Revision Umweltschutzgesetz Antrag und Empfehlungen der Interessengemeinschaft Detailhandel Schweiz Inhaltsverzeichnis Antrag 1. Allgemeinverbindlichkeit von Branchenvereinbarungen (Art. 41a) Empfehlungen 2. Verankerung der Wirkungseffizienz bei stofflicher Verwertung (Art. 30d) 3. Keine vorgezogene Entsorgungsgebühr zur Finanzierung von Verwaltungsaufgaben (32 abis) 4. Anforderungen an das Inverkehrbringen ökologisch kritischer Rohstoffe und Produkte (Art. 35f) Stand: 19. Februar 2015 Titel Rev. Umweltschutzgesetz: Anträge der IG DHS Autor Thomas Mahrer, Leiter AG Umwelt und Energie, IG DHS Dokument Eingaben IG DHS in NR Kontakt [email protected] Erstelldatum 19.02.2015 Version 8 (Die beantragten Textänderungen sind durch die kursive blaue Schrift ersichtlich und die beantragten Streichungen durch die durchgestrichenen Wörter.) Antrag 1. Allgemeinverbindlichkeit von Branchenvereinbarungen (Art. 41a) Art. 41a Zusammenarbeit mit der Wirtschaft 1 Der Bund und, im Rahmen ihrer Zuständigkeit, die Kantone arbeiten für den Vollzug dieses Gesetzes mit den Organisationen der Wirtschaft zusammen. 2 Sie können: a. Branchenvereinbarungen durch die Vorgaben mengenmässiger Ziele und entsprechender Fristen fördern; b. mit Unternehmen und Organisationen der Wirtschaft mengenmässige Ziele und entsprechende Fristen direkt vereinbaren. 3 Vor dem Erlass von Ausführungsvorschriften prüfen sie freiwillige Massnahmen der Wirtschaft. Insbesondere können sie auf Begehren einer Branchenorganisation Branchenvereinbarungen und Vereinbarungen mit Unternehmen und Organisationen der Wirtschaft, die Gegenstände der Artikel 30a – d und 35d –e betreffen, allgemeinverbindlich erklären, wenn: a. die Vereinbarung in der Branche langjährigen Bestand hat und auf allen von ihr betroffenen Stufen der Wertschöpfungskette breit unterstützt wird; b. wichtige Unternehmen sich ihr nicht anschliessen wollen; und c. die Vereinbarung dem Zweck dieses Gesetzes entspricht. 4 Soweit möglich und notwendig, übernehmen sie Branchenvereinbarungen sowie Vereinbarungen mit Unternehmen und Organisationen der Wirtschaft ganz oder teilweise in das Ausführungsrecht. Begründung Den freiwilligen Massnahmen der Wirtschaft kommt im neuen USG eine wichtige Rolle zu. Deshalb sollen freiwillige Branchenvereinbarungen – sofern sie breit unterstützt sind und langjährigen Bestand haben – auf Begehren einer Branchenorganisation zeitnah allgemeinverbindliche Gültigkeit erlangen können, um Trittbrettfahrer schnell und wirksam einzubinden. Trittbrettfahrer schaffen ungleiche Spiesse, hemmen die Entstehung von freiwilligen Branchenvereinbarungen und untergraben deren Wirkung. Aktuelles Beispiel: ElektroschrottRecycling. Die vorliegende Formulierung verleiht somit dem Subsidiaritätsprinzip mehr Nachdruck. Es soll die folgende Stufenordnung gelten: 1.Freiwillige Branchenvereinbarungen 2. Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Branchenvereinbarungen auf Antrag einer Branchenorganisation (Übernahme in das Ausführungsrecht und damit öffentliches Recht Verordnung) 3. Erlass von Ausführungsrecht durch den Bund aus eigenem Anlass. 2/6 Eine Branchenvereinbarung ist "breit unterstützt", wenn sie von der Mehrheit der Branchenteilnehmer auf allen von ihr betroffenen Stufen der Wertschöpfungskette getragen wird. Beispielsweise müssen Branchenvereinbarungen zwischen der Herstellungsindustrie und dem Detailhandel für die Sammlung von Verpackungen oder ausgedienten Produkten zwingend von einer Mehrheit beider beteiligten Stufen getragen werden. Es versteht sich von selbst, dass die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Branchenvereinbarungen nur für die Unternehmen und Organisationen in der Schweiz gilt (Territorialprinzip). Die IG DHS geht davon aus, dass durch die Allgemeinverbindlichkeitserklärung Branchenvereinbarungen direkt in das Ausführungsrecht übernommen und dadurch zu öffentlichem Recht, d. h. Verordnungsrecht, werden. Voraussetzung dafür sind ein öffentliches Interesse und dass die Vereinbarung dem Zweck des Umweltschutzgesetzes entspricht. Wichtig ist dabei, dass die betroffenen Akteure involviert werden. Der Vorteil der Allgemeinverbindlichkeitserklärung nach Abs. 3 gegenüber dem Abs. 4 ist, dass die Branchenvereinbarung inhaltlich praktisch unverändert übernommen werden soll, wodurch erheblich Zeit eingespart werden kann. Auch erhalten Branchenorganisationen so explizit die Möglichkeit, den Prozess selbst anzustossen – ohne, wie in Abs. 4 vorgesehen, darauf warten zu müssen, bis der Gesetzgeber von sich aus aktiv wird. Der eingeschobene Abs. 3 betont somit die wichtige Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Behörden nochmals stärker. Das Anliegen der IG DHS, Branchenvereinbarungen stärker zu fördern, ist in der Ständeratsdebatte zwar teilweise mittels des neu integrierten Absatz 2ter zu Artikel 35f aufgenommen worden, dies jedoch nur für das „Inverkehrbringen von Rohstoffen und Produkten“. Für den Bereich „Sammlung von Wertstoffen“ sowie weitere Branchenvereinbarungen ist unser Anliegen noch nicht im USG integriert. Die IG DHS setzt sich daher weiterhin für einen gestärkten Absatz 3 im Artikel 41a ein. Beispiel Die freiwilligen, privatwirtschaftlich geführten Recyclingsysteme wie beispielsweise PET-Recycling Schweiz oder SENS/SWICO (Elektroschrott-Recycling). Diese Organisationen sind Branchenlösungen, die auf freiwilliger Ebene gewährleisten, dass die gesetzlichen Vorgaben im Bereich Recycling eingehalten werden können. 3/6 Empfehlungen 2. Verankerung der Wirkungseffizienz bei stofflicher Verwertung (Art. 30d) Art. 30d Verwertung 1 Abfälle müssen stofflich verwertet werden, wenn a. dies nach dem Stand der Technik möglich ist; b. für die Unternehmen wirtschaftlich tragbar ist; c. die Verwertung wirkungseffizient ist; und d. die Sekundärrohstoffe aus der Verwertung dem Verwendungszweck entsprechende Qualitätsansprüche erfüllen und am Markt nachgefragt werden; 1bis Die Verwertung der Abfälle muss dabei die Umwelt weniger belasten als eine andere Entsorgung oder die Herstellung neuer Produkte. … 3 Besteht die Pflicht zur stofflichen Verwertung nicht Erfolgt keine stoffliche Verwertung, so müssen die brennbaren Anteile der Abfälle energetisch verwertet werden, wenn dies technisch möglich und wirtschaftlich tragbar ist sowie die Umwelt weniger belastet als eine andere Entsorgung. 4 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über die Verwertung von Abfällen, wenn dies aufgrund der Höhe der anfallenden Abfallmenge oder aus ökologischer Sicht geboten ist. Er berücksichtigt dabei auch die Rohstoff- und Energieeffizienz sowie das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen. 5 Er kann die Verwendung … einschränken, wenn dadurch der Absatz von entsprechenden Produkten aus der Abfallverwertung gefördert wird, dies ökologische Vorteile mit sich bringt, wirtschaftlich tragbar ist und ohne Qualitätseinbussen möglich ist. Begründung Der stofflichen Verwertung ist grundsätzlich Vorrang vor der energetischen Verwertung einzuräumen. Denn damit können Stoff-Kreisläufe geschlossen werden. Die Priorisierung der stofflichen Verwertung muss nach klaren Kriterien erfolgen – mit der Neuformulierung wird diesem Umstand besser Rechnung getragen. Massnahmen zur stofflichen Verwertung sind dann vorzuziehen, wenn dies nach dem Stand der Technik möglich, für die Unternehmen wirtschaftlich tragbar und einen echten ökologischen Mehrwert bringt. Die Bedingung der Wirkungseffizienz stellt sicher, dass diejenigen Massnahmen ergriffen werden, bei denen der ökologische Nutzen im bestmöglichen Verhältnis zum (technischen und wirtschaftlichen) Aufwand steht. Anders gesagt: Ist der Aufwand der getrennten Sammlung und Verwertung deutlich grösser als deren ökologischer Nutzen, sind andere wirkungseffizientere Massnahmen zur Schonung der Ressourcen zu ergreifen. Die IG DHS versteht unter energetische Verwertung den Einsatz der Abfälle als Ersatzbrennstoff in der Industrie oder die Energiegewinnung in Kehrichtverbrennungsanlagen oder anderen bewilligten Anlagen. Beispiel Das Recycling von Getränkekartons oder Kunststoff-Gemischtsammlungen aus Haushalten (inkl. verschmutzter Folien und Schalen) ist zurzeit nicht wirkungs- und ökoeffizient, da wesentliche Bestandteile letztlich doch verbrannt werden. 4/6 3. Keine vorgezogene Entsorgungsgebühr zur Finanzierung von Verwaltungsaufgaben (Art. 32abis) Art. 32abis Vorgezogene Entsorgungsgebühr 1 Der Bundesrat kann Hersteller und Importeure, welche Produkte in Verkehr bringen, die nach Gebrauch bei zahlreichen Inhabern als Abfälle anfallen und besonders behandelt werden müssen oder zur Verwertung geeignet sind, verpflichten, einer vom Bund beauftragten und beaufsichtigten privaten Organisation eine vorgezogene Entsorgungsgebühr zu entrichten. Der Ertrag aus der vorgezogenen Entsorgungsgebühr wird einschliesslich Zinsen und nach Abzug der Vollzugskosten für die Finanzierung der Entsorgung der Abfälle durch Private oder öffentlich rechtliche Körperschaften verwendet. Begründung Die IG DHS anerkennt die hoheitliche Aufgabe des Bundes in Bezug auf die Aufsichtspflicht bei der Entsorgung von Abfällen. Vorgezogene Entsorgungsgebühren (VEG) sind zweckgebunden. Sie sind nicht zur Deckung von Vollzugskosten gedacht, sondern zur Finanzierung der eigentlichen Entsorgung der entsprechenden Abfallfraktion. Vollzugskosten sind mit allgemeinen Staatsmittel zu finanzieren. Dient die VEG auch zur Deckung der Vollzugskosten, fällt sie höher aus. Sie verteuert im Auge der Kunden die betroffenen Produkte und schwächt die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Detailhandels gegenüber den Konkurrenten im grenznahen Ausland. Die Finanzierung der Vollzugskosten durch die VEG führt zu einer Verteuerung der Abfallfraktion, auf die eine VEG erhoben wird (z. B. Glas). Dies entspricht einer Diskriminierung dieser Fraktionen gegenüber denjenigen, die durch einen vorgezogenen Recyclingbeitrag (VRB) privatwirtschaftlich und auf freiwilliger Basis geregelt sind (z.B. PET oder Alu). 5/6 4. Anforderungen an das Inverkehrbringen ökologisch kritischer Rohstoffe und Produkte (Art. 35f) Art. 35f Inverkehrbringen von ökologisch kritischen Rohstoffen und Produkten und Berichterstattung … 2 Er kann im Einklang mit internationalen anerkannten Standards an das Inverkehrbringen von ökologisch kritischen Rohstoffen und Produkten Anforderungen stellen oder das Inverkehrbringen verbieten, wenn deren An- oder Abbau oder die Herstellung die Umwelt erheblich belastet. … Begründung Die IG DHS begrüsst, dass Anforderungen an das Inverkehrbringen von Rohstoffen und Produkten gestellt werden können – dies jeweils im Einklang mit international anerkannten Standards und Vorschriften. Dabei dürfen jedoch nur solche Rohstoffe und Produkte eingeschränkt werden, deren Umweltauswirkungen ökologisch kritisch und wissenschaftlich erwiesen sind. Es gibt einige Rohstoffe und Produkte, welche ökologisch bedeutend sind, jedoch in der Schweiz nicht als kritisch einzustufen sind (z. B. Milch, Fleisch aus der Schweiz oder Weizen oder Zucker aus Zuckerrüben). Die IG DHS ist der Auffassung, dass die ökologisch kritischen Rohstoffe auf Verordnungsebene und unter Einbezug der Plattform grüne Wirtschaft zu definieren sind. Von einer abschliessenden Regulierung im Gesetz ist abzusehen, da sich die Voraussetzungen im Verlaufe der Zeit ändern können und damit die notwendige Flexibilität fehlt. Soll durch das Parlament dennoch eine abschliessende Liste von ökologisch kritischen Rohstoffen und Produkten im USG festgelegt werden, dann erachtet die IG DHS, nebst Holz, folgende als ökologisch kritisch: Papier; Torf und torfhaltige Erden; Soja; Palmöl; Fische und Meeresfrüchte, Kaffee; Kakao; Baumwolle. Um den z. T. unterschiedlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz gerecht zu werden, soll es möglich sein, in gut begründeten Ausnahmefällen, eine internationale Vorschrift nicht übernehmen zu müssen oder weitergehende Regelungen einzuführen (z.B. Verbot von Torf). Diese sollen von der Wirtschaft z.B. via Plattform "Grüne Wirtschaft" angestossen werden. 6/6