02 / 2013 AS-Group: Neues Portal für ActiveSurveillance-Patienten Informationen und Erfahrungsaustausch Noch bis 2008 lautete die Therapieempfehlung beim lokal begrenzten Prostatakarzinom: Operative radikale Entfernung und/oder Bestrahlung. Inzwischen wurden die defensiven Strategien wie Active Surveillance (AS) und Watchful Waiting gleichberechtigt in die S3-Leitlinie aufgenommen. Bei der aktiven Beobachtung (AS) wird der Tumor durch regelmäßige PSA- und BiopsieKontrollen sowie Untersuchungen überwacht und erst dann behandelt, wenn es erforderlich ist. Watchful Waiting eignet sich für ältere Betroffene, die zusätzlich an anderen Erkrankungen leiden. Hier erfolgt eine Behandlung erst, wenn Beschwerden dieses erfordern. Die Aktive Beobachtung ist vor allem bei Prostatakarzinomen mit niedrigem Progressionsrisiko als Therapie in Erwägung zu ziehen. So schützt sie vor den möglichen unangenehmen Folgen einer Operation. Trotzdem wird AS als Therapiestrategie noch relativ selten praktiziert. Die Gründe sind vielfältig. Unzureichende Informationen und die Ängste der Patienten (den Tumor nicht möglichst schnell zu entfernen) spielen sicherlich eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund hat die Stiftung im September eine Plattform zum Thema AS online gestellt. Hier finden Betroffene und Fachkreise Informationen. In einem geschützten Bereich können Patienten ihre Erfahrungen austauschen und Gleichgesinnte finden. Weitere Schritte, wie die Initialisierung einer Selbsthilfegruppe und die Erstellung eines Patienten-Aufklärungsbogen, sind geplant. Wissensreihe Männergesundheit Mit den ersten drei Heften zu den Themen Depression, Erektile Dysfunktion und Prostatakarzinom hat die Stiftung im November ihre neue Wissensreihe Männergesundheit begonnen. Auf der Grundlagen der ärztlichen Leitlinien werden hier sachlich, unabhängig und leicht verständlich die wichtigsten Empfehlungen zu Behandlung und Umgang mit der jeweiligen Erkrankung vermittelt. Sind denn nicht schon genügend Patienten-Ratgeber erhältlich? Zu den meisten Erkrankungen sind Publikationen unterschiedlichster Art vorhanden. In den seltensten Fällen enthalten sie jedoch geschlechtsspezifische Differenzierungen. Die Aufmachung und Fotos vermitteln in vielen Fällen den Eindruck, es handele sich um eine typische Frauenerkrankung. Die Wissensreihe richtet sich nun inhaltlich und optisch vorrangig an den Mann. Weitere Hefte erscheinen in Kürze. Männergesundheits-Bibliothek Lesen Sie hier ein Interview mit der Bibliothekarin der Stiftung Männergesundheit, Frau Olga Berthold, um einen Einblick in die stiftungseigene Männergesundheits-Bibliothek gewinnen. Lieb: Frau Berthold, bitte beschreiben Sie die Bibliothek mit ein paar Worten. Berthold: Die Bibliothek umfasst an die 1.400 Titel. Monographien, Broschüren, Zeitschriften und DVDs. Die meisten Werke stammen aus dem Fachgebiet der Urologie, Chirurgie und Onkologie. Weitere Sachgebiete sind Andrologie, Anatomie, Sexualität, Gender, Partnerschaft, Familie und Vaterschaft. Die Bibliothek stellt einen ideellen Wert dar. Sie deckt ein breites thematisches Spektrum an Fach- und Sachbüchern ab. Lieb: Wie schätzen Sie das Verhältnis zwischen historischen und neueren Werken ein? Berthold: Ein paar Exemplare über Medizin stammen aus dem 19. Jahrhundert. Zum Thema Männergesundheit wurde vor allem ab den 1980er Jahren viel publiziert. Gerne würden wir weitere neue Publikationen erwerben. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass es die Möglichkeit gibt für diesen Zweck zu spenden. Lieb: Welches Buch finden Sie besonders spannend? Berthold: Ich persönlich finde vor allem die Antiquariate besonders interessant. Lieb: Sind auch Restaurierungen der historischen Dokumente nötig? Berthold: Ungefähr 30 Bücher müssen dringend restauriert werden. Das kostet zwischen 30 und 50 Euro pro Buch. Dazu werden „Buchpaten“ gesucht. Wer uns bei der Restaurierung der Bücher unterstützen möchte, kann sich gerne an die Stiftung Männergesundheit wenden. Die Namen der Paten werden dankend auf der Homepage veröffentlicht. Lieb: Welche Arbeiten führten Sie in den letzten Monaten in der Bibliothek durch? Berthold: Das Katalogisieren hat in den letzten Monaten am meisten Zeit in Anspruch genommen und ist noch nicht ganz abgeschlossen. Ich habe eine hauseigne Systematik erarbeitet. Die Erhaltung einer Bibliothek ist arbeitsintensiv. Lieb: Welche Ankäufe sind in nächster Zeit nötig? Berthold: Neuanschaffungen sind zu den Themen Burnout, neue Vaterrolle, Lebenskrisen und Sucht geplant. Lieb: Was ist das Besondere an der Bibliothek der Stiftung Männergesundheit? Und welche Themen werden in Zukunft an Aktualität gewinnen? Berthold: Meiner Meinung nach, ist es das „lückenlose“ Sammeln von Werken, die an einem Ort zugänglich sind, das Besondere unserer Bibliothek. Natürlich wird eine Sammlung nie ganz lückenlos sein. Eine Bibliothek lebt ja auch vom Weitersammeln. Eine Aufgabe für die Zukunft ist, die Verfügbarkeit von elektronischen Medien auszubauen. Lieb: Frau Berthold, vielen Dank für das Interview! Männergesundheit und Männergesundheitspolitik – Strategieentwicklung Diesjähriger Workshop der Stiftung Deutschlandweit fehlen eine Strategie sowie ein Maßnahmenkatalog, um die gesundheitlichen Chancen von Männern nachhaltig zu verbessern. Mit dem Ziel, dieses zu ändern, veranstaltete die Stiftung Männergesundheit im November den Workshop „Männergesundheit und Männergesundheitspolitik – Strategieentwicklung“, der großes Interesse hervorrief und Referenten und Teilnehmer intensiv diskutieren ließen. Stadtreinigung, berichtete von ihren Erfahrungen mit betrieblichen Gesundheitsaktionen in einem Unternehmen mit über 90% männlichen Mitarbeitern. Eine Umfrage hatte ergeben, dass die Mehrheit der Mitarbeit der Meinung sind, bereits etwas für ihre Gesundheit zu tun und aus diesem Grunde die betrieblichen Angebote nicht wahrnehmen. Am meisten interessieren sie Beratungen zu den Themen Ernährung, Stress und gesund altern. Herr Altgeld von der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin in Niedersachsen e.V. warf die Frage auf, warum bei Männern Prävention nur selten funktioniert und ob möglicherweise ihr riskantes gesundheitsbezogenes Verhalten und die Nichtinanspruchnahme von bestimmten Angeboten der Gesundheitsförderung nicht ein Ausdruck von Männlichkeit sei. Er rät, Präventionsangebot bei der männlichen Selbstwahrnehmung anzusetzen. Frau Prof. Anne Maria MöllerLeimkühler von der Psychiatrie und Psychotherapie der Maximilian Universität München warnte vor einer Unterschätzung der psychischen Gesundheit bei Männern. Jeder 3. Mann sei von einer psychischen Störung betroffen. Häufig werden diese nicht erkannt und demzufolge auch nicht therapiert. Die Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen nehmen zu. Die Suizidrate von Männern sei doppelt so hoch wie die der Frauen. Durch Stärkung des eigenverantwortlichen Gesundheitsverhaltens, durch Reduktion von Stressfaktoren am Arbeitsplatz, durch Sensibilisierungs- und Entstigmatisierungskampagnen und durch Forschung könne jedoch viel erreicht werden. Im weiteren Verlauf stellte Frau Dr. Monika Köster von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) das im letzten Jahr online gestellte Männergesundheitsportal vor. Der Master-Student Nicholas Alexander referierte über seine Forschungsarbeit, die sich mit der methodischen Begründung eines Indikatorensatzes für Männergesundheit befasst. Herr Prof. Dr. Theodor Klotz, Leiter des Klinikums Weiden, identifizierte die verschiedenen Arbeitsfelder, in denen seiner Meinung nach Handlungsbedarf besteht. Er schlug u.a. vor, sich für eine höhere Anzahl an männlichen Mitarbeitern in Kitas und Schulen einzusetzen, mehr Anstrengungen in Betrieblicher Gesundheitsförderung zu unternehmen, die U25 zu propagieren und die regionalen Hilfsangebote für Männer auszubauen. Frau Angela Janecke, Leiterin der Abteilung Gesundheit und Soziales bei der Berliner Wie steht die Stiftung Männergesundheit zum PSA-Test zur Prostatakrebsfrüherkennung? Männern ab 40 Jahre wird von Ärzten die Durchführung eines sogenannten PSA-Tests zur Prostatakrebsfrüherkennung angeboten. Die Untersuchung muss vom Patienten selbst bezahlt werden, es sei denn, es besteht ein konkreter Verdacht (z.B. bei einem positiven Tastbefund). Viele Männer sind unsicher, ob der Test für sie sinnvoll ist oder nicht. Fakt ist: Wenn 1.000 Männer den Test machen, kann dadurch ein Prostatakrebstod verhindert werden. Gleichzeitig werden aber auch 36 Männer mit einer Prostatakrebserkrankung diagnostiziert, die nicht an dem Tumor gestorben wären. Sie hätten wahrscheinlich zeit ihres Lebens nicht einmal bemerkt, dass sie Prostatakrebs haben. Stattdessen werden sie mit der Diagnose Krebs konfrontiert, lassen sich in der Regel sofort behandeln und müssen mit den möglichen Folgen wie Impotenz (betrifft einen großen Teil der Operierten) oder Inkontinenz leben. Sollten wir deshalb den PSA-Test verteufeln? Nein – so die einhellige Meinung der Experten der Stiftung Männergesundheit: „Die Übertherapie ist per se kein Problem des Tests, sondern Folge der mangelnden Aufklärung und eines allgemeinen Therapieübereifers“, so Prof. Dr. Lothar Weißbach, wissenschaftlicher Vorstand der Stiftung. „Anstatt sich reflexartig einer interventionellen Therapie (OP, Bestrahlung) zu unterziehen, sollte sich jeder neu diagnostizierte Patient zunächst über alle Therapieoptionen, auch die der Aktiven Überwachung („Active Surveillance“), informieren und gemeinsam mit dem behandelnden Arzt abwägen, ob eine Therapie überhaupt notwendig ist“. So ließe sich die Überbehandlung vermeiden, die dem PSA-Test angelastet wird. Also, soll man oder soll man nicht? Diese Frage muss jeder Mann für sich beantworten und das Für und Wider individuell abwägen, nachdem er sich umfassend über den Test informiert hat. Diese schwierige Entscheidung kann er erst dann treffen, wenn er wertneutral aufgeklärt wurde, d. h. durch Ärzte, die nicht von Zielvereinbarungen, Kopfpauschalen oder andere wirtschaftlichen Zwänge abhängig sind. Am besten geschieht das bei Experten, die nicht an der Behandlung beteiligt sind. Einer von tausend Männern kann durch den Test gerettet werden, aber 36 Männer erhalten die Diagnose Prostatakrebs, ohne dass diese in ihrem Leben relevant geworden wäre. Diese 36 Männer müssen sich allerdings nicht einer Therapie unterziehen, die die Lebensqualität mindert, sondern könnten ebenso gut zuwarten. Der Test würde das Leben dieser Betroffenen dann nicht groß verändern, außer dass sie mit dem Wissen um den Tumor leben müssten. Was Kritiker des PSA-Tests vergessen: Immerhin gibt er 963 der tausend Männer auch die Sicherheit, dass sie vermutlich keinen Prostatakrebs haben! Alkohol – ein gesellschaftliches Problem Ein Gläschen Sekt zum Anstoßen oder ein Glas Rotwein zum Essen. Nicht nur besondere Anlässe, Feiern oder Partys sind damit verbunden: Alkoholische Getränken sind auch ein selbstverständlicher Teil des Alltags vieler Menschen. Zum Problem wird dies vor allem dann, wenn es zum Missbrauch von Alkoholika kommt – ein Phänomen, das alle sozialen Schichten betrifft. Allerdings variieren die Motive für den Konsum je nach Milieu und Individuum. Personen mit hohen Ausbildungsabschlüssen trinken Alkohol deutlich öfter, um sich zu „erholen“, so die Ergebnisse einer Repräsentativbefragung des Landesinstituts für Arbeitsgestaltung in Nordrhein-Westfalen (LIA) im Mai 2013. Die subjektive Verbindung von Alkohol mit Entspannung ist eine gefährliche Kombination, die Suchtverhalten begünstigt. Der Griff zur Flasche ist dabei als fixer Bestandteil in die Gestaltung des Alltags eingebettet. Vor allem Männer versuchen beruflichen Stress, ein hohes Arbeitspensum und die beträchtliche Anforderungen am Arbeitsplatz mit ein paar „Gläschen“ zu kompensieren. Die Tendenz steigt mit zunehmendem Alter, so die LIA. Alkoholische Getränke sind in den meisten Ländern leicht verfügbar und legal erwerbbar – dass die (hoch)prozentige Flüssigkeit die weltweit am häufigsten verbreitete Droge ist, wird dabei oft ausgeblendet. Die Substanz zählt laut WHO zu den stärksten Risikofaktoren für die Gesundheit vor allem in Europa, Amerika und den Staaten des westlichen Pazifiks. Auch in Deutschland ist der Alkoholkonsum beträchtlich. Der durchschnittliche Alkoholverbrauch pro Kopf beträgt in der Bundesrepublik 9,6 Liter – ein, im internationalen Vergleich, hoher Wert. Die eigenen Trinkgewohnheiten genau im Blick zu behalten ist ratsam, denn diese können sich negativ auf das eigene Wohlbefinden auswirken und fatale Folgen für die Gesundheit haben. Übermäßiger Alkoholkonsum schwächt das Immunsystem und begünstigt die Genese neuropsychiatrischer Störungen, Epilepsie, Herz-KreislaufErkrankungen, Leberzirrhose und verschiedener Krebserkrankungen. Laut dem aktuellen Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung sterben pro Jahr in Deutschland 74.000 Menschen an den direkten und indirekten Folgen übermäßigen Alkoholkonsums. Für die deutsche Volkswirtschaft und das Gesundheitssystem entstehen dadurch hohe Kosten. Prävention muss möglichst früh ansetzten: Am besten schon bei Kindern und Jugendlichen. So zeigt etwa eine Studie der BZgA aus dem Jahr 2011, dass der Alkoholkonsum unter Jugendlichen zwar rückläufig ist – aber dennoch auf hohem Niveau verharrt. Veranstaltungshinweise "Männer - souverän im Stress?" So lautet der Titel der Fachtagung zur Jungen- und Männergesundheit, auf der aktuelle Trends in der Männergesundheit betrachtet und bewertet werden sollen. Sie findet am Mittwoch, 29. und Donnerstag, 30. Januar 2014 in der Ev. Akademie Bad Boll statt. Anmeldung: [email protected]; 2. gemeinsamer Männergesundheitskongress der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) am 28.03.2014 in Berlin. Mehr Informationen dazu finden Sie im Internet unter: www.maennergesundheitsportal.de Personalien Prof. Dr. med. Theodor Klotz, MPH, ist Facharzt für Urologie und DiplomGesundheitswissenschaftler. Seit 2001 ist er Chefarzt der Klinik für Urologie, Andrologie und Kinderurologie am Klinikum Weiden. Er hat Zusatzqualifikationen in den Bereichen Andrologie, Medikamentöse Tumortherapie, Spezielle urologische Chirurgie und Palliativmedizin. Er ist Mitglied in der European Board of Urology, der Deutschen Gesellschaft für Urologie sowie in der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit. Er ist einer der Initiatoren des Deutschen Männergesundheitsberichts und beschäftigt sich seit ca. 20 Jahren mit interdisziplinären Aspekten zur Männergesundheit. Seit 2013 ist Herr Prof. Klotz Mitglied im Beirat der Stiftung Männergesundheit. Förderverein Stiftung Männergesundheit e.V. Claire-Waldoff-Str 3 10117 Berlin Telefon: 030 652126 121 Fax: 030 652126 112 E-Mail: [email protected] Sie unsauch auchimimWeb Web unter Sie finden finden uns unter www.fv-stiftung-maennergesundheit.de www.fv-stiftung-maennergesundheit.de