Bachelorarbeit - FH LINZ | Praktikumsdatenbank

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Personalentwicklung für
ehrenamtliche
FunktionärInnen der GPA-djp OÖ
Strategien und Instrumente zur Entwicklung
von Anforderungsprofilen und Rollenbildern und daraus
abgeleitete Maßnahmen.
Bachelorarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades
Bachelor of Arts in Business
FH Oberösterreich, Campus Linz
Studiengang: Sozial- und Verwaltungsmanagement
Studienzweig: Management öffentlicher Dienstleistungen
Verfasserin: Martina Mayrhofer
s1010562038
Gutachterin: Frau Prof. (FH) Dr. Brigitta Nöbauer
Scharnstein, Juni 2013
Danksagung
Die Möglichkeit diese Arbeit schreiben zu dürfen und die damit verbundene
Tatsache am Ende meines Studiums angelangt zu sein habe ich vielen lieben,
hilfreichen und engagierten Menschen zu verdanken. Einige davon möchte ich an
dieser Stelle besonders erwähnen.
Zunächst möchte ich mich bei meiner Betreuerin Frau Prof. (FH) Dr. Brigitta
Nöbauer bedanken, die mir beim Verfassen dieser Arbeit stets mit Rat und
Unterstützung zur Seite stand und mir dennoch genug Freiheiten gewährte.
Ein besonderer Dank gilt auch einigen Personen aus der Gewerkschaft der
Privatangestellten – Druck – Journalismus – Papier Oberösterreich. Allen voran
dem Geschäftsführer Andreas Stangl, der mir ein Praktikum und in weiterer Folge
diese Arbeit ermöglicht hat. Des weiteren, bedanke ich mich bei den beiden
RegionalsekretärInnen Sabine Schwarzendorfer und Helmut Russ, die mich fachlich
unterstützt haben und immer ein offenes Ohr für meine Anliegen hatten. Ein großes
Dankeschön
auch
gilt
ebenso
den
BetriebsrätInnen,
FunktionärInnen
und
MitarbeiterInnen der GPA-djp für ihre Offenheit und ihre Bereitschaft am Projekt
„Personalentwicklung für ehrenamtliche FunktionärInnen“ mitzuarbeiten.
Ganz besonders möchte ich mich bei meiner Familie, insbesondere meinen Eltern,
meinen drei Kindern und meinen Freunden bedanken, die während des Studiums
zu mir gehalten haben, mich bestärkt haben und für meine schwierige (zeitliche)
Situation stets Verständnis zeigten.
Der größte Dank gebührt meinem Ehemann Herbert, mit dessen Unterstützung und
Zuspruch
ich
dieses
Studium,
ungeachtet
der
nicht
immer
einfachen
Rahmenbedingungen, erfolgreich absolviert habe. Nur durch seine Hilfe, sein
Verständnis und mit seinem Rückhalt war es mir möglich meinen Lebenstraum
Studium zu verwirklichen.
I
Eidesstattliche Erklärung
Ich, Martina Mayrhofer erkläre an Eides statt, dass ich die Bachelorarbeit mit dem
Titel „Personalentwicklung für ehrenamtliche FunktionärInnen der GPA-djp
OÖ“ selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen
Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und alle den benutzten Quellen wörtlich oder
inhaltlich entnommenen Stellen als solche gekennzeichnet habe. Die Arbeit wurde
bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.
Scharnstein, Juni 2013
___________________________
Martina Mayrhofer
II
Kurzfassung
Durch die zunehmende Globalisierung und Internationalisierung der Arbeitswelt, der
Unternehmen und der Gesellschaft gestaltet sich der Handlungsspielraum und
Wirkungsbereich für Gewerkschaften immer schwieriger und komplexer. Diese
Veränderungen erfordern von Gewerkschaften neue organisationale Strategien und
damit einhergehend bedarf es attraktiver Angebote um wieder mehr Menschen für
Engagement und Mitarbeit zu gewinnen. Vor allem für die Mitwirkung auf
ehrenamtlicher Basis. Eine Möglichkeit um wirksame Angebote zu formulieren, die
auch die geforderte Attraktivität aufweisen, liegt in einer modernen und wirksamen
Personalentwicklungsstrategie, sowie in neuen Wegen der Personalentwicklung für
ehrenamtliche Mitarbeiter.
Die
vorliegende
Bachelorarbeit
beschäftigt
sich
mit
dem
Themenfeld,
Personalentwicklung für ehrenamtliche Funktionäre der GPA-djp Oberösterreich. Im
ersten Teil der Arbeit wird dem Leser ein Überblick über die Themenfelder
Ehrenamt und Personalentwicklung gegeben. Hauptaugenmerk liegt hierbei auf
dem Zugang über systemische Personalentwicklung. Bei derart hochkomplexen
Organisationen wie den österreichischen Gewerkschaften, mit einem hohen
ehrenamtlichen Mitarbeiteranteil, ist es wesentlich die Organisation ganzheitlich zu
betrachten um erfolgreich und nachhaltig Veränderungsprozesse umsetzen zu
können. Im praktischen Teil der Arbeit wird genau gezeigt wie mittels partizipativer
Methoden und Prozesse Rollenbeschreibungen und Anforderungsprofile für
ehrenamtliche Betriebsräte/Funktionäre entwickelt werden. Im weiteren Verlauf der
Arbeit werden ausgewählte Methoden und Instrumente der Personalentwicklung
vorgestellt die eine moderne und zeitgemäße Funktionärsarbeit ermöglichen. Im
abschließenden Teil wird erläutert welche Maßnahmen notwendig und hilfreich sind
um ein menschenzentriertes Personalentwicklungskonzept in der GPA-djp zu
implementieren. Erweist sich dieses Vorgehensmodell in einer späteren Evaluierung
als nachhaltig erfolgreicher Prozess, dann wird ein flächendeckendes Rollout dieses
PE-Konzeptes über alle Gewerkschaften in Österreich möglich.
III
Abstract
As a result of the increasing globalization and internationalization of the world of
work, business and society, the room left to manoeuver and the scope of action for
trade unions is becoming more difficult and complex. These changes require new
organizational strategies from the trade unions and these include more attractive
offers to involve people in commitment and cooperation. This is especially the case
for the encouragement of voluntary participation. One way to establish effective
offers, which also have the required appeal, is to introduce a modern and effective
human resources development strategy, coupled with innovative new human
resources development methods for voluntary employees.
The present thesis deals with the topic of human resources development for
voluntary officials of the GPA-djp Upper Austria. In the first part, the reader is given
an overview of the topics volunteer and human resources development. The main
focus is on access systemic human resources development. In the case of such
highly complex organizations, as the Austrian trade unions, with their high
proportion of voluntary employees, a holistic perspective on the organization is
essential for successfully and sustainably implementing change processes. In the
practical part of the work it is exactly as shown precisely how using role discriptions
and personnel requirement profiles are developed for voluntary works/officials, by
using participatory methods and processes. In the course of the work selected
methods and tools of human resources development are presented which open up
modern and contemporary work methods and opportunities for trade union officials.
The final section explains what measures are necessary and useful for the
implementation of a human resources development concept in the GPA-djp, in
which people and their needs are truly in the centre of focus. Should this process
model be demonstrated in a later evaluation to be a sustainably successful process,
then a nationwide rollout of this personal development concept is possible for all the.
trade unions in Austria.
IV
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ..................................................................................................... I
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................... III
Abkürzungsverzeichnis ......................................................................................... IV
1.
Einleitung ........................................................................................................... 1
1.1. Ausgangslage ............................................................................................. 3
1.2. Zielsetzung und Forschungsfragen .......................................................... 4
1.3. Aufbau und Struktur der Arbeit ................................................................. 5
2.
Personalentwicklung für Ehrenamt in Non-Profit- Organisationen ............. 6
2.1. Personalentwicklung .................................................................................. 7
2.2. Ehrenamt ................................................................................................... 12
2.3. Die GPA-djp Oberösterreich .................................................................... 18
2.4. Bedeutung und Nutzen von Personalentwicklung im ehrenamtlichen
Bereich einer Non-Profit-Organisation ............................................................. 21
2.5. Personalentwicklung als Beitrag zur Organisationsentwicklung ........ 23
2.6. Ziele der Personalentwicklung für ehrenamtliche Mitarbeiter ............. 28
2.7. Beispiele für PE im betriebsrätlichen/gewerkschaftlichen Bereich ..... 31
3.
Entwicklung einer PE-Strategie für BR-Gremien in kleinen und mittleren
Organisationen ....................................................................................................... 38
3.1. Entwicklung Anforderungsprofile und Rollenbeschreibungen............ 38
3.1.1. Methodensetting ................................................................................... 39
3.1.2. Interviews und Ergebnisse ................................................................... 44
3.2. Gewinnung geeigneter Betriebsräte und Funktionäre .......................... 53
3.3. Einschulung .............................................................................................. 54
I
3.4. Qualifizierungsmaßnahmen ..................................................................... 55
3.4.1. Appreciative Inquiry .............................................................................. 56
3.4.2. Coaching .............................................................................................. 58
3.4.3. Mentoring ............................................................................................. 61
3.5. Nachfolgeplanung .................................................................................... 64
4.
Zeitgemäße Betriebsrats- und Funktionärsarbeit ........................................ 65
5.
Resümee .......................................................................................................... 67
Literaturverzeichnis ............................................................................................... 69
Anhang .................................................................................................................... 74
Aus Gründen der Übersichtlichkeit und leichteren Lesbarkeit habe ich in meiner
Bachelorarbeit auf weibliche Formulierungen und Schreibweisen verzichtet. Ich
möchte hiermit nachdrücklich darauf hinweisen, dass selbstverständlich Frauen
und Männer gleichermaßen angesprochen sind. Die Leserinnen mögen dies
verzeihen und nicht als Diskriminierung des weiblichen Geschlechts auslegen.
II
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Systematischer Personalentwicklungsprozess
10
Abbildung 2: Zwiebelmodel Einflussfaktoren auf das Engagement der
Freiwilligenarbeit
13
Abbildung 3: Motive- Ehrenamt versus Hauptamt
14
Abbildung 4: Freiwilligenarbeit in Österreich
16
Abbildung 5: Organigramm GPA-djp OÖ
19
Abbildung 6: Systemisches Organisationsmodell
23
Abbildung 7: Komplexität: Systeme und Subsysteme des Personalwesens 25
Abbildung 8: Systemische Personalentwicklung
26
Abbildung 9: Empathy Map
41
Abbildung 10: Vier Phasen des AI-Prozesses
43
Abbildung 11: Panel Interview Betriebsräte/Funktionäre
44
Abbildung 12: Anwendungsbereiche systemisches Coaching
59
Abbildung 13: Eigene Abbildung
60
Abbildung 14: Mentoring-Prozess
62
Abbildung 15: Mentoring/Coaching 63 III
Abkürzungsverzeichnis AI
Appreciative Inquiry / Wertschätzende Befragung
AK
Arbeiterkammer
BR
Betriebsrat
BRV
Betriebsratsvorsitzender
bzw.
beziehungsweise
etc.
et cetera
EU
Europäische Union
GF
Geschäftsführer
GPA-djp OÖ
Gewerkschaft der Privatangestellten-Druck-JournalismusPapier, Oberösterreich
GWS
Gewerkschaftsschule
KV
Kollektivvertrag
MA
Mitarbeiter
NPO
Non-Profit-Organisation
OEGB
Österreichischer Gewerkschaftsbund
OEGJ
Österreichische Gewerkschaftsjugend
OÖ
Oberösterreich
PE
Personalentwicklung
uvm.
und vieles mehr
ZAK
Zukunftsakademie
IV
1.
Einleitung In unserer Gesellschaft nimmt das Ehrenamt, auch Freiwilligenarbeit genannt, einen
immer
größeren
und
wichtigeren
Stellenwert
ein.
Für
Ehrenamt
und
Freiwilligenarbeit gibt es in der zugehörigen Literatur eine Reihe weit gefasster
Beschreibungen
und
manchmal
durchaus
differenzierte
Erläuterungen.
Nachstehend eine sehr weitreichende Definition von Thomas Rauschenbach.
Definition: Ehrenamt nach Rauschenbach1
„Demgegenüber lässt sich in einer eher funktionalen Bestimmung das Ehrenamt
umschreiben als eine Form der gesellschaftlich-sozialen Tätigkeit, die weit unterhalb
tariflicher Entlohnung überwiegend in milieugeprägten oder milieuerzeugenden,
lokalen Vereinen, Verbänden und Initiativen aus unterschiedlichsten Motiven von
Menschen aller Altersgruppen – im sozialen Sektor insbesondere von Frauen –
ausgeübt wird, ohne Vertrag und ohne zeitliche Verpflichtung, aber auch ohne
Gewährleistung
einer
gewissen
Qualität
des
Handelns,
mit
einer
Rückerstattungserwartung, die vorrangig an immateriellen, symbolischen, in
jüngerer Zeit aber auch zunehmend an indirekten, materiellen Gratifikationen
ausgerichtet ist.“
Die Definition nach Rauschenbach ist in einigen Punkten kritisch zu sehen. Denn
auch die ehrenamtliche Tätigkeit ist zunehmend mit den Themen Einführung von
Qualitätsstandards und Qualitätssicherung konfrontiert. Auch die Satzungen von
Vereinen definieren häufig grundlegende Regulative, um eine Mindestqualität
ehrenamtlichen Handelns sicher zu stellen. Leitlinien und Leitbilder tragen ebenso
zur Sicherung von Standards bei. Gleiche Tendenzen sind auch in der
Freiwilligenarbeit zu erkennen.
Als Beispiele sind gemeinsame Katastrophen- und Zivilschutzübungen zu sehen,
ebenso
wie
Regionen
Interessensvertretungen
übergreifende
und
Kooperationen
politischer
auf
Willensbildung
der
Ebene
von
(Bürgerinitiativen,
Piratenparteien, gemeinnützige Vereine, Urban-gardening-Initiativen, etc.). Mehr zur
Motivlage an späterer Stelle in „Ehrenamt vs. Hauptamt“ (S.14f).
1
Rauschenbach (2001), 346
1
Auch die Annahme, dass es eine wachsende Rückerstattungserwartung gibt, die
sich zunehmend an indirekten, materiellen Gratifikationen ausrichtet, bleibt weiteren
Erörterungen überlassen. Denn wenn die materielle oder monetäre Erwartung in
den Vordergrund tritt, dann ist das originär „treibende Element“ des ehrenamtlichen
oder freiwilligen Engagements, nämlich die Wertehaltung oder der Wertekanon, auf
dem Rückzug. Das wiederum hätte weitreichende und dramatische Konsequenzen
für die zukünftige Entwicklung von Ehrenamt und Freiwilligenarbeit.
Definition: Freiwilligenarbeit2
„1. Begriff: Personen, die für eine bestimmte, i. d .R. eher kurze, Zeitspanne oder für
eine bestimmte Veranstaltung eine freiwillige, unentgeltliche Tätigkeit übernehmen.
2. Merkmale: Freiwillige erfüllen Aufgaben ohne Entscheidungs- und
Führungsbefugnisse und sind nicht vertraglich gebunden.
3. Tätigkeit: Die Tätigkeit von Freiwilligen wird u. a. als Freiwilligenarbeit bezeichnet.
Unter Freiwilligenarbeit versteht man das Geben (Spenden) von Zeit und
Fähigkeiten, um Dienstleistungen zu erbringen oder Aufgaben zu erledigen, ohne
dabei eine direkte finanzielle Entschädigung zu erwarten.“
Insbesondere im
Bereich der Arbeitnehmervertretung haben ehrenamtliche
Betriebsräte und Funktionäre eine zentrale Bedeutung. Die Gewerkschaft als starke
Vertretung der Arbeitnehmer wäre ohne ehrenamtliches Engagement nicht möglich
bzw. undenkbar. Die vorliegende Arbeit fokussiert im Besondern auf den Bereich
der ehrenamtlichen Betriebsräte und Funktionäre von Arbeitnehmerorganisationen.
Personalentwicklung im ehrenamtlichen Bereich der GPA-djp OÖ wurde in der
Vergangenheit eher stiefmütterlich behandelt, bzw. kam Personalentwicklung in
diesem Bereich gar nicht vor. Es zeigt sich jedoch aufgrund der komplexen
Organisationsstruktur und -kultur und der rasanten gesellschaftlichen Entwicklung,
dass Personalentwicklung gerade hier bedeutsam und wertvoll für die Organisation
der GPA-djp OÖ ist.
2
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/freiwillige.html?referenceKeywordName=Freiwilligenarbeit,
7.4.2013
2
1.1.
Ausgangslage Die GPA-djp hat in ihrer Organisation zahlreiche Menschen in der ehrenamtlichen
Funktion
eines
Betriebsrates/Funktionärs
die
jedoch
geringes
bzw.
wenig
gewerkschaftliches Engagement zeigen. Diese Menschen sind die Zielgruppe für
die Personalentwicklung ehrenamtlicher Mitarbeiter innerhalb der GPA-djp.
Hier stellt sich die Frage nach den Ursachen und Beweggründen, sowie nach
Strategien und Lösungsansätzen. Es gibt vielfältige Annahmen über Gründe, die
einer stärkeren Beteiligung des Betriebsrates an der gewerkschaftlichen Arbeit im
Wege stehen.
Als mögliche Gründe werden intern genannt:3
•
Vereinbarkeit von Arbeitsumfeld, Betriebsrats- und
Funktionärstätigkeit
•
Gewerkschaftliche Hierarchien und Strukturen
•
Von der Gewerkschaft nicht erfüllte Erwartungen
•
Persönliche (negative) Erfahrungen im Bereich des
gewerkschaftlichen Handelns
•
Vereinbarkeit der Tätigkeit mit Familie und Freunden
•
uvm.
Innerhalb des Führungsgremiums (Präsidium) der GPA-djp wurde festgestellt, dass
die Bereitschaft mitzuarbeiten, an Sitzungen teilzunehmen, eigene Ideen und
Themen einzubringen sowie Probleme und Lösungen eigenständig zu er- und
bearbeiten, rückläufig ist bzw. vielfach fehlt.
Diese Arbeit geht vor allem der strukturellen Frage des „Nicht-Engagements“,
respektive „Minder-Engagements“ nach.
4
Die Grundannahmen innerhalb des
OEGB, und auch in dieser Arbeit sind zum einem, wer Betriebsrat ist, hat eine
ausgeprägte soziale Ader, einen hohen Gestaltungswillen, engagiert sich um der
Menschen willen und hat zum anderen Freude daran, sich selbst und Teams
weiterzuentwickeln. Es zeigt sich jedoch, dass sich die Motivation und das
Engagement der Betriebsräte/Funktionäre nicht oder nur in geringem Ausmaß
entfalten und entwickeln kann. Diesem Phänomen wird in dieser Arbeit besondere
Bedeutung beigemessen.
3
4
Vgl. Präsidiumsklausur GPA-djp OÖ, April 2012
Vgl. Präsidiumsklausur GPA-djp OÖ, April 2012
3
Personalentwicklung kann in diesem Kontext Betriebsräten und Funktionären
helfen, ihre und die Potenziale ihrer Kollegen einerseits zu erkennen und zu
entwickeln und diese andererseits auszuschöpfen und anzuwenden. Ebenso
unterstützt PE die Betriebsräte und Funktionäre in ihren gewerkschaftlichen
Funktionen, aber auch bei innerbetrieblichen Aufgaben, z. B. bei Verhandlungen mit
der Geschäftsführung.
1.2.
Ziel
Zielsetzung und Forschungsfragen der
vorliegenden
Personalentwicklungskonzept
Bachelorarbeit
zu
erarbeiten,
ist
dies
auf
ein
strukturiertes
einem
zeitgemäßen
Rollenverständnis beruht und Klarheit über Aufgaben und Anforderungen für
mögliche Interessenten bietet. Darauf aufbauend werden Profile & Potenziale
(Anforderungsprofile) und Rollenbeschreibungen entwickelt.
Diese wiederum dienen als Hilfestellung bei der Auswahl und Einführung neuer
Funktionäre, sowie in der Aus- und Weiterbildung von bereits weniger motivierten
und gering aktiven Funktionären.
Die
Mitglieder
sollen
motiviert
und
gestärkt
werden,
gewerkschaftliche
Verantwortung im Betrieb und auch außerhalb des Betriebes zu übernehmen.
Über eine stärkere Identifikation mit der Gewerkschaft wird die Gemeinsamkeit, der
Teamgeist, gestärkt und die Teilnahme an gewerkschaftlichen Aktivitäten spürbar
und messbar erhöht. Ein weiteres Ziel ist, das Rollenverständnis „Führungskraft“
soll im gewerkschaftlichen Sinne gestärkt und gefördert werden.
Forschungsfragen
Welche Aufgaben nehmen Betriebsräte und Funktionäre wahr und
welche Anforderungen sind damit verbunden?
Wie können Interessenten, Betriebsräte und Funktionäre durch
Personalentwicklungsmaßnahmen für die jeweilige Funktion interessiert,
gewonnen und optimal vorbereitet bzw. qualifiziert werden?
4
1.3.
Aufbau und Struktur der Arbeit Die Bachelorarbeit gliedert sich in fünf Abschnitte. Im ersten Kapitel wird auf die
Ausgangslage, die Zielsetzung und die Forschungsfragen eingegangen sowie der
Aufbau der Arbeit beschrieben.
Kapitel zwei ist der theoretische Teil der Arbeit und beschäftigt sich mit
Personalentwicklung, Ehrenamt und deren Bedeutung in Non-Profit-Organisationen
und im Speziellen in Gewerkschaften:
•
Steigende Bedeutung von PE in NPOs
•
Nutzen von PE für die gesamte Organisation
•
Strategien und Ziele in der Organisation der Gewerkschaften
•
Vergleichbare Beispiele in gewerkschaftlichen Bereichen
Dabei richtet sich ein Blick auf entsprechende Erkenntnisse aus anderen
Teilgewerkschaften in Österreich und/oder aus den Nachbarländern Deutschland
und Schweiz. Die Quellenlage ist im Bereich der Personalentwicklung innerhalb der
Gewerkschaften sehr eingeschränkt bzw. bezieht sich fast ausschließlich auf Ausund Weiterbildung von Betriebsräten und Funktionären.
Der praktische Teil beginnt in Kapitel drei mit der Entwicklung einer PE-Strategie für
BR-Gremien in Organisationen, sowie der Erarbeitung von Profilen und Potenzialen
(Anforderungsprofilen) und Rollenbeschreibungen, der Gewinnung, Einschulung,
Qualifizierung und Nachfolgeplanung von Betriebsräten und Funktionären. Zum
einen werden das Forschungsdesign und die Methoden genau beschrieben und
zum anderen werden PE-Maßnahmen und ein PE-Konzept für Betriebsräte und
Funktionäre der GPA-djp entwickelt.
In Kapitel vier wird auf zeitgemäße Betriebsrat- und Funktionärsarbeit näher
eingegangen. Es werden erarbeitete Maßnahmen zur Personalentwicklung in den
BR-Gremien
und
auf
gewerkschaftlicher
Funktionsebene
dargestellt
und
weiterführende Handlungsempfehlungen zur Implementierung in die Organisation
gegeben. Der fünfte Abschnitt ist das Resümee der Autorin.
5
2. Personalentwicklung für Ehrenamt in Non-­‐Profit-­‐ Organisationen Non-Profit-Organisationen sind eine eigene Untergruppe von Organisationen
innerhalb des sogenannten Dritten Sektors5. Das bedeutet, dass sie nicht eindeutig
zuordenbar sind, da sie weder rein staatliche noch rein marktwirtschaftliche Ziele
verfolgen. Non-Profit-Organisationen sind typischerweise am Gemeinwohl orientiert
und stellen ideelle Werte in den Vordergrund ihres Handelns. Eine Gesamtschau zu
der Datenlage österreichischer Non-Profit-Organisationen ist bis dato noch nicht
gegeben. Dies wird auch in entsprechenden Untersuchungen kritisiert, im
Forschungsbericht
Sozialpolitik.
Non-Profit-Organisationen
in
Österreich
vom
Institut
für
6
Die Gewerkschaften als Interessenverbände der Arbeitnehmer gehören zu den
großen
Non-Profit-Organisationen
des
Dritten
Selbstständigkeit, Solidarität, Gemeinschaft
Sektors.
Sie
stehen
für
und sind weitgehend auf starkes
ehrenamtliches Engagement angewiesen. NPOs spielen in demokratischen
Systemen eine wesentliche gesellschaftspolitische Rolle und sind ein beachtlicher
Wirtschaftsfaktor. Zentral ist auch ihre Rolle im gesamtgesellschaftlichen, sozialen
und kulturellen Zusammenleben von Menschen in demokratischen Systemen.
Demografische Verschiebungen (Altersstruktur) und Budgetknappheit haben in den
letzten Jahren, vor allem über die Kürzungen von Sozialleistungen, die Politik der
europäischen Wohlfahrtsstaaten maßgeblich geprägt.
Über die dadurch vermehrt entstehenden Ungleichgewichte haben NPOs an
Bedeutung zugenommen.
Zum einen sind dadurch die Anforderungen an und die Aufgabengebiete für NPOs
gestiegen, zum anderen sind sie von den Einsparungen innerhalb des staatlichen
Wohlfahrtsystems besonders betroffen. Es entsteht unter den NPOs eine
zunehmend
stärker
werdende
Konkurrenz
um
immer
knapper
werdende
Ressourcen, aber auch im möglicherweise nicht wünschenswerten Wettbewerb7 zu
staatlichen Einrichtungen und Profitunternehmen.
5
Vgl: http://www.oesterreich.com/de/wirtschaft/branchen-und-industriezweige/sektoren-der-wirtschaft,
15.4.2013
6
Vgl. Schneider/Haider (2009), Forschungsberichte/Institut für Sozialpolitik, 15.04.13
7
Vgl. Kunz, Dissertation (2006), 79f
6
Für einen großen Teil der gesamten Arbeitskapazität stehen in vielen NPOs
mehrheitlich ehrenamtliche Mitarbeiter zur Verfügung, ohne diese wären die
meisten Organisationen nicht arbeits- und funktionsfähig.
Vor
diesem
Hintergrund
Personalentwicklung
sind
eine
moderne
besondere
Managementmethoden
Zukunftsaufgabe
in
wie
die
hauptsächlich
ehrenamtlich organisierten Non-Profit-Organisationen. In Profit-Organisationen
wurde bereits erkannt, dass es für den Erfolg der Organisation wichtig ist,
Humanressourcen zu entwickeln und gezielt einzusetzen. Bei einem stark
wachsenden Anteil an Non-Profit-Organisationen muss auch hier stärker auf das
Thema Personalentwicklung gesetzt werden.
Eine
wichtige
Personalarbeit,
Grundlage
die
bildet
dabei
Entwicklung
und
die
systemische
Integration
und
von
strategische
Konzepten
der
Personalentwicklung, Motivation, Führung und Anreizgestaltung zur stärkeren
Bindung an die Organisation, sowie der Identifikation mit der Organisation.
Diese Konzepte und Anwendungsfälle gibt es bereits in einer Vielzahl für ProfitOrganisationen.
Sind
diese
Methoden
jedoch
auch
übertragbar
auf
den
ehrenamtlichen Bereich von Non-Profit-Organisationen? Welche Bedeutung und
welchen Nutzen hat PE in diesem Bereich? Der folgende Abschnitt setzt sich mit
klassischer Personalentwicklung, Ehrenamt und der Bedeutung, dem Nutzen und
der Ziele dieser für Non-Profit-Organisationen auseinander. Näher zu betrachten ist
die Wirkung und der Zusammenhang von Personal- und Organisationsentwicklung
in NPOs. In weiterer Folge werden Best-practice-Beispiele von PE und OE im
gewerkschaftlichen Bereich analysiert.
2.1.
Personalentwicklung Es gibt keine einheitliche Definition von Personalentwicklung. In den wesentlichen
Punkten sind sich jedoch alle Personalentwickler einig, PE ist ein wichtiger
Erfolgsfaktor einer Organisation! Sie darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern
ist in die Organisation einzubinden. Personalentwicklung ist mehr als nur ein Ausund
Weiterbildungskonzept
für
die
Mitarbeiter.
Eine
erfolgreiche
Personalentwicklung muss eine Win-Win-Situation, zum einen für die Mitarbeiter
(persönliche Weiterentwicklung) und zum anderen für die Organisation (lernende
Organisation) sein. 8
8
Vgl. Flato/Reinbold-Scheible (2006), 14f.
7
Moderne Personalentwicklung darf nicht nur zum Ziel haben, dass die Mitarbeiter
und Führungskräfte ihre gegenwärtigen Aufgaben und Positionen bestmöglich erund
ausfüllen.
Moderne
Personalentwicklung
ist
ein
gestaltendes
und
vorausschauendes Element einer Organisation. Erfolgreiche Personalentwicklung
stellt die Stärken und Fähigkeiten der Menschen in den Vordergrund und nicht die
Beseitigung
von
Schwächen
und
Defiziten.
Organisationen
mit
hoher
Mitarbeiterzufriedenheit haben die besonderen Fähigkeiten und Potenziale ihrer
Mitarbeiter erkannt, analysiert und gefördert. 9
Die folgenden Definitionen sind- wie bereits oben angeführt- unterschiedlich,
ermöglichen jedoch einen umfassenden Blick auf die Inhalte, Ziele und
Anforderungen von Personalentwicklung.
Becker stellt PE auf folgende Weise dar:
„Personalentwicklung umfasst alle Maßnahmen der Bildung, der Förderung und der
Organisationsentwicklung, die von einer Person oder Organisation zur Erreichung
spezieller Zwecke zielgerichtet, systematisch und methodisch geplant, realisiert und
evaluiert werden.“10
Aus der Sicht von Mentzel wird PE folgendermaßen definiert:
„Inbegriff aller Maßnahmen, die der individuellen beruflichen Entwicklung der
Mitarbeiter dienen und ihnen unter Beachtung ihrer persönlichen Interessen die zur
optimalen Wahrnehmung ihrer jetzigen und künftigen Aufgaben erforderlichen
Qualifikationen vermitteln.“11
Eine weitere Definition von Bröckermann, passt aus meiner Sicht ebenso zum
Thema, da sie wie oben bei Mentzel explizit die Zukunftsperspektive anspricht:
„Vermittlung jener Qualifikationen, die zur optimalen Verrichtung der derzeitigen und
der zukünftigen Aufgaben in einem Unternehmen erforderlich sind“12
9
Vgl. Flato/Reinbold-Scheible (2006), 14f.
Becker (2005), 3.
11
Mentzel (2001), 9.
12
Bröckermann (2001)
10
8
Ziele der Personalentwicklung
Ein Hauptziel der Personalentwicklung ist die langfristige Sicherung des Erfolges
der Organisation. Durch Personalentwicklung wird eine langfristige Veränderung der
Leistungspotenziale der Mitarbeiter, bzw. der gesamten Organisation, gestärkt und
weiter- entwickelt.
Die Planung und die Instrumente eines Entwicklungsprozesses werden hierfür
ebenso benötigt, wie die zu entwickelnden Maßnahmen zur Erhöhung und
Erweiterung der Handlungskompetenz von Mitarbeitern und Organisationen.13
Durch laufende gesellschaftliche Veränderungen werden Organisationen und deren
Mitarbeiter gezwungen, sich mit Hilfe von Organisations- und Personalentwicklung
weiterzuentwickeln um den steigenden Anforderungen zukünftig gewachsen zu
sein. Demzufolge hat PE zum Ziel, die Qualifizierung der Mitarbeiter für die
Ausführung ihrer momentanen und zukünftigen Aufgaben sicher zu stellen.
Somit ist PE maßgeblich zum einen an der Initiierung und Förderung von
Lernprozessen beteiligt und gewährleistet zum anderen die Sicherstellung der
benötigten Qualifikationen. Dies wiederum ist wesentlich und notwendig für eine
erfolgreiche Organisationsentwicklung.14
Folgenden Ziele werden nach Mentzel verfolgt:15
•
Verbesserung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Organisation
•
Anpassung der Qualifikation der Mitarbeiter an veränderte Anforderungen
•
Erhöhung der Flexibilität der Mitarbeiter
•
Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit bzw. der Mitarbeiterloyalität
•
Verbesserung des Images der Organisation
•
Sicherung eines qualifizierten Mitarbeiterstammes und Mitarbeiterpools
•
Befriedigung individueller Bedürfnisse und bildungspolitischer Ansprüche
Diese Ziele beschreiben sehr gut wie wichtig PE grundsätzlich für alle
Organisationen ist. Vor allem in Non-Profit-Organisationen wie Gewerkschaften mit
einem hohen ehrenamtlichen Mitarbeiteranteil muss PE ein zentraler Faktor sein.
Denn diese Organisationen sind aufgrund ihrer Komplexität ständig mit veränderten
Anforderungen und Ansprüchen aus unterschiedlichen Umwelten (Organisation,
Politik, Kollegen, Geschäftsführung,...) konfrontiert.
13
Vgl. Meier, (1991), 6.
Vgl. Schlitter/Erb (2006), 235.
15
Vgl. Mentzel, (2001), 9ff
14
9
Wichtige Faktoren in der Personalentwicklung- und in weiterer Folge in der
Organisationsentwicklung- sind die Kompetenzen der Mitarbeiter. Diese werden
nach Heyse/Erpenbeck/Ortmann in vier zentrale Kompetenzebenen gegliedert.16
•
Fach- u. Methodenkompetenz
•
Sozial- kommunikative Kompetenz
•
Aktivitäts- u. Handlungskompetenz
•
Personale Kompetenz
Kompetenzen und der Erwerb dieser Kompetenzen sind ein zentraler Faktor in der
PE, im Besonderen im ehrenamtlichen Bereich von Non-Profit-Organisationen, da
diese nicht nach monetären Grundsätzen ausgerichtet sind. Zum einen müssen die
Mitarbeiter eine Vielzahl an Kompetenzen und Fertigkeiten mitbringen und zum
anderen können diese durch PE weiterentwickelt werden. Ebenso können neue
Kompetenzen entdeckt werden. Dies ist für die persönliche und organisationale
Entwicklung im Hinblick auf PE und OE wichtig und bedeutsam.
Strategische Personalentwicklung
Die folgende Abbildung zeigt einen systematischen und umfassenden
Prozessablauf von Personalentwicklung.
Abbildung 1: Systematischer Personalentwicklungsprozess17
16
Vgl. Heyse/Erpenbeck/Ortmann (2007), 82f
10
Personalentwicklung muss grundsätzlich langfristig betrachtet werden und daher in
ein gesamtpersonalpolitisches Konzept integriert werden. Ein strategischer Ansatz
ist unumgänglich und zwingend notwendig für den Erfolg einer lernenden und sich
ständig
weiterentwickelnden
Organisation.
Im
Fokus
von
strategischer
Personalentwicklung sind alle Mitarbeiter in der Organisation, im Besonderen
Schlüssel- und Führungspositionen.18
Laut Sattelberger spielen die folgenden Faktoren eine zentrale Rolle für eine
erfolgreiche und strategische PE in Unternehmen und Organisationen: 19
•
Topmanagement ist der Motor einer effektiven und
erfolgreichen PE.
•
Ziele von Entwicklungsprogrammen sind klar und transparent für
alle Bereiche der Organisation formuliert.
•
Entwicklungsprogramme dienen als Instrument der Bildung und
der Durchsetzung von Organisationsstrategien.
•
Führung und Management ist immer in die Planung- und
Gestaltung der Programme miteinbezogen und ist gleichzeitig
als Trainer tätig.
•
Qualifizierungsprogramme sind genau auf die Mitarbeiter
abgestimmt.
•
Ein Vertrauensverhältnis zwischen Management/Führung und
PE ist Voraussetzung.
Dabei ist es wichtig, dass die derzeitige Situation der jeweiligen Organisation
analysiert wird und die strategischen Schritte und langfristigen Maßnahmen im
Hinblick auf PE für die Zukunft entwickelt werden. Strategische Personalentwicklung
wurde bisher in Organisationen und Unternehmen wenig bzw. nicht gezielt und
strukturiert eingesetzt. Erkennen kann man das daran, dass wenige Publikationen
zu diesem Thema zu finden sind.20
17
Abb. entnommen aus Gabler Wirtschaftslexikon (in Anlehnung an Becker, 2005).
Vgl. Wegerich (2011), 25f.
19
Vgl. Wegerich (2011), 26.
20
Vgl. Wegerich (2011), 28f.
18
11
Der Strukturwandel und die damit verbundene Internationalisierung, sowie der
demografische Aspekt einer alternden Gesellschaft machen auch vor den
Organisationen und Unternehmen nicht halt. Somit wird eine langfristige und
strategische Ausrichtung der Personalentwicklung in Organisationen immer
wichtiger,
vor
allem
im
Hinblick
auf
die
Organisationsprozesse
und
Unternehmensziele. Daher geht es auch zunehmend um eine umfassende und
ganzheitliche Perspektive.
Diese ist und wird zukünftig vor allem für Non-Profit-Organisationen mit starken
ehrenamtlichen Anteil, aufgrund ihrer Komplexität und der unterschiedlichen Motive
ihrer Mitarbeiter, von großer Bedeutung sein.
2.2.
Ehrenamt Das Ehrenamt steht für jede Art von freiwilliger und unentgeltlicher Arbeit – ob
gewählt oder nicht gewählt. Im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert und
den damit einhergehenden gesellschaftlichen Veränderungen entstanden Aufgaben,
welche die Beteiligung der Bürger ein- und erforderte. Es war eine „Ehre“, sich für
gesellschaftliche Belange einzusetzen. Meist waren nur standesgemäße Bürger
dazu berufen, ein „Ehrenamt“ zu übernehmen. Zum einen war die „Ehre“ und zum
anderen das „Amt“ – bedeutete meist, dass die Erfüllung der Aufgaben mit einem
öffentlichen Interesse verbunden waren. 21 Die Perspektive und der Zugang zum
Ehrenamt haben sich im Laufe der Jahre grundlegend verändert. Es ist ein neues
Verständnis
von
Ehrenamt
entstanden.
Ekkehard
Kappler
beschreibt
folgendermaßen: „Von der Ehre zum Engagement auf Gegenseitigkeit.“
es
22
„Amt“ und „Ehre“ treten somit immer mehr in den Hintergrund und die persönlichen
Gründe, sich ehrenamtlich zu engagieren werden immer stärker. Ist es zum einen
das sogenannte „stellvertretende Engagement“ (z.B: Eltern für ihre Kinder,
Betriebsräte für ihre Kollegen), so ist zum anderen meist eine persönliche
Betroffenheit bzw. Interesse gegeben. Daher ist eine Neuorientierung im
ehrenamtlichen Bereich unumgänglich. Aus dieser Sicht ist es wesentlich einfacher,
Freiwillige für Organisationen zu gewinnen, mit denen sich die Menschen
identifizieren
können.
Diese
Organisationen
Übereinstimmung mit dem eigenen Selbst-Konzept.
haben
somit
eine
hohe
23
21
Vgl. Wadsack (2003), 14.
Kappler (1996)
23
Vgl. Meyer/Rameder (2011),3.
22
12
Abbildung 2: Zwiebelmodel Einflussfaktoren auf das Engagement der Freiwilligenarbeit24
Beim Zwiebelmodel ist es wichtig, die verschiedenen Aspekte und Einflussfaktoren
genauer zu betrachten.
•
Wie hat sich die Ehrenamtlichkeit über die Jahre verändert?
•
Welche Rolle spielt dabei der demografische Wandel?
•
Gibt es Veränderungen bei den Motiven von Ehrenamtlichen?
•
Welche Rollen bzw. Funktionen nehmen Ehrenamtliche ein?
•
Wie ist das Zusammenspiel von Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen?
Freiwilligenarbeit, ehrenamtliches Engagement hat sich speziell in den letzten
Jahren stark durch den gesellschaftlichen Wandel verändert. NPOs und Vereine im
Speziellen klagen über eine immer schwieriger werdende Nachfolgeplanung und
den Rückgang von ehrenamtlichen Mitarbeitern.
Dahinter stehen eine Vielzahl an gesellschaftlichen Motiven wie, Individualisierung,
Technologisierung, wachsende Mobilität sowie eine stärkere Ausprägung von
Erwerbsarbeit, Bildungsmöglichkeiten, Freizeitkultur und Familie.25
24
25
Abbildung entnommen aus: Meyer/Rameder (2011),3.
Vgl. Heimgartner/More-Hollerweger (2009), 20.
13
Der demografische Wandel spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Unsere
Gesellschaft wird zunehmend älter und stagniert bzw. ist rückläufig im Wachstum.
Dies wird im Bereich der Freiwilligenarbeit im Besonderen bei der Nachfolgeplanung
deutlich sichtbar.26
Die Motive für ehrenamtliches Engagement haben sich dahingehend verändert,
dass das Engagement in erster Linie Spaß machen muss. Die altruistischen Motive
„anderen zu helfen“, „für einander da sein“ kommen erst an zweiter Stelle, gefolgt
von „Menschen treffen/Freunde gewinnen“ und der Möglichkeit zu lernen,
Erfahrungen zu teilen und aktiv zu bleiben.27
Die Rollen von ehrenamtlichen Mitarbeitern müssen klar definiert und abgegrenzt
zum hauptamtlichen Bereich sein. Ehrenamtlich Tätige müssen zum einen wissen,
an wen sich wenden können und zum anderen, welche Möglichkeiten sie haben und
wo die Grenzen ihres Handelns/ihrer Tätigkeit sind. Erwartungen und Ziele an
ehrenamtliche Mitarbeiter müssen klar definiert sein. Eine Rollenklärung ist
unbedingt erforderlich. Im Zusammenspiel ehren- und hauptamtlicher Mitarbeiter
einer Non-Profit-Organisation stehen Kommunikation, Wertschätzung, Kooperation,
Haltung und gegenseitige Unterstützung im Vordergrund des gemeinsamen
Handelns. In diesem Spannungsfeld ist es wichtig, die unterschiedlichen Motive der
beiden Gruppen zu erfassen und darauf einzugehen.
Motive
Ehrenamt
Hauptamt
Altruistische Motive
Lebensunterhalt (monetär)
Sinnvolle Aufgabe, die Spaß macht
Sinnvolles Tun ist mit der Aufgabe
(Arbeit) ident
Persönliche Kenntnisse und
Berufliche Fortbildung und
Erfahrungen werden erweitert
Förderung durch den Arbeitgeber
Wunsch nach zusätzlichen
Sicherheit
Kontakten
Abbildung 3: Motive- Ehrenamt versus Hauptamt28
26
Vgl. Rameder/More-Hollerweger (2009), 53.
Vgl. Rameder/More-Hollerweger (2009), 53.
28
Eigene Abbildung
27
14
Anhand dieser einfachen Tabelle wird sehr gut ersichtlich, wie unterschiedlich die
Zugänge und Motive der beiden Gruppen zur jeweiligen Tätigkeit sind. Dies soll
auch nur eine beispielhafte Aufzählung sein, da es darüber hinaus noch eine
Vielzahl an unterschiedlichen Motiven gibt. Es soll vor allem aufzeigen, wie wichtig
es für Non-Profit-Organisationen ist, beide Bereiche zu betrachten und in die
Personal- und Organisationsentwicklung miteinzubeziehen.
Ehrenamt und Freiwilligenarbeit in Österreich
Die jüngste von bisher drei Erhebungen zur Freiwilligenarbeit fand im Rahmen des
Mikrozensus der Statistik Austria 2006 statt und wurde vom damaligen
Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
(BMSGK) in Auftrag gegeben.
Definition: Mikrozensus29
„Der Mikrozensus ist eine laufende Haushaltsstichprobe, bei der jährlich 1
Prozent aller Haushalte befragt wird. Er dient der Bereitstellung von statistischen
Informationen über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt. Damit ist der
Mikrozensus eine sog. Mehrzweckstichprobe. Mit dem Mikrozensus werden die
Ergebnisse der letzten Volkszählung fortgeschrieben. Er dient ferner der
Evaluierung anderer amtlicher Statistiken wie z.B. der Einkommens- und
Verbraucherstichprobe.“
„Außerdem ist die Arbeitskräfteerhebung in den Mikrozensus integriert. Beim
Mikrozensus
besteht
Auskunftspflicht.
Die
Durchführung
dieser
amtlichen
Repräsentativstatistik erfolgt als einstufige geschichtete Flächenstichprobe. Es
werden demnach Auswahlbezirke ausgewählt, innerhalb derer eine Vollerhebung
stattfindet. Ein Viertel der an der Stichprobe beteiligten Haushalte (bzw. der
Auswahlbezirke) wird jährlich ausgewechselt. Damit ist ein Haushalt vier Jahre Teil
der Stichprobe (s. Rotation). Der Mikrozensus liefert statistische Informationen über
die Bevölkerungsstruktur, die wirtschaftliche und soziale Lage der Bevölkerung,
Erwerbstätigkeit, Arbeitsuche, Ausbildung, Gesundheit und Wohnverhältnisse.“
Die österreichische Gesamtbevölkerung ab 15 Jahren (6.897.901 Personen) bildete
hierbei die Grundgesamtheit. Aus einer Stichprobe von 26.128 Personen beteiligten
sich rund 45% (11.661 Personen) an der Erhebung.
29
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/148/mikrozensus-v11.html, 30.4.13
15
Die
Ergebnisse
wurden
von
Statistik
Austria
unter
Berücksichtigung
der
Verteilungsvorgaben des Mikrozensus (Geschlecht, Alter Staatsbürgerschaft,
Erwerbstätigkeit und Bundesland) auf die Gesamtbevölkerung gewichtet und
hochgerechnet. Die Teilnahme an der Befragung erfolgte freiwillig.30
Die Daten der Erhebung zeigen folgendes Bild:
6.987.901
Österreicherinnen über 15 Jahre
100%
3.019.242
Freiwillig Engagierte
43,8.%
1.925.392
Formell freiwillig
27,9%
1.871.708
Informell freiwillig
27,1%
3.878.659
Nichtfreiwillig Engagierte
56,2%
4.972.509
Nicht formell freiwillig
72,1%
5.026.192
Nicht formell freiwillig
72,9%
Abbildung 4: Freiwilligenarbeit in Österreich31
Wie in der Abbildung ersichtlich, sind lt. Mikrozensus-Zusatzerhebung, 43,8% der
österreichischen Gesamtbevölkerung ab 15 Jahren – das sind mehr als drei
Millionen Österreicher – ehrenamtlich bzw. in der Freiwilligenarbeit tätig.
Im formellen Bereich – das bedeutet die Tätigkeit im Rahmen einer Organisation
oder eines Vereins – engagieren sich 27,9% aller Österreicher. Im informellen
Bereich – dieser wird meist als „Nachbarschaftshilfe“ bezeichnet, da es sich um eine
persönliche Initiative ohne Organisationen im Hintergrund handelt - sind annähernd
soviel Menschen wie im formellen Bereich, nämlich 27,1% der Österreicher tätig.
Hierbei ist noch wichtig zu erwähnen, dass die informelle Freiwilligenarbeit (z.B:
Nachbarschaftshilfe) häufiger von Frauen erbracht wird.
Im formellen Bereich, also in Organisationen und Vereinen, ist der Anteil der
Männer deutlich höher. Das ehrenamtliche Engagement ist in den ländlichen
Regionen (Tradition, Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, etc.) tendenziell höher
als im urbanen Raum.
30
31
Vgl. Meyer/Rameder (2011), 6.
Abbildung verändert entnommen aus: Rameder/More-Hollerweger (2009),5.
16
Oberösterreich ist dabei Spitzenreiter unter den Bundesländern (49%), gefolgt von
Tirol (48%) und Niederösterreich und Vorarlberg (je 47%). Das ehrenamtliche
Engagement in Wien liegt hingegen bei nur 35%.32
Freiwilligenarbeit und ehrenamtliches Engagement ist in Österreich ein zentraler
und gesellschaftlich wichtiger Faktor.
Im Bericht zum freiwilligen Engagement in Österreich herausgegeben vom, „Institut
für interdisziplinäre Non-Profit-Forschung“ an der Wirtschaftsuniversität Wien, wird
detaillierter und spezifischer auf das Ehrenamt und die Freiwilligenarbeit
eingegangen.
Eine aktuelle IFES-Umfrage (2012) im Auftrag des Sozialministeriums besagt, „dass
sich exakt 3,3 Millionen Menschen, also 46 Prozent der Bevölkerung über 15
Jahren, ehrenamtlich engagieren. Pro Woche leisten diese Menschen umgerechnet
15,5 Millionen Arbeitsstunden - auf den Mindestlohn gerechnet entspricht das einem
Wert von 134,2 Millionen Euro.“ 33 Dies bestätigt wiederum, dass ehrenamtlich tätige
Menschen ein beträchtlichen Anteil am sozialen, politischen und wirtschaftlichen
Erfolg unsere Gesellschaft haben.
Entwicklung
von
ehrenamtlichem
Engagement
in
Gewerkschaften
in
Österreich
Aufgrund eines österreichischen Spezifikums, der Sozialpartnerschaft, ist das
ehrenamtliche Engagement in den österreichischen Gewerkschaften besonders
stark ausgeprägt. Im österreichischen Arbeitsverfassungsgesetz ist die Bildung von
Betriebsräten ab fünf Mitarbeitern festgeschrieben. Wobei dies keine „MussBestimmung“ ist, sondern hierfür die Initiative von den Arbeiternehmern bzw. den
Gewerkschaften ausgehen muss.
Die Motive, sich ehrenamtlich im gewerkschaftlichen Bereich zu engagieren sind
grundsätzlich ident mit den in Abbildung 3 beschriebenen Motiven. Hinsichtlich des
ehrenamtlichen Engagements gibt es jedoch einen gravierenden Unterschied, die
Tätigkeit als Betriebsrat/Funktionär hängt unmittelbar mit dem Beruf zusammen.
Dies bedeutet wiederum, die Voraussetzung Betriebsrat/Funktionär werden zu
können, ist die berufliche Tätigkeit in einer Organisation/Unternehmen mit
mindestens fünf Mitarbeitern.
32
Vgl. Freiwilliges Engagement in Österreich (2008), 4
http://derstandard.at/1369361767820/Oesterreichs-Freiwillige-spenden-pro-Woche-134-MillionenEuro, 27.5.13
33
17
Daher spielt auch bei gewerkschaftlichem Engagement, sowohl die altruistische
Komponente (für Andere da zu sein) eine bedeutende Rolle, aber auch die
persönliche Weiterentwicklung und die Aufstiegschancen durch zusätzliche
Qualifikationen, sowohl im Erwerbsberuf als auch im gewerkschaftlichen Umfeld.
Wenn gewerkschaftliche Positionen im hauptamtlichen Bereich nachbesetzt
werden, wird vorwiegend im betriebsrätlichen Umfeld gesucht. Personalentwicklung
ist aus zweierlei Gründen in Gewerkschaften besonders bedeutsam. Auf der einen
Seite , um Positionen in der Gewerkschaft im hauptamtlichen Bereich nachbesetzen
zu können und dahingehend Menschen zu entwickeln, zu fördern und auszubilden.
Auf der anderen Seite, um Betriebsräte und Funktionäre in ihrer ehrenamtlichen
Tätigkeit
zu
unterstützen,
sie
aus-
und
weiterzubilden,
um
dem
gesellschaftspolitisch wichtigen Auftrag einer kompetenten Arbeitnehmervertretung
nachkommen zu können.
2.3.
Die GPA-­‐djp Oberösterreich Die GPA-djp Oberösterreich ist mit mehr als 57.000 Mitgliedern die zweitgrößte
Landesorganisation nach Wien. Sie ist österreichweit gesehen die mitgliederstärkste
Gewerkschaft
Österreichische
im
Österreichischen
Gewerkschaftsbund
Gewerkschaftsbund
(OEGB)
ist
eine
(OEGB).
Der
überparteiliche
Interessenvertretung unselbstständiger Erwerbstätiger mit 1,2 Millionen Mitgliedern.
Der OEGB und seine Gewerkschaften vertreten die Interessen aller Arbeitnehmer
gegenüber Arbeitgebern, Staat und Parteien.34 Der OEGB besteht aus insgesamt
sieben Einzelgewerkschaften, 35 tendenziell nimmt diese Anzahl durch laufende
Zusammenschlüsse (Fusionen) ab.
34
35
http://www.oegb.at/servlet/ContentServer?pagename=S06/Page/Index&n=S06_2, 15.4.2012
Vgl. Pellar (2008), 95
18
Die GPA-djp OÖ ist folgendermaßen organisiert:
ORGANIGRAMM GPA-djp Oberösterreich
GPA-djp
Präsidium
Sekretariat
Geschäftsführung
GPA-djp
GPA-djp
Geschäftsführung
Vorstand
GPA-djp
Regional
Sekretär
Regional
Sekretär
Org.Assistentin
Regional
Sekretär
Org.Assistentin
BezirksArbeitsgemeinschaft
Wirtschaftsbereiche
WB 1 - 25
Stvr. Geschäftsführung
Regional
Sekretär
Org.Assistentin
BetriebsratsKörperschaft
BetriebsratsKörperschaft
BetriebsratsKörperschaft
Org.Assistentin
Abbildung 5: Organigramm GPA-djp OÖ36
Anhand dieser Abbildung wird im Folgenden die komplexe Organisation und
Struktur der GPA-djp erklärt.
Das Präsidium der GPA-djp ist das höchste Gremium und ist mit ehrenamtlichen
Betriebsräten aus den verschiedenen Wirtschaftsbereichen und Fraktionen besetzt.
Diese werden- ebenso wie der Vorstand- vom Regionalforum gewählt bzw.
entsandt. Das Präsidium ist einerseits für den hauptamtlichen Bereich mit der
Geschäftsführung und andererseits für den großen Bereich der ehrenamtlichen
Betriebsräte,
dem
Vorstand,
den
verschiedenen
Wirtschaftsbereichen
und
Arbeitsgemeinschaften zuständig.37
Dabei ist die Geschäftsführung für den operativen Bereich zuständig und hat daher
vielfältige
Entscheidungskompetenzen.
Sie
ist
jedoch
weisungsgebunden
gegenüber dem Präsidium und dem Vorstand (beide sind mit ehrenamtlichen
Betriebsräten und Funktionären besetzt).
36
37
Eigene Abbildung
Vgl. Geschäfts- und Wahlordnung der GPA-djp (2010)
19
Fraktionen: Innerhalb der GPA-djp gibt es verschiedene politische Fraktionen, z.B.
FSG = Fraktion der sozialdemokratischen Gewerkschafter, FCG = Fraktion der
Christgewerkschafter,
AUGE/UG
=
Alternative,
Grüne
und
Unabhängige
Gewerkschafter, FA = Freiheitliche Arbeitnehmer, GLB = gewerkschaftlicher
Linksblock.
Wirtschaftsbereiche (WB): Insgesamt ist die GPA-djp in 25 Wirtschaftsbereichen
österreichweit vertreten. Die Zugehörigkeit eines Betriebes zu einem bestimmten
Wirtschaftsbereich richtet sich nach seiner Branchenzugehörigkeit (z.B. WB01
Bergwerke/Eisen/Gießerei; WB12 Handel; WB16 Forschung/Bildung/Kultur...).
Arbeitsgemeinschaften
(ARGE):
Betriebsräte
aus
verschiedenen
Wirtschaftsbereichen und Fraktionen in den Bezirken (z.B. ARGE Linz-Land, ARGE
Gmunden-Vöcklabruck).
In der GPA-djp OÖ sind 40 Mitarbeiter beschäftigt. Diese betreuen mehr als 3.900
Betriebsräte im gesamten Bundesland. Es gibt einen Geschäftsführer (GF) und
einen Stellvertreter, wobei die Beratung der Betriebsräte/Funktionäre nicht mehr in
das Aufgabengebiet des GF fällt. Aufgaben des Geschäftsführers sind die Bereiche
Führung, Personalmanagement, Koordination, Vertretung der GPA-djp nach außen
uvm.
Die klassische Betreuung aller Betriebsräte der GPA-djp, die Beratung in
Rechtsfragen, die Vertretung in arbeitsrechtlichen Belangen vor Gericht, die
Unterstützung
bei
Neugründungen
von
Betriebsratskörperschaften
und
Betriebsversammlungen sowie die Funktion als Coach und Trainer bei Aus- und
Weiterbildung übernehmen 24 Regionalsekretäre mit Unterstützung der 14
Organisationsassistenten im Back Office.38
Die Zuständigkeit eines Regionalsekretärs ist zum Beispiel: Betreuung und
Beratung der Betriebsräte in den Bezirken Linz-Stadt, Steyr-Land, Steyr-Stadt im
WB04 Energie, sowie Bildungsverantwortung innerhalb der GPA-djp OÖ und die
Abwicklung verschiedener interner Projekte.“39
38
Vgl. http://www.gpadjp.at/servlet/ContentServer?pagename=GPA/Page/Index&n=GPA_3.6.1.d&page=4, Stand 1.5.2013
39
Vgl. Regionalsekretär Helmut Russ, Gespräch 18.8.12
20
In derart komplexen Organisationen wie der GPA-djp mit einem sehr hohen
ehrenamtlichen Mitarbeiter-Anteil können die hauptamtlichen Mitarbeiter somit „nur“
eine Servicestelle sein, Betriebsräte und Funktionäre bei Neugründungen, bei
Betriebsversammlungen und als Trainer bei Aus- und Weiterbildungen unterstützen
und beraten. Außerdem übernehmen sie die Beratung in arbeitsrechtlichen
Belangen und die Vertretung der Arbeitnehmer im Streitfall vor Gericht.
Eine Funktions- und Aufgabenbeschreibung für Funktionäre und Betriebsräte gibt es
bis jetzt nicht. Die Aufgaben der Funktionäre sind- grob umrissen- in der
Geschäftsordnung der GPA-djp beschrieben, aber nicht auf die jeweilige Funktion
bzw. Rolle heruntergebrochen. Im Hinblick auf die vielfältigen Aufgaben und
Anforderungen
an
Betriebsräte/Funktionäre
wird
deutlich
sichtbar,
dass
Personalentwicklung für den ehrenamtlichen Bereich der GPA-djp OÖ, jetzt und in
mittel- und unmittelbarer Zukunft von großer Bedeutung sein wird.
2.4.
Bedeutung und Nutzen von Personalentwicklung im ehrenamtlichen Bereich einer Non-­‐Profit-­‐Organisation Die Bedeutung und der Nutzen von Personalentwicklung im ehrenamtlichen Bereich
von NPOs wird vielfach unterschätzt, bzw. wird dessen Notwendigkeit noch nicht
erkannt. Gerade für Non-Profit-Organisationen mit einem hohen Anteil an
ehrenamtlichen Mitarbeitern, wie dies in Gewerkschaften der Fall ist, ist PE
besonders bedeutsam.
Es muss im Interesse der Organisation sein, das Commitment, die Identifikation und
das Engagement ihrer Ehrenamtlichen zu bewahren, zu fördern und weiter zu
entwickeln. Ein weiterer Fokus muss auf die Führungsverantwortung gelegt werden.
Dafür braucht es einen geeigneten Rahmen (Personalentwicklung), um die wichtige
„Ressource“ ehrenamtliche Mitarbeiter effizient und effektiv einsetzen und
entwickeln zu können.
Die unterschiedlichen Motive und Zugänge von Betriebsräten/Funktionären müssen
beachtet
und
analysiert
werden.
Die
Aufgaben
und
Zuständigkeiten
der
Betriebsräte/Funktionäre müssen gemeinsam mit der Organisation der GPA-djp
entwickelt, bearbeitet und beschrieben werden.
Dann gibt es hinsichtlich des Engagements, des Wollens, der Zuständigkeit und der
Aufgabenerfüllung weniger Konflikte bzw. Auffassungsunterschiede zwischen der
Gewerkschaft einerseits und der Betriebsräte/Funktionäre andererseits.
21
Hinsichtlich der vielfältigen Aufgaben und Zuständigkeiten, dem Zusammenspiel
von hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeitern und den Einflüssen aus der
Organisations-Umwelt, ist der Nutzen von PE in der Organisation GPA-djp deutlich
fest zumachen.
Dieser Nutzen wird nun folgendermaßen beschrieben. Die Identifikation des
ehrenamtlichen Mitarbeiters mit der Organisation wird gestärkt, die Teamfähigkeit
wird gefördert und die Zusammenarbeit mit den hauptberuflichen Mitarbeitern und
der Geschäftsführung wird aktiviert. Ehrenamtliche Mitarbeiter können sich anhand
von
Rollenbeschreibungen
und
Anforderungsprofilen
weiterentwickeln,
neue
Kompetenzen erwerben und ihre vorhandenen Kompetenzen ausbauen. Es werden
gemeinsame Ziele von den ehrenamtlichen Funktionären und der Organisation
GPA-djp
ausgearbeitet
und
umgesetzt.
Führungskompetenz,
Teamfähigkeit,
strategische Planung, neue und visionäre Zugänge sind wichtige Kompetenzen für
ehrenamtliche Mitarbeiter, da sie in ihren Funktionen und im Arbeitsleben täglich
damit konfrontiert sind.
In diesem Spannungsfeld unterschiedlicher Handlungsfelder- und ebenen, wie in
Gewerkschaften mit starkem Anteil an ehrenamtlichen Mitarbeitern, ist die
systemisch-ganzheitliche
Personalentwicklung
aus
Sicht
der
Autorin,
eine
besonders gut geeignete Methode. Da sie das ganze System Organisation mit ihren
Umwelten und Anspruchsgruppen betrachtet. Die systemische Betrachtung macht
sämtliche Bereiche sichtbar, es werden alle in der Organisation gehört und
eingebunden.
Durch eine sogenannte Bottom-up-Strategie wird der Abbau von Hierarchie
innerhalb der Organisation gefördert und die Menschen in der Organisation
begegnen sich „auf gleicher Augenhöhe“. Die Organisationsstruktur und -kultur wird
dadurch für alle transparenter und damit einhergehend wird die Kommunikation, die
Interaktion zwischen den Personen in unterschiedlichen Ebenen (Führung,
Hauptamt,
Ehrenamt)
Veränderungsprozess
klarer,
auch
präziser
gelingt
ist
und
zu
offener.
Beginn
ein
Damit
dieser
strategisches
Personalentwicklungskonzept notwendig. Dies bedarf einer langfristigen Planung
und einer sorgfältigen Implementierung in die Organisation. Der Nutzen von
strategischer und systemischer Personalentwicklung in hauptsächlich ehrenamtlich
organisierten NPOs ist ein vielfacher und wird vor allem in den komplexen
Organisationsstrukturen sowie in der Organisationskultur sichtbar. Damit die
Maßnahmen der Personalentwicklung wirksam werden können, müssen die
Grundsätze parallel in Struktur und Kultur der Organisation verankert werden.
22
2.5.
Personalentwicklung als Beitrag zur Organisationsentwicklung Personalentwicklung
und
Organisationsentwicklung
stehen
in
einer
engen
Beziehung zueinander. Im Zentrum steht das Lernen von Menschen und von
sozialen Systemen. Denn Lernprozesse und Lernerfolge der Mitarbeiter sind die
Grundlage für Wachstum, Innovation, und den nachhaltigen Fortbestand einer
Organisation. In diesem Kapitel werden die Zusammenhänge zwischen PE und OE
aufgezeigt und im Speziellen wird die systemische Personalentwicklung genauer
beschrieben. Die systemische Personalentwicklung ist aus Sicht der Autorin die
beste Variante um in derart komplexen Organisationen wie z.B. der Gewerkschaft
Personalentwicklung erfolgreich für alle Beteiligten möglich zu machen.
Das folgende systemische Organisationsmodell veranschaulicht diese engen und
vielschichtigen Beziehungen zueinander.
Abbildung 6: Systemisches Organisationsmodell40
Systemtheoretisch wird eine Organisation als soziales System beschrieben.41 Die
Organisation
ist
von
einer
bestimmten
Umwelt
umgeben.
Dazu
gehören
insbesondere Mitarbeiter und Kunden, Lieferanten und Mitbewerber, der Staat, die
Gesellschaft und die Kultur. Im Bereich der Gewerkschaften spielt auch die Politik
eine wichtige Rolle und hat ebenso Einfluss auf die Organisation.
40
41
Abbildung entnommen aus: Wingen (1998), 5.
Vgl. Luhmann (2006), 41f.
23
Die Umwelt kann wiederum ein System –oder auch mehrere Systeme- sein, dies ist
aber nicht zwangsläufig so. Umwelt(en) und System bilden hingegen zwingend eine
Überlebenseinheit.42
Das System Organisation stützt sich auf seine Hauptbestandteile Kommunikation
und Handlungen, sowie alle daraus entstehenden Ausprägungen, wie Ziele,
Wissen, Regeln, Werte etc.43
Der Mensch als Mitarbeiter spielt hierbei eine besondere Rolle. So ist er einerseits
für das Entstehen der Organisation Voraussetzung, andererseits wird er in der
Systemtheorie nicht als Bestandteil der Organisation, sondern als Element des
Systems gesehen. Eine Organisation ist weitgehend nicht von Einzelpersonen
abhängig, diese sind austauschbar. Die Mitarbeiter stehen in ihrer Rolle nicht nur in
einer Beziehung zur Organisation, sondern auch in Beziehungen zu anderen
Umwelten und Systemen wie z.B. Familie, Freunde, Gesellschaft, Staat, uvm.44
Organisationsentwicklung schafft den Rahmen, die Entscheidungs-, Kooperations-,
Realisierungs-
und
Erneuerungskompetenz
innerhalb
der
Organisation
zu
verbessern. Das alles sind Veränderungsprozesse, die nur mit den Mitarbeitern
initiiert und bearbeitet werden können. Durch konkrete PE-Maßnahmen sollen sich
Organisationsmitglieder zum einen ihrer Handlungsspielräume bewusst werden und
zum anderen die Zusammenhänge in der Organisation verstehen lernen.45
Folglich kann organisatorischer Wandel nur dann gelingen, wenn eine zielgerichtete
Organisationsentwicklung
Organisationsprozessen
die
ermöglicht,
Gestaltung
die
und
Mitarbeiter
Veränderung
einbezieht
und
von
ihnen
Handlungsmöglichkeiten bzw. Spielräume aufzeigt. Insofern liegt es auf der Hand,
dass Organisationsentwicklung nur gemeinsam mit Personalentwicklung, die als
Interventionsprozesse ineinander greifen, erfolgreich sein kann. Basis dafür ist die
Organisationskultur und die Personalpolitik innerhalb der Organisation.
Hierbei hat sich der systemische Ansatz besonders bewährt, denn kollektive
Lernprozesse entziehen sich erfahrungsgemäß einem analytisch-planerischen
Zugriff.46
42
Vgl. Simon (2006), 12f.
Vgl. Wingen (1998), 5.
44
Vgl. Wingen (1998), 5.
45
Vgl. Wegerich (2011), 38.
46
Vgl. Wegerich (2011), 39.
43
24
In der folgenden Abbildung werden die Systeme und Prozesse innerhalb der
Organisation sehr klar und detailliert dargestellt. Personalentwicklung hat Einfluss
auf eine Organisation, und steht in Beziehung zu den unterschiedlichsten Bereichen
innerhalb einer Organisation.
Diese Bereiche sind die Administration, das kollektive Arbeitsrecht, Performance
Management,
Personalcontrolling
und
Organisationsentwicklung.
Somit
wird
deutlich sichtbar, dass Personal- und Organisationsentwicklung Hand in Hand
gehen müssen, um als Organisation langfristig erfolgreich sein zu können.
Abbildung 7: Komplexität: Systeme und Subsysteme des Personalwesens47
Abbildung 7 bezieht sich vorwiegend auf Profit-Organisationen bzw. den
hauptamtlichen, monetären Bereich von NPOs. Betrachtet man die Komplexität des
Systems Organisation genauer, so wird immer klarer, dass in noch diffizileren
Organisationen, wie Gewerkschaften mit einem großen ehrenamtlichen Anteil,
Personalentwicklung eine zentrale Rolle spielen muss.
Zukünftig ergibt sich genau in diesem Spannungsfeld einer NPO ein großes
Betätigungsfeld für Organisations- bzw. Personalentwickler und sie werden
zunehmend neue, interessante und vielschichtige Herausforderungen zu bewältigen
haben.
47
Abbildung entnommen aus: http://www.schindler-cgn.com/cms/systeme_des_personalwesens.html,
16.04.13
25
Systemische Personalentwicklung
Systemische Personalentwicklung ist grundsätzlich immer im Zusammenhang mit
Organisationsentwicklung zu verstehen und kann nicht losgelöst von dieser
betrachtet werden.
Ziel einer systemischen Personalentwicklung ist das Ein- oder Anpassen eines
Personalentwicklungskonzeptes in die Unternehmenskultur. Das PE-Konzept soll
aus der Unternehmenskultur abgeleitet werden.48
In wie weit im systemischen Kontext alle Bereiche ineinandergreifen, ist in der
folgenden Abbildung sichtbar.
Abbildung 8: Systemische Personalentwicklung49
Als Basis für die Umsetzung von systemischer Personalentwicklung müssen
methodische, didaktische und inhaltliche Bereiche genauer betrachtet werden.50
Im methodischen Bereich ist eine vorangegangene Untersuchung und Bewertung
der Organisations- bzw. Unternehmenskultur von zentraler Bedeutung für ein
systemisches PE-Konzept. Personalentwicklung sollte immer im Einklang zur
jeweiligen Unternehmenskultur stehen.
48
Vgl. Jetter/Skrotzki (2005), 8.
Abbildung entnommen aus: http://www.systemische-personalentwicklung.de, 8.4.2013.
50
Vgl. Jetter/Skrotzki (2005), 11.
49
26
Denn nur dann können die Stärken und Schwächen, die Kernkompetenz, die
Innovationsfähigkeit, Führungsgrundsätze, die Einbindung der Mitarbeiter und die
Ziele der Organisation berücksichtigt werden.51
Im didaktischen Bereich steht das Verständnis für vielfältige Anwendung und
Methoden
die
im
Verbund
von
Lernenden,
der
Berufswelt
und
der
Personalentwickler er- und ausgearbeitet werden. Jetter/Skrotzki sprechen hier von
fünf verschiedenen Lerntypen.52
•
Vertiefungslernen
•
Verbesserungslernen
•
Kontextlernen (Zusammenhänge verstehen)
•
Veränderungslernen
•
Kompetenzlernen
Lernziele dabei sind zum einen die Erhöhung der Selbstlernkompetenz des
lernenden Mitarbeiters, der lernenden Führungskraft und zum anderen die
methodische Gestaltung von Lernumgebungen, die vielfältig ausgestaltet sein
können. (Seminar, Workshop, Coaching, Learning by Doing,..).53
Im inhaltlichen Bereich sind die Lernsequenzen so zu gestalten, dass sie genau den
spezifischen Anforderungen der Mitarbeiter und der Organisation angepasst werden
können. Im Vordergrund hierbei stehen die sogenannten Schlüsselqualifikationen
wie soziale Kompetenz, Konfliktmanagement, Teamfähigkeit, Präsentations- und
Moderationsfähigkeit, um an dieser Stelle nur einige zu nennen.54
In einem weiteren behutsamen Schritt ist die sorgfältige Auswahl der geeigneten
Tools im Hinblick auf die PE und OE bedeutsam um die Entwicklungspotenziale zu
erkennen und daraus fördernde und unterstützende Maßnahmen abzuleiten.
Das kann durchaus ein Bündel aus verschiedenen Maßnahmen wie Lerngruppen,
Workshops,
Coachings,
Mentoring,
klassische
Seminare
oder
qualitative
Interviews, z.B. in Form der Appreciative Inquiry (Wertschätzende Befragung) sein.
Diese Methoden und Impulse wirken von sich aus, also infolge des Einsatzes und
der
Anwendung
bereits
auf
das
System,
die
Organisation
und
die
Unternehmenskommunikation.
51
Vgl. Jetter/Skrotzki (2005), 11.
Vgl. Jetter/Skrotzki (2005), 11.
53
Vgl. Jetter/Skrotzki (2005), 12.
54
Vgl. Jetter/Skrotzki (2005), 12.
52
27
Damit ist bereits der Methodeneinsatz der eigentliche Interventionsbeginn mit
Auswirkungen sogar auf am Prozess „unbeteiligte“ Bereiche in der Organisation. Es
wird immer das gesamte System betrachtet, beschreibbar als ein Netz von
„kommunizierenden Gefäßen“ die sich gegenseitig systemisch beeinflussen.
„Eine Definition von systemischer Personalentwicklung in diesem Sinne umfasst
daher unter Berücksichtigung der kurz- und langfristigen Ziele der Organisation
sowie deren Führungsgrundsätze und der Organisationskultur alle systematisch
geplanten Maßnahmen, mit denen das Qualifikationspotenzial der Führungskräfte
und Mitarbeiter an die Unternehmensziele und individuellen Weiterbildungswünsche
oder
auch
Qualifizierungsnotwendigkeiten
aus
gesellschaftlicher
Sicht
berufsbegleitend angepasst werden und Veränderungen im Sinne einer lernenden
Organisation im System „Unternehmen“ schaffen.“55
2.6.
Ziele der Personalentwicklung für ehrenamtliche Mitarbeiter Zielsetzung der Personalentwicklung ist es, zwischen den Zielen der Organisation
und den Bedürfnissen der ehrenamtlichen Mitarbeiter zu vermitteln und auf diese
einzuwirken. Die Kompetenzen der Mitarbeiter werden auf- bzw. ausgebaut und
weiterentwickelt und mit den strategischen Zielen der Organisation synchronisiertwie bereits in Abb. 7 Systeme und Subsysteme beschrieben.
Im Sinne einer lernenden Organisation werden darüber hinaus Zielsetzungen
abgeleitet, die neue Problemlösungs- und Handlungsoptionen ermöglichen. Dabei
wird die Wissensbasis in der Organisation verändert und das Wissen, sowohl das
individuelle als auch das kollektive, (z.B. Werthaltungen, Erfahrungen, Routinen,
Fertigkeiten) wird erweitert. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter werden dadurch
gefördert und angehalten, kontinuierlich zu lernen und sich gemeinsam mit der
Organisation weiterzuentwickeln.
55
Jetter/Skrotzki /2005), 16
28
Definition Lernende Organisation nach Peter Senge:
„Eine „lernende Organisation“ ist der Ort, „wo Menschen kontinuierlich ihre
Fähigkeiten erweitern, um die Ergebnisse zu erreichen, die sie wirklich anstreben,
wo
neue,
sich
erweiternde
Muster
des
Denkens
gefördert
werden,
wo
gemeinschaftliche Wünsche frei werden und wo Menschen kontinuierlich lernen, wie
man miteinander lernt“, wobei es das Ziel ist, eine Organisation so zu gestalten,
dass sie „kontinuierlich ihre Fähigkeit erweitert, ihre Zukunft zu gestalten.“56
Folgende Zieldimensionen gilt es zu unterscheiden: 57
Organisationale Ziele der PE
•
Persönliche und fachliche Fähigkeiten des ehrenamtlichen
Mitarbeiters zielgerecht einsetzen
•
Lernen, sich auf Veränderung, Neues einzustellen und agieren
statt reagieren
•
Eigenverantwortlichkeit soll gesteigert werden
•
Die zunehmende Komplexität der Aufgaben und Anforderungen
erkennen und daran wachsen
•
Die Identifikation mit der Organisation durch klare Ziele und
Aufgaben steigern
Mitarbeiterbezogene Ziele der PE
•
Klare Aufgaben- und Zieldefinition für ehrenamtliche Mitarbeiter
•
Möglichkeit der Überprüfung für MA, ob sie diese Aufgaben
übernehmen möchten
•
MA müssen herausfinden können, ob sie den Aufgaben und
Anforderungen gewachsen sind und die notwendigen Ressourcen
dafür haben
•
Positive
Beeinflussung
des
MA
durch
eine
klare
Aufgabenbeschreibung und Zielsetzung (ich werde gebraucht,
man traut mir diese Aufgabe zu)
Ehrenamtlichen Mitarbeiter müssen als Kunden der Organisation und der
Personalentwicklung
gesehen
werden.
Sie
sind
kein
Personal,
sondern
selbstbewusst handelnde Individuen mit eigenen Motiven und Zielen.
56
57
Senge (2003), 11f
Vgl. Jung (2006), 246, 247.
29
Personalentwicklung soll ehrenamtliche Mitarbeiter dahin gehend unterstützen, ihre
Ziele innerhalb der Organisationen umzusetzen und die Organisation gemeinsam
weiterzuentwickeln.58
Betriebsräten und Funktionären „bläst oft der Wind ins Gesicht“ in diesem
besonderen
Spannungsfeld
dreier
unterschiedlicher
Umwelten/Positionen
(Kollegen, Arbeitgeber, Gewerkschaft). Ihre Hauptaufgabe besteht in der Vertretung
ihrer Kollegen im Sinne der Arbeitnehmerinteressen und deren gesetzlicher
Vorschriften. Aufgrund der ständig wachsenden Anforderungen und schwieriger
werdenden Arbeitsbedingungen wird diese Aufgabe jedoch immer unübersichtlicher.
Somit entstehen vermehrt Konflikte mit den Arbeitgebern aber auch mit den
Interessen der Politik- sowohl auf der betrieblichen Ebene als auch auf der
gesamtgewerkschaftlichen
Ebene,
z.B.
bei
KV-Verhandlungen
und
arbeitsrechtlicher Gesetzgebung.
Ziel der Personalentwicklung ist, die Betriebsräte und Funktionäre zu stärken, zum
einen durch die Schaffung von effizienten Strukturen, um ihnen eine aktive
Beteiligung in der Gewerkschaft zu ermöglichen und zum anderen um sie in ihrer
Funktion
langfristig
zu
professionalisieren.
Ehrenamtliche
Betriebsräte
und
Funktionäre bringen besondere Qualitäten mit, Engagement und Solidarität für ihre
Zielgruppe und eine weitgehend persönliche Unabhängigkeit. Sie beteiligen sich an
gesellschaftspolitisch wichtigen Fragestellungen. Das Spannungsfeld Ehrenamt
versus Hauptamt ist ein wichtiger Aspekt, welcher auch bei den Zielen von PE
miteinbezogen werden muss. Denn je transparenter die gemeinsam erarbeiteten
Ziele formuliert sind, desto weniger Konflikte und Spannungsfelder werden
entstehen.
Betriebsräte und Funktionäre befinden sich, im Sinne von PE, zum Teil in
Führungspositionen (Betriebsratsvorsitzende, Zentralbetriebsräte...) und haben
somit Führungsverantwortung (z.B. auch als Aufsichtsräte in Konzernen). Daher ist
es nötig Ziele für die PE festzulegen, einerseits um die Aufgabengebiete, Rollen und
Rahmenbedingungen genau zu definieren und andererseits um den persönlichen
Gewinn, wie Anerkennung, Wertschätzung, Zufriedenheit, Einfluss, Weiterbildung,
Work-Life Balance und die Erweiterung des Lebenshorizontes, hervorzuheben.
58
Vgl. Olesch/Paulus (2000), 23
30
Personalentwicklung
als
Beitrag
zur
Organisationsentwicklung
ist
insofern
bedeutsam für die Gewerkschaft, da die zukünftige Entwicklung der Gewerkschaft
von
ihren
Mitgliedern,
Betriebsräten
und
Funktionären
abhängt.
Die
als
Repräsentanten und Multiplikatoren selbstbewusst agieren und die Gewerkschaft
nach innen und außen kompetent vertreten.
2.7.
Beispiele für PE im betriebsrätlichen/gewerkschaftlichen Bereich Dieses Kapitel beschreibt kurz und beispielhaft einige ausgewählte Beispiele von
Personalentwicklung im gewerkschaftlichen Bereich. Die Recherche in diesem Feld
gestaltete sich intensiv und durchaus herausfordernd, da es nur wenig bis kaum
Literatur zu diesem Spezialfeld gibt und auch innerhalb der Gewerkschaften keine
ausgearbeiteten PE-Konzepte, auch nicht im strategischen Sinne, existieren.
Personalentwicklung für den ehrenamtlichen Bereich von Gewerkschaften wird in
den seltensten Fällen gezielt eingesetzt, es passiert vielfach zufällig59.
Wenn PE gezielt eingesetzt wird, dann fast ausschließlich im Bereich der Aus- und
Weiterbildung aber nicht in einem ganzheitlichen und systemischen Kontext auch im
Hinblick auf eine strategische Organisationsentwicklung.
Zum einen war es der Autorin wichtig Informationen zum Thema aus den
Nachbarländern Deutschland und Schweiz zu erhalten und zum anderen, zu
recherchieren
ob
innerhalb
der
österreichischen
Gewerkschaften
/
Arbeitnehmervertretungen bereits PE-Ansätze gibt.
Am
Beginn
stehen
die
Recherchen
bezüglich
PE
für
ehrenamtliche
Betriebsräte/Funktionäre bei der größten Gewerkschaft in der Schweiz, der Unia.
Die Unia ist mit rund 200.000 Mitgliedern die größte Gewerkschaft der Schweiz. Sie
vertritt und organisiert branchenübergreifend die Arbeitnehmer in Industrie,
Gewerbe, Bau, sowie den privaten Dienstleistungsbereich.
Des weiteren handelt die Unia Arbeitsbedingungen und Löhne für mehr als eine
Million Menschen in fast allen Bereichen der Privatwirtschaft aus und bietet ihren
Mitgliedern, Beratung, Rechtsschutz, Service- und Dienstleistungen, sowie eine
Vielzahl von Bildungs- und Qualifizierungsangeboten für Personalvertretungen
(PV).60 In der Schweiz bezeichnet man die Betriebsräte als Vertrauensleute (VL).
59
60
Vgl. Gespräch Gstöttner-Hofer, 8.5.13
Vgl. http://www.unia.ch/Unia-Die-Fakten.503.0.html?&L=10, 10.5.13
31
Der zuständige Verantwortliche für die Vertrauensleutebildung hat im Gespräch
ausdrücklich wie folgt festgehalten: Personalentwicklung für Vertrauensleute gibt es
nicht, es gibt Angebote in der Aus- und Weiterbildung, jedoch keine strukturierten
Abläufe und Prozesse.
Aufgrund der ständig wachsenden Anforderungen hat die Unia aber erkannt, dass
dies wesentlich ist für die zukünftigen Herausforderungen im Bereich der
ehrenamtlichen Arbeitnehmer-Vertretung. Es wird daher seit kurzer Zeit an der
Weiterentwicklung der Organisationen in Richtung Professionalisierung der Abläufe
und der aktiven Einbindung der Vertrauensleute gearbeitet, um ihnen mehr Platz
und Wirkungsmöglichkeiten zu bieten. Zu diesen Vorhaben gibt es noch keine
veröffentlichte Beschreibungen sondern nur interne „Working-Papers“.61
Für die Autorin war es besonders spannend zu erkennen, dass die Verantwortlichen
der Unia sich mit dem Thema der Personalentwicklung für ehrenamtliche
Vertrauensleute
ebenfalls
intensiv
auseinandersetzen.
Getragen
von
der
innerorganisationalen Erkenntnis, dass es einer modernen Personalarbeit bedarf,
um
eine
erfolgreiche
Arbeitnehmervertretung
zu
sichern.
Eine
Arbeitnehmervertretung deren Mitglieder aktiv mitarbeiten und mitgestalten, sowie
die Interessen der Menschen und der Gewerkschaften nach außen wirksam
vertreten und transportieren.
Weitere Recherchen hatten die Situation in Deutschland im Fokus und dort
insbesondere mit Ansätzen bei den beiden großen Gewerkschaften Verdi und der
IG-Metall. Die Verdi ist die deutsche Dienstleistungsgewerkschaft vergleichbar mit
der GPA-djp. Die IG-Metall ist das deutsche Pendant zur österreichischen Industrieund Produktionsgewerkschaft PROGE. Bezüglich der Anfrage zur PE im
ehrenamtlichen Bereich von Gewerkschaften existieren keine organisationsinternen
Unterlagen, bezüglich der gewerkschaftseigene Forschung hingegen wurde an die
Hans Böckler Stiftung des Deutschen Gewerkschaftsbundes verwiesen.
„Die
Hans
Böckler
Stiftung
ist
das
Mitbestimmung-,
Forschungs-
und
Studienförderungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Sie ist in allen
ihren
Aufgabenfeldern
der
Mitbestimmung
als
Gestaltungsprinzip
einer
demokratischen Gesellschaft verpflichtet. Sie wirbt für diese Idee, unterstützt
Mandatsträger
in
Mitbestimmungsfunktionen
Mitbestimmungsrechte ein.“
61
62
und
tritt
für
erweiterte
62
Vgl. Gespräch Bollinger, 6.5.13
http://www.boeckler.de/30.htm, 10.5.13
32
Grundsätzlich
gibt
es
Deutschland
eine
Vielzahl
an
Aus-
und
Weiterbildungsmöglichkeiten für Betriebsräte/Funktionäre und auch Kooperationen
mit Fachhochschulen und Universitäten. So gibt es u.a. an der Technischen
Universität
Dortmund
Partizipation“,
das
ein
sich
berufsbegleitendes
gezielt
an
Betriebsräte
Unternehmen und Gewerkschaften richtet.
Die
Bildungsziele
sind
die
Studium
„Management
und
Führungskräfte
aus
Managementwissen
zur
und
63
Vermittlung
von
Unternehmensführung, die Übung partizipationsorientierter Entscheidungsfindung,
die Koordination der Zielsetzungen von Unternehmensleitung und Betriebsräten und
die Interaktion zwischen Individuen, Gruppen und Organisationen.64
Weitere ähnliche Angebote im tertiären Sektor finden sich vor allem im deutschen
Hochschulnetzwerk „Bildung durch Verantwortung“. Darin ist eine Gruppe von
Hochschulen und Universitäten vertreten, die sich intensiv für das Thema Ehrenamt
einsetzen. In einer Reihe von Studien werden ECTS Punkte für ehrenamtliche
Tätigkeiten vergeben (siehe: www.netzwerk-bdv.de/).
Die Personalentwicklung für ehrenamtliche Betriebsräte/Funktionäre ist somit auch
in Deutschland auf den Bereich der Aus- und Weiterbildung fokussiert und es gibt,
lt. aktueller Recherche keine strukturierten und geplanten PersonalentwicklungsProzesse im Bereich der Arbeitnehmervertretung.
Diesbezüglich wirft Heinemann in seiner Studie die Frage auf „Was können
Elemente einer professionellen Personalentwicklung für Interessensvertretungen
auf Betriebsebene und in der Bildungsarbeit sein?“65 Somit wird auch hier deutlich,
dass Personalentwicklung und moderne Personalarbeit im ehrenamtlichen Bereich
der Gewerkschaften als unbedingt notwendig erachtet werden. Zum einen um die
Betriebsräte/Funktionäre zu qualifizieren und professionalisieren und zum anderen
sie im Sinne von Identifikation bewusster und stärker an die Organisation zu binden.
In Österreich gibt es im Bereich der Arbeitnehmervertretung, verschiedene
Kooperationen z.B. zwischen dem OEGB, bzw. den Teilgewerkschaften und der
Arbeiterkammer(AK) Oberösterreich im Bereich von Personalentwicklung, fokussiert
vorwiegend auch auf Bildungsmaßnahmen. Ein strukturiertes ganzheitliches PEKonzept für ehrenamtliche Mitarbeiter in Gewerkschaften, gibt es jedoch auch in
Österreich nicht.
63
Vgl. http://www.zhb.tu-dortmund.de/wb/zfw/de/home/Weiterbildende_Studien/index.html, 10.5.13
Vgl. http://boeckler.de/pdf/mbf_professionalisierung_br.pdf, 10, 10.5.13
65
http://boeckler.de/pdf/mbf_professionalisierung_br.pdf, 13, 10.5.13
64
33
Zwei PE-Maßnahmen im Bereich von Gewerkschaften werden im Folgenden
genauer beschrieben.
Die oberösterreichische Gewerkschaftsschule (GWS) bietet seinen Mitgliedern
ein umfassendes Bildungsangebot im Zeitraum von zwei Jahren an. Die GWS
vermittelt Grundkenntnisse und Hintergrundwissen zu Politik, Recht, Wirtschaft,
Gewerkschaft und Gesellschaft.
Zum einen soll die Selbstreflexion und das Erkennen gesellschaftlicher Prozesse
gefördert werden und zum anderen soll die Theorie mit der Praxis, sowie dem
alltäglichen Handeln, von Gewerkschaften verknüpft werden.66
Zielgruppe und Voraussetzung67
Die Gewerkschaftsschule ist offen für jedes Gewerkschaftsmitglied, wendet sich
aber
speziell
an
Mitglieder
und
Ersatzmitglieder
von
Betriebsräten,
Personalvertretungen und Jugendvertrauensräten, sowie Vertrauenspersonen und
OEGB- und AK-Beschäftigte.
Teilnahmevoraussetzungen sind:
•
die Mitgliedschaft bei einer Gewerkschaft
•
die
Teilnahme
an
einem
Informationsabend
oder
einem
persönlichen Gespräch
•
der Abschluss einer Bildungsvereinbarung
Inhalte und Themenbereiche68
•
Geschichte
•
Europäische Union (EU)/Internationale Zusammenhänge
•
Gender
•
Umsetzbarkeit
Die Geschichte, im Hinblick auf das Betriebsrätegesetz, die Sozialversicherung, die
EU und die Gewerkschaftskunde ist insofern bedeutsam, um die gegenwärtigen
Entwicklungen zu verstehen und um die zukünftigen Wege mitzugestalten. Die EU
und internationale Zusammenhänge sind aufgrund der Globalisierung, die natürlich
auch vor der Arbeitswelt nicht halt macht, ein zentraler Schwerpunkt in der GWS.
66
Vgl. Kaiser u.a. (2011), 135
Vgl. Kaiser u.a. (2011), 136
68
Vgl. Kaiser u.a. (2011), 138
67
34
Die Gewerkschaft im Allgemeinen und der Verband Gewerkschaftlicher Bildung als
Bildungsanbieter bekennen sich innerhalb des Gesamtkonzeptes verstärkt zu
Gender Mainstreaming, sowie gendergerechter Bildungsarbeit.69
Eine umfassende Sensibilisierung für diesen Bereich ist ein zentrales Thema
innerhalb der GWS, da in der Arbeitswelt nach wie vor große Ungleichgewichte
zwischen männlichen und weiblichen Arbeitnehmern bestehen; vor allem in Hinblick
auf Karriere und Bezahlung. Die Umsetzbarkeit beginnt insbesondere bei der
Auswahl der Themen, die bereits an sich eine Antwort auf gesellschafts- und
gewerkschaftspolitische Herausforderungen heute und zukünftig sein sollen.70
Die GWS geht von einem Menschen- und Gesellschaftsbild aus, in denen das Ziel
von gewerkschaftlicher Bildungsarbeit die Stärkung und Förderung freier(er),
schöpferischer Menschen in einer freien demokratischen und sozialen Gesellschaft
ist. Absolventen der GWS sehen –so der institutionelle Bildungsanspruch- sowohl
die Verantwortung gegenüber ihrer eigenen Persönlichkeit wie auch jener
gegenüber der Gesellschaft, als zentrale Aufgabe. Als PE-Institution, leistet die
Gewerkschaftsschule einen wesentlichen Beitrag zu einer lebendigen, modernen
und aktiven Gewerkschaftsarbeit, dies ist ein essentieller Beitrag zu einer
menschengerechten Weiterentwicklung und Gestaltung unserer Gesellschaft.71
Die
Zukunftsakademie
(ZAK)
ein
oberösterreichisches
Erfolgsmodel
gewerkschaftlicher Aus- und Weiterbildung im Bereich von Führungskräften. Die
ZAK wurde im Speziellen für Betriebsräte, BR-Vorsitzende, BR-Vorsitzende-Stvr.
konzipiert, welche zukünftig Führungsaufgaben in den Gremien oder auch in einer
Teilgewerkschaft
wie
z.B.
der
GPA-djp
übernehmen
sollen.
Träger
der
Zukunftsakademie ist zum einen die Arbeiterkammer Oberösterreich und zum
anderen die Teilgewerkschaften. Die Dauer der Ausbildung beträgt ein Jahr. Ein
Ausbildungsplatz an der Zukunftsakademie wird nach folgenden „Pflicht-Kriterien“
und relevanten Inhalten beschrieben.72
•
BR-Grundausbildung(Kurs 1-3) oder Gewerkschaftsschule
•
Gewerkschafts- und Arbeiterkammermitglied
•
Zukünftiger Entwicklungsbedarf in Richtung Führungsfunktion
•
2tägiges Aufnahmeseminar
69
Vgl. Kaiser u.a. (2011), 136
Vgl.Kaiser u.a. (2011), 138-139
71
Vgl.Kaiser u.a. (2011), 136f
72
Vgl. Gespräch Gerald Lorenz, am 17.5.13
70
35
Im Kontext zur Personalentwicklung ist die ZAK ein Führungskräftetraining mit
Fokus auf:73
•
Langfristige Planung (Nachfolge)
•
Qualifikation
•
Strategische Planung
•
Weiterentwicklung
•
Jugendfunktionäre in BR-Funktionen
Jene Personen, die von den Teilgewerkschaften für das Aufnahmeseminar aufgrund
der oben beschriebenen Kriterien ausgewählt werden, setzen sich im 2tägigen
Aufnahmeseminar, einen Tag intensiv mit den Inhalten, Zielen, Motiven,
Erwartungen und den persönlichen sowie beruflichen Nutzen auseinander. Am
Ende des zweiten Tages gibt es dann die Entscheidung über die Aufnahme. Die
Begründung erfolgt anhand von Wahrnehmungen und Beobachtungen der
Seminarleiter und einer Reflexion seitens der Teilnehmer. Beobachtungkriterien
sind, die gewerkschaftliche Vorqualifikation, die Rolle und Funktion im System der
Gewerkschaft, die Personalentwicklungs-Perspektive sowie die Möglichkeit und die
Fähigkeit, sich auf Lernprozesse einzulassen.74
Ein besonderer Fokus wird auch auf den Ressourcenbedarf der Teilnehmer gelegt,
da die ZAK ein Jahr dauert und es bereits zu Beginn eine intensive Lernphase (10
Wochen durchgehend) gibt. Das bedeutet umgelegt, 10 Wochen Abwesenheit im
Betrieb und auch von Familie und zu Hause.75
Nach Prüfung all dieser Punkte, bekommt jeder Teilnehmer die Möglichkeit seine
Entscheidung bezüglich der Teilnahme kurz (zehn Minuten) im Plenum zu
präsentieren. Im Anschluss daran gibt es ein Feedback der Teilnehmer und der
ZAK-Leitung. Die Entscheidung, die ZAK zu besuchen wird von Seiten der
Teilnehmer und der ZAK-Leitung fast ausschließlich positiv mit einem klaren ja
beantwortet. Dies resultiert vor allem aus der intensiven Vorbereitung der
Teilnehmer seitens der Gewerkschaften. Denn die Gewerkschaften prüfen im
Vorfeld sehr genau welche Personen für diese Ausbildung geeignet und qualifiziert
sind. Im Folgeschritt gibt es dann eine schriftliche Rückmeldung der ZAK an die
entsendenden Gewerkschaften (Teilnahme-Empfehlung).76
73
Vgl. Gespräch Gerald Lorenz, am 17.5.13
Vgl. Gespräch Gerald Lorenz, am 17.5.13
75
Vgl. Gespräch Gerald Lorenz, am 17.5.13
76
Vgl. Gespräch Gerald Lorenz, am 17.5.13
74
36
Die Gewerkschaften entscheiden dann, auch aufgrund der zugeteilten Kontingente
(je nach Mitgliederstärke der Gewerkschaften) wer in die ZAK entsandt wird. Bei
einem Überhang von Teilnehmern werden Bewerber einer Teilgewerkschaft
zurückgestellt, wenn diese Teilgewerkschaft bereits überrepräsentiert ist. Die
Teilnehmerzahl ist mit 18 Teilnehmern pro Ausbildungsjahrgang begrenzt.77
Inhalte der Zukunftsakademie sind:78
•
Arbeitsrecht und Arbeitsverfassungsrecht
•
Politische Ökonomie
•
Betriebswirtschaft
•
Politische Ideen und Systeme
•
Sozialpolitik
•
Gewerkschaftliche Politik
•
Organisation
•
Arbeit und Gesundheit
•
Soziale Kompetenz
•
Betriebs-Projekt: Interessen organisieren
•
Fachliche Spezialisierung/Vertiefung: Arbeit an Forschungsfragen
•
Wahlfach: lebende Fremdsprache
Die Zukunftsakademie ist somit im Hinblick auf Personalentwicklung eine
strategische PE-Maßnahme für den ehrenamtlichen Bereich innerhalb der
Gewerkschaften.
Während die ZAK im Speziellen auf Führungskräfteentwicklung und deren
Ausbildung abzielt, ist die Gewerkschaftsschule eine PE-Maßnahme bzw.
Ausbildung die grundsätzlich für alle Mitglieder konzipiert ist, jedoch mit dem Fokus
auf zukünftige Betriebsräte und Funktionäre.
Die in diesen Abschnitt beschrieben Maßnahmen zur Personalentwicklung sind zum
einen taugliche Ansätze. Zum anderen jedoch punktuelle Einzelmaßnahmen mit
unterschiedlichen Zugängen bzw. Auftraggebern. Ein strategisches PE-Konzept,
dass in allen gewerkschaftlichen Bereichen angewendet werden kann, existiert noch
nicht.
77
78
Vgl. Gespräch Gerald Lorenz, 17.5.13
http://www.arbeiterkammer.com/online/zukunftsakademie-48400.html#E292324, Stand 17.5.13
37
3. Entwicklung einer PE-­‐Strategie für BR-­‐Gremien in kleinen und mittleren Organisationen Eine gesamthafte und vollständige PE–Strategie für Betriebsräte und Funktionäre
der GPA-djp zu entwickeln, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Aufgrund
der immensen Auswahl an Personalentwicklungsmethoden und -instrumenten wird
sich die Autorin im Folgenden auf einige ausgewählte Ansätze beziehen. Diese
Instrumente und Methoden sind vielfach der klassischen Personalentwicklung
zuzuordnen, sie werden aber als ganzheitliche Methoden in „Bottom-up“ Prozessen
eingesetzt und sind somit im Kontext der systemischen Personalentwicklung zu
betrachten.
3.1.
Entwicklung Anforderungsprofile und Rollenbeschreibungen Bei der Erstellung von Anforderungsprofilen und Rollenbeschreibungen steht
zunächst die Entwicklung der Organisation im Vordergrund. Zum einen ist es für die
Organisation entscheidend, welche Kompetenzen für welche Position benötigt bzw.
entwickelt werden müssen.79 Zum anderen ist aus der systemischen Perspektive
wichtig, die Personen, deren Profile und Potenziale entwickelt werden, selbst
mitwirken und gestalten zu lassen. Im Rahmen des Projektes „Personalentwicklung
für ehrenamtliche Funktionäre der GPA-djp OÖ“ hat die Autorin zum Einstieg in das
Themenfeld Workshops mit den Mitgliedern des Projektteams (Betriebsräte,
Funktionäre und hauptamtlichen MA) durchgeführt. Dabei wurden qualitative
Interviews in Form der Wertschätzenden Befragung – Appreciative Inquiry (AI) mit
ausgewählten Betriebsräten und Funktionären geführt.
Diese partizipativen Methoden wurden bewusst im Hinblick auf die systemischen
Zusammenhänge im Rahmen der Personalentwicklung ausgewählt. Um eine
gemeinsame Sicht auf die Anforderungen und Aufgaben zu erhalten, war es wichtig,
das Thema auch aus dem Blickwinkel der hauptamtlichen Mitarbeiter zu betrachten,
deren Ideen und Vorschläge aufzugreifen, um dann darauf aufbauend gemeinsam
mit den ehrenamtlichen Betriebsräten und Funktionären die Anforderungsprofile
sowie Rollenbeschreibungen zu entwickeln.
79
Vgl. Eilles-Matthiessen u.a. (2007), 22
38
Definition: Stellenbild (Rollenbeschreibung)
„Mit dem
Stellenbild
(Rollenbeschreibung) erhält der Stelleninhaber einen
kompakten Überblick über das, was er zu tun hat, welche Ergebnisse von ihm
erwartet werden und welche Anforderungen sich daraus für ihn ergeben. Das
Stellenbild ist ein zentrales Instrument der Personalentwicklung.“80
Definition: Anforderungsprofil (Profile & Potenziale)
Für
die
Mitarbeiterentwicklung
werden
vielfach
nur
Stellenbeschreibungen
verwendet. Will man jedoch ein Gesamtkonzept entwickeln und daher in die Tiefe
gehen, ist es notwendig Anforderungsprofile (Profile & Potenzial) zu entwickeln um
die Anforderungen genauer zu beschreiben. Die Kompetenzen und Potenziale der
Mitarbeiter sind nicht immer sofort sichtbar, jedoch von zentraler Bedeutung für die
Organisation.81
3.1.1. Methodensetting Begonnen wurde mit zwei „Mini-Workshops innerhalb des Projektteams. Das
Projektteam bestand aus sieben Personen.
Die Workshops waren folgendermaßen aufgebaut:
Zu Beginn war es wichtig herauszufinden, welche Anspruchsgruppen Einfluss auf
die Organisation bzw. auf die Betriebsräte/Funktionäre haben. Als Methode wurde
die Stakeholder-Analyse gewählt.
Definition: Stakeholder sind Individuen oder Gruppen, welche einen materiellen oder
immateriellen Anspruch ("stake") an eine Organisation (ein Netzwerk oder ein
Projekt) haben. Stakeholder können durch die Aktivitäten der Organisation/des
Netzwerkes/des Projektes berührt werden bzw. können die Aktivitäten der
Organisation/des Netzwerkes/des Projektes beeinflussen- direkt oder indirekt. Sie
spielen eine entscheidende Rolle für den Erfolg der Organisation. Insofern sind von
Seiten der betrachteten Organisation/des Netzwerkes/des Projektes die Interessen
der Stakeholder stets zu berücksichtigen.82
80
Olesch/Paulus (2000), 30
Vgl. Olesch/Paulus (2000), 36f
82
Vgl. Freeman (1984), 24f
81
39
Nachdem die Stakeholder im Workshop identifiziert waren, galt es im nächsten
Schritt herauszufinden, wie der „idealtypische“ Betriebsrat / Funktionär aussieht,
was er denkt, fühlt, tut. sieht und sagt.
Was benötigt er, um einerseits um im System Fuß zu fassen und zum anderen um
mit der Aufgabe zu wachsen und sich als Mensch und Träger einer Rolle
weiterzuentwickeln? Dazu wurde ein Methodensetting aus dem Bereich „Design
Thinking“ gewählt.
Definition: „Design Thinking ist eine neuartige Methode zur Entwicklung innovativer
Ideen in allen Lebensbereichen. Entwickelt von David Kelley, dem Gründer der
weltweit
agierenden
Design-Agentur
IDEO,
basiert
das
Konzept
auf
der
Überzeugung, dass wahre Innovation nur dann geschehen kann, wenn starke
multidisziplinäre Gruppen sich zusammenschließen, eine gemeinschaftliche Kultur
bilden und die Schnittstellen der unterschiedlichen Meinungen und Perspektiven
erforschen.“83
Begonnen wurde mit der Kreation des „idealtypischen“ Betriebsrates/Funktionärs.
Hierbei ist es bedeutsam, mit allen Teilnehmer ein gemeinsames Bild des WunschKandidaten schaffen und über einen weiteren Schritt (Visualisierung) mit der
Stakeholder-Analyse ein Gesamtbild zu erhalten. Der methodisch wesentliche Effekt
dabei ist, dass der prototypische Entwurf eine „reale“ Gestalt, mit „realen“ Attributen
annimmt (konkrete Personenbeschreibung).
Aufbauend auf diese beiden ersten Schritte wird anhand einer Empathy Map noch
tiefer das Denken, Fühlen Sehen, Handeln und Sprechen des „idealtypischen“
Funktionärs exploriert.
Das empathische Untersuchen kann neue Einsichten
bringen. Die Fähigkeit, sich in den zu untersuchenden Idealtypus einzufühlen, ist
ganz wesentlich für das weitere Gelingen.
83
http://www.hpi.uni-potsdam.de/d_school/designthinking.html, 1.5.13
40
Abbildung 9: Empathy Map84
Empathy Map
Mit der Empathy Map wird das Vordringen in das Denken, Fühlen, Handeln, Sehen
und Sprechen der Menschen visuell unterstützt und dargestellt. Dieses Tool
unterstützt eine bessere Erkundung von unterschiedlichen Möglichkeiten und bietet
neue Handlungsvarianten, um Menschen (Kunden, Mitarbeiter, Betriebsrat,
Funktionär) auf einer speziellen Beziehungsebene zu erreichen. In weiterer Folge
können die unterschiedlichen Beweggründe besser erfasst und erkannt werden.85
Hinsichtlich des Engagements von Betriebsräten/Funktionären unterstützt die
Empathy Map besonders jene Prozesse, die tiefer in die wesentlichen und zentralen
Handlungsfelder von individuellem und gewerkschaftlichem Tun vordringen können.
Unausweichlich entstehen während des Prozesses bereits Rollenbilder in den
Köpfen der Teilnehmer.
84
85
Abb. entnommen aus: Osterwalder/Pigneur (2010), 134
Vgl. Osterwalder/Pigneur (2020), 135
41
Nachdem anhand der oben beschriebenen Methoden herausgefunden wurde, wie
der prototypische Betriebsrat/Funktionär „tickt“, wurde im letzten Schritt des
Workshops erarbeitet, was der Betriebsrat/Funktionär unabdingbar braucht, damit er
im System der GPA-djp einerseits Fuß fassen kann und andererseits im Curriculum,
in der Laufbahn wächst.
Anhand der Ergebnisse dieser beiden Workshops wurden bereits die ersten Schritte
in Richtung Anforderungen und Rollenprofile von Betriebsräten/Funktionären
gesetzt und in weiterer Folge ein Interviewleitfaden in Form der Wertschätzenden
Befragung – Appreciative Inquriy (AI) entwickelt. Es entstand an diesem Punkt die
notwendige Klarheit über die Rolle, die erfüllt werden soll, und die Anforderungen,
die zur Ausfüllung der Rolle benötigt werden, wurden deutlich sichtbar. Zentral
dabei war, die notwendigen Soft Skills (Fühlen, Denken...) für alle sichtbar zu
machen.
Diese
sind
besonders
im
gewerkschaftlichen
Arbeitsumfeld
von
entscheidender Bedeutung, jedoch nicht immer sofort erkennbar.
Appreciative Inquiry
Appreciative Inquiry- kurz AI genannt- ist ein modernes Tool der Personal- und
Organisationsentwicklung. Die wesentliche Grundannahme dahinter lautet: Es gibt
in jeder Organisation etwas, das gut funktioniert, manches sehr gut, manches
wieder weniger gut. Bei AI geht es darum, das Beste innerhalb der Organisation zu
erkunden, es wertzuschätzen und weiterzuentwickeln. Speziell im Bereich der
Mitarbeiter wird das alltägliche Geschehen oftmals als unbefriedigend empfunden.
Gleichzeitig jedoch erlebt fast jeder Mitarbeiter auch herausragende Momente. 86
Das können unterschiedliche Situationen sein, der Mitarbeiter kann sich einbringen
und gestalten, etwas Besonderes bewirken, eine Idee verwirklichen uvm. Genau
diese Erfahrungen bilden die Grundlage für die Arbeit mit AI. Mitarbeiter haben stets
Bilder und Annahmen im Kopf, Bilder von ihrer eigenen Zukunft und der Zukunft
ihrer Organisation und diese Bilder erschaffen eine Wirklichkeit, nämlich die
organisationale Realität.87
86
87
Vgl. zur Bonsen/Maleh (2001), 16f
Vgl. zur Bonsen/Maleh (2001), 16f
42
Grundlegend hat die Wertschätzende Befragung als Methode an sich bereits die
erwünschte Fähigkeit, als nicht offensichtliche Intervention auf das System
einzuwirken. AI verändert Wesen und Inhalt von Kommunikation innerhalb der
Organisation und anstelle von häufiger Problemtrance tritt Lösungsorientierung und
der Wunsch nach Veränderung.88
Die vier Phasen von AI- anhand dieser wurde auch der Interviewleitfaden für die
Betriebsräte/Funktionäre aufgebaut:
Discovery-Phase
Wertschätzen und verstehen, was an Gutem da ist
Dream-Phase
Entwerfen, was im besten Fall sein könnte
Design-Phase
Gestalten und vereinbaren, was sein sollte
Destiny-Phase
Planen, was zukünftig sein wird
Abbildung 10: Vier Phasen des AI-Prozesses89
Die Methode der Wertschätzenden Befragung als Interviewform wurde von der
Autorin gewählt, da sie einerseits an sich bereits auf das bestehende und durchaus
starre System einwirkt und andererseits das Positive und die Lösungsorientierung in
den Vordergrund stellt. In weiterer Folge kann sich die Kommunikation innerhalb der
Organisation auch nachhaltig verändern und der Wunsch nach Wandel und
Erneuerung zunehmend in den Vordergrund treten.
88
89
zur Bonsen/Maleh (2001), 22
Abb. verändert entnommen aus: zur Bonsen/Maleh (2001), 29
43
3.1.2. Interviews und Ergebnisse Es wurden insgesamt 21 qualitative Interviews mit Betriebsräten/Funktionären aus
13 Wirtschaftsbereichen geführt. Nachfolgend die Verteilung im Panel, die im
Wesentlichen genau der tatsächlichen Verteilung innerhalb der Organisation (Alter,
Geschlecht) und der Zugehörigkeit zu den Strukturen der GPA-djp OÖ entspricht.
Altersgruppe in Jahren
m = 11
w = 10
Gesamt
19-29
3
3
6
30-49
6
4
10
50+
2
3
5
Abbildung 11: Panel Interview Betriebsräte/Funktionäre90
Wie bereits in den vorangehenden Kapiteln erläutert, ist im Vorgehensmodell die
ganzheitliche Betrachtung der Organisation besonders wichtig. Daher wurde ein
ergänzendes Sekundärpanel ausgewählt. Die Entscheidung für das Sekundärpanel
ist in der Methode von Appreciative Inquriy begründet, um eine begleitende und
möglicherweise relativierende Sichtweise aus einer anderen Perspektive zu
erhalten.
Zur
Erkundung
möglicher
anderer
Perspektiven,
wurden
im
Sekundärpanel 10 Interviews mit hauptamtlichen Mitarbeitern der GPA-djp geführt.
Die Interviewpartner wurden gezielt aus unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern und
Ressorts
gewählt
(Rechtschutzsekretär,
Regionalsekretär
und
Organisationsassistenten). Zugleich wurde über diesen Ansatz, ganz im Sinne von
ganzheitlicher Personal- und Organisationsentwicklung, auch die „hauptamtliche
Gruppe“ repräsentiert und in das Projekt eingebunden. Die Fragestellung für das
Sekundärpanel war auf das Feld der Annahmen der hauptamtlichen GPA/djp
Mitarbeiter fokussiert: „Was erwarten sich die hauptamtlichen Mitarbeiter von den
Betriebsräten/Funktionären?“
90
eigene Abbildung
44
Die
wichtigsten
Ergebnisse
der
Mitarbeiterbefragung
Anforderungen und Rollen der Betriebsräte/Funktionäre
im
Hinblick
auf
die
91
Nach Meinung aller Befragten sind für einen Betriebsrat/Funktionär folgende
Kompetenzen unbedingt erforderlich: Sozialkompetenz, Engagement und das
Interesse
an
gesellschaftspolitischen
und
sozialen
Grundwerten.
Mut
und
kämpferisches Auftreten stehen ebenso im Fokus. Als zentral und wesentlich wurde
die Bereitschaft der Betriebsräte/Funktionäre gewertet zur gewerkschaftlichen Ausund Weiterbildung teilzunehmen, die sowohl österreichweit als auch europaweit
(Multinationale Konzerne) immer bedeutender wird.
Besonders
wichtig
ist
Betriebsräte/Funktionäre
den
die
hauptamtlichen
GPA-djp
nach
Mitarbeitern,
außen
dass
repräsentieren,
die
an
Veranstaltungen, Sitzungen, Workshops der GPA-djp teilnehmen, sowie das
Gewinnen von neuen Mitgliedern.
Die Frage „Was funktioniert gut in der Zusammenarbeit“, wurde wie folgt
beantwortet: Die Kommunikation funktioniert zu einem großen Teil sehr gut.
Manchmal kommt es vor, dass die „Chemie zwischen den Hauptamtlichen und den
Betriebsräten/Funktionären
nicht
stimmt“.
An
dieser
Stelle
bleibt
jedoch
festzuhalten, dass es sich hierbei zumeist um ein „Befindlichkeitsthema“ handelt.
Gut
funktioniert
die
Zusammenarbeit
auch
bei
den
Aus-
und
Weiterbildungsangeboten, ebenso die Mitgliederwerbung und die Betreuung
bestehender gewerkschaftlich organisierter Betriebe.
Als verbesserungswürdig sehen die Befragten, die Rückmeldungen von Seiten der
Betriebsräte/Funktionäre bezüglich der Teilnahme/Einladung an Sitzungen und
Veranstaltungen.
Sitzungsdichte
Gleichzeitig
der
muss
GPA-djp
aber
kritisch
auch
die
hinterfragt
Veranstaltungswerden,
da
und
die
Betriebsräte/Funktionäre mit zu vielen Veranstaltungen und Terminen vielmals
„überhäuft“ werden. Diesbezüglich wäre eine gezielte Information seitens der GPAdjp oft besser, gemäß dem Motto „weniger, aber dafür mehr auf die individuellen
Bedürfnisse abgestimmt.“
Die Betriebsräte/Funktionäre benötigen intensive und effiziente Unterstützung, von
der Gewerkschaft, damit sie selbstständig Ideen, Projekte und Themen einbringen
und umsetzen. Die Landesgeschäftsstelle dient für diese Prozesse als Back-up und
Servicestelle.
91
Interviewergebnisse laut Mitarbeiter-Befragung, August/September 2012, im Anhang
45
Nachfolgende Antworten kamen im Interviewteil „gestalten und vereinbaren, wie es
sein sollte und was der eigene Beitrag dazu sein könnte“. Dieser Teil des
Fragenkataloges beinhaltet die sogenannte „Design-Phase“ (s. Abb. 10, S. 43).
An erster Stelle stehen der persönliche Kontakt, die Beziehungspflege und die
gegenseitige Wertschätzung. Weitere Nennungen lauten: mehr Zeitressourcen für
Betriebsbesuche einplanen und die Betriebsräte/Funktionäre vor Ort besser und
gezielter einbinden. Wenn echte Beteiligung von Betriebsräten/Funktionären
gewünscht ist, bedeutet dies wiederum auch für die Gewerkschaftsspitze,
Verantwortung und Macht abzugeben. Speziell für den Bereich „gewinnen neuer
und junger Betriebsräte/Funktionäre“ besteht die konkrete Anforderung, die
teilweise starren Strukturen grundlegend zu verändern, als auch explizit die
Sitzungskultur neu zu denken. Es gilt, mehr individuelle Weiterbildungsangebote
gezielt zu fördern, Teamentwicklungsangebote und eine breite Unterstützungskultur
aufzubauen. Diese Themen sind allen Befragten besonders wichtig und werden als
wesentlicher Schlüssel zur Veränderung gesehen.
Im Befragungsfeld „Blick in die Zukunft, allgemein und im speziellen zur Zukunft der
GPA-djp“ gab es weitgehend differenzierte Perspektiven. Zwei Drittel der Befragten
sehen die zukünftige wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung aus
Arbeitnehmersicht
eher
negativ
bzw.
zunehmend
schwierig
(Sozialabbau,
Jugendarbeitslosigkeit...). Zugleich aber sehen die Befragten darin auch eine
potenzielle Chance für Gewerkschaften, über die Gegenposition zu diesen
krisenhaften Erscheinungen wieder Mitglieder und somit an Stärke zu gewinnen. Ein
Drittel der Befragten sieht die Zukunft durchwegs positiv, sowohl für die GPA-djp,
als
auch
für
die
gemeinsame
gewerkschaftliche
Arbeit
innerhalb
der
Arbeitnehmervertretung.
In der „Destiny-Phase“ (s. Abb. 10, S. 43), dem Blick in die Zukunft, wünschen sich
alle Befragten, dass die Arbeitnehmerbewegung wächst und stärker wird, weil - so
die geteilte Annahme - dadurch auch der notwendige Zusammenhalt in unserer
Gesellschaft gestärkt wird. Eine zentrale, häufig wiederkehrende Beschreibung von
Zukunft
beinhaltet
folgendes
Bild:
Die
Betriebsräte/Funktionäre
sind
die
erfolgreichen Multiplikatoren der Gewerkschaften, Jugend und Frauen werden
gezielter gefördert und übernehmen somit zunehmend Führungsfunktionen im
ehrenamtlichen Bereich der GPA-djp. Ein weiteres Wunschziel der hauptamtlichen
Mitarbeiter ist eine gemeinsame Gewerkschaft (ÖGB) mit dem Ziel, für alle
Arbeitnehmer aller Bereiche da zu sein.
46
Die klare und deutliche Formulierung des Wunsches nach einer gemeinsamen
Gewerkschaft ist aus der Sicht der Autorin eine herausfordernde Botschaft an die
österreichische Gewerkschaftsführung, sich mit dem Thema der strukturellen
Zersplitterung auseinanderzusetzen. Dieser Punkt ist zwar nicht Gegenstand dieser
Arbeit, soll aber wegen seiner hohen Bedeutung für die Gesprächspartner an dieser
Stelle hervorgehoben werden.
Die wichtigsten Ergebnisse der Interviews mit den Betriebsräten/Funktionären im
Hinblick auf ihre Anforderungen und Rollen im Betrieb und in der Gewerkschaft92
Bei der Auswertung der 21 Interviews wurden zur Ergebnisdarstellung folgende
neun Kategorien ausgewählt:
1.
Zugang zur betriebsrätlichen/gewerkschaftlichen Arbeit
Für
die
Mehrheit
der
Befragten
besteht
der
Zugang
zur
betriebsrätlichen/gewerkschaftlichen Arbeit über eine Lehre in einem Unternehmen,
in dem bereits eine Betriebsratskörperschaft etabliert ist. An zweiter Stelle steht die
Prägung durch die Eltern bzw. durch Berufstradition innerhalb der Familie, gefolgt
von anerkannten Betriebsratsvorsitzenden (BRV) und Betriebsräten, die aktiv die
Kollegen zur Mitarbeit motivieren können. Weitere Zugänge sind die Österreichische
Gewerkschaftsjugend (ÖGJ) -Jugendgruppe, ein Infostand der ÖGJ im Rahmen der
Berufsinformationsmesse und aber auch ein Vortrag an der Johannes Kepler
Universität.
2.
Motivation zur Mitarbeit
Alle
Befragten
geben
an,
dass
im
Bereich
der
Motivation
ein
aktiver
Betriebsratsvorsitzender die zentrale Rolle spielt, zum einen um Talente zu
erkennen und anzusprechen und zum anderen um sie zur aktiven Mitarbeit zu
motivieren. Ebenso haben die BRV und die aktiven Betriebsräte per se bereits eine
Vorbildwirkung, die auch von der Mehrzahl der Befragten als besonders wichtig
bezeichnet wird. Gleichauf mit der Vorbildwirkung wird die Teamarbeit als zentraler
Motivationsfaktor genannt. Ganz klar formuliert haben die Befragten, dass sie gerne
Verantwortung übernehmen möchten und für sie die gewerkschaftliche Aus- und
Weiterbildung wesentlich ist.
Sie sehen ihre ehrenamtliche Aufgabe (Rolle) als wertvoll und wichtig und
beschreiben diese als Herausforderung, der sie sich auch gerne stellen.
92
Interviewergebnisse laut Betriebsräte/Funktionäre-Befragung, Oktober/November 2012, im Anhang
47
3.
Erwartungen an die Funktion
„Mitgestalten, eigene Ideen/Projekte einbringen, Führungsqualitäten erwerben und
Führung übernehmen, sowie im Team mitarbeiten“ sind übereinstimmend die
zentralen Erwartungen aller Befragten. Dicht gefolgt von „die Arbeit der
Betriebsräte/Funktionäre und der Gewerkschaft nach außen zu transportieren, „weil
sie für alle Arbeitnehmer von großer Bedeutung ist.“ Die Erwartungen der Befragten
bezüglich der Möglichkeiten zur Mitgestaltung sind zu 90 % erfüllt.
Einen zentralen und immer wiederkehrenden Kritikpunkt gibt es seitens der
hauptamtlichen Mitarbeiter. Die Strukturen innerhalb der Gewerkschaft, der GPAdjp, sind vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern zu starr, teilweise zu komplex und zu
hierarchisch. Das schreckt doch wieder viele Interessierte ab, sich über den Betrieb
hinaus gewerkschaftlich zu engagieren und Funktionen in der GPA-djp zu
übernehmen.
Die
Aussage
ist
weitgehend
deckungsgleich
mit
der,
der
hauptamtlichen Mitarbeiter. Dieser Punkt wurde besonders stark von den jüngeren
Befragten thematisiert und diskutiert.
4.
Anforderung an Betriebsräte/Funktionäre
Die folgenden zentralen Anforderungen sind vielfältig und werden von fast allen
Befragten wie angeführt genannt: Die Menschen zu mögen, kommunizieren,
kämpferisch und konfliktfähig zu sein, verhandeln und vermitteln, sowie die
Diversität zu verstehen und zu fördern sind die wichtigsten Anforderungen an
Menschen in diesen Positionen. Dazu ist vor allem soziale Kompetenz nötig, die
wiederum durch Aus- und Weiterbildung gestärkt werden kann. Bildung hat bei den
Befragten einen besonders ausgeprägten Stellenwert. Auf der einen Seite, um den
ständig wachsenden Anforderungen und neuen Entwicklungen am Arbeitsmarkt zu
begegnen und auf der anderen Seite, um den sich immer schneller veränderten
Arbeitsbedingungen gerecht werden zu können. Hervorzuheben ist auch der
Wunsch der Befragten, dass aktives Handeln im Vordergrund stehen muss und
nicht bloßes Reagieren auf Veränderungen bzw. neue Situationen.
Eine Balance zwischen der Betriebsratsarbeit in der eigenen Organisation und als
Funktionär in der GPA-djp zu finden und zu halten, ist den Befragten ein Anliegen
und stellt somit auch eine besondere Anforderung an die individuelle Kompetenz.
48
5.
Auf
Ressourcen
die
Frage,
welche
Ressourcen
für
eine
effektive
betriebsrätliche/gewerkschaftliche Arbeit unbedingt notwendig sind, kamen folgende
Antworten: Die entscheidenden Ressourcen sind die Menschen per se; das Team
und der Vorsitzende einerseits und die betreuenden Regionalsekretäre und
Assistenten andererseits. Die hauptamtlichen Mitarbeiter sind im Besonderen für
junge, neu gewählte Funktionäre und neue Betriebsratskörperschaften die
wichtigsten
Ansprechpartner.
Betriebsratskörperschaften,
Aber
beschreiben
auch
die
in
Befragten
bestehenden
die
Rolle
der
Regionalsekretäre als Berater, Unterstützer und Servicestelle, als wesentliche und
zentrale Ressource. Da sie unter anderem die Beobachterrolle einnehmen und
somit eine wichtige Außensicht auf die Betriebsratskörperschaft haben, erkennen
sie aus ihrer Perspektive sehr rasch, wenn Abläufe/Prozesse/Kommunikation nicht
gut laufen, bzw. verändert oder
verbessert gehören. Es
liegt
in
ihrem
Aufgabenbereich, diese Erkenntnisse anzusprechen, um beispielsweise Konflikte zu
vermeiden bzw. bestehende Konflikte bearbeiten zu können. Ebenso wichtig ist es
Lob auszusprechen wenn Aufgaben gut gelöst werden und Projekte gelingen.
Ein großer Wunsch im Hinblick auf die Ressourcen, der immerhin von zwei Drittel
der
Betriebsräte/Funktionäre
genannt
wird,
ist
eine
Teilfreistellung
93
für
Betriebsratstätigkeiten in Unternehmen unter 150 Arbeitnehmer. Das ist einerseits
wichtig, um der Betriebsratstätigkeit im Unternehmen nachzukommen und Zeit für
die Kolleginnen zu haben. Andererseits um sich weiterzubilden, sowie Sitzungen
und Veranstaltungen der Gewerkschaft (GPA-djp) besuchen zu können. Mehr
Ressourcen und Zeit für den persönlichen Kontakt mit den Kollegen im Betrieb, aber
auch mit den Menschen außerhalb des Betriebes, ist für alle Befragten notwendig
und wichtig.
6.
Rahmenbedingungen
Folgende Rahmenbedingungen werteten die Befragten als wichtig und essenziell für
die Tätigkeit von Betriebsräten/Funktionären: Die Führungsqualität seitens des BRV
und der Zusammenhalt und das Funktionieren des Betriebsratsteams sind bei allen
Befragten an vorderster Stelle. Gefolgt von Unterstützung und Performance der
Regionalsekretäre und dem hauptamtlichen Team der GPA-djp OÖ.
93
Betriebsräte in Österreich sind laut Gesetz ab 150 Arbeitnehmer (1 BR, dann folgt eine Staffelung)
vom Dienst bei vollem Bezug für ihre Betriebsratstätigkeit freigestellt. Teilfreistellung können
vereinbart werden, sind aber von Gesetz wegen nicht vorgesehen.
49
Wenig überraschend kam an prominenter Stelle auch der Bereich der Aus- und
Weiterbildung von Betriebsräten und Funktionären. Dieses Thema zieht sich als
Notwendigkeit, wie ein roter Faden durch die Gesamtheit der Interviews und ist für
nahezu alle Befragten von entscheidender Bedeutung. Die Zusammenarbeit mit der
GPA-djp
und
der
Gewerkschaft
(OEGB)
an
sich
ist
eine
wichtige
Rahmenbedingung, die nach Ansicht der Befragten noch verstärkt, intensiviert und
vor allem nach außen transportiert werden muss. Die Aufsplitterung des OEGB in
die
verschiedenen
Teilgewerkschaften
(GPA-djp,
PROGE
=
Produktionsgewerkschaft...) ist in der Außenkommunikation vielfach schwer
darzustellen und zu erklären. Diese Zersplitterung ist somit eine strukturelle
Rahmenbedingung die effizientes und gemeinsames Arbeiten vielfach erschwert.
7.
Rolle Betriebsrat/Funktionär
Folgende Rollen wurden von allen Befragten als bedeutsam und wichtig für die
Arbeit von Betriebsräten und Funktionären genannt:
Kommunikation: Mit den Menschen reden und auf sie zugehen zu können, steht
unangefochten an erster Stelle bei den Befragten. Das bedeutet, eine den
Menschen zugewandte Haltung, gepaart mit Offenheit, Transparenz, Empathie und
einem grundlegend positiven Menschbild (Rhetorik, Persönlichkeitsentwicklung,
Haltung).
Führung: Aktiv führen zu können, Ideengeber, Motivator, Teamplayer zu sein,
Verantwortung zu übernehmen und Verhandlungen führen zu können, ist eine
organisationale Kernaufgabe. Es ist es wichtig Positionen einnehmen zu können
und diese auch bei Widerspruch und/oder hoher Komplexität gut erklären und
argumentieren zu können.
Zuhören: Zuhören können ist eine essentielle Fähigkeit für Vertretungsarbeit und
Führungsleistung. Es gilt die andere Perspektive nicht nur zu zulassen, sondern
Ideen und Positionen der gewerkschaftlichen Basis und der Mitarbeiter in den
Betrieben aktiv aufzugreifen und zu fördern. Ebenso wichtig ist ein wertschätzender
Umgang mit Befunden und Forderungen, die nicht aus dem gewerkschaftlichen
Umfeld kommen, sondern von Mitarbeitern der Unternehmen und aus deren
Wahrnehmung ihrer betrieblichen Praxis kommen.
50
Wissensträger: Hier ist die Notwendigkeit und die Bereitschaft zur Aus- und
Weiterbildung für die Tätigkeit als Betriebsrat/Funktionär besonders bedeutsam.
Sowohl um persönlich zu wachsen und den eigenen Blickwinkel zu schärfen, als
auch um gesellschaftliche, soziale, politische und wirtschaftliche Zusammenhänge
erkennen zu können (lebensbegleitendes Lernen als gewerkschaftliche und
betriebsrätliche Grundhaltung). Daraus leitet sich wiederum das erwünschte
Phänomen der inhaltlichen Autorität in der Führungsarbeit ab. Die inhaltliche
Qualifikation für die Gewerkschaftsarbeit, im Zusammenspiel mit hoher sozialer
Kompetenz,
ermöglicht
in
erster
Linie
die
Führungsverantwortung
und
Gestaltungsfähigkeit der Betriebsräte/Funktionäre. Sie werden als glaubwürdige
Arbeitnehmervertreter und als inhaltliche, politische, moralische und menschliche
Instanz wahrgenommen.
8.
Verbesserung/Wünsche
Fast alle Befragten sehen ein Verbesserungspotenzial in der Kommunikation
zwischen Betriebsräten/Funktionären und der Gewerkschaft, aber auch zwischen
den unterschiedlichen Betriebsratskörperschaften und den Teilgewerkschaften. In
diesem Zusammenhang zeigt sich wiederkehrend der Wunsch nach einer
gemeinsamen Gewerkschaft unter dem Dach des OEGB. Ein weiterer ganz
zentraler
Wunsch
der
Betriebsräte/Funktionäre
ist
die
Forderung
nach
geschlechterspezifischer Ausgeglichenheit in den Gremien, d. h. Förderung von
Frauen und jungen Menschen. Ebenso wichtig ist den Befragten, dass die
Strukturen und Sitzungskulturen geändert bzw. moderner gestaltet werden. An
diesem Punkt wird die Notwendigkeit sichtbar, sich an die Bedürfnisse der
Betriebsräte/Funktionäre anzupassen, damit es ihnen sinnvoll erscheint, an
Tagungen und Besprechungen teilzunehmen, respektive sich als engagierter
Mensch einzubringen. Die Befragten aller Altersgruppen erachten es als essenziell
für die politische Bildung zum Thema Arbeitnehmervertretung, dass diese bereits in
den Schulen beginnt. So hätten die Gewerkschaften in Österreich ua. die
beispielhafte Möglichkeit, schon bei der Erstellung von Lehrplänen das Recht der
sozialpartnerschaftlich
verankerten
Mitsprache
zu
nutzen.
Die
gewerkschaftliche/betriebsrätliche Arbeit braucht aus der Sicht der Befragten einen
höheren Bewusstseinsgrad und einen Imagewandel, um in der Gesellschaft wieder
einen höheren Stellenwert zu bekommen. Dazu bedarf es eines zeitgemäßen und
verbesserten Marketings nach außen, sowie einer aktiven Medienarbeit, um die
Gewerkschaftsbewegung in der öffentlichen Wahrnehmung positiv zu besetzen.
51
Der erfolgversprechende Zugang für eine zukunftsorientierte Gewerkschaftsarbeit
wird aber vor allem den persönlichen Gesprächen und Kontakten mit den Menschen
zugeschrieben.
9.
Die Lernkurve für die GPA-djp wird folgendermaßen beschrieben
•
In die Persönlichkeitsentwicklung von Betriebsräten/Funktionären
investieren
•
Stärke zeigen – nur gemeinsam (alle Gewerkschaften = OEGB)
•
Aktive Einbindung und Mitsprache aller Mitglieder
•
Die persönliche Betreuung intensivieren
•
Besseres Marketing nach außen, die Marke GPA-djp besser „verkaufen“
•
Mehr Frauen- und Jugendarbeit (Vorträge in Schulen)
•
Betriebsrätlichen Austausch aktivieren (Unterstützungskultur forcieren)
•
Die Strukturen der Gremien überdenken, neu denken, entstauben,
umstrukturieren
Durch die ressourcen- und lösungsorientierten Methoden, wie die Wertschätzende
Befragung als Interviewform und die Beteiligungsworkshops, gibt es- wie oben
beschrieben-
eine
Vielzahl
an
qualitativ
wertvollen
Rückmeldungen
und
Informationen. Diese haben maßgeblich zur Erstellung von Profilen und Potenzialen
(Anforderungsprofile) und zur Rollenbeschreibung für Betriebsräte/Funktionäre der
GPA-djp Oberösterreich beigetragen.
Somit entstanden in gemeinsamer Arbeit als Bottom-up-Prozess erstmals in der
langjährigen Organisationsgeschichte Profile und Potenziale (Anforderungsprofile),
sowie
Rollenbeschreibungen
für
den
ehrenamtlichen
Bereich
der
Betriebsräte/Funktionäre der GPA-djp Oberösterreich.
Wie bereits in Kapitel 2.5. beschrieben stützt sich systemische Personalentwicklung
zentral auf die Organisationskultur. Am Beginn steht „wie kommunizieren wir
miteinander“, in weiterer Folge „was und wie können wir voneinander lernen“ und
„wie können wir uns und die Organisation erfolgreich weiterentwickeln.“ Genau
diese wesentlichen Zusammenhänge der komplexen Organisationsstruktur und kultur innerhalb der Gewerkschaft und derer Umwelten sind in den Aussagen der
Befragten sehr umfangreich analysiert worden.
Darüber hinaus, ist auch für die Interviewpartner der systemische Zusammenhang
zwischen Personal- und Organisationsentwicklung deutlich sichtbar geworden.
52
3.2.
Mit
Gewinnung geeigneter Betriebsräte und Funktionäre den
entwickelten
Instrumenten
der
Rollenbeschreibung
und
dem
Anforderungsprofil (Profile & Potenziale) ist ein wichtiger und erster Schritt in
Richtung eines umfassenden Personalentwicklungskonzeptes für ehrenamtliche
Betriebsräte/Funktionäre gesetzt worden. In der Umsetzungsphase ist es nun
entscheidend, Betriebsräte/Funktionäre dahingehend zu schulen und zu entwickeln,
damit sie mit diesen Methoden und Instrumenten arbeiten können, um geeignete
Kollegen zu identifizieren und sie für die entsprechenden Funktionen und Aufgaben
zu gewinnen. Dazu bedarf es einer Verankerung des PE-Konzeptes in allen
Führungsebenen, sowohl bei den hauptamtlichen Führungskräften als auch in den
ehrenamtlichen Gremien (s. Abb. 5, S.18) der GPA-djp Oberösterreich, denn
Personalentwicklung wird auch in der einschlägigen Literatur durchgängig als eine
zentrale
Führungsaufgabe
beschrieben.
Durch
den
sehr
breit
angelegten
Beteiligungsprozess bei der Entwicklung der Rollenbeschreibungen und der
Anforderungsprofile wurde dahingehend bereits sehr viel Vorarbeit von den
Beteiligten geleistet. Da sowohl die hauptamtlichen Mitarbeiter als auch die
ehrenamtlichen Betriebsräte/Funktionäre stets in den Prozess eingebunden waren,
ist der übergreifende Zusammenhang innerhalb der Organisation sichtbar
geworden.
Als Erstes wird das höchste Gremium der GPA-djp, das Präsidium, mit den
Ergebnissen (Rollenbeschreibungen, Profile & Potenziale) befasst und ein
Beschluss zur Umsetzung formuliert. In weiterer Folge wird es im Zeitraum Juni
2013 eine strategische Vorstandsklausur mit ca. 100 Betriebsräten/Funktionären
aus allen Wirtschaftsbereichen der GPA-djp OÖ geben. Im Rahmen dieser Klausur
werden die BRV und deren Stellvertreter mit den ausgearbeiteten Instrumenten
(Rollenbeschreibung, Profile & Potenziale) vertraut gemacht. Daraus resultiert der
Auftrag diese PE-Ansätze in ihre Bereiche / Gremien zu tragen.
Zusätzlich ist geplant, die hauptamtlichen Sekretäre ebenfalls im Rahmen einer
Klausur mit den ausgearbeiteten Methoden und Instrumenten vertraut zu machen,
damit auch sie in ihren Wirkungsbereichen die Betriebsräte/Funktionäre schulen
und unterstützen können. Mit der Gesamtheit dieser Maßnahmen soll ein
flächendeckendes Roll-out über alle Wirtschaftsbereiche und Bezirksgremien der
GPA-djp Oberösterreich sichergestellt werden. Wie im Kapitel systemische
Personalentwicklung
als
Notwendigkeit
beschrieben,
werden
somit
alle
Organisationsmitglieder in den Prozess mit einbezogen, um die Organisation und
die Strukturen gemeinsam weiterzuentwickeln.
53
Damit es gelingt, mithilfe der Rollenbeschreibungen und Profile & Potenziale
geeignete Kollegen für die betriebsrätliche/gewerkschaftliche Arbeit zu gewinnen
und diese nachhaltig aus- und weiterzubilden, ist zum einen eine geeignete
Ausbildung nötig, um die richtige Anwendung der Methoden und Instrumente zu
garantieren
und
zum
anderen
Qualifizierungsprozess
für
ist
dies
gleichzeitig
ein
Betriebsräte/Funktionäre.
grundlegender
Im
gängigen
gewerkschaftlichen Sprachgebrauch wird dies dann als Einschulung definiert.
3.3.
Einschulung Die Einschulung der Betriebsräte/Funktionäre bezüglich der Anwendung der
Instrumente
(Rollenbeschreibung und Anforderungsprofil) ist ein wichtiger
Meilenstein im Personalentwicklungsprozess. Der Prozess muss- wie bereits im
vorherigen Abschnitt geschildert- möglichst breit und über alle Bereiche hinweg
ausgerollt werden. Wünschenswert ist auch eine weitgehende Zeitgleichheit und
Parallelität der Roll-out-Prozesse.
Begonnen wird mit der Schulung der hauptamtlichen Sekretäre, in Form von
halbtägigen Workshops mit ca. fünf Teilnehmern. In diesen Kleingruppen werden
die Rollenbeschreibungen und Anforderungsprofile genau besprochen, für die
verschiedenen Wirtschaftsbereiche und Betriebsratskörperschaften adaptiert und
auf Tauglichkeit überprüft. Dies ist besonders bedeutsam, da die Strukturen und
Kulturen in den einzelnen Wirtschaftsbereichen bzw. Organisationen weitgehend
divergent sind. Das bedeutet zB.; dass eine über Jahrzehnte bestehende
Betriebsratskörperschaft im Industriebereich anders aufgestellt und geprägt ist, im
Vergleich zu einer relativ jungen Betriebsratskörperschaft im IT- oder Sozialbereich.
Ein weiteres wichtiges Unterscheidungskriterium in Bezug auf betriebsrätliche Arbeit
ist die Größe der Organisation (Klein-, Mittel-, Großbetriebe bzw. Konzerne).
Hinsichtlich dieser Faktoren und Merkmale ist es besonders bedeutsam die
Sekretäre zu schulen und zu sensibilisieren, denn sie sind- ebenso wie die
Wirtschaftsbereichs-
und
ARGE-Vorsitzenden-
Personalentwicklungsprozesses.
Sie
werden
in
die
Multiplikatoren
weiterer
Folge
auch
des
ihre
Wirtschaftsbereiche und Bezirksarbeitsgemeinschaften im PE-Prozess unterstützen.
Zudem verfügen gerade die Sekretäre, aufgrund ihres Kompetenzbereiches und
ihrer Aufgaben in der Organisation, über ein spezifisches Wissen bezüglich der
Merkmale
und
Besonderheiten
der
betriebsrätlichen
Arbeit
in
bestimmten
Umwelten.
54
Parallel dazu werden die Betriebsräte und Funktionäre in den Wirtschaftsbereichen
und Bezirksarbeitsgemeinschaften geschult. Somit erwerben eine Vielzahl an
Betriebsräten/Funktionären
Kenntnisse
und
Kompetenzen
im
Bereich
von
Personalentwicklung und können diese sowohl in ihren Organisationen anwenden,
als auch andere Betriebsräte bei der Gewinnung von geeigneten Mitarbeitern
unterstützen.
Dieser PE-Prozess trägt, wie bereits im Laufe dieser Arbeit beschrieben, zum einen
zur persönlichen Weiterentwicklung und Qualifizierung jedes Einzelnen bei und zum
anderen
zur
Weiterentwicklung
der
gesamten
Organisation.
Aus
einer
ganzheitlichen Perspektive heraus betrachtet sind die Rollenbeschreibungen und
Profile & Potenziale nur ein erster Schritt in Richtung systemische Personal- und
Organisationsentwicklung. Daher ist es in weiterer Folge wesentlich, den Prozess in
der gesamten gewerkschaftlichen Organisation (ÖGB) zu implementieren.
Eine
Möglichkeit
wäre,
den
PE-Prozess
bereits
in
die
Konzeption
der
Gewerkschaftsschulen (GWS) einzubauen und somit würde PE bereits von Beginn
an mitgedacht werden. Wie bereits in Kapitel 2.7. erläutert ist das Konzept der GWS
ein erster Schritt in Richtung Personalentwicklung.
3.4.
Qualifizierungsmaßnahmen Im Hinblick auf die Größe und Struktur der Organisation GPA-djp ist es sinnvoll, ein
übergreifendes Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebot zu konzipieren, da
andernfalls Synergieeffekte weitgehend ungenutzt bleiben würden. Um die
möglichen Synergieeffekte zu nutzen, lautet an dieser Stelle die Empfehlung, ein
Koordinationsgremium
und
eine
Stabstelle
für
„Personalentwicklung
im
ehrenamtlichen Bereich“ einzurichten. In diesen beiden Stäben sollen die
hauptamtlichen Mitarbeiter, die ehrenamtlichen Betriebsräte/Funktionäre und ein
zentraler Projektleiter/Koordinator vertreten sein.
Da Personalentwicklung, wie bereits obenstehend mehrfach erwähnt, eine zentrale
Führungsaufgabe darstellt, ist es wesentlich, dass diese Funktion direkt an die
Geschäftsführung
angebunden
wird,
aber
trotzdem
mit
den
notwendigen
Freiheitsgraden ausgestattet ist. Denkbar wäre ein Modell, in dem die personelle
und disziplinarische Zuordnung in die Agenden der Geschäftsführung fallen, die
inhaltliche Verantwortung aber gegenüber dem Präsidium besteht. Der Erfolg dieser
Maßnahmen hängt aber in jedem Fall von der umfassenden Unterstützung seitens
der Geschäftsführung ab.
55
Nachfolgend werden einige ausgewählte Instrumente und Methoden zur PE und
Qualifizierung
von
Betriebsräten/Funktionären
vorgeschlagen
und
zur
ehestmöglichen Anwendung empfohlen. Die Auswahlkriterien zielen im Besonderen
auf systemische Zugänge für die Personal- und Organisationsentwicklung ab. Die
Annahme dahinter begründet sich in der besonderen Wirksamkeit dieser Methoden
und Instrumente innerhalb starker und starrer Organisationsstrukturen. Diese
Wirksamkeit
und
Tauglichkeit
wird
in
der
einschlägigen
Literatur
häufig
wiederkehrend beschrieben und in zahlreichen Fallstudien abgebildet.
3.4.1. Appreciative Inquiry Wie bereits unter Punkt 3.1.1. Methodensetting beschrieben wirkt AI bereits als
Methode an sich auf das System „Organisation“ ein und eignet sich somit sehr gut
als Qualifizierungsmethode im Rahmen eines PE-Prozesses.
Appreciative Inquriy (AI) wurde bereits 1987 von David Cooperrider und Suresh
Srivasta entwickelt. Cooperrider hat diesen Zugang im Rahmen seiner Doktorarbeit
in den 1980er Jahren entworfen und gemeinsam mit seinem Doktorvater Suresh
Srivasta als Methode etabliert.94 Im Bereich der Organisationsentwicklung hat diese
Methode
speziell
im
Verbreitung gefunden.
sondern
nur
eine
95
amerikanischen
Raum
eine
nahezu
explosionsartige
Für AI gibt es keine einheitliche Übersetzung ins Deutsche,
Begriffsbestimmung,
die
beim
ersten
europäischen
Ausbildungsseminar zu AI in Riccione/Italien entwickelt wurde. „Appreciative Inquiry
bedeutet soviel wie „Wertschätzende Erkundung“, „Wertschätzende Befragung“,
„Wertschätzende Unternehmensentwicklung“.96
Grundannahmen von Appreciative Inquriy:97
1.
Jeder Mensch, jedes Team und jede Organisation hat ein ungeahnt großes
Potenzial, das manchmal aufblitzt, jedoch vielfach im Verborgenen schlummert.
2.
Organisationen entwickeln sich immer in die Richtung dessen, worauf sie ihre
Aufmerksamkeit lenken und was sie erforschen.
Diese Methode fördert Veränderungsprozesse und setzt auf das Positive, das
bereits grundlegend in der Organisation vorhanden ist. Dieses positive Erleben
verbindet der Mitarbeiter mit der Organisation und daraus resultierend wird seine
Motivation
und
Identifikation
mit
dem
organisationalen
System
deutlich
hervorgehoben und verstärkt.
94
zur Bonsen/Maleh (2001), 10
Vgl. http://www.davidcooperrider.com, 16.5.13
96
zur Bonsen/Maleh (2001), 11
97
Vgl. zur Bonsen/Maleh (2001), 25
95
56
Mittels konkreter Anwendung von AI werden im gewerkschaftlichen Umfeld mit
dieser Methode sowohl hauptamtlichen Mitarbeiter als auch ehrenamtliche
Betriebsräte/Funktionäre qualifiziert. Empfehlenswert ist anfänglich die Arbeit in
Kleingruppen, um Methode und Methodologie intensiv und nachhaltig zu
verankern.98
AI ist hinsichtlich des Erfolges der Interviews, im Rahmen des Projektes
„Personalentwicklung für ehrenamtliche Funktionäre der GPA-djp OÖ“, ein
bedeutsames und taugliches Werkzeug, um neue ehrenamtliche Mitarbeiter zu
gewinnen, respektive zu motivieren und um die jeweilige Organisation insgesamt zu
stärken.
Durch
den
zentralen
Fokus
auf
Lösungsorientierung
wird
die
Kommunikation innerhalb der Organisation GPA-djp positiv verändert. Somit können
sich potenzielle Kandidaten (Betriebsrat/Funktionär) ein umfassendes Bild der
Organisation einerseits und der zukünftigen Tätigkeiten andererseits machen.
Walter Bruck, in „Das Feuer großer Gruppen“99, sieht AI ebenfalls als zukünftig
wichtiges Werkzeug im Bereich der PE- und OE und hierbei im Speziellen bei der
Arbeit mit großen Gruppen. Er bezeichnet den Vier-Phasen-Großgruppenprozess
als „Zukunftsgipfel – Appreciative Inquriy Summit“.100
AI als Großgruppenmethode zu verwenden, ist wiederum für Gewerkschaften
besonders bedeutsam, da mit der Methode der Wertschätzenden Befragung (AI)
somit große Betriebsräte-Konferenzen und Seminare gestaltet werden können.
Zentrale Voraussetzungen für den Einsatz von Appreciative Inquriy:101
•
„Ehrlicher“ Beteiligungsprozess
•
Klare Vorstellungen von der angestrebten Veränderung
•
Zeitmanagement, dh. genügend Zeit einplanen
•
AI ist keine Konfliktbewältigungsmethode
•
Wichtig ist – die Beteiligung der Führung
Diese fünf Punkte sind unbedingt zu berücksichtigen um mit AI einen erfolgreiche,
nachhaltige und zukunftsorientierte PE sowie OE in der Organisation Gewerkschaft
zu implementieren. Speziell der erste Punkt, der „ehrliche“ Beteiligungsprozess, ist
in einer so komplexen und mitgliederorientierten Organisation wie der GPA-djp
essentiell- er trägt wesentlich zum Gelingen der angestrebten Veränderung bei.
98
Vgl. zur Bonsen/Maleh (2001), 55
Bruck in Königswieser/Keil (2002)
100
Vgl. Königswieser/Keil (2002), 164
101
Vgl. zur Bonsen/Maleh (2001), 56f
99
57
3.4.2. Coaching Der Begriff „Coach“ kommt ursprünglich aus dem Leistungssport. Darunter wird ein
Trainer verstanden, der einen Athleten so fördert und fordert, dass dieser sportliche
Höchstleistungen im Einklang mit seiner Persönlichkeitsentwicklung erreicht.102
Coaching im Bereich der Personalentwicklung lässt sich nach Wahren wie folgt
definieren: „Coaching ist die individuelle Beratung von einzelnen Personen oder
Gruppen
in
auf
die
Arbeitswelt
bezogenen,
fachlich-sachlicher
und/oder
psychologisch-soziodynamischer Fragen bzw. Probleme durch den Coach.“103
Eine weitere Definition aus wissenschaftlichem Blickwinkel kommt von Offermanns:
„Coaching ist eine freiwillige, zeitlich begrenzte, methodengeleitete individuelle
Beratung, die den oder die Beratende(n) darin unterstützt, berufliche Ziele zu
erreichen.“104
Greif fasst Coaching folgendermaßen zusammen: „Coaching ist eine intensive und
systematische Förderung der Reflexion und Selbstreflexion sowie Beratung von
Personen oder Gruppen zur Verbesserung der Erreichung selbstkongruenter Ziele
oder zur bewussten Selbstveränderung und Selbstentwicklung.“105
Coaching im ehrenamtlichen Bereich von Gewerkschaften erfüllt eine Vielzahl an
wichtigen Faktoren für die Personalentwicklung.
Zum einen als persönliche Selbstanalyse und Selbstverwirklichung und zum
anderen ist Coaching als Begleitprozess bzw. Veränderungsbegleitung bei der
Übernahme neuer Funktionen und Positionen wichtig.
Im Speziellen wird in dieser Arbeit das systemische Coaching vorgestellt, da es
aufgrund der ganzheitlichen Sicht auf die komplexe Organisation Gewerkschaft aus
Sicht der Autorin besonders geeignet ist.
Sonja Radatz stellt systemisches Coaching wie folgt dar: „Systemisches Coaching
ist Beratung ohne Ratschlag – eine Beziehung zwischen Coach und Coachee, in
der der Coach die Verantwortung für die Gestaltung des Coachingprozesses und
der Coachee die inhaltliche Verantwortung übernimmt – also die Verantwortung
dafür, an seinem Problem zu arbeiten.“106
102
Vgl. Wegerich (2011), 83
Wahren in Peters (2009), 13
104
Peters (2009), 14
105
Peters (2009), 14
106
Radatz (2006), 16
103
58
Im systemischen Coaching geht es darum, die Menschen dahingehend zu
unterstützen, mit den konkret anstehenden Aufgaben und Problemstellungen
klarzukommen und diese- wenn möglich zeitnah-, wirkungsvoll und nachhaltig zu
lösen. Diese Probleme und Aufgaben können unterschiedlichen Lebensbereichen
bzw. Spannungsfeldern entspringen, wie dem Beruf (der ehrenamtlichen Tätigkeit),
der Organisation und dem Privatleben. Ebenso können sie zwischen diesen
Spannungsfeldern angesiedelt sein und diese gleichermaßen beeinflussen. Somit
ergeben sich sieben Anwendungsbereiche systemischen Coachings.107
Abbildung 12: Anwendungsbereiche systemisches Coaching108
Genau
in
diesen
Spannungsfeldern
bewegen
sich
ehrenamtliche
Betriebsräte/Funktionäre in ihren täglichen Arbeitsbereichen und Abläufen. Daher ist
es aus diesem Aspekt heraus für die Gewerkschaft von zentraler Bedeutung,
Coachings sowohl für die ehrenamtlichen Betriebsräte/Funktionäre als auch, im
Sinne
von
ganzheitlicher
Weiterentwicklung
der
Organisation,
für
die
hauptamtlichen Mitarbeiter anzubieten.
107
108
Vgl. Radatz (2006), 16f
Abb. entnommen aus: Radatz (2006), 17
59
In der folgenden Abbildung wird ein möglicher Ablauf eines systemischen CoachingGespräches mit einigen ausgewählten Fragestellungen dargestellt:109
Startfragen
„Worum geht’s?“ oder „Was steht an?“
Situationsschilderung
„Was ist der Anlass für das Coaching?“
„Woran ist für Sie das Problem erkennbar?“
„Woran würden Sie merken, dass das Problem gelöst
ist?“
„Was tun Sie in der Problemsituation, was sie sonst
nicht tun?“
Zielerarbeitung (vom
Problem zum Ziel)
„Was ist Ihr Ziel?“
„Was möchten Sie idealerweise erreichen?“
„Woran würden Sie erkennen, dass Sie ihr Ziel erreicht
haben?“
Auftragsgestaltung
„Was erwarten Sie sich von diesem Gespräch?“
„Zu welchem Ergebnis sollten wir heute diesbezüglich
kommen?“
„Welches Thema sollten wir als Erstes besprechen?“
„Welche Aufgaben werden Sie übernehmen, welche
soll ich übernehmen?“
Lösungsfokussierung
„Woran werden Sie erkennen, das ihr Problem gelöst
bzw. dass Sie ihr Ziel erreicht haben?“
„Woran würden andere Menschen erkennen, dass Sie
eine Lösung gefunden haben?“
Lösungserarbeitung
Skala zur Erfolgsüberprüfung.(Skala 0- 10)
„Wie sieht Ihre Lösung jetzt aus?“
„Was tun Sie, was tun die anderen, wenn Ihr Ziel
erreicht ist?“
„Wo stehen Sie derzeit?“
„Was tun Sie anders, wenn Sie um einen Punkt höher
stehen?“
Maßnahmenbildung
„Was werden Sie wann genau tun?“
„Was werden Sie jetzt als Erstes tun?“
„Welche Maßnahmen werden Sie nun konkret setzen?“
Abbildung 13: Eigene Abbildung110
109
110
Vgl. Radatz (2006), 43ff
Eigene Abb. in Anlehnung an Radatz (2006), 52f
60
Anhand
dieses
Ablaufes
und
der
vorhergehenden
Erläuterung
bezüglich
systemischen Coachings wird es offensichtlich, dass Coaching als moderne
Methode der Personalentwicklung bestens in die Organisation der GPA-djp und der
Gewerkschaft insgesamt passt.
Hierbei ist das Einzelcoaching in Bezug auf die Vorbereitung der Übernahme von
Führungsaufgaben,
sowohl
in
den
Gremien
der
GPA-djp,
als
auch
als
Betriebsratsvorsitzender in einem Unternehmen, als zusätzliches Tool besonders
wertvoll. In weiterer Folge ist es notwendig, ebenso Gruppencoachings für die
unterschiedlichen Bereiche und Funktionen anzubieten, um die Organisation GPAdjp insgesamt weiterzuentwickeln und zu stärken.
3.4.3. Mentoring Das Mentoring ist eine Form des informellen Lernens, vor allem im Kontext mit
Berufserfahrung bzw. Funktionserfahrung. Dies basiert im Rahmen einer zeitlich
befristeten
Beziehung
zwischen
einem
erfahrenen
Mentor
und
einer
erfahrungsjüngeren Person (Mentee). Die Idee dahinter ist, die Mentee in ihrer
persönlichen und beruflichen Entwicklung zu beraten und unterstützen, sowie einen
Einblick in die Erfahrungswelt und das Netzwerk des Mentors zu erhalten.111
Ziegler definiert Mentoring wie folgt: „Mentoring ist eine zeitlich stabile Beziehung
zwischen einem berufserfahrenen Mentor und der weniger berufserfahrenen
Mentee. Sie ist durch gegenseitiges Vertrauen und Wohlwollen geprägt, ihr Ziel ist
die Förderung des Lernens und der Entwicklung sowie das Vorankommen der
Mentee.“112
Ausschlaggebende Gründe für die Durchführung eines Mentorings können sein:113
•
Begleitung der Mentee im Vorfeld einer Führungsaufgabe
•
Beratung und Begleitung bei der Karriereplanung
•
Wissensweitergabe und Networking
•
Berufliche „betriebsrätliche“ Neupositionierung
•
Förderung persönlicher, sozialer und fachlicher Kompetenzen
Die wesentliche Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Mentoring ist die
freiwillige Teilnahme von Seiten des Mentors und der Mentee.
111
Vgl. Ziegler (2009), 11
Ziegler (2009), 11
113
Vgl. Wegerich (2011), 78f
112
61
Mentoring ist zumeist ein internes Personalentwicklungsinstrument und kann sowohl
als einzelne Maßnahme, als auch innerhalb eines PE-Konzeptes verwendet
werden.
Das formelle Mentoring ist meist in das PE-Konzept der Organisation eingebunden
und bedeutet, dass der Kontakt zwischen Mentor und Mentee von Dritten organisiert
wird. Dies ist in jedem Fall eine taugliche Variante für ein Mentoren-Programm in
der GPA-djp, da die Mentoren in der Regel auf ihre Aufgaben vorbereitet werden.
Somit steht der Organisation ein Mentoren-Pool zur Verfügung.
Die informelle Mentoring-Beziehung hingegen entsteht durch persönlichen Kontakt
(Mentor und Mentee), ist zeitlich meist unbegrenzt und hängt maßgeblich vom
Interesse der Beteiligten ab.114
In der folgenden Abbildung wird ein Mentoring-Prozess dargestellt, der sich
ebenfalls gut auf die ehrenamtliche Tätigkeit von Betriebsräten/Funktionären
übertragen lässt.
Abbildung 14: Mentoring-Prozess115
114
115
Vgl. Wegerich (2011), 78f
Abb. entnommen aus: http://www.vdoe.de/fundament.html, 13.5.13
62
Gerade im Bereich von NPOs mit starkem ehrenamtlichen Anteil, wie der
Gewerkschaft, kann Mentoring sowohl wesentlich zum Erfolg, bei der Bindung der
Ehrenamtlichen an die Organisation, als auch zur Stärkung des Image nach außen
beitragen.
Im Sinne der Unterschiedlichkeit und Methodenvielfalt für ein PE-Konzept lässt sich
Mentoring gegenüber dem Coaching sehr gut abgrenzen. Damit leistet Mentoring
einen weiteren wichtigen Beitrag für den Aufbau eines Gesamtmodells.
Mentoring
Coaching
Überwiegend intern
Überwiegend extern
Mentor – Vorbildrolle
Coach – Begleiter-Rolle
Konkrete u. spezielle Hilfestellung in
Alltagssituationen
Entwicklung allgemeiner u. persönlicher
Handlungs- und Lösungskompetenz
Durchführung in Zweierbeziehung
Durchführung sowohl in
Zweierbeziehung als auch in Gruppen
Persönliches Erfahrungswissen wird
vorrangig vermittelt
Unterstützung der persönlichen
Entwicklung durch spezifische
Methodenkenntnisse
Berufliche und fachliche Entwicklung
steht im Vordergrund
Fokus sowohl auf persönlicher als auch
beruflicher Entwicklung
Vermittlung organisationalerspezifischer Handlungs- und
Lösungskompetenzen und Aufbau von
Netzwerken sowie Kontakten
Entwicklung allgemeiner und
persönlicher Handlungs- und
Lösungskompetenzen
Abbildung 15: Mentoring/Coaching116
Dieser Vergleich ist insofern wichtig, da er besonders gut veranschaulicht, wo die
Unterschiede liegen und deutlich sichtbar macht, wie unterschiedlich die einzelnen
Methoden/Instrumente wirken. Daraus lässt sich wiederum ableiten, dass ein
Personalentwicklungskonzept für die komplexe Organisation der Gewerkschaft, mit
ihren vielschichtigen Strukturen und unterschiedlich handelnden Menschen, einer
großen und abgestimmten Methodenvielfalt bedarf.
116
Abb. verändert entnommen aus:
http://www.4managers.de/fileadmin/4managers/dateien/pdf/Business-Mentoring-03.pdf, 13.05.13
63
3.5.
Nachfolgeplanung Im Fokus von PE im ehrenamtlichen Bereich der GPA-djp steht eine effektive
Nachfolgeplanung. Diese ist in jedem Fall langfristig zu sehen und bedarf sowohl
einer strategischen als auch systematisch strukturierten Planung. Nachfolgeplanung
bzw. Nachfolgemanagement ist eine zentrale Führungsaufgabe, die sowohl die
Potenzialerkennung als auch die Förderung von Nachwuchskräften in den
verschiedenen Bereichen der Gewerkschaft umfasst. Die Nachfolgeplanung soll
nicht nur anhand von Listen potenzieller Kandidaten, sondern mittels eines
strukturierten und geplanten Prozesses erfolgen. Nachfolgeplanung umfasst sowohl
die Identifikation potenzieller Nachfolger, als auch gezielte und individuelle
Personalentwicklungsmaßnahmen.
Mit den im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Instrumenten, beginnend mit
den
Rollenbeschreibungen,
sowie
den
Profilen
&
Potenzialen,
über
die
Wertschätzende Befragung, das Coaching und das Mentoring als moderne PE- und
OE-Methoden, lässt sich ein PE-Konzept für eine langfristige Nachfolgeplanung
über alle Bereiche der GPA-djp OÖ- und in weiterer Folge über die gesamte
Gewerkschaft- ausrollen. Gerade im Hinblick auf die vielfältigen inhaltlichen sowie
thematischen
Schwerpunkte
und
Aufgaben
der
unterschiedlichen
Betriebsratskörperschaften und Funktionsgremien ist es wesentlich, die Beratungsund
Entwicklungsangebote
an
die
spezifischen
Bedürfnisse
von
Betriebsräten/Funktionären anzupassen, damit sie sich im System der GPA-djp
etablieren können und ihre zugedachten Rollen rasch ausfüllen können.
Im Bereich der gewerkschaftlichen Qualifizierung und Aus- und Weiterbildung geht
es nicht allein darum, den Betriebsrat/Funktionär als Einzelnen zu entwickeln und zu
qualifizieren, sondern darum, die kollektive und soziale Weiterentwicklung der
gesamten
Betriebsratskörperschaft
zu
fördern.
117
Dies
ist
auch
eine
gesellschaftliche und kulturelle Zielvorstellung seitens der Gewerkschaften, im
Hinblick auf die zukünftige Gestaltung von Arbeitswelten und den wiederum davon
beeinflussten
Lebensumständen
von
Arbeitnehmern.
Gerade
aus
dieser
Perspektive und diesem Anspruch leitet sich die strategische Notwendigkeit für eine
langfristige und zukunftsorientierte Nachfolgeplanung ab. Die Zielausrichtung der
gesamten
PE-Maßnahmen
ist,
Nachfolger
für
Führungspositionen
in
Betriebsratskörperschaften zu finden und zugleich auch für die Führungsebene der
ehrenamtlichen Funktionen innerhalb der GPA-djp zu qualifizieren.
117
Vgl. Gstöttner-Hofer in Kaiser (2011), 158
64
Zugleich ist –wie oben erwähnt- die kollektive Weiterentwicklung von engagierten
Menschen, sowohl für das Team in den Unternehmen, als auch für die Arbeit in den
Gremien
der
Arbeitnehmervertretungen,
von
großer
Bedeutung.
Die
Gewerkschaften haben erst begonnen, diesen Aspekt in den Vordergrund zu
rücken. PE-Maßnahmen sind als stetige Prozesse zu begreifen, die- mit der
systemischen Brille betrachtet- auf die Personalentwicklung und auf die gesamte
Organisationsentwicklung
immerwährender
einwirken.
Diese
Veränderungsprozess
Prozesse
innerhalb
sind
der
somit
ein
Organisation.
Gewerkschaftliche Aus- und Weiterbildung darf nicht als Anpassungslernen
verstanden werden, sondern hat eine reale soziale Veränderung- insbesondere der
Arbeitswelten- zum Ziel.
4.
Zeitgemäße Betriebsrats-­‐ und Funktionärsarbeit Die österreichische Sozialpartnerschaft, die über Jahrzehnte die gewerkschaftliche
Arbeit geprägt hat, ist in ihrer bisherigen Form in eine defensive Position geraten.
Die Sozialpartnerschaft wird sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch in
ihrer medialen Darstellung zunehmend als Relikt aus der Realpolitik der 1960er bis
1980er Jahre
gesehen. Gleichzeitig
ist der Handlungsrahmen nationaler,
sozialpartnerschaftlicher Politikgestaltung vor dem Hintergrund internationaler
Strukturen und dem Phänomen der Globalisierung mehr und mehr eingeschränkt.
Daher sind die jahrzehntelang bewährten Strukturen in Hinblick auf ihre Wirksamkeit
zunehmend auf dem Prüfstand. Die Gewerkschaften müssen sich schonungslos die
Frage
stellen,
ob
die
auf
nationalem
Konsens
beruhende
heimische
Sozialpartnerschaft noch zeitgemäß ist, bzw. in vielen Bereichen (internationale
Konzerne, europäische Arbeitnehmervertretung etc.) neu gedacht werden soll.
Die betriebliche Wirklichkeit wird heute durch verschiedene Faktoren (prekäre
Arbeitsverhältnisse, atypische Arbeitsformen, neue Selbstständige, internationale
Verflechtungen
Arbeitsaufgaben
etc.)
eines
in
hohem
Maße
beeinflusst.
Betriebsrates/Funktionärs,
Rahmenbedingungen (auch der gesetzlichen),
118
der
Die
Komplexität
rasche
Wandel
der
der
stellt einen immer höheren
Anspruch an diese Funktionen.
118
Anm: Nur auf österreichischer Ebene wurde z.B. das ASVG bis April 2013 der 72. Novellierung
unterzogen; das ArbVG wurde alleine im Jahre 2010 4 Novellierungen unterworfen.
65
Die Vertretung der Arbeitnehmer erfolgt innerhalb verschiedener Gremien oder
gegenüber
unterschiedlicher
Gruppen
(zB.
Betriebsversammlung,
Geschäftsführung, Aufsichtsrat, Gewerkschaft, Arbeiterkammer) und ist mit ständig
neuen und immer komplexer werdenden Rollen versehen.
Die Erreichung langfristiger Ziele (zB. Sicherung hoher Beschäftigungsquoten)
hängt
in
hohem
Maße
davon
ab,
wie
professionell
und
souverän
Betriebsräte/Funktionäre mit den unterschiedlichen Anforderungen und Belastungen
umgehen. Dazu gehört auch das Thema Selbstmanagement. Aufgrund der hohen
Belastungen im Spannungsfeld von Wirtschaft, Politik und Arbeitnehmerinteressen
ist es von besonderer Relevanz, dass ehrenamtliche Betriebsräte/Funktionäre
lernen, sich gegen Überforderung (Burn-out) zu schützen. Dazu kann eine
zeitgemäße und zukunftsorientierte Aus- und Weiterbildung beitragen.
Der strukturierte Umgang mit den vielfältigen Aufgaben und die Fähigkeit, Arbeit
und Verantwortung auf viele Schultern zu verteilen, ist notwendiger Teil der
Qualifikation. Zugleich ist es von entscheidender Bedeutung, den divergenten
Stakeholdern
(Anspruchsgruppen,
begegnen zu können.
Partnern,
Verhandlern)
auf
Augenhöhe
119
Die Personalentwicklung für ehrenamtliche Betriebsräte/Funktionäre ist daher ein
dringliches Themenfeld für Gewerkschaften - im Hinblick auf zeitgemäße,
nachhaltige und in die Zukunft gerichtete Betriebsrats- und Funktionärstätigkeit. Für
eine erfolgreiche Arbeit benötigen Betriebsräte und Funktionäre in diesem Bereich
sowohl Anleitung als auch Orientierung und Hilfestellungen. Daher ist ein modernes,
menschenzentriertes PE-Konzept- wie in dieser Arbeit beschrieben- jetzt und
zukünftig von enormer Bedeutung für die Gewerkschaft. Zum einen sind die Rollen,
Aufgaben
und
Anforderungen
in
den
Rollenbeschreibungen
und
Anforderungsprofilen (Profile & Potenziale) beschrieben und zum anderen werden
durch die beschriebenen PE-Maßnahmen (AI, Coaching, Mentoring), Interessierte,
Betriebsräte und Funktionäre gewonnen, optimal vorbereitet und qualifiziert. Wichtig
dabei ist, dass Verantwortlichkeiten geschaffen werden, damit die PE- Prozesse
und PE-Maßnahmen greifen und umgesetzt werden.
Aufgrund der Ergebnisse der empirischen Befragung und deren Analyse lautet die
grundsätzliche Empfehlung der Autorin, eine Stabstelle für Personalentwicklung für
ehrenamtliche Betriebsräte/Funktionäre in der GPA-djp OÖ zu schaffen.
119
Behrens u.a. (2010), 66
66
Es ist aus Prozesssicht nicht zielführend, die Umsetzung dieser Aufgabe den
hauptamtlichen Regionalsekretären sowie den Wirtschaftsbereichs- und ARGEVorsitzenden zu übertragen, da die Gefahr besteht, dass diese Agenda angesichts
des hohen, täglichen Arbeitspensum, nur nebenbei bearbeitet werden kann und
somit weder nachhaltig noch zielführend ist.
5.
Resümee Die Tätigkeit von ehrenamtlichen Betriebsräten/Funktionären wird in Zukunft für die
GPA-djp Oberösterreich immer wichtiger. Diese Beurteilung erfolgt in dem Wissen,
dass auch schon in der Vergangenheit das Ehrenamt einen enormen Beitrag zur
Aufrechterhaltung der Arbeit der Organisation geleistet hat.
Da sich jedoch die Einstellung der Menschen zum Ehrenamt wandelt – die
Bereitschaft zur Übernahme eines ehrenamtlichen Engagements hat sich in den
letzten Jahren stark in die Richtung gewandelt, dass Mithilfe hauptsächlich zeitlich
begrenzt zur Verfügung gestellt wird – wird die Rekrutierung neuer ehrenamtlicher
Mitarbeiter
zu
einer
überlebensnotwendigen
Angelegenheit
für
Non-Profit-
Organisationen und im Besonderen für die Gewerkschaften.
Alle gewerkschaftlich engagierten Menschen, die in im Zuge der Erstellung dieser
Arbeit
befragt
wurden,
sehen
Personalentwicklung
für
ehrenamtliche
Betriebsräte/Funktionäre als entscheidende Zukunftsaufgabe. PE ist wichtig für die
Weiterentwicklung der gesamten Organisation und eine konkrete Maßnahme, um
den
zukünftigen
Herausforderungen
als
kompetente
und
starke
Arbeitnehmervertretung begegnen zu können.
Seit 1945 gibt es die österreichischen Gewerkschaften in dieser bestehenden Form,
das sind bereits mehr als 70 Jahre. Über die Jahrzehnte haben sich hierarchische
Strukturen zunehmend verfestigt und einstmals erfolgreiche Handlungsweisen
erscheinen heutzutage antiquiert und verkrustet.
Angesichts der veränderten Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen, der
unaufhaltsamen Globalisierung und Internationalisierung der Arbeitswelt müssen
sich Gewerkschaften inhaltlich, organisatorisch und strukturell neu aufstellen. Ein
Befund der auch von Gewerkschaftsseite so gesehen wird aber zugleich stark mit
den Annahmen verknüpft ist, dass Wandel, Veränderung und Modernisierung
innerhalb der Organisation zwar notwendig sind, aber zugleich als nahezu
unlösbare Aufgabe erscheinen.
67
Aus diesem Blickwinkel erscheint es für Gewerkschaften dringlich und von zentraler
Bedeutung, sich der bestehenden Reformwiderstände anzunehmen, um sich mit
Hilfe moderner (systemischer) Personal- und Organisationsentwicklungsmethoden
rapide weiterzuentwickeln, um in Zukunft all den genannten Herausforderungen
gewachsen zu sein.
Diesbezüglich ist es wichtig, für ehrenamtliche Betriebsräte/Funktionäre persönlich
attraktive Angebote für ein gewerkschaftliches Curriculum zu formulieren, in Form
von
Rollenbeschreibungen
und
Anforderungsprofilen,
sowie
von
modernen
Ausbildung, Weiterbildung und Entwicklungsangeboten (Appreciative Inquiry,
Kommunikation, Coaching, Mentoring).
Die Autorin der vorliegenden Arbeit hat sich vor allem mit der regionalen
Teilgewerkschaft GPA-djp Oberösterreich beschäftigt. Die ersten Ergebnisse aus
dem PE-Prozess und der empirischen Befragung sind ermutigend, jedoch ist es an
dieser Stelle wichtig auch das erwünschte Gesamtziel festzuhalten. Nämlich den
angestoßenen Prozess weiterzuentwickeln und auf die gesamte Organisation der
Gewerkschaft (OEGB und Teilgewerkschaften) auszurollen.
Systemische Personal- und Organisationsentwicklungsprozesse müssen für eine
umfassende Ergebnisbewertung über viele Jahre betrachtet werden, denn Wandel
und Veränderung passieren nicht von heute auf morgen. Wenn diese Prozesse
jedoch gelingen, werden Gewerkschaften wieder eine stärkere und vor allem
gestaltende Rolle im Spannungsfeld von Gesellschaft und Arbeitswelt einnehmen.
Das Ehrenamt Betriebsrat/Funktionär gewinnt darüber wieder an Ansehen und
Einfluss in der gesamtgesellschaftlichen Betrachtung.
Die strategische Implikation dieser Arbeit beinhaltet auch analytische Einsichten und
methodische Ansätze für die Stärkung einer Gegenposition zu den häufig
geäußerten Thesen, dass Gewerkschaften überholt und als Organisation kaum oder
gar nicht reformfähig seien. Voraussetzung dafür sind nachhaltige Prozesse in der
PE- und Organisationsentwicklung, um den als notwendig erachteten Wandel
voranzutreiben.
Dazu ein bekanntes Zitat von John F. Kennedy (ehem. US Präsident, 1917-1963):
„Change is the law of life. And those who look only to the past or present are certain
to miss the future.“
„Veränderung ist das Gesetz des Lebens. Diejenigen, die nur auf die Vergangenheit
oder die Gegenwart blicken, werden die Zukunft verpassen.
68
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http://www.bmask.gv.at/cms/site/attachments/0/1/0/CH2174/CMS1218022135039/p
resseunterlage_freiwilligenarbeit_21.1.08%5B1%5D.pdf (Stand: 11.04.2013)
Cooperrider David, http://www.davidcooperrider.com (Stand: 16.05.2013)
Der Standard, http://derstandard.at/1369361767820/Oesterreichs-Freiwilligespenden-pro-Woche-134-Millionen-Euro, (Stand: 27.5.2013)
Gabler Wirtschaftslexikon. Personalentwicklung,
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/personalentwicklung-1.html
(Stand: 07.04.2013)
Kunz Johannes: Strategiefindung von Non-Profit-Organisationen. Dissertation
Universität St. Gallen, Digicenter 2006
http://www1.unisg.ch/www/edis.nsf/SysLkpByIdentifier/3136/$FILE/dis3136.pdf
(Stand 20.4.2013)
4Managers:Mentorenschule,
http://www.4managers.de/management/themen/business-mentoring/,
(Stand: 13.05.2013)
School of Design Thinking.
http://www.hpi.unipotsdam.de/d_school/designthinking.html (Stand: 01.05.2013)
Systemische Personalentwicklung, http://www.systemische-personalentwicklung.de
(Stand: 08.04.2013)
72
Sonstige Quellen
Telefonisches
Gespräch
mit
Bruno
Bollinger,
Vertrauensleutebildung
-
Gewerkschaft Uni, Bern, 6.5.13
Informelles Gespräch mit MMag. Gerhard Gstöttner-Hofer, AK-Jägermayrhof, Linz
8.5.13
Informelles
Gespräch
mit
Mag.
Gerald
Lorenz,
AK-Jägermayrhof
–
Zukunftsakademie, Linz 17.5.13
73
1
2
3
Anhang Interviewleitfaden
FunktionärInnen Befragung „Personalentwicklung für ehrenamtliche
FunktiönärInnen der GPA-djp OÖ, Oktober / November 2012
Design & Umsetzung: Martina Fischer,
Fachhochschule OÖ / Campus Linz
Ansatz:
Es gibt vielfältige Annahmen über jene Gründe, die einem stärkeren Engagement
von BetriebrätInnen für ihre Gewerkschaftsarbeit im Wege stehen. Was brauchen
FunktionärInnen / BetriebsrätInnen um eine aktive Rolle innerhalb der GPA-djp
einzunehmen? Was hilft? Was hemmt? Im Rahmen dieses Projektes werden die
bestehenden Annahmen erforscht und überprüft. Daraus werden dann
Anforderungsprofile und Rollenbeschreibung für die unterschiedlichen Funktionen
abgeleitet bzw. ausgearbeitet. Als Methode wird die wertschätzende Befragung
gewählt.
Appreciative Inquiry:
Discovery
Erkunden, was Gutes da ist
Destiny
Planen, was sein wird
Dream
Entwerfen, was sein könnte
Design
Gestalten, was sein soll
Die wertschätzende Befragung hat als Methode bereits die Fähigkeit bereits, als
Intervention auf das System einzuwirken. AI verändert Wesen und Inhalt von
Kommunikation innerhalb der Organisation. Anstelle häufiger und anhaltender
Problemtrance, tritt Lösungsorientierung und der Wunsch nach Veränderung in den
Vordergrund.
Durchführung:
Einzelinterviews in der Dauer von je 30-40 min, selbstverständlich unter der
Vertraulichkeit eines KlientenInnenverhältnisses. D.h. Ergebnisse und Aussagen
kommen nur aggregiert, also als Gesamtergebnis, respektive als Cluster aus der
Analyse in den Bericht. Belastbare Rückschlüsse auf Einzelpersonen sind daher
nicht möglich und natürlich auch nicht erwünscht.
74
Interviewprotokoll:
Name des/der Interviewten: _____________________________
Alter: ___________
Geschlecht: m/w
Funktion/Tätigkeit des/der Befragten: _____________________
Einrichtung/Arbeitsstelle: _______________________________
Vollzeit/Teilzeit ________
Ehrenamtlich/Hauptamtlich__________
Datum des Interviews: ___________________
Zusätzliche Info´s:
Interviewleitfaden
1.
Erkunden was Gutes da ist:
a)
e)
f)
Erzähle mir bitte, wie du mit gewerkschaftlicher Arbeit in Kontakt gekommen
bist.
Was hat dich motiviert aktiv zu werden? Was hat dich dabei inspiriert und
fasziniert?
Wurden deine Erwartungen erfüllt?
Was bewegt dich aus heutiger Sicht, sich zu engagieren, zu beteiligen,
Betriebsrats- und Gewerkschaftsarbeit zu leben?
Was macht Spaß und hilft?
Was könnte verbessert werden?
2.
Entwerfen was sein könnte:
a)
Kannst du mir eine besonders herausragende Situation, Erlebnis quasi einen
echten Höhepunkt deiner gewerkschaftlichen Arbeit erzählen?
Was ist da geschehen? Welche Rolle hattest du dabei? Wie war deine Rolle
konkret?
Aktiv/Passiv? Zusehen/Unterstützen?
Welche Faktoren / Rahmenbedingungen machten dieses besondere Erlebnis
möglich?
Konntest du daraus etwas lernen? Lässt sich diese Rolle übertragen auf
deine Arbeitsweise und deine Art mit anderen Menschen
zusammenzuarbeiten?
Gibt es noch Beispiele an die dich diese Erfahrung erinnert? Wenn ja,
welche Rolle hattest du inne und welche Anforderungen waren damit
verbunden.
b)
c)
d)
b)
c)
d)
g)
75
3.
Gestalten was sein sollte:
a)
Was ist dein eigener Beitrag, deine Rolle zur aktuellen
BR/Funktionärsarbeit?
Was war der Impuls zur BR/Funktionärsarbeit?
Was kannst du besonders gut?
Was liegt dir besonders am Herzen?
Was würdest du mit viel Energie und Engagement anpacken?
1. Wenn du die Zeit dafür hättest?
2. Wenn du die Ressourcen dafür hättest?
Was sind deiner Meinung nach die Erfolgsfaktoren, die Rahmenbedingungen
(Menschen, Organisation, Infrastruktur,…), die dir in deiner Arbeit als
FunktionärIn / BRtIn geholfen haben?
Was sollte verändert bzw. besser gemacht werden, damit es BR´s und
FunktionärInnen hilft in ihrer Rolle?
b)
c)
d)
e)
f)
g)
4.
Planen was sein wird:
Es ist 2020 die GPA-djp hat sich umfassend positiv verändert. Die Ressourcen aller
Beteiligten und ihr persönlicher Einsatz haben ihres dazu beigetragen, die GPA-djp
als ArbeitnehmerInnen Vertretung im besten Sinne attraktiv und erfolgreich zu
machen.
a)
b)
c)
d)
e)
f)
Was könnte deine Rolle dabei gewesen sein?
Was hat sich verändert?
Woran zeigt sich die Veränderung?
Welche Faktoren führten zur Veränderung?
Welche Anforderungen erwarten BRtInnen und FunktionärInnen in Zukunft?
Was ist aus deiner Perspektive ein zeitgemäßes Bild/Beschreibung der
Rollen und der Anforderungen „einer BetriebsrätIn / FunktionärIn in Zukunft?
5.
Zum Schluss:
Hast du 2-3 konkrete Empfehlungen, die hilfreich sein könnten, um auf dem Weg bis
2020 viele engagierte FunktionärInnen mit einem zeitgemäßen in die Zukunft
blickendem Rollenverständnis zu begleiten und zu motivieren um mitzuarbeiten?
a)
b)
c)
d)
e)
Was soll in Angriff genommen werden?
Was kannst du diesbezügliche anbieten? In deiner Rolle als
BRtIn/FunktionärIn/GewerkschaftenIn?
Gibt es Bedarf an Unterstützung?
Wenn ja: Wie? Wo? Von Wem?
Wünsche, Ideen, Visionen für zeitgemäße, zukunftsorientierte Rollen und
Anforderungen an BR´s / FunktionärInnnen...
Gibt sonst noch etwas was du mir sagen möchtest?
Dankeschön
76
1
2
3
Interviewleitfaden
MitarbeiterInnen Befragung „Personalentwicklung für ehrenamtliche
FunktiönärInnen der GPA-djp OÖ, August / September 2012
Design & Umsetzung: Martina Fischer, FH Linz
Ansatz:
Es gibt vielfältige Annahmen über die Gründe, die einer stärkeren Beteiligung von
Betriebrätinnen an der Gewerkschaft im Wege stehen. Diese sollen anhand dieses
Projektes erforscht werden. Als Methode wird die wertschätzende Befragung
gewählt.
Appreciative Inquiry:
Discovery
Erkunden, was Gutes da ist
Destiny
Planen, was sein wird
Dream
Entwerfen, was sein könnte
Design
Gestalten, was sein soll
Die wertschätzende Befragung hat aus der Methode heraus auch zusätzlich die
Fähigkeit bereits als Intervention auf das System einzuwirken. Anstelle häufiger und
anhaltender Problemtrance tritt Lösungsorientierung und Veränderung.
Durchführung:
Einzelinterviews in der Dauer von je 15-20 min, selbstverständlich unter dem
Persönlichkeitsschutz eines Klientenverhältnisses. D.h. Ergebnisse und Aussagen
kommen nur aggregiert, also als Gesamtergebnis, respektive als Cluster aus der
Analyse in den Bericht. Belastbare Rückschlüsse auf Einzelpersonen sind daher
nicht möglich und natürlich auch nicht erwünscht.
77
Interviewleitfaden
Demographische Fragen:
Name des/der Interviewten: _____________________________
Alter: ___________
Geschlecht: m/w
Tätigkeit des/der Befragten: _____________________
Vollzeit/Teilzeit __________________
Datum des Interviews: ___________________
Fragenkatalog:
1. Was macht eine gute GewerkschafterIn aus?
2. Woran erkennst du eine gute FunktionärIn / BetriebsrätIn? Was macht
eine gute FunktionärIn aus?
3. Was funktioniert gut in der Zusammenarbeit von Hauptamtlichen und
FunktionärInnen / BetriebsrätInnen?
4. Was ist aus deiner Sicht verbesserungswürdig?
5. Was braucht es, damit es besser wird? Was kannst du dazu beitragen?
6. Wie sieht du die wirtschaftliche Entwicklung der nächsten 10 Jahre?
7. Wo siehst du die GPA-djp OÖ in 2020? Wer sind die FunktionärInnen
2020?
8. Stell dir vor ich eine gute Fee und erfülle dir im Hinblick auf deine
gewerkschaftliche Arbeit einen Wunsch. Wie würde dieser Wunsch
lauten?
78
PROFILE & POTENZIALE
Bezeichnung der
Funktion:
Persönliche Kompetenzen und Potentiale
§
Teamfähigkeit
§
Fähigkeit zur Führung und Motivierung von
Kolleginnen
§
Kommunikationsfähigkeit
§
Vorbildkompetenz
§
Überzeugungskraft
§
Soziale Kompetenz und Engagement
§
Organisationsstärke und Projektorganisation
§
Selbstständigkeit
§
Fähigkeit zur Beratung
§
Umsetzen von Fachinformationen
§
Konfliktfähigkeit
§
Verhandlungsgeschick
§
Kreativität
§
Zuhörerin sein
Grundvoraussetzung für
gewerkschaftliches
Handeln sind die
Menschen die sich
engagieren und
solidarisch sich für
Andere einsetzen.
Fachliche Kompetenzen und Ausbildungen
§
Ausbildung: BR-Grundkurse, Gewerkschaftsschule,
Zukunftsakademie
§
Aneignung von Fachwissen
§
Erfahrung im Umgang mit
Mitgliedern/BetriebsrätInnen/Führungskräften
§
Organisation & Planung von Sitzungen/Veranstaltungen
§
Themenauswahl und Erarbeitung
Kompetenzen die
auch während der
Funktion erlernt
werden können.
z.B.: mit
Unterstützung der
RegionalsekretärIn
und der GPA-djp
Allgemeine Kompetenzen und Potenziale
§
§
§
§
§
§
eigenverantwortliches Handeln
selbstständiges Arbeiten
Belastbarkeit
Teilnahme an GPA-djp Veranstaltungen/Aktionen
Mitgestalten von GPA-djp Veranstaltungen Aktionen
Mitgestaltung/Inputs in den unterschiedlichen Gremien
Sind vorhanden
79
ROLLENBESCHREIBUNG
Eingliederung der Funktion
Wo
Betrieb und / oder GPA-djp
Rolle
Betriebsrätin / Funktionärin
Organisation
GPA-djp Oberösterreich
AnsprechpartnerIn
Nahtstellenpartner
Betreuende SekretärIn
GPA-djp OÖ
KollegInnen im Unternehmen
BetriebsrätInnen aus der Region,
Gewerkschaftsmitglieder aus der Region,
potentielle Mitglieder im Betrieb und in der
Region,
GPA-djp Landesorganisation, Linz
GPA-djp Regionalorganisation
WB-Vorsitzende, ARGE-Vorsitzende
Arbeiterkammer
ÖGB Regionalorganisation
ÖGB Landesorganisation
Ziele/Aufgaben
Rolle
Kolleginnen, Gewerkschaftsmitglieder,
BetriebsrätInnen, ArbeiternehmerInnenVertreterInnen im Betrieb / in der Region
optimal betreuen.
Neue Mitglieder werben und die Philosophie der
GPA-djp nach außen repräsentieren.
Die Rolle der Betriebsrätin / Funktionärin ist
durch folgende Werte gekennzeichnet:
Wertschätzung, Teamarbeit, Respekt,
Solidarität, Überzeugung, Engagement und
Verantwortung für das eigenen Handeln zu
übernehmen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist: Der aktive
persönliche Kontakt mit den Menschen, sich
dafür Zeit nehmen.
Diversität im BR und den Gremien fördern, dies
bedeutet: ein bunt durchmischtes Team von
Frauen, Männern, Jungen, Älteren, Menschen
mit Beeinträchtigungen und ebenso Menschen
mit Migrationshintergrund.
80
Fachaufgaben:
Aufgaben / Tätigkeiten
§
Eigenständiges Arbeiten
§
Planung von Sitzungen (im Betrieb als auch regional)
§
Auswahl der Themen / Inputs und der Referentinnen
§
Organisation von Workshops und Klausuren
§
Organisation von Veranstaltungen (BR-Ausflug, Weihnachtsfeier,...)
§
Übernahme von Kompetenzen und Verantwortung
§
Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen kennen und anwenden
§
Delegation von Kompetenzen und Verantwortung an das Team
§
Effiziente Arbeitsaufteilung- und einteilung im Team
§
Aufbau und Gestaltung einer internen Informationsstruktur für alle
§
Langfristige Nachfolgeplanung – Aufbau von „Jungen“
§
Unterschiedlichkeit im Team beachten und
§
Frauen gezielt fördern, einbinden
§
Anregungen, Ideen, Wünsche, Neigungen und Fähigkeiten der Mitglieder
erkennen und fördern (unterstützt durch die GPA-djp)
§
Teilnahme an Aus- und Weiterbildung der GPA-djp, AK, ÖGB,...
Öffentlichkeitsarbeit:
§
Gewerkschaftliche Politik und Standpunkte vertreten: ArbeitnehmerInnenorientierte Wirtschafts- und Sozialpolitik, ArbeitnehmerInnen-orientierte Bildungsund Kulturpolitik, ArbeitnehmerInnen-orientierte Technologiepolitik,
ArbeitnehmerInnen-orientierte Umweltpolitik, frauenspezifische
ArbeitnehmerInnenpolitik, jugendspezifische ArbeitnehmerInnenpolitik
§
Kooperation mit anderen BetriebsrätInnen/FunktionärInnen
§
Überbetriebliche Aktionen setzen: Öffentliche Veranstaltungen durchführen,
Aktionstag(e), Organisation von Flugzettelverteilungen, Mitglieder werben
Interessensvertretung:
§
Mitgestaltung von Kampagnen
§
Organisatorische und politische Unterstützung der AK-Wahl
§
Service für bestehende und potentielle Mitglieder
§
Gewerkschaftliche Organisation: Mitgliederwerbung, Mitgliedererhaltung
§
Interessenspolitische Grundlagenarbeit: Aufbereitung im Team von
gesellschaftspolitisch relevanten Daten und Fakten, Ideen und Konzepte
(gewerkschafts-)politische Forderungen und Programme
Verantwortlich für:
§
Aktive Teilnahme an Sitzungen, Veranstaltungen und Aktionen
§
Mitgliederwerbung und Mitgliedererhaltung
§
Mitarbeit und interne Koordinierung des BR-Teams mit der GPA-djp und
dem Regionalsekretär
Ort, Datum
81
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