Über die Koordinationspolymeren M (II)[Pt (CN) 6], II

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Über die Koordinationspolymeren M (II) [Pt(CN)6] , II
Schwingungsspektren und Kraftkonstanten
Coordination Polymers M (II)[Pt(CN)6], I I
Vibrational Spectra and Force Constants
H a n s S ie b e r t u n d M a n f r e d W e is e
Anorganisch-Chem isches In stitu t der U n iversität H eidelberg
(Z. Naturforsch. 30 b, 669-676 [1975]; eingegangen am 26. Juni 1975)
V ibrational Spectra, Coordination P olym ers
T he IR spectra (33-4000 cm -1) and th e R AM AN spectra (0-2500 cm -1) o f th e com ­
p lexes M (II)[Pt(CN )6] (M = Mg, Ca, Cr, Mn, F e, Co, N i, Cu, Zn, Cd) h ave been recorded.
In th e region 3 3 -300 c m '1, th e IR spectra o f the isotopic com pounds w ith MZn and 68Zn
and w ith 58N i and 62N i have been obtained. The observed frequencies are assigned to th e
norm al m odes o f th e lattices.
A norm al coordinate analysis has been carried out for th e above coordination polym ers.
T he force con stan ts o f th e Pt(CN)6 m oiety are w ith one excep tion identical w ith those
obtained for th e isolated ion. The CN valen cy force constant is sligh tly sh ifted to higher
valu es. T he v a len cy force constants o f th e coordinative bonds M (II)-N are in th e range
0,1-1 m d yn/A . This variability is considered to stem prim arly from ligand field effects.
Die Verbindungen M(II)[Pt(CN)e] sind Koordi­
nationspolymere, in denen die M(II)-Ionen okta­
edrisch von 6 N-Atomen des [Pt(CN)e]2- koordi­
niert sind (vgl. Mitt. I 1). Die Einfachheit des Gitter­
aufbaues reizt dazu, die Schwingungsspektren
dieser Verbindungen zu untersuchen, um mit ihrer
Hilfe Aussagen über die koordinativen Bindungen
M(II)-N sowie über die Veränderungen, die das
[Pt(CN)e]2- durch die Koordination erfährt, zu
machen. Zudem sind diese Verbindungen ideale
Modellsubstanzen für die bekannten Berlinerblau-Verbindungen. Ähnliche, aber komplizier­
ter zusammengesetzte
Koordinationspolymere
Cs2Li[Me(CN)6] sind bereits schwingungsspektro­
skopisch untersucht worden2-5.
Schwingungsspektren der kubischen K ristalle
M [P t(C N )e]
Die an den Kristallpulvern gemessenen Spektren
sind in Tab. I zusammengestellt. In den IR-Spektren der wasserhaltigen Salze wurden noch die
Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H a n s S i e ­
Anorganisch-Chem isches In stitu t der U n iversi­
tä t H eidelberg, D -6900 Heidelberg 1, Im N euenheim er
F eld 270.
b e r t,
H20-Banden 1630 (w,b) und 3400 (m,b) cm-1 be­
obachtet.
Die Verbindungen kristallisieren in der Raum­
gruppe 0£ - Fm3m mit Z = 41). Die Abzählung
der Normalschwingungen ergibt für die Primitiv zelle mit 1 Formeleinheit (Faktorgruppe Oh):
N = 2 Aig(Ra) + 2 Eg(Ra) + 2 FXg(-) +
5 Fiu(IR) + 2 F2g(Ra) + 2 F2u(-).
In Klammern sind die Aktivitäten angegeben (Ra
= RAMAN-Effekt; IR = IR-Spektrum; - inak­
tiv). Das Ion [Pt(CN)e]2- behält im Kristall die
Symmetrie Oh bei; es kommen zu seinen Normal­
schwingungen hier noch 2 Schwingungen hinzu, die
für den gedachten Fall eines Ionenkristalls als
Gitterschwingungen, im Falle einer koordinativen
Bindung M(II)-N als Schwingungen des MNöOktaeders aufzufassen sind. Die eine dieser Schwin­
gungen fällt in die Rasse Fig und ist nicht beobacht­
bar; die andere (eine Translations- bzw. MNValenzschwingung) fällt in die IR-aktive Rasse
FiuIn allen Fällen wurde genau die oben geforderte
Zahl von Schwingungsbanden gefunden. Dies kann
als Stütze für das Vorliegen der Raumgruppe 0{j
Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung
in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der
Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:
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H. SIEBERT-M. WEISE • SCHWINGUNGSSPEKTREN VON M(II)[Pt(CN)6]
670
Tab. I. Schw ingungsspektren der kubischen Salze M (II)[Pt(CN)e] in cm - 1 ;
s = stark, w = schw ach, v = sehr, v — V alenz-, <5 = D eform ationsschw ingungen.
[P t(C N )6]2_
2211
2200
469
464
431
109
2190
484
419
(« 100)
Mg
Ca
Mn
M (II)
Fe
Co
Ni
Zn
Cd
In t.
Zuordnung
2261
2246
536
502
441
216
2244
2228
513
501
432
156
2249
2234
531
497
434
194
2254
2238
539
503
437
208
2258
2242
542
505
440
217
2266
2250
552
511
445
242
2260
2243
549
493
439
219
2253
2237
535
492
431
177
vs
s
w
w
w
WS
n (Aig) vcn
1>3 (Eg) VCN
V2 (Aig) vptc
1>4 (Eg) Vptc
2236
507
472
203
303
2222
2228
498
452
198
178
2231
503
457
223
185
2235
505
462
241
187
2241
509
464
266
189
2237
501
450
217
161
2229
494
447
179
136
495
453
156
186
gewertet werden, denn beim Vorliegen einer ande­
ren kubisch-flächenzentrierten Raumgruppe mit
vierzähligen Lagen sind mehr Normalschwingungen
beobachtbar (T2: Ra 15, IR 11;
und O3: Ra 8 ,
IR 7; T^: Ra 10, IR 7). Ferner werden keine syste­
matischen Koinzidenzen in Raman- und IR-Spektrum beobachtet, so daß die Raumgruppen T 2 und
T | auch aus diesem Grunde ausscheiden.
Die Zuordnung der beobachteten Frequenzen zu
den Normalschwingungen kann durch Vergleich
mit den Schwingungen des freien Ions [Pt(CN)e]2erfolgen6. Im RAMAN-Spektrum des Ions in Lö­
sung gehören nach den Polarisationsmessungen die
Frequenzen 469 (vptc) und 2211 ( vc n ) cm-1 zur
Rasse Aig; die beiden etwas niedrigeren depolarisierten Banden 464 und 2200 cm-1 also zur Rasse
Eg. Die gleiche Frequenz Verteilung wird für die
Banden der Kristalle M[Pt(CN)e] angenommen.
Die beiden übrigen Frequenzen im RAMAN-Spek­
trum gehören demnach in die Rasse F 2g. Auffällig
ist die hohe Frequenz und Intensität von vg.
Die Lage der Bande um 2200 cm-1 im IR-Spektrum weist sie als CN-Valenzschwingung aus. Die
Zuordnung der beiden Banden um 500 cm-1 zu
vcn und dptcN folgt der von J o n e s et al. getroffenen
Zuordnung an anderen Hexacyanometallaten
M(CN)6n_ 7’8. Die beiden übrigen Schwingungen der
Rasse Fiu gehören zu vmn und <5cptc- Eine Entschei­
dung über ihre Zuordnung wurde mit Hilfe von
M-Isotopenspektren gefunden. Es ist zu erwarten,
daß vmn auf eine Variation der Masse von M stärker
anspricht. Dies wurde anhand der Isotopen
58Ni/62Ni und 64Zn/68Zn überprüft (vgl. Tab. II).
Tatsächlich wird in diesen Fällen die niedrigere
W S
s
W S
vs
w
V12 (F2g) <5ptCN
V 1 3 (F 2g) ÖcPtC
V7 (Flu) VCN
Vs (Flu) <5ptCN
V9 (Fiu) vptc
n o (Fiu) dcptc
vii (Fiu) v m n
Frequenz stärker verschoben, so daß diese als
anzusprechen ist.
j »m k
Tab. II. Spektren der isotopen V erbindungen
58Ni[Pt(CN)6], 62N i[P t(C N )6], 64Z n[P t(C N )6]
und 68Zn[Pt(CN)e] im fernen IR .
58N i[P t(C N )6]
62N i[P t(C N )6]
64Z n[Pt(C N )6]
68Zn[Pt(C N)6]
VMN
dcptc
191
187
162
158
266
264
217
216
Die Größe der Verschiebung entspricht etwa der
Erwartung. Wenn der gesamte Masseneffekt sich
auf die Schwingung vmn auswirken würde, gilt für
das Verhältnis der Frequenzen nach der Produkt­
regel für das Isotopenpaar 58Ni/62Ni 1,029 und für
64Zn/68Zn 1,026. Frequenzen um 200 cm-1 sollten
sich also höchstens um 6 cm-1 bei der genannten
Isotopensubstitution verschieben; beobachtet wur­
den 4 cm-1. Für tetraedrisch mit N koordinierte Znund Ni-Komplexe wurden vergleichbare Isotopenverschiebungen beobachtet9.
Die gleiche Zuordnung wird für die übrigen Salze
gewählt, mit Ausnahme von Mg[Pt(CN)e] und
Ca[Pt(CN)6], für welche vmn > <5ctpc angenommen
wird. Diese Zuordnung stützt sich auf den Fre­
quenzgang von (5cptc(F2g), der bei den übrigen
Komplexen parallel zu <5cptc(Fiu) verläuft.
Schwingungsspektren von C r[ P t( C N ) e ] und
C u [ P t( C N ) e]
Die gemessenen Spektren sind in Tab. III zu­
sammengestellt. Diese Substanzen kristallisieren
in der Raumgruppe D ^ - I4/mmm mit Z — 21.
Die Faktorgruppenanalyse ergibt für die primitive
H. SIEBERT-M. WEISE • SCHWINGUNGSSPEKTREN VON M(II)[Pt(CN)6]
Tab. H I . Schw ingungsspektren v o n Cr[Pt(CN)e] und
Cu[Pt(CN)6]; s = stark, w = schw ach, v = sehr,
m = m ittel, v — V alenz-, <5 = D eform ationsschw in­
gungen.
Cr[Pt(CN)6] C u[Pt(C N )6]
Zuordnung
2258
2246
2224
546
521
477
448
433
235
179
(s)
(m)
(m)
(m)
(vw)
(vs)
(vw)
(vw)
(m)
(m)
R am an- Spektrum
2273 (vs)
v i (Aig)
vcn
2257 (s)
v 3a, (Big)
VC N
2228 (s)
V3b (Aig)
VC N
571 (m)
V2
(Aig)
vptc
507 (vw)
v 4a, (Big)
vptc
475 (s)
J>4b (Aig)
vptc
451 (w)
1 n 2a (B2g)
1 <5ptCN
/ j>5h ( E g ), n 2b (E g ) jr
432 (w)
269 (m)
Vl3a (B 2g)
<5cptc
195 (w s )
Vl3b (Eg)
<5cPtC
2239
2211
518
497
479
439
434
272
237
179
136
92
(w s )
(w)
(s)
(w)
(w s )
(s)
(s)
(w s )
(vs)
(vw)
(vs)
(w)
2253
2214
519
497
472
441
432
264
245
204
151
100
IR -Spektrum
(w s )
^7a (Eu)
(w)
VVa (A2u)
(s)
V8a (Eu)
(w)
V8b (A2u)
(w s)
V9a (Eu)
(s)
\ ^9b (A2u)
(s)
J Vl4b (Eu)
(w s)
noa (Eu)
(vs)
n s b (Eu)
(w)
J'lla (Eu)
(s)
VlOb (A2u)
(m)
n ib (A2u)
VCN
VCN
<5ptCN
ÖptCN
VP tC
vptc
<5ptCN
<5cptc
<5cptc
VMN
^CPtC
VMN
Zelle mit 1 Formeleinheit (Faktorgruppe Ü 4h) als
Zahl der Normalschwingungen und ihre Beobachtbarkeit:
N = 4 Aig(Ra) + 2 A2g(-) + 5 A2u(IR) +
2 Big(Ra) -j- 2 B 2g(Ra) -f- 2 B 2u(—)
4 Eg(Ra) + 7 EU(IR)
Man gelangt zu der Zuordnung, wenn man die
tetragonalen Salze als „gestörte“ kubische Salze
ansieht, in denen eine Elementarachse gedehnt ist,
wodurch man von der Faktorgruppe Oh zu D/m ge­
langt. Der spektrale Übergang verlangt, daß die in
Oh entarteten Schwingungen jetzt in zwei Kompo­
nenten aufspalten (vgl. Tab. IV). Beachtet man
Tab. IV . Spektraler Ü bergang Oh -> D ^ .
Oh -> D411
Aig -*• Aig
Eg -> Aig +
F ig -> A2g +
F 2g -> B2g +
Fiu -*■ A2u +
F 2u —
> B 2u -f-
Big
Eg
Eg
Eu
Eu
671
ferner, daß bei den kubischen Verbindungen eine
Vergrößerung der Elementarachse mit einem Ab­
sinken der Systemfrequenzen verbunden ist, so
kann man auch die Rassen angeben, in welchen die
höher- bzw. niederfrequente Komponente liegen.
Der Vergleich der Spektren von Cr[Pt(CN)e] und
Cu[Pt(CN)6] mit dem des Ni[Pt(CN)e] erlaubt die
höherfrequenten Schwingungen zuzuordnen, da
die kurzen Elementarachsen der gedachten durch
Dehnung eines Kubus entstandenen Elementar­
zellen von vergleichbarer Größe sind (Cu-Salz
10,31; Cr 10,46; Ni 10,46 Ä; vgl.x). Auf diese Weise
gelangt man zu der in Tab. III angegebenen Zu­
ordnung. Die Numerierung der Frequenzen wird
von den kubischen Salzen übernommen; die Kom­
ponenten der aufgespaltenen Schwingungen wer­
den durch die Indices a (für die höhere Kompo­
nente) und b (für die niedere) unterschieden.
Die RAMAN-Spektren sind nicht ganz voll­
ständig; es fehlen 2 Frequenzen. Eine davon ist
eine PtCN-Deformationsschwingung, die im Be­
reich um 450 cm-1 erwartet werden darf, die andere
die MN2-Deformationsschwingung V6b(Eg) (Rota­
tionsschwingung im ionischen Fall), die wahrschein­
lich wegen ihrer niedrigen Lage (wohl unter
100 cm-1) der Beobachtung entging. Die Zuordnung
der RAMAN-Banden darf als weitgehend gesichert
gelten mit Ausnahme der PtCN-Deformationsschwingungen.
Die Zahl der beobachteten IR-Banden stimmt
mit der Erwartung überein. Die Zuordnung ist für
die CN-Valenzschwingungen gesichert, für alle
übrigen Frequenzen ist sie plausibel.
Kraftkonstanten der kubischen Verbindungen
Bei der Verwendung der üblichen GF-Matrixmethode erhält man für die Rassen Aig, Eg und
F2g der kubischen Salze die gleichen G-Matrizen
wie für das freie [Pt(CN)e]2~, sie sind z.B. bei
J o n e s 10 angegeben. Die G-Matrix der Rasse Fiu ist
hier von der Ordnung 5 gegenüber 4 bei [Pt(CN)6]2-;
zu den früher angegebenen Gliedern10 kommt hier
noch ein Glied hinzu, das die Bewegung der MNBindungen beschreibt sowie ein Wechselwirkungs­
glied mit der CN-Koordinate, die übrigen Wechsel­
wirkungsglieder sind Null.
Für die Potentialfunktion wurde ein Valenzkraftfeld mit Wechselwirkungskonstanten ange­
nommen, wie es für die vergleichbaren Substanzen
[Co(CN)6]3-s, Cs2Li[Co(CN)6] 3 sowie [Fe(CN)6]3-
672
H. SIEBERT-M. WEISE • SCHWINGUNGSSPEKTREN VON M(II)[Pt(CN)6]
und Cs2Li[Fe(CN)e]5 verwandt wurde. Da die Zahl
der Potentialkonstanten wegen der vielen Redun­
danzen wesentlich größer als die der beobachteten
Frequenzen ist, müssen eine Reihe von Verein­
fachungen vorgenommen werden.
Die Matrizen lauten für die Rassen Aig und Eg:
G(Aig):
F(Aig):
gu = nc, + [*n gi 2 = —^ c g 22 = /uc
fn = fcN + 4 f 'cn + fjlN + 4 f 'mn
fl2 = f'ptC/CN + f>IN + 4 f 'mn
/22 = fptC + 4 f'ptC + flMN + 4 f'mn
G(Eg) :
g33 = f*C +
g34 = ---Hc g44 — [^C
^(Eg) :
f33 = fcN-- 2 f 'cn + fMN---2 f 'mn
f34 = f'ptc/cN + fMN “ 2 f ' mn
fl4 = fptC —2 f'ptC + fMN —2 f 'mn
Hierin bedeuten (Xi = 1/mi; fxyist die Valenzkraft­
konstante der Bindung X -Y ; f 'xy sind die Wechsel­
wirkungskonstanten der Bindungen X-Y unter sich,
die in m-Stellung zueinander stehen (90 °C);
f'ptc/cN bezieht sich auf die Wechselwirkung der
PtC- mit den CN-Bindungen mit gemeinsamem
C-Atom. Die Wechselwirkungskonstanten der Bin­
dungen XY in frans-Stellung zueinander (fxy)
sind weggelassen; sie treten als additives Glied zu
jedem fxy hinzu (fxY + f"xY). Auf die Wiedergabe
der Matrizen für die übrigen Rassen wird verzichtet.
Trotz der vorgenommenen Vereinfachungen über­
steigt die Zahl der Kraftkonstanten immer noch die
der beobachteten Frequenzen. Um trotzdem zu einer
Lösung zu gelangen, wird versuchsweise angenom­
men, daß die Kraftkonstanten fptc, f'ptc und
f'ptc/cN sich beim Übergang vom freien Ion
[Pt(CN)e]2~ zum Komplex M[Pt(CN)e] nicht ändern.
Nach den Untersuchungen an den vergleichbaren
Substanzpaaren [Fe(CN)e]3~ und Cs2Li[Fe(CN)e]
sowie [Co(CN)6]3_ und Cs2Li[Co(CN)6] 3’5’8 ist diese
Annahme plausibel. Die Konstanten für das freie
[Pt(CN)e]2~ sind in Tab. V zusammengestellt.
Tab. V. K raftkonstanten von [Pt(CN )e]2“ in m dyn/Ä,
berechnet aus den Frequenzen von Ä ig und E g, bei
V ariation von f'ptciPNf'ptC/CN
fcN
f'CN
fptc
f'ptc
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
17,415
17,536
17,655
17,774
17,891
18,008
0,027
0,027
0,027
0,027
0,027
0,027
3,527
3,503
3,481
3,461
3,442
3,424
0,013
0,013
0,013
0,013
0,013
0,013
wurde systematisch zwischen 0 und
0,5 mdyn/Ä variiert; dieser Bereich ist wahrschein­
lich, da für die entsprechende Konstante des
[Fe(CN)6]3- 0,17* und die des [Co(CN)6]3- 0,24
mdyn/Ä8 gefunden wurde.
Mit den Zahlen der Tab. V wurden die Kraftkon­
stanten der kubischen Verbindungen M[Pt(CN)e]
für die Rassen Aig und Eg berechnet. Es zeigt sich,
daß die neue Konstante fMN nur wenig von dem
Wert von f'ptc/cN abhängt; die Schwankung beträgt
zwischen den Extremwerten f'ptc/CN = 0 und
0,5 mdyn/Ä nur 3%. Die erhaltenen Zahlen sind
daher nm für den willkürlich gewählten Wert
f'ptc/cN — 0-3 mdyn/Ä in Tab. VI zusammengestellt.
f'p tc /c N
Tab. V I. K raftk on stan ten der K om p lexe M [Pt(CN)e]
in m dyn/Ä .
Für die R assen Axg und E g bzw . A ig und B ig w urden die
W erte fptc — 3,461, f'ptc — 0,013 und f'ptc/cN — 0,300
m dyn/Ä vorgegeben. M eth. I = M ethode v o n B e c h e r
und M a t t e s 11; M eth. I I = M ethode v o n M ü l l e r 12.
fcN
M g[Pt(CN)6]
Ca[Pt(CN)6]
M n[Pt(CN )6]
F e[P t(C N )6]
C o[Pt(CN)6]
N i[P t(C N )e]
Zn[Pt(C N)6]
Cd[Pt(CN)6]
Cr[Pt(CN)fl]
Cu[Pt(C N)6]
18,44
18,17
18,25
18,31
18,37
18,49
18,41
18,32
f'CN fMN f 'mn
A us A ig und
0,03 0,67
0,04 0,54
0,03 0,59
0,03 0,69
0,03 0,73
0,02 0,84
0,02 0,65
0,02 0,57
Aus A ig un d
18,40 0,03 0,97
18,09 0,15
18,61 0,02 1,07
18,16 0,12
Eg
0,07
0,02
0,07
0,08
0,08
0,09
0,13
0,09
B ig
0,09
0,24
-
fMN
M ethode
I
II
A us
0,69
0,37
0,51
0,56
0,60
0,60
0,47
0,50
Fiu
0,61
0,36
0,44
0,49
0,52
0,53
0,42
0,46
A us A 2u
0,12 0,11
0,17
0,16
E s erschien nicht aussichtsreich, in ähnlicher
Weise die Kraftkonstanten der Rasse Fiu zu er­
mitteln. Hier wurden die bekannten Näherungsmethoden von B e c h e r und M a t t e s 11 sowie M ü l ­
l e r 12 verwendet (vgl. auch die zusammenfassende
Darstellung13). Die Rechnungen woirden von H. H.
E y s e l ausgeführt14. Die für fMN erhaltenen Zahlen
sind in Tab. VI mit aufgeführt, die übrigen sind
mit den oben erhaltenen Zahlen nicht gut vergleich­
bar. Die aus Fiu berechneten Werte für fMN stim­
men größenordnungsmäßig mit denen aus Aig und
Eg überein. Der Unterschied kann zwanglos durch
die Vernachlässigung der Wechselwirkungskon­
H. SIEBERT-M. WEISE • SCHWINGUNGSSPEKTREN VON M(II)[Pt(CN)6]
stante P ' mn erklärt werden; die entsprechenden FMatrixglieder sind (fMN + f"MN) für die Rassen
Aig und Eg sowie (fMN —f ' 'mn) für Fiu. Damit ge­
winnt die oben gemachte Annahme, daß die Kon­
stanten fptc, f'ptc und fptc/CN des isolierten Ions
[Pt(CN)6]2~ sich beim Übergang zu M(II)[Pt(CN)6]
kaum ändern, erheblich an Wahrscheinlichkeit,
denn bei den Rechnungen für die Rasse Fiu wurden
keine Kraftkonstanten von isolierten [Pt(CN)e]2_
übernommen.
Für die Rasse F 2g wurden keine plausiblen Zahlen
erhalten. Wenn man versucht, die Veränderlichkeit
von vi3(F2g) durch Einführung einer Deformations­
konstanten für die Winkel des MNö-Oktaeders
dNMN zu beschreiben, so erhält man hierfür Werte
bis zu 0,50 mdyn/Ä. Diese Werte sind unplausibel
hoch, wenn man bedenkt, daß die Bindungen M-N
doch recht schwach sind, verglichen mit Pt-C (für
das PtÖ6-Oktaeder im freien [Pt(CN)e]2_ wurde
dcptc = 0,12 mdyn/Ä erhalten6). Hier erscheint
also das Valenzkraftmodell unzulänglich; über die
Deutung s. weiter unten.
K raftkonstanten von C r [ P t( C N ) e ] und
C u [ P t(C N ) e]
Die Matrizen für die Rassen Aig und Big lauten
hier:
Gr(Alg) :
F(Aig):
g ll =
g22 =
fl
g33 =
g44 =
flC
g l2
g l4
g23 =
=
=
c +
/“ N
g l3
g24 =
=
g24 =
g34 =
---- f l C
0
fu = fcsr(4) + 2 f'CN + fMN(4) + 2 f'mn(4)
fi2 = 2 y 2 f 'cn
f l 3 = f 'p t C / C N + f M N ( 4 ) + 2 P m n ( 4 )
f22 = fcN(2) + fMN(2)
f24 = f'ptc/cN + f»IN(2)
f33 = fptc + 2 f'ptc + fMN(4) + 2 f' mn(4)
f34 = 2 V 2 f'ptc
G(Big) :
f4 4 =
fp tC +
fl4
f2 3 =
0
fic
flN
=
g55 =
+
fM N (2 )
g 56 =
----- fic
g66 = fic
F(Big):
f55 = fcN(4) —2 f'CN + fMN(4) —2 f' mn(4)
fö6 = f'ptC/CN + fMN(4) --- 2 f mn(4)
f 66 = fptc — 2 f'ptc + fMN(4) — 2 f ' m n (4)
Die Matrixglieder gu und fü wurden nach fallenden
Frequenzen in den betreffenden Rassen geordnet.
Die Bezeichnungen der Konstanten ist wie oben
673
im kubischen Fall; zusätzlich wird hier noch durch
die Indices (4) bzw. (2) zwischen den 4 äquatorialen
und den 2 axialen Bindungen C-N bzw. M-N
unterschieden. Zur Auswertung wird wie bei den
kubischen Verbindungen fptc = 3,461, f'ptc =
0,013 und f'ptc/CN — 0,300 mdyn/Ä vorgegeben.
Die damit berechneten Konstanten sind in der
Tab. V mit aufgeführt.
Die G-Matrix der Rasse A211 ist die gleiche wie
die der Rasse Fiu der kubischen Verbindungen. Sie
wurden wieder nach den obengenannten Näherungs­
methoden ausgewertet14. Die für die achsialen MNBindungen fMN(2) erhaltenen Kraftkonstanten sind
in Tab. V mit angegeben.
Auf eine Berechnung von Kraftkonstanten aus
den Rassen Eg und Eu wurde verzichtet.
Diskussion
Bei Übergang von gelösten [Pt(CN)e]2~ zu den
kristallisierten Salzen [M[Pt(CN)e] werden alle
RAMAN-aktiven
Schwingungsfrequenzen
des
[Pt(CN)e]2_ erhöht. Ebenso sind die IR-Frequenzen
der Salze M[Pt(CN)e] höher als die des kristallisier­
ten K 2[Pt(CN)e]. Es ist zunächst die Frage zu er­
örtern, ob diese Erhöhungen auf einer Vergrößerung
der Kraftkonstanten des [Pt(CN)e]2_ durch die
Koordination der M2+-Ionen beruhen oder aber
durch die mechanische Kopplung mit dem neuge­
bildeten MNß-Oktaeder bedingt sind.
Bei der Berechnung der Kraftkonstanten war
bereits wahrscheinlich gemacht worden, daß fptc
und zwei Wechselwirkungskonstanten sich im
M[Pt(CN)e] nicht gegenüber den Konstanten des
freien Ions ändern. Die Frequenzerhöhungen der
PtC-Valenzschwingungen in den Rassen Aig und
Eg beruhen also nur auf der Erhöhung der Symme­
triekraftkonstanten f 22 und fj4 wegen der Mitwir­
kung V O n fM N Die PtC-Valenzschwingung der Rasse Fiu vq ist
ebenfalls in den Salzen kräftig erhöht gegenüber der
des freien Ions, obwohl hier in der entsprechenden
Symmetriekoordinate fMN nicht mitwirkt. Hier
kann aber die Erhöhung auf mechanische Kopplung
mit der gleichrassigen MN-Valenzschwingung m
zurückgeführt werden, wie die Rechnungen von
C h a r i t o n o w und E u s t a f j e w a 15 an dem linearen
Modell M-C-N-M' zeigen.
Die Erhöhung der CN-Valenzschwingungen läßt
sich nicht vollständig durch mechanische Kopplung
674
H. SIEBERT-M. WEISE • SCHWINGUNGSSPEKTREN VON M(II)[Pt(CN)6]
oder durch Mitwirkung von fMN erklären. Hier
scheint eine echte Erhöhung der Valenzkraftkon­
stanten fcN durch die Koordination der M-Atome
bedingt zu sein. Zu dem gleichen Ergebnis
kamen J o n e s et al. für Cs2Li[Co(CN)e]3 und
Cs2Li[Fe(CN)e]5. Man hat solche Erhöhungen schon
oft beobachtet, wenn das N-Atom einer Nitril­
gruppe an einen Elektronenacceptor koordiniert ist.
Zur Erklärung kann man annehmen, daß durch
die Koordination die Wolke des freien Elektronen­
paares am N-Atom in Richtung auf den Liganden
verschoben wird und dadurch eine zunehmende
sp -Hybridisierung des per-Orbitals des N-Atoms
stattfindet, was Bindungsverstärkung bedeutet16»17.
Die Frequenzerhöhungen der PtCN-Deformationsschwingungen n 2(F2g) sind verhältnismäßig
gering (0-3%), so daß man annehmen kann, daß
auch die zugehörige Deformationskonstante dptcN
sich beim Übergang vom freien Ion [Pt(CN)e]2_
zum kristallisierten Salz M[Pt(C5N)ß] nicht nennens­
wert ändert. Die etwas größeren Verschiebungen
bei der entsprechenden Frequenz rs(Fiu) mögen auf
der Kopplung mit anderen Schwingungen der glei­
chen Rasse bedingt sein.
Eine auffällig große Frequenzerhöhung wird bei
vi3(F2g) und no(Fiu) beobachtet (bis zu 133 cm-1
entsprechend 122%). Diese Schwingung ist für
freies [Pt(CN)e]2- eine CPtC-Deformationsschwingung, im Kristall gleichzeitig eine NMN-Deformationsschwingung. Eine ähnliche Erhöhung wurde für
die entsprechenden Frequenzen von Cs2Li[Co(CN)e]3
und Cs2Li[Fe(CN)6]5 gegenüber den freien Anionen
beobachtet und durch die Wechselwirkung der
Cs-Ionen mit den N- bzw. C-Atomen erklärt. Da
solche Ionen hier fehlen, kann diese Erklärung nicht
zutreffen. Wie oben schon ausgeführt, kann man
die Erhöhung auch nicht durch eine zusätzliche
eingeführte Deformationskonstante des MN6-Okta­
eders dNMN plausibel erklären. Wir halten für
wahrscheinlich, daß es sich hier um einen Packungs­
effekt handelt. Mit der Annahme eines imveränder­
ten [Pt(CN)6]2_-Ions im Gitter (Abstand P t-N =
3,15 Ä18) ergeben sich die N-N-Abstände in den
MNö-Oktaedern zu:
dNN = f 2
— 3,15^
also 2,93-3,44 Ä bei den kubischen Verbindungen.
Diese liegen im Bereich der van-der-Waals-Abstände dreifach gebundener N-Atome, die in der
Literatur mit 3,20-3,40 A angegeben werden19. Bei
den Schwingungen no und n 3 machen sich unter
diesen Umständen die N-N-Abstoßungen durch
Erhöhung der Schwingungsfrequenz bemerkbar.
Wenn diese Deutung richtig ist, sollte die Fre­
quenz der fraglichen Schwingungen im wesentlichen
nur von dem N-N-Abstand abhängen. Dies läßt
sich tatsächlich zeigen, wenn man die Komplexe
Cs2Li[Fe(CN)6], Cs2Li[Co(CN)6] und Mn[Pt(CN)6]
miteinander vergleicht. Die N-N-Abstände sind in
den drei Verbindungen etwa gleich (3,1320bzw. 3,1320
bzw. 3,15 Ä). Auch die Frequenzverschiebung der
fraglichen Deformationsschwingung der Rasse F 2g
ist annähernd gleich groß (77 bzw. 75 bzw. 85 cm-1).
Andererseits sind die Bindungsverhältnisse in den
Koordinationsoktaedern LiN6 bzw. MnN6 merklich
verschieden, wie die Valenzkraftkonstanten zeigen
(fiiN = 0,285 bzw. 0,253, fMnN = 0,59 mdyn/Ä
(Tab. VI). Entsprechend sind die Frequenzverschie­
bungen gelöst/fest der RAMAN-aktiven Schwingun­
gen - ausgenommen die obengenannte Frequenz bei Mn[Pt(CN)e] durchweg viel größer als bei den
Li-Komplexen.
Man kann nach dem Gesagten die Schwingungs­
spektren der Koordinationspolymeren M[Pt(CN)e]
ohne Annahme einer nennenswerten Änderung in
den Kernabständen und Kraftverhältnissen im
[Pt(CN)e]2--Ion durch die Koordination der M2+Ionen interpretieren. Die beobachteten Frequenz­
verschiebungen beim Übergang [Pt(CN)6]2~ —>
M[Pt(CN)e] gehen parallel zu der Stärke der neu
ausgebildeten M-N-Koordinationsbindungen, wie
der Vergleich mit den Valenzkraftkonstanten fMN
zeigt (s. Tab. VI). Umgekehrt kann man also aus
der Größe der Verschiebungen auf das Vorhanden­
sein und die Stärke solcher koordinativer Bindun­
gen schließen. Diese Annahme ist schon früher von
vielen Autoren für Koordinationspolymere von
Cyanometallaten gemacht worden - hauptsächlich
für Verschiebungen von vcn im Bereich um
2000 cm-1 - und findet durch die vorstehende Be­
trachtung ihre Rechtfertigung.
Ein Blick auf die M-N-Valenzkraftkonstanten
(vgl. Tab. VI) zeigt, daß ihre Variabilität mit der
Stellung der Atome M im Periodensystem der allge­
meinen Erfahrung entspricht: Innerhalb einer
Gruppe nehmen diese Konstanten von oben nach
unten ab (vgl. die Paare Mg/Ca und Zn/Cd), inner­
halb einer Periode nehmen sie von links nach rechts
zu, wenn keine Ligandenfeldeinflüsse vorhanden
H. SIEBERT-M. WEISE • SCHWINGUNGSSPEKTREN VON M(II)[Pt(CN)6]
sind (Ca/Mn/Zn). Diese Effekte sind allein schon aus
der Größe der Ionen erklärbar, denn Verkleinerung
eines Ions bedeutet für den Grenzfall ionischer Bin­
dung Vergrößerung der Coulomb-Energie, für den
kovalenten Grenzfall Verbesserung der Überlap­
pung. Beides führt zur Vergrößerung der Valenz­
kraftkonstanten. Die Absolutwerte der Kraftkon­
stanten erscheinen recht niedrig, sind aber durchaus
ähnlich denen in den vergleichbaren Ammin-Kom­
plexen [M(NH3)6]2+ ( z .B . [Co(NH3)62]+: fjor =
0,65-0,82, [Ni(NH3)6]2+ 0,65-0,86 und [Cu(NH3)4]2+
1,13-1,24 mdyn/Ä21. Wie für die Ligandfeldpara­
meter (vgl.1) gilt also auch für die Valenzkraftkon­
stante einer koordinativen Bindung, daß sie in
erster Linie von der Art des koordinierenden Atoms,
weniger von seinem Bindungszustand abhängt.
Bei den Ionen M2+ mit nicht kugelsymmetrischer
Ladungsverteilung zeigt sich eine deutliche Paralle­
lität zwischen der Ligandfeldstabilisierungsenergie
und der Kraftkonstanten fMN (vgl. Abb. 1). Ein
Abb. 1. a) V alenzkraftk on stan ten fjkiN* b) Ligandfeldstabilisierungsenergien L F S E der K oordinationspoly­
m eren M [Pt(CN)e].
ähnlicher Einfluß der Ligandfeldstabilisierung auf
die Valenzkraftkonstanten war schon früher an den
Hexafluormetallaten(III) festgestellt worden22.
Prozentual ist hier die Veränderlichkeit der K raft­
konstanten größer als für fMF von MF ö3-, aber dem
Betrage nach etwa gleich groß. Man kann also den
Schluß ziehen, daß ein allgemeiner und direkter
Zusammenhang zwischen der Ligandfeldstabilisierungsenergie und der Valenzkraftkonstanten be­
steht.
675
Besonders interessant sind die Verhältnisse in
den Komplexen Cr[Pt(CN)e] und Cu[Pt(CN)e]. In
diesen Verbindungen haben wir eine J a h n - T e l l e r Verzerrung nachgewiesen, indem jeweils vier kurze
und zwei lange M-N-Bindungen vorhanden sind;
die Bindungslängen sind bei Annahme eines unver­
zerrten Pt(CN)6-Oktaeders dCrN = 2,08 und 2,38
sowie dßuN = 2,01 und 2,37 Ä1. Entsprechend unter­
scheiden sich die Valenzkraftkonstanten fMN(4)
und f;MN(2)- Die der kurzen CrN- bzw. CuN-Bindungen sind die höchsten der 3d-Reihe; die Ligand­
feldstabilisierung wirkt sich also auf diese Bindun­
gen am stärksten aus (vgl. Abb. 1). Andererseits
sind die Valenzkraftkonstanten der langen CrNbzw. CuN-Bindungen erstaunlich niedrig. Man ist
versucht, an einen Zuordnungsfehler zu glauben;
jedoch zeigt die Übereinstimmung der aus verschie­
denen Schwingungsrassen berechneten Konstanten
(vgl. Tab. VI), daß die Zahlen wohl annähernd
richtig sind. Für den vergleichbaren Fall des
MnF63~ wurde für fMnF(4) 1,88 und für fMnF(2)
0,92 mdyn/Ä gefunden21. Der Unterschied ist dort
relativ viel geringer, aber dem Betrage nach wieder
fast gleich groß wie hier. Kraftkonstanten von
0,1 mdyn/Ä findet man sonst nur für zwischen­
molekulare Kräfte, so daß hier nur noch die Rich­
tungsgebundenheit der Wechselwirkung auf eine
echte chemische Bindung hinweist.
Größe und Veränderlichkeit der Valenzkraft­
konstanten fjiN lassen nicht erkennen, in welchem
Ausmaß kovalente Bindungsanteile in den koordi­
nativen Bindungen enthalten sind. Ein Hinweis
auf solche kovalenten Anteile wird durch den
nephelauxetischen Parameter ß aus den Elektronen­
spektren gegeben1. Ein weiterer Hinweis ergibt sich
aus dem S h a n n o n - ViKCENT-Parameter R v23, der
als Verhältnis der Elementarzellen Volumina eines
Übergangsmetallkomplexes und der entsprechenden
isomorphen Mg-Verbindung definiert is t:
V(MX)
V
V(MgX) ‘
Zahlenwerte für die kubischen Salze M(II) [Pt(CN)e]
zeigt Tab. VII, zusammen mit Werten für die ent­
sprechenden Hexamminmetall(II)jodide, Metall(II)oxide und -chloride. Das N-Atom des [Pt(CN)e]2_
als Ligand ordnet sich demnach zwischen O und Cl
ein, entsprechend der Elektronegativität des Stick­
stoffs. Wiederum sind die Bindungen M(II)-N
vergleichbar in M[Pt(CN)ö] und [M(NH3)6]J 2 -
H. SIEBERT-M. WEISE • SCHWINGUNGSSPEKTREN VON M(II)[Pt(CN)e]
676
Tab. V I I . K ovalenz-K ontraktionsparam eter R y
nach S h a n n o n und V i n c e n t .
M
M [Pt(C N )6]
[M (NH 3)6]J2
MO
MC12
Mn
Fe
Co
Ni
Zn
Cd
1,05
1,01
0,99
0,96
0,99
1,10
1,02
1,00
0,98
0,97
1,00
1,02
1,18
1,08
1,04
0,97
1,05
1,39
1,03
0,97
0,94
0,90
1,08
1,10
Hieraus folgt, daß es sich im wesentlichen um oBindungen handelt, zumal jr-Rückbindungen zu
einer Schwächung der CN-Bindung führen sollten.
Experimentelles
Die Substanzen wurden nach den in I angegebenen
Vorschriften1 dargestellt; die Verbindungen mit
Reinisotopen in 1/10 der angegebenen Mengen. 58Ni,
62Ni, 64ZnO und 68ZnO wurden vom Isotopes Devel­
opment Center, Oak Ridge National Laboratory
bezogen.
Die IR-Spektren wurden im Bereich 300 bis
S i e b e r t u . M . W e i s e , Z. N a t u r fo r s c h . 30b, 33
[1975].
2 B . I. S w a n s o n u . L. H. J o n e s , J . Chem. P h v s. 58,
3761 [1970]; Inorg. Chem. 18, 313 [1974].
3 B . I. S w a n s o n u. L. H. J o n e s , J . C h e m . P h y s . 55,
4174 [1971].
4 J . R . A r m s t r o n g , B . M . C h a d w ic k , D . W . J o n e s ,
J . E . S a r n e s k i , H. J . W i l d e u . J . Y e r k e s s , Inorg.
N ucl. Chem. L etters 9, 1025 [1973].
5 L. H. J o n e s , B . I. S w a n s o n u . G. J . K u b a s , J .
C h e m . P h y s . 61, 4650 [1974].
6 H. S i e b e r t u . A . S i e b e r t , Z. N aturforsch. 22b, 674
[1967].
7 L. H. J o n e s , J . C h e m . P h y s . 41, 856 [1964].
8 L. H. J o n e s , M . N . M e m e r i n g u . B . I. S w a n s o n ,
J . Chem. P h ys. 54, 4666 [1971].
9 K . N a k a m o t o , A ngew . Chem. 84, 755 [1972].
10 L. H. J o n e s , J . Mol. Spectrosc. 8, 105 [1962].
11 H. J . B e c h e r u . R . M a t t e s , Spectrochim . A cta
23 A, 2449 [19671.
12 A . M ü l l e r , Z. P h y s. Chem. (Leipzig) 238, 116
[1968]; C . J. P e a c o c k u . A . M ü l l e r , J. M o l.
S p e c t r o s c . 26, 454 [1968].
1
H.
3000 cm-1 mit einem Perkin-Elmer-Spektrometer
621 registriert . Die Substanzen wurden in Paraffinöl
suspendiert (Mg[Pt(CN)e], Ca[Pt(CN)e] und
Cd[Pt(CN)e]) oder in KBr gepreßt. Im Bereich
35-350 cm-1 wurden die Messungen mit einem
Beckman-Spektrometer IR 11 durchgeführt; die
Eichung erfolgte mit H^O-Banden. Die Substanzen
(5-10 mg) wurden in 200 mg Admantan gepreßt.
Die Raman-Spektren wurden mit einem He-NeGaslaser 633 nm von 170 mW Ausgangsleistung
(OIP Gent) erregt. Für Cr[Pt(CN)e] und Cu[Pt(CN)e]
wurde die Linie 514 nm eines Ar-Kr-Ionenlasers
CRL 53 (Coherent Radiation, Palo Alto, California)
verwendet. Wegen der Lichtempfindlichkeit des
Cr[Pt(CN)e] mußte die Substanz während der Mes­
sung mehrfach ausgewechselt werden. Die Spektren
wurden nach der Durchstrahlungsmethode24 er­
halten und mit einem Coderg-Spectrometer PH 1
im Bereich A v = 0-2500 cm-1 registriert. Als Detek­
toren dienten ein EMI S 20 und ein RCA Quantacon.
Wir danken der Deutschen Forschungsgemein­
schaft, dem Fonds der Chemischen Industrie und
der BASF Aktiengesellschaft für materielle Unter­
stützung dieser Arbeit.
13 H . H . E y s e l , W . J. L e h m a n n , K . L u c a s , A.
M ü l l e r u . K . S c h m i d t , Z . N aturforsch. 2 9 a , 3 3 2
[1 9 7 4 ].
14 W ir danken Herrn Prof. Dr. H . H . E y s e l , U n iv ersi­
tä t H eidelberg, herzlich für seine B em ühungen.
15 J u . J a . C h a r i t o n o w u . O. N . E u s t a f j e w a , R ussian
J. Inorg. Chem. 1 4 , 4 0 3 [1 9 6 9 ].
16 H . A. B r u n e u . W . Z e i l , Z . N aturforsch. 1 6 a , 1251
[1 9 6 1 ].
17 K . F. P u r c e l l
u . R . S. D r a g o , J . Ajner. Chem. Soc.
8 8 , 9 1 9 [1 9 6 6 ].
18 J. W e i s s , Z. N aturforsch. 2 9 b , 1 1 9 [ 1 9 7 4 ].
19 A. B o n d i , J. P h ys. Chem. 6 8 , 4 4 1 [1 9 6 4 ].
20 R . R . R y a n u . B . I. S w a n s o n , Inorg. Chem. 1 3 .
1681 [1 9 7 4 ],
21 I. N a k a g a w a u . T. S h i m a n o u c h i , Spectrochim .
A cta 2 2 , 7 5 9 [1 9 6 6 ].
22 H . S i e b e r t , Z. Naturforsch. 2 7 b , 110 1 [1 9 7 2 ].
23 R . D . S h a n n o n u . H . V i n c e n t , Structure and
bonding 1 9 , 1 [1 9 7 4 ].
24 H . H . E y s e l , Spectrochim . A cta 2 7 A, 173 [1 9 7 1 ].
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