschnitt erläutert werden. 2.3.2.2 Magnetooptischer Kerr–Effekt (MOKE) Der MOKE wird wie bereits erwähnt in Reflexion gemessen. Abhängig von der Richtung des Magnetfeld relativ zur Probenoberfläche und zur Polarisationsachse des Messstrahls wird zwischen transversaler (Abb. 3), longitudinaler (Abb. 4) und polarer (Abb. 5) MOKE–Geometrie unterschieden. Abb. 3 Einfallender Strahl ist p–polarisiert. Ey, ein = 0 E y, aus = 0 Reflektierter Strahl ist auch p– polarisiert. By y x Abb. 3: Transversale MOKE–Geometrie 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis24 Beim transversalen MOKE liegt das Magnetfeld parallel zur Probenoberfläche und senkrecht zur Einfallsebene, in der auch die Polarisation des einfallenden Lichts liegt. Abhängig von der Stärke und dem Richtungssinn des Magnetfeldes ändert sich die Reflektivität [03Wa]. Der Polarisationszustand des Lichts bleibt erhalten. Abb. 4 Ey, ein = 0 Einfallender Strahl ist p–polarisiert. Reflektierter Strahl hat geänderte Polarisation. E y, aus ≠ 0 y Bx x Abb. 4: Longitudinale MOKE–Geometrie In der longitudinalen Geometrie liegt das äußere B–Feld parallel sowohl zur Probenoberfläche als auch zur Einfallsebene und zur Polarisationsachse des eingestrahlten Lichts. Im reflektierten Strahl ist die Polarisationsachse um einen komplexen Winkel verkippt, d.h. das Licht ist elliptisch polarisiert und die Hauptachse ist gegenüber der eingestrahlten Polarisation gedreht. Da in dieser Arbeit der polare MOKE verwendet wird, soll dieser hier etwas näher betrachtet werden. Abb. 5 Reflektierter Strahl hat geänderte Polarisation. Bz x y Einfallender Strahl ist s– polarisiert. z Abb. 5: Polare MOKE–Geometrie Der B–Feldvektor steht im polaren Fall senkrecht auf der Probenoberfläche und der Polarisationsachse. Um das zu gewährleisten ist der einfallende Strahl s– polarisiert. Es wird aber angestrebt, den Einfallswinkel so klein wie möglich zu haben. Im Falle eines normalen Einfalles ist die Polarisationsachse des einfallenden Strahls vom physikalischen Standpunkt aus unbedeutend. Die 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis25 Polarisation ist im reflektierten Strahl genau wie in der longitudinalen Geometrie um einen komplexen Winkel verkippt, allerdings können in der polaren Geometrie die größten Winkel gemessen werden, weshalb in magnetooptischen Speichermedien der polare MOKE genutzt wird. Für die Reflexion am halbunendlichen Medium berechnet sich der Winkel wie folgt [00Ba] 33 K = K i K = Für i ñQ 2 . 1−ñ Ferromagneten wird (33) üblicherweise eine Kerr–Rotation in der Größenordnung von einigen mrad gemessen [97Zv]. Für Nicht–Ferromagneten liegen keine Werte vor, es kann aber erwartet werden, dass der Winkel deutlich kleiner sein sollte. Bei dünnen Schichten muss betrachtet werden, dass die Schicht durchleuchtet wird, das Licht am Substrat zurückreflektiert wird, und dieser Anteil des Lichts mit dem an der Oberfläche reflektierten kohärent interferiert. In der Näherung sehr dünner Schichten führt diese Betrachtung zu folgender Formel [00Ba] 34 ñ2 K = K i K = − ⋅ ⋅Q d , 2 c 1−ñ 2Sub (34) wobei ñSub der Brechungsindex des Substrats ist. Diese Formel ist der für den Faraday–Effekt (Gleichung 30) sehr ähnlich, weil auch hier die Schicht durchstrahlt wird. Der MOKE wird oft zur in situ Überwachung der magnetischen Eigenschaften von dünnen ferromagnetischen Schichten (z.B. [03Wa]) eingesetzt, weil der Winkel des polaren MOKE als direktes Maß für die Magnetisierung der Schicht aus ihrer Ebene heraus verwendet wird. In dieser Arbeit wird untersucht, welche Informationen sich mit dieser Technik über (paramagnetische) organische Schichten gewinnen lassen. 2.3.3 Ursachen für magnetooptische Effekte in Dia- und Paramagneten Aus Gleichung 30 für den Faraday–Effekt geht hervor, dass unterschiedliche Imaginärteile des Brechungsindex für die beiden zirkular polarisierten 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis26 Wellenanteile, also unterschiedliche Absorption, für die Elliptizität des Licht im transmittierten Strahl verantwortlich sind. Es ist anschaulich vorstellbar, dass wenn eine zirkulare Komponente des linear polarisierten Lichts stärker absorbiert wird, die andere nicht mehr vollständig kompensiert ist, und elliptisch polarisiertes Licht entsteht. Unterschiedliche Realteile des Brechungsindex sind mit einer unterschiedlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit der Teilwellen im Medium verbunden. Durch die daraus resultierende Phasenverschiebung setzen sich die beiden Teilwellen des anfänglich linear polarisierten Lichts nach Durchqueren des Mediums zu einem Polarisationszustand mit rotierter Hauptachse der Polarisation zusammen. Gleichung 33 zeigt, dass für den MOKE an der Oberfläche wegen der imaginären Einheit in der Gleichung genau der umgekehrte Fall vorliegt. Absorptionsunterschiede führen zur Drehung der Polarisationsachse und unterschiedliche Realteile von ñ führen zu Elliptizität. Der MOKE und der Faraday–Effekt haben also die gleichen Ursachen, auch wenn der Einfluss auf die Messgrößen komplementär ist. In einem einfachen Modell, welches die Elektronen als klassische Teilchen, die elastisch an den Kern gebunden sind, annimmt, präzedieren die Bahnen der Elektronen um die Magnetfeldrichtung mit der Larmorfrequenz. Effektiv führt das zu unterschiedlicher Verschiebung der Dispersion für den Brechungsindex n entlang der Frequenzachse für die beiden zirkular polarisierten Wellenanteile [97Zv]. Das führt zu folgendem Ausdruck für die Verdet–Konstante: 35 V =− e d n ⋅ . 2 m0 c d (35) Dieser Zusammenhang deckt sich laut [97Zv] mit experimentellen Ergebnissen für diamagnetische Medien. In [00Ba] wird der gleiche Zusammenhang unter Berücksichtigung der Probendicke d und dem Magnetfeld B für den komplexen Faraday–Winkel angegeben. Man kann also Gleichung 35 auch komplex auffassen, obwohl die Verdet–Konstante üblicherweise als reelle Zahl angegeben wird. Im quantenmechanischen Bild ist die Ursache für magnetooptische Effekte in Dia– und Paramagneten die Zeeman–Aufspaltung der an optischen Übergängen beteiligten Energieniveaus [97Zv]. Das Verhalten der erwarteten 2 Physikalische Grundlagen Inhaltsverzeichnis27 Messgrößen für den Fall eines diamagnetischen Grundzustandes ist in Abb. 6 dargestellt. Im einfachsten paramagnetischen Fall sind die Rollen des Grundzustands und des angeregten Zustands vertauscht. Das spektrale Verhalten der Messgrößen Besetzungsunterschiede der bleibt im verschiedenen Prinzip gleich, Magnetquantenzahlen durch des Grundzustands bei endlichen Temperaturen verlieren die Strukturen jedoch ihre Symmetrie. Da der Zustand mL = –1 am meisten besetzt ist, wird dann vordringlich σ + Licht absorbiert. Diese Situation, dass der Bahndrehimpuls die magnetooptischen Eigenschaften bestimmt ist der einfachste Spezialfall. An ihm konnte veranschaulicht werden, dass für Dia– und Paramagneten der Zeeman–Effekt die Verknüpfung zwischen Magnetismus und Optik realisiert. Diese Betrachtungsweise behält ihre Gültigkeit auch für Zustandssysteme, an denen Spins beteiligt sind. Abb. 6 a) b) B = 0 1 B ≠ 0 mL = 1 mL = -1 σ 1 E mL = 0 P1 σ– σ+ Faraday–Elliptizität c) Faraday–Rotation S0 E Abb. 6: Diamagnitischer Grundzustand: a) Energieniveauschema. Auf Grund der Aufspaltung des angeregten Zustandes wird σ + polarisiertes Licht an einigen Energiepositionen stärker absorbiert als σ – Licht, an anderen schwächer. Dies führt zu einer Elliptisierung des Lichtes beim Durchgang durch das Medium (Faraday– Elliptizität oder MCD), wie es in b) dargestellt ist. Wegen des komplementären Zusammenhangs mit den Materialkonstanten ist eine gleichartige Struktur im Realteil des MOKE–Spektrums zu erwarten. In c) ist der Verlauf des zu erwartenden Faraday– Winkels gezeigt. Dieser Verlauf sollte auch im Imaginärteil des MOKE wiederzufinden sein. 3 Experimentelles Inhaltsverzeichnis28 3 Experimentelles Vor Beginn dieser Arbeit gab es bereits einen optischen Aufbau samt Messelektronik und Messprogramm. Diese Anlage war für Reflexions– Anisotropie–Spektroskopie (RAS) entwickelt und optimiert worden. Da die Reflexionsanisotriopie die gleichen Messgrößen wie der MOKE erzeugt (siehe 2.2.5), wurde die Anlage durch Benutzung eines Elektromagneten u.a. um die Möglichkeit der spektroskopischen Messung des MOKE erweitert. Dazu wurden neben der Erweiterung des experimentellen Aufbaus durch den Magneten notwendige Anpassungen des Messprogramms vorgenommen. Mehr Details dazu sind im Kapitel 3.2 zu finden. 3.1 3.1.1 Reflexions–Anisotropie–Spektroskopie (RAS) Experimenteller Aufbau für die RAS Der Aufbau der RAS–Anlage ist in Abb. 7 dargestellt. Das Licht wird von einer Xenon–Dampflampe erzeugt. Nach Passieren eines Spiegel–und–Blenden– Systems wird der Strahl im Polarisator vertikal linear polarisiert. Das entspricht s–Polarisation, wenn man den von null verschiedenen Einfallswinkel auf die Probe in Betracht zieht. Der nahezu verschwindende Einfallswinkel wird gewählt, um die Anisotropie in der Probenebene zu messen. Die Benutzung von s–polarisiertem Licht gewährleistet, dass trotz endlichen Einfallswinkels keine Empfindlichkeit zu Komponenten des dielektrischen Tensors aus der Probenebene heraus vorliegt. Der Einfallswinkel beträgt in dem vorliegenden Aufbau etwas weniger als 1,5°. Nach Reflexion an der Probe ist das Licht im Allgemeinen elliptisch polarisiert. Es durchläuft nun den Photoelastischen Modulator, im folgenden PEM genannt. Der PEM führt eine sich zeitlich periodisch ändernde Phasenverschiebung zwischen dem Licht, welches entlang seiner Hauptachse und dem, welches senkrecht zu seiner Hauptachse polarisiert ist, ein. Da die Hauptachse des PEM wie die des Polarisators vertikal steht, wird die Phasenverschiebung zwischen dem s– und dem p–polarisierten Anteil des Lichts eingeführt. Die Phasenverschiebung hat die Zeitabhängigkeit 36 = 0 sin 2 f t . (36) 3 Experimentelles Die Frequenz f Inhaltsverzeichnis29 des PEM beträgt 50 kHz und die Amplitude der Phasenverschiebung 0 beträgt im 2,406 rad. Abb. 7 Lock–In– Verstärker DC & AC (1f, 2f) PM Computer M A, 45° S PEM, 0°, f Probe B S L P, 0° S B Abb. 7: Schema des RAS–Aufbaus. L ... Xe–Lampe, B ... Blende, S ... Spiegel, P ... Polarisator (Rochon–Prisma), PEM ... Photoelastischer Modulator, A ... Analysator (Rochon–Prisma), M ... Monochromator, PM ... Photomultiplier. Der Polarisationszustand des Lichts nach dem PEM ändert sich zeitlich periodisch. Beim Passieren des Analysators wird nur die Lichtkomponente durchgelassen, die 45° zur Vertikalen polarisiert ist. Die Amplitude dieser Komponente ist auf Grund der Wirkung des PEM zeitabhängig. Im Monochromator wird das Licht monochromatisiert, um die optische Anisotropie abhängig von der Photonenenergie messen zu können. Der Photomultiplier misst anschließend die Intensität, die wegen des Zusammenspiels Probe– PEM–Analysator zeitabhängig ist. Für diese drei optischen Bauelemente lassen sich Jones–Matrizen aufstellen (siehe [94Di]). Nach Durchlaufen dieser Elemente gilt für die Intensität IOUT des Lichts 37 I OUT ∣r 2∣ [ ∣ ∣ 2 ] 1 r r r = 1 Re cosIm sin I IN . (37) 2 4 r r r 3 Experimentelles Inhaltsverzeichnis30 Der Photomultiplier misst IOUT und gibt ein proportionales Spannungssignal V aus. In Gleichung 37 muss Gleichung 36 eingesetzt werden. Bei Entwicklung der Cosinus– und Sinus–Terme in Gleichung 37 zeigt sich, dass das Spannungssignal in drei entscheidende Bestandteile zerlegt werden kann, und zwar den Gleichspannungsanteil VDC, und die beiden Wechselspannungsanteile mit der einfachen und der doppelten Frequenz des PEM, VAC,1f und VAC,2f. VAC steht hier für die Amplitudenwerte, und nicht für die Effektivwerte. Es ergeben sich nach [94Di] für die interessanten Größen folgende Näherungsausdrücke: 38 Re V AC,2 f r ≈ r 2 J 2 0 V DC (38) V AC, 1 f r ≈ . r 2 J 1 0 V DC (39) und 39 Im J1 und J2 sind dabei die Bessel–Funktionen erster Gattung und erster bzw. zweiter Ordnung. Die 38 und 39 zeigen, dass die Bestimmung des RAS– Signals auf einer relativen Messung beruht. Daher ist es nicht nötig, IIN aus Gleichung 37 zu kennen. 3.1.2 Messprozedur für die RAS Die Messung eines RA–Spektrums erfolgt auf folgende Weise. Der Computer befiehlt dem Monochromator, zur niedrigsten Photonenenergie des vom Benutzer eingestellten Energiebereiches zu fahren. Es wird ein Messpunkt aufgenommen. Danach wird der Monochromator veranlasst, um einen ebenfalls vom Benutzer einstellbaren Energieschritt weiterzufahren. Der nächste Messpunkt wird aufgenommen, usw. bis das Ende des gewünschten Spektralbereiches erreicht ist. Die Aufnahme eines Messpunktes besteht im Wesentlichen in der Abfrage der Gleichspannung VDC vom Lock–In–Verstärker und wahlweise von VAC,1f, VAC,2f oder beiden. Zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen Signal und Rauschen ist es möglich, den Computer die Spannungen an einem Messpunkt mehrmals abfragen zu lassen und über die Messwerte zu mitteln. Die Retardierung 0 des PEM ist auf 0,383 Wellenlängen 3 Experimentelles Inhaltsverzeichnis31 λ eingestellt, der Computer muss also neben den Messabfragen dem PEM die aktuelle Energieposition mitteilen. Auf manuelle und automatische Justageschritte, die vor Aufnahme des Spektrums und zum Teil bei jedem Messpunkt stattfinden, wird hier nicht eingegangen. Das Messprogramm rechnet Re(r/r) bzw. Im(r/r) nach den Gleichungen 38 bzw. 39 aus und schreibt die Größen in die Messwertedatei. 3.2 3.2.1 Magnetooptische Kerr–Effekt–Messung Experimenteller Aufbau für den MOKE Der Aufbau für MOKE–Messungen ist der gleiche wie für die RAS (Abb. 7), mit dem Unterschied, dass sich die Probe in einem Elektromagneten (Abb. 8) befindet. Dieser wird mit einem Stromversorgungsgerät betrieben, das ebenfalls vom Computer angesteuert werden kann. Während dieser Arbeit konnten Magnetfelder von bis zu 350 mT verwendet werden. Es wird in polarer Geometrie gemessen, d.h. das Magnetfeld steht senkrecht auf die Probenoberfläche. Abb. 8 a) Spulen Probenposition Eisenkern b) Abb. 8: Elektromagnet. a) Schema der Seitenansicht, b) Foto. Der dem optischen Aufbau zugewandte Teil des Eisenkerns (im beiden Bildern links) hat eine Bohrung von ca. 3 cm Durchmesser. 3.2.2 Messprozedur für MOKE Da sowohl der MOKE als auch die Reflexionsanisotriopie der Probe die Polarisationsachse des Lichtes bei der Reflexion um einen komplexen Winkel drehen, überlagern sich beide Effekte. Für kleine Winkel kann davon 3 Experimentelles Inhaltsverzeichnis32 ausgegangen werden, dass sie sich einfach aufaddieren. Unter dieser Annahme kann man mit zwei Messungen die beiden Effekte voneinander trennen. Die beiden Messungen erfolgen bei gleicher Magnetfeldstärke aber verschiedenem Vorzeichen des B–Feldes. Da das Programm die Größen für die RAS ausgibt, wird die Messgröße in den Gleichungen 40 und 41 mit [r/r]M bezeichnet. Die Reflexionsanisotriopie und der MOKE–Winkel ergeben sich unter Verwendung von Gleichung 27 aus: 40 r = r [ ] r r M,B [ ] r r /2 (40) / 4. (41) M,−B und 41 K = [ ] [ ] r r 3.2.2.1 − M,B r r M,−B Spektroskopische Messung Die Messprozedur der MOKE–Spektroskopie ist die gleiche wie für die RAS, allerdings wird an jedem Energiepunkt wahlweise zwei– oder viermal gemessen (Abb. 9). Abb. 9 Bmax Bmax 0 b) 0 B a) –Bmax –Bmax Zeit Zeit Abb. 9: Ablauf der Messung an einem Energiepunkt. Grün: Magnetfeldverlauf, rote Pfeile: Messwertaufnahmen. a) Es werden nur die Messwerte bei angelegtem Magnetfeld aufgenommen (zwei Messungen pro Energiepunkt) b) Zusätzlich werden Messwerte nach Setzen des Magnetfeldes auf null aufgenommen (vier Messwerte). Mit Gleichung 41 kann aus den Messwerten der Kerr–Winkel berechnet 3 Experimentelles Inhaltsverzeichnis33 werden. Es ist auch möglich, den Real– oder Imaginärteil einzeln zu messen und zu berechnen. Aus den Messungen bei Bmax und –Bmax kann der MOKE unter äußerem Magnetfeld bestimmt werden. Das Vorzeichen wird positiv gewählt, wenn das Magnetfeld in die Probe hinein zeigt. In Abb. 8a ist also ein negatives Feld zu sehen. Diese Vorzeichenkonvention wird von zahlreichen Forschungsgruppen verwendet, u.a. in [06He]. In der vorliegenden Arbeit ist Bmax immer gleich 350 mT. Für manche Proben genügt dieses Feld, um eine Sättigung der Magnetisierung hervorzurufen. Ob das der Fall ist, muss durch eine Messung mit variablem Magnetfeld festgestellt werden. Sättigung ist bei diesen Feldern allerdings nur für Ferromagneten zu erwarten. Optional können auch Messwerte nach Rückgang des Magnetfeldes auf null aufgenommen werden. Daraus lässt sich der MOKE unter remanenter Magnetisierung der Probe bestimmen. Für Dia– und Paramagneten gibt es keine Remanenz, also verschwindet auch der MOKE in Abwesenheit des Feldes. Ist von vornherein bekannt, dass die Probe dia– oder paramagnetisch ist, so reicht es also, zwei Messungen an jedem Energiepunkt durchzuführen, nämlich die bei angelegtem Feld. 3.2.2.2 Messung mit variablem Magnetfeld Während der Messung mit variablem Magnetfeld bleibt der Monochromator auf einer Energieposition stehen. Der Strom durch die Magnetspulen, zu dem die Magnetfeldstärke B bis 350 mT in guter Näherung proportional ist, wird nun von 0 in wählbaren Schritten bis zu einem vorgegebenen Maximalwert hochgefahren. Nach jedem Schritt findet eine Messung statt. Die Messung bis hierhin kann als Aufnahme der Neukurve bezeichnet werden. Nachdem unter maximalem Strom gemessen wurde, wird die Stromstärke wieder in der gleichen Schrittweite zurückgefahren, bis der negative Maximalwert erreicht ist. Ein Zyklus gilt als vollendet, wenn das zweite Mal der positive Maximalwert erreicht wird. Die Zahl der zu messenden Zyklen kann vom Benutzer gewählt werden. Die Aufnahme der Neukurve und des ersten Zyklus ist in Abb. 10 dargestellt. 3 Experimentelles Inhaltsverzeichnis34 Abb. 10 Bmax B 0 –Bmax Zeit Abb. 10: Prinzip des Messablaufs der Aufnahme der Neukurve und des ersten Umlaufs. Grün: Magnetfeldverlauf, rote Pfeile: Messwertaufnahmen. Es ist bei der Auswertung dieser Art der Messung zweckmäßig, den Kerr– Winkel über der Magnetfeldstärke B aufzutragen. Da insbesondere im Fall von Ferromagneten in den Teilen der Messkurve mit fallendem Magnetfeld andere Magnetisierungen erwartet werden als in den Teilen mit steigendem Strom, zeigt sich in diesem Fall eine geöffnete Kurve, die als Hysteresekurve bezeichnet wird. In den Messwerten sind sowohl Reflexionsanisotriopie und MOKE enthalten. Da die RA aber nicht vom Magnetfeld abhängt, kann man sie im üblichen Fall von symmetrischen Hysteresekurven durch Subtraktion des Kurvenschwerpunktes (ohne Neukurve) eliminieren. Im Rahmen dieser Arbeit werden jedoch nur paramagnetische Proben untersucht. Diese zeigen unterhalb der mit laborüblichen Feldern nicht erreichbaren Sättigung eine lineare Abhängigkeit des MOKE–Signals von dem angelegten Magnetfeld. Daher ist diese Messoption für diese Arbeit ohne Bedeutung und wird nur der Vollständigkeit halber erwähnt. 3.2.3 Einfluss der Luft In allen MOKE-Spektren liegt unabhängig von der Art der Probe ein Anstieg des Signals zu höheren Energien hin vor. Dieser Untergrund wird von der Luft zwischen den Polschuhen, die dem Magnetfeld des Elektromagneten ausgesetzt ist, verursacht. Um diese Hypothese zu bestätigen, wurden MOKESpektren von Silizium (110) an zwei verschiedenen Positionen entlang der Achse des Elektromagneten (Abb. 11) im Spektralbereich oberhalb von 4 eV aufgenommen. In diesem Bereich ist das beobachtete Untergrundspektrum am intensivsten, und Silizium sollte in diesem Bereich kein Signal zeigen. Der für 3 Experimentelles Inhaltsverzeichnis35 routinemäßige Messungen genutzte Eisenkernaufsatz wurde hierbei nicht verwendet. Daher ist auch eine reduzierte Magnetfeldstärke zu erwarten. Abb. 11 7 cm Lichtstrahl 3 cm Abb. 11: Messpositionen für die Testmessungen Abb. 12 Abb. 12: MOKE-Spektren an den beiden Positionen im Elektromagneten An der Position, die 7 cm vom vorderen Eisenkern entfernt ist, ist das Signal etwa doppelt so groß wie an der näheren Position (Abb. 12). Die magnetische Flussdichte wurde an beiden Positionen mit einer transversalen Hallsonde gemessen und ist an beiden Stellen praktisch gleich groß. B3 cm = 168 mT B7 cm = 169 mT B = 354 mT (übliche Messgeometrie) 3 Experimentelles Inhaltsverzeichnis36 Daraus lässt sich schließen, dass das Signal tatsächlich vom Weg des Lichtstrahls durch dem Magnetfeld ausgesetzte Luft abhängt. Der unterschiedliche Einfallswinkel des Lichts in beiden Positionen kommt als Ursache nicht in Frage, da die Veränderung dieses Winkels ungefähr 4 % beträgt und damit keine Signalverdoppelung bewirken kann. Anhand der gemessenen Magnetfeldstärken lässt sich auch erklären, warum das Signal in der Position 7 cm vom Eisenkern entfernt etwa so groß ist wie in der üblichen Messgeometrie, in der die Probe ungefähr 4 cm vom Eisenkern entfernt ist (Vgl. Abb. 12 mit Abb. 13, Si (110) und Si (111) haben das gleiche MOKE–Signal). In der üblichen Geometrie ist der doppelte Kerr-Winkel ca. 0,7 mrad. Der Lichtweg durch die dem Magnetfeld ausgesetzte Luft ist in der zweiten Testposition zwar grob doppelt so lang, aber das Magnetfeld ist nur knapp halb so groß, so kommen die ähnlichen Signalstärken zu Stande. Der relevante Lichtweg befindet sich praktisch nur zwischen den Polschuhen, da in der Bohrung des Kerns das Magnetfeld größenordnungsmäßig um den Faktor der Permeabilität des Eisenkerns kleiner ist und außerhalb des Magneten wegen des halbgeschlossenen Eisenkerns keine von null verschiedene Feldstärke messbar ist. Da der Effekt auf die Durchstrahlung der Luft im Magnetfeld zurückzuführen ist, kann er mit dem Faraday-Effekt der Luft identifiziert werden. Dieser Untergrund liegt additiv auf dem Nutzspektrum liegt und muss vom gemessenen Spektrum abgezogen werden. In der Literatur ist kein Faraday– Spektrum von Luft berichtet worden, sondern nur Verdet-Konstanten bei einzelnen Wellenlängen [54Fo], [63Gr]. Es musste daher ein reines Untergrundspektrum gemessen werden. Für die genaue Bestimmung des Luft– Spektrums sind diamagnetische Proben geeignet, die im relevanten Spektralbereich keine optischen Übergange besitzen. Diese Bedingung ist schwer zu erfüllen. Es wurden Messungen an einer Goldschicht und an Silizium durchgeführt. Die Ergebnisse sind in Abb. 13 bzw. Abb. 14 zu sehen. 3 Experimentelles Inhaltsverzeichnis37 Abb. 13 Abb. 13: „MOKE-Spektrum“ einer Si(111)–Oberfläche mit natürlichem Oxid. Das Spekrum wurde gaußgefitted und der Oszillator bei 3,5 eV abgezogen. Das Ergebnis stellt die rote Kurve dar. Abb. 14 Abb. 14: „MOKE-Spektrum“ einer 100 nm Goldschicht auf Silizium. Die rote Kurve ist der selbe Fit wie in Abb. 13. Die Spektren von Silizium und Gold sehen sich sehr ähnlich, da der Hauptanteil des Signals von der Luft zwischen den Polschuhen herrührt. Unterschiede sind nur im Bereich um 2 eV herum und bei 3,5 eV festzustellen. Der Unterschied bei 2 eV ist möglicherweise auf Oberflächenplasmonen im Gold zurückzuführen, daher wurde Silizium für den Fit ausgewählt. Es wurde ein Gaußfit mit vier Oszillatoren durchgeführt, wobei der Oszillator bei 3,5 eV für das Untergrundspektrum wieder abgezogen wurde, da er offenbar vom Silizium stammt. Der Fit ist für Gold immernoch gut, wenn auch mit größeren 3 Experimentelles Inhaltsverzeichnis38 Abweichungen um 2 eV herum, die durch die Oberflächenplasmonen bedingt sind. Der Fit wird von allen anderen gemessenen Spektren als Korrektur subtrahiert. Da das Fit-Spektrum als vom Faraday-Effekt der Luft verursacht angesehen werden kann, liegt es nahe, die energieabhängige Verdet-Konstante der Luft daraus zu berechnen. Leider ist das nur sehr approximativ möglich, da in der Nähe der Eisenkernbohrung das Magnetfeld nicht homogen ist und auch die Bohrung selbst von einem Magnetfeld erfüllt ist. Dennoch wurde diese Berechnung durchgeführt, mit folgenden Annahmen: 1. Zwischen dem vorderen Eisenkern und der Probenposition befindet sich über die gesamte Strecke von 4 cm ein homogenes Magnetfeld der Stärke 350 mT. Tatsächlich fällt das Magnetfeld von der Probenposition zum Eisenkern von 350 mT auf 140 mT ab. 2. Die Bohrung ist feldfrei. Tatsächlich fällt das Feld vom Beginn des Kerns (140 mT) über die ersten etwa 4 cm auf unwesentlich kleine Werte ab, und zwar < 1 mT. Das Ergebnis ist die grüne Kurve in Abb. 15. Die beiden anderen Spektren in Abb. 15 sind normalisiert mit Literaturwerten. Abb. 15 Abb. 15: Aus dem Untergrund berechnete Verdet-Spektren der Luft Alle drei Kurven liegen in der gleichen Größenordnung. Die möglichen Gründe für die Abweichungen sind vielfältig: 3 Experimentelles Inhaltsverzeichnis39 (a) Es waren nur Literaturwerte bei Photonenenergien um 2 eV herum zu finden, wo der relative Messfehler unserer Messung auf Grund des kleinen Signals am größten ist. (b) In diesem Spektralbereich ist auch die Abweichung der Goldmessung von der Siliziummessung sehr ausgeprägt, und es ist nicht sicher, ob sie vollständig durch Plasmonen von Gold erklärt werden kann, oder ob auch Silizium dort kleine Signale aufweist. (c) Temperatur- und Druckeinflüsse spielen möglicherweise eine Rolle, wobei der Luftdruck im Labor nicht gemessen wird, ebensowenig wie die Temperatur, welche allerdings mit Sicherheit immer merklich über 20°C liegt. Diese Temperatur ist für den Wert aus [54Fo] angegeben. Allerdings lässt eine höhere Temperatur auf Grund der geringeren Luftdichte eine geringere Verdet-Konstante bei unseren Messungen erwarten, was eben nicht beobachtet wird. Für die Quelle [63Gr] liegt die Temperatur leider nicht vor, da der Wert einer Sekundärliteratur [95Ja] entnommen wurde, die die Temperatur nicht angibt. (d) Die Vereinfachungen bei der direkten Berechnung führt mit Sicherheit zu einem Faktor, jedoch ist auch hier zu erwarten, dass dieser Faktor < 1 sein sollte, denn es ist anzunehmen, dass das Produkt aus Magnetfeld und Weg überschätzt wird. Die oben genannte Annahme 1 überschätzt das Magnetfeld offenbar mehr, als Annahme 2 den Weg unterschätzt. Ein in der Realität kleineres Integral des Magnetfeldes über den Weg bedeutet bei gleicher Drehung der Polarisation eine noch größere Verdet-Konstante V = /B⋅L , was die Abweichung der direkten Bestimmung von den Literaturnormalisierungen noch vergrößert. Der Einfluss von Punkt (c) ist sicherlich gering, da die Luftdichteschwankungen klein sind. Allerdings ist unbekannt, warum der doch offensichtliche Fehler aus Punkt (d) von den Punkten (a) und (b) überkompensiert werden sollte. 3.3 Messung bei tiefen Temperaturen RAS–Messungen bei tiefen Temperaturen sind möglich, indem die Probe in 3 Experimentelles Inhaltsverzeichnis40 einer Vakuumkammer mit Kryostat positioniert wird (Abb. 16). Die Kammer hat für die optische Messung ein Fenster aus spannungsfreiem Quarzglas, um den Einfluss des Fensters auf den Polarisationszustand des Lichts möglichst gering zu halten. Um magnetische Messungen in dieser Kammer durchführen zu können, muss das Magnetfeld durch Permanentmagneten erzeugt werden, da die Kühlkammer nicht zwischen die Spulen des Elektromagneten passt. Abb. 16 a) b) c) Abb. 16: a) Probenhalter für Temperaturaufgelöste Messungen. b) Aluminiumzylinder als Wärmeschild. c) Außenansicht der Kühlkammer ohne das spannungsfreie Fenster. In Abb. 16a ist auf der Rückseite des Probenhalters die Aussparung für die Permanentmagneten zu erkennen. Es können bis zu zwei Magneten verwendet werden. Bei Benutzung eines Magneten beträgt B am Ort der Probe 145 mT, bei Verwendung zweier Magneten sind es 255 mT. Der im selben Bild sichtbare Draht kontaktiert eine Silizium–Diode, die als Temperaturfühler dient. Der Probenhalter kann sowohl gekühlt als auch geheizt werden, um die Temperatur in einem Bereich zwischen ≈ 10 K und Raumtemperatur einzuregeln. Das Gerät zur Steuerung des Heizers ist ein LAKESHORE DRC–91CA Controller. Als Kühlsystem dient ein CTI–CRYOGENICS Model 22 Refrigerator. Dieser kann nominell bis auf 10 K herunterkühlen. Zum Schutz vor Wärmestrahlung aus der Umgebung wird über die Probe ein Aluminiumzylinder geschraubt (Abb. 16b). Die in Abb. 16c gezeigte Kammer wird durch eine Turbomolekularpumpe mit Vorpumpe auf etwa 10–5 mbar evakuiert. Dies vermeidet Kondensationen auf der Probe und dient ebenfalls der Wärmeisolation. Da zur Gewinnung von MOKE–Spektren die Aufnahme zweier Spektren mit unterschiedlichem Vorzeichen des Magnetfeldes erforderlich ist, müssen die 3 Experimentelles Inhaltsverzeichnis41 Dauermagneten zwischen zwei Messungen gedreht werden. Leider ist das nur bei offener Kammer Reproduzierbarkeit möglich, der was ein Messbedingungen großes darstellt. Problem Da für die verschiedene Messbedingungen bei der Durchführung der beiden Teilmessungen zu erheblichen Artefakten in den MOKE–Spektren führen, waren MOKE– Messungen bei tiefen Temperaturen im Zeitraum dieser Arbeit nicht zuverlässig möglich. 3.4 Schichtherstellung Die Schichten wurden mittels Organischer Molekularstrahl–Abscheidung (OMBD) hergestellt. Das organische Material wurde also im Vakuum unter Erhitzung verdampft und das Substrat in den Weg der abgedampften Moleküle gebracht. Als Substrat wurde hauptsächlich Silizium mit natürlicher Oxidschicht verwendet. Einige Proben wurden auch auf H–passiviertem Silizium und Quarzglas hergestellt. Die Substrate wurden folgender Reinigungsprozedur unterzogen: – Ultraschallbad 5 min in Aceton, 5 min in Isopropanol und 5 min in destilliertem Wasser – Trocknen durch Abpusten mit Stickstoff Zur H–Passivierung wurden die betreffenden Siliziumstücke mit nach der Reinigung für 2 min in 40 %-ige Flusssäurelösung getaucht, um die Oxidschicht zu entfernen und die passivierenden Wasserstoffbindungen herzustellen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Schichten in drei verschiedenen Vakuumkammern mit unterschiedlichen Basisdrücken abgeschieden (siehe Tabelle 1). Tabelle 1 Kammer Basisdruck / mbar Organik–Kammer ≈ 5⋅10−8 B30 ≈ 8⋅10−6 OFET–Kammer ≈ 2⋅10−6 Tabelle 1: Verwendete Vakuumkammern Die Kammern wurden von der Professur für Halbleiterphysik zur Verfügung gestellt. 3 Experimentelles Inhaltsverzeichnis42 Es wurden Abscheideraten in der Größenordnung von 0,5 nm/min gewählt. Genauere Angaben hierzu werden in Kapitel 4 gemacht. Die Rate wurde durch die Verwendung von Quarzoszillatoren überwacht. Das verwendete VOPc stammt von der Firma Aldrich Chem. Co. Es hat eine Reinheit von nur 90 %. Das CuPc wurde von der Firma Syntec–Sensient hergestellt. Es handelt sich hierbei um sublimiertes Material. 3.5 Ellipsometrie Die Ellipsometrie ist ein optisches Messverfahren zur Bestimmung der Komponenten des dielektrischen Tensors. Das verwendete Ellipsometer der Firma J.A. Woollam Co., Inc. ist primär dazu geeignet, die Diagonalkomponenten des Tensors in einem Spektralbereich von 0,73 eV bis 5 eV zu bestimmen. Zu diesem Zweck wird im klassischen Betriebsmodus Licht auf die Probe eingestrahlt, welches zur Hälfte p– und zur Hälfte s–polarisiert ist, also einen Winkel von 45° mit der Einfallsebene einschließt (Abb. 17). Der Einfallswinkel ist variabel und wird üblicherweise um den Brewsterwinkel herum gewählt (60° ... 75°). Wegen der Eigenschaft des variablen Einfallwinkels und der Fähigkeit spektroskopisch messen zu können, wird das Gerät WVASE (Woollam Variable Angle Spectroscopic Ellipsometer) genannt. Abb. 17 Einfallender Strahl ist 45° zur Einfallsebene polarisiert. Ey, ein = Ex, ein Reflektierter Strahl hat geänderte Polarisation, repräsentiert durch und . y x Abb. 17: Messprinzip der Ellipsometrie Gemessen werden der Winkel , den die Polarisationsachse des reflektierten Strahls mit der Einfallsebene einschließt und die Phasenverschiebung zwischen p– und s–polarisierter Komponente des ausgehenden Strahls. ist das Äquivalent zu in den magnetooptischen Messungen, während mit der Elliptizität in Verbindung gebracht werden kann. Moderne Ellipsometer wie das in dieser Arbeit verwendete variieren die Polarisationsachse des 3 Experimentelles Inhaltsverzeichnis43 einfallenden Strahls, um eine höhere Messgenauigkeit zu erzielen und rechnen und aus den Messwerten aus. Die komplexe Größe ϱ, die zur Auswertung der Messdaten zweckmäßig ist, wird folgendermaßen definiert: 42 ϱ= rp = tan ei . rs (42) Dabei sind rp und rs die effektiven Fresnel–Koeffizienten der Probe für p– bzw. s–polarisiertes Licht. Um daraus die dielektrischen Eigenschaften der Probe bestimmen zu können, muss für die Probe ein Modell erstellt werden. Da es deutlich einfacher ist, aus den Materialeigenschaften die Messwerte zu berechnen als umgekehrt (vor allem aus Gründen der Eindeutigkeit), müssen die gesuchten Größen solange variiert werden, bis die errechneten Messgrößen mit den tatsächlich gemessenen bestmöglich übereinstimmen. Das wird mit Hilfe des von der gleichen Firma stammenden Programms WVASE32™ realisiert [99Wo]. Da das Ergebnis nicht eindeutig ist, muss es zusammen mit dem verwendeten Modell auf physikalische Konsistenz überprüft werden. Neben der dielektrischen Funktion bzw. den optischen Konstanten der Probe oder von in ihr enthaltenen Schichten, können als Modellparameter auch Schichtdicken bestimmt werden. 4 Untersuchungen an organischen Schichten Inhaltsverzeichnis44 4 Untersuchungen an organischen Schichten In dieser Arbeit wurden Einzelschichten aus VOPc und CuPc hergestellt und deren optische und magnetooptische Eigenschaften untersucht. Es wurde zunächst versucht, an bereits vorhandenen Proben temperaturaufgelöste MOKE–Messungen durchzuführen. Es stellte sich jedoch heraus, dass dies durch zwei verschiedene Faktoren stark behindert wird. Zum einen ist die Reproduzierbarkeit der Messbedingungen durch die Verwendung von Permanentmagneten (siehe 3.3) eingeschränkt. Zum anderen zeigte sich, dass sich die verwendete VOPc–Schicht in einem bestimmten Temperaturbereich auf einer Zeitskala von Stunden reversibel verändert. Dies spiegelt sich in einem zeitlich veränderlichen RA–Spektrum wider, was MOKE– Messungen auf schwer kontrollierbare Weise überlagern würde. Daher wurde die Arbeit auf die Untersuchung des Verhaltens der Probe bei tiefen Temperaturen durch RAS fokussiert. Zu dieser Thematik, die im Kapitel 4.1 abgehandelt wird, wurde bereits ein eigener Artikel [07Fr] geschrieben. Im weiteren Verlauf der Arbeit stand die Untersuchung selbst hergestellter Schichten im Vordergrund. Diese Proben werden in drei Gruppen unterteilt (siehe Tabelle 2). Die Proben auf Si–Substrat wurden ellipsometrisch vermessen, um die Schichtdicke und die dielektrische Funktion bzw. die optischen Konstanten zu bestimmen. An den Proben auf Quarz wurde die Transmission der Schicht gemessen. Die Ergebnisse dieser Messungen werden in 4.2 vorgestellt. Die magnetooptischen Untersuchungen wurden mit dem MOKE–Spektrometer durchgeführt (4.3). Aus der dielektrischen Funktion und dem MOKE–Spektrum wurde in 5 mit Hilfe eines Schichtmodells die Voigt–Konstante Q ausgerechnet. Aus dieser wiederum wurden andere magnetooptische Größen berechnet und mit einfachen Modellen bzw. Literaturwerten verglichen. 4 Untersuchungen an organischen Schichten Inhaltsverzeichnis45 Tabelle 2 Probe Material Rate / nm min-1 Substrat Kammer Schichtdicke / nm 1 VOPc 0,2 Si + natürliches Oxid Organik 17,4 ± 0,2 1 VOPc 0,2 Si + natürliches Oxid Organik 41,4 ± 0,3 1 VOPc 0,2 Si + natürliches Oxid Organik 55,2 ± 0,3 1 VOPc 0,2 Si + natürliches Oxid Organik 69,6 ± 0,4 1 VOPc 0,2 Si + natürliches Oxid Organik ≈ 360 2 VOPc 0,7 Si + natürliches Oxid OFET 40,0 ± 0,2 2q VOPc 0,7 Quarzglas OFET ≈ 40 2 VOPc 0,7 Si + natürliches Oxid OFET 57,8 ± 0,3 2 VOPc 0,7 Si + natürliches Oxid OFET 80,0 ± 0,3 2q VOPc 0,7 Quarzglas OFET ≈ 80 2 VOPc 0,7 Si + natürliches Oxid OFET 123,5 ± 0,5 2q VOPc 0,7 Quarzglas OFET ≈ 120 2 VOPc 0,7 Si + natürliches Oxid OFET ≈ 160 2q VOPc 0,7 Quarzglas OFET ≈ 160 3 CuPc 0,2 Si + natürliches Oxid Organik 61,6 ± 0,2 3 CuPc 0,2 Si, H–passiviert B30 52,0 ± 0,2 3 CuPc 0,4 Si, H–passiviert B30 73,1 ± 0,2 3 CuPc 0,4 Si + natürliches Oxid B30 48,5 ± 0,2 3 CuPc 0,4 Si + natürliches Oxid B30 110,5 ± 0,3 Tabelle 2: Proben. Die Si–Substrate sind (111)-orientierte, p–dotierte Waferstücke. Die Proben auf Quarz wurden gleichzeitig mit denen auf Si abgeschieden. Schichtdicken mit Fehlergrenzen sind ellipsometrisch bestimmt worden (4.2), die anderen Schichtdicken wurden über die Frequenzänderung des jeweiligen Quarzoszillators abgeschätzt. Die Schichtdicke der Probe 1 wurde mittels Röntgenbeugung (durchgeführt von Mirko Kehr, Professur Röntgen– und Neutronendiffraktometrie) zu 53,9 nm ermittelt, die der Probe 3 zu 54,8 nm. Die Proben der Gruppe 3 sind nach ihrem Herstellungsdatum sortiert. 4.1 Temperaturabhängige RAS–Untersuchungen Die hier vorgestellten Spektren wurden an einer Probe gemessen, die im Rahmen einer vorangegangenen Arbeit [06Ko] hergestellt wurde. Es handelt sich um eine 93,5 nm dicke VOPc–Schicht, die auf H–passiviertem Si (111) unter Abwesenheit eines magnetischen Feldes abgeschieden wurde. Mehr Details, wie z.B. die dielektrische Funktion der Schicht, können der Quelle 4 Untersuchungen an organischen Schichten Inhaltsverzeichnis46 entnommen werden. An dieser Probe wurden RAS–Messungen durchgeführt. Abb. 18 zeigt Spektren, die während eines Kühldurchgangs in folgender Weise aufgenommen wurden: Nachdem das Raumtemperaturspektrum gemessen wurde, begann der Kühlvorgang auf 200 K. Diese Temperatur wurde konstant gehalten und ein Spektrum vermessen. Auf diese Weise wurde fortgefahren bis 9,5 K. Die Schwankungen der Temperatur, während diese stabilisiert wurde, wurden kleiner mit abnehmender Solltemperatur. Über 50 K betrug die Schwankung ca. ± 2 K. Bei 25 K waren es noch ± 0,5 K und darunter ± 0,2 K. Das RA–Spektrum dieser Probe zeigt drei Hauptstrukturen. Die erste Struktur bei etwa 2,2 eV liegt an der Flanke des Q–Bandes von VOPc (zentriert bei ca. 1,7 eV) zu hohen Energien hin. Weitere Peaks liegen bei 3,1 eV und 3,8 eV. Abb. 18 Abb. 18: RA-Spektren der 93,5 nm VOPc–Probe bei verschiedenen Temperaturen während eines Kühlzyklus'. Bereits beim Kühlen von Raumtemperatur (RT) zu 200 K ergeben sich deutliche Änderungen des Spektrums, vor allem in dem mit dem Q–Band assoziierten Hauptpeak. Unterhalb von 25 K ändert sich dann nicht mehr viel. Abb. 18 ist stellt ein Beispiel für einen Kühlzyklus dar. Bei anderen Messungen sahen die Spektren bei 100 K geringfügig anders aus und unterhalb davon ergaben sich ebenfalls Abweichungen. Außerdem war zwischen den Messungen bei 100 K und darunter die Ausbreitung eines hellblauen Flecks auf der bei RT violetten Probe zu erkennen. Der Fleck entstand an der Stelle, wo die Probe vom Messstrahl beleuchtet wurde und breitete sich über viele Minuten bis über alle sichtbaren Bereiche der Probe aus. Beim Heizen der 4 Untersuchungen an organischen Schichten Inhaltsverzeichnis47 Probe zurück auf Raumtemperatur konnte beobachtet werden, dass der Fleck bei etwa 180 K wieder verschwindet. Es kann also angenommen werden, dass die mangelnde Reproduzierbarkeit der Spektren durch eine langsame zeitliche Veränderung der Probe und die nicht immer gleiche Kühlgeschwindigkeit verursacht wird. Aus diesem Grund wurde die Zeitabhängigkeit des RA–Spektrums bei den Temperaturen 10 K, 100 K und 200 K untersucht. Zu diesem Zweck wurde so schnell wie möglich von RT zur jeweiligen Temperatur heruntergekühlt. Es wurden wiederholt Spektren in einem auf 1,6 eV bis 2,6 eV verkürzten Energiebereich aufgenommen, bis sich die relativen Intensitäten der Unterstrukturen nicht mehr änderten. Bei dem Experiment bei 10 K konnte festgestellt werden, dass das Spektrum unterhalb von 20 K konstant bleibt. Die Beobachtungszeit betrug etwa 1,5 h. Anders sieht die Situation bei 100 K aus. Der zeitliche Verlauf des RA–Spektrums im Bereich des Q–Bands ist in Abb. 19 zu sehen. Abb. 19 Abb. 19: Zeitverhalten des RA–Spektrums der 93,5 nm VOPc–Probe bei 100 K. Nach 2 h ist das Spektrum immer noch nicht vollständig gesättigt. Die relative Intensität der Peaks bleibt nach 1,5 h aber ungefähr konstant. Bei 200 K ist das Spektrum sofort stabil. Das Spektrum bei RT und die jeweils zuletzt aufgenommenen Spektren sind in Abb. 20 zusammengestellt. 4 Untersuchungen an organischen Schichten Inhaltsverzeichnis48 Abb. 20 Abb. 20: RA–Sättigungsspektren der VOPc–Probe bei verschiedenen Temperaturen. Bei 100 K ist die Sättigung noch nicht vollständig erreicht (siehe Abb. 19). Die Vorgänge in der Probe scheinen reversibel zu sein. Zum einen nimmt die Probe nach Erwärmen auf RT ihre ursprüngliche Farbe wieder an. Zum anderen bleibt das Spektrum bei RT nach jedem Kühlzyklus im Rahmen des experimentellen Fehlers gleich (Abb. 21). Abb. 21 Abb. 21: RT–Spektren der 93,5 nm VOPc–Probe vor Experimenten und nach dem ersten bzw. zweiten Kühlzyklus. den zeitaufgelösten Auf Grund der langen Zeitskala, auf der die Änderungen stattfinden, scheinen Veränderungen in der Kristallmorphologie der Schicht die wahrscheinlichste Ursache zu sein. In Schichten kommt VOPc in verschiedenen kristallinen Phasen und amorph vor. Die wichtigsten kristallinen Anordnungen sind die Phasen I und II. In der 4 Untersuchungen an organischen Schichten Inhaltsverzeichnis49 Literatur herrscht Einigkeit darüber, dass unterschiedliche Phasen verschiedene Absorptionsspektren besitzen [87Mi], [87Hu]. So ordnet Huang [87Hu] den Phasen I und II einzelne Absorptionsmaxima im Q–Band zu. Allerdings wird Huangs Zuordnung zu Phase I von Yamashita [98Ya] angezweifelt und das entsprechende Spektrum der amorphen Phase zugeschrieben. Phase II gilt als thermodynamisch stabiler und kann durch Erhitzen aus Phase I hergestellt werden [97Ma]. Vergleicht man die optische Konstante k [06Ko] der hier untersuchten Probe mit dem Absorptionsspektrum, das in [87Hu] der Phase II zugeordnet wurde, so findet man eine sehr gute Übereinstimmung der spektralen Linienform. Dies wird von dem Ergebnis aus [87Mi] unterstützt, dass Abscheideraten kleiner als 3 nm/min die Bildung von Phase II begünstigen. Unsere Probe wurde mit einer Rate von etwa 0,3 nm/min hergestellt. Die hier verwendete VOPc–Schicht befindet sich bei RT also in Phase II. Es wurde von Nanai [97Na] gezeigt, dass das Absorptionsspektrum von VOPc im Bereich des Q–Bandes von der Polarisationsachse des eingestrahlten, linear polarisierten Lichts abhängig sein kann. Diese Erkenntnis steht in engem Zusammenhang mit der unterschiedliche Absorption Messung für der Reflexionsanisotriopie, unterschiedlichen da Polarisationsrichtungen natürlich auch verschiedene Reflektionskoeffizienten zur Folge hat. Dies ist nach Gleichung 26 genau die RAS–Messgröße. So könnten die langsamen Veränderungen im RA–Spektrum bei 100 K auf die Umwandlung von der bei hohen Temperaturen günstigen Phase II in andere Phasen zurückzuführen sein. Die Aktivierungsenergie dafür könnte von dem zur Messung verwendeten Licht bereitgestellt werden, was durch die Beobachtung unterstützt wird, dass sich der verfärbte Bereich auf der Probe von der Position des Messspots her ausbreitet. Unabhängig von der Ursache macht eine solche zeitliche Varianz der Probe über viele Minuten oder einige Stunden MOKE–Messungen bei tiefen Temperaturen praktisch unmöglich, da über den gesamten Temperaturbereich, in dem diese Veränderungen stattfinden extrem langsam gekühlt, bzw. in kurzen Temperaturintervallen gewartet werden müsste. Dieses Problem kann behoben werden, indem ein Weg gefunden wird, während eines Kühlzyklus Spektren mit beiden Magnetfeldrichtungen aufzunehmen. 4 Untersuchungen an organischen Schichten 4.2 Inhaltsverzeichnis50 Ellipsometrische Messungen Die Ellipsometriemessungen wurden in einem Spektralbereich von 0,73 eV bis 4,99 eV durchgeführt. Bei vielen Proben wurden allerdings nahe 5 eV wegen zu geringer Lichtintensität des reflektierten Strahls einige Messpunkte vom Messprogramm nicht berücksichtigt. Die Hauptursache dafür ist die Charakteristik der Lampe. Als Modell wurde für alle Proben ein Schichtmodell verwendet, wie es in Abb. 22 dargestellt ist. Die 3 nm SiO2 ergaben sich aus einer Messung an einem blanken Stück des Wafers, aus dem die Substrate hergestellt wurden. Die 3 nm werden auch für die Proben auf H–passiviertem Substrat angenommen, zum einen um zusätzliche Fit–Parameter zu vermeiden, zum anderen weil die Röntgenbeugungsexperimente für beide Substrattypen die gleiche Dicke an SiO2 ergaben. Lediglich die Rauigkeit der Siliziumoxidschicht wurde für die H– passivierte Probe etwas größer bestimmt. Abb. 22 ... ... Organische Schicht d = ? ... SiO2 d = 3 nm Substrat (Si) d = 1 mm Abb. 22: Schichtmodell für die Auswertung der Ellipsometriedaten. Es werden sämtliche Reflexionen an den Grenzflächen und Interferenzen berücksichtigt. Dabei wurde für die organische Schicht eine uniaxiale Symmetrie angenommen, d.h. der dielektrische Tensor hat zwei seiner Hauptachsen in der Probenebene (PE) und die dritte senkrecht dazu. Die beiden Diagonalelemente, die die dielektrische Funktion in der Ebene repräsentieren, sind in diesem Modell gleich. Die optischen Konstanten n und k, die aus den entsprechenden 4 Untersuchungen an organischen Schichten Inhaltsverzeichnis51 Diagonalelementen des Tensors berechnet werden, werden auf Grund ihrer Herkunft ebenfalls mit „in der PE“ bzw. „senkrecht zur PE“ indiziert. Auf diese Weise gelten die optischen Konstanten, die mit „in der PE“ bezeichnet werden, für Licht, welches sich senkrecht zur PE ausbreitet. 4.2.1 Optische Konstanten von Vanadylphthalocyanin Für die Gruppe 1 (Aufdampfrate 0,2 nm/min) wurden die Daten der Proben 1 bis 1 gekoppelt ausgewertet. Die Probe 1 scheint nicht mit dem verwendeten Modell beschreibbar zu sein. Zur Bestimmung der dielektrischen Funktion kam ein „general oscillator“–Modell mit sechs Gaußoszillatoren zum Einsatz. Die ermittelten optischen Konstanten werden in Abb. 23 gezeigt. Die Schichtdicken sind in Tabelle 2 zu finden. Eine Diskussion der Verlässlichkeit der Fehlergrenzen findet man in [99Wo]. Das in Abb. 22 gezeigte Modell wurde auch um eine Schicht erweitert, die die Oberflächenrauigkeit der organischen Schicht repräsentiert. Die Werte für die Oberflächenrauigkeiten der VOPc–Schichten liegen unterhalb von 2,5 nm. Abb. 23 Q–Band B–Band Abb. 23: Optische Konstanten von VOPc für die Schichten der Probengruppe 1. a) Realteil n des komplexen Brechungsindex'. b) Imaginärteil k. Die Proben auf Siliziumsubstrat der Gruppe 2 (Aufdampfrate 0,7 nm/min) wurden mit dem gleichen Modell ausgewertet, nur wurden diesmal sieben Gaußoszillatoren für eine zufriedenstellende Angleichung der vom Modell generierten Daten an die Messwerte benötigt. Für die Gruppe 1 liegen nur drei 4 Untersuchungen an organischen Schichten Inhaltsverzeichnis52 Oszillatoren im Q–Band, dagegen vier für die Gruppe 2. Die Notwendigkeit der Verwendung von vier Oszillatoren im Q–Band wird durch Entfaltungen, die in der Literatur durchgeführt wurden, bestätigt [87Hu]. In den Schichten der in der Organik–Kammer hergestellten Proben liegen zwei der mit den Oszillatoren assoziierten Übergänge offenbar so dicht beieinander, dass sie im Modell zusammenfallen. Es konnten wieder nur die vier dünnsten Schichten 2 bis 2 gekoppelt ausgewertet werden. Die resultierenden optischen Konstanten von VOPc sind in Abb. 24 dargestellt. Es fällt auf, dass für die Proben aus der OFET–Kammer ein größerer Unterschied der optischen Konstanten in der PE zu denen senkrecht zur PE vorliegt. Wie in [06Go] ausgeführt wird, deutet dies auf unterschiedliche Orientierungen der kristallographischen Hauptachsen des Molekülkristalls hin. Die abweichende Gestalt des Q–Bandes dagegen ist auf unterschiedliche Anteile der kristallinen Phasen I und II ([87Mi], [87Hu]) in der Schicht zurückzuführen, bzw. des Verhältnisses von amorpher Phase und Phase II [98Ya]. Die Ursachen für die unterschiedlichen Wachstumsmodi liegen in der Aufdampfrate und dem Basisdruck während der Abscheidung. Mit dem selben Ellipsometer wurde an den Schichten der Gruppe 2 auf Quarzsubstrat Transmission gemessen. Die in Abb. 25a gezeigten Transmissionsspektren sind bereits durch Division durch die Transmission des Quarzsubstrats korrigiert. Abb. 24 Q–Band B–Band Abb. 24: Optische Konstanten von VOPc für die Schichten der Probengruppe 2. a) Realteil n des komplexen Brechungsindex'. b) Imaginärteil k. 4 Untersuchungen an organischen Schichten Inhaltsverzeichnis53 Abb. 25 Abb. 25: Ergebnisse der Transmissionsmessung. a) Transmission. b) Mit Gleichung 17 berechnete optische Konstante k. c) Vergleich mit Ellipsometriewert für k in der PE. Die aus den Transmissionsmessungen ermittelten k–Spektren ergeben eine mit kleiner werdender Schichtdicke ansteigende Höhe des Q–Bands. Es wurde versucht, diesen Trend durch Auswertung der Ellipsometriedaten einzeln für die Schichten zu bestätigen. Dies gelang nicht. Die Bestimmung von k aus den Transmissionsmessungen vernachlässigt Reflexionsverluste. Im Bereich um 1,5 eV ist der Realteil n des Brechungsindex maximal, was zu Reflexionsverlusten bei der Transmissionsmessung führt. Die Reflexion gewinnt mit fallender Schichtdicke an Dominanz gegenüber der Absorption im Volumen, aus der k in Transmission bestimmt wird. Daher könnte k um 1,5 eV herum für die dünnen Schichten überschätzt werden. Reflexionsverluste könnten auch ein Grund für das von null verschiedene k bei Energien kleiner als 1,1 eV sein. Allerdings ist k im B–Band durch die Transmissionsmessungen kleiner ermittelt worden als durch die Ellipsometrie. Es sei darauf hingewiesen, dass die ellipsometrischen Messungen an den Proben auf Si+natürlichem Oxid durchgeführt wurden, die Transmissionsmessungen an den Proben auf Quarz. Möglicherweise liegt in der natürlichen Oxidschicht kein reines SiO2 vor, oder die Oberflächenrauigkeit ist anders als beim Quarzsubstrat. Dieser Unterschied der Substratoberfläche könnte zu verschiedenen Wachstumsmodi führen, die Unterschiede in den optischen Konstanten zur Folge haben. 4 Untersuchungen an organischen Schichten 4.2.2 Inhaltsverzeichnis54 Optische Konstanten von Kupferphthalocyanin Zur Auswertung der Daten für CuPc wurde zunächst das gleiche Modell wie für VOPc verwendet, allerdings brachte die Verwendung von mehr als vier Oszillatoren im „general oscillator“–Modell keine Verbesserung des Fits mehr. Es wurden alle fünf Schichten gekoppelt ausgewertet. Die mit diesem Modell (ohne Rauigkeit) gefundenen Schichtdicken sind in Tabelle 2 aufgeführt. Beim Versuch eine raue Oberfläche zu berücksichtigen, stellte sich heraus, dass die CuPc–Schichten eine nicht vernachlässigbare Rauigkeit besitzen. Bei Berücksichtigung der Rauigkeit ergeben sich auch neue Schichtdicken (siehe Tabelle 3) und optische Konstanten. Diese sind zusammen mit den optischen Konstanten ohne Berücksichtigung der Rauigkeit in Abb. 26 abgebildet. Tabelle 3 Probe Schichtdicke Rauigkeit / nm / nm 3 50,3 ± 0,4 19,1 ± 0,6 3 43,5 ± 0,3 14,0 ± 0,4 3 59,6 ± 0,4 22,7 ± 0,6 3 40,9 ± 0,3 12,8 ± 0,4 3 97,2 ± 0,5 18,0 ± 0,7 Tabelle 3: Aus Ellipsometriedaten ermittelte Schichtdicken und Rauigkeiten der CuPc–Proben Abb. 26 Abb. 26: Optische Konstanten Brechungsindex. b) Imaginärteil k. von CuPc. a) Realteil n des komplexen 4 Untersuchungen an organischen Schichten Inhaltsverzeichnis55 Die in Kapitel 5 benötigten optischen Konstanten in der PE ändern sich mit Berücksichtigung der Rauigkeit nur geringfügig. Desweiteren sind in diesem Fall n und k in der PE kleiner als senkrecht dazu. Das ist genau die gegenteilige Situation zu den Schichten der Gruppe 2. Dies deutet auf eher stehende Moleküle im Fall von CuPc und auf eher liegende Moleküle für die Gruppe 2 VOPc–Schichten hin [06Go]. 4.3 MOKE–Messungen An allen Proben auf Si–Substrat wurden MOKE–Messungen durchgeführt. Es wurden sowohl Real– als auch Imaginärteil des komplexen Kerr–Winkels K gemessen. Die im Folgenden gezeigten Spektren sind alle bei einer Magnetfeldstärke von B = 350 mT und Raumtemperatur aufgenommen worden. 4.3.1 MOKE–Spektren von Vanadylphthalocyanin Die in Abb. 27 gezeigten MOKE–Spektren der Probengruppe 1 verdeutlichen eine monotone Abhängigkeit der energetischen Positionen der Strukturen von der Schichtdicke. Dies deutet darauf hin, dass die Gestalt der Spektren von Interferenzerscheinungen überlagert ist. Die Interferenz kann die Signalhöhe des MOKE von paramagnetischem VOPc in die gleiche Größenordnung wie für einfache ferromagnetische Systeme bringen, nämlich in den mrad–Bereich. Die Struktur in Abb. 27a bei 3,5 eV stammt vom Substrat, denn die Schicht von Probe 1 ist nur etwa 17 nm dick und kann wahrscheinlich selbst im B– Bandbereich noch genügend durchstrahlt werden, um das Substrat zu sehen. Abb. 13 zeigt, dass Silizium bei 3,5 eV einen kleinen Peak im MOKE–Spektrum besitzt. 4 Untersuchungen an organischen Schichten Inhaltsverzeichnis56 Abb. 27 1① d = 17 nm 1② d = 41 nm 1③ d = 55 nm 1④ d = 70 nm 1⑤ d = 360 nm Abb. 27: MOKE–Spektren der VOPc–Proben der Gruppe 1. Das durchgezogene blaue Spektrum ist jeweils der Realteil K, das gestrichelte rote der Imaginärteil K. Die Spektren der Probengruppe 2 zeigen die gleichen Interferenzerscheinungen, wie in Abb. 28 deutlich wird. Dies macht es unmöglich, den magnetooptischen Materialparameter Q über einen einfachen Zusammenhang wie für den Oberflächen–MOKE (Gleichung 33) oder die Näherung für sehr dünne Schichten (Gleichung 34) zu gewinnen. Bei Anwendung dieser Formeln Interferenzstrukturen im Spektrum für Q. verbleiben schichtdickenabhängige 4 Untersuchungen an organischen Schichten Inhaltsverzeichnis57 Abb. 28 2① d = 40 nm 2② d = 58 nm 2③ d = 80 nm 2④ d = 124 nm 2⑤ d = 160 nm Abb. 28: MOKE–Spektren der VOPc–Proben der Gruppe 2. Das durchgezogene blaue Spektrum ist jeweils der Realteil K, das gestrichelte rote der Imaginärteil K. 4.3.2 MOKE–Spektren von Kupferphthalocyanin Für CuPc ist die Signalstärke des MOKE deutlich kleiner als für VOPc. Das erschwert es, in Abb. 29 schichtdickenabhängige Interferenzstrukturen zu erkennen. Dennoch sind die meisten Strukturen durch Interferenz bedingt, denn wie sich in 5 zeigen wird, greift für CuPc das selbe Modell wie für VOPc. Auf Grund der geringen Signalhöhe ist das Verhältnis von Signal zu Rauschen vor allem bei den drei dünnsten Schichten ziemlich klein. 4 Untersuchungen an organischen Schichten Inhaltsverzeichnis58 Abb. 29 3④ d = 49 nm 3② d = 52 nm 3① d = 62 nm 3③ d = 73 nm 3⑤ d = 111 nm Abb. 29: MOKE–Spektren der CuPc–Proben der Gruppe 3. Das durchgezogene blaue Spektrum ist jeweils der Realteil K, das gestrichelte rote der Imaginärteil K. 5 Berechnung magnetooptischer Parameter Inhaltsverzeichnis59 5 Berechnung magnetooptischer Parameter 5.1 Modell zur Berechnung der Voigt–Konstanten Da, wie bereits ausgeführt, die Berechnung der Voigt–Konstanten Q mit den einfachen Näherungen für die hier untersuchten Schichten nicht möglich ist, muss ein Modell aufgestellt werden. Es wird ein Einschichtmodell verwendet, wie es in Abb. 30 dargestellt ist. Abb. 30 Luft L Film F ... ... Ẽaus,3 Ẽaus,2 Ẽaus,1 Ẽaus,0 Ẽ0 Substrat S tFL r FL tFL r FL tFL r FL rLF tLF a a rFS a a rFS Si + 3 nm SiO2 B a a y rFS x z Dicke d Abb. 30: Schema des zur Auswertung der MOKE–Spektren verwendeten Einschichtmodells. Ẽ0 – einfallendes E–Feld, Ẽaus,j – ausgehende E–Feldkomponente, rLF – Reflexionskoeffizient an der Grenzfläche Luft zu Film, rFS – Reflexionskoeffizient an der Grenzfläche Film zu Substrat, rFL – Reflexionskoeffizient an der Grenzfläche Film zu Luft, tLF – Transmissionskoeffizient an der Grenzfläche Luft zu Film, tFL – Transmissionskoeffizient an der Grenzfläche Film zu Luft, a – Ausbreitungskoeffizient. Der Einfallswinkel ist der Anschaulichkeit wegen als ungleich null dargestellt. Im Modell wird er zu null angenommen. Es lassen sich mit diesem Modell Formeln aufstellen, um aus den optischen Konstanten, der Schichtdicke d und dem Q der organischen Schicht den komplexen MOKE–Messwert der polaren Geometrie zu berechnen. Da in der polaren Geometrie die zirkular polarisierten Anteile des vewendeten linear polarisierten Lichts die Eigenmoden des Systems sind [97Zv], wird die Berechnung getrennt für σ +– und σ ––Licht durchgeführt. Die beiden Anteile 5 Berechnung magnetooptischer Parameter Inhaltsverzeichnis60 werden nach Verlassen der Probe wieder überlagert. Der einfallende Strahl ist s–polarisiert, kann also mit dem Jones–Vektor 43 J 0 = Ẽ0 1 1 1 1 1 = Ẽ 0 J 0J 0− = Ẽ 0 0 2 i 2 −i (43) beschrieben werden. Die Jones–Vektoren J+ und J– für σ +– und σ ––Licht erfahren unabhängig voneinander bei der Wechselwirkung mit der Probe die komplexen Modulationen u+ bzw. u–. Streng genommen wechselt zirkular polarisiertes Licht bei Reflexion an einer Grenzfläche die Helizität von σ + zu σ – und umgekehrt. Der magnetische Einfluss auf den Brechungsindex hängt aber nicht von dieser Signatur ab, sondern vom Drehsinn des elektrischen Feldvektors im Laborsystem bzw. relativ zur Magnetfeldachse. Dieser Drehsinn bleibt für die zirkular polarisierten Wellenanteile in Reflexion konstant. Da die mathematische Zusammenführung beider Anteile im reflektierten Strahl stattfindet, werden die Jones–Vektoren in der richtigen Darstellung für den ausgehenden Strahl verwendet. Die u± sind die Jones–Matrizen der Proben für die zirkularen Anteile. Die Matrizen werden aber zu Skalaren, weil die zirkularen Wellenanteile die Eigenmoden sind. Der ausgehende Jones–Vektor hat folgende Gestalt 44 J aus = Ẽ 0 u J 0u− J 0− = Ẽ 0 u 1 u− 1 2 i 2 −i . (44) Um den komplexen Verkippungswinkel der Polarisationsachse zu bestimmen, muss die y–Komponente von Jaus durch die x–Komponente geteilt werden 45 K = arctan i u−u− iu−u− ≈ . u−u u−u (45) Die u± ergeben sich aus dem in Abb. 30 gezeigten Modell wie folgt 46 u ± = r LF± t LF±⋅t FL±⋅r ∞ 2 j ⋅∑ a±⋅r FS±⋅r FL± . −1 FL± j=1 (46) Unter Auflösung der geometrischen Reihe wird der Ausdruck zu 47 a ±2⋅r FS± u ± = r LF± t LF±⋅t FL±⋅ . 1−a±2⋅r FS±⋅r FL± (47) 5 Berechnung magnetooptischer Parameter Inhaltsverzeichnis61 Der Ausbreitungskoeffizient a± ergibt sich aus Gleichung 10 zu 48 a± =e i ñ± d c = ei ñ1∓ Q2 c d . (48) Dabei wurde Gleichung 29 zu berücksichtigt, die die Abhängigkeit von Q ins Spiel bringt. Die Reflexionskoeffizienten r und Transmissionskoeffizienten t lassen sich nach Gleichung 21 bzw. 22 berechnen, in die ebenfalls Gleichung 29 eingesetzt werden muss. Die optischen Konstanten der beteiligten Medien wurden wie folgt angenommen. Für die Luft gilt ñL = 1 und QL = 0. Für das Substrat wurde der effektive komplexe Brechungsindex ñS des Systems 3 nm SiO2 auf 1 mm Si mit dem WVASE™–Programm berechnet. In diesem Programm stehen die optischen Konstanten für Si [92Je] und SiO2 [85Pa] zur Verfügung. Die magnetoptische Aktivität des Substrats, wie sie Abb. 13 zeigt, wird vernachlässigt (QS = 0). Dies ist vor allem möglich, weil sich in dem betreffenden Energiebereich um 3,5 eV das B–Band sowohl von VOPc als auch von CuPc befindet, und daher das Substrat auf Grund der starken Absorption in der organischen Schicht nur einen sehr geringen Einfluss hat. Die optischen Konstanten des organischen Films nF und kF, die unter Abwesenheit eines Magnetfeldes gelten, wurden aus den Ellipsometriemessungen (4.2) entnommen. Es wurden n und k in der PE verwendet, da diese für Licht, welches sich senkrecht zur PE ausbreitet, gelten. Auf Grund der experimentell bekannten MOKE–Spektren aus 4.3 verbleibt QF als einzige Unbekannte in dem Gleichungssystem, welches durch die Gleichungen 45, 47, 48, 21, 22 und 29 gebildet wird. Es ist möglich, die Gleichungen ineinander einzusetzen, um auf die Funktion K = f(QF) zu kommen. Da diese Funktion nicht nach QF umstellbar ist, und dies auch unter Näherung der e–Funktion in Gleichung 48 nur sehr beschwerlich möglich ist, wird das Problem an dieser Stelle numerisch mit der Software Matlab gelöst. Für die Berechnungen ist es auf Grund der Definition von Q wichtig, dass das Magnetfeld in die positive z–Richtung zeigt (siehe 2.3.1). Dies widerspricht der Konvention für die experimentell ermittelten MOKE–Spektren (3.2.2.1), daher müssen diese vorzeichenverkehrt in die Berechnungen einfließen. Da nur die Voigt–Konstante des organischen Films berechnet wird, ist im Folgenden nur 5 Berechnung magnetooptischer Parameter Inhaltsverzeichnis62 noch von Q an Stelle von QF die Rede. Des Weiteren gelten alle in den folgenden Abschnitten präsentierten Q–Werte für eine Magnetfeldstärke von 350 mT. 5.1.1 Voigt–Konstante von Vanadylphthalocyanin Nach dem oben beschriebenen Verfahren wurde die Voigt–Konstante Q von VOPc für die Proben der Gruppe 1 aus den in Abb. 23 gezeigten optischen Konstanten in der PE und den MOKE–Messwerten aus Abb. 27 berechnet. Die Ergebnisse für die einzelnen Proben sind in Abb. 31 zu sehen. Abb. 31 1① d = 17 nm 1② d = 41 nm 1③ d = 55 nm 1④ d = 70 nm 1⑤ d = 360 nm Abb. 31: Voigt–Konstanten der VOPc–Proben der Gruppe 1. Das durchgezogene blaue Spektrum ist jeweils der Realteil, das gestrichelte rote der Imaginärteil. Das Q–Spektrum der Probe 1① ist sehr verrauscht, weil es aus den ebenfalls 5 Berechnung magnetooptischer Parameter Inhaltsverzeichnis63 verrauschten MOKE–Spektrum aus Abb. 27a berechnet wurde. Es zeigt sich also, dass die verwendete Messtechnik nicht empfindlich genug ist, um die Voigt–Konstante für paramagnetische organische Schichten dünner als 20 nm zu ermitteln. Bereits für die 41 nm dicke Schicht 1② ergibt sich ein recht glattes Spektrum für Q, welches in der Linienform erfreulich gut mit denen der Schichten 1③ und 1④ übereinstimmt. Allein schon diese Tatsache beweist, dass das Modell geeignet ist, das Spektrum der Voigt–Konstanten korrekt zu ermitteln. Die Interferenzstrukturen, die noch in den MOKE–Spektren zu sehen waren, sind bei diesen Proben durch das Modell herausgerechnet worden. Das ist leider nicht für die Probe 1⑤ der Fall. Das liegt daran, dass Q mit den optischen Konstanten, die für die vier dünneren Schichten bestimmt wurden, berechnet wurde, weil n und k der dicksten Schicht nicht zuverlässig aus den Ellipsometriedaten ermittelt werden konnten. Allgemein kann gesagt werden, dass das berechnete Q–Spektrum den folgenden Fehlereinflüssen unterliegt: (a) experimentelle Ungenauigkeiten der Messung des MOKE–Spektrums, (b) Fehler, die beim Auswerten der Ellipsometriedaten für die optischen Konstanten und die Schichtdicke entstehen. (c) Zu einfache Annahmen des Modells, z.B. Vernachlässigung von Grenzflächenrauigkeiten. Der Punkt (a) fließt linear in den Fehler von Q ein, d.h. dass insbesondere ein Rauschen im MOKE–Spektrum ein gleiches Wert–zu–Rauschen–Verhältnis in Q nach sich zieht. Fehler im Oszillatormodell für die optischen Konstanten führen dagegen zu Artefakten, die sich lokal im Q–Spektrum bemerkbar machen. So dürfen das scharfe Minimum im Realteil von der 55 nm–Schicht (Abb. 31c) bei 2,2 eV und der Knick bei 4 eV im Imaginärteil der gleichen Schicht angezweifelt werden. Fehler der ermittelten Schichtdicke haben ähnliche Folgen. Durch Variation der Dicke im Berechnungsmodell konnte das Q–Spektrum der Probe 1⑤ aber nicht verbessert werden, insbesondere die Interferenzreste zwischen 2 eV und 3,2 eV konnten nicht entfernt werden. Die Hauptursache dafür liegt bei den optischen Konstanten. In Kapitel 4.2 wurde bereits klar, dass sich n und k der Probe 1⑤ nicht exakt ermitteln ließen. Die Verwendung der optischen Konstanten der dünneren Schichten ist also auch 5 Berechnung magnetooptischer Parameter Inhaltsverzeichnis64 nicht gerechtfertigt. Der Einfluss von Punkt (c) wird in 5.1.2 diskutiert Die Voigt–Konstanten der VOPc–Schichten der Probengruppe 2 wurden ebenfalls berechnet (Abb. 32). Die Eingangsparameter sind hier n und k in der Ebene aus Abb. 24 und die MOKE–Spektren aus Abb. 28. Abb. 32 2① d = 40 nm 2② d = 58 nm 2③ d = 80 nm 2④ d = 124 nm 2⑤ d = 160 nm Abb. 32: Voigt–Konstanten der VOPc–Proben der Gruppe 2. Das durchgezogene blaue Spektrum ist jeweils der Realteil, das gestrichelte rote der Imaginärteil. In der Gruppe 2 zeigt sich eine sehr gute Übereinstimmung zwischen den Proben 2② (58 nm) und 2③ (80 nm). Auch das Q–Spektrum der 40 nm dicken Schicht 2① stimmt mit denen der beiden nächstdickeren noch gut überein. Eine deutliche Verbreiterung der Struktur im Realteil bei 1,9 eV ist bereits bei der 124 nm–Schicht 2④ festzustellen. Auf Grund der diskutierten Fehlerquellen kann leider nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ob diese Veränderung mit der Schichtdicke tatsächlich in Q stattfindet, oder in dem nicht– magnetischen 5 Berechnung magnetooptischer Parameter Inhaltsverzeichnis65 Anteil von ñ. Auch in der Gruppe 2 weist die dickste Schicht die größten Abweichungen im Q–Spektrum auf. Der Grund liegt höchstwahrscheinlich wieder bei den verwendeten optischen Konstanten. Bei allen untersuchten VOPc–Schichten liegt die Größenordnung der Voigt– Konstanten im Q–Band bei etwa 2,5·10–4. 5.1.2 Voigt–Konstante von Kupferphthalocyanin Die ins Modell eingesetzten Größen sind für CuPc in Abb. 26 und Abb. 29 zu finden, die gewonnenen Q–Spektren sind in Abb. 33 dargestellt. Es wurden diejenigen optischen Konstanten verwendet, bei denen die Rauigkeit berücksichtigt wurde. Als Schichtdicken wurden dennoch die Werte ohne Berücksichtigung der Rauigkeit verwendet. Abb. 33 3④ d = 49 nm 3② d = 52 nm 3① d = 62 nm 3③ d = 73 nm 3⑤ d = 111 nm Abb. 33: Voigt–Konstanten der CuPc–Proben der Gruppe 3. Das durchgezogene blaue Spektrum ist jeweils der Realteil, das gestrichelte rote der Imaginärteil. 5 Berechnung magnetooptischer Parameter Die Annahmen anderer Schichtdicken Inhaltsverzeichnis66 im Modell, wie z.B. d = Schichtdicke + Rauigkeit, führten nicht zu besseren Ergebnissen, d.h. die Häufigkeit von Artefakten im Q–Spektrum erhöhte sich. Die Rauigkeit selbst schränkt wahrscheinlich die Gültigkeit des Modells ein. Sie führt zu Depolarisation an der Oberfläche. Die Auswirkung dieser Fehlerquelle ist weitestgehend unbekannt. Offenbar entstehen keine Artefakte, wie sie beispielsweise durch falsche Schichtdicken erzeugt werden, da die Anzahl der spektralen Strukturen mit der von VOPc vergleichbar ist. Versuche, Abschwächung des Lichts an der Grenzfläche Luft – Film im Modell zu berücksichtigen, führten immer zur Vermehrung unphysikalischer Peaks im Spektrum. Inwiefern Q durch diese Vereinfachung des Modells über- oder unterschätzt wird, kann daher nicht mit Sicherheit angegeben werden. Vergleicht man jedoch die Größe von Q für CuPc mit den Werten von VOPc, welches verhältnismäßig glatte Schichtoberflächen aufweist, liegt die Vermutung nahe, dass die Rauigkeit den MOKE–Messwert, und damit den berechneten Wert für Q verringert. Dabei wird davon ausgegangen, das VOPc und CuPc Q–Werte in der gleichen Größenordnung aufweisen sollten. In den CuPc–Proben liegen offenbar zwei unterschiedliche Situationen vor. Obwohl sich in der Ellipsometrie alle Proben recht gut mit den selben optischen Konstanten beschreiben lassen, gibt es Proben mit einem kleineren Q im Q– Band (3①, 3④, 3⑤) und andere mit einem größeren (3②, 3③), wie in Abb. 34 noch einmal deutlich gemacht wird. Abb. 34 a) b) Abb. 34: Gegenüberstellung der Voigt–Konstanten aller Proben der Gruppe 3. a) Realteil. b) Imaginärteil. Das Substrat scheint für diesen Unterschied die entscheidende Rolle zu spielen. Es besteht weder ein Zusammenhang mit der Abscheiderate (siehe 5 Berechnung magnetooptischer Parameter Inhaltsverzeichnis67 Tabelle 2), noch mit der Rauigkeit (Tabelle 3). Die beiden Proben, deren Schichten das größere Q zeigen, sind die einzigen, die auf H–passiviertem Si– Substrat abgeschieden wurden. Die Annahme einer 3 nm dicken SiO2–Schicht im Berechnungsmodell, die für die H–passivierten Substrate möglicherweise nicht genau stimmt, kann nicht für den Unterschied in Q verantwortlich sein. Q wurde auch unter der Annahme eines blanken Siliziumsubstrats für die Probe 3③, die auf passiviertem Substrat abgeschieden wurde, berechnet. Über den größten Teil des Spektrums zeigten sich nur marginale Unterschiede. Der Peak bei 2,15 eV zeigte die größte Abweichung und wuchs unter dieser Annahme sogar noch um 5,6 %. Die Röntgenbeugung hat für das passivierte Substrat die gleiche Dicke an Siliziumoxid ermittelt. Es ist daher nicht anzunehmen, dass das Oxid komplett entfernt wurde und keines nachgewachsen ist. Es kann also davon ausgegangen werden, dass das Wachstum auf dem passivierten Substrat dem CuPc andere magnetische Eigenschaften verleiht, während die optischen Konstanten im Rahmen der Bestimmungsmöglichkeiten gleich sind. Es ist nicht bekannt, ob die Ursache in der raueren SiO 2– Oberfläche oder in der eventuellen Verunreinigung durch Fluor während der Passivierung [05Se] zu suchen ist. Selbst die größeren Werte von Q für CuPc sind noch um den Faktor 2,5 kleiner als die von VOPc, obwohl alle VOPc– Schichten auf nicht–passiviertem Substrat hergestellt wurden. Ein weiterer Faktor neben der im Modell nicht berücksichtigten Depolarisation könnte die Molekülorientierung sein. Die Ellipsometriedaten (4.2) deuten darauf hin, dass die Ebene der CuPc–Moleküle einen größeren Winkel mit der PE einschließt als die Ebene der VOPc–Moleküle. Möglicherweise ist der magnetische Beitrag eher liegender Moleküle größer als der eher stehender. Es könnte einen kleinen Unterschied in der Orientierung der CuPc–Moleküle auf passiviertem Substrat gegenüber denen auf nicht–passiviertem Substrat geben, der so gering ist, dass er in den optischen Konstanten kaum einen Unterschied ausmacht. Diese Argumentation gilt aber sicher nicht sehr gut für VOPc, denn obwohl die optischen Konstanten auf einen Orientierungsunterschied zwischen Probengruppe 1 und 2 hindeuten, ist Q doch in für beide Gruppen etwa gleich groß. 5 Berechnung magnetooptischer Parameter 5.2 Inhaltsverzeichnis68 Berechnung von Größen des Faraday–Effekts Mit Hilfe der ermittelten Q–Spektren können nun Faraday– und MCD–Spektren berechnet werden. Zur Darstellung des Faraday–Effekts wird die Verdet– Konstante nach Gleichung 32 ermittelt. MCD–Werte werden nach Gleichung 30 unter Normierung von F auf die Schichtdicke und die Magnetfeldstärke B ausgerechnet. Dabei wird ein linearer Zusammenhang zwischen Q und B angenommen. 5.2.1 Vanadylphthalocyanin In Abb. 35 wird das aus den berechneten Q–Werten ermittelte Verdet– Spektrum mit dem Ergebnis des Larmor–Präzessionsansatzes (Kapitel 2.3.3, Gleichung 35) verglichen. Letzterer Ansatz benötigt die experimentell bestimmten optischen Konstanten, allerdings steckt in dieser Näherung keine experimentelle Information über das magnetische Verhalten des Materials. Abb. 35 a) b) Abb. 35: Vergleich der Verdet–Spektren von VOPc, ermittelt aus dem Larmorpräzessionsmodell (violette, durchgezogene Linie) und den berechneten Q– Werten (Linie mit Kreissymbol). a) optische Konstanten der Gruppe 1, Q der Probe 1④. b) n und k der Gruppe 2, Q der Probe 2②. Es zeigt sich, dass das einfache Larmor–Modell die generelle Linienform und die Größenordnung wiedergibt, jedoch wird der magnetooptische Effekt bei Photonenenergien kleiner als 3 eV unterschätzt. Die errechneten MCD–Spektren für VOPc sind in Abb. 36 dargestellt. Für die Gruppe 1 wurde das Q–Spektrum der Probe 1④ und für die Gruppe 2 das der Probe 2② verwendet, weil diese Spektren die glattesten sind. 5 Berechnung magnetooptischer Parameter Inhaltsverzeichnis69 Abb. 36 Abb. 36: Berechnete MCD–Spektren von VOPc. In der Literatur konnten keine Verdet– oder MCD–Spektren von VOPc gefunden werden. Daher ist ein Vergleich leider nicht möglich. 5.2.2 Kupferphthalocyanin Die berechneten Verdet–Spektren von CuPc sind in Abb. 37 zu dargestellt. Es wurde für die Berechnung eine Probe mit großem Q (3③) und eine mit kleinem Q (3①) ausgewählt. Die unterschiedliche Größe von Q spiegelt sich auch im Verdet–Spektrum wider. Abb. 37 Abb. 37: Vergleich des Verdet–Spektrums von VOPc, ermittelt aus dem Larmorpräzessionsmodell (violette, durchgezogene Linie) und den berechneten Q– Werten (Linie mit Kreissymbol, grün – Q der Probe 3③, blau – Q der Probe 3①). 5 Berechnung magnetooptischer Parameter Inhaltsverzeichnis70 Auch hier beschreibt das Larmor–Modell den Kurvenverlauf qualitativ. Für die Schichten mit dem großen Q unterschätzt die Larmornäherung wie bei VOPc die Verdet–Konstante. Die Verdet–Konstanten, die aus den kleineren Q–Werten der anderen drei Proben berechnet werden, liegen dagegen unter der Modellvoraussage. Im B–Band liegen die größten Abweichungen der Linienform vor, und die Verdet–Konstante wird hier vom Larmor–Modell generell überschätzt. Der letzte Fakt kann allerdings schlecht bewertet werden, denn die Fehlerquelle der Rauigkeit könnte zu einer generellen Unterschätzung von Q, und damit der Verdet–Konstanten bei der Berechnung aus den MOKE– Spektren führen. In Abb. 38 ist das aus Q beider „Arten“ von CuPc berechnete MCD–Spektrum mit durch Kreissymbole unterbrochene Linien dargestellt. Es wird verglichen mit einem Literaturspektrum [78Ho] (durchgezogene Linie). Die Linienform des aus der Voigt–Konstanten der Probe 3③ berechneten Spektrums stimmt im Q–Band sehr gut mit der Literatur überein. Bei 3,4 eV beginnt ein Versatz, der bis zum Ende des untersuchten Spektralbereichs ungefähr gleich bleibt. Der Grund für den Versatz ist zur Zeit unklar. Der Vergleich der Größenordnung der Werte ist nicht möglich, da die Literaturquelle die Normierung der Einheit zur Schichtdicke nicht angibt. Abb. 38 Abb. 38: MCD–Spektren von CuPc. Die durchgängige rote Linie ist aus [78Ho] entnommen. Die grüne Kurve mit den Kreissymbolen wurde aus dem Voigt–Spektrum der Probe 3③ (großes Q) berechnet, die blaue aus dem der Probe 3① (kleines Q). 6 Zusammenfassung Inhaltsverzeichnis71 6 Zusammenfassung In dieser Arbeit konnte erstmalig gezeigt werden, dass es möglich ist, auch für dünne Schichten aus paramagnetischem organischen Material magnetooptische Materialkonstanten mittels einer Kombination aus optischen und magnetooptischen Messungen zu bestimmen. Es wurden Schichten aus Vanadylphthalocyanin und Kupferphthalocyanin durch organische Molekularstrahl–Abscheidung hergestellt. Die Schichtdicken, Rauigkeiten und optischen Konstanten wurden aus Ellipsometriemessungen ermittelt. Es wurde festgestellt, dass die Herstellungsbedingungen, vor allem der Basisdruck bei der Abscheidung, und das Substrat Einfluss auf das Schichtwachstum und damit auf die optischen Eigenschaften der Schichten haben. Zudem konnte durch Reflexions–Anisotropie–Spektroskopie eine langsame, reversible Änderung der optischen Eigenschaften von VOPc bei tiefen Temperaturen gezeigt werden. Dafür werden Änderungen in der Kristallmorphologie verantwortlich gemacht. Für die spektroskopische Messung des MOKE wurde im Rahmen dieser Arbeit sowohl der experimentelle Aufbau als auch das Messprogramm erweitert. Zu den wichtigsten Verbesserungen zählen die Vollendung des Unterprogramms für Messungen mit variablem Magnetfeld und die Schaffung eines Programmteils für MOKE–Spektroskopie mit wählbarer Akkumulationszeit. Zur Gewinnung der magnetooptischen Materialkonstanten wurde ein Modell entwickelt, welches die numerische Berechnung der Voigt–Konstanten aus den optischen Konstanten und den experimentellen MOKE–Spektren ermöglicht. Erstmalig wurde ein solches Modell auf Systeme angewendet, an denen keine ferromagnetischen Komponenten beteiligt sind. Die Gültigkeit des Modells wird durch die Ähnlichkeit der Voigt–Spektren des organischen Materials für Proben mit unterschiedlichen Schichtdicken belegt. Desweiteren wurde u.a. das MCD– Spektrum von CuPc aus der ermittelten Voigt–Konstanten berechnet und mit Literaturdaten verglichen. Es zeigte sich eine sehr gute Übereinstimmung der Linienform über weite Spektralbereiche. Die Größenordnung der ermittelten Werte für die Voigt–Konstante liegt bei 10–4. Das ist um zwei Größenordnungen kleiner als es für ferromagnetische 6 Zusammenfassung Inhaltsverzeichnis72 Schichten berichtet wird [03Ne], [06He]. Es wurde für CuPc eine generell niedrigere Voigt–Konstante bestimmt als für VOPc. Folgende Erklärungen kommen in Frage: (a) CuPc hat tatsächlich eine generell geringere magnetooptische Aktivität als VOPc. (b) Die bei den CuPc–Proben ellipsometrisch ermittelte größere Rauigkeit führt zu einem systematischen Fehler bei der Bestimmung der Voigt– Konstanten. (c) Die Orientierung der Moleküle in der CuPc–Schicht hat einen entscheidenden Einfluss auf die Größe der magnetooptischen Aktivität bei fast senkrechtem Lichteinfall und die eher stehenden Moleküle in den untersuchten CuPc–Schichten stellen einen Fall geringer Aktivität dar. Der Punkt (c) wird dadurch unterstützt, dass bei CuPc zwei verschieden hohe Voigt–Spektren festgestellt wurden, in Abhängigkeit davon, ob das Si–Substrat passiviert wurde oder nicht. Obwohl durch die Ellipsometrie keine Unterschiede in den optischen Konstanten der CuPc–Schichten festgestellt werden konnten, könnte ein kleiner, vom Substrat induzierter Unterschied in der Orientierung der Moleküle für den Unterschied in der Voigt–Konstanten verantwortlich sein. Es stellte sich heraus, dass es für die Schichtdicke einen Bereich gibt, in dem die Bestimmung der Voigt–Konstanten am besten funktioniert. So ist bei Schichtdicken kleiner als 20 nm der MOKE so klein, dass die Messwerte sehr stark von Rauschen geprägt sind. Dagegen scheint bei Schichtdicken größer als 150 nm die Annahme einheitlicher optischer Konstanten über die gesamte Tiefe der Schicht fehlerhaft zu sein. Es zeigt sich, dass in den Fällen von VOPc und CuPc Schichtdicken zwischen 40 nm und 80 nm die besten Ergebnisse ermöglichen. 7 Literaturverzeichnis Inhaltsverzeichnis73 7 Literaturverzeichnis [07Fr] M. Fronk, B. Bräuer, D.R.T. Zahn, G. Salvan, Thin Solid Films, eingereicht 2007 [06Br] B. 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Forsythe, Smithsonian Physical Tables, 9th Revised Edition, Knovel, 1954 Danksagung Inhaltsverzeichnis75 Danksagung Zunächst möchte ich mich bei Herrn Mirko Kehr für die Durchführung der Röntgenbeugungsexperimente bedanken. Besonderer Dank gilt natürlich den Mitgliedern der Forschungsgruppe „Organische Halbleiter“: Meinem Büronachbarn Wen Li danke ich für seine Hilfe bei zahlreichen Experimenten und die interessanten fachlichen Diskussionen. Björn Bräuer war es, der mich durch eine ansprechende Ausschreibung meines späteren Spezialisierungspraktikumsthemas für den Magnetismus organischer Materialien „rekrutiert“ hat. Ihm ist es also zu großen Teilen zu verdanken, dass diese Arbeit überhaupt zu Stande kam. Weiterhin hat er mich auch während der Arbeit mit Tipps und Anregungen unterstützt. Ganz besonders bin ich Frau Juniorprof. Georgeta Salvan zu Dank verpflichtet, die mir die Möglichkeit der Bearbeitung dieser herausfordernden Thematik geschaffen hat. Sie hatte immer ein offenes Ohr für die Berichte über meine Teilerfolge und Rückschläge und natürlich habe ich von ihren Erfahrungen auf dem Gebiet der organischen Halbleiter profitieren können. Zudem gilt mein Dank Prof. Dietrich R. T. Zahn, der mir während der wöchentlichen Gruppentreffen so manchen wichtigen Hinweis gegeben hat. Den Mitgliedern seiner Professur „Halbleiterphysik“ möchte ich hiermit ebenfalls meinen herzlichen Dank für eine angenehme Arbeitsatmosphäre aussprechen. Besonders hervorzuheben ist der Einfluss von Daniel Lehmann auf meine Arbeit. Er hat mich durch seine freundschaftlich-lustigen, aber doch fachlich gehaltvollen Bemerkungen dazu angespornt, die Interpretation meiner Messwerte voranzutreiben. Ohne ihn wären in dieser Arbeit vielleicht die MOKE– anstatt der Q–Spektren als abschließendes Ergebnis präsentiert worden. Herrn Axel Fechner danke ich vor allem für die Tipps zum Programmieren mit Turbopascal, aber auch für viele andere Hilfestellungen im Zusammenhang mit der Hardware, die ich während meiner Diplomarbeit verwendet habe. Mein tiefster Dank gilt meiner Familie und ganz besonders meinen Eltern, die mir durch ihre Unterstützung und Geduld das Studium ermöglicht haben, welches mit dieser Arbeit seinen Abschluss findet. Anhang Inhaltsverzeichnis76 Anhang Ellipsometrie–Fits: Probe 1①: 17 nm VOPc auf Si/SiO2 Probe 1②: 41 nm VOPc auf Si/SiO2 Probe 1③: 55 nm VOPc auf Si/SiO2 Anhang Inhaltsverzeichnis77 Probe 1④: 70 nm VOPc auf Si/SiO2 Probe 1⑤: 360 nm VOPc auf Si/SiO2 Probe 2①: 40 nm VOPc auf Si/SiO2 Anhang Inhaltsverzeichnis78 Probe 2②: 58 nm VOPc auf Si/SiO2 Probe 2③: 80 nm VOPc auf Si/SiO2 Probe 2④: 124 nm VOPc auf Si/SiO2 Anhang Inhaltsverzeichnis79 Probe 2⑤: 160 nm VOPc auf Si/SiO2 Probe 3①: 62 nm CuPc auf Si/SiO2 Probe 3②: 52 nm CuPc auf H–passiviertem Si Anhang Inhaltsverzeichnis80 Probe 3③: 73 nm CuPc auf H–passiviertem Si Probe 3④: 49 nm CuPc auf Si/SiO2 Probe 3⑤: 111 nm CuPc auf Si/SiO2