1 Einleitung

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1 EINLEITUNG
5
1.1 Allgemein
5
1.2 Die tumorspezifische Zelloberfläche im Blickpunkt für einen therapeutischen Ansatz 5
1.2.1 Kohlenhydrate
5
1.2.2 Lectine
8
1.2.3 Kohlenhydrat-Lectin-Interaktion
11
1.2.4 Die Bedeutung der Kohlenhydrat-Lectin Interaktion in der Tumorbiologie
14
1.3 Glycomimetika
25
1.4 Rationales Design mittels Molecular Modeling
29
1.4.1 Einleitung
29
1.4.2 Molecular Modeling
30
1.5 Drug Targeting- Konzept
33
1.5.1 Definition Drug Targeting
33
1.5.2 Definition Glycotargeting
34
1.5.3 Endogene Lectine als Drug Target
34
1.6 Anticancer Vakzine
35
2 ARBEITSHINTERGRUND UND ZIELSETZUNG
40
3 ERGEBNISSE
42
3.1 Synthese
42
3.1.1 Chemische Methoden der O-Glycosidierung
42
3.1.2 Diels-Alder (DA) Reaktion
44
3.1.3 Biotinylierte DA-Mimetika
46
3.1.3.1 Glycosidierung der Furan-Bausteine
46
3.1.3.2 Darstellung von biotinylierten DA-Mimetika
47
3.1.4 Synthese von 1, 3, 5 Trishydroxymethylcyclohexan- Mimetika (TMC)
49
3.2 Biologische Untersuchungen
51
3.2.1 Biotinylierte Oligsaccharidmimetika als diagnostische Werkzeuge
51
3.2.1.1 Einleitung
51
3.2.1.2 Evaluierung des diagnostischen Potentials der Kohlenhydratmimtika über die
Fluoreszenzfärbung
52
3.2.2 Fluoreszenzfärbung histologischer Schnitte am Colon-Tumor und –Normalgeweben
60
3.2.3 Adhäsionsassay von TMC-Galactosiden und Furan-Galactosiden
an B16F1 und B16F10Zellen
61
3.2.4 Invasionsassay in Boydens Invasionskammern
66
3.2.5 MMP Aktivitätsmessung über Zymogramm
68
3.2.6 Untersuchung auf Tyrosin-Phosphat
69
3.3 Molecular Modeling: 2-D Struktur-Aktivität-Studie
71
4 DISKUSSION UND AUSBLICK
81
5 ZUSAMMENFASSUNG
98
6 EXPERIMENTELLER TEIL
101
6.1 Materialien und Methoden
101
6.1.1 Materialien zur chemische Synthese und Analytik
101
6.1.2 Materialien und Methoden für die Zellkultur
103
6.1.2.1 Routine-Zellkultur
103
6.1.2.2 Fluoreszenzfärbung von adhärent wachsenden Zellen
105
6.1.2.3 Fluoreszenzfärbung von Schnitten aus Colontumor und Normalgewebe
106
6.1.2.4 Adhäsionsassay an extrazellulärem Matrix-Protein Fibronectin
106
6.1.2.5 Invasion-Assay in der Boyden-Kammer (semi-in vivo-Assay)
107
6.1.2.6 MMP-2 Protease Aktivitätsmessung am Zymogramm
108
6.1.2.7 Messung der Tyrosin-Phosphatase Aktivität von SKOV-3 Zellen
109
a. Proteinbestimmung nach Lowry im Mikromaßstab
109
b. SDS-Polyacrylamid-Gelektrophorese nach Laemmli (1970)
109
c. Färbung mit Coomassie
111
d. Western-(Protein-) Blotting
111
e. Immundetektion auf Proteinblots-Untersuchung auf Tyrosin-Phosphat
112
6.2 Synthesevorschriften
113
7 LITERATURVERZEICHNIS
124
8 VERÖFFENTLICHUNGEN
137
Abkürzungsverzeichnis
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ad
ABA
°C
δ
BSA
Bz
CRD
Cy
DAPI
DA
DC
DMEM
DMF
DMSO
EDTA
EE
ESI
FCS
FITC
Fuc
Gal
GalNAc
GlcNAc
GSL
Hepes
HPLC
J
KDa
KG
M
mAb
m/z
Me
mg
ml
mmol
mM
MS
µmol
µl
NHS
NMR
p.a.
PBS
PE
Rf
RT
SC
Auffüllen auf
Acrylamid-Bisacrylamid
Grad Celsius
Chemische Verschiebung in ppm (parts per million)
Bovine serum albumin
BenzoylCarbohydrate Recognition Domain
Cyclohexan
4´, 6-Diamidino-2-Phenylindol
Diels-Alder
Dünnschichtchromatographie
Dulbecco´s Modified Eagle´s Medium
Dimethylforamid
Dimethylsulfoxid
Ethylendiamintetraessigsäure
Essigsäureethylester (Ethylacetat)
Electrospray Ionisation
Fötales Kälberserum
Fluorescein Isothiocyanat
Fucose
Galactose
N-Acetylgalactosamin
N-Acetylglucosamin
Glycosphingolipid
N-[2-Hydroxyethyl]piperazin-N´-[2-ethansulfonsäure]
High performance liquid chromatography
Kopplungskonstante in Hz
KiloDalton
Kieselgel
Molar (mol/L)
monoclonal Antibody
Masse-Ladungs-Verhältnis
Methanol
Milligramm (10-3 g)
Milliliter (10-3 l)
Millimol (10-3 mol)
Masse/Volumenprozent
Massenspektrometrie
Mikroliter (10-6 mol)
Microliter (10-6 l)
N-Hydroxysuccinimid
Nuclear Magnetic Resonance
Pro analysi
Phosphate buffered saline, isotinoscher Phosphatpuffer
Petrolether
Related to front
Raumtemperatur
Säulenchromatographie
3
Abkürzungsverzeichnis
SDS-Page
TMC
TMS
Triflat
Tris
Triton X-100
UV
Sodium Dodecyl Sulfate Poyacrylamid Gelelelectrophoresis
Trishydroxymethylcyclohexan
Trimethylsilyl
Trifluormethansulfonat
Tris-(hydroxymethyl)-aminomethan
t-Octylphenoxypolyethoxyethanol
Ultraviolett
4
Einleitung
1 Einleitung
1.1 Allgemein
Jedes Jahr erkranken weltweit mehr als zehn Millionen Menschen an Krebs- mehr
als sechs Millionen sterben daran. Allein in der Bundesrepublik liegt die Zahl der
Neuerkrankungen laut deutschem Krebsregister bei jährlich etwas 340 000
Männer und Frauen an Krebs, mehr als 210 000 sterben davon. Damit zählt
Krebs, trotz der Fortschritte, die in der medizinischen Diagnostik und Behandlung
in den vergangenen Jahrzehnten erzielt worden, sind mit den Herz-KreislaufErkrankungen zu den häufigsten Todesursachen [Krebsatlas].
Die
herkömmlichen
Behandlungsmethoden
wie
chirurgische
Eingriffe,
Chemotherapie und Bestrahlung haben sich nicht in allen Fällen als ausreichend
erwiesen, um die heterogene Krankheit Krebs zu heilen. Eine große Bandbreite
von Tumortypen können aufgrund ihrer Histologie unterschieden werden, aber
auch im Tumor selbst herrscht keine Uniformität der Zellen vor. Bei der
Entwicklung von therapeutischen Ansätzen gewinnen zellbiologische Targets
immer mehr an Bedeutung in den essentiellen Forschungsgebieten wie die
Untersuchung der Invasion, Metastasierung und der Zellmembran [Davis D,
Tanneberger S, 1983].
1.2 Die tumorspezifische Zelloberfläche im Blickpunkt für einen
therapeutischen Ansatz
1.2.1 Kohlenhydrate
Kohlenhydrate gehören neben den Lipiden, Proteinen und Nukleinsäuren zu den
vier großen Naturstoffklassen. Die klassischen Funktionen der Kohlenhydrate
wurden als Energiequelle (Glukose, Glykogen) oder als biologisches Baumaterial
(Cellulose, Chitin) verstanden, und erst in den letzten 30 Jahren konnte durch die
fortschreitende Entwicklung analytischer und synthetischer Techniken die
Funktion der Oligsaccharidstrukturen von eukaryontischen Zellen verstanden
5
Einleitung
werden. Oligosaccharidstrukturen liegen in der Natur meistens kovalent an Lipide
oder Proteine gebunden vor. Die entsprechenden Moleküle werden Glykolipide
und
Glycoproteine
genannt
und
unter
dem
Begriff
Glycokonjugate
zusammengefasst.
Abb.1.2-1 Metabolische Umwandlung von Monosacchariden in der ER und im Golgi-Apparat.
Präsentation von Oligosaccharidstrukturen auf Proteinen (und Lipiden), die in der Membran
eingebettet sind [Bertozzi CR, 2001].
Abb. 1.2-2 (links) Vereinfachte schematische Darstellung der Lipid-Doppelschicht der
Zellmembran einer eukaryontischen Zelle. Oligsaccharidstrukturen sind kovalent an Lipide und an
Proteine gebunden. Glycolipide und Glycoproteine exponieren ihre Zuckeranteile auf der
extrazellulären Seite der Plasmamembran. Der Oligosaccharidmantel einer Zelle wird als
„Glycocalix“ bezeichnet. [Lindhorst TK, 2000]
Oligosaccharidstrukturen können mit einem Protein auf zwei verschiedene
Weisen verknüpft werden: a) durch die C-1 Bindung des N-Acetylgalactosamin mit
6
Einleitung
der Hydroxyl-Gruppe des Threonins oder Serins
über eine O-glycosidische
Bindung oder b) durch die Verknüpfung von N-Acetylglucosamin am C-1 Nglycosidisch an Asparagin gebunden. Kohlenhydratedomänen von Glycoproteinen
und
–lipiden
werden
von
einer
Serie
von
Glycosyltransferasen
im
endoplasmatischen Retikulum und Golgi-Apparat synthetisiert. Des weiteren
können
Glycosidasen
Kohlenhydratbausteine
entfernen
und
damit
die
Oligosaccharidstruktur der Glycokonjugate modifizieren (s. Abb. 1.2-2).
Kohlenhydrate besitzen ein enormes Potential biologische Informationen zu
codieren,
wie der Vergleich zu Peptiden verdeutlichen lässt. Während
Nukleinsäuren und Proteine aus bifunktionellen Monomeren aufgebaut sind,
werden
Oligo-
und
Polysaccharide
aus
oligofunktionellen
Molekülen
zusammengesetzt. Diese können auf viele unterschiedliche Arten miteinander
verknüpft werden. Führt die chemische Verknüpfung zweier bifunktioneller
Peptidbausteine
zu
Monosacchariden
zwei
mögliche
sogenannte
Peptidstrukturen,
lineare,
als
auch
können
vielfach
aus
zwei
verzweigte
Oligosaccharide entstehen. Eine Hexopyranose kann an fünf verschiedenen
Hydroxygruppen mit einem anderen Zuckermolekül glycosidisch verknüpft
werden, wobei dieser Glycosylierungsschritt zwei verschiedene stereochemische
Resultate haben kann: die Ausbildung einer α- oder einer β-glycosidischen
Bindung. So lässt sich danach errechnen, dass bei der glycosidischen
Verknüpfung zwei verschiedener Hexapyranosen schon 20 mögliche Disaccharide
gebildet werden. Durch die Variation der Verknüpfungsart in Oligosacchariden
verfügt die Natur also über ein enormes Potential an struktureller Variabilität, so
dass Zucker für die molekulare Codierung biologischer Informationen geradezu
geeignet erscheint.
Die so präsentierten Glycokonjugate spielen eine wichtige Rolle in der Zell-ZellKommunikation und Zell-Matrix-Interaktionen (auch Strukturproteine wie das
Kollagen und Fibronectin sind glycosyliert). Die Glycocalix gibt jedem Zelltyp ein
spezifisches Aussehen. Das Oligosaccharidmuster einer Zelle ist auch typisch für
ihr Entwicklungsstadium und ihre Zelldifferenzierung. Auch pathologische
Veränderungen und maligne Transformationen der Zellen gehen mit oft
charakteristischen Veränderungen des Oligosaccharidmusters einher [Kobata A,
1998],
so
dass
tumorassoziierte
Oligosaccharide
7
(Tumor-Antigene)
auch
Einleitung
diagnostisch für die Testung auf Krebszellen anwendbar sind. Auch die
Blutgruppenzugehörigkeit wird von unterschiedlichen Oligosaccharidmustern auf
den Erythrozytenoberflächen eines Individuums bestimmt. Die Blutgruppen A und
B unterscheiden sich in den zugrundeliegenden Saccharidstrukturen. Es gibt noch
zahlreiche Beispiele, die die bedeutende Rolle von Oligosaccharidstrukturen von
Glycokonjugaten
als
Markermoleküle
bei
Zell-Zell-
und
Zell-Matrix-
Erkennungsprozessen unterstreichen:
Biologisches Ereignis
Infektion
Fertilisation
Entzündung (Leukozyten Rekrutierung)
Metastasierung
Kohlenhydrat-Liganden
auf
Gastzelle
Eier
Leukozyten, Endothelzellen
Zielorganen, maligne Zellen
Lectin-Rezeptoren auf
Mikroorganismen
Spermien
Endothelzellen,
Leukozyten
Maligne Zellen, Zielorgan
(wahrscheinlich)
Tab. 1 Wichtige biologische Erkennungsprozesse werden über Kohlenhydrat-Lectin-Interaktionen
vermittelt
1.2.2 Lectine
Proteine, die selektiv und spezifisch an Zuckerstrukturen binden, um die in ihnen
gespeicherte Information zu decodieren, nennt man Lectine (Lateinisch: legere=
wählen). Diese heterogene Proteinklasse [Gabius HJ, 1997] besitzt keine
enzymatische Aktivität und unterscheidet sich von Immunglobulinen (Antikörper),
die auch Zuckerstrukturen binden können. Die Fähigkeit von pflanzlichen Lectinen
an Zucker zu binden und Aggregation zu induzieren ist schon seit Jahrhunderten
bekannt. Jedoch erst 1960 als Peter Nowel ein Lectin mit dem Namen PHA
(Phytohaemagglutinin) aus der Red Kidney-Bohne isolierte, die die Proliferation
von peripheren Lymphozyten induzierte, begann eine intensive Forschung auf
diesem Gebiet, der viele Aspekte der Zellbiologie eröffnete. Ursprünglich kannte
man Lectine nur aus dem Pflanzenreich, später entdeckte man auch tierische endogene- Lectine (bei Mikroorganismen, Insekten und Menschen). Die Menge an
Daten über endogene Lectine wächst von Jahr zu Jahr. Die wichtige Entdeckung
des ersten Säugerlectins und seiner Interaktion mit Oligosaccharidstrukturen von
Glycokonjugaten stammt aus den Siebziger Jahren. Endogene Lectine zeigen
8
Einleitung
keine Homologien zu pflanzlichen Lectinen. Damals zeigten Ashwell und Morell,
dass Sialoglycoproteine des Blutplasmas nach enzymatischer Desialylierung mit
Neuraminidase
terminale
Galactose
präsentierte,
die
dann
vom
Asialoglycoprotein-Rezeptor der Leberzellen erkannt wurde [Ashwell G, Harford J
1982]. Dieser Prozess erklärt den Mechanismus der Eliminierung alter
Glycoproteine aus dem Blutkreislauf. Allgemein sind Lectine oligomere Proteine,
die
ein
bis
mehrere
Kohlenhydrat
erkennende
Domänen
oder
CRDs
(Carbohydrate Recognition Domaine) in ihrem Molekül aufweisen. Aufgrund von
Gemeinsamkeiten ihrer CRD Primärstruktur werden sie in C-, S-, P- und I-TypLectine kategorisiert. Lectine eines Typs zeigen in der kohlenhydratbindenden
Domäne (CRD) eine hohe Homologie der Aminosäuresequenz. Die CRD umfasst
im Falle von C-Typ Lectinen etwa 135 Aminosäuren, beim S-Typ ist sie etwa 130
Aminosäuren lang. Die Gesamtstruktur der Lectine ist andererseits oft recht
unterschiedlich und eher spezifisch für bestimmte Organe, Gewebe oder Spezies.
C-Typ-Lectine
Die Klasse der C-Typ-Lectine sind Ca2+ abhängig. Die C-Typ Lectine liegen
entweder membrangebunden oder sezerniert vor. C-Typ Lectine haben eine oder
mehrere CRDs und man hat nach heutigem Stand um die 50 endogene C-TypLectine identifiziert. Alle besitzen eine Ca
2+
abhängige Bindungsdomäne und ein
hydrophobes Zentrum.
•
Collectin –Familie: Mannose bindende Proteine (MBP)
•
Mannose-Rezeptor
(MR):
Phospholipase
A2
(PLA2),
Dendritischer
Zellrezeptor (DEC-205), MP-multi -Lectin Rezeptor
•
L-, E-, P-Selectine
Galectine
Diese Lectin-Klasse ist Ca
2+
unabhängig und gehört zu der Klasse der S-Typ-
Lectine. Bis dato sind 10 Galectine identifiziert worden. Sie haben gemein, dass
sie N-Acetylactosamine (Galβ1-nGlcNAc-R) primär über die Erkennung der β-Gal
Einheit, binden. Die CRDs der Galectine sind hauptsächlich von drei Exons
9
Einleitung
codiert, die ~20 - 40% Homologie aufweisen. Basierend auf ihrer CRD-Struktur
unterteilt man Galectine in drei Gruppen:
Galectin-1, -2, -5, -7,-10 besitzen nur eine CRD. Galectin-4, -6, -8, -9 bestehen
aus sich zwei tandem-wiederholenden CRD Typen. Galectin-3 ist ein
Abb. 1.2-3 Darstellung von C-Typ Säugerzelllectine. Repräsentative Strukturen von drei Gruppen
von Membran-assoziierten Lectinen: Gruppe II, das Hühnerleber Lectin (homolog zum Mammalian
Asialoglycoprotein Rezeptor); Gruppe IV, Selectin Zelladhäsion Molekül; und Gruppe VI,
Makrophage Mannose Rezeptor. Group III Lectine (Collectine), wie Mannose-bindende Proteine,
die in extrazellulärer Flüssigkeit zu finden sind. Group I CRD-besitzende Proteine wie
Proteoglycane der extrazellulären Matrix. Andere Domäne dieser Moleküle schließen den EGF,
epidermal growth factor-like repeats; CR, complement regulatory domains; FN-II, fibronectin type II
repeats; COL, collagen-like sequences, GAG, glycosamino-glycan attachment sites; and HA,
hyaluronic acid-binding domains mit ein [Weis, WI et al., 1992].
chimärer Typ und besitzt die terminale COOH-Gruppe am CRD, ein Amino Ende
mit 12 asscelatorischen Resten und eine kollagenartige Domäne bestehend aus
sich wiederholenden Sequenzen von Pro-Gly-Tyr. Galectine existieren sowohl
intra- als auch extrazellulär und werden von der Zelle auch in löslicher Form
sezerniert. Galectine sind involviert in verschiedenen Prozessen wie Zelladhäsion,
Zellwachstumsregulation, Apoptose, Entzündung, Immunreaktion, Embryogenese,
Angiogenese und Metastasierung [Perillo NL et al., 1998, Barondes SH et al.,
1994, Rabinovich GA 1999, Cooper DN und Barondes SH, 1999, Nangia-Makker
P, 2000].
10
Einleitung
P-Typ Lectine
Lectine des T-Typs binden hauptsächlich an Monnose-6-Phosphate. Zu dieser
Gruppe gehören die beiden transmembranen Mannose-6-phosphat Rezeptoren.
Der 300 kDa Rezeptoren, der kationenunabhängig bindet, kommt als Monomer im
Trans-Golgi-Netzwerk und an der Plasmamembran vor. Der 45 kDa Rezeptor
bindet kationenabhängig und befindet sich lediglich im Trans-Golgi-Netzwerk.
I-Typ Lectine
Lectine des I-Typs zeichnen sich durch eine variable Anzahl extrazellulärer
Domänen
aus,
die
Immunglobulinen
sehr
ähnlich
sind.
Sie
sind
an
Adhäsionsprozessen beteiligt und binden an saure Oligosaccharide. Bedeutende
Vertreter dieser Klasse sind die ICAM (intracellular adhesion molecules). Zu den ITyp Lectinen zählt auch die Gruppe der Sialinsäure bindenden Siglecs. Als
Vertreter dieser Gruppe wäre das Myelin-assoziierte Glycoprotein (MAG) zu
nennen [Powell LD und Varki A, 1995].
1.2.3 Kohlenhydrat-Lectin-Interaktion
Der Informationstransfer in zellulären Systemen erfolgt auf molekularer Ebene
vielfach über Oligosaccharid – Protein- Wechselwirkungen. Oligosaccharide
besitzen wie schon in Abschnitt „Kohlenhydrate“ erwähnt aufgrund ihrer
strukturellen Besonderheiten eine den Proteinen und Nucleinsäuren überlegene
Speicherkapazität für biologische Informationen [Rüdiger H et al., 2000]. Als
Rezeptoren
stehen
Kohlenhydrat-Lectin
den
Oligosacchariden
Wechselwirkungen
die
bilden
Lectine
die
gegenüber.
Die
molekularbiologische
Grundlage für zahlreiche normale und pathologische Erkennungsprozesse wie
zum Beispiel bei Zelladhäsionsvorgängen [Varki A, 1993]. So bindet der InfluenzaVirus
über
viruseigene
Lectine,
die
Hämagglutinine,
an
terminale
Sialinsäureeinheiten von Memranglycoproteinen und ermöglicht so die Invasion in
die Wirtszellen [Colman PM et al., 1983; Burmeister WP et al., 1992].
11
Einleitung
Abb.1.2-4
Oberflächen
Oligosaccharidstrukturen sind als
Erkennungsstrukturen an vielen
biologischen Prozessen beteiligt.
Die
Wechselwirkungen
zwischen Oligosacchariden und
Lectinen sind sehr spezifisch und
stellen meistens Initialschritte
für weitere Signalübertragungen
dar, die im nächsten Schritt in
eine stärkere Protein-ProteinBindung übergehen.
[Wong CH, Homepage]
Die Interaktionen zwischen Kohlenhydraten und Lectinen sind sehr spezifisch,
jedoch binden die meisten Kohlenhydrate den Proteinrezeptor sehr schwach und
die Assoziationskonstanten sind selten größer als 106 M-1. Aber gerade diese
schwachen, nicht-kovalenten und doch sehr spezifischen Bindungen ermöglichen
erst das sogenannte Rolling von Leukozyten entlang der Endothelzellwand bei
Entzündungsprozessen. In der Initialphase verlangsamen sich die Leukozyten
durch die Kohlenhydat - Protein (E-, P- und L-Selectine) -Interaktion. Die zweite
Phase, die in der festen Adhäsion und Ausschleusung der Leukozyten resultiert,
wird von Protein-Protein (Integrine)- Wechselwirkungen gesteuert (s Abb. 1.2-8).
Man nimmt an, dass Sialyl –Lewis-X (sLex) als Ligand für die Selectine dient. In
der Forschung dient das sLex deshalb als Referenzligand und Leitstruktur für die
Synthese von Selectinblockern, die als Entzündungshemmer dienen sollen.
12
Einleitung
Abb.1.2-5
x
-links: Beispiele für sLe
–Antagonisten. 6 hat
50 x höhere Aktivität zu
E-Selectin und 7 zeigt
3
10 x höhere Aktivität
x
zu P-Selectin als sLe .
-rechts:
Multivalente Liganden
binden A an oligomere
Rezeptoren
(Chelat
Effekt);
B
durch
Bindung am primären
und
sekundären
Bindungsstellen
vom
Rezeptor;
C
durch
resultierendes Clustern
der Rezeptor an der
Membran.
[Bertozzi
CR, Kiessling LL, 2001]
Im Zusammenhang der schon oben erwähnten Interaktion zwischen InfluenzaVirus und Wirtszelle, die sehr spezifisch über die Kohlenhydrat – Lectin –
Wechselwirkung stattfindet, ist die Bindungskonstante deutlich höher als 106 M-1
Bereich.
Diese
Beobachtung
ist
zurückzuführen
auf
multivalente
Wechselwirkungen zwischen Lectinen und Oligosaccharidstrukturen. Liegen
Saccharide des richtigen Typs in der richtigen Orientierung in multivalenter oder
geclusterter Form vor, stellt man eine Erhöhung in Affinität und Spezifität zum
korrespondierenden Proteinrezeptor fest. Diese Erhöhung ist unerwartet größer
als das, was man durch lokale Konzentrationserhöhung (statistischer Effekt)
erklären könnte. Dieses Phänomen wird als Cluster- oder Multivalenter Effekt
bezeichnet. Lee et al., 1983 zeigte das beispielhaft an den Messungen der
Bindungsaffinitäten zwischen dem Asialoglycoprotein-Lectin und synthetischen
Galactosiden. Er demonstrierte, dass ein tetraantennäres Undecasaccharid eine
10
6
M-1 größere Avidität aufwies als die korrespondierende monoantennäre
Struktur [Lee YC et al., 1983].
13
Einleitung
1.2.4 Die Bedeutung
Tumorbiologie
der
Kohlenhydrat-Lectin
Interaktion
in
der
Allgemein
Ein Tumor entsteht durch eine Mutation, die nach mindestens einer Zellteilung als
irreversibler Schaden erhalten bleibt, wenn sie vorher nicht repariert wurde
(Initiation). Die Promotion bewirkt eine Selektion und klonale Expansion
präneoplastischer Zellpopulationen, d.h. der Nachkommen initiierter Zellen. Die
Umwandlung präneoplastischer Zellen und benigner Neoplasien in maligne
Tumore, die invasive Eigenschaften aufweisen, wird als Progression bezeichnet.
Die invasive Eigenschaft ermöglicht der Zelle die Intra- und Extravasation, um sich
auf einem entfernten Organ anzusiedeln. Diesen Prozess bezeichnet man als
Metastasierung.
Abbildung 1.2-6 zeigt die relevanten Schritte in der Entwicklung von der Entartung eines benignen
Tumors zum malignen Tumors. Dabei sind neben der Initiation, Promotion die Angiogenese,
Invasion und Migration wichtige Schritte der Metastasierung und Focus für Grundlagenforschung
und klinischen Anwendungen. MMP= Matrix Metalloprotease [Coussens LM, 2002]
Den Tumor in seiner malignen Form zu bekämpfen ist immer noch eine große
Herausforderung. Die großen Schwierigkeiten liegen darin, dass die Progression
einen dynamischen Prozess darstellt bei der die Tumorzelle durch Selektion ihre
Eigenschaften kontinuierlich ändert. Krebs ist keine uniforme Erscheinung und
damit schwer therapierbar.
14
Einleitung
Kohlenhydratstrukturen und Metastasierung
Eine Vielzahl von Untersuchungen zeigten, dass der Metastasierungsprozess mit
der
Veränderung
von
Glycosylierungsprozessen
einhergeht.
Diese
Veränderungen während der Progression können dann die Selektion zu mehr
invasiven und metastasierenden Zellen steuern. Das Schema von S. Hakomori
[1996] zeigt, dass das Stadium der Invasion und Metastasierung von Cell-Social
Functions ausgeübt werden. Diese Funktionen umfassen die Zell-Zell- und ZellECM –Interaktionen (Extracellular Matrix) und werden von ZelloberflächenRezeptoren der Adhäsion/Erkennung, Hydrolasen und zum Teil von Rezeptoren
der Wachstumsfaktoren und Hormonen reguliert. Die Rezeptor Expression und
das Glycosylierungsmuster der BM (Basalmembrane) und EC (endothelial cell)
verändern sich während der Metastasierung, so dass das Durchlaufen der
verschiedenen Stadien der Metastasierung wie Adhäsion und Invasion ermöglicht
werden kann. Das Schema von Hakomori S. (Abbildung 1.1-5) zeigt, dass die
Cell-Social-Functions hauptsächlich durch Glycosylierung bestimmter Rezeptoren
kontrolliert werden. Die Glycosylierung dient als Schalter für die Aktivierung und
Deaktivierung eines Rezeptors bzw. sie ist maßgeblich an der korrekten Faltung
bzw. Struktur des Rezeptorproteins beteiligt. Wird das Glycosylierungsmuster der
Zellmembran, BM und EC verändert, können cell social functions aufgehoben
werden und zur Autonomie der Zelle führen.
Cell Social Functions
(controlled mainly by
glycosylation)
Housekeeping Functions
(controlled mainly by
phosphorylation)
Adhesion and motility
receptors, hydrolasis
Invasion
Receptors controlling
Transmembrane signaling
Tumor
growth
Metabolism, respiration
Translation,Transcription
motility, cell cycle, etc.
15
Einleitung
Abb. 1.2-7 Schematische Darstellung der Involvierung der Glycosylierung beim
Metastasierungsprozess; BM, Basalmembran; DAG, Diacylglycerol; EC, Endothelial cells; ECM,
extracellular matrix; PC, parenchymatous cells of organs; PLT, Platelet; TC, tumor
cells;GSL,Glycosphingolipid; LAMP, Lysosme associated membrane protein
1. Tumorzelle verlässt Tumorverband abhängig von der E-Cadherin-Aktivität, die wiederum
abhängig ist von der An-/Abwesenheit der ß1-6GlcNAc-Antenne. 2.TC-ECM/TC-BM-Interaktion
hängt vom zwei TC-Membran-Rezeptoren ab: Integrin, CD44. Ihre Aktivität ist abhängig vom
y
Glycosylierungsgrad. 3.LAMP-1-Aktivität wird von Poly-LacNAc + H /Le Glycosylierung gesteuert.
4. Migration und Invasion geschieht auch im Zusammenhang der Integrin-Glycosylierung. 6.
Expression von Selectin, ICAM und anderen Adhäsionsmolekülen. 7.Selectin und ICAM abhängige
x
a
Adhäsion und Extravasation von TCs werden von Sle , SLe gesteuert. 8. Kontakt mit Zielorgan:
dieser Schritt ist abhängig von der Glycosylierung verschiedener Adhäsionsmoleküle und
Kohlenhydrat-bindenden Molekülen wie CD44, Cadherin, Integrin, Galectin und GSL [Hakomori S,
1996].
16
Einleitung
Verdeutlichen lässt sich das am Beispiel der N-Glykosilierung von Integrinen. Dort
sorgt die N-Glycosylierung für die korrekte Zusammensetzung der α und β
Untereinheiten der Integrine [Chammas R und Brentani R, 1991]. Die
Überexpression von N-verknüpften multiantennären Glycanen verursachte eine
permanente
Aktivität
der
Integrine,
wodurch
die
Interaktionen
zwischen
Tumorzelle und EC oder Tumorzelle und BM unterstützt und folglich die
Intravasation in die Blutbahn erleichtert wird. Oligosaccharidstrukturen sind somit
beteiligt an Zell-Zell und Zell-ECM-Interaktionen [Opdenakker G et al., 1993;
Sharon N, 1980]. Die Zell-Glycosylierung hängt von der Expression und Funktion
verschiedener Glycosyltransferasen und Glycosidasen ab. Transfektionsversuche
mit Genen, die verschiedene Glycosyltransferasen codieren, zeigten in der Senseund Antisense Orientierung, dass eine Veränderung in der Oligosaccharidstruktur
auf Zelloberflächen das Metastasierungspotential der Tumorzelle beeinflusst.
Diesen Untersuchungen gingen Beobachtungen voraus, dass der Zuckeranteil der
Glycokonjugate (Glycolipide und Glycosphingolipide oder Glycoproteine)
von
Tumorzellen Veränderungen im Muster aufwiesen. Es gibt zwei Hauptursachen
für das veränderte Oligsaccharidmuster: Inhibierung der Kohlenhydratsynthese
oder die De Novo Synthese. In Tumoren neuroectodermalen oder epithelialen
Ursprungs wie Glioma, Melanoma und Brustkrebs hat man zum Beispiel eine
Überexpression von GD3 Gangliosiden beobachtet [Hakomori S, 1985, Zeng G et
al. 2000, Manfredi MG et al., 1999]. Ganglioside sind Sialinsäure-haltige
Glycosphingolipide, die primär auf der Plasmamembran exprimiert sind und eine
wichtige Rolle in Zellwachstum und Differenzierung spielen. Die neuesten
Untersuchungen ergaben, das GD3 Ganglioside die Produktion von VEGF
(vascular endothelial growth factor) stimulieren und somit an der Angiogenese
beteiligt sind [Koochekpour S et al., 1996].
Weitere
Analysen
von
membranverankerten
Oligosaccharidstrukturen
bei
Tumorzellen zeigten, dass vielfach eine Überexpression von großen Nverzweigten Oligosaccharidstrukturen [Dennis JW et al., 1992; Fernandes B et al.,
1991] in Brust- und Coloncarcinomen auftreten, die meistens β-1-6GlcNAc
-
verzweigte N-Glycane darstellen (tri- oder tetra- antennäre Oligosaccharide).
Verantwortlich für die Überexpression von β-1-6 verzweigten N-verknüpften
Oligosacchariden ist die erhöhte Aktivität von N-acetylglucosamyltransferase V
17
Einleitung
(GlcNAc-TV). β-1-6GlcNAc- verzweigte N-Glycane
stellen auch zusätzliche
Lactosamin-Antennen dar, die eine terminale Verknüpfung mit Sialinsäure, die
durch die erhöhte Aktivität der Sialyltransferase promoviert wird, ermöglichen.
Folglich lässt sich so der erhöhter Gehalt an Sialinsäure auf der Zelloberfläche
beim Coloncarzinom strukturell erklären. Die Sialinsäure als Indikator für die
Bestimmung des Metastasierungspotentials von humanen Coloncarzinomzellen
ist seit langem bekannt [Morgenthaler J et al. 1990, Harvey BE und Thomas P,
1993, Kijima-Suda I et al., 1986]. Einige Sialoglycokonjugate haben das Konzept
der Carzinom assoziierten Sialin-Expression am Beispiel vom α2,6GalNAc
Dissaccharid, auch bekannt als sialyl-Tn Antigen, verifiziert. Dieses Antigen kann
als
Prognose- Indikator durch immunhistochemische Methoden mit dem
monoklonalen Antikörper TKH2 genutzt werden. Es ist dabei wichtig zu erwähnen,
dass sialyl-Tn Antigen auch auf Normal- Colon Epithelium exprimiert ist, aber
hierbei ist die Sialinsäure O-acetyliert und kann somit nicht vom monoklonalem
Antikörper TKH2 detektiert werden. Auch die Veränderung in der Expression von
Antigenen der Histo-Blutgruppe ABO und Lewis-Gruppen ist ein häufig
beobachtetes Phänomen bei verschiedenen malignen Tumoren [Hakomori S,
1989]. Eine Reduktion oder ein komplettes Fehlen von A- und B-Antigenen der
Histo-Blutgruppe wurden bei einigen humanen malignen Carcinomen wie Lunge
und Blasenkarzinomen beobachtet [Mandel U et al. 1992; Orntoft TF, 1992; Lee
JS et al., 1991; Yuan M et al., 1985]. Des weiteren zeigten Matsumoto, dass der
Verlust von A und B Kohlenhydratstrukturen mit einer schlechten Prognose für
Lungenkrebspatienten korrelierte [Matsumoto H et al. 1993]. Man nimmt an, dass
eine reduzierte Expression von A und B-Kohlenhydratstrukturen mit höherem
Invasions-und Metastasierungspotential der Tumorzellen einhergeht. Für eine
Erklärung auf molekularer Ebene sorgte Ishikawa [Ishikawa D et al. 1998]. Er
transfizierte Colonkarzinomzellen mit cDNAs der Transferasen der Blutgruppe A
oder B und stellte eine stark reduzierte Motilität im Matrigel-Invasionsassay fest.
Die Motilität wird größtenteils kontrolliert durch α3, α6, und β1 Integrine. Er
vermutet daher, dass der Status der A und B Glycosylierung der Integrine Einfluss
auf das Invasionspotential hat. Auch Chammas R et al., 1991 zeigten, dass die
korrekte Ausübung der Integrin-Funktion nur durch N-Glycosylierung der Integrine
18
Einleitung
stattfinden kann, denn die Glycosylierung gewährleistet die korrekte Faltung der αund β- Untereinheiten der Integrine [Hakomori S, 1996].
Auch die Antigene Lex, Ley (Lewis-Blutgruppe) sialyliert oder nicht, stehen im
Blickpunkt der Krebsforschung . Man nimmt an, dass sie die Liganden für
endogene C-Typ Lectine (Selectine) sind [Oriol R et al., 1986]. Diese Interaktionen
spielen bei Entzündungsprozessen eine wichtige Rolle.
Abb. 1.2-8 Schematische Darstellung des Entzündungsprozesses. Normalerweise bewegen sich
die Leukozyten schnell im vaskularen Strom der Blutgefäße, ohne dass eine Wechselwirkung mit
dem Endothel stattfindet. Durch Wechselwirkungen von Kohlenhydratabschnitten in
Glycokonjugaten mit Selectinen kommt es zur Verlangsamung, dem sogenannten „Rolling“ von
Leukozyten. Danach wird die feste Anheftung der Leukozyten durch Protein-Protein
Wechselwirkungen möglicht, die durch die Interaktion aktivierter Leukozyten-Integrine mit dem
Counter-Rezeptor ICAM-1 auf dem Endothel zustande kommt. Es kommt zum Stop und zur
Durchtritt der Leukozyten in die Blutbahn [Lindhorst, 2000].
Leukozyten, die auf ihrer Zelloberfläche sLex exprimiert haben treten in
Wechselwirkung mit den Selectinen der Endothelzellwand und die anschließende
Extravasation wird durch Protein-Protein-Wechselwirkung vermittelt. Integrine auf
den Leukozyten binden dabei an ICAM (intercellular adhesion molecules) auf den
Endothelzellen. Man nimmt an, dass diese entzündungssteuernden Moleküle
auch beim Metastasierungsprozess eine Rolle spielen, um die Intra- und
Extravasation von Tumorzellen zu ermöglichen. So stellte sich heraus, dass
Patienten mit Colonkarzinom und gleichzeitig hohem sLex (sialyl Lewisx)
Expressionslevel eine schlechte Prognose hatten. Zusammengefasst deuten die
Daten darauf hin, dass maligne Transformation oft mit Veränderungen der
Zelloberflächen Oligosaccharidstrukturen korreliert. Die vielfach beobachtete
Assoziation mit der Veränderung des Glycosylierungsmusters auf Tumorzellen
(schon im frühem Stadium) und der Überlebensrate der Patienten zeigt, dass das
Glycosylierungsmuster eine wichtige Rolle in der Tumorprogression einnimmt und
die Richtung in mehr maligne Phänotypen dirigiert.
19
Einleitung
Lectine und Metastasierung
Zunehmend gibt es Hinweise darauf, dass Lectine eine Rolle in verschiedenen
biologischen Prozessen spielen, wie bei der Zellproliferation, Apoptose,
Zelladhäsion,
im
Immunsystem,
beim
Tumorwachstum
und
bei
Metastasierungsprozessen.
x
a
y
Die Überexpression von sLe , sLe und Le in der Mehrheit der humanen
Carcinomen von Colon, Blase, Brust und Lunge, veranlassten Untersuchungen zu
ihren korrespondierenden Rezeptoren. Da sLex und sLea Selectin-Liganden (P-,
E-,
L-Selectin)
sind,
die
bei
Entzündungsprozessen
miteinander
in
Wechselwirkung treten, sind viele Untersuchungen zum Expressionsmuster von
P-, E- und L-Selectinen bei der Metastasierung gemacht worden. So zeigten
metastasierende Zellen des Lungen-Adenocarcinoms HAL-8Luc und die Zelllinie
x
a
H-59, die sLe und sLe überexprimieren, auch gleichzeitig eine hohe Adhäsion an
E-Selectin [Brodt P et al., 1997]. Diese Adhäsion konnte sowohl mit anti-ESelectin mAb (monoclonal Antibody)
x
als auch mit mAb gegen sLe blockiert
werden [Martin- Satue M et al., 1998]. Normale Endothelzellen exprimieren einen
sehr geringen oder keinen detektierbaren Level an E- und P-Selectin. Diese
Beobachtungen weisen darauf hin, dass nur bei Inokulation mit HAL-8Luc und H59 Zellen die E-Selectin Expression am Endothelium induziert wird und somit zur
Erhöhung des Metastasierungspotentials beiträgt [Brodt P et al., 1997]. Die
Begründung liegt vielleicht darin, dass die Produktion von IL-1 (Interleukin-1)
und/oder TNF (Tumor Nekrose Faktor), die fähig sind, P- und E-Selectin auf
Endothelzellen
hochzuregulieren,
durch
die
Tumorzellen
angeregt
wird.
Tatsächlich hat man bei der Inokulation (in die Milz / portal) von H-59- und B16F1
Zellen, die in die Leber metastasieren eine höhere Konzentration von IL-1 und
TNF in der Leber gemessen [Khatib AM et al., 1999]. Diese Studien
unterstreichen, dass Tumorzellen den E-Selectin-Level auf Endothelzellen
erhöhen können und dass diese Fähigkeit mit dem Metastasierungspotential
korreliert. Des weiteren wirkte lösliches E-Selectin als Inhibitor für die Kolonisation
der Lunge durch HT-29-Zellen (Colonkarzinomzellen). Interessanterweise besaß
nur lösliches E-Selectin Anti-Metastasierungseffekte , aber nicht lösliches LSelectin, für das HT-29-Zellen auch Liganden besitzt. P-Selectin ist auf
Blutplättchen und Endothelzellen [Varki A, 1994] und auf verschiedenen humanen
20
Einleitung
Tumoren exprimiert [Stone JP et al., 1993]. Die Möglichkeit, dass P-Selectin eine
Rolle im Metastasierungsprozess spielen könnte zeigte Kim [Kim YJ et al., 1998].
RAG Mäuse mit T- und B-Lymphozyten- Defizienz, aber NK Zell (natural killer cell)
-Aktivität können normalerweise transplantierte Tumorzellen nicht abstoßen und
entwickeln progressiv wachsenden Tumor. Handelt es sich bei den RAG-/Mäusen jedoch um P-Selectin knock-out Mäuse, entwickelten nur noch 2 von 9
dieser Mäuse (RAG - /-, P-Selectin -/-) einen Tumor. Diese Ergebnisse
implizieren, dass P-Selectin die Metastasierung fördert. Bei RAG-/-, P-Selectin +/+
Mäusen hat man des weiteren beobachten können, dass die Tumorzellen mit den
durch Thrombin aktivierten Blutplättchen aggregierten, jedoch die P-Selectin
defizienten Mäuse keine rosettenförmige Aggregation der Tumorzellen zeigten.
Die
immunohistochemische
Analyse
von
Lungengewebeschnitten
nach
Inokulation von LS180 Zellen ergab, dass der größte Teil der Tumorzellen
komplett mit Blutplättchen bedeckt waren. Tumorzellen, die in den Blutstrom
gelangen reagieren mit verschiedenen zell- und nicht-zell-Bestandteilen des
Blutes und können dabei das Koagulationssystem aktivieren. Dies könnte dann zu
Tumor Mikroembolien führen, die eine Disposition in entfernte Organe und die
Formierung von Metastasen erleichtern [Gasic GJ et al., 1986]. Außerdem
vermutet man, dass die Blutplättchen durch die Interaktion ihres P-Selectins mit
den Liganden auf der Tumorzelle eine schützende Hülle um die Tumorzelle bilden
und diese somit von NK-Zellen nicht erkannt werden. Mit dieser Taktik
entkommen Tumorzellen dem Immunsystem. Auf diese Vermutungen basierend
werden schon viele Anti-koagulierende Substanzen wie Heparin oder Warfarin
eingesetzt, die die Metastasierung erkennbar inhibieren [Gorelik E et al., 1984;
1987].
Auch die Funktion von Galectinen bei Zell-Zell, Zell-ECM-Interaktionen und
Zellmigration
gewinnt
mehr
Metastasierungsprozessen.
und
mehr
Galectin-3
an
bindet
zentraler
Laminin,
Bedeutung
bei
carcinoembryonale
Antigene und Fc Rezeptoren für IgE. [Perillo NL et al., 1997; Ohannesian DW et
al., 1995; Zhou Q und Cummmings RD, 1993]. Galectine sind auf normalen Zellen
und auf der ECM zu finden. Auch maligne Zellen exprimieren Galectine. Des
weiteren sind sie auch in löslicher Form bekannt. Maligne Zellen sind wie schon
erwähnt gekennzeichnet durch die veränderte Oligosaccharidstruktur auf der
21
Einleitung
Zellmembran, aber auch in der veränderten Expression von Galectinen [Raz A
und Lotan R, 1987]. Erhöhte Expression von Galectin-3 korreliert mit
neoplastischer Progression bei einigen Krebsarten in Kopf, Nacken und ZNS
(Zentrales Nervensystem) [Schoeppner HL et al., 1995, Gillenwater A et al., 1996,
Bresalier RS et al., 1997]. Die Veränderung in der Galectin-3 Expression hat einen
Effekt auf die Interaktion zwischen korrespondierenden Liganden der normalen
Zellen und Tumorzellen und auf die Fähigkeit der Tumorzelle, lokal zu wachsen
und in verschiedene Organen zu metastasieren. Diese Vermutung wurde
unterstützt durch Gen-Transfektionsexperimente. Gering metastasierende Colon
Krebszellen (LS174T) wurden mit Galectin-3 cDNA transfiziert. Bei Inokulation
dieser
Zellen
in
Nacktmäuse
beobachtete
man
ein
höheres
Metastasierungspotential dieser Zellen [Bresalier RS et al., 1998]. Eine andere
Untersuchung zeigte, dass drei von fünf humanen Brustkrebs Zelllinien, die in
Nacktmäusen wachsen konnten, auch Galectin-3 exprimierten, wohingegen die
zwei Zelllinien, die nicht in Nacktmäusen wuchsen, kein Galectin-3 exprimierten.
Als Kontrolle transfizierte man diese zwei Zelllinien mit Galectin-3 cDNA, die dann
proliferierten. Ein Klon besaß sogar das Potential, in Nacktmäusen nicht nur zu
wachsen, sondern auch in deren Lymphknoten zu metastasieren. [Nangia-Makker
P et al., 1997]. Diese Ergebnisse lieferten somit weitere Beweise für die wichtige
Rolle von Galectin-3 bei der Metastasierung. Weitere Untersuchungen bestätigten
den Zusammenhang zwischen Überexpression von Galectin-3 und erhöhtem
Metastasierungspotential, das gleichzeitig die Bildung von heterotypischen und
homotypischen Zellaggregaten und erhöhtem Invasionspotential einschließt [Raz
A und Lotan R, 1987, Raz A et al., 1989, Raz et al., 1990, Meromsky L et al.
1986]. Man vermutet, dass transfiziertes Galectin-3 anti-apoptotische Effekte
induziert. In Experimenten wurde demonstriert, dass die Expression von Galectin3 bei Brustcarcinomzellen BT549, die, durch Cisplatin induzierte Apoptose
inhibierte, ohne dabei den Expressionslevel der Pro-apoptotischen Familie der
BCL2 Proteine (BAX, BCL-X) zu verändern. Dadurch werden optimale
Bedingungen
für
das
Überleben
von
Tumorzellen,
Proliferation
und
Metastasierung geschaffen [Akahani S et al., 1997]. Des weiteren zeigten
Galectin-3 transfizierte Zellen eine verstärkte Adhäsion an Laminin und Kollagen
Typ IV mit einem gleichzeitig höheren Invasionspotential durch Matrigel
22
Einleitung
(synthetische ECM) [Warfield PR et al., 1997, Le Marer N und Hughes RC, 1996,
Cooper DN und Barondes SH, 1999, Barondes SH et al., 1994]. Die Ursache liegt
wahrscheinlich in der erhöhten Interaktion zwischen Galectin-3 mit seinem
natürlichen Liganden.
Galectin-1 kann Laminin, Fibronectin, CD43, CD45 an T Lymphozyten und βLactosamin enthaltenden Glycolipiden binden, jedoch wurde bis dato keine
Korrelation zwischen Galectin-1 und Kanzerogenität gefunden.
Die
Interaktionen
zwischen
Lectinen und Zuckern bei der
Zelle
Metastasierung können von zwei
Seiten beleuchtet werden. Zum
einen können tumorassoziierte
Lectine mit dem KohlenhydratAnteil der Glycokonjugate, die
auf normalen Zellen und auf der
ECM
Abb.1.2-9 Schematische Darstellung zeigt die
möglichen Interaktionen zwischen (Tumor-) Zellen,
Zelle und ECM via Proteinen/Lectinen und
Oligosacchariden. [Kaltner H,1998]
exprimiert
wechselwirken
sind,
oder
ähnlich
können Lectine der normalen
Zelle mit tumorassoziierten
wechselwirken. Einfache Zucker wie D-Galactose und Arabinogalactan konnten
signifikant
die
Bildung
von
experimentellen
Lebermetastasen
durch
L-1
Sarkomzellen blockieren. Ähnliches beobachtete man bei B16 Melanomzellen, die
mit Methyl- α-D-Lactose und Lacto-N-tetrose behandelt wurden [Beuth J et al.,
1987, Oguchi H et al. 1990]. Eine andere Studie zeigte, dass homotypische
Aggregationen von Zellen die Metastasierung fördern: Citrus-Pectin präsentiert im
natürlichen Zustand eine verzweigte Kette aus komplexen Kohlenhydraten (50%
Anhydrogalacturonsäure, 20% Galactose, 15% Arabinose) und im modifizierten
Zustand eine lineare hauptsächlich aus Galacturonsäure bestehende Kette. Die
Behandlung der B16F1 Melanomzellen mit natürlichem Citrus-Pectin führte zu
einer 3-fach höhere Anzahl an Metastasen als die Behandlung mit modifiziertem
Citrus-Pectin [Platt D und Raz A, 1992]. Die Behandlung mit modifiziertem CitrusPectin inhibierte sowohl die Adhäsion an Laminin als auch die homotypische
Zellaggregation. Fazit ist, dass eine positive Korrelation zwischen homotypischer
23
Einleitung
Zellaggregation und Metastasierungpotential in vitro existiert [Raz A et al., 1980].
Die Erklärung klingt plausibel, denn die Tumorzellaggregationen erhöht die
Embolisierung in der
pulmonären Vaskulatur. Homotypische Aggregationen
könnten zum einen via Integrin-Ligand erfolgen [Qian F et al., 1994], zum anderen
über
die
Lectin-Kohlenhydrat-Interaktion
von
Tumorzellen
oder
durch
Brückenbildung zwischen Tumorzellen durch Serumglycoproteine [Inohara H und
Raz A, 1995]. Darüber hinaus zeigte Galectin-3 noch einen anderen Effekt in in
vitro
Experimenten,
nämlich
die
Anregung
zur
Blutkapillarbildung
und
chemotaktischer Reaktion der Endothelzellen. Ebenso konnte eine in vivo
Vaskularisierung beobachtet werden. Galectin-3 wirkt also als AngiogeneseStimulator [Nangia-Makker P et al., 2000]. Diese Stimulierung konnte kompetitiv
mit Lactose und mit modifiziertem Citrus Pectin inhibiert werden. Diese Versuche
legen nahe, dass Galectin-3 an der Angiogenese beteiligt ist und damit das
Tumorwachstum und die Metastasierung fördert.
MBP
(Mannose
bindendes
Protein)
und
MR
(Mannose
Rezeptor)
und
Metastasierung
Eines der prominentesten C-Typ-Lectine ist das MBP. MBP spielt eine wichtige
Rolle bei der frühen Immunabwehr, in der MBP mit fremden Oligosacchariden auf
pathogenen
Organismen
wechselwirkt
und
so
zur
Aktivierung
der
Komplementkaskade beiträgt, die letzlich zur Opsonisierung führt. MBP gehört zu
der bisher relativ begrenzten Anzahl von Lectinen, die kristallisiert und deren
Röntgenstruktur aufgeklärt werden konnte.
Abb. 1.2-9 Die CRDs (Carbohydrate Recognition
Domain) des MBP (Mannose Binding Receptor)
sind identisch. Die Abstände der Kohlenhydrat
Bindungsstellen (gezeigt in der Vergrößerung) von
MBP liegen zwischen 4.5 and 5.3 nm. [Dwek RA,
1996]
24
Einleitung
Einige experimentelle Daten zeigten, dass der rekombinante Vaccini Virus mit
humanem MBP Gen signifikant das Tumorwachstum bei Mäusen inhibieren
konnte, die zuvor mit SW1116 Coloncarzinomzellen inokuliert wurden, [Ma Y et
al., 1999]. Dies unterstreicht den unabhängigen Mechanismus des Anti-TumorEffekts von MBP.
MR ist ein 175 kDa Transmembranglycoprotein, das auf Makrophagen und
dendritischen Zellen vorkommt. MR besitzt acht tandemartig angeordnete CRDs
(Carbohydrate Recognition Domain), die Mannose, Fucose und GlcNac binden
können. MR ist auch auf bestimmten Zelltypen der Endothelzellen exprimiert und
könnte die Organ- oder Gewebsspezifität bestimmter metastasierender Zellen
erklären. Werden B16 Zellen mit 1-DMM (1-deoximannojirimycin) behandelt,
exprimieren sie verstärkt High mannose type Oligosaccharide auf ihrer
Zelloberfläche.
Das
führt
zu
einer
erhöhten
Adhäsion
an
HSE-Zellen
(Endothelzelltyp) im Vergleich zu den parentalen Zellen. Diese Adhäsion konnte
mit anti -VCAM-1 und mit IL-1 Antagonisten inhibiert werden. VCAM-1 ist der
Ligand für das VLA-4 Integrin, das von B16-Zellen exprimiert wird. Für die erhöhte
Adhäsion der B16-Zellen an Endothelzellen macht Mendoza die Bindung der
Tumorzellen an MR verantwortlich, wodurch die Produktion von IL-1 anregt wird.
IL-1 wiederum induziert die VCAM-1 Expression auf Endothelzellen. VCAM-1
bindet dann an das Integrin VLA-4 der B16-Zelle und trägt zum Tumorarrest, zur
Extravasation und letzten Endes zur Metastasierung bei [Mendoza L et al., 1998].
1.3 Glycomimetika
Chemische Synthesen ermöglichen die Vereinfachung und Variation natürlicher
Vorbildstrukturen, die dann besser und billiger zugänglich werden. Dabei gelingt
es häufig, gleichzeitig neben der strukturellen Vereinfachung wichtiger Moleküle,
auch deren biologische Wirksamkeit und Spezifität zu erhöhen. Nach dem Vorbild
natürlich
vorkommender
Kohlenhydratanaloga
werden
Verbindungen
als
abgewandelte
Glycomimetika
bezeichnet.
synthetische
Sie
können
strukturell oft recht weit von den natürlichen Vorbildern entfernt sein (s. Abb. 1.25). Mit der bedeutenden Rolle von Kohlenhydraten in vielen biologischen
25
Einleitung
Prozessen, insbesondere die kohlenhydratvermittelten Erkennungsfunktionenergaben sich eine Vielzahl an Möglichkeiten zur therapeutischen Intervention in
pathogenen
Prozessen,
aber
die
Entwicklung
von
Pharmaka
auf
Kohlenhydratbasis verlief bisher deutlich langsamer als vorhergesagt. Zum einen
bereitet die Analytik von komplexen Oligosaccharidstrukturen, die durch die
Mikroheterogenität der Glycostrukturen in vivo zusätzlich erschwert wird, große
Probleme, zum anderen ist die chemische Synthese komplexer Kohlenhydrate
aufgrund der Polyfunktionalität äußerst anspruchsvoll und lässt eine Vermeidung
von Schutzgruppen-Techniken meistens nicht zu. Darüber hinaus besitzen
Kohlenhydrate prinzipiell ungünstige pharmakologische Eigenschaften [Toone EJ,
1994; St Hilaire PM et al., 1994]. Diese Eigenschaften beinhalten die geringe
Affinität zu ihren Proteinrezeptoren, die Inaktivität bei oraler Aufnahme und die
geringen Halbwertzeiten in vivo durch den enzymatischen Abbau durch
Glycosidasen. Es gelten daher folgende Anforderungen an Glycomimetika, die die
Funktionen natürlicher Glycostrukturen imitieren, ohne die oben genannten
Nachteile zu besitzen.
•
Verbesserte biologische Aktivität; in der Regel durch Erhöhung der Affinität
zu Proteinen bzw. Proteinrezeptoren.
•
Erhöhte in vivo Stabilität, z. B. gegenüber enzymatischem Abbau
•
Vereinfachte Strukturen durch vereinfachte Synthesestrategien, die eine
schnelle und billige Zugänglichkeit.
•
Verbesserte pharmakologische Eigenschaften, um z. B. die Verfügbarkeit
am Wirkort zu verbessern oder die Applikationsform zu vereinfachen.
Geeignete Mimetika eröffnen somit neue Ansätze für eine erfolgreiche und
gezielte Bekämpfung von bisher nur schlecht therapierbaren Krankheiten. Darüber
hinaus können sie durch Modulation oder Inhibition spezifischer biologischer
Vorgänge dazu beitragen, die oftmals unbekannten molekularbiologischen
Grundlagen vieler Oligosaccharid- vermittelten Prozesse aufzuklären.
Die Struktur des Mimetikums ist von entscheidender Bedeutung für seine
Funktion.
Zwischen
der
als
Vorbild
dienenden
Verbindung
und
dem
entsprechenden Mimetikum muss hierbei nicht notwendigerweise eine große
strukturelle
Ähnlichkeit
bestehen,
entscheidend
26
ist
vielmehr
eine
enge
Einleitung
Funktionsverwandtschaft [Gruner SAW et al., 2002]. Als bevorzugter Ansatz hat
sich bisher das rationale Design, wie das Molecular Modeling von Mimetika
bewährt. Ausgehend von einer natürlichen Vorbildstruktur werden durch gezielte
Modifikationen und Vereinfachungen neue Strukturen erhalten und durch
geeignete Assays auf ihre biologische Wirkung untersucht. Die so erhaltenen
Daten können dann bei einer weiteren Strukturoptimierung berücksichtigt werden.
Als Alternative haben sich auch bei der Entwicklung von Glycomimetika
kombinatorische Ansätze als sinnvoll erwiesen. Vor allem in Fällen, in denen
Kohlenhydrat-Rezeptorwechselwirkungen unklar sind und ein rationales Design
folglich schwierig, konnten biologisch aktive Glycomimetika durch Entwicklung von
Substanzbibliotheken erhalten werden [Martens CL et al., 1995]. Glycomimetika
lassen sich, entsprechend ihres Funktionskonzepts in zwei Gruppen unterteilen
[Sears P und Wong CHJ, 1998], obwohl eine strenge Zuordnung nicht immer
möglich ist:
•
Mimetika, die Lectin- bzw. Selectin-spezifische Oligosaccharidepitope
nachahmen und somit eine direkte Intervention in biologische Prozesse
durch kompetitive Bindung an spezifischen Rezeptoren ermöglichen.
•
Mimetika, die durch Modulation bzw. Inhibition von Enzymen, die an der
Biosynthese von Oligosaccharidstrukturen beteiligt sind, eine Intervention in
biologische Prozesse ermöglichen.
Die Synthese von Gycomimetika ist ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zu
Wirkstoffen auf Kohlenhydratbasis, die sich prinzipiell als Therapeutika für
Krankheiten
eignen,
die
mit
der
Funktion
von
Kohlenhydraten
kausal
zusammenhängen. Eines der derzeit am intensivsten bearbeiteten Gebiete der
Glycomimetika-Forschung ist die Synthese und Untersuchung von E-, P- und LSelectinen-bindenden Strukturen auf Kohlenhydratbasis [Simanek EE et al.,
1998], um Erkrankungen zu bekämpfen, die mit akuten und chronisch
entzündliche Prozessen einhergehen, wie Rheumatismus, Psoriasis, oder
Dermatitis.
Die natürliche Oligosacchariddeterminante, die von diesen Membranproteinen
erkannt wird, ist das Sialyl-Lex-Tetrasaccharid (s. Abb. 1.2-2) [Kiefel MJ und von
Itzstein M, 2002]. Es gibt eine Reihe von Ansätzen, die die Inhibierung des
27
Einleitung
initialen
kohlenhydrateabhängigen
Adhäsionsschritts
am
Endothel
durch
hochaffine sLex-Mimetika anstreben soll, jedoch ist bis heute der große
Duchbruch nicht gelungen. Es gibt schon eine Reihe von Mono- und Disaccharid
Mimetika, die virale und bakterielle Infektionen bekämpfen. Zum Beispiel die
Neuraminidase-Hemmer Zanamivir® (4) und Oseltamivir ® (5) [von Itzstein M et
al., 1993, Kim CU et al., 1997]. (s. Abb.1.3-1). Sie imitieren das Glycosyl- KationIntermediat 2, das während der Hydrolyse der terminalen Sialinsäure entsteht und
hemmen die Enzymfunktion und damit die Anbindung des Virus an die Wirtszelle.
Abb. 1.3-1 Die Neuraminidase des Influenza Virus katalysiert die Hydrolyse der terminalen
Sialinsäure und ermöglicht somit den Transport des Virus in den Mucus des Atemtraktes [Vogel P
2001].
Multivalente Glycomimetika
Unter Berücksichtigung der Multivalenz von Kohlenhydrat-Protein-Wechselwirkung
wurden zahlreiche Glycomimetika als multivalente Glycokonjugatstrukturen
synthetisiert,
welche
möglichst
die
natürlichen,
mutivalenten
Glycokonjugatmoleküle der Glycocalix imitieren und einen Multivalenzeffekt
28
Einleitung
hervorrufen sollen. Dabei ist es ohne Kenntnis der genauen Rezeptorstruktur
schwierig, die Stereochemie der multivalenten Liganden genau vorherzusagen
und die einzelnen Liganden in einem Ligand-Cluster strukturell optimal zu
organisieren. Meistens verlässt man sich auf die Variation der Cluster-Strukturen,
z. B. bezüglich der Länge verwendeter Spacer oder der Zahl der Zuckerbausteine,
um
zu
möglichst
potenten
Verbindungen
zu
gelangen.
Ein
höherer
Multivalenzgrad ist aber nicht unbedingt mit höherer „Wirkung“ oder mit höherer
Affinität gleichzusetzen [Lundquist JJ und Toone EJ, 2002]. Der Cluster-oder
Multivalenz Effekt setzt sich aus vielen anderen Mechanismen zusammen wie die
intramolekulare oder Chelat-Bindung, die intermolekulare aggregative Bindung
und die sterische Stabilisierung. Die Wahl der richtigen Kohlenhydratbausteine, in
der richtigen räumlichen Orientierung, erhöht die Bindungsaffinität zum Rezeptor.
Kleinere aber strukturell wohldefinierte Glycocluster besitzen den Vorteil, dass
sich ihre biologische Aktivität auf ihre strukturelle Basis zurückführen lassen (s.
Abb. 1.2-5).
1.4 Rationales Design mittels Molecular Modeling
1.4.1 Einleitung
Günstige Vorraussetzungen für ein rationales Drug Design ist die Kenntnis der
tertiären Struktur des Proteins und idealerweise die Kristallstruktur mit komplex
gebundenem Liganden, um die wesentlichen Wechselwirkungen auf atomarer
Ebene zu identifizieren und zu optimieren. Die Suche nach einem potenten
„Hemagglutinin-Inhibitor“ mittels Informationen aus der Kristallstrukturanalyse
ergab bis dato nicht den gewünschten Erfolg. Mittlerweile ist es jedoch, u.a. durch
Einsatz von Computermethoden gelungen, einen Wirkstoff auf Kohlenhydratbasis
zu entwickeln, der selektiv die Bindungstaschen der Neuraminidase blockiert [von
Itzstein M et al., 1993; Taylor NR und von Itzstein M, 1996] (s. S.24, Abb. 1.3-1).
Ausgangsbasis für ein rationales Drug Design war auch hier die Aufklärung der
dreidimensionalen Struktur der Neuraminidase und die Entschlüsselung der
Wechselwirkung durch Molecular Modeling Methoden [Colman PM et al., 1987].
Auch im Bereich der Krebsentstehung spielen die Wechselwirkungen zwischen
29
Einleitung
Kohlenhydraten und Proteinen eine wichtige Rolle, daher ist die Aufklärung der
Erkennungsprozesse
zwischen
Oligosacchariden
und
Lectinen
einerseits,
Antikörpern oder Enzymen andererseits von zentraler Bedeutung auf diesem
aktuellen Forschungsgebiet [Sharon N, 1998, Gabius HJ, 1997, Dwek RA, 1996].
Leider sind nur wenige Kristallstrukturen zuckerkennender Proteine bekannt, weil
die Bindungsaffinität zwischen Oligosacchariden und Proteinen sehr schwach ist
und folglich die Proteine mit LIgand für eine Kristallstrukturanalyse schwer
zugänglich sind.
Virus
Kohlenhydrat
Lectin
Rezeptor
Zelloberfläche
a
b
c
Abb. 1.4.-1 a. Virus blockiert durch hochaffine Kohlenhydrate, b. Virus-Zellrezeptor-Bindung
c. Virus-Bindung blockiert durch hochaffine Lectine
Außerdem liefern Kristallstrukturanalysen nur ein statisches Bild der Moleküle, die
das dynamische Verhalten (Konformationsänderungen, intermolekulare Stöße)
vieler biologischer Funktionen nicht widerspiegeln. Diese Informationen lassen
sich durch NMR-Methoden oder Molecular Dynamics (MD)-Simulations erhalten.
MD-Simulationen finden daher zur Simulation von Biomolekülen eine breite
Anwendung [van Gunsteren WF und Berendsen HJC, 1990; Levitt M und Sharon
R, 1988; Siebert HC et al., 1996; Böhm HJ et al.,1996].
1.4.2 Molecular Modeling
Die Simulation molekularer Strukturen vom Pharmakon, Rezeptor und ihrer
Komplexe ist ein beliebtes Feld in Drug Design. Diese Vorgehensweise zielt
darauf ab Struktur-Aktivitätsbeziehungen auf dem atomaren Level aufzuklären.
30
Einleitung
Ein verbessertes Verständnis dieser Beziehungen kann dann als Leitfaden für
neue Moleküle mit spezifischen pharmakologischen Eigenschaften dienen. Die
oftmals unbekannte Rezeptorstruktur führte dazu, große Substanzbibliotheken mit
multivalenten Strukturen aufzubauen, in der Hoffnung hochaffine Liganden zu
generieren.
Molecular Dynamics Simulation (MD)
Bei der Protein-Ligand-Wechselwirkung spielt die Flexibilität beider Partner eine
wichtige Rolle. Vorraussetzung für die Bindung des Liganden ist, dass er eine
Konformation einnehmen kann, die der Gestalt der Proteinbindetasche entspricht.
Umgekehrt sind auch Proteine in gewissem Umfang flexibel. Zum Beispiel können
die an der Oberfläche befindliche Seitenketten unterschiedliche Konformationen
einnehmen oder ganze Domänen können sich relativ zueinander bewegen.
Die MD ist ein theoretisches Verfahren zur Beschreibung dieser Effekte. Das
Prinzip der MD besteht darin, die Bewegung einer endlichen Zahl von Atomen
bzw. Molekülen (10-105) unter der Einwirkung des gewählten Kraftfelds zu
verfolgen. Bei der Rechnung wird angenommen, dass die Wechselwirkung
zwischen den Teilchen den Gesetzen der klassischen Mechanik folgt. Die
Newtonschen Bewegungsgleichungen werden hierbei mit einem numerischen
Verfahren
schrittweise
für
alle
Teilchen
gleichzeitig
gelöst.
Meist
wird
angenommen, dass die zwischen zwei Teilchen wirkende Kraft nicht von weiteren
Teilchen beeinflusst wird.
Logische Operationen mit Molekülvolumina
Welche Hinweise sind aus solchen Berechnungen zu entnehmen? Als
Arbeitshypothese ist anzunehmen, dass ein Molekül nur dann an einen Rezeptor
gebunden wird, wenn seine Größe den dort maximal verfügbaren Platz nicht
überschreitet. Um sich ein Bild darüber zu verschaffen, betrachtet man das
gemeinsame Volumen aller Derivate. Eine mögliche Erklärung für die fehlende
Aktivität eines Moleküls kann sein, dass es Bereiche in der Bindetasche besetzten
müsste, die bereits vom Protein eingenommen werden. Volumenvergleiche
zwischen aktiven und inaktiven Derivaten liefern Hinweise auf die mögliche
Gestalt der Rezeptortasche. Man muss also herausfinden, welche Gruppen vom
31
Einleitung
Ligand und Rezeptor einander entsprechen und so den Pharmacophor definieren.
Es wird zudem ein Verfahren benötigt, das die Moleküle in Konformationen bringt,
in denen äquivalente Gruppen des Pharmacophors im Raum analog orientiert
werden.
Pharmacophorvergleiche
Active Analog Approach ist ein Verfahren, dass eine Konformationsanalyse mit
der Suche nach dem Pharmacophor verbindet.
Wirkstoffe wechselwirken, wie oben schon erwähnt, mit Rezeptoren auf sehr
spezifische Art und Weise. Deshalb ist es durchaus möglich, dass nur
Teilstrukturen der Leitverbindung an relevanten Wechselwirkungen beteiligt sind.
Die relevanten Gruppen eines Moleküls, die mit einem Rezeptor wechselwirken
und für die Aktivität verantwortlich sind, werden als Pharmacophor bezeichnet.
Das Pharmacophor ist damit
für die Initiierung des biologischen Effekts
verantwortlich. In Kombination mit einem molekülgraphischen Vorgehen, wie dem
Molecular Modeling können Pharmacophor-Modelle gezeichnet werden, die die
charakteristischen Eigenschaften des Moleküls (Winkel und Abstände der
Erkennungseinheiten) geometrisch darstellen. Dieser Schritt basiert auf 2DStruktur-Aktivitätsstudien, in der Atome und/oder funktionelle Gruppen der
Leitstruktur schrittweise verändert und dann diese Veränderungen in einer
biologischen Antwort gemessen werden. Diese Daten lassen nicht nur
Rückschlüsse auf die Rezeptorstruktur zu, sondern dienen auch als Plattform für
die Entwicklung von maßgeschneiderten Mimetika.
Als erstes muss man allen Molekülen eines Datensatzes einen Pharmacophor
zuweisen. Es ist zu definieren, welche Gruppen zueinander äquivalent sein sollen.
Dann führt man für das erste Moleküls des Datensatzes eine systematische
Konformationssuche durch. Während der Suche bestimmt man in jeder
eingestellten Geometrie die Abstände zwischen den funktionellen Gruppen des
Pharmacophors. Diese Abstände werden gespeichert. Aus den Datensätzen
ergeben sich die möglichen Bindungsgeometrien der pharmacophoren Gruppen in
den Liganden [Marshall GR et al., 1979].
32
Einleitung
1.5 Drug Targeting- Konzept
1.5.1 Definition Drug Targeting
Drug Targeting Strategien können in zwei Kategorien eingeteilt werden: „Pro
Drug-Targeting“ und „Carrier vermitteltes Targeting“. Der Pro Drug wird erst am
Wirkort in die aktive Form umgewandelt. Beim Carrier vermitteltem Targeting
unterscheidet man zwischen „aktivem“ „und passivem“ Targeting. Wird der Ligand
am Wirkort vom Rezeptor erkannt bezeichnet man diesen Mechanismus als
„aktiv“, während beim passivem Targeting die physikochemischen Eigenschaften
des Drug (Wirkstoff)/Carrier-Komplexes zu einer Internalisierung und folglich einer
selektiven Akkumulation in den Zielzellen führt und dabei die anderen Zellen, die
durch eine andere Beschaffenheit der Zellmembran den Komplex nicht
aufnehmen können, ausschließt [Wadhwa MS und Rice KG, 1995]. Für eine
erfolgreiche in vivo Therapie muss die Identifizierung des Wirkortes, die
Endozytose und die Internalisierung des Wirkstoffes in die Zielzelle gewährleistet
sein [Ghose TI und Blair AH, 1987; Pimm MV 1988, Koppel GA 1990; Vaickus L
und Foon KA, 1991; Kosmas C et al., 1993; Weigand M et al., 2001].
Gezielte Abgabe des Wirkstoffes beinhaltet zudem auch Design und Synthese
von Carriern mit Liganden, die als Drug/Carrier-Komplex vom Rezeptor erkannt
und internalisiert werden. Monoklonale Antikörper (mAb), Albumin, Transferrin,
Insulin, epidermale Wachstumsfaktoren und Biotin sind Beispiele für Biomoleküle,
die einem solchen Drug Targeting Konzept Verwendung finden. Die Erwartungen,
dass mAb diese Parameter besitzen würden und als programmierbare „magic
bullets“ (Ehrlich P, 1906) dienen könnten, blieben unerfüllt. Beim Einsatz von
mAbs wurde die heterogene Expression von Tumorantigenen auf
Zelloberflächen
der
Tumorzellen
nicht
berücksichtigt
(Hoch-und
Runterregulierung), die zur Selektion bestimmter Tumorzellen führt.
33
den
/oder
Einleitung
1.5.2 Definition Glycotargeting
Das Targeting Potential mit Kohlenhydraten gewinnt immer mehr an Bedeutung.
Kohlenhydrate sind wegen ihres geringen Molekulargewichts attraktive Drug
Targeting Kandidaten. Ihre strukturelle Diversität kombiniert mit dem Potential
eine große Anzahl von Zielrezeptoren zu adressieren und ihre Möglichkeit der
Internalisierung
über
rezeptorvermittelter
Endocytose
befürworten
das
Glycotargeting Konzept [Shen TY 1987; Monsigny M et al., 1988a; Karlsson KA,
1991; Lerchen HG et al., 2000]. Kohlenhydrate werden an Zellen gebunden und
über
membrangebundene
Lectine
internalisiert.
Die
Kohlenhydrat-Lectin-
Interaktion ist beschrieben unter 1.2.3. Biologisch aktive Oligosaccharide sind
meistens Glycokonjugate (Glykolipide, -proteine), die die Bioverfügbarkeit und die
Serum-Halbwertszeit
kontrollieren
und
Zell-Zell-/Zell-ECM-Interaktionen
vermitteln. Es sind schon eine Reihe von zellmembrangebundenen Lectinen
bekannt, die zusammen mit ihren Liganden endozytiert werden und die
Kohlenhydratliganden den Lysosomen zuführen [Ashwell G und Harford J, 1982;
Wileman T et al., 1985]. Da Lectine terminale Kohlenhydrate erkennen und
binden können, läuft die Endozytose relativ unbeeinflusst von der Größe und
Komposition der Aglykone ab. Folglich können Kohlenhydratliganden an
Wirkstoffe gekoppelt werden, um sie als trojanische Pferde in die
Zielzelle
einzuschleusen.
1.5.3 Endogene Lectine als Drug Target
Ashwell und seine Mitarbeiter haben das erste endogene Lectin entdeckt, als sie
die Clearance von alten Plasmaglycoproteinen untersuchten. Ausgediente
Plasmaglycoproteine werden von Exoglycosidasen durch die Entfernung des
terminalen Sialinsäurerests gekennzeichnet. Dadurch tragen sie Galactosereste,
die durch die Bindung an Galactose-spezifischen Rezeptoren der LeberHepatozyten eliminiert werden. Dieses Leberlectin ist heute als Ashwell-Rezeptor
bzw. Asialoglycoproteinrezeptor (ASGP-R) (s.Abb. 1.2-3 Gr.II) bekannt.
ASGP-R bindet und internalisiert die meisten Galactose tragenden Liganden,
doch konnte Lee zeigen, dass die Bindungsaffinität stark von der Struktur der
Galactose-Liganden abhängt [Lee YC et al., 1983]. Mono- und divalente
34
Einleitung
Galactoside hatten Dissoziationskonstanten im millimolarem Bereich und sind
somit irrelevant für ein Drug Targeting Konzept, wohingegen Liganden, die einen
Cluster von drei Galactose-Resten tragen, die Dissoziationskonstante iin den
nanomolaren Bereich erhöhen konnten. Diese Ergebnisse korrelierten gut mit der
Struktur des ASGP-R, denn der Rezeptor besitzt drei Untereinheiten mit jeweils
einer Galactose-Bindungsstelle [Rice KG et al., 1990]. Andere membranständige
Lectine aus der Familie der Galectine repräsentieren weitere potentielle
Kandidaten für ein Drug-Targeting-Konzept. Sie erkennen hauptsächlich Nacetyllactosamin tragende Oligosaccharide und spielen wie schon in Kapitel 1.2.4
erwähnt eine wichtige Rolle in Zell-Zell und Zell-ECM-Interaktionen. Außerdem
werden individuelle Mitglieder der Galectin-Familie gewebsspezifisch exprimiert
und eröffnen damit die Möglichkeit einer Entwicklung von
selektiv bindenden
Kohlenhydrat-Liganden zur Erhöhung der Drug Targeting Effizienz [Barondes SH
et al., 1994]. Die oben beschriebenen Fakten und Überlegungen zum
Glycotargeting führten zur Entwicklung von spezifischen Markern für Lectine, wie
zum Beispiel Neoglycoproteine, Neoglycopeptide und glycosylierte Polymere.
Neoglycoproteine
sind
synthetische
Konstrukte
aus
Mono-,
Di-
oder
Oligosacchariden und kovalent gebundenen Proteinen, wie BSA (Bovine Serum
Albumine) [Stowell CP und Lee YC, 1980; Lee YC und Lee RT, 1994]. Die Marker
können
aufgrund
ihrer
hohen
Bindungsspezifität
gegen
tumorspezifische
Glycokonjugate oder Lectinrezeptoren eingesetzt werden. Sie dienen als Träger
für Cytotoxine, Chemotherapeutika und können durch Bindung von Radioisotopen
oder Fluoreszenzfarbstoffen zum (Radio-) Imaging verwendet werden.
1.6 Anticancer Vakzine
Kohlenhydrat-Antigene, die den größten Teil der Zelloberflächen Antigene
ausmachen, sind prominente Kandidaten für die Krebsimmuntherapie, denn sie
werden von Antikörpern erkannt und die Immunantwort gegen Kohlenhydrate ist
hauptsächlich auf eine Antikörper-Reaktion zurückzuführen. Sie bietet die
Möglichkeit, den Fokus auf die Induktion einer Antikörper-Antwort zu legen, um so
den komplexen Vorgang einer T-Zellen Immunität zu umgehen.
haben
wie
schon
in
Kapitel
1.2.4
35
erwähnt
häufig
Tumorzellen
veränderte
Einleitung
Oligosaccharidstrukturen auf ihrer Zelloberfläche im Vergleich zu normalen Zellen.
Zumeist sind es Ganglioside (GM2, GD2, GD3), T-Antigene (TN, sialyl-TN) und die
Trisaccharide der Lewis verwandten Blutgruppe (Lex, Ley und Lea) (s. Abb. 1.6-1).
Des weiteren finden sich erhöhte Werte für 1,6 β GlcNAc-Einheiten N-verknüpfter
Glycane und allgemein eine erhöhte Sialisierung und Fucosylierung wieder. Diese
Veränderungen macht sich die Immuntherapie zu nutze [Livingston PO, Zhang S
und Lloyd KO, 1997]. Während Krebszellen gelegentlich bis zu 106 Moleküle der
Protein-Tumorantigene präsentieren, wie EGF (Epidermal Growth Factor)Rezeptoren oder HER2neu [Davidson NE et al., 1987; Lewis GD et al., 1993], ist
der Mittelwert der Kohlenhydrat-Tumorantigen Präsenz auf Krebszellen deutlich
höher. Der Mittelwert der GM2 oder GD3 Molekülen auf Melanomazellen beträgt >
7
10 und für Sarkoma oder Neuroblastoma gelten Zahlen, die größer sind als 5 x
7
10 [Hamilton et al., 1993; Helling F und Livingston PO, 1994]. Basierend auf
diese Daten werden zur Zeit klinische Studien mit Patienten durchgeführt, die mit
mAb gegen GM2, GD2 und GD3 behandelt werden [Irie RF et al., 1989; Houghton
AN et al., 1985; Dippold WG et al., 1988; Cheung N-K V et al., 1987, Saleh MN et
al., 1992]. Zu der Klasse der Kohlenhydrat-Antigene, die zunehmend an
Bedeutung in der Immuntherapie gewinnen, gehören das Thomsen-Friedenreich
(TF) Antigen, TN und sTN Blutgruppen verwandte Antigene, die auf Mucinen und
verschiedenen epithelialen Tumoren exprimiert werden, sowie die Gruppe von
Kohlenhydrat-Antigene, die die Oligosaccharidstrukturen Fucosyl-GM1, Ley und
GloboH Antigene umfasst. Im Laufe der Erforschung ihres Potentials für eine
Kohlenhydrat-Antikörper basierende
Immuntherapie
haben sich Vor- und
Nachteile herauskristallisiert, die weiter intensive Studien erfordern.
Eine Reihe von Vorteilen, die eine Immuntherapie mit Kohlenhydrat-Antigenen
befürworten, sind:
a. der Überfluss an Kohlenhydrat-Antigenen auf Krebszellen.
b. ihre Immunogenität mit wohldefinierten konjugierten Vakzinen.
c. die Tatsache, dass Antikörper gute Waffen gegen Mikrometastasen und
zirkulierende Tumorzellen darstellen.
d. dass Kohlenhydrate sich als gutes Angriffsziel sowohl in der aktiven als
auch passiven Immuntherapie gegen Krebs dargestellt haben.
36
Einleitung
e. die Möglichkeit Kohlenhydrat-Antigene zu isolieren und zu synthetisieren
erleichtert die Konstruktion von Vakzinen auf Kohlenhydratbasis.
f. Kohlenhydrate, die als Liganden für Selectine und Adhäsine dienen,
können in Metastasierungsprozesse eingreifen (s. 1.2.4)
Diese Argumente unterstreichen die Möglichkeit Vakzine zu konstruieren, um die
Produktion von Antikörper für eine erfolgreiche Immuntherapie zu induzieren.
Tumor
Antigene (mAb)
Melanoma
GM2 (696), GD2 (3F8), GD3 (R24)
Neuroblastoma
GM2 (696), GD2 (3F8), GD3 (R24), polysialic acid (735)
Sarcoma
GM2 (696), GD2 (3F8)
B cell lymphoma
GM2 (696), GD2 (3F8)
Small-cell lung cancer
GM2 (696), fucosyl GM1 (F12), polysialic acid (735), goboH (MBr1), sialyl
a
Le (19.9)
Breast
GM2 (696), TF (49H.8)
Prostate
GM2 (696), Tn (1E3), sTn (CC49), TF(49H.8)
Lung
GM2 (696), GloboH (MBr1), Le (S193), Sialyl Le (CS1ex-1)
Colon
GM2 (696), sTn(CC49), B72.3), TF(49H.8), Sialyl Le (19.9), Le (S193),
y
x
a
y
x
Sialyl Le (CS1ex-1)
y
Ovary
GM2 (696), GloboH (MBr1), sTn(CC49), B72.3), TF(49H.8), Le (S193)
Stomach
GM2 (696), Le (SH1), Le (S193), Le (T-174), Sialyl Le (19.9)
x
y
a
a
Tab. 1.2 Kohlenhydrat-Antigene, die auf >60% der Tumoren exprimiert und immuno-histochemisch
detektiert wurden, sind Gangliosid-Antigene und Blutgruppen verwandte Antigene. mAb=
monoclonal Antibody, Le= Lewis antigen, sTn sialyl-Tn [Livingston PO et al., 1997]
Die
Forschung
und
Entwicklung
kohlenhydratbasierter
Immuntherapien
konzentrieren sich besonders auf Ganglioside (GM2, GD2, GD3), Blutgruppen A, B,
H und Lewis-Antigene [Livingston PO et al., 1997; Chapman PB et al., 2000;
Kudryashov V et al.,2001; Sabbatini PJ et al.,2000].
Auch Lewisy (Ley) –Protein konjugierte Vakzine wurden schon erfolgreich in der
klinischen Phase I erprobt [Sabbatini PJ et al.,2000]. Diese Ergebnisse basieren
y
auf intensiven Studien bei der Entwicklung von Le -Antikörper in vitro, die von
y
y
synthetischen Le generiert wurden. Die aus synthetischen Le gewonnenen
Antikörper in Kombination mit verschiedenen Adjuvanten stellten sich als
potentielle Kandidaten für die Immuntherapie dar.
37
Einleitung
[Livingston PO et al., 1997]
38
Einleitung
Jedoch haben sich auch Nachteile bei diesen Studien herausgestellt:
Kohlenhydrat-Antigene werden allgemein in die Kategorie der T-Lymphozyten
unabhängigen Antigene eingestuft. D.h., dass
sie von T-Lymphozyten nicht
erkannt werden und diese somit den B-Lymphozyten auch keine Hilfe anbieten
(Cytokine) können. Diese Tatsache resultiert bei der Immunisierung mit
Kohlenhydrat-Antigenen (in reiner Form oder Expression auf Tumorzellen) in
geringen Antikörper-Titern und in geringer Bindungsaffinität der Antikörper. Diese
Antikörper verbleiben meist auch in dem IgM Status trotz wiederholter Impfung.
Verzögerte Hypersensitivität-Antwort, Cytokin-Ausschüttung und zytotoxische TLymphozyten Antwort fehlen vollständig. Auch in Kombination mit Adjuvantien
(Protein Carrier wie KLH= Keyhole Limpit Hemocyanine) erreicht man nur einen
höheren Antikörper-Titer und nur in einigen Fällen ein Class switching zu IgG,
aber es werden keine T-Helferzellen und zytotoxische T Lymphozyten aktiviert.
Diese nachteiligen Argumente führen aktuell zur Entwicklung von polyvalenten
Antikörpern
und
Glycopeptiden,
die
Blutgruppen-Determinanten
tragen
[Danishefsky SJ und Allen JR, 2000; Glunz PW et al., 2000; Marcaurelle LA und
Bertozzi CR, 2002]. Gleichzeitig konzentriert sich die Forschung auf die
Grundlagen von Erkennung/Spezifität und Bindungsaffinität zwischen Antikörpern
und Antigenen, die wichtig sind für die Entwicklung von maßgeschneiderten
Vakzinen.
39
Ergebnisse
2 Arbeitshintergrund und Zielsetzung
Aus den speziellen Charakteristika der Lectine (Kohlenhydrat bindende Proteine)
ergeben
sich
neue
Kohlenhydratbasis
Konzepte
[Gabius
zur
HJ,
Entwicklung
1997].
Lectine
von
Therapeutika
haben
die
auf
Eigenschaft,
Kohlenhydratstrukturen zu erkennen, zu binden, und die gespeicherte Information
abzugreifen und weiterzuleiten (z. B. Signaltransduktion) [Weis WI und Drickamer
K, 1996]. Dies wird durch besondere funktionelle Domänen der Proteinstruktur,
der carbohydrate recognition domains (CRD) ermöglicht. Die Vielfältigkeit dieser
Domänen spiegelt die große Bandbreite der Oligosacchardistrukturen wider
[Ahmed H und Chatterjee BP, 1988].
Im
Metastasierungsprozeß
spielen
Kohlenhydrat-Protein-Interaktionen
eine
entscheidende Rolle. Metastasierende Krebszellen benutzen Lectine auf der
Zelloberfläche
des
Zielorgans
zur
Invasion.
Umgekehrt
verwenden
metastasierende Tumoren auch ihre eigenen Lectine auf Tumorzellen zur
Adhäsion und Invasion [Gorelik E et al., 2001 (Rev.)]. Daher ergeben sich zwei
Mechanismen
Tumorlectine
zur
Inhibierung
durch
der
Metastasierung:
Bindung
von
zum
geeigneten
einen
können
synthetischen
Kohlenhydratstrukturen an der Interaktion mit der extrazellulären Matrix gehindert
werden, zum anderen können synthetische Kohlenhydratstrukturen mit den
Kohlenhydratstrukturen metastasierender Tumorzellen um die Lectine des
Zielorgans in Konkurenz treten.
Die natürlichen Liganden der meisten endogenen Lectine sind nicht bekannt,
daher muss ein breites Spektrum von synthetischen Liganden einfach zugänglich
sein, um die Bindungseigenschaften zu optimieren. Aufgrund der relativ
schwachen Affinitäten bei Kohlenhydrat-Protein-Interaktionen hat sich ein
multivalenter Aufbau der Kohlenhydratliganden als erfolgreich erwiesen: Durch
den synthetischen Aufbau multivalenter Strukturen kann der in der Natur
vorgefundene Clustereffekt nachempfunden werden, der zu einer erheblichen
Bindungsverstärkung führt [Drickamer K und Taylor ME, 1993].
40
Ergebnisse
Auf diesen Kenntnissen basierend sollte im chemisch-synthetischen Teil der
Arbeit ein Synthesekonzept entwickelt werden für die Generierung von
Bibliotheken
multivalenter
Kohlenhydratstrukturen,
bei
denen
der
Kohlenhydratanteil und die Core-Einheit variiert werden können.
Im zweiten Arbeitsabschnitt sollten die dargestellten Kohlenhydratverbindungen in
geeigneter Weise derivatisiert werden, um sie als Sonde zur Detektion von
Oberflächenlectinen einzusetzen. Mittels Fluoreszenzmikroskopie sollen an
Tumorzellen verschiedenen Ursprungs die Lectin-Oligosaccharid Interaktionen
visualisiert werden.
Für die Entwicklung eines Therapeutikums auf Kohlenhydratbasis zur Inhibierung
des Metastasierungsprozesses sollten die synthetisierten Strukturen hinsichtlich
der Inhibierung relevanter Teilprozesse der Metastasierung wie Adhäsion und
Invasion in aussagekräftigen Testsystemen bewertet werden.
Kohlenhydrate, die sich zur Inhibierung eines für die Metastasierung relevanten
Schritts als geeignet erweisen, können schließlich einer präklinischen Prüfung
unterzogen werden.
41
Ergebnisse
3 Ergebnisse
3.1 Synthese
Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse der durchgeführten Synthesen
beschrieben. Die genauen Angaben zur Synthesevorschrift und die analytischen
Daten sind im Kapitel „Experimenteller Teil“ zu finden.
3.1.1 Chemische Methoden der O-Glycosidierung
Die O-Glycosidierung besteht aus einem Aktivierungsschritt, bei der ein
Monosaccharid im allgemeinen an der C-1 Position durch eine geeignete
Abgangsgruppe aktiviert wird und in der die Positionen C-2, C-3, C-4 und C-6 mit
Schutzgruppen versehen sind. Im Glycosidierungsschritt wird der aktivierte
Glycosyldonor mit einem Glycosylakzeptor (Aglycon) mit Hilfe von Promotoren zu
einem Glycosid umgesetzt. Im letzten Schritt erfolgt die Entschützung (s. Abb.
3.1-1) [Lindhorst T, 2000, Schmidt RR, 1997]
Glycosidierungsschritt:
RO
RO
O
RO
+
RO
HO Aglycon
-HA
Promotor
O
RO
O
RO
OR
OR
A
Aglycon
Entschützungsschritt:
RO
HO
z. B. Hydrierung o.
Esterspaltung
HO
O
RO
O
RO
OR
Aglycon
O
O
HO
OH
Aglycon
Abbildung 3.1-1 Schematische Darstellung einer Glycosidsynthese in zwei Schritten.
A= Abgangsgruppe; R= Schutzgruppe
Zur klassischen Glycosidierungsmethode gehört die Koenigs-Knorr-Reaktion
[Koenigs W und Knorr E, 1901] und verwandte Methoden [Paulson H, 1982;
Houben-Weyl, 1992]. Bei dieser Reaktion dienen Glycosylhalogenide als
Glycosyldonoren. Als Promotoren werden Schwermetallsalze wie Silbersalze
42
Ergebnisse
eingesetzt. Helferich modifizierte diese Methode durch Verwendung von
Quecksilberbromid oder Quecksilbercyanid [Helferich B und Weis K, 1956].
Diese Reaktion ist eine wertvolle Technik zur Synthese von komplexen
Oligosacchariden und Glycokonjugaten [Kunz H, 1987, 1993]. Nachteilig ist die
Verwendung einer equimolaren Menge des Schwermetallsalzes und die damit
verbundenen Probleme der Entsorgung, die für eine Large Scale Synthese nicht
attraktiv sind und die zu erwartenden geringen Ausbeuten [Schmidt RR, 1997].
Eine attraktive Alternative stellt die Trichloracetimidat-Methode oder das ImidatVerfahren nach Schmidt dar [Schmidt RR und Michel J, 1980; Schmidt RR, 1989].
Der Glycosyldonor ist hierbei ein O-Glycosyltrichloracetimidat des entsprechenden
Zuckers, welches durch basenkatalysierte Umsetzung des am anomeren C-Atom
ungeschützten Zuckers mit Trichloracetonitril erhalten wird [Grundler und Schmidt
RR, 1984]. Durch geeignete Wahl der Base kann die Darstellung des α- oder βGlycosylimidats kontrolliert werden (s. Abb. 3.1-2) [Kinzy W und Löw A, 1993;,
Greilich U et al., 1993; Bommer R und Schmidt RR, 1989; Schmidt RR und Michel
J, 1981]. Als Schutzgruppen werden in der Regel Acetyl- und Benzoylgruppen
oder die hydrogenolytisch spaltbaren Benzylgruppen verwendet. Die
acyl-
geschützen α-Glycosylimidate reagieren unter Säurekatalyse in hohen Ausbeuten
zu den entsprechenden β-Glycosiden [Rio S et al, 1993; Petitou M et al., 1991].
BzO
1. Schritt
BzO
CCl3-CN/NaH
O
BzO
BzO
OBz
2. Schritt
BzO
O
BzO
BzO
Katalysator
OBz
O
OH
+ R-OH
CCl3
BzO
BzO
O
OR
OBz
NH
Abb. 3.1-2 Schematische Darstellung der Trichloracetimidat-Methode. 1. Schritt: Darstellung eines
Trichloracetimidats; 2. Schritt: Glycosidierung. R= Aglycon, Bz= Benzoyl-Schutzgruppe
Als
Katalysatoren
dienen
Lewis-Säuren
wie
beispielsweise
das
Trimethylsilyltrifluoromethansulfonat (TMS-triflat) oder Bortrifluorid Etherat (Et2OBF3). Als Lösungsmittel werden für das Imidat-Verfahren ähnlich mittelpolare
Systeme
(z.B. Dichlormethan, Acetonitril) wie für die Koenigs-Knorr-Synthese
verwendet.
43
Ergebnisse
3.1.2 Diels-Alder (DA) Reaktion
Die Diels-Alder Reaktion ist eine klassische Reaktion in der organischen Chemie,
die weitverbreitet genutzt wird, um auf regio- und stereo-kontrolliertem Wege
kleine und komplexere Moleküle zu synthetisieren. Mit dem Potential C-C, CHeteroatom und Heteroatom-Heteroatom Bindungen zu knüpfen wird die DielsAlder Reaktion zu einem vielseitigen synthetischen Werkzeug [Fringuelli F und
Taticchi A, 1990].
Seit ihrer Entdeckung 1928 [Diels O und Alder K, 1928] existieren bis dato mehr
als 17000 Veröffentlichungen, die synthetische, mechanistische und theoretische
Aspekte abdecken. Allein die Hälfte der Publikationen entstanden in den letzten
zehn Jahren. Die klassische Diels-Alder Reaktion ist eine konzertiert ablaufende
Cylcoaddition zwischen einem konjugierten Dien und einer zweiten Komponente,
das sogenannte Dienophil, die mindestens eine π-Bindung besitzt:
Dienophil
Dien
Die Diels-Alder Reaktion ist stereospezifisch
Die Diels-Alder Reaktion ist nicht nur bezüglich des Substitutionsmusters der
ursprünglichen Doppelbindung stereospezifisch, sondern auch im Bezug auf die
Orientierung der beiden Ausgangsverbindungen zueinander.
Das Maleinsäureanhydrid hat zwei Möglichkeiten als Dienophil mit dem
Cyclopentadien zu reagieren (s. Abb. 3.1-3).
44
Ergebnisse
Abb.3.1-3 Beispiel einer Diels-Alder Cycloaddition mit Maleinsäureanhydrid und Cyclopentadien
und Endo – und Exo-Produkt entstehen bei der Reaktion
Die linke Struktur in Abb. 3.1-3 wird als Endo-Produkt, die rechte als Exo- Produkt
bezeichnet. Die Exo-Verbindung ist die thermodynamisch stabilere von beiden,
bei normalen Temperaturen jedoch, entsteht bevorzugt die kinetisch kontrollierte
Endo-Verbindung (91%).
Bei der Reaktion mit einem Furan und Maleinimid ist das Verhältnis von Endooder Exo- Verbindung durch die Reaktionstemperatur steuerbar [Fringuelli F und
Taticchi a, 1990].
O
O
O
90°C
endo
NH
O
+
NH
O
O
O
O
25°C
NH
exo
O
Abb. 3.1-4 Analog zu 3.1-3 entstehen exo- und endo-Verbindungen, deren bevorzugte Bildung
durch die Reaktionstemperatur dirigiert wird.
45
Ergebnisse
3.1.3 Biotinylierte DA-Mimetika
3.1.3.1
Glycosidierung der Furan-Bausteine
Als Ausgangsprodukte zur Darstellung von DA-Mimetika stehen 3,4- und 2,5substituierte Bishydroxymethyl Furane, die nach Gaylord synthetisiert wurden zur
Verfügung [Gaylord NG, 1956]. Im 1. Schritt werden sie glycosidiert, wobei sich
die Glycosidierung mit Benzoyl-geschützten Sacchariden nach der ImidatMethode bewährt hat.
Der Fokus dieser Arbeit lag auf der Glycosidierung von ß-3,4- und ß-2,5Bishydroxymethyl Furanen mit D-Galactose, L-Fucose.
Schritt 1:
OBz OBz
OBz OBz
OH HO
TMS-Triflat in
CH2Cl2
O
BzO
+
O
OBz
O
OBz
BzO
O
BzO
OBz
O
O
OBz
OBz
-30°C
CCl3
NH
1
O
2
Schritt 2:
OBz OBz
OH OH
OBz
BzO
O
BzO
O
OBz
O
O
OH
HO
O
O
OBz
OBz
NaOMe/MeOH
bei RT
HO
OH
O
O
O
O
OH
OH
O
3
Abb.3.1-5 Schematische Darstellung der Glycosidierung von 3,4 Bishydroxymethyl Furan nach der
Imidat-Methode. Bz= Benzoyl-Schutzgruppe
Nach der Entschützung stehen die glycosidierten Furan-Bausteine verschiedenen
Dienophilen für eine Diels-Alder Reaktion zur Verfügung.
1
Die H-NMR spektroskopischen Daten diglycosidierter 3,4 Furane lassen sich als
pseudosymmetrische Verbindung interpretieren, obwohl sie durch Glycosidierung
mit zum Beispiel zwei D-Galactosen keine Spiegelebene besitzen. Bei dem mit DGalactose glycosidierten 2,5 Furan ist dieselbe Beobachtung zu machen.
46
Ergebnisse
GalO
OGal
FucO
OFuc
FucO
OGal
O
O
O
3
5
7
OH OH
GalO
OGal
O
Gal=
HO
O
O
OH
OH
10
Fuc=
O
O
OH
HO
Abb.3.1-6 Struktur der glycosidierte 3,4- und 2,5-Bishydroxymethyl Furane, die nach Abb. 3.1-3
synthetisiert wurden. Gal=ß-D-Galactose, Fuc=ß-L- Fucose
3.1.3.2 Darstellung von biotinylierten DA-Mimetika
Für die Darstellung von biotinylierten DA-Mimetika fand die Umsetzung der
glycosidierten Furan-Bausteinen mit biotinylierten Maleinimiden [Sigma Aldrich,
Deisenhof] statt. Zwar entsteht bei dieser Reaktion ein tricyclisches Gerüst, aber
die
Core-Struktur
ist
definiert
durch
das
Oxabicycloheptan,
das
einer
Saccharidstruktur ähnelt. Um die Bezeichnung bei den DA-Mimetika zu
vereinfachen, wurde die Nummerierung des Furans beibehalten (s. Abb.3.1-7).
Ein wesentlicher Vorteil der Diels-Alder-Reaktion ist die Art des Lösungsmittels
(hier: H2O) im moderaten Temperaturbereich von Raumtemperatur bis 40°C in
dem diese Reaktionen ablaufen.
3. Schritt
2
RO
RO
3
O
4
N
+
O
RO
O
in H2O
40°C
Biotin
2
3
RO
O
4
5
N
5
3,4-DA-Mimetikum
O
Biotin
O
Abb.3.1-7 Schematische Darstellung einer Diels-Alder-Reaktion mit 3,4-Bishydroxymethyl
glycosidierten Furan (Dien) und biotinylierten Maleinimid (Dienophil) zum biotinylierten 3,4 DAMimetikum. R= Monosaccharid. Nomenklatur: Die Position der Saccharide im DA-Mimetika richtet
sich nach dem Furan.
Die entstandenen Produkte bei zwei gleichen Sacchariden lassen sich in Exo- und
Endo-Produkt
unterscheiden,
dessen
jeweilige
Bildung
sich
durch
die
Reaktionstemperatur steuern lässt. Bei Raumtemperatur wird bevorzugt das Exo47
Ergebnisse
Produkt gebildet [Anet FAL, 1962; Kwart H und Burchuk I, 1952; Mc Elhanon JR
und Wheeler DR, 2001] (s. Abb.3.1-4). Bei der
1
H-NMR spektroskopischen
Analyse kann man Exo- und Endoverbindungen im Verhältnis 60:40 deutlich
anhand der Integrale der Protonen am Oxabicylcohexan ermitteln. Für die ExoVerbindung liegt die chemischen Verschiebung bei H-5 und H-8 bei 5.4 ppm. Für
die Endo-Verbindung ist das Signal bei 5.62 ppm zu finden. Sind zwei
verschiedene Saccharide am Oxabicycloheptan-Gerüst substituiert entstehen vier
Stereoisomere:
O
GalO
GalO
O
O
O
FucO
N
FucO
Biotin
N
Biotin
O
O
O
FucO
FucO
O
O
O
GalO
N
GalO
Biotin
N
Biotin
O
O
GalO
FucO
O
O
N
FucO
O
11
Biotin
FucO
O
N
GalO
O
O
O
12
Biotin
O
N
GalO
O
Biotin
13
Abb.3.1-8 Struktur der biotinylierten DA-Mimetika, die nach Abb. 3.1-5 synthetisiert wurden.
Gal=ß-D Galactose, Fuc=ß-L Fucose.
Die Reaktionen laufen unter milden Bedingungen mit Ausbeuten zwischen 38 %
und 45 % (11- 13). Ein Problem stellt jedoch die Retro-Diels-Alder Reaktion dar,
die beim Furan durch seinen aromatischen Charakter bedingt ist [Fringuelli F und
Taticchi A, 1990]. Vorläufig durchgeführte Kinetik-Untersuchungen mittels HPLC
zeigten, dass die Saccharide an Position 3 und 4 ausreichend Stabilität des DAMimetikums
bei Raumtemperatur gewährleisten, die sie für den biologischen
Assay (Fluoreszenzfärbung) einsetzbar machen, wohingegen die 2,5 DA-Mimetika
48
Ergebnisse
durch ihre geringere Halbwertszeit einen limitierenden Faktor für die biologische
Anwendbarkeit darstellen.
3.1.4 Synthese von 1, 3, 5 Trishydroxymethylcyclohexan- Mimetika (TMC)
Für die Struktur-Aktivitätsstudie wurden neben den DA-Mimetika TMC-Mimetika
synthetisiert. Die TMC-Mimetika unterscheiden sich bezüglich ihrer Corestruktur
vom DA-Mimetikum. Anstatt eines Oxabicycloheptans, stellt die zentrale Struktur
ein Cyclohexan dar, die einer Saccharidstruktur erheblich näher kommt, da sie die
verschiedenen Konformationsmöglichkeiten eines Saccharids (Wanne, Sessel)
einnehmen kann.
Im Vordergrund dieser Arbeit standen die Synthese von di- und trivalenten TMCGalactosiden.
Setzt man für die Reaktion das Trishydroxymethylcyclohexan mit dem Imidat im
Verhältnis 1:3 ein, erhält man di- und trivalente TMC-Mimetika im Verhältnis 1:2.
Nach
säulenchromatographischer
Trennung
der
di-
und
trivalenten
benzoylgeschützten TMC-Mimetika folgt die Entschützung und die Aufreinigung
über HPLC.
Die Ausbeuten liegen bei 30% (20= TMC-Digal) und 60% (21=TMC-Trigal).
Wie schon bei den glycosidierten Furanen beobachtet zeigen die TMCDiGalactoside und TMC-TriGalactoside im 1H-NMR eine pseudosymmetrische
Verbindung,
die
wegen
der
Symmetrieebene besitzt. Beim
Konformation
des
Cyclohexans
keine
13
C-NMR lassen sich aber drei Peaks zuordnen,
von denen zwei Peaks als die beiden C-Atome der Methylengruppe identifiziert
worden sind, die mit den Galactosen verknüpft sind (34.73, 34.82) und ein Peak
dem C-Atom der Methylengruppe, die zur OH-Gruppe führt, zugehörig ist (s. Abb.
3.3-3).
49
Ergebnisse
OBzOBz
O
BzO
1. Schritt
OBz
O
OBzOBz
OH
OBz OBz
O
+
HO
BzO
OBz
O
OH
O
O
BzO
CCl3
OBz
OBz
O
O
TMS-Triflat
CH2Cl2
-30°C
NH
BzO
BzO
OBz
OH
OBzOBz
O
O
BzO
OBz
OBz
O
O
BzO
BzO
OBz
2. Schritt
Trennen, Entschützen
OH OH
O
OH
NaOMe/MeOH
OH OH
HO
O
O
HO
OH
+
OH
O
20
OH OH
O
O
O
O
HO
HO
HO
OH
OH
OH
O
O
OH
21
HO
HO
OH
Abb. 3.2-1 Synthese der di- und trivalenten TMC-Galactoside. Synthese erfolgte nach der ImidatMethode. Als Glycosyldonor wurde das benzoylgeschützte Galactosetrichloracetimidat eingesetzt.
Als Promoter diente das TMS-Triflat.
.
50
Ergebnisse
3.2 Biologische Untersuchungen
3.2.1 Biotinylierte Oligsaccharidmimetika als diagnostische Werkzeuge
3.2.1.1 Einleitung
Das
diagnostische
Potential
der
in
3.1.3
und
3.1.4
beschriebenen
Oligosaccharidmimetika wurde anhand geeigneter in vitro Testsysteme ermittelt.
Zu diesem Zweck wurde eine Methode zur Anfärbung von Tumorzellen mit
biotinylierten
Kohlenhydratmimetika
und
FITC
(Fluoresceinisothiocyanat)-
gekoppeltem Avidin etabliert, die es ermöglichte, zuckererkennende Domänen auf
der Tumorzellmembran zu visualisieren und nach ihren charakteristischen
Anfärbemustern auszuwerten. Diese Studie basiert auf Daten, die zeigen, dass
die Lectinexpression abhängig ist vom Zelltyp und vom pathologischen Zustand.
Das diagnostische Potential wurde bestimmt durch
•
Fluoreszenzfarbtests an einem breiten Spektrum humaner TumorZelllinien, die Monolayer adhärent wachsen.
•
Tests mit verschiedenen biotinylierte Oligosaccharidmimetika, die sich in
ihren Zuckerbausteinen und in ihrer stereochemischen Orientierung
unterscheiden, um eine Struktur-Aktivitätsbeziehung ableiten zu können.
Des weiteren wurde der Einfluss synthetischer Oligosaccharide auf das
Adhäsions- und Invasionspotential von B16-Zellen getestet. Der letzte Teil der
biologischen Untersuchungen deckte den molekularbiologischen Aspekt ab.
Hierbei wurde der Einfluss von synthetischen Oligosacchariden auf die MMPAktivität und Tyrosinphosporylierung untersucht.
51
Ergebnisse
3.2.1.2 Evaluierung des diagnostischen Potentials der Kohlenhydratmimtika über
die Fluoreszenzfärbung
Die Abbildung 3.2.-1 zeigt die Färbeschritte an adhärent wachsenden Zellen.
Nach Absättigung unspezifischer Bindungsstellen, werden die fixierten Zellen mit
biotinylierten Oligosaccharidmimetika inkubiert. Das Biotin reagiert mit Avidin, das
kovalent an dem Fluoreszenzmarker FITC gebunden ist. Die Reaktion ist sehr
spezifisch und
4
1 x 10 Zellen aussäen und 3 Tage kultivieren (bis zur gewünschten Zelldichte)
Zellen fixieren m. 3% Formaldehyd
•
Blockierungsschritt, 1 h bei RT
•
Inkubation mit biotinyliertem Kohlenhydratmimetikum, 2 h bei RT
•
Inkubation mit Avidin-FITC, 1 h bei RT im Dunkeln
•
Färbung der Zellkerne mit DAPI, 1 min bei RT im Dunkeln
Eindecken mit Elvanol auf Objektträger
Auswertung am Fluoreszenzmikroskop
Abbildung 3.2-1 Schematische Durchführung einer Fluoreszenzfärbung mit biotinylierten
Oligosaccharidmimetika
ist durch die hohe Bindungsaffinität von Biotin zu Avidin eine verbreitete LabelingMethode in der Zellbiologie. Fakultativ kann die Zellmembran mit Triton X100
permeabilisiert werden. Als Kontrolle dienen Zellen, die nur mit Avidin- FITC
inkubiert wurden. Folgende humane, adhärent wachsende Tumor- Zelllinien
wurden für die Fluoreszenzfarbtests gewählt:
A431 (Fabricant, RN et al.,1977) : Vulva, Plattenepithelcarzinom
MCF-7 (Soule, HD et al., 1973) : Mamma, Adenocarzinom
PLC (Alexander, JJ et al., 1976) : primäres Leberzellcarzinom
Glioma U333 CG/343 MG (Achstätter et al., 1986): Astrozytom
SKOV-3 (Fogh J et al., 1977): Ovarialcarzinom
52
Ergebnisse
SW480 (Fogh J et al., 1977): Coloncarzinom
CaCo-2 (Fogh et al., 1977): Colon, Adenocarzinom
_________________________________________________________________
SV80 (Franke et al., 1979): normale humane Fibroblasten
Folgende
biotinylierte
Kohlenhydratmimetika
wurden
für
die
Fluoreszenzfarbmethode eingesetzt:
3,4DA-Kohlenhydratmimetika
3,4DAGalGal
O
RO
TMC-Kohlenhydratmimetikum
O
RO
*TMCGalGal
NH
3,4DAFucFuc
Biotin
RO
3,4DAGalFuc
N
S
O
OR
Biotin
O
R= Gal und/oder Fuc
*diese Verbindung wurde freundlicherweise von Prof. Dr. M. Wießler, DKFZ-Heidelberg zur
Verfügung gestellt
Fluoreszenzfärbung
an
verschiedenen
Zelllinien
mit
verschiedenen
Kohlenhydratmimetika
A431
a
b
c
Abbildung 3.2-2 zeigt A431 Zellen die mit a DAFucFuc, b DAGalGal und c DAGalFuc (100x)
inkubiert wurden.
A431 Zellen stammen aus einem Plattenepithelkarzinom der Vulva und sind
adhärente Zellen, die als Monolayer wachsen. Sie sind mit biotinylierten
Kohlenhydratmimetika wie in 6.1.2.2 beschrieben, behandelt worden.
53
Ergebnisse
Bild a zeigt Zellen, die mit DAFucFuc inkubiert wurden. Die Fluoreszenzintensität
ist zwar hoch, jedoch wird das Anfärbemuster durch hohes Hintergrundleuchten
überdeckt. Dafür zeigen die A431 Zellen ein charakteristisches Bild, wenn sie mit
3,4DAGalGal angefärbt wurden (b). Zwar ist die Fluoreszenzintensität deutlich
schwächer, aber dafür wird die spezifische Anfärbung an der Peripherie der Zelle
gut erkennbar. Man würde die begrenzte Anfärbung der Plasmamembran um die
Region der Polkappen vermuten. Das beste Resultat erzielte die Anfärbung der
Zellen mit 3,4DAGalFuc, da beide wichtigen Parameter für die Diagnostik wie
hohe Fluoreszenzintensität und Spezifität gepaart auftreten (c).
Da sich die Zellen bei dieser Fluoreszenzfärbung leicht vom Coverslip lösten, war
besondere Vorsicht bei allen Wasch- und Inkubationsschritten geboten.
MCF-7
a
b
Abbildung 3.2-3 zeigt MCF-7Zellen die mit a DAFucFuc, b DAGalGal (100x) inkubiert wurden.
Das Mammacarzinom MCF-7 zeigte hingegen keine spezifische Anfärbung durch
die 3,4 DA-Mimetika. Exemplarisch zeigen Abbildung 3.2-3 a und b die diffuse
Anfärbung der Zellen, was zum Teil vom hohen Hintergrundleuchten herrührt. Das
lässt vermuten, dass auch Bestandteile der extrazelluläre Matrix angefärbt sind.
Die Gliazellen in Abbildung 3.2-4 a sind mit DAFucFuc inkubiert worden und
färben wie bei den MCF-7 Zellen in einem etwas geringerem Maße diffus und
unspezifisch. Die Inkubation mit biotinyliertem DAGalGal zeichnet sich aber durch
eine polarisierte Anfärbung aus. Die 200-fache Vergrößerung zeigt die lokale
Begrenzung der Anfärbung in der Nähe vom Zellkern oder an der Peripherie der
Zelle.
Zur topographischen Orientierung wurden die Zellkerne mit DAPI wie in 6.1.2.3
beschrieben, angefärbt (d).
54
Ergebnisse
Glia
a
b
c
d
Abbildung 3.2-4 zeigt a Glia-Zellen die mit 3,4DAFucFuc (100x) und mit b+ c 3,4DAGalGal und
inkubiert wurden (100x, 200x). d zeigt die Zellkerne von c, die mit DAPI sichtbar gemacht wurden.
PLC
a
b
c
d
Abbildung 3.2-5 zeigt PLC-Zellen die mit a 3,4DAFucFuc, b 3,4DAGalGal c 3,4DAGalFuc inkubiert
wurden. d zeigt die Zellkerne von c, die mit DAPI sichtbar gemacht wurden. (100x)
Die PLC-Zellen zeigten bei der Behandlung mit 3,4DAFucFuc (a) und mit
DAGalGal (b) kaum Unterschiede in ihrem Anfärbemuster. In c erscheint aber die
Fluoreszenzintensität nach Inkubation mit DAGalFuc höher als in a und b und
visualisiert damit gleichzeitig eine charakteristische Anfärbung an der Peripherie
55
Ergebnisse
der Zelle, die z. T. „sichelförmig“ abgebildet ist. d zeigt die mit DAPI angefärbten
Zellkerne von c.
CaCo-2
a
b
c
d
Abbildung 3.2-6 zeigt CaCo-2 Zellen die mit a 3,4DAFucFuc , b 3,4DAGalGal (100x) und a
3,4DAGalFuc inkubiert wurden. d zeigt die Zellkerne von c, die mit DAPI sichtbar gemacht wurden
(200x).
Hervorzuheben ist in dieser Versuchsreihe die Anfärbung zweier ColoncarzinomZelllinien: CaCo-2 und SW480. CaCo-2 Zellen lassen sich zwar gut mit
3,4DAFucFuc und 3,4DAGalGal anfärben, sind aber im Erscheinungsbild eher
verschwommen. Die Behandlung der Zellen mit 3,4DAGalFuc demonstriert jedoch
eine charakteristische Anfärbung der Plasmamembran, die als polarisierte
Anfärbung an den Pokappen definiert ist (c). Diese Beobachtung würde gut mit
den aus der Literatur beschriebenene Polarisierung des Endocytoseprozesses
(patching, capping) korrelieren.
56
Ergebnisse
SW480 Zellen zeigen die gleichen charakteristischen Anfärbungen wie CaCo-2
Zellen. Auch in diesem Fall ergibt eine Inkubation der Zellen mit 3,4DAGalFuc
eine polarisierte Anfärbung (s. Abb. 3.2-7a). Diese Beobachtung könnte gut mit
dem in der Literatur bekannten Fucose-Rezeptor auf der SW480-Zellmembran,
dem endozytotische Funktionen zugeschrieben wird, zusammenhängen [Lerchen
HJ, 2000].
SW480
a
b
c
d
e
f
Abbildung 3.2-7 zeigt SW480-Zellen, die mit a 3,4DaFucFuc, b mit 3,4DAGalGal, mit c
3,4DAGalFuc inkubiert worden sind. d sind die mit DAPI angefärbten Zellkerne von c. Zellmembran
wurde mit Triton X100 permeabilisiert und Zellen anschliessend mit 3,4DaGalFuc inkubiert. f ist
das korrespondierende DAPI-Bild von e.
Die intrazelluläre Anfärbung von SW480 Zellen nach Permeabilisierung mit Triton
X100 mit allen drei 3,4DA-Mimetika zeigen eine extreme Kumulation der
Fluoreszenz in der Zelle, genauer im Zellkernbereich und am Cytoskelett., wie die
57
Ergebnisse
Abb. 3.2-7e exemplarisch zeigt. Im Zellkern selbst sind hellere Spots zu erkennen,
die mit Kernlectinen in Verbindung gebracht werden könnten [Gabius HJ, 1997].
Die intrazelluläre Anfärbung wurde mit allen Kohlenhydratmimetika und Zelllinie
durchgeführt und jedes Mal war die starke Zellkernfärbung zu beobachten.
Die SKOV-3 Zellen ließen sich auch gut mit 3,4DAGalFuc anfärben. In diesem
Fall ist die ganze Zelle ausser der Plasmamembran auf dem Zellkern (linker Pfeil)
angefärbt und manche Zellen färben gar nicht an (Abb. 3.2-8a ).
Das Bild b zeigt SKOV-3 Zellen, die mit dem Kohlenhydratmimetikum TMCGalGal
behandelt wurden. Die SKOV-3 Zellen sind stark angefärbt, besonders deutlich in
der Region um die FAPs (Focal Adhesion Points), die die Kontaktstellen zwischen
Zelle und ECM darstellen. Auch die charakteristische Anfärbung der ECM, die den
Hintergrund wie einen „Sternenhimmel“ erscheinen lässt, ist ein charakteristisches
Merkmal für die Anfärbung von SKOV-3 Zellen mit TMC-Digal.
SKOV-3
Ungefärbte Zelle
a
b
c
Abbildung 3.2-8 zeigt a SKOV-3 Zellen, die mit 3,4DAGalFuc wurden. Die Fluoreszenzintensität ist
hoch. Die ganze-hier langgestreckte- Zelle weist eine gleichmäßige Färbung auf. Oben rechts sieht
man eine Zelle, die kaum angefärbt ist. b zeigt Zellen, die mit TMCGalGal inkubiert wurden. Die
ECM erscheint wie ein „Sternenhimmel“. c zeigt die korrespondierenden Zellkerne zu b, die mit
DAPI angefärbt wurden.
58
Ergebnisse
Zur Kontrolle wurden normale humane Fibroblasten mit den drei 3,4DA-Mimetika
inkubiert. Die diffuse Anfärbung und die geringe Fluoreszenzintensität entspricht
der Kontrollgruppe ohne 3,4DA-Mimetika (s. Abb. 3.2-9). Bild c zeigt die Kerne
von b.
SV80
a
b
c
Abbildung 3.2-9 zeigt a SV80 Zellen, die mit 3,4DAFucFuc und mit 3,4DAGalGal (b) inkubiert
worden sind. Die Fluoreszenzintensität unterscheidet sich kaum von der Kontrollgruppe ohne
Kohlenhydratmimetika. Dass tatsächlich Zellen im Bild sind zeigt das korrespondierende Bild mit
der DAPI-Färbung der Kerne (c).
Wichtig zu erwähnen ist die Versuchsreihe mit 2,5DAGalGal, die keine
charakteristischen Anfärbungen auf den getesteten Zelllinien zeigten. Man kann
die Versuchsreihe mit der einer Kontrollgruppe vergleichen. Da dieses Mimetikum
auch chemisch nicht stabil zu sein scheint, wurde die Versuchsreihe mit diesen
Verbindungen nicht fortgesetzt.
59
Ergebnisse
3.2.2 Fluoreszenzfärbung histologischer Schnitte am Colon-Tumor und –
Normalgeweben
Diese Arbeit entstand in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Mannheim
(Dr. Keese und Dr. Sturm)
Da die Coloncarzinomzellen diskrete und intensive Anfärbungen mit den 3,4 DAMimetika zeigten, haben wir beschlossen, die Fluoreszenzfärbungen auf
histologische Gewebeschnitte vom Darm zu übertragen. Coloncarzinome
verschiedener Differenzierungsstadien und Normalgewebe wurden mit den drei
biotinylierten
3,4DA-Mimetika
wiederum
über
Avidin-FITC
angefärbt,
um
Unterschiede des Anfärbemusters festzustellen.
Das Ziel dieses Arbeitsabschnittes war es, die in vitro Färbeversuche auf
Gewebeschnitte
zu
übertragen,
die
weitgehend
die
morphologischen
Eigenschaften eines Organs beibehalten haben. Es wurden Gewebeproben von
acht Patienten untersucht, die in Normalgewebe, in gut und weniger gut
differenzierte Coloncarzinome klassifiziert wurden.
Es zeigte sich, dass die Kohlenhydratmimetika nicht tumorspezifisch sind. Keine
der 3,4 DA-Mimetika zeigten charakteristische Anfärbungen, aus der sich Normal-,
gut und schlecht differenziertes Tumorgewebe unterscheiden ließe. Außerdem
zeigte das 3,4DAGalGal nur bei einem Patienten im Tumor eine Anfärbung. Die
beiden anderen 3,4DAMimetika zeigten intensive Färbungen in der Mucosa und
an den Endothelzellen, teilweise war auch das Cytoplasma gefärbt.
Anhand der Fluoreszenzintensitäten konnten jedoch Aussagen über den
Differenzierungsstatus des Tumors gemacht werden.
3,4DAFucFuc und 3,4DAGalFuc färbten die histologischen Schnitte von vier
schlecht differenzierten Tumorgeweben besser an als die korrespondierenden
Normalgewebe, d.h., dass das Färbemuster vom Normalgewebe zwar im
Tumorgewebe erhalten blieb, jedoch war eine höhere Fluoreszenzintensität im
Tumorgewebe zu verzeichnen. Der Vergleich zwischen Normalgewebe und gut
differenziertem Tumorgewebe ergab nur bei einem Patienten eine höhere
Fluoreszenzintensität im Tumor.
Zusammengefasst ist die Übertragung der Fluoreszenzfärbung von in vitro auf in
vivo mit Limitationen verbunden, die eine diagnostische Auswertung an
Gewebeschnitten mit 3,4DA-Mimetika zur Zeit nicht möglich machen.
60
Ergebnisse
3.2.3 Adhäsionsassay von TMC-Galactosiden und Furan-Galactosiden an
B16F1 und B16F10Zellen
Der Adhäsionsassay entstand in Zusammenarbeit mit C. Gronewold, E. Frei, A.
Chatterjee
Die Fluoreszenzfärbung hatte gezeigt, dass diskrete Bereiche der Zelle mit den
Galactosid-Mimetika angefärbt werden. Besonders charakteristisch ist die
Anfärbung der SKOV-3 Zellen mit TMC-Digal, die die Region der FAPs („Focal
Adhesion Points“) visualisierte. FAPs sind dynamische Strukturen, die dadurch
entstehen, dass bei einer Ligandenbindung und Zelladhäsion ein Clustering von
Integrinen induziert wird. Sie bilden den Kontakt zwischen Zelle und ECM. Mit
Hilfe dieser Kontaktstellen können die Zellen auf der ECM migrieren. Die
Adhäsions-
und
Migrationsprofile
von
Zellen
bestimmen
das
Metastasierungspotential [Hood JD und Cheresh DA, 2002].
Aufgrund ihres unterschiedlichen Metastasierungspotentials sind B16F1 und
B16F10
Zellen
gute
Modelle
Metastasierungsmechanismen. Die B16F1
zur
Untersuchungen
von
Zellen zeigen ein geringeres
Metastasierungspotential in vivo als die B16F10 Zellen[Fiedler IJ,1973; Fiedler IJ,
1975]. In dieser Arbeit wurde der Einfluss von verschiedenen, multivalenten TMCund Furan-Galactosiden auf das Adhäsions- und Migrationsverhalten von B16F1
und B16F10 Zellenuntersucht. Als Kontrollen hat man folgende Verbindungen
gewählt:
1ß-Methylgalactosid,
TMC-Core
und
eine
Kontrollgruppe
ohne
Testverbindungen. Alle Adhäsionsversuche wurden an Fibronectin durchgeführt.
61
Ergebnisse
OH
HO
O
HO
HO
O
OH
HO
O
O
O
O
O
O
HO
HO
OH
O
H
O
O
H
OH
OH
O
HO
OH
OH
O
HO
O
OH
O
HO
O
O
OH
OH
8= TMC-Digalactosid
OH
HO
HO
OH
HO
O
OH
OH
3= TMC-Trigalactosid
OH
OH
OH
HO
OH
HO
OH
O HO
OH
OH
O
HO
26= 2,5 FuranGalGal
27=3,4 FuranGalGal
Abb. 3.2-10 Chemische Strukturen der Testverbindungen.
Der Abbildung 3.2-11 zeigt, dass die maximale Adhäsion von ~75% schon bei
einer Konzentration von 0,5 µg Fibronectin erreicht ist und danach in ein Plateau
übergeht. Daher wurden alle Adhäsionsassays bei einer Konzentration von 0,5 µg
Fibronectin /96 well-Platte durchgeführt.
Adhäsion of B16F1 und B16F10 Zellen an Fibronectin
85
% Max. Adhäsion
75
65
55
45
35
25
15
B16F1/Fib.
B16F10/Fib
5
-5
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
1,4
1,6
Konzentration Fibronectin in µg/ Platte
Abb. 3.2.11 zeigt die Adhäsionseigenschaft von B16F1 und B16F10 Zellen an Fibronectin. Das
Plateau ist bei einer Konzentration von 0,5µg Fibronectin erreicht.
62
Ergebnisse
Adhäsion von B16F1 Zellen an Fibronectin
Di- Gal
Tri-Gal
Trishxdroxy-methyl-Cyclohexan
Methyl-Galactose
2,0
1,8
1,6
Inhibitionsrate
1,4
1,2
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
5 mM
10 mM
20 mM
40 mM
Abbildung 3.2-12 zeigt die Adhäsion-Inhibitionsraten von B16F1 Zellen nach der Behandlung mit
verschiedene TMC-Galactosiden, 1ß-Methylgactosid und TMC-Core an Fibronectin, im Vergleich
zu den Kontrollen.
Adhäsion von B16F10 Zellen an Fibronectin
Di-Gal
Tri-Gal
Trishxdroxy-methyl-Cyclohexan
Methyl-Galactose
1,6
1,4
inhibitionrate
1,2
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
5 mM
10 mM
20 mM
40 mM
Abbildung 3.2-13 zeigt Adhäsion-Inhibitionsraten von B16F10 nach der Behandlung mit
verschiedenen TMC-Galactosiden, 1ß-Methylgalactosid, TMC-Core an Fibronectin im Vergleich zu
den Kontrollen.
63
Ergebnisse
Adhäsion von B16F1 Zellen an Fibronectin
B16F1 inkub. m. 3,4 Furan-GalGal
1,40
B16F1 inkub. m. 2,5 FuranGalGal
1,20
Inhibitionsrate
1,00
0,80
0,60
0,40
0,20
0,00
5 mM
10 mM
20 mM
40 mM
Abbildung 3.2-14 zeigt die Adhäsion-Inhibitionsrate von B16F1 Zellen nach der Inkubation mit 3,4
Furan-Galactosiden und 2,5Furan-Galactosiden an Fibronectin im Vergleich zu den Kontrollen.
Adhäsion von B16F10 Zellen an Fibronectin
1,60
B16F10 inkub. m. 3,4 FuranGalGal
1,40
B16F10 inkub. m. 2,5 FuranGalGal
Inhibitionsrate
1,20
1,00
0,80
0,60
0,40
0,20
0,00
5 mM
10 mM
20 mM
40 mM
Abbildung 3.2-15 zeigt die Adhäsion-Inhibitionsrate von B16F10 Zellennach der Inkubation mit 3,4
Furan-Galactosiden und 2,5 Furan-Galactosiden an Fibronectin im Vergleich zu den Kontrollen.
Die Abbildungen 3.2-12 und 3.2-13 zeigen den Einfluss der beiden TMCGalactoside und der Kontrollsubstanzen auf die Adhäsion von B16F1 und B16F10
Zellen
an
Fibronectin.
Die
beiden
Zelllinien,
die
sich
in
ihrem
Metastasierungspotential unterscheiden reagieren in ihrem Adhäsionsverhalten
64
Ergebnisse
nach
Inkubation
mit
verschiedenen
Kohlenhydratmimetika
offensichtlich
verschieden. Die Inhibitionsrate ermöglicht, alle Ergebnisse miteinander zu
vergleichen. Sie errechnet sich aus
Inhibitionsrate =
Adhäsion Zucker
Adhäsion kontrolle
Alle Daten, die über den Wert 1 liegen deuten auf eine Stimulation der Adhäsion
hin, wohingegen ein Wert < 1 eine Inhibition der Adhäsion bedeutet.
Auffällig ist zuerst einmal, dass die Testsubstanzen einen viel drastischeren Effekt
auf den B16F10 Zellen besaßen als auf den B16F1 Zellen. Die B16F1 Zellen
zeigten kaum einen Einfluss auf das Adhäsionspotential an Fibronectin nach
Behandlung mit den verschiedenen Testsubstanzen unabhängig von den
Konzentrationen. Anders sieht es bei den B16F10 Zellen aus. Die Testsubstanzen
TMC-TriGal und TMC-Core inhibieren jeweils in ähnlicher Weise die Adhäsion.
Die maximale Inhibierung von ~25% wird bei beiden Testsubstanzen mit 20mM
erreicht. Bei der Konzentration von 5 und 10mM ist bis auf eine leicht erhöhte
Adhäsion bei 10mM TMC-TriGal keine Abweichung des Adhäsionspotentials
gegenüber den Kontrollen zu verzeichnen. Das maximale Inhibitionspotential
wurde nach Inkubation der B16F10 Zellenmit TMC-DiGal erzielt. Bei 40mM konnte
die
Adhäsion
bis
zu
80%
reduziert
werden.
Die
Kontrollsubstanz
1ßMethylgalactosid wirkte unabhängig von der Konzentration durchgehend
stimulierend auf die Adhäsion und das TMC-Core mit einer ähnlichen
Molekülgröße, zeigte keinen Einfluss auf das Adhäsionsverhalten.
Die Abbildung 3.2-15 illustriert das Adhäsionsverhalten der mit divalenten FuranGalactosiden behandelten B16F10 Zellen. Die unterschiedliche stereochemische
Orientierung der Galactoside mit Furan als Core hat keinen signifikanten Einfluss
auf die Adhäsionshemmung. Beide Stereoisomere hemmen etwa gleich die
Adhäsion
der
B16F10
Zellen.
Die
maximale
Inhibierung,
mit
leichter
Adhäsionsstimulierung bei 10 mM 3,4 FuranGalGal wurde bei einer Konzentration
von 20 mM mit 25% erreicht.
65
Ergebnisse
3.2.4 Invasionsassay in Boydens Invasionskammern
Der Invasionsassay entstand in Zusammenarbeit mit A. Chatterjee, E. Frei
Ein weiterer wichtiger Aspekt in der Untersuchung der Metastasierung von
Krebszellen ist das Studium des Invasionspotentials. Die Adhäsion wurde durch
verschiedene
synthetische
untersuchen,
ob
Invasionspotential
die
zu
Galactoside
synthetischen
beeinflussen.
beeinträchtigt.
Galactoside
Viele
Daher galt
auch
fähig
Untersuchungen
es
sind,
belegen,
zu
das
dass
Kohlenhydrat-Lectin-Interaktionen eine wichtige Rolle im Metastasierungsprozess
spielen (s. Kapitel 1.2). Dabei sind sowohl die Kommunikation zwischen Zellen als
auch die Zell-ECM-Interaktion wichtige Schritte bei der Metastasierung. Die selben
Testsubstanzen
vom
Adhäsionsassay wurden
auch im
Invasionsassay
eingesetzt. Der Invasionsassay wurde in sogenannten Boydens Invasionskammer
durchgeführt, die ein semi-in vivo-System darstellen. Die Kammer besteht aus 2
Einheiten (s. Abb. 3.2-16). Der Boden der oberen Kammer ist mit extrazellulärer
Matrix beschichtet, die vom Engelbreth-Holm-Swarm Maus Sarkom extrahiert
wurde. Die Matrix enthält unter anderem Laminin, Kollagen Typ IV, Heparan Sulfat
Proteoglycan, Entactin und Wachstumsfaktoren.
Serumfreies
Medium
Serumhaltiges
Medium
Abbildung 3.2-16 zeigt das Schema einer Boyden Kammer (Becton Dickinson), die aus zwei
unterschiedlich großen Kammern besteht. Die kleinere Kammer, die in der größeren hängt ist
mit Matrigel (synthetische ECM) beschichtet. Die größere Kammer ist mit serumhaltigem
Medium (+ FCS als Lockstoff) gefüllt.
In der oberen Kammer werden die Zellen, die vorher in serum-freiem DMEMMedium mit den Testsubstanzen inkubiert wurden (105 Zellen/50 mM/0,3 cm2)
66
Ergebnisse
ausgesät. In diesem Versuch fungieren die Verbindungen ß-Methylgalactosid und
das TMC-Core wie in 3.2.3 als Kontrollsubstanzen, außerdem existiert eine
Kontrollgruppe ohne Testsubstanz. Die untere Kammer wird mit serumhaltigem
Medium befüllt. Das FCS („Fetal calf serum“) dient als Lockstoff.
Pore
Abbildung 3.2-5a zeigt die Unterseite
des
Matrigels
aufgenommen
mit
einem Lichtmikroskop nach 40 h. Das
Zelle
obere
Bild
(langgezogene
zeigt
B16-Zellen
Formen),
die
mit
TMC-Tri-Gal inkubiert wurden.
Die
runden Strukturen sind Poren der
a
Membran
Diese Aufnahme b zeigt Zellen, die
mit TMC-DiGal inkubiert wurden. Die
Hemmung der Invasion ist gegenüber
der dem Tri-Galactosid und dem
Core am größten.
b
c zeigt B16-Zellen, die mit dem TMC-
Core
inkubiert.
Es
wurde
keine
Hemmung der Invasion durch das
Core beobachtet. Die Dichte der
Zellen
gegenüber
größer
und
b
ist
entspricht
deutlich
der
unbehandelten Kontrolle.
c
Abb. 3.2-5
Die darin enthaltenen chemoattraktiven Substanzen locken die, im serumfreien
Medium „ausgehungerten“ Zellen, durch das Matrigel. Besonders sorgfältig sind
die nicht migrierten Zellen mit einem Wattestäbchen zu entfernen.
67
Ergebnisse
Das Ergebnis des Invasionsassays korreliert gut mit dem Adhäsionsassay. Das
TMC-Core hemmt die Migration der Zellen nicht, das TMC-Trigalactosid bewirkt
eine leichte Inhibierung und den größten Inhibitionseffekt erzielt man mit TMCDigalactosid.
3.2.5 MMP Aktivitätsmessung über Zymogramm
Der MMP-Assay entstand in Zusammenarbeit mit A. Chatterjee, E. Frei
MMP-2 gehört zu der Klasse der Matrix-Metalloproteinasen die etwa 24 Familien
umfasst.
Es ist schon lange bekannt, dass im Tumorgewebe höhere
Konzentrationen an MMPs existieren [Liotta LA, 1992, (Rev.); Coussens LM,
2002; Egeblad M und Werb Z, 2002]. Sie zerstören die Matrix Barrieren (ECM,
Basalmembran) und ermöglichen damit die Invasion der Zelle ins umliegende
Gewebe, die Intra-und Extravasation und letzlich die Metastasierung in entfernte
Organe (s. Abb. 3.2-2).
Die in 3.2.3 und 3.2.4 beschriebenen Versuche zeigen, dass Adhäsion und
Invasion
durch
verzweigte
Kohlenhydrat-Verbindungen
beeinflusst
werden
können. Um zu untersuchen, ob MMPs durch synthetische Kohlenhydratmimetika
in ihrer Expression verändert oder in ihrer Funktion gestört werden, wird im
folgenden Assay die Aktivität von MMP-2, auch Gelatinase A genannt, das am
häufigsten im Tumorgewebe zu finden ist, bestimmt. B16 Zellen sezernieren und
aktivieren zudem MMP-2. Nach Inkubation mit den verschiedenen synthetischen
Kohlenhydratmimetika, die bereits für die Adhäsions- und Invasionsassays
verwendet wurden, wurde die Aktivität mittels Zymogrammen (ECM-Proteine
enthaltende Gele) visualisiert.
Hierfür wurden B16 Zellen in serumfreien DMEM-Medium und 50 mM der
Kohlenhydratverbindung 24h lang kultiviert. Die von den Zellen sezernierte MMP-2
wurden wie in „Material und Methoden“, 6.1.2.5 beschrieben gewonnen und in die
Taschen des Polyacrylamidgels gefüllt und zwar in der Weise, dass jede Tasche
gleich viel Protein enthielt. Die Eigenschaft von MMP-2, Gelatine zu degradieren,
nutze man aus und führte die Gelelektrophorese mit einem 7.5%-PolyacrylamidGel, das 1% Gelatine enthielt, durch. Das Coomassie färbt nur Gelatinehaltige
68
Ergebnisse
Bereiche des Gels blau. Die Bereiche des Gels, die durch MMP-2 degradiert
wurden, bleiben weiß und lassen folglich auf MMP-Aktivität schließen.
10
Kont.
TMC-ßGalactosid:
10-50 mM
Kont.
a.
20
30
50
TMCKont. Core
ßMethylgalactosid
[mM]
b.
c.
Abb. 3.2.-6 a.-c. zeigt Zymogramme von B16-Zellen, die mit TMC-ßTrigalactosiden,
ßMethylgalactosid, TMC-Core, Kont.= Zellen unbehandelt. c. TMC-Core Konzentration = 50mM.
Abbildung 3.2-6 a zeigt, dass das TMC-TriGal schon bei einer Konzentration von
10 mM die Aktivität von MMP-2 völlig hemmt. 1ß-Methylgalactosid zeigte hingegen
keinen Einfluss auf die MMP-Aktivität auch nicht bei hohen Konzentrationen (b).
TMC-Core Verbindung hingegen zeigt im Vergleich zur Kontrolle (ohne
Testsubstanz)
bei
einer
Konzentration
von
50
mM
einen
leichten
Inhibierungseffekt auf die MMP-Aktivität.
Die zur Zeit laufenden Versuche mit 3,4FuranGalGal zeigen auch eine Inhibition
der MMP-2 Aktivität, die größer ist als beim TMC-Core, was auf eine StrukturAktivitätsbeziehung hindeutet.
3.2.6 Untersuchung auf Tyrosin-Phosphat
Im nächsten Schritt ist es wichtig, die durch die Interaktionen zwischen
Kohlenhydraten und korrespondierenden Rezeptoren (e.g. Lectin) ausgelösten
Effekte oder Signale zu identifizieren. Wichtige Prozesse, wie die Adhäsion und
Invasion konnten durch verschiedene Galactoside inhibiert werden. Wir wollten
untersuchen, ob eine Inhibition der Adhäsion einen Einfluss auf die TyrosinPhosphorylierung hat und somit einen Hinweis erhalten, ob die Signaltransdutkion
beeinflusst wird. Die Regulation der Signaltransduktionskette geschieht durch
69
Ergebnisse
Tyrosin-Phosphorylierung und Dephosphorylierung. Tyrosin-Phosphat ist somit ein
Universalindikator für die Detektion dieses biologischen Effekts [Hunter T, 1996].
Für diese Untersuchung wurden
2x105 SKOV-3 Zellen / well-Platte (1,5 cm2)
ausgesät und wie in 6.1.2.7 beschrieben 48 h lang kultiviert. 24 h vor Erreichen
der Konfluenz wurden die Zellen mit jeweils 40 mM TMC-DiGal, TMC-TriGal,
3,4FuranGalGal und den Kontrollsubstanzen ß1-Methylgalactosid und TMC-Core
inkubiert. 24 h nach der Inkubation werden die Zellen entsprechend 6.1.2.6
behandelt.
Nach
der
Bestimmung
des
Proteingehaltes
nach
Lowry im
Mikromaßstab werden die Taschen des 7,5% SDS-Gels mit derselben Menge an
Protein befüllt.
Abb.3.2-7 In Bande 1 sind SKOV-3 Zellen mit ßMethylgalactosid, Bahn 2 mit TMC-Core, Bahn 3 mit
TMC-TriGal und Bahn 4 mit 3,4 FuranGalGal inkubiert
worden. Die Bahn 5 ist der Proteinmarker.
1
2
3
4
5
Nach dem Western-Blotting sah man auf der Nitrocellulose Membran keine
Färbung
von
Banden.
Dass
der
Proteintransfer
vom
Gel
auf
der
Nitrocellulosemembran erfolgreich war, ließ der Proteinmarker erkennen. Leider
lässt sich an diesem Versuch nicht erkennen, dass die Tyrosin-Phosphorylierung
durch die synthetischen Kohlenhydrate beeinflusst wird, da in keiner der
Zelllysaten Tyrosinphosphat nachgewiesen werden konnte.
70
Ergebnisse
3.3 Molecular Modeling: 2-D Struktur-Aktivität-Studie
Diese Arbeit entstand in Zusammenarbeit mit Dr. C-W. von der Lieth
Spektroskopischen Abteilung, DKFZ.
Aufgrund der Ergebnisse aus den Arbeiten von Schmauser, 1999, schien es, dass
Colontumore Lectine exprimieren, die eine hohe Bindungsaffinität zu Ley =
(Fuc-α1→2-Gal-β→4(Fucα1→3)GlcNAc-β1→R
besitzen.
Die
an
Ley
affinitätschromatographisch angereicherten Lectine konnten anschließend mit
Fucose und Galactose selektiv von der Affinitätssäule eluiert werden. Diese Daten
stellen die These auf, dass nicht nur, wie in der Literatur schon beschrieben, Ley
auf Colon- und auch Ovarialtumoren überexprimiert ist, sondern auch ihre
korrespondierenden Lectin- Rezeptoren.
Die These wird unterstützt durch die Ergebnisse der Fluoreszenzfärbung von
Tumorzellen aus den Colon- und Ovarialkarzinomen (Kap. 3.2.1). Die 3,4DAMimetika, die sowohl Galactose als auch Fucose am Core gebunden haben und
somit
aus
Bausteinen
von
Ley
bestehen,
färbten
die
Colon-
und
Ovarialcarzinomzellen besonders gut an.
Mittels Molecular Modeling sollte nun überprüft werden, ob die DA-Mimetika
aufgrund ihrer strukturellen Eigenschaften Ley imitieren und damit das Potential
besitzen, dieselben Rezeptoren wie Ley zu adressieren.
Fucose 1
Galactose
Core= GlcNAc
y
R
Abbildung 3.3-1 zeigt die 3D Struktur von Le .
= die geometrischen Zentren der
Pyranoseeinheiten, die als Pseudoatome definiert werden. Sie dienen der Berechnung von mittleren
Abstände und Winkel zwischen den Pyranoseeinheiten .
71
Ergebnisse
Zur Berechnung der mittleren Abstände von Ley und der Winkelabstände wurde
jeweils ein Pseudoatom für die Galactose, der Fucose1 und Fucose2 und für das
Core (GlcNAc) definiert. Bei den Mimetika sind Pseudoatome für jeden
Kohlenhydratbaustein, für das DA-Core (Oxa-bicylcoheptan-Struktur) und für das
TMC- Core (Cylcohexan-Struktur) definiert.
Zur Durchführung der Molecular Dynamics Simulation-Studien wurde für die
untersuchte Struktur eine 3-D-Struktur mit der BIOPOLYMER Option von
INSIGHT II (MSI/Accelrys 9685 Scranton Road San Diego, CA) konstruiert. Als
Kraftfeld wurde CFF91 gewählt, das in der automatischen Prozessierung von
INSIGHT II implementiert ist.
Die Moleküle werden in das Zentrum einer Wasserbox der Größe 25x25x25 Å
platziert. Das Molekül bewegt sich frei über 1 ns bei einer Temperatur von 400 K
und einer Dielektrizitätskonstante (ε) von 1 und einem Cutoff von 10 Å für die
nicht bindenden Wechselwirkungen. Nach einer Minimierungsphase mit maximal
1000 Schritten folgt ein Equilibrierungsphase von 50.000 Schritten, an die sich die
sogenannte Produktionsphase anschließt, bei der in 1 fs (10-15 s) langen
Intergrationsschritten, 1.000.000 Bewegungen durchgeführt werden. Jede 1.000.
Struktur wird in einem Archiv gespeichert und anschließend für alle enthaltenen
Konformationen des Archivs der Abstand zwischen den Pseudoatomen und die
dazugehörigen Winkel mit den statistischen Parametern bestimmt.
Die
statistische Berechnung der definierten Parameter wurde mit dem CAT
(Conformational Analysis Tool)-Programm durchgeführt [Frank, M 2000].
Alle 1000 Konformationen werden im 3D-Raum in der gleichen Orientierung
überlagert, um einen einfachen, visuellen Vergleich anstellen zu können. Zur
Visualisierung wurden die berechneten Positionen der Pseudoatome mit dem
RasMol-Programm dargestellt.
Die Position der Pseudoatome wird als Kugel dargestellt. Überlagert werden
jeweils drei Atome der mittleren GlcNAc (=Core).
72
Ergebnisse
3
2
A
B
4
Abbildung 3.3-2 Als Stabmodell werden zufällig eine der 1000 Strukturen dargestellt:
y
A =Le –Modell. Die statistische Evaluierung der Daten wurden mit dem CAT (High-Performance
Conformational Analysis Tool) durchgeführt. Die drei verschiedenen Dreiecke sind aus den
mittleren Werten von Distanz und Winkel zwischen den jeweiligen Kohlenhydraten und dem Core
(=rote Kugel) dargestellt. B zeigt ein 2,3,4 DA-ß-GalGalGal Stabmodell. Zur Visualisierung der
Daten wurde das RasMol-Programm verwendet.
Die relevanten Gruppen eines Moleküls, die mit einem Rezeptor wechselwirken
und für die Aktivität verantwortlich sind, werden als Pharmacophor bezeichnet.
Das Pharmacophor ist damit
verantwortlich.
Geometrische
für die Initiierung des biologischen Effekts
und
physikochemische
Charakteristika
von
biologisch aktiven Moleküle können herangezogen werden zur qualitativen
Ableitung eines Pharmacophor-Modells [Böhm HJ, Klebe G, Kubinyi, 1996].
Oligosaccharide sind hochgradig flexible Moleküle, die unter physiologischen
Bedingungen verschiedene Konformationen einnehmen können. Aus diesem
Grund wurde die Methode des Molecular Dynamics Simulations hier verwendet
und jeweils die Mittelwerte von 1000 Konformationen zur Ableitung des
Pharmacophor-Modells
herangezogen.
Die
Abstände
und
Winkel
der
Pseudoatome der terminalen Residuen, die an der Interaktion mit Lectinen
beteiligt sind, bilden eine sinnvolle Abstraktion zur Charakterisierung der für die
Bindung notwendigen geometrischen Bedingungen.
Pharmacophor-Modelle sind daher gut geeignet, einen direkten geometrischen
Vergleich der Strukturen zwischen Ley und den Kohlenhydratmimetika zu
ermöglichen, so dass sich auf einfachem Weg eine Struktur-Aktivitätsbeziehung
ableiten lässt. Im weiteren Schritt können aus den Molecular Modeling Daten
Rückschlüsse auf den unbekannten Rezeptor mittels Rezeptor-Mapping, deren
73
Ergebnisse
Methode näher in Kap. 1.4.2 beschrieben ist, gemacht werden [v.d. Lieth CW et
al., 1995].
Die wichtigsten Kennzahlen der Abstandsberechnung sind der maximale und der
minimale Abstand sowie der Mittelwert auf der Basis von 1000 Konformationen.
Darüber hinaus werden Varianz und Standardabweichung angegeben. Die
wichtigsten Kennzahlen bei der Winkelberechnung aus drei Pseudoatomen sind
der maximale und der minimale Winkel sowie der Mittelwert auf der Basis von
1000 Konformationen. Auch hierbei wurden Varianz und Standardabweichungen
angegeben. Die Simulationsbedingungen für die Kohlenhydratmimetika, die im
biologischen Teil dieser Arbeit getestet wurden, wurden wie für Ley gewählt.
Die mittleren Werte der Abstände und die dazugehörigen Winkel sind in Tab.3.31 aufgestellt.
Die Gegenüberstellung der Pharmacophor-Modelle mit den Ergebnissen aus der
Zellfärbung (Kap 3.2.1) ergeben eine gute Korrelation. Je mehr die Ähnlichkeit der
zur untersuchten abgeleiteten Größen (Winkel, Abstände) zwischen Mimetika und
Ley gegeben ist, desto bessere Anfärbeergebnisse wurden erzielt.
Die Pharmacophor-Modelle der divalenten Mimetika können nur als geometrische
Figur (hier: Dreieck) dargestellt werden, wenn die Abstände und Winkel von
mindestens drei Pseudoatome in das Modell einbezogen werden. Bei den
divalenten Mimetika sind es folglich die beiden Kohlenhydratbausteine und das
Core (s. Abb. 3.3-3).
OR
O
RO
1
RO
HO
5
2
3
3
4
O
5
N
Biotin
OR
O
Abb. 3.3-3 Die divalenten TMC- und DA-Mimetika (3, 4 DA-Mimetikum expemplarisch dargestellt)
haben 2 Kohlenhydratbausteine =R und das Core= als 3. Bezugspunkt zur Darstellung eines
Pharmacophor-Modells. Die Nummerierung des DA-Mimetikums bezieht sich auf das ehemalige
Furan.
Bezieht man beim Ley-Pharmacopor-Modell das Core mit ein ergeben sich drei
mögliche
Pharmacophor-Modelle:
Ley_Core-Gal-Fuc1,
74
Ley_Core-Gal-Fuc2,
Ergebnisse
Ley_Core-Fuc1-Fuc2 (s. Abb.3.3-2). Verglichen wurde dabei nur das Dreieck
Ley_Core-Fuc1Fuc2 mit den Mimetika, weil es die besten geometrischen
Parameter für eine Gegenüberstellung besitzt. Die anderen Dreiecke Ley_CoreGal-Fuc1 und Ley_Core-Gal-Fuc2 fallen durch ihre geringe Abstände der
Kohlenhydrate-Bausteine zueinander (zwischen 5,01-5,04 Å ) zu klein aus für
einen Vergleich.
So
zeigt
die
Abbildung
Pharmacophor-Modells mit
3.3-4
den
Vergleich
des
Ley_Core-Fuc1Fuc2-
dem 3,4DAGalGal Pharmacophor-Modell
und
2,5DAGalGal Pharmacophor-Modell. Sie illustriert die grosse Ähnlichkeit von
3,4DAGalGal-Pharmacophor-Modell
zum
Ley
–Model
im
Gegensatz zum
2,5DAGalGal-Modell. Dieses Ergebnis korreliert gut mit den Farbtests in vitro, in
der 3,4DAGalGal ein deutlich höheres diagnostisches Potential an Colon- und
Ovarialcarcinomzellen zeigten als das 2,5DAGalGal.
3,4 DAGalGal
2, 5 DAGalGal
104,1° ± 6.5
84,0° ± 3,1
165,0 ± 15,3
5,96 Å ± 0,2
5,0 Å ± 0,1
6,1 Å ± 0,01
5,71 Å ± 0,2
5,0 Å ± 0,3
6,1 Å ± 0,01
Ley_Core-Fuc1Fuc2
37,0° ± 3,8
54,2° ± 5,2
7,5 ° ± 3,7
38,9° ± 3,0
9,2 Å ± 0,5
44,8°
± 3,2
7,5 Å ± 0,6
7,5 ° ± 3,7
12,1 Å ± 0,3
Abb.3.3-4 Pharmacophor-Modelle aus den Berechnungen mit zwei Kohlenhydratbausteinen und
Core. Die Mittelwerte der Winkel und Abstände ergeben Dreiecke. Berechnungen basieren auf
Molecular Dynamics Simulation mit Discover im CFF91-Kraftfeld bei 400 K in Wasser.
=Core.
Die strukturelle Ähnlichkeit zum Ley_Core-Fuc1Fuc2-Pharmacophor-Modell wird
erhöht, wenn einer der beiden Galactose-Bausteine durch eine Fucose
ausgetauscht wird. Die geometrische Optimierung ist in Abbildung 3.3-5
visualisiert.
75
Ergebnisse
3,4 DAGalFuc
Core: 75,3° ± 14,9
6,0 Å ± 0,4
5,5 Å ± 0,4
Ley_Core-Fuc1Fuc2
Fuc: 48,9° ± 7,7
7,0 Å ± 1,1
Gal: 55,9° ± 9
y
Abb.3.3-5 Vergleich zwischen Pharmacophor-Modell Le _Core-Fuc1Fuc2 und 3,4 DAGalFuc.
= Core. Berechnungen basieren auf Molecular Dynamics Simulation mit Discover im CFF91y
Kraftfeld bei 400 K in Wasser. Winkel und Abstandswerte für Le s. Abb.3.3-4 oder Tab.3.3-1 A+B
Auch hier findet man den Bezug zum Farbergebnis: Verglichen mit dem 3,4
DAGalGal färbte das 3,4 DAGalFuc-Mimetikum die Coloncarzinomzellen deutlich
stärker. Die Färbung zeigt diskrete, farbintensive Bereiche auf der Zellmembran.
Das Pharmacophor-Modell des TMC-Digalactosid ähnelt in seiner Geometrie dem
3,4 DAGalGal. Ersetzt man hier einen der Galactose-Bausteine durch einen
Fucose-Baustein ändern sich die Werte der Abstände und Winkel nur
geringfügig.
Die Auswertung der Abstände und Winkel der Zuckereinheiten der trivalenten
Mimetika hat den Vorteil, dass ein direkter Vergleich mit den drei terminalen
Residuen von Ley möglich ist, von denen anzunehmen ist, dass sie die stärksten
Wechselwirkungen mit dem Lectin ausbilden. Bei trivalenten DA- und TMCMimetika werden die drei Kohlenhydrat-Bausteine als Bezugspunkte für die
Darstellung von Pharmacophor-Modellen gewählt. Die Auswertung ergab, dass
das trivalente DA-Galactosid nahezu gleiche mittlere Abstands- und Winkelwerte
besitzt wie Ley und somit die optimalen Vorraussetzungen hat, Ley zu imitieren.
Anders verhält es sich beim trivalente TMC-Galactosid: mit den großen Abständen
zwischen den Galactose-Bausteine (9,6-11.2 Ǻ) und den Winkeln von 53, 58 und
69 bilden sie keine strukturelle Basis für ein Ley –Mimetikum (s. Abb.)
76
Ergebnisse
Es gilt noch zu unterstreichen, dass die trvialenten Furane (Furanderivate sind
Ausgangsverbindung für die Synthese von DA-Mimetika) nahezu gleiche
Pharmacophor-Geometrie besitzen, wie die trialenten DA-Mimetika.
1,3,5-TMCTrigal
58° ± 13,7
99,9°± 6,6
2,3,4 DAGalGalGal
95,1°± 7,5
11,2Å ± 1,3
10,3Å ± 1,6
5,0 Å ± 0,3
5,0 Å ± 0,1
7,2± Å 0,8
8,1± Å 0,9
LeyFuc1Fuc2Gal
55° ± 12,6
9,6Å ± 1,6
55° ± 12,6
42,7° ± 3,9
7,5 Å ± 0,6
42,2± 7,5
43° ± 6,7
11,7± Å 0,4
43± 6,7
y
Abb. 3.3-4 Pharmacophor-Modelle von 1,3,5 TMCTrigal; 2,3,4 DAGalGalGal und Le im Vergleich.
Die Mittelwerte der Winkel und Abstände ergeben Dreiecke. Berechnungen basieren auf Molecular
Dynamics Simulation mit Discover im CFF91-Kraftfeld bei 400 K in Wasser.
Wichtig sind diese Daten für den Invasions- und Adhäsionsassay, die
ausschließlich mit den Furanen (und TMC-Mimetika) und nicht mit den DAMimetika durchgeführt wurden.
Zusammengefasst zeigt die Studie den Vorzug der DA-Mimetika gegenüber den
TMC-Mimetika als idealen Kandidaten für ein Ley-Mimetikum hinsichtlich des
eingenommenen
geometrischen
Raums.
Auch
die
gute
qualitative
Übereinstimmung mit den Farbtests an Colon- und Ovarialcarzinomzellen ist
gegeben.
Auch der geringere synthetische Aufwand zur Darstellung von DA-Mimetika
spricht für diese Verbindungen. Daher sollten für ein rationales Design die DAMimetika und ihre biologischen Daten als Ausgangsverbindung genutzt werden,
um potente Ley-Mimetika zu generieren, da vieles darauf hindeutet, dass diese
77
Ergebnisse
fähig sind mit dem natürlichen Ley um dieselben Bindungsstellen zu konkurieren.
Die DA-Mimetika würden sich daher auch für ein Drug Targeting Konzept eignen.
DA-Mimetika bilden zudem die Basis für die Generierung von Antikörper gegen
Ley, denn Ley ist bei bestimmten Tumoren wie Colon, Ovar und Lunge
überexpremiert [Hellstrom, I et al., 1990; Kim YS et al., 1986; Sakamoto J et al.,
1986; Yin BWT et al., 1996].
Berechnung mit 2 Kohlenhydrat-Bausteinen und Core
(A)
Abstand der Kohlenhydrate
zum Core
y
Le (Fuc1Core)
y
Le (Fuc2Core)
y
Le (GalCore)
y
Le (Fuc1Fuc2)
y
Le (Fuc1Gal)
y
Le (Fuc2Gal)
3,4-DA-ß-Gal3Gal4
3,4-DA-ß-Gal3Core
3,4-DA-ß-Gal4Core
3,4-DA-ß-Gal3Fuc4
3,4-DA-ß-Gal3Core
3,4-DA-ß-Fuc4Core
2,5-DA-ßGal2Gal5
2,5-DA-ßGal2Core
u.ßGal5Core
2,4-DA-ß-Gal2Gal4
2,4-DA-ß-Gal2Core
2,4-DA-ß-Gal4Core
2,3-DA-ß-Gal2Gal3
2,3-DA-ß-Gal2Core
2,3-DA-ß-Gal3Core
(2),3,4-DA-ß-Gal3Gal4*
(2),3,4-DA-ß-Gal3Core*
(2),3,4-DA-ß-Gal4Core*
1,3-TMC-ß-Gal1Gal2
1,3-TMC-ß-Gal1Core
1,3-TMC-ß-Gal2Core
1,3-TMC-ß-GalFuc
1,3-TMC-ß-GalCore
1,3-TMC-ß-FucCore
Min [Å]
Max [Å]
Varianz
5,34
7,38
5,62
9,66
6,37
5,4
10,54
6,46
6,59
9,90
6,67
6,78
12,68
6,55
Mittelwert
[Å]
5,03
6,12
5,62
7,50
5,01
5,04
9,19
5,71
5,96
6,97
5,50
6,02
12,14
6,14
0,01
0,17
0,01
0,31
0,06
0,01
0,24
0,03
0,04
1,09
0,17
0,14
0,11
0,04
StandardAbweichung [Å]
0,11
0,42
0,09
0,56
0,25
0,11
0,49
0,17
0,2
1,05
0,41
0,38
0,33
0,01
4,73
4,72
5,02
5,89
4,40
4,71
5,19
5,23
4,81
4,45
4,52
4,77
10,25
5,21
7,41
5,13
5,14
4,56
5,27
4,76
5,10
5,62
5,34
6,13
5,04
5,20
6,57
5,43
5,23
12,42
6,48
6,84
9,59
6,53
6,69
9,99
6,89
6,87
12,85
6,77
6,87
12,35
6,78
6,80
10,90
6,07
6,26
7,10
6,19
6,27
8,06
6,46
6,25
9,88
6,11
6,44
10,00
6,19
6,33
0,75
0,06
0,08
0,96
0,02
0,07
0,85
0,04
0,06
2,17
0,18
0,05
1,53
0,10
0,12
0,86
0,24
0,29
0,98
0,14
0,26
0,92
0,20
0,25
1,47
0,42
0,23
1,24
0,31
0,35
78
Ergebnisse
Die Gruppe um Danishefsky synthetisierte Ley mit großem synthetischen Aufwand
und generierte mit dieser Verbindung potente Antikörper für die Immuntherapie
[Danishefsky SJ et al., 1995]. Mit dieser Strategie sind schon Erfolge in den
klinischen Studien zu verzeichnen [Sabbatini PJ et al., 2000]. Der Vorteil der DAMimetika gegenüber des synthetischen Ley ist ihre einfachen Synthese
und
folglich schnelle Bereitstellung von Substanzbibliotheken aus denen Antikörper mit
unterschiedlichen Bindungsaffinitäten generiert werden können, die maßgeblich
den Spezifitäts- und Selektivitätscharakter ausmachen.
(B)
Winkel d. Kohlenhydrate
zueinander u. zum Core
Ley (Fuc1Fuc2Core)
y
Le (Fuc2Fuc1Core)
y
Le (GalFuc2Core)
y
Le (Fuc2GalCore)
y
Le (Fuc2CoreGal)
y
Le (Gal Fuc1Core)
y
Le (Fuc1GalCore)
3,4-DA-ß-Gal3Gal4Core
3,4-DA-ß-Gal4Gal3Core
3,4-DA-ß-Gal4CoreGal3
3,4-DA-ß-Gal3Fuc4Core
3,4-DA-ß-Fuc4 Gal3Core
3,4-DA-ß-Fuc4 Core Gal3
2,5-DA-ßGal2Gal5Core
2,5-DA-ßGal5Gal2Core
2,5-DA-ßGal5CoreGal2
2,4-DA-ß-Gal2Gal4Core
2,4-DA-ß-Gal4Gal2Core
2,4-DA-ß-Gal4CoreGal2
2,3-DA-ß-Gal2Gal3Core
2,3-DA-ß-Gal3Gal2Core
2,3-DA-ß-Gal3CoreGal2
3,4-DA-ß-Gal3Gal4Core*
3,4-DA-ß-Gal4Gal3Core*
1,3-TMCß-Gal2Gal1Core
1,3-TMCß-Gal1Gal2Core
1,3-TMCß-Gal1 Core Gal2
1,3-TMCß-Gal1Fuc3Core
1,3-TMCß-Fuc3Gal1Core
1,3-TMCß-Fuc3 Core Gal1
Min
Max
29,76
34,20
43,00
54,13
41,64
53,61
48,23
27,06
30,44
58,03
24,09
23,83
45,70
0,22
0,22
131,12
7,55
6,60
77,69
30,11
37,99
44,07
33,70
33,30
6,34
6,27
62,12
18,81
19,84
64,0
50,12
74,6
68,16
95,37
60,38
72,45
65,38
69,5
57,85
122,50
68,92
79,19
132,08
24,60
24,28
179,56
52,30
52,47
165,86
71,53
72,27
111,37
65,90
66,30
67,35
58,41
167,39
57,67
61,93
141,34
Mittelwert
Varianz
StandardAbweichung
3,15
5,15
3,60
5,72
2,46
1,98
1,98
3,76
3,01
6,54
7,65
8,98
14,94
3,71
3,71
7,41
7,40
7,99
15,26
6,71
5,70
11,83
5,80
6,40
11,34
9,33
20,37
7,68
7,71
15,03
9,94
41,82
26,48
54,17
12,92
55,92
32,72
72,45
6,05
51,63
4,76
63,94
3,91
58,27
14,12
37,04
9,06
38,9
42,74
104,06
58,56
48,90
80,66
55,86
223,16
75,25
13,76
7,50
13,80
7,49
54,95
165,01
54,80
26,41
63,76
27,47
232,92
126,12
45,024
55,58
32,38
54,46
139,93
69,96
33,30
51,40
40,80
49,30
128,55
38,53
86,95
35,58
414,82
105,89
58,91
36,12
59,40
36,12
225,88
106,89
Tabelle 3.3-1 A +B Daten der Abstände und Winkeln zwischen 2 Kohlenhydratbausteinen+Core.
*trivalentes DA-Galactosid mit Galactose an Position 2. FUC1= Fucose 1, FUC2= Fucose 2, Gal=
Galactose
79
Ergebnisse
Berechnung mit 3 Kohlenhydrat-Bausteinen
Abstand d. Kohlenhydrate
zueinander
y
Le Fuc1Fuc2
y
Le (Fuc1Gal)
y
Le (Fuc2Gal)
2,3,4-DA-ß-Gal2Gal3
2,3,4-DA-ß-Gal3Gal4
2,3,4-DA-ß-Gal4Gal2
1,3,5-TMC-ß-Gal1Gal3
1,3,5-TMC-ß-Gal1Gal5
1,3,5-TMC-ß-Gal5Gal3
2,3,4FuranßGal2Gal3
2,3,4FuranßGal2Gal4
2,3,4FuranßGal3Gal4
Winkel d. Kohlenhydrate
Zueinander
y
Le (Fuc1Fuc2Gal)
y
Le (Fuc2Fuc1Gal)
y
Le (Fuc1GalFuc2)
2,3,4-DA-ß-Gal2Gal3Gal4
2,3,4-DA-ß-Gal3Gal2Gal4
1,3,5-TMC-ß-Gal1Gal3Gal5
1,3,5-TMC-ß-Gal3Gal1Gal5
2,3,4FuranßGal2Gal3Gal4
2,3,4FuranßGal3Gal4Gal2
Min [Å]
Max [Å]
Mittelwert
[Å]
Varianz
StandardAbweichung [Å]
5,89
4,40
4,71
5,08
5,10
9,55
6,6
5,3
5,1
4,67
6,87
4,65
Min
9,66
6,37
5,40
9,57
9,99
12,63
13,1
12,8
13,0
10,72
12,72
11,07
Max
7,50
5,01
5,04
7,17
8,06
11,67
11,2
9,6
10,3
7,67
10,54
7,41
Mittelwert
0,31
0,06
0,01
0,66
0,85
0,17
1,6
2,4
2,6
1,92
1,85
1,71
Varianz
27,94
74,50
29,52
67,9
24,7
25,0
24,5
45,63
16,65
55,34
121,21
54,74
123,7
66,8
94,2
95,5
145,64
87,12
0,56
0,25
0,11
0,82
0,92
0,41
1,3
1,6
1,6
1,39
1,36
1,31
StandardAbweichung
3,85
7,51
7,51
6,6
6,7
12,6
13,7
19,22
12,66
14,84
42,66
56,39
95,13
56,39
42,21
43,2
99,9
44,9
43,0
158,0
53,0
188,8
58,4
369,41
90,84
160,23
45,54
y
Tabelle 3.3-2 Berechnung für trivalente Mimetika und Le . Die Dreiecke bilden sich aus drei
Kohlenhydratbausteinen.
80
Diskussion und Ausblick
4 Diskussion und Ausblick
Die Basis dieser Arbeit bildet die Kenntnis über die wichtige biologische Rolle der
Kohlenhydrat-Lectin-Interaktion. Diese dient dem Informationstransfer in zellulären
Systemen.
Oligosaccharidestrukturen
besitzen
dabei
eine
enorme
Speicherkapazität für biologische Informationen.
Lectine sind eine heterogene Proteinklasse. Sie besitzen die Eigenschaft,
Kohlenhydrate zu binden und die in den Oligosaccharidstrukturen gespeicherte
Information zu decodieren [Drickamer und Taylor, 1993; Weis und Drickamer,
1996)]. Häufig stehen veränderte Oligosaccharid- und Lectin-Expression auf der
Zellmembran für einen pathologischen Zustand.
Aufgrund der relativ schwachen Affinitäten bei Kohlenhydrat-Protein-Interaktionen
habe ich im ersten Abschnitt der Arbeit eine Synthesestrategie aufgebaut, die auf
einfachem Wege und mit möglichst billigen Ausgangssubstanzen auskommend zu
multivalenten Kohlenhydratstrukturen führen sollte, die dem in der Natur
vorkommenden Clustereffekt nachempfunden werden kann und zu einer
erheblichen Bindungsverstärkung führt [Lee YC, 1992; Kiessling LL und Pohl NL,
1996].
Die synthetischen Kohlenhydratstrukturen dienten dann im nächsten Abschnitt
dieser Arbeit als Werkzeug für den Aufbau eines diagnostischen Konzepts, das an
verschiedenen humanen Tumorzelllinien evaluiert wurde. Des weiteren fungieren
sie
als
Modellverbindungen
für die
Aufklärung der Kohlenhydrat-Lectin-
Interaktionen im Tumorgeschehen. Die wohldefinierte Molekülstruktur ermöglichte
eine SAR-Studie (Structure Activity Relationship), die mit Molecular Modeling –
Berechnungen unterstützt wurde.
81
Diskussion und Ausblick
Zwei
Verbindungsklassen
waren
Schwerpunkt
dieser
Arbeit,
die
sich
hauptsächlich in ihrer Corestruktur unterscheiden: 1. TMC-Verbindungen und 2.
Furan-Verbindungen.
Die
an
die
beiden
Core-Strukturen
gebundenen
Kohlenhydrat-Bausteine besitzen demnach unterschiedliche stereochemische
Orientierungen.
Der Furanbaustein kann in 2,3,4 und 5 Stellung glycosidiert werden, abhängig von
der Ausgangsverbindung (s. Abb. 5.1). Bei der 3,4 Glycosidierung am Furan geht
man
von
einem
3,4
Furandicarbonsäuredimethylester
aus,
der
mit
Lithiumaluminiumhydrid reduziert wird. Die Ausbeuten lagen bei 80%. [70% Lit.
Kornfeld EC, 1955]. Die Ausgangssubstanz eines 2,5 glycosidierten Furans ist
das 2-Methoxycarbonylfuran, welches chloriert [Finan PA et al., 2000] (77%),
verseift und dann wie oben reduziert wird.
Die Benzoylgruppe als Schutzgruppe am Kohlenhydrat-Baustein hat sich in
Kombination mit der Imidat-Methode als Glycosidierungtechnik bewährt. Die
Produkte konnten durch Säulenchromatographie analysenrein gewonnen werden
und im Fall von 3,4 Furandigalactosid war eine Umkristallisation (PE:EE 3:1)
möglich. Es wurden Ausbeuten von 50-60% erzielt.
RO
RO
RO
O
O
RO
RO
O
RO
RO
RO
RO
RO
O
O
RO
RO
COOH
CHO
O
O
GluO
GluO
Abb. 5.1 Substanzbibliothek mit Furanbausteine, die mit verschiedenen Dienophilen reagieren
können. R= z.B. Glucose, Galactose Fucose, Lactose, N-acteyl-glucosamin, Neuraminsäure
82
Diskussion und Ausblick
Die Synthesestrategie sollte nun in die Richtung der multivalenten und mit
funktionellen Gruppen versehenen Furanbausteinen (s. Abb. 5.1) gehen, um die
in der Biologie anderen relevanten Kohlenhydratstrukturen, wie die Lactose oder
auch die Neuraminsäure, N-Acetylgalactosamin oder N-Acetylglucosamin in
biologischen Assays zu screenen. Zur Zeit wird in der Arbeitsgruppe Wießler,
Deutsches Krebsforschungszentrum, tri- und tetraantennäre Furane zu diesem
Zwecke synthetisiert. Die Darstellung der DA-Verbindungen ausgehend vom
Furan als Dien und Maleinimid als Dienophil, sind auf die klassische Diels-AlderReaktion zurückzuführen. Die Reaktion verlief sehr gut in Wasser mit einer leicht
erhöhten Temperatur von 40°C. Mit diesem Syntheseweg konnte eine einfache,
effektive Möglichkeit zur Darstellung von biotinylierten Saccharidmimetika in
zufriedenstellenden Ausbeuten (35-43%) realisiert werden.
Der Nachteil von TMC-Strukturen für den diagnostischen Einsatz liegt in der
Beschränkung auf divalente Strukturen, denn die dritte OH-Gruppe wird immer für
die Kopplung des NHS-aktivierten Biotins über einen Amin-Linker genutzt.
Für die Fluoreszenzfärbung mit biotinylierten DA-Mimetika sollten Parameter, wie
hohe Fluoreszenzintensität und Spezifität, die allgemeine Qualitätskriterien für
eine Diagnostik sind, erfüllt werden.
Tendenziell zeigten die 3,4DA-Mimetika, die mit zwei Fucosen oder zwei
Galactosen ausgestattet sind eine schlechtere Anfärbung der Tumorzellen als das
3,4DAGalFuc. Ausnahmen sind die SW480 Zellen, die mit 3,4DAFucFuc
behandelt wurden. Sie zeigten diskrete Anfärbungen an den Polkappen, die gut
mit der in der Literatur beschriebenen Polarisierung des Endozytoseprozesses
(patching, capping) korrelieren würde [Childs, GV, 1999]. Das 3,4DA-Mimetikum
könnte aufgrund der beiden Fucose-Bausteine den bekannten Fucose-Rezeptor
auf der SW480 Zellmembran adressieren [Gabius HJ et al., 1987; Gabius S et
al., 1990; Monsigny M et al., 1984]. Wäre diese Annahme richtig, könnte dieser
Fucose-Rezeptor, der sich für ein Tumor-Targeting eignen soll im Fokus eines
Lectin-vermittelten Drug-Targetings stehen, indem man an das 3,4DAFucFuc ein
Wirkstoff koppelt der direkt am Fucose-Rezeptor bindet und endozytiert wird
[Lerchen HG et al., 1999; Wadhwa MS und Rice KG, 1994; Yamazaki N et al.,
2000]. Der Vorteil liegt auch an der niedermolekularen Struktur, die ein
immunogenes Potential beim in vivo Einsatz ausschließen würde.
83
Diskussion und Ausblick
Wird einer der beiden Fucose-Bausteine gegen eine Galactose ausgetauscht
werden die angefärbten Bereiche an den Polkappen größer. Das deutet darauf
hin, dass das 3,4DAGalFuc ein größeres Lectin-Spektrum anspricht, was
einerseits die Bindungsaffinität erhöhen kann, aber eventuell Einbußen in der
Spezifität, die für ein aktives Drug Targeting essentiell ist, mit sich bringt. Es ist
wichtig zu unterstreichen, dass durch den Austausch von einem Fucose-Baustein
in ein Galactose-Baustein, die Bindungseigenschaft deutlich beeinflusst wird.
Eine Steigerung der Spezifität von symmetrischen divalenten DA-Mimetika zu den
3,4DAGalFuc ist ebenso bei einer anderen Coloncarcinomzelllinie zu beobachten.
3,4DAGalGal und 3,4DAFucFuc färben die Zellen diffus an, wohingegen
3,4DAGalFuc
charakteristische Anfärbungen an den Polkappen zeigen, wie
schon bei den Coloncarcinomzellen SW480 zu beobachten war.
Eine andere Ausnahme für eine gute Anfärbung mit einem symmetrischen DAMimetikum ist das 3,4DAGalGal
an Gliazellen. Sie scheinen Rezeptoren für
Galactose zu besitzen, die ein gutes diagnostisches Potential zu besitzen. Die
Anfärbung ist auch hier polarisiert, aber man findet diese Polarisierung auch in der
Nähe des Zellkerns.
Die PLC Zellen illustrieren ein ganz anderes Färbemuster. Mit 3,4DAGalFuc
werden charakteristische Bereiche der Plasmamembran, die sich als schmale
sichelförmige oder punktuelle Abschnitte darstellen, angefärbt. Dieser einzelne
bzw. polarisierte Abschnitt der Plasmamembran begrenzten Anfärbungen des
entsprechenden Rezeptorproteins durch 3,4DAGalFuc lässt überdies eine
regulierte Expression dieses Proteins vermuten.
Bei den SKOV-3 Zellen ist die ganze Zelle mit 3,4DAGalFuc stark angefärbt. Die
Färbung mit TMCDiGal zeigte ebenso eine starke Anfärbung der Zellen. Nur
unterscheidet sie sich darin, dass hier offenbar die Region um die Focal Adhesion
Points (FAP) angefärbt wurde. FAPs sind dynamische Strukturen, die über eine
Integrin-Reorganisation, das sogenannte Clustering, entstehen. Dieses Clustering
wird durch Ligandenbindung und Zelladhäsion induziert, die ein outside-in
Signalling hervorruft, wobei die Integrine in die Regulation intrazellulärer
biochemischer Prozesse wie Reorganisation des Cytoskeletts, Aktivierung von
Kinasen und Phosphatasen und Genexpression eingreifen [Sewald N, 2002].
84
Diskussion und Ausblick
Es ist bekannt, dass die molekulare Basis der Zelladhäsion von den
Wechselwirkungen
zwischen
Proteinen
(Integrine,
Cadherine
und
einige
Immunoglobuline), sowie zwischen Proteinen und Kohlenhydraten (bei Selectinen
und bestimmten Immunoglobulinen) gebildet wird [Kreis T und Vale R, 1999]. Im
Adhäsionsassay hat man zudem beobachtet, dass das TMC-DiGalactosid
besonders gut die Adhäsion an Fibronectin hemmen konnte im Vergleich zu oder
den Furan-DiGalactosiden und dem TMC-TriGal. Dieses deutet darauf hin, dass
TMC-DiGal die
optimale strukturelle Voraussetzung besitzt, um in den
Adhäsionsprozess eingreifen zu können. Dafür verantwortlich könnte die Bindung
an Proteinen sein, die an der FAP-Region lokalisiert sind oder die Bindung an
ECM Rezeptoren. Ähnliches ist bei der Adhäsion von Melanomzellen an
Vitronectin beobachtet worden, wo gezeigt werden konnte, dass VitornectinRezeptor, GD2 und die FAPs kolokalisieren [Cheresh DA et al.,1987].
Dass nicht alle Zelllinien ausgeprägte Spezifität zu mindestens einer der 3,4DAMimetika zeigten, illustriert die MCF-7 Zelllinie. Auffällig war das hohe
Hintergrundleuchten, das die eventuell charakteristische Anfärbungen der
Plasmamembran überdeckt hat. Es sieht so aus, als wäre die ECM stark
angefärbt, was dann zu diesem diffus erscheinenden Bild führt.
Bei den Fibroblasten SV80 zeigte sich überhaupt keine Anfärbungen mit allen drei
DA-Mimetika. Dieses Resultat unterstreicht indirekt, dass die 3,4DA-Mimetika
bevorzugt epithelialen Zellen anfärben. SV80 Zellen sind Bindegewebszellen, die
als Zelllinie etabliert worden sind und die Aufgabe haben extrazelluläre Matrix zu
serzernieren. Es sind keine Tumorzellen, sondern normale Zellen. Das deutet
darauf hin, dass DA-Mimetika somit Tumorzellen von Normalzellen unterscheiden
könnten.
3,4DA-Mimetika und das TMC-DiGal binden an diskrete Stellen auf der
Plasmamembran.
Wird
aber die Zellmembran permeabilisiert zeigt sich
ausnahmslos bei allen Zelllinien mit allen Mimetika eine extreme Kumulation der
Fluoreszenz in der Zelle. Charakteristisch ist die starke Anfärbung des Zellkerns
mit helleren Farbspots auf der Kernmembran, die von Kernlectinen herrühren
könnten, wie sie auch in der Literatur beschrieben sind [Gabius HJ, 1997]. Bei der
Zelllinie SW480 hat man zudem die Anfärbung des Cytoskeletts beobachten
können.
85
Diskussion und Ausblick
Diese sehr spezifische Anfärbung der Plasmamembran und die im Vergleich sehr
intensive Anfärbung der Zellkerne, wenn die Plasmamembran nicht mehr intakt
ist, macht die Limitation bei der Färbung von Gewebeschnitten aus. Hier wurde
versucht die gute Anfärbung der Colontumorzellen SW480 und CaCo-2 auf
humanes Colontumorgewebe zu übertragen. Das Ziel war das Potential der
3,4DA-Mimetika für die Differenzierung zwischen Normal- und Tumorgewebe zu
testen. Die Färbetests an Gewebeschnitten zeigten aber, dass die 3,4DAMimetika keine Tumorspezifität zeigten, denn das Färbemuster im Tumor und
Normalgewebe war gleich nur im Tumorgewebe zum Teil stärker. Die
Lectinexpression bei Tumoren scheint eher in der Quantität als in der Qualität
gegenüber
bestimmten
Normalgewebe
Proteinen
verändert
würde
dann
zu
sein.
Eine
Überexpression
im
guten
Zusammenhang mit
von
dem
Anfärbeergebnis stehen. Hauptsächlich wurde die Mucosa und die Endothelzellen
angefärbt. Starke Anfärbungen sind auch im Cytoplasma zu sehen. Die diffuse
Anfärbung hat sicherlich mit der Intaktheit der Zellen zu tun, denn durch den
Schnitt besitzen die meisten Zellen eine beschädigte Zellmembran. Dadurch
werden intrazelluläre Strukturen zugänglich und angefärbt.
Beurteilt man das diagnostische Potential nur anhand der Fluoreszenzintensitäten
lässt
sich
ein
Tumorgewebe
Unterschied
feststellen.
zwischen
In
vier
gut
von
und
acht
schlecht
differenziertem
Tumorproben
war
die
Fluoreszenzintensität von schlecht differenziertem Gewebe im Vergleich zum
Normalgewebe höher. Bei gut differenziertem Tumorgewebe war nur in einem Fall
eine höhere Fluoreszenzintensität als im Normalgewebe zu verzeichnen. Eine
mögliche Erklärung für diese Anfärbung liefern die Kenntnisse über den
Unterschied zwischen gut und schlecht differenziertem Tumorgewebe. Es ist
bekannt, dass schlecht differenzierte Tumoren aggressiver sind und die Patienten
eine schlechte Prognose haben. Meistens haben solche Tumore bestimmte
Rezeptoren (SGLT-Rezeptoren= Sodium-coupled clucose transport proteins)
überexprimiert, wachsen schneller und metastasieren. Die Daten von Seimetz aus
der affinitätschromatographischen Isolierung von Proteinen aus Pankreastumoren
an verschiedenen immobilisierten Zuckern zeigten zudem, dass in zwei der drei
untersuchten Patientenproben ein Protein von 180 kDA isoliert wurde, das eine
hohe Affinität zu Fucosyl-BSA-Sepharose zeigte. Bei beiden Patienten konnte
86
Diskussion und Ausblick
dieses Protein sowohl aus Tumor- als auch aus Normalgewebe isoliert werden,
wobei die aus dem Normalgewebe isolierte Menge unter gleichen Bedingungen
etwas geringer war. Ein Patient zeigte im Tumor- und Normalgewebe jeweils ein
Protein von 75 kDa, das mit hoher Affinität an Lactosid-Sepharose bindet. Die aus
dem Normalgewebe isolierte Proteinmenge war auch hier wieder geringer. Diese
Ergebnisse illustrieren, dass viele tumorassoziierten Lectine sich eher quantitativ
als qualitativ vom Normalgewebe unterscheiden.
Neben der Lectin-Zucker-Interaktion könnte die Bindung der Mimetika an der
Plasmazellmembran auch auf Zucker-Zucker-Interaktionen beruhen. Auch die
Akkumulation von Glycospingolipiden (GSL) wird von Hakomori als Zell-ZellAdhäsion erklärt. In der Praxis zeigt sich, dass eine erhöhte Expression von sLex
und sLea bei Patienten mit Colontumoren mit einer schlechten Prognose korreliert
[Shimodaira K et al., 1997; Nakamori S et al., 1993].
Eine erhöhte Lectinexpression auf der Plasmazellmembran und vermehrte GSLExpression könnten somit für eine stärkere Bindung von 3,4DA-Mimetika an
schlecht differenzierten Tumorgewebe im Vergleich mit gut differenzierten
verantwortlich sein.
Die diskrete Anfärbung um die Region der FAPs mit biotinyliertem TMC-DiGal ließ
uns vermuten, dass diese Zuckerstruktur die Zelladhäsion beeinflussen könnte.
Die
Adhäsionversuchsreihe
zeigte,
dass
TMC-DiGalactosid
von
allen
untersuchten Mimetika der beste Inhibitor der Zelladhäsion an Fibronectin war.
Trivalentes TMC-Galactosid konnte den vermeintlich „Multivalenten Effekt“ nicht
nachahmen, was bedeutet, dass der Multivalenzgrad nicht gleichzusetzen ist mit
einem höheren biologischen Effekt, wie beispielsweise eine
Steigerung der
Bindungsaffinität. Dieser nicht lineare Zusammenhang von Multivalenz und
Bindungsaffinität ist bekannt [Lundquist JJ und Toone EJ, 2002 (Rev.)]. Vielfach
sind
geometrische
und
physikochemische
Eigenschaften
einer
Struktur
mitentscheidend für eine Bindung an den Rezeptor. Das TMC-TriGal besitzt ein
ähnlich Adäsionspotential wie 3,4- und 2,5-Furan-Galactoside. Die optimale
Konzentration dieser Mimetika war bei 20 mM, wobei die Adhäsion bis maximal
40% gehemmt werden konnte. Im Vergleich dazu lag die optimale Konzentration
von TMC-DiGal bei 40 mM, welches die Zelladhäsion um 80% hemmte. Eine
87
Diskussion und Ausblick
durchweg
stimulierende
Wirkung
auf
die
Adhäsion
zeigte
das
1-ß-
Methylgalactosid. Man hatte angenommen, dass das TMC-Core, welches ein
Zucker-Mimetikum darstellt und dessen Molekülgröße mit dem des 1-ßMethylgalactosid gleichzusetzen ist, ähnlich wirkt. Es zeichnete sich jedoch
überhaupt kein Effekt ab.
Zur
Erforschung
der
Funktion
von
Kohlenhydrat-Lectin-Interaktionen
in
verschiedenen Prozessen der Metastasierung wie Adhäsion und Invasion fiel die
Wahl auf B16F1 und B16F10 Zellen, die ein etabliertes Metastasierungsmodell
darstellen. Denn die Varianten F1 und F10-Zellen wurden nach ihrem
Metastasierungspotential in die Lungen von Mäusen selektiert. B16F1 ist weniger
stark metastasierend ist als B16F10 Zellen[Fidler IJ, 1973; Fidler IJ, 1975].
Die Zell-Adhäsion und –Erkennung sind fundamentale Prozesse, die die
Zellorganisation in Gewebe und Organe ermöglichen. Sind die zugrunde
liegenden molekularen Mechanismen gestört, werden Zell-Zell- und Zell-ECMKontakte aufgehoben, was fatale Folgen haben kann, wie das autonome
Verhalten maligner Tumorzellen zeigen.
Die Adhäsion einer Zelle beruht auf mehreren Mechanismen, die in geordneter
Reihenfolge (zuerst Zucker-Zucker-Interaktion) und konzertiert (Zucker-Protein
und Protein-Protein im selben Zeitrahmen) ablaufen. Man unterscheidet, wie oben
erwähnt die Adhäsion an der ECM und die Zell-Zell-Adhäsion, die wiederum in
homo- und heterotypische Aggregationen unterteilt wird. Meistens sind diese
Mechanismen koexistent und bewirken einen additiven oder synergistischen
Effekt.
Die Sache wird noch komplizierter, wenn man die möglichen
Wechselwirkungen
Zucker-Zucker,
Zucker-Protein
und
Protein-Protein–
Wechselwirkungen in die Überlegungen mit einbezieht.
An diesem Modell konnte gezeigt werden, dass die Adhäsion von B16F1 Zellen
an Fibronectin durch die Zuckermimetika nicht beeinflusst wird, obwohl die
Bindungsstärke der unbehandelten B16F1 und B16F10 Zellen gleich sind Da die
Parameter wie Zellkulturbedingungen, ECM-Protein und die Testubstanzen
konstant sind, ist das unterschiedliche Adhäsionsverhalten der unterschiedlichen
Ausstattung der Zellmembranen von B16F1 und B16F10 Zellen zuzuschreiben.
Bisher wurde nur die unterschiedliche Oligosaccharid-Expression auf der
88
Diskussion und Ausblick
Zellmembran von F1 und F10-Zellen beleuchtet, die das unterschiedliche
Bindungsverhalten an pflanzliche Lectine [Raz A et al., 1980] untersuchten. Sicher
ist auch, dass die F1 und F10-Varianten unterschiedliche GM3 –Levels auf der
Zelloberfläche exprimieren: F10 Zellen haben einen höheren GM3-Level als F1
Zellen
[Kojima
M
Adhäsionskapazität
et
von
al.,
1992].
B16F1
Genauere
und
Studien
B16F10
untersuchten
Zellenan
die
GM3–Gangliosid
(NeuAcα2→3Galß1→4Glcß1→1Cer) und fanden heraus, dass die Adhäsion
abhängig ist von zwei Faktoren: Dem GM3 Expressionslevel auf den Zellen und der
Konzentration bzw. Dichte der an der well-Platte immobilisierten GM3 [Song Y, et
al., 1998 ; Iwabuchi K, et a.,l 1998; Kojima N und Hakomori S, 1989].
Adhäsionsassays mit Kombinationen von GSL und Proteinen auf der well-Platte
weisen darauf hin, dass die GSL-GSL-Interaktion für die frühe Phase der
Adhäsion verantwortlich ist, die dann abgelöst wird von GLS-Protein- und ProteinProtein-Interaktionen [Kojima N und Hakomori S, 1991; Kojima N et al., 1992].
Demnach scheint die Zucker Zucker-Interaktion, wenn auch eine schwache
Bindung repräsentierend, von hoher Spezifität zu sein, denn durch sie werden erst
Bindungen zu Proteinen und dann Protein-Protein-Wechselwirkung möglich.
Unterschiede im Adhäsionsverhalten von B16F1 und B16F10 Zellen nach Zugabe
von synthetischen Zuckern deuten darauf hin, das eine Interaktion der Galactose
Mimetika mit den zelleigenen GM3 (und andere noch nicht identifizierte
Zuckerstrukturen auf der B16F10-Zellmembran) eine wichtige Rolle bei der
Hemmung der Adhäsion spielen. Diese sind zwar schwache Wechselwirkungen,
aber offenbar für die Initialphase der Adhäsion wichtig.
Weiter zeigen die Ergebnisse des Adhäsionsassay, dass viele Parameter die
Adhäsion beeinflussen:
1. die Konzentration des eingesetzten Zuckers
2. die richtige Molekülgröße (plus optimale Multivalenz)
3. die Zuckerstruktur per se (Hydrohilie/Hydrophobie)
4. die stereochemische Orientierung der Kohlenhydratbausteine
Diese Parameter müssen so optimiert sein, dass die Initialphase der ZuckerZucker Interaktion in eine Protein-Zucker-Interaktion und Protein-ProteinInteraktion übergehen kann. Die Wechselwirkung scheint wohl eher mit den
Glycolipiden, Glycoproteinen oder Lectinen der Zellen als mit dem Fibronectin
89
Diskussion und Ausblick
stattzufinden, sonst wäre die Adhäsion von B16F1 und B16F10 Zellen
gleichermaßen beeinflusst worden. Schauen wir uns im Detail die Rolle der oben
aufgelisteten Parameter an:
Die Konzentration scheint wichtig zu sein, denn eine Inhibierung der Adhäsion von
B16F10 ist erst ab 20 mM zu beobachten. Häufig ist bei niedrigen
Konzentrationen
der
Zuckermimetika
sogar
eine
Adhäsionsverstärkung
festzustellen, die den bifunktionellen Charakter von Galactosiden aufweist. Ein
kleines Molekül wie das 1-ß-Methylgalactosid bewirkt zwar eine verstärkte
Adhäsion, die aber scheinbar durch die schwache Bindungsaffinität nicht
erkennbar ist. Einen verstärkten biologischen Effekt, z B. die Reduktion des
Adhäsionspotentials, erreicht man nur, wenn die Galactoside in geclusterter Form
angeboten werden. Jedoch muss die geclusterte Gesamtstruktur wiederum so
konzipiert
sein,
wechselwirken
2,5FuranGalGal
um
zu
mit
können.
Verbindungen
dem
Denn
korrespondierenden
die
können
divalenten
nicht
das
Adhäsion-Rezeptor
3,4FuranGalGal
und
Inhibitionspotential
des
divalenten TMC-Galactosids erreichen. Daher ist die Stereochemie ein weiteres
Kriterium für die Interaktionen mit den Zelloberflächenzuckern und -proteinen. Das
TMC-DiGal scheint alle oben aufgezählten Parameter in sich zu vereinen, um mit
der
B16F10 Zellmembran wechselwirken zu können. Die Bindungspartner
können Lectine oder andere regulatorische Proteine wie Integrine, CD44 oder
Galectine sein, die sich auch qualitativ und quantitativ in B16F1 und B16F10
Zellen unterscheiden können [Hakomori S, 1996].
Die N-Glycoslierung von Integrinen ist essentiell für ihre Bindung an Fibronectin.
Werden sie deglycosyliert dissoziieren die α5 und ß1 Untereinheiten und die
Bindung zu Fibronectin geht verloren. Im Adhäsionsassay ist zu beobachten, dass
bei niedrigen Konzentrationen (zwischen 5-10 mM) der Testsubstanzen
3,4FuranGalGal, TMC-TriGal die Adhäsion der Zellen an Fibronectin erhöht wird
und erst ab einer Konzentration >10 mM die Zelladhäsion reduziert wird.
Ähnliches ist schon in der Literatur beschrieben: Zheng zeigte, dass GM3 die
Aktivität vom α5ß1-Integrin beeinflusst. In diesem Zusammenhang stellte er fest,
dass bei einer Zugabe von GM3 die Bindungsaktivität an Fibronectin regulierbar ist.
Bei einer bestimmten
Konzentration von GM3 beobachtete er eine verstärkte
Bindung der (FUA 169)- Zelle an Fibronectin, jedoch bei einer höheren
90
Diskussion und Ausblick
Konzentration wurde diese Bindung aufgehoben [Zheng M et al., 1993]. Hakomori
postuliert zudem, dass die Akkumulation von
GM3 und GD3 in humanen und
Mausmelanomen für die Zell-Zell-Adhäsion verantwortlich ist [Hakomori S, 1996].
Es ist also möglich, dass die Konzentration von GM3
und GD3 ein
adhäsionsregulierender Faktor ist, der die Präferenz für die Adhäsion an
Fibronectin (und anderen ECM-Proteinen) oder an andere Zellen steuert [Cheresh
DA et al., 1987; Ozeki Y et al., 1995]. Denn separat enthüllten andere Arbeiten die
wichtige Funktion der Zell-Zell-Adhäsion bei der Metastasierung. Man zeigte in
vitro, dass die
Tumorzellaggregation auf homotypische Zell-Zell-Adhäsionen
zurückzuführen ist, die die Metastasierung durch die Embolisierung in der
pulmonären Vaskulatur fördert [Raz A, 1980]. Diese Daten aus der Literatur
zusammengefasst liefern nun die Interpretation der Resultate aus den eigenen
Adhäsionsassays. Es wäre somit möglich, dass z. B. TMC-DiGal in die Integrin
abhängige
Adhäsion
eingreifen
kann.
TMC-DiGal
wirkt
dann
wie
GM3
konzentrationsabhängig auf das Adhäsionspotential. Die zugrundeliegenden
Mechanismen sind jedoch noch unklar. Auch die Anfärbung der FAP-Region der
SKOV-3 Zellen mit TMC-DiGal lässt sich gut in diese These einordnen, wenn man
zeigen kann, dass tatsächlich Adhäsionsmoleküle wie Integrine oder CD44
adressiert sein könnten. Die andere Möglichkeit wäre die Beeinflussung der
Zucker-Zucker-Interaktion, die zu einer Adhäsionserhöhung zwischen den Zellen
führt und gleichzeitig das Adhäsionspotential an Fibronectin reduziert. Auch in den
eigenen Adhäsionsassays ließ sich die Tendenz zur Zellaggregation während der
Inkubation der B16F10 Zellenmit TMC-TriGal und mit 1-ß-Methylgalactosid
beobachten.
Die Galectine sind dabei von besonderem Interesse, weil sie spezifisch Lactose
und Galactose binden können und damit die Möglichkeit besitzen, mit den TMCDiGal zu interagieren. Die Überexpression von Galectinen, insbesondere Galectin3
auf Tumorzellen wird für erhöhte Adhäsion und Metastasierungspotential
verantwortlich gemacht [Bresalier RS et al. 1998]. Es ist demnach denkbar, dass
TMC-DiGal die Galactose-Bindungsstellen von Galectin-3 absättigt und so ihre
Bindungsfunktion inaktiviert. Dass auch auf der ECM-Seite Galectin-Zucker
Interaktionen möglich sind, zeigen Untersuchungen von Ozeki. Sie wiesen in vitro
nach, dass Galectin-1 eine adhäsive Wirkung auf Sarkomazellen an Fibronectin
91
Diskussion und Ausblick
besitzt, die durch die Zugabe von Lactose inhibiert werden konnte. Sie zeigten
zudem immunohistochemisch, dass Galectin-1, Fibronectin und Laminin in der
ECM kolokalisiert vorliegen. Sie postulieren deshalb, dass das ECM-Galectin-1
eine adhäsionskontrollierende Rolle spielt [Ozeki Y et al., 1995].
Für den in vivo Versuch mit
adhäsionshemmende
Wirkung
B16F10 Zellen würde das bedeuten, dass die
von
TMC-DiGal
die
Invasion
bzw.
das
Metastasierungspotential reduzieren könnte. Das Invasionsassay in der Boyden
Kammer bestätigte diese These in vitro. Das TMC-DiGal zeigte bei den B16
Melanomzellen das höchste Inhibitionspotential im Gegensatz zum TMC-Core,
TMC-TriGal und 1-ß-Methylgalactosid.
Abb. 4.1-1 zeigt zwei Zellen, die gerade durch eine Pore die im Matrigel eingebettet ist, wandern.
Das Invasionspotential wird über die Quantität der durchgewanderten Zellen ermittelt.
Bislang wurde nur die akute Cytotoxizität von TMC-DiGal und TMC-TriGal mittels
Trypanblau bestimmt, aber man geht davon aus, da TMC-Core und 1ßMethylgalactosid keine toxischen Verbindungen darstellen, dass TMC-DiGal und
TMC-TriGal auch keine zelltoxischen Eigenschaften besitzen.
Fazit ist, dass hier Adhäsions- und Invasionspotential zusammenhängen, denn
wird die Adhäsion an der ECM über einen noch ungeklärten Mechanismus durch
TMC-DiGal gehemmt, wird die Migration durch die ECM erschwert. Experimente
von Briles und Korneld bekräftigen diese Annahme. Sie trennten B16-Zellen in gut
und schlecht adhärierende Zellen und stellten fest, dass gut adhärierende Zellen
im Maus-Modell invasiver waren, als die schlecht adhärierende Zellen [Briles EB
und Kornfeld S, 1978].
Metalloproteinasen (MMP) sezernieren zu können zeichnen maligne Tumorzellen
aus, denn dadurch gelingt ihnen die Degradierung der ECM und BM und folglich
92
Diskussion und Ausblick
die Intravasation in die Blutbahnen. Broocks und Chattopadhyay zeigten, dass es
einen biologischen Zusammenhang zwischen Integrinen und MMPs gibt [Brooks
PC et al., 1996; Chattopadhyay N et al. 2001]. Durch die Stimulierung der
Tumorzell-Integrine α5ß1, αVß3 konnte die Expression von verschiedenen MMPs
aktiviert werden [Deryugina EI et al., 2000; Hofmann UB et al.,2000; Deryugina EI
et al., 2001].
Da TMC-DiGal und TMC-TriGal zeigten, dass sie das Invasionspotential von B16
Zellen reduzieren, untersuchten wir die MMP-Aktivität bei der Inkubation von B16
Zellen mit verschiedenen Zuckerverbindungen. Das Inhibierungspotential der
MMP-Aktivität nimmt in dieser Reihenfolge zu:
1-ß-Methylgalactosid < TMC-Core < 3,4 Furan < TMC-TriGal.
Diese vorläufigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Inhibierung der Invasion
durch synthetische Zucker auch im Zusammenhang mit der Inaktivierung von
MMP stehen könnte.
Es stellt sich dabei immer mehr die Frage, woran das TMC-DiGal oder die 3,4 und
2,5DiGal-Furane binden und ob sie einen direkten oder indirekten Effekt auslösen,
wodurch die Adhäsion bzw. Invasion und eventuell die MMP-Aktivität inhibiert
werden. Die essentielle Rolle der Zucker-Lectin-Interaktionen während der
Metastasierung verdeutlichen Experimente mit Mäusen, bei denen eine Inhibition
der Lebermetastasierung durch Infusion von Arabinogalactan und D-Galactose
erzielt wurden. Klinische Experimente zeigten, dass durch die Infusion von
Galactose vor und nach der operativen Entfernung von Colontumoren, die Bildung
von Lebermetastasen inhibiert wurde. Nach Galactose-Infusion bildeten drei
Patienten Lebermetastasen im Vergleich zur Kontrollgruppe, die sieben Patienten
mit Lebermetastasen beinhaltete. Dies könnte auf eine Absättigung von
Galactose-bindenden Leber-Lectinen zurückzuführen sein [Beuth J et al., 1987;
Beuth J et al., 1995]. Trotz des Erfolges wird die Euphorie über diese Daten
abgeschwächt, wenn man weiß, dass anstatt Lebermetastasen Lunge- und
Knochenmetastasen gebildet wurden. Fazit ist aber, dass das Ansiedeln/
Anheften von Tumorzellen an bestimmte Organe via Interaktionen zwischen den
Oligosaccharidstrukturen auf malignen Zellen und den Lectinen der Zellmembran
des Zielorgans oder umgekehrt gesteuert wird. Überdies darf die Rolle der ECM
nicht vernachlässigt werden, weil sie einerseits Kohlenhydratbindende Proteine
93
Diskussion und Ausblick
wie das Galectin-1 besitzt und andererseits auch hochverzuckert ist. Frühere
Arbeiten zeigten, dass B16F10 Zellen nur an Laminin adhärieren, wenn sowohl
das Integrin α6ß1 (für die Bindung an Laminin verantwortlich) und Laminin
glycosyliert sind. Wurden sie jeweils einzeln enzymatisch deglycosyliert konnte die
Adhäsion inhibiert werden [Chammas R et al., 1991; Dean JW III et al., 1990].
Daher werden zur Zeit Adhäsionsassays mit verschiedenen ECM-Proteinen
(Vitronectin, Laminin) in der Dissertation von C. Gronewold durchgeführt.
Die Parallelen zum Anfärbemuster von TMC-DiGal (Anfärbung der FAP-Region
bei SKOV-3) und zum hohen Inhibierungseffekt im Adhäsionsassay regen
zusätzlich an, nach unterschiedlichen Anfärbemustern von B16F1 und F10-Zellen
mit TMC-DiGal zu schauen, um mögliche Bindungspartner, die für die Adhäsion
verantwortlich sind, visualisieren zu können. Zwar muss man vorsichtig sein, wenn
man humane und murine Zellen und dazu noch von einem jeweils anderen Organ
stammend, vergleicht, aber TMC-DiGal scheint eine Kohlenhydrat-Verbindung zu
repräsentieren, die in allen Assays hohe biologische Aktivität zeigt und daher in
anderen Systemen weiterhin als Referenzsubstanz eingesetzt werden sollte. Um
ein dezidiertes Bild über die Bindungsmöglichkeiten zwischen synthetischen
Zuckern und ECM-Proteinen und Zellmembran-Proteinen/Lectinen zu erhalten,
müsste man Bindungsstudien durchführen, z.B. SPR (Surface Plasmon
Resonance Methode), die über fluoreszenzmarkiertem Zucker und immobilisierten
(ECM-) Protein laufen könnte. SPR stellt eine elegante Methode dar, um RealTime-Experimente
durchzuführen,
die
das
dynamische
Bindungsverhalten
zwischen zwei Komponenten wiedergeben. Damit könnte man auch Assays in
Kombination mit verschiedenen Zuckern verschiedener Molekülgrößen oder
Verzweigungsgrad durchführen, die um die selben Rezeptoren konkurrieren. Die
Technologie ist soweit entwickelt, dass letztlich ganze Plasmamembranfragmente
als stationäre Phase für Bindungsstudien mit Zuckern eingesetzt werden können.
Zusammengefasst unterstreichen diese Daten die Koexistenz von vielen
verschiedenen Mechanismen für die Adhäsion und Invasion von Tumorzellen,
wobei die Zucker-Zucker- und Zucker-Lectin-Interaktionen eine wichtige Rolle zu
spielen scheinen, die noch näher untersucht werden müssen. Diese Interaktionen
können konzertiert ablaufen, sich gegenseitig verstärken und unter bestimmten
94
Diskussion und Ausblick
Bedingungen inhibiert werden. Fazit: diese Prozesse sind sehr spezifische
Erkennungsprozesse, die Einfluss auf das Metastasierungspotential haben.
Molecular Modeling zur Ermittlung einer Struktur-Aktivität-Beziehung
Die biologischen Effekte aus den Anfärbe-, Adhäsions- und Invasionsassays, die
durch die verschiedenen Kohlenhydratstrukturen hervorgerufen werden lassen die
Ableitung einer Struktur-Aktivitätsbeziehungen zu, die mit Hilfe von Molecular
Modeling-Daten näher untersucht wurden.
Denn wichtig ist es, allgemeine auf struktureller Ebene basierende zellbiologische
und biomolekulare Gesetze für Adhäsions- und Invasionsmechanismen zu finden,
die bei metastasierenden Zellen verändert vorliegen und immer mehr in den
Kontext von veränderter Kohlenhydrat-Lectin-Interaktion gebracht werden. So hat
man
zum
Beispiel
häufig
N-acetylglucosamin
ß1,6-Mannose
verzweigte
Oligosaccharidstrukturen bei metastasierenden Tumorzellen gefunden oder
häufig an O-Glycanen verknüpfte sLex und sLea
in stark metastasierenden
y
colorectalen Tumoren und Le [Dennis JW et al., 1987; Shimodaira K et al.,
1997; Kim YS, et al., 1996; Roth J 2002]
Aus den Molecular Modeling Berechnungen zeigte sich eine hohe geometrische
Ähnlichkeit der Pharmacophor-Modelle von Ley und 3,4DAGalFuc (erstellt aus den
Mittelwerten von Winkel und Abstände der Kohlenhydratbausteine mit und ohne
Bezug zum Core-Element). Die Darstellung besagt, dass 3,4DAGalFuc den
optimalen geometrischen Raum besitzt, um dieselben Rezeptorbindungsstellen
wie Ley adressieren zu können.
Der Vergleich der Pharmacophor-Modelle untereinander zeigte, dass sich
3,4DAGalGal und 2,5DAGalGal nicht sonderlich von ihren korrespondierenden
Ausgangsubstanzen 3,4- und 2,5-Furanen unterscheiden. Das bedeutet also,
dass die Pharmacophore (Kohlenhydrat-Bausteine) von 3,4-Furan und 3,4 DAMimetika denselben geometrischen Raum einnehmen und folglich dieselben
Bindungspartner adressieren können.
Molecular Modeling Daten sagen auch voraus, dass der eingenommene
geometrische Raum der Kohlenhydrat-Bausteine zwischen 3,4Furan und TMCDiGal
ähnlicher
ist
als
zwischen
den
beiden
Furan-Isomeren.
Diese
demonstrierten jedoch im Adhäsionsassay ähnliche Hemmeigenschaften und
95
Diskussion und Ausblick
waren schwächer als TMC-DiGal. In diesem Fall korrelieren Molecular Modeling
Daten nicht mit dem biologischen Effekt.
Im Anfärbetest zeigten die 2,5DAGalGal kaum eine Färbung an SKOV-3 Zellen,
wohingegen 3,4DAGalGal und TMC-DiGal die Zellen stark anfärbten. Aber hier ist
die Annäherung der Molecular Modeling Daten mit den biologischen Daten mit
Vorsicht zu bewerten. Denn zum einen spielt beim 2,5DA-Mimetikum sicherlich
die Stabilität der Struktur eine wichtige Rolle, denn die ersten kinetischen Daten
zeigten, dass bei Raumtemperatur allmählich die Retro-Diels-Alder-Reaktion
einsetzt, die eine korrekte Anfärbung daher nicht möglich macht. Zum anderen
färbten zwar 3,4DAGalGal und TMC-DiGal gleich gut, aber das Färbemuster war
bei den SKOV-3 Zellen jeweils ein anderes (TMC-DiGal: ganze Zelle und FAPRegion; 3,4DAGalGal: ganze Zelle).
Des weiteren veranlasste die gute Korrelation zwischen den Anfärbungen mit
3,4DAGalFuc auf Coloncarcinomzellen CaCo-2 und SW480 und den Ergebnissen
von
Schmauser,
die
Ley-Lectine
aus
Colontumorgewebe
mittels
Affinitätschromatographie isolierte, die Berechnung der Pharmacophor-Modelle
für Ley [Schmauser, 1999]. Der Vergleich der beiden Pharmacophor-Modelle
zeigte
eine
fast
identische
geometrische
Raumbesetzung
der
Kohlenhydratbausteine von 3,4DAGalFuc und Ley. Daher wird postuliert, dass die
exzellente Anfärbung mit 3,4DAGalFuc zum einen auf Interaktionen mit Ley
beruhen, weil Ley als Tumorantigen auf Colontumoren überexprimiert ist. Zum
anderen
ist
die
spezifische
Anfärbung
auf
Interaktionen
mit
den
korrespondierenden Ley-Lectinen zurückzuführen [Feizi T, 1987; Kim YS, 1986;
Sakomoto J et al., 2000].
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Kohlenhydrat-Lectin-Interaktionen eine
wichtige Rolle in der Metastasierung spielen. Abhängig von der Struktur und den
Kohlenhydrat-Bausteinen konnte eine Färbemethode etabliert werden, die die
Spezifität
der
Lectinexpression
auf
der
Zellmembran
von
Tumorzellen
visualisieren konnte. Wichtige Schritte bei der Metastasierung wie Adhäsion und
Invasion konnten beeinflusst werden, die auch einen Zusammenhang zur MMPAktivität herstellten. Offenbar sind mehrere Interaktionen bei diesen Prozessen
wichtig: Kohlenhydrat-Kohlenhydrat-, Kohlenhydrat-Protein- und Protein-Protein96
Diskussion und Ausblick
Interaktionen und die Wechselwirkung zwischen den Zellen und der ECM. Des
weiteren ist es wichtig zu eruieren, worauf die visualisierte Bindung der
Kohlenhydratmimetika auf fixierte Zellen beruht, welche Proteine
adressiert
werden und welche Effekte, z. B. die Signaltransduktionkaskade, durch eine
Bindung des Zuckers ausgelöst werden.
97
Zusammenfassung
5 Zusammenfassung
Im Rahmen dieser Arbeit sind verzweigte Kohlenhydratmimetika mit einer
einfachen Synthesestrategie dargestellt worden, die keine anspruchsvolle
Schutzgruppentechnik erforderte. Als Basis für ein Drug Targeting Konzept wurde
mit
den
verzweigten
Sacchariden
eine
Fluoreszenzfärbe-Methode
zur
Lokalisierung von Lectinen auf der Plasmamembran von intakten Tumorzellen
etabliert. Die Bedeutung der Zucker-Lectin-Interaktionen im Tumorgeschehen
wurde mit synthetischen Zuckern in zellbiologischen Experimenten untersucht.
Die sich daraus ergebenden Struktur-Aktivitätsbeziehungen wurden mit Hilfe von
Molecular Modeling Methoden interpretiert.
Die Glycosidierung über benzoylgeschützte Imidate hat sich als einfaches und
effizientes
Verfahren
herausgestellt
Kohlenhydratverbindungen
mit
dargestellt
der
wurden.
verschiedene
Die
zwei
verzweigte
verschiedenen
Corestrukturen führten zu zwei Typen von Kohlenhydratmimetika, die einerseits
auf
Trishydroxymethyl-Cyclohexan
(TMC)
und
andererseits
auf
Bishydroxymethylfuran aufgebaut wurden. Die TMC-Digalactoside wurden über
einen Aminspacer mit NHS-Biotin derivatisiert. Für die glycosidierten Furane
stellte sich die Umsetzung mit Biotin-Maleinimid in Wasser über die Diels-Alder
(DA) Reaktion als idealer Syntheseweg dar.
Mit Hilfe der biotinylierten 3,4DA-Mimetika und TMC-DiGal konnten diskrete
Bereiche auf der Plasmamembran von verschiedenen Tumorzelllinien angefärbt
werden, die sich als sehr spezifisch darstellten. Bei der Inkubation der
Colontumorzellen mit 3,4DAGalFuc war eine Polarisierung der Anfärbung zu
beobachten, die gut mit der aus der Literatur beschriebenen Polarisierung des
Endozytoseprozesses (patching, capping) korreliert. 3,4DAFucFuc ergab eine
polarisierende
Färbung
mit
SW480
Zellen,
die
Fucose-Rezeptoren
mit
endozytotischer Funktion besitzen. Hieraus ergibt sich für diese Zuckerverbindung
eine Einsatzmöglichkeit für ein tumorspezifisches Drug Targeting. Ferner färbte
TMC-DiGal die “focal adhesion points“ der Ovarialkarzinomzellen SKOV-3 an.
98
Zusammenfassung
Es konnte gezeigt werden, dass eine Vielzahl von Faktoren das Anfärbemuster
beeinflussten.
Zum
einen
spielt
die
räumliche
Orientierung
der
Kohlenhydratbausteine und zum anderen die Kohlenhydratbausteine selbst eine
wichtige Rolle für die charakteristische Anfärbung. Hervorzuheben ist, dass
normale
humane
Fibroblasten
mit
den
biotinylierten
DA-Mimetika
keine
Anfärbungen zeigten.
In einem Metastasierungsmodell konnten unterschiedlich verzweigte Galactoside
wichtige Metastasierungsschritte wie Adhäsion und Invasion beeinflussen. Die
Adhäsion der stark metastasierenden B16F10 Zellen an Fibronectin wurde durch
das divalente TMC-Digalactosid am stärksten gehemmt. Die beiden isomeren
Furandigalactoside waren schwächere Inhibitoren, während die Kontrolle, das 1-ßMethyl-Galacotsid die Zelladhäsion leicht stimulierte. Im Vergleich dazu wurde das
Adhäsionspotential
von
schwach
metastasierenden
B16F1
Zellen
nicht
beeinflusst.
Ferner konnte die Migration der B16 Zellen signifikant durch die synthetischen
Galactoside gehemmt werden. Das divalente TMC-Galactosid zeigte wieder die
höchste inhibitorische Potenz. Die Kontrollsubstanz TMC-Core (ohne Zucker)
zeigte dabei keinen Einfluss.
Weitere Untersuchungen demonstrierten die Reduktion der MMP-Aktivität durch
multivalente Kohlenhydratstrukturen, die im Fall TMC-TriGal sogar ganz gehemmt
werden konnte.
Diese Ergebnisse liefern somit weitere Anhaltspunkte zur Aufklärung der Funktion
von
Kohlenhydraten
bei
der
Metastasierung.
Mit
Molecular
Modeling
Berechnungen wurde die Struktur von Ley, welches auf Coloncarzinomzellen
überexprimiert ist, mit der von 3,4DAGalFuc, welches die Colonzelllinien CaCO-2
und SW480 spezifisch anfärbte, verglichen. Die Pharmacophor-Modelle zeigten,
dass 3,4DAGalFuc die geometrischen Vorraussetzungen besitzt, um Rezeptoren
für Ley zu adressieren. Diese Daten eröffnen neue Perspektiven für die
Immuntherapie, wo zur Zeit monoklonale Antikörper aus synthetischem Ley
generiert und in klinischen Studien erprobt werden.
Die Kombination von chemischer Synthese, biologischen Untersuchungen und
Molecular Modeling Berechnungen demonstrierten in dieser Arbeit das ideale
99
Zusammenfassung
Vorgehen zur Aufklärung des komplexen biologischen Zusammenhanges der
Kohlenhydrat-Lectin-Interaktion. In dieser Arbeit konnte über wohldefinierte, kleine
Moleküle
auf
Kohlenhydratbasis
Informationen
über
die
Struktur-
Aktivitätsbeziehung gewonnen werden, die in einem Drug Targeting Konzept und
in der Immuntherapie Eingang finden können.
100
Experimenteller Teil
6 Experimenteller Teil
6.1 Materialien und Methoden
6.1.1 Materialien zur chemische Synthese und Analytik
Lösungsmittel und Trocknungsmittel
Alle Reaktionen wurden in wasserfreien, käuflich erworbenen p.A. Lösungsmitteln
durchgeführt. Die polaren Lösungsmittel Acetonitril, DMF, DMSO, Ethanol,
Methanol wurden über Molekularsieb 3 Å getrocknet, alle anderen Lösungsmittel
über Molekularsieb 4 Å. Die Lösungsmittel für die HPLC wurden von der Firma
Merck, Lichrosolv® und der Firma Roth (Karlsruhe, D), Gradient Grade, bezogen.
Das Milipore-Wasser wurde anwendungsgerecht 5 min. im Ultraschallbad entgast.
Reagenzien
Soweit nicht anders angegeben wurden alle kommerziell erhältlichen Edukte über
die Firmen Sigma-Aldrich (Deisenhof, D), Merck (Darmstadt, D), Fluka (Neu-Ulm,
D) bezogen.
Kernresonanzspektroskopie
1
H-NMR:
Bruker AM 250 (250 MHZ)
[Bruker, Rheinstetten, D]
Bruker Am 500 (500 MHZ)
[Bruker, Rheinstetten, D]
13
C-NMR:
Bruker AM 250 (63 MHZ)
[Bruker, Rheinstetten, D]
Bruker Am 500 (125 MHZ)
[Bruker, Rheinstetten, D]
Abteilung Zentrale Spektroskopie des DKFZ, Heidelberg
101
Experimenteller Teil
Massenspektroskopie
Elektrospray-Ionisation (ESI)
[Finnigan MAT TSQ 7000]
Abteilung Zentrale Spektroskopie des DKFZ, Heidelberg
Dünnschichtchromatographie
Dünnschichtfolien Polygram Sil G/UV254
[Macherey-Nagel, Düren, D]
Schmelzpunktbestimmungsröhrchen
[Marienfeld, D]
beidseitig offen
Sprühreagenzien für die Dünnschichtchromatograhie
•
•
Vanillin-Schwefelsäure-Sprühreagenz (Stahl 1967)
Zusammensetzung
0,1 % Lösung von Vanillin in 50% H2SO4
Anwendung
insbesondere bei höheren Alkoholen/Saccharide
Cer-Molybdän-Sprühreagenz
Zusammensetzung
24 g (NH4)6Mo7O24x2 H2O mit 1 g CeSO4
in 500 ml 10 % H2SO4 gelöst
Anwendung
bei allen oxidierbaren Substanzen (Universalreagenz)
Alle Reagenzien wurden im Heißluftstrom erhitzt zum Erreichen ihrer spezifischen
Anfärbung
Säulenchromatographie
Kieselgel KG 60, 0.063-0.02 mm
[Macherey-Nagel, Düren, D]
Kieselgel KG 60, 0.04-0.063 mm
[Macherey-Nagel, Düren, D]
Geräte und Materialien für die Hochdruckflüssigkeitschromatographie
(HPLC)
•
Hewlett-Packard HP 1090
[Hewlett Packard, Bad Homburg]
Säule (analytisch) PuroSpher RP-18e
5µm, 125 x 3 mm
Detekor
UV-Vis
HP Integrator
3396A
•
Gilson Abimed
[Merck, Darmstadt, D]
[Jasco, Groß-Umstadt, D]
[Hewlett Packard, Bad Homburg]
[Langenfeld, D]
102
Experimenteller Teil
Säule
Detektor
Software
PuroSphere RP 18(e) [Merck, Darmstadt]
Sedex Lichtstreu,
[Alfortville Cedex, F]
Modell 55
Gilson Uni Point® System
Sonstige Geräte
Fraktionsammler LKB Super Frac
Gefriertrockner Beta 1-8
Rotationsverdampfer R-114/Wasserbad B480
Trockenschrank T 6120
Vakuumpumpe RD 4
[Pharmacia, Hilter, D]
[Christ, Osterode, D]
[Büchi, Flawil, CH]
[Heraeus, Hanau, D]
[Vacuubrand, Wertheim,D]
6.1.2 Materialien und Methoden für die Zellkultur
6.1.2.1 Routine-Zellkultur
• Medium und Zusätze
DMEM
RPMI 1640 ohne L-Glutamin
HEPES-Puffer 1 M
L-Glutamin
FCS (Fötales Kälberserum)
•
[Pan Systems, Aidenbach, D]
[Pan Systems, Aidenbach, D]
[Pan Systems, Aidenbach, D]
[Pan Systems, Aidenbach, D]
[Pan Systems, Aidenbach, D]
Reagenzien
Trypanblau 0.5 in physiol. Kochsalzlsg.
PBS ohne Ca2+/Mg2+
EDTA (Versen) 1% (w/v) in PBS
Ohne Ca2+/Mg2+
DAPI
DMSO für die Gaschromatographie
•
[Biochrom, Berlin, D]
[PAA, Linz, CH]
[Biochrom, Berlin, D]
[Hoechst, D]
[Merck, Darmstadt, D]
Daten für die Routine Zellkultur für folgende humane Tumorzelllinien
s. Literaturangaben im Kapitel „Ergebnisse“
•
Verbrauchsmaterialien
Gewebekulturflaschen
25 cm2 / 50 ml; 75 cm2 / 250 ml
Zentrifugenröhrchen Falcon, 15, 50 ml
Spritzenfilter 0,2µm
Cryovials 2ml
•
[Becton Dickinson, Heidelberg, D]
[Becton Dickinson, Heidelberg, D]
[Renner, Darmstadt, D]
[NUNC, Wiesbaden, D]
Geräte
Zählkammer nach Neubauer
[Renner, Darmstadt, D]
103
Experimenteller Teil
Brutschrank B 5060
Sterile Werkbank HERAsafe
Umkehrphasenmikroskop Leitz, DM IL
Sorvall Super T21-Zentrifuge
[Heraeus, Hanau, D]
[Heraeus, Hanau, D]
[Leica, Wetzlar, D]
[Kendro Lab. Prod., Osterode, D]
Einfrieren der Zellen
Zellen einer laufenden Routinesubkultur werden jeweils nach Anweisung der
ACCT Nr. abgeerntet und 2 x mit 10 ml frischem Kulturmedium bei 900 rpm bei 25
°C abzentrifugiert. Das Zellpellet wird im Kulturmedium mit 10 % DMSO
resuspendiert , wobei das Volumen so gewählt werden soll, dass in 2 x 106 Zellen
/ml enthalten sind. 1 ml Zellsuspension wird in ein Cryoröhrchen überführt. Das
Einfrieren erfolgt bei –80 °C im Gefrierschrank oder durch die kontrollierte
Abkühlung ei 1 °C / min in der Tumorbank des DKFZ.
Auftauen der Zellen
Das Cryoröhrchen wird 1 min der Raumtemperatur ausgesetzt und anschließend
rasch bei 37 °C im Wasserbad aufgetaut. Die Zellsuspension wird in 10 ml
vorgewärmten Kulturmedium überführt und anschließend bei 900 rpm bei 25 °C 5
min lang (2 x) abzentrifugiert, um das DMSO zu entfernen. Die Vitalität, die bei
mindestens 80 % liegen sollte, wird mit Trypanblau überprüft. Die Zellen werden in
der Zellkulturflasche nach Anweisung der DKFZ-Tumorbank subkultiviert.
Mycoplasmentest
Der Test auf Mycoplasmen erfolgt bei Zellen, die von der Subkultur entnommen
und auf sterile Deckgläschen angezüchtet werden. Sie werden mit PBS
gewaschen und 10 min mit 3% Formaldehyd (oder MeOH : Eisessig= 4:1) fixiert.
Die fixierten Zellen werden mit PBS gewaschen und anschließend mit DAPI einem
DNA-Interkalator in einer Konzentration von 1 µg / ml für einige Minuten im
Dunkeln inkubiert. Nach mehrmaligem Waschen mit PBS werden die Zellen
luftgetrocknet und mit Elvanol auf einem Objekträger eingedeckt. Sind die Zellen
mit Mycoplasmen kontaminiert erkennt man die DNA der Mycoplasmen anhand
der punktförmig fluoreszierenden Areale am und im Zellbereich.
104
Experimenteller Teil
6.1.2.2 Fluoreszenzfärbung von adhärent wachsenden Zellen
•
Reagenzien, Stammlösungen
Waschpuffer: PBS (Phosphate Buffered Saline) pH 7,2
Fixierlösung: 3% Formaldehyd/PBS
Permeabilisierunglösung: 0,1% Triton X-100/PBS
Blockierungslösung: 0,1% BSA (5% Milchpulver)
Färbelösung a: 2 µg/50 µl biotinyliertes DA-Mimetikum
Färbelösung b: Avidin-FITC (1:100)
Kernfärbelösung: 0,0001% DAPI/PBS
_________________________________________________________________
•
Biotinylierung von TMC-DiGal mit EZ-Link NHS-LC-Biotin
Reaktionspuffer: 50 mM NaCO3, pH 7,5
Reaktionslösung: 0,05 mM TMC-DiGal in 1ml Reatkionspuffer
Biotinlösung: 0,055 mM EZ Link NHS-Biotin [Sigma Aldrich, Deisenhof, D]
in 1 ml DMF
Stoppreagenz: 0,01 mM Methylamin
_________________________________________________________________
•
Materialien und Geräte
Deckgläschen
Objektträger
Fluoreszenzmikroskop
Kamera
Coverslips
Objektträger
Gewebekulturschalen, Falcon, 35 x 10 mm
•
[Leica-Orthoplan, Bensheim,D]
[Vario-Orthomat, Bensheim,D]
[Becton Dickinson, Heidelberg, D]
Durchführung
Adhärent wachsende Zellen werden auf Coverslips (2 x 104 /1cm Ø) ausgesät und
unter Routine-Zellkultur Bedingungen gezüchtet. Vor Erreichen der Konfluenz
werden die Zellen mit Fixierlösung inkubiert und nach dreimaligem Waschen mit
PBS werden die Deckgläschen falls erwünscht 5 min mit Permeabilisierunglösung
inkubiert. Nach dreimaligem Waschen mit PBS werden die fixierten Zellen eine
Stunde mit
5% Milchpulver/PBS-Lösung bei Raumtemperatur inkubiert, um
unspezifische Bindungsstellen abzusättigen. Im ersten Färbeschritt werden die
Deckgläschen mit Färbelösung a inkubiert. Die Zellen werden danach erneut
gewaschen und unter lichtgeschützten Bedingungen mit Avidin-FITC (Färbelösung
b) eine Stunde lang bei Raumtemperatur inkubiert. Zur topographischen
Orientierung der Zellen werden die Zellkerne mit DAPI (Kernfärbelösung)
105
Experimenteller Teil
angefärbt. Zum Schluss werden die Zellen kurz luftgetrocknet und mit Elvanol auf
dem Objektträger eingedeckt. Die Auwertung der Färbung erfolgt unter dem
Fluoreszenzmikroskop.
6.1.2.3 Fluoreszenzfärbung von Schnitten aus Colontumor und Normalgewebe
s.o. 6.1.2.2
6.1.2.4 Adhäsionsassay an extrazellulärem Matrix-Protein Fibronectin
•
Reagenzien
s. Routine-Zellkultur für B16F1, B16F10 Melanomazellen
Adhäsionspuffer: 1% BSA/ PBS, 1 mM Ca 2+, 1mM Mg2+
Szintillationslösung: (Methyl-3H) Thymidin [Amersham Life Science]
(spezifischen Aktivität von 1µCi/µl)
ECM-Protein-Lösung: 50 µg/ 96 well-Platte Fibronectin [Invitrogen]
•
Materialien und Geräte
12-well Platten
96-well Platten, flexibel
Multikanal-Pipette
Eppendorf-Pipette, 200 µl, 1000 µl
Falcon-Röhrchen 15 ml
Szintillationsröhrchen
•
Durchführung
Beschichten der 96-well Platten mit ECM-Proteinen:
Die flexiblen 96-well Platten werden mit 50 µl der Fibronectin-Lösung beschichtet
und über Nacht abgedeckt bei 4 °C gelagert. Am nächsten Tag wird die Lösung
durch leichtes Klopfen auf der Unterseite der Platte auf Haushaltspapier entfernt.
Anschließend werden die wells mit 200 µl für eine Stunde bei 37 °C inkubiert.
Adhäsionsassay:
Zellen der Zelllinie B16F1 bzw. B16F10 (Maus-Melanom) werden in einer 12 wellPlatte in 1 ml DMEM-Medium
(4,5 g/l Glucose, 3,7 g/l NaHCO3, 4 mM L-
Glutamin, 10% FCS) ausgesät. Um die Zellen später quantifizieren zu können
106
Experimenteller Teil
wird das Medium mit der erforderlichen Menge Tritium-gelabeltem Thymidin
versetzt (20 µCi/ 1*106 Zellen/ ml Medium). Nach 16 h Inkubation bei 30°C und
5% CO2 werden die Zellen mit 0,05 %-iger EDTA-Lösung abgelöst, ausgezählt
und 3x mit serumfreiem DMEM-Medium gewaschen. Die Zellen werden in einem
Eppendorf-Cup mit dem zuvor in Adhäsionspuffer gelösten Saccharid-Liganden
versetzt. Nach einstündiger Inkubation bei 37°C unter leichtem Schütteln, werden
5 x 104 Zellen direkt in die zuvor beschichtete Platte pipettiert und nochmals 1h
bei 37°C inkubiert. Nicht anhaftenden Zellen werden durch dreimaliges Waschen
mit PBS entfernt und die haftenden Zellen werden unter dem Mikroskop visuell
ausgewertet. Zur exakten Quantifizierung werden die Wells mit einer Schere
vereinzelt und in Szintillationsröhrchen überführt. Das Röhrchen wird mit 5 ml
Szintillationslösung
befüllt
und
im
Flüssig-Szintillator
vermessen.
Die
Standardabweichung wurde berechnet nach Bishop Y et al.,1975.
6.1.2.5 Invasion-Assay in der Boyden-Kammer (semi-in vivo-Assay)
•
Reagenzien, Stammlösungen
s. Routine-Zellkultur für B16F1, B16F10 Melanomazellen
•
Materialien und Geräte
BD BiocatTM MatrigelTM Invasion Chamber
(Lot Number: 006011), 24-well Platten,
mit 12 extrazellulärere Matrix - Membran
[Becton Dickinson, USA]
Wattestäbchen, steril
Lichtmikroskop
Kamera
•
Durchführung
Jedes Well wird mit 750 µl DMEM Medium/ 5 % FCS gefüllt. B16F1 und B16F10
Melanoma Zellen werden in 40 mmol Saccharid-Ligand im FCS-freiem DMEMMedium suspendiert und im Verhältnis 1 x 105 Zellen / obere Kammer ausgesät.
Die Zellen werden 24 oder 48 Stunden lang bei 37 °C, 5% CO2 Atmosphäre
kultiviert. Danach werden die Zellen auf der oberen Seite der Membran mit einem
sterilen Wattestäbchen entfernt. Zur besseren Quantifizierung können die Zellen
107
Experimenteller Teil
mit Hematoxilin angefärbt. Die Zahl der invasiven Zellen werden mikroskopisch
ausgewertet.
6.1.2.6 MMP-2 Protease Aktivitätsmessung am Zymogramm
• Reagenzien
Für die Gelektrophorese s. 6.1.2.10
+ 1% Gelatine
Entwicklungspuffer: 150 mM NaCl; 50 mM Tris; 10 mM, CaCl, pH= 7.6
Färbung s. 5.1.2.11
• Material
s. 6.1.2.7 b
• Durchführung
B16 Zellen werden in einer Zellkulturflasche (5 x 105 Zellen / 25 cm2) ausgesät.
Nachdem sie am Boden der Zellkulturflasche angewachsen sind, wäscht man
vorsichtig die Zellen mit Serum freiem DMEM-Medium. Die Zellen werden über
Nacht (24 h) mit 50 mM Zuckerligand inkubiert (Als Kontrolle dient ß1Methylgalactosid und die Core-Struktur). Der Zellüberstand (2 ml) wird
entnommen und bei 5000 g zentrifugiert, um die restlichen Zellbestandteile
abzutrennen. Der nun klare Zellüberstand wird im Centrigon auf die 10-fache
Konzentration reduziert (200 µl). Vom Konzentrat werden 50 µl entnommen und
auf die Konzentration 0,065 M Tris pH 6,8 und 2% SDS eingestellt. (Nach 30 min
Inkubationszeit bei 37 °C werden die Proben in die Taschen eine 7,5%
Polyacrylamid Gel, die 1% Gelatine enthält, gefüllt. Ist die Elektrophorese beendet
wird das Gel mit Triton X100 für 30 min (2x) gewaschen und für 24 h bei 37 °C mit
Entwicklungspuffer inkubiert. Anschließend wird das Gel nach Coomassie Farbmethode (5.1.2.11) für 1 h gefärbt und dann mit 40% Methanol und 10%
Essigsäure entfärbt. Die MMP-Aktivität wird durch weiße Banden am blauen Gel
angezeigt.
108
Experimenteller Teil
6.1.2.7 Messung der Tyrosin-Phosphatase Aktivität von SKOV-3 Zellen
a. Proteinbestimmung nach Lowry im Mikromaßstab
• Reagenzien
Aufschlusslösung :100 mM NaOH; 200 mM Na2CO3;
1 mM Kaliumnatriumtartrat-Tetrahydrat [Merck, Darmstadt]
25 mM CuSO4 x 5 H2O
[Merck, Darmstadt]
Folinlösung: 30 ml Folin-Ciocalteus Phenolreagenz
[Merck, Darmstadt]
•
Geräte
Mikroküvetten Greiner
Greiner Labortechnik, D
UV/Vis Spektrophotometer WPA Lightwave [Thermo Dux GmbH, Wertheim]
•
Durchführung
Für die Eichgerade wird Bovines Serumalbumin (BSA) als Standardprotein
gewählt. 4 mg BSA wird in 10 ml bidestilliertem Wasser aufgelöst und aus dieser
Stammlösung werden 3
BSA-Konzentrationreihen zwischen 0-50 µg / 200 µl
aufgestellt. Jede Konzentrationsprobe wird gut mit 1 ml
Aufschlusslösung
gemischt und für mindestens 10 min bei Raumtemperatur stehen gelassen.
Anschließend werden die Konzentrationsproben mit jeweils 100 µl verdünnte
Folin-Lösung (Folin : H2O = 1 : 1,5) für 30 min bei Raumtemperatur inkubiert und
dann bei einer Wellenlänge von 600 nm am Spektrophotometer gegen Aqua
bidest. als Referenz gemessen.
Für die Proteinbestimmung in den Zellen wird Aqua bidest. gegeben, die einer
Konzentration von 2x 106 Zellen /ml entspricht. Die Zellen werden mit einem
Ultraschall-Desintegrator
für
30
Sekunden
auf
niedriger
Energiestufe
homogenisiert. Aus diesen Lösungen wurden Aliquots zur Proteinbestimmung in
Dreifachenwerten entnommen
b. SDS-Polyacrylamid-Gelektrophorese nach Laemmli (1970)
• Reagenzien
Puffer:
Acrylamid-Bisacrylamid-Stammlösung: 30 g Acrylamid;0,8 g Bisacrcylamid
ad 100 ml Aqua bidest.
109
Experimenteller Teil
Trenngelpuffer (5-fach: 22,7 g Tris; 30 ml 1N HCl
ad 100 ml Aqua bidest., pH 8,8
Sammelgelpuffer (4-fach):6 g Tris; 48 ml 1 N HCl
ad 100 ml Aqua bidest., pH 6,8
Probenpuffer (5-fach): 7,5 g SDS; 2,5 ml 2-Mercapto-propandiol
25 ml Glycerin; 2,5 ml Bromphenolblau (1% in MeOH)
ad 50 ml 62, 5 mM Tris/HCl, pH 6,8
Laufpuffer: 3,03 g Tris; 14,4 g Glycin; 1,0 g SDS
ad 1000 ml Aqua bidest., pH 8,3
Gelansätze
Trenngel (10%) (30 ml): 10 ml ABA-Stammlösung; 6 ml Trenngelpuffer;
3 ml SDS (1% in Aqua bidest.); 0,03 ml TEMED
Sammelgel (3%) (10 ml): 1 ml ABA-Stammlösung; 2,5 ml Sammelgelpuffer
1 ml SDS (1% in Auqa bidest.); 5,4 ml Aqua bidest.;
0,1 ml APS (10% in Aqua bidest.); 0,01 ml TEMED
•
Geräte
Transphor Electrophoresis Unit, Heidolph, Kehlheim
SE 260 Mighty Small Elektrophoresekammer, Höfer/Pharmacia, Freiburg
Tischzentrifuge
• Durchführung
SKOV-3 Zellen werden in 24-well Platten (2 x 105 Zellen / 1,5 cm2) ausgesät. Nach
2 Tagen werden die Zellen mit 40 mM Zuckerliganden inkubiert. Nach 24 h
werden die Zellen mit PBS / EDTA abgelöst (106 Zellen) und bei 300 x g
zentrifugiert. Der Überstand wird entfernt und das Pellet in Aqua bidest.
aufgenommen und gut durchmischt. Nach sorgfältiger Homogenisierung mit
einem Spitz-Ultraschall wird das Gesamtvolumen bestimmt und 60 µl für die
Proteinbestimmung entnommen und ein Teilvolumen der Suspension mit dem
gleichen Teilvolumen 4% igem Lämmli-Puffer gemischt. Die Proben werden nun
bei 95 °C im Wasserbad 5 min lang erhitzt und nochmals bei 300 x g zentrifugiert.
Man entnimmt das Volumen aus dem Überstand, das bei allen Proben die gleiche
Proteinmenge enthält (aus 5.1.2.7 a ermittelt), damit ein direkter Signalvergleich
der Probenbanden auf dem Gel gezogen werden kann.
Die Lösungen für das Trenngel werden unter Eiskühlung gemischt, bis kurz unter
den oberen Rand der Glasplatten gegossen und vorsichtig mit Aqua bidest.
110
Experimenteller Teil
überschichtet.
Nach
abgeschlossener
Polymerisation
wird
die
Überschichtungslösung abgegossen und das Sammelgel unter Verwendung eines
geeignenten Kammes darüber gegossen. Die Proben werden in die Taschen
eines 7,5% Polyacrylamid Gel gefüllt die Gelelektrophorese bei 20-60 mA
durchgeführt. Ein Gel wird zur Kontrolle nach 5.1.2.7 c weiterbearbeitet und das
andere Gel nach 5.1.2.7 d behandelt.
c. Färbung mit Coomassie
• Reagenzien
Fixierlösung: 40% Methanol, 7% Essigsäure
Färbelösung:10% Essigsäure, 25% Methanol, Coomassie-Brilliant Blue G 205
[Sigma, Deisenhof, D]
Entfärber: 10% Essigsäure, 25% Methanol
Waschlösung: 25% Methanol
Aufbewahrungslösung: 25% Methanol
• Durchführung
Nach erfolgter Elektrophorese wird das Gel mindestens 1 Stunde lang mit der
Fixierlösung inkubiert. Es folgt die Inkubation mit der Färbelösung für eine Stunde
bei Raumtemperatur. Nach Entfärbung des Gels in Entfärbelösung für 30
Sekunden wird es mehrere Male in Waschlösung gewaschen und schließlich bis
zur weiteren Verwendung darin aufbewahrt.
d. Western-(Protein-) Blotting
Elektrophoretischer Transfer von Proteinen aus Gelen auf Nitrocellulose
nach Towbin (1979) im Tank-Blot-Verfahren
• Reagenzien
Nitrocellulosemembran, Schleicher und Schüll, Düsseldorf, D)
Transferpuffer: 25 mM Tris; 114 mM Glycin; 10% Methanol
Equilibrierungspuffer: 25 mM Tris; 114 mM Glycin; 10% Methanol; 3% SDS
Blockierungspuffer: 10 mM Tris-Cl / 150 mM NaCl pH 7,4 mit 5% Milchpulver
Waschpuffer: 10mM Tris-Cl / 150 mM NaCl, pH 7,4 mit 5% Tween 20
111
Experimenteller Teil
•
Geräte
Transphor Electrophoresis Unit
Taumelschüttler
•
Heidolph, Kehlheim, D
Höfer/Pharmacia, Freiburg, D
Durchführung
Die Nitrocellulosemembran wird 30 min vor Abschluss der Gelelektrophorese im
Transferpuffer equilibriert . Nach Abschluss der Elektrophorese wird das Gel 30
min in Equilibrierungpuffer sanft geschüttelt. Der Blot-Sandwich wird luftblasenfrei
unter Beibehaltung des Gelformates zusammengesetzt. Die Nitrocellulose wird zur
Anode, das Gel zur Kathode gerichtet. Der Transfer findet bei Raumtemperatur
statt. Minigele werden 1 h bei einer konstanten Stromstärke von 250 mA bei 150
Volt geblottet. Die Blotentwicklung im Blockierungspuffer geschieht über Nacht bei
4 °C.
e. Immundetektion auf Proteinblots-Untersuchung auf Tyrosin-Phosphat
• Reagenzien
1. Antikörper: Mouse-Tyrosin-Phosphatase [DAKO, Hamburg, D]
2. Antikörper: Rabbit-Anti-Mouse Peroxidase [DAKO, Hamburg, D]
Waschpuffer: 0,02 % NaN3; 0,1% Tween; in PBS, pH 7,5
Substratpuffer und Entwicklungslösung: Nitro-Blue Tetrazolium/Bromo-ChloroIndolyl-Phosphate (NBT / BCIP) Substrat Farbdetektion, [Sigma Aldrich]
•
Durchführung
Nach der Inkubation des Blots mit dem 1.Antikörper (im Blockierungspuffer
verdünnt s.o.) für mindestens 2h bei 37°C wird er 3x 5 Minuten lang
gewaschen. Danach findet eine 1h Inkubation mit dem 2. Antikörper (1:1000)
statt. Nach Wiederholung des Waschgangs erfolgt die Entwicklung der
Proteinbanden mit der Substrat- und Entwicklungslösung, die gleichmäßig auf
Nitrocellulosepapier verteilt und im Dunkeln etwa 20 min inkubiert wird. Die
Tyrosin-Phosphat-Bande wird durch violett gefärbte Banden angezeigt. Die
Reaktion mit dem Substrat wird durch 3x Waschen mit bidestilliertem Wasser
gestoppt.
112
Experimenteller Teil
6.2 Synthesevorschriften
1. Standardvorschrift für 3,4 glycosidierte Furane (2,4,6,8,9)
10.0 eq des 3,4- oder 2,5- Bis-hydroxymethylfuran werden mit 10.1 eq oder 2.2 eq
(mono- oder diglycosidiert) Imidat in 150 ml trockenem Dichlormethan unter
Argonstrom aufgenommen und
30 min bei Raumtemperatur geührt. Das
Reaktionsgemisch wird auf –40 °C (Aceton/Trockeneis) gekühlt. Die Reaktion wird
durch Zugabe von 0.3 eq TMS-Triflat initiiert. Das Reaktionsgemisch wird nach 2h
bei –20 °C mit Zugabe von halbgesättigter Natriumhydrogencarbonatlösung unter
intensivem Rühren abgebrochen. Anschließend wird das Reaktionsgemisch durch
ein Faltenfilter abfiltriert, zweimal mit gesättigter Natriumhydrogencarbonatlösung
ausgeschüttelt und zweimal mit Wasser gewaschen. Die organische Phase wurde
über Natriumsulfat getrocknet, durch einen Faltenfilter abfiltriert und eingeengt.
Die
Aufreinigung
erfolgte
säulenchromatographisch
(SiO2,
Petrolether/Essigsäureethylester 2:1). Ausbeute: 50-60%
2. Standardvorschrift zur Entschützung von benzoylgeschützten glycosidierten
Furanen(3,5,7)
3,4-Bis-benzoyl-saccharidoxymethyl-furane werden in Methanol aufgenommen,
gerührt, mit frisch angesetzter 0.1 N Natriummethanolat-Lösung versetzt und 12h
bei Raumtemperatur weitergerührt. Das Reaktionsgemisch wird mit
Ionenaustauscherharz Dowex H+ 50 WX8 neutralisiert, durch einen Faltenfilter
abfiltriert und nach 2x Waschen mit Methanol im Rotationsdampfer eingeengt.
Anschließend wird das Produkt in Wasser aufgenommen mit Diethylether
gewasschen und die Wasserphase durch Gefriertrocknung eingeengt. Die
präparative Aufreinigung geschieht über HPLC (Säule: Lichrosphere-RP18-(e);
Eluent: Acetonitril /H2O = 0/100→50/50 in 40 min; Fluss: 0.1 ml/min, UV= 210
nm).
Ausbeute:55- 66%
3. Standardvorschrift für die Umsetzung von 3,4-Bis-saccharid-oxymethyl-furane
TM
und EZ-Link
PEO-maleimide activated biotin [Pierce] (11,12)
1 eq 3,4-Bis-benzoyl-saccharidoxymethyl-furan wird mit 1.2 eq PEObiotinmaleinimid in H2O aufgenommen und 6h bei erhöhter Temperatur (40 °C)
gerührt. Das Produkt wird über Gefriertrocknung eingeengt. Die Aufreinigung
erfolgt über die präparative HPLC (Säule: Lichrosphere-RP18-(e); Eluent:
Acetonitril:H2O=O:100 gradient; →50/50 in 20 min; Fluss: 0.1 ml/min, UV= 210
nm). Ausbeute: 35-43%
113
Experimenteller Teil
3,4-Bis-2,3,4,6-tetra-benzoyl-ß-D-galactopyranosyloxymethyl-furan =2
3,4GalGalBzFuran
OBzOBz
OBz
BzO
O
BzO
OBz
O
O
O
OBz
OBz
C74H60O21
Exact Mass: 1284,36
O
DC: KG, PE:EE 3:1; Rf= 0.9
1
H-NMR : δH (250 MHz, CDCl3) :
7.2-8.12 (m, 18H, 4x H-2Bz, 4x H-3Bz, 4x H-4Bz, 4x H-5Bz, H2Fur,
H5Fur); 5.84 (dd, 1H, H-4); 5.67 (dd, J1,2= 7.94 Hz, 1H, H-2); 5.41 (dd,
J2,3= 10.3 Hz, J3,4= 3.5 Hz, 1H, H-3); 4.63 (d, 1H, CH2aFur); 4.57 (dd,
J6Ha,6Hb=11.34 Hz, 1H, 6-Ha); 4.34 (dd, J6Hb,6Ha=6.5 Hz, 1H, 6-Hb);
4.21 (d, 1H, CH2bFur); 4.11 (d, 1H, H-1); 3.8 (qd, J5,6a= 6.6 Hz, J5,6b=
6.2 Hz, J4,5= 1.0 Hz, 1H, H-5)
13
C.NMR : δC (63 MHz, CDCl3) :
142.4 (C-2/5Fur); 120.3 (C-3/4Fur); 99.7 (C-1); 77.51, 77.2, 77.0, 76.49
(4x CBz); 76.49, 71.4, 71.15, 69.82 (C-2, C-3, C-4, C-5); 62.0 (CCH2aFur); 61.62 (C-CH2bFur)
MS (ESI) : m/z (%) : 1307.4 [M+Na]+ (100)
Diese Verbindung lässt sich gut Umkristallisieren mit PE:EE 1:1
_________________________________________________________________
3,4-Bis-ß-D-galactopyranosyloxymethyl-furan =3
3,4GalGalFuran
OH OH
OH
HO
O
HO
OH
O
O
O
O
OH
OH
C18H28O13
Exact Mass: 452,15
HPLC (s. Bedingung in 2. Standardvorschrift) : Rt= 5.83 min
114
Experimenteller Teil
1
H-NMR : δH (250 MHz, CDCl3) :
7.64 (s, 2H, H2Fur, H5Fur); 4.91 (d, 2H, CH2aFur); 4.71 (d, 2H, CH2bFur);
4.47 (d, J1,2= 7.82 Hz, 1H, H-1); 3.93 (dd, 1H, H-4); 3.83 (dd,
J2,3=11.54 Hz, 1H, H-2); 3.76 (dd, 1H, H-3); 3.69 (qd, J1,5= 7.77 Hz,
J3,5= 4.23, J4,5= 0.98 Hz, 1H, H-5) ; 3.63 (dd, J6a,6b= 9.86 Hz, J6a,4=
3.35 Hz, H-6a) ; 3.52 (dd, J6b,1= 7.62 Hz ; H-6b)
13
C.NMR : δC (63 MHz, CDCl3) :
148.1 (C-2/5Fur); 124.8 (C-3/4Fur); 105.9 (C-1); 79.73, 77.39, 75.25,
73.25 (C-2, C-3, C-4, C-5); 65.8 (C-6), 65.59 (C-CH2Fur)
MS (ESI) : m/z (%) : 475.0 [M+ Na] + (100)
_________________________________________________________________
3,4-Bis-2,3,4-tri-benzoyl-ß-L-fucosyloxymethyl-furan =4
3,4FucFucBzFuran
OBz
OBz
BzO
O
BzO
OBz
O
O
O
O
OBz
C60H52O17
Exact Mass: 1044,32
DC: KG, PE:EE 3:1; Rf= 0.1
1
H-NMR : δH (250 MHz, CDCl3) :
7.2-8.12 (m, 14H, 3x H-2Bz, 3x H-3Bz, 3x H-4Bz, 3x H-5Bz, H2Fur,
H5Fur); 5.65 (dd, 1H, J2,3= 10.4 Hz, H-2); 5.6 (dd, 1H, H-4); 5.4 (dd,
J3,4= 3.5 Hz, 1H, H-3); 4.67 (d, 1H, CH2aFur); 4.3 (d, 1H, CH2bFur); 4.24
(d, J1,2= 7.9 Hz, 1H, H-1); 3.7 (qd, 1H, H-5); 1.28 (d, 3H, CH3)
13
C.NMR : δC (63 MHz, CDCl3) :
142.0 (C-2/5Fur); 120.5 (C-3/4Fur); 99,5 (C-1); 77.42, 76.9, 76.4 (3x
CBz); 71.84, 70.98, 69.78, 69.47 (C-2, C-3, C-4, C-5); 61.49 (2x CCH2Fur), 16.14 (CH3)
MS (ESI) : m/z (%) : 1067.4 [M+Na]+ (100)
_________________________________________________________________
115
Experimenteller Teil
3,4-Bis-2,3,4-tri-benzoyl-ß-L-fucosyloxymethyl-furan =5
3,4FucFucFuran
OH
OH
HO
O
HO
OH
O
O
OH
O
C18H28O11
Exact Mass: 420,16
O
HPLC (s. Bedingung in 2. Standardvorschrift) : Rt= 5.07 min
1
H-NMR : δH (250 MHz, CDCl3) :
7.62 (s, 2H, H2Fur, H5Fur); 4.87 (d, 2H, CH2aFur); 4.67 (d, 1H, CH2bFur) ;
4.45 (d, 2H, H-1); 3.7 (qd, J5,6= 6.52 Hz, 1H, H-5); 3.75 (dd, J3,4= 3.5
Hz, 1H, H-4); 3.63 (dd, J2,3=9.92 Hz, 1H, H-3); 3.4 (dd, J1,2= 7.8 Hz,
1H, H-2); 1.28 (d, 3H, CH3)
13
C.NMR : δC (63 MHz, CDCl3) :
146.3 (C-2/5Fur); 123.2 (C-3/4Fur); 104.3 (C-1); 77.54, 75.91, 75.46,
75.02 (C-2, C-3, C-4, C-5) ; 65.9 (2x C-CH2Fur), 19.95 (CH3)
MS (ESI) : m/z (%) : 443.0 [M+ Na] + (100) ; 863.4 [2M+ Na] + (60)
_________________________________________________________________
3,4-Bis-(2,3,4,6-tetra-benzoyl-ß-D-galactopyranosyl)-2,3,4-tri-benzoyl-ß-L-fucosyl)oxymethyl-furan =6
3,4GalFucBzFuran
OBz OBz
OBz
BzO
O
BzO
OBz
O
O
O
O
OBz
C67H56O19
Exact Mass: 1164,34
DC: KG, PE:EE 2:1; Rf= 0.2
1
H-NMR : δH (250 MHz, CDCl3) :
7.2-8.12 (m, 14H, 3x H-2Bz, 3x H-3Bz, 3x H-4Bz, 3x H-5Bz, H2Fur,
H5Fur); 5.94 (dd, J4Gal,3Gal= 3.51 Hz, 1H, H-4Gal); 5.75 (dd, J2Gal,1Gal=
7.94 Hz, J2Gal,3Gal=10.41 Hz, 1H, H-2Gal); 5.7 (dd, J2Fuc,3Fuc= 10.51 Hz,
J2Fuc,1Fuc= 8.04 Hz, 1H, H-2Fuc); 5.65 (dd, 1H, J4Fuc,3Fuc= 3.71,
J4Fuc,5Fuc=1.13, H-4Fuc), 5.48 (d,d, 1H, H-3Gal) ; 5.43 (dd, 1H, H-3Fuc) ;
116
Experimenteller Teil
4.62 (d, 1H, CH2aFur); 4.59 (d, 1H, H-6a) ; 4.54 (d, 1H, H-1Fuc) ; 4.38
(d, 1H, d, CH2bFur); 4.36 (d, 1H, d, 1H, H-6b) ; 4.32 (d, 1H, H-1Gal);
4.11 (d, 1H, CH2bFur); 4.11 (d, 1H, H-5Gal); 3.8 (qd, 1H, H-5Fuc); 1.29
(d, 3H, CH3)
13
C.NMR : δC (63 MHz, CDCl3) :
142.3 (C-2/5Fur); 120.47 (C-3/4Fuc-Fur); 120.21 (C-3/4Gal-Fur); 99.65 (C1Gal/Fuc); 99.59 (C-1Fuc/Gal) 77.51, 77.2, 77.0, 76.49 (4x CBzGal,
3xCBzFuc); 72.1, 71.72, 71.21, 71.07, 69.70, 69.61, 6843, 68.11 (C2Fuc/Gal, C-3 Fuc/Gal, C-4 Fuc/Gal, C-5 Fuc/Gal); 62.0 (C-6 ); 61.44 (C-CH2Fur)
MS (ESI) : m/z (%) : 1187 [M+Na]+ (100), 1195.5 [M+Cl]- (65)
_________________________________________________________________
3,4-Bis-ß-D-galactopyranosyl)-ß-L-fucosyl)-oxymethyl-furan =7
3,4GalFucFuran
OH OH
OH
HO
O
HO
OH
O
O
O
OH
C18H28O12
Exact Mass: 436,16
O
HPLC (s. Bedingung in 2. Standardvorschrift) : Rt= 3.48 min
1
H-NMR : δH (250 MHz, CDCl3) :
7.63 (s, 2H, H2Fur, H5Fur); 4.92 (d, 2H, CH2aFur); 4.89 (d, 2H, CH2bFur);
4.07-4.47 (m, 2H, H-1Gal, H-1Fuc); 3.52-3.86 (m, 10H , H-2Gal, H-3 Gal,
H-4 Gal, H-5 Gal, H-6a, H-6b, H-2 Fuc, H-3 Fuc, H-4 Fuc, H-5Fuc)
13
C.NMR : δC (63 MHz, CDCl3) :
146.2 (C-2/5Fur); 123.24 (C-3/4Fuc-Fur); 123.14 (C-3/4Gal-Fur) ; 104.3 (C1Fuc/Gal); 78.08, 75.83, 75.68, 74.2, 74.12, 73.76, 73.54, 73.32 (C2Gal/Fuc, C-3 Gal/Fuc, C-4 Gal/Fuc, C-5 Gal/Fuc); 71.51 (C-6) ; 64.25 (C-6),
65.14 (C-CH2bFur) ; 18.24 (CH3)
MS (ESI) : m/z (%) :459.0 [M+Na] + (100); 437.0 [M+ H] + (10); 471.0 [M+ Cl] – (15)
_________________________________________________________________
117
Experimenteller Teil
3-(-2,3,4-tri-benzoyl)-ß-L-fucosyloxymethyl-furan =8
3,4FucBzFuran
OBz
BzO
OH
O
O
OBz
O
C33H30O10
Exact Mass: 586,18
DC : KG, PE :EE 2:1, Rf= 0.33
1
H-NMR : δH (250 MHz, CDCl3) :
7.41-8.1 (m, 14H, 3x H-2Bz, 3x H-3Bz, 3x H-4Bz, 3x H-5Bz, H2Fur,
H5Fur); 5.77 (dd, 1H, J2,3= 10.4 Hz, H-2); 5.71 (dd, 1H, H-4); 5.5 (dd,
J3,4= 3.5 Hz, 1H, H-3); 4.89 (d, 1H, CH2aOFuc); 4.87 (d, J1,2= 7.9 Hz,
1H, H-1); 4.66 (d, 1H, CH2bO-Fuc); 4.43 (d, 1H, CH2aFur-OH); 4.37 (d,
1H, CH2bFur-OH) ; 4.1 (qd, 1H, H-5); 1.37 (d, 3H, CH3)
13
C.NMR : δC (63 MHz, CDCl3) :
142.0 (C-2/5Fur); 124.77 (C-3/4Fur-OH); 120.26 (C-3/4Fur-Fuc) ; 99,7 (C1); 77.5, 77.0, 76.49 (3x CBz); 72.11, 70.97, 69.97, 69.7 (C-2, C-3, C4, C-5); 61.54 (C-CH2Fur-Fuc); 55.06 (C-CH2Fur-OH); 16.14 (CH3)
MS (ESI) : m/z (%) : 609.3 [M+Na]+ (100) ; 1195.5 [2M+Na]+ (60)
_________________________________________________________________
3,-(Bis-2,3,4,6-tetra-benzoyl)-ß-D-galactopyranosyloxymethyl-furan =9
3,4GalBzFuran
OBz OBz
O
BzO
OBz
O
HO
O
C40H34O12
Exact Mass: 706,21
DC: KG, PE:EE 2:1; Rf= 0.4
118
Experimenteller Teil
1
H-NMR : δH (250 MHz, CDCl3) :
7.4-8.12 (m, 18H, 4x H-2Bz, 4x H-3Bz, 4x H-4Bz, 4x H-5Bz, H2Fur,
H5Fur); 5.92 (dd, 1H, H-4); 5.78 (dd, J1,2= 7.94 Hz, 1H, H-2); 5.52 (dd,
J2,3= 10.3 Hz, J3,4= 3.5 Hz, 1H, H-3); 4.67 (d, 1H, CH2aO-Fuc); 4.6 (dd,
J6Ha,6Hb=11.34 Hz, 1H, 6-Ha); 4.43 (d, CH2aFur-OH); 4.42 (d, CH2bFur-OH)
4.38 (dd, J6Hb,6Ha=6.5 Hz, 1H, 6-Hb); 4.34 (d, 1H, CH2bO-Fuc); 4.11 (d,
1H, H-1); 3.8 (qd, J5,6a= 6.6 Hz, J5,6b= 6.2 Hz, J4,5= 05 Hz, 1H, H-5)
13
C.NMR : δC (63 MHz, CDCl3) :
142.4 (C-2/5Fur); 124.2 (C-3/4Fur-OH); 120.26 (C-3/4Fur-Gal) 99,7 (C-1);
77.51, 77.2, 77.45, 76.3 (4x CBz); 76.38, 71.2, 71.15, 69.72 (C-2, C3, C-4, C-5); 62.21 (C-CH2aFur-Gal ); 55.62 (C-CH2bFur-OH)
MS (ESI) : m/z (%) : 729.4 [M+Na]+ (100)
_________________________________________________________________
2,5-Bis-ß-D-galactopyranosyloxymethyl-furan =10
2,5GalGalFuran
OHOH
OH
HO
O
HO
OH
O
O
O
OH
OH
C18H28O13
Exact Mass: 452,15
O
2,5 Bis-hydroxymethyl-furan wird nach der 1. und 2. Standardvorschrift umgesetzt.
HPLC (s. Bedingung in 2. Standardvorschrift) : Rt= 5.97 min
1
H-NMR : δH (250 MHz, CDCl3) :
6.52 (s, 2H, H3Fur, H4Fur); 4.87 (d, 2H, CH2aFur); 4.75 (d, 2H, CH2bFur);
4.47 (d, J1,2= 7.62 Hz, 1H, H-1); 3.93 (dd, 1H, H-4); 3.81 (dd,
J2,3=11.54 Hz, 1H, H-2); 3.75 (dd, 1H, H-3); 3.69 (qd, J1,5= 7.77 Hz,
J3,5= 4.23, J4,5= 0.98 Hz, 1H, H-5) ; 3.63 (dd, J6a,6b= 9.86 Hz, J6a,4=
3.35 Hz, H-6a) ; 3.52 (dd, J6b,1= 7.62 Hz ; H-6b)
13
C.NMR : δC (63 MHz, CDCl3) :
155.7 (C-2/5Fur); 117.6 (C-3/4Fur); 116.2 (C-3/4Fur); 106.0 (C-1);
79.76, 77.38, 75.26, 73.2 (C-2, C-3, C-4, C-5); 67.49 (C-6), 65.51 (CCH2Fur)
MS (ESI): m/z (%): 475.0 [M+ Na] + (100); 491 [M+ K] + (20); 487.2 [M+ Cl] – (100)
119
Experimenteller Teil
2,6
Tricyclo-[5,2,1,0 ]-4-aza-3,5-dioxo-10-oxa-8,9-Bis-(fucosyloxymethyl)-4-biotinyl8-decan= 11
3,4DAFucFuc
HO
O
O
O
4iii 5iii
HN
O
NH
4
3
5
S
2
3ii
1ii
ii
2
ii
4
N
H
5*
4*
1*
O
2*
O
3*
7*
H
N
6*
N
3iii
8*
O
2iii
O
OH
O HO
6iii
O
O
HO
O
OH
OH
C41H63N5O18S
Exact Mass: 945,39
Die Synthese von biotinylierte 3,4 und 2,5DA-Mimetika werden nach der
3.
Standardvorschrift durchgeführt.
HPLC (s. Bedingung in 3. Standardvorschrift) : Rt= 11.05 min
1
H-NMR : δH (250 MHz, CDCl3) :
5.62-5.95 (m, 2H, 2endoiii, 5endoiii); 5.45 (s, 2H, 2exoiii,5exoiii) 4.72 (dd,
1H, 6aiii); 4.58 (dd, 1H, 6biii); 4.45 (d, 1H, H-1Fuc); 4.43 (d, J4,3= 7.63,
1H, H-4); 4.39 (d, 1H, H-3); 3.85 (dd, J5Fuc,6Fuc= 6.7, 1H, H-5Fuc); 3.81
(d, J8*a,8*b= 3.2, 1H, H-8a*); 3.72 (d, 1H, H-8b*); 3.69 (d, J3Fuc,4Fuc=
3.4, 1H, H-4Fuc); 3.66 (d, 1H, H-3Fuc); 3.58-3.72 (m, 12H, 1ab*, 2ab*,
3ab*, 4ab*, 5ab*, 6ab*); 3.44 (dd, 1H, H-2Fuc); 3.38 (dd, 1H, H-2);
3.09 (dd, 1H, H-5a); 3.04 (d, 1H, H-5b); 3.01 (s, 2H, 4exoiii, 3exoiii);
2.85 (d, 1H, Ha-5); 2.57 (t, J7a*,7b*= 6.36, 1H, 7a*); 2.49 (t, 1H, 7b*)
2.35 (t, 1H, 4aii); 2,33 (t, 1H, 4bii); 1.33 (d, 3H, CH3)
MS (ESI): m/z (%): 968 [M+ Na] + (100)
Exo- und Endo-Verbindungen treten im Verhältnis 60:40 auf.
120
Experimenteller Teil
2,6
Tricyclo-[5,2,1,0 ]-4-aza-3,5-dioxo-10-oxa-8,9-Bis-(galactopyranosyloxymethyl)4-biotinyl-8-decan= 12
3,4DAGalGal
OH OH
O
O
HO
HO
OH
2iii
O
HO
3iii
OH
O
5iii
O
OH
6iii
O
O
7*
N
iii
4
H
N
8*
O
4*
5*
6*
O
3*
O
1*
O
O
2*
N
H
NH
HN
3
ii
4
ii
1ii
2ii
4
3
2
S
C41H63N5O20S
Exact Mass: 977,38
endo und exo Verbindungen gemischt
HPLC (s. Bedingung in 3. Standardvorschrift) : Rt= 10.34 min
1
H-NMR : δH (250 MHz, CDCl3) :
5.62-5.95 (m, 2H, 2endoiii, 5endoiii); 5.43 (s, 2H, 2exoiii,5exoiii) 4.73 (dd,
1H, 6aiii); 4.56 (dd, 1H, 6biii); 4.48(d, 1H, H-1Gal); 4.43 (d, J4,3= 7.63,
1H, H-4); 4.39 (d, 1H, H-3); 3.95 (dd, 1H, H-4Gal) 3.81 (d, J8*a,8*b= 3.2,
1H, H-8a*); 3.75 (qd, 1H,H-5Gal) 3.72 (d, 1H, H-8b*); 3.62 (dd,1H, H6a); 3.52 (dd, 1H, H-6b); 3.58-3.72 (m, 12H, 1ab*, 2ab*, 3ab*, 4ab*,
5ab*, 6ab*); 3.38 (dd, 1H, H-2); 3.09 (dd, 1H, H-5a); 3.05 (d, 1H, H5b); 3.03 (s, 2H, 4exoiii, 3exoiii); 2.85 (d, 1H, Ha-5); 2.57 (t, J7a*,7b*=
6.36, 1H, 7a*); 2.49 (t, 1H, 7b*) 2.35 (t, 1H, 4aii); 2,33 (t, 1H, 4bii)
MS (ESI): m/z (%): 475.0 [M+ Na] + (100); 491 [M+ K] + (20); 487.2 [M+ Cl] – (100)
_________________________________________________________________
Analytische Daten von 13
HPLC (s. Bedingung in 3. Standardvorschrift) : Rt= 10.4 min
MS (ESI): m/z (%): 985.0 [M+ Na] + (100)
121
5
Experimenteller Teil
1,3 Bis-ß-D-galactopyranosyloxymethyl-5-methanol-cyclohexan=20
TMC-DiGal
OH OH
O
HO
HO OH
HO
OH
O
O
OH
O
OH
C21H38O13
Exact Mass: 498,23
Das TMC-DiGal wird anlog nach 1. und 2. Standardvorschrift umgesetzt. In
diesem Fall wird 1 eq 1,3,5-Tris-hydroxymethylcyclohexan mit
2.5 eq.
Tetrabenzoylgalactoseimidat umgesetzt. Die Trennung der Di- und Trigalactoside
erfolgt über die Kieselgelsäule (PE: EE 3:1) und im nächsten Schritt die
Entschützung nach Standardvorschrift 2.
HPLC: Säule: Lichrosphere-RP18-(e); Eluent: CH3CN : H2O 0:100 gradient → 20
80 in 20 min; Fluss: 0.1 ml/min, Sedex Lichtstreudetektor); Rt= 15.2 min.
Ausbeute : 20 %
1
H-NMR : δH (250 MHz, CDCl3) :
4.44 (d, 1H, J1,2= 7.7, H-1); 3.98 (dd, 1H, H-4); 3.86 (dd, 2H, CH2a/bGalCy); 3.85 (dd, 1H, J2,3= 11.5, H-2); 3.8 (dd, 1H, H-3); 3.72 (qd, 1H,
J5,6a= 3.3, J5,6b= 7.6; H-5); 3.7 (dd, 1H, J6a/b,CH2a/b-Gal= 9.91 H-6a); 3.6
(d, 2H, CH2a/b/c-GalCy); 3.57 (dd, 1H, J6b,1= 7.7, H-6b); 3.52 (d, 2H,
CH2-OHCy); 1.56-2.0 (m, 6H, CH2-Cy); 1.9-0.66 (m, 3H, CH-Cy)
13
C.NMR : δC (63 MHz, CDCl3) :
105.95 (C-1); 78.54 (C-2); 77.92 (C-3); 75.70 (C-4), 73.72 (C-5);
71.53 (CH2-OGal); 70.06 (CH2-OH); 63.78 (C-6); 41.24 (C-OHCy);
39.27 (Ca/b-OGalCy); 34.96 (CH2-OHCy); 34.81( CH2aOHCy); 34.73(
CH2bOHCy)
MS (ESI) : m/z (%) : 521.2 [M+Na] + (100)
_________________________________________________________________
122
Experimenteller Teil
1,3,5-Tris-ß-D-galactopyranosyloxymethyl-5-methanol-cyclohexan=21
TMC-TriGal
OH OH
O
HO
HO OH
HO
OH
O
O
C27H48O18
Exact Mass: 660,28
O
O
OH
OH
O
HO
HO
OH
s. Standardvorschrift 20
HPLC: Säule: Lichrosphere-RP18-(e); Eluent: CH3CN : H2O 0:100 gradient → 20
80 in 20 min; Fluss: 0.1 ml/min, Sedex Lichtstreudetektor); Rt= 13.65 min.
Ausbeute : 55 %
1
H-NMR : δH (250 MHz, CDCl3) :
4.44 (d, 1H, J1,2= 7.7, H-1); 3.98 (dd, 1H, H-4); 3.85 (dd, 4H, CH2a/b/cGalCy); 3.85 (dd, 1H, J2,3= 11.5, H-2); 3.8 (dd, 1H, H-3); 3.72 (qd, 1H,
J5,6a= 3.3, J5,6b= 7.6; H-5); 3.7 (dd, 1H, J6a/b,CH2-Gala/b/c= 9.91 H-6a);
3.6 (d, 6H, CH2-Gal); 3.57 (dd, 1H, J6b,1= 7.7, H-6b); 2.0-1.73 (m, 6H,
CH2-Cy); 0.8-0.62 (m, 3H, CH-Cy)
13
C.NMR : δC (63 MHz, CDCl3) :
105.95 (C-1); 78.52 (C-2); 77.93 (C-3); 75.71 (C-4), 73.73 (C-5);
71.54 (CH2-OGal); 63.8 (C-6); 39.21 (Ca/b/c-OGalCy); 34.93( CH2a/b/cCy)
MS(ESI):m/z (%): 683.0 [M+Na] +(100)
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Veröffentlichungen
8 Veröffentlichungen
Publikationen
E. Y-L. Kim, A. Chatterjee, C. Gronewold, CW. von der Lieth, L. Langbein, H-C.
Kliem, B. Schmauser, M. Wiessler, E. Frei
Saccharide mimetics containing galactose and fucose specifically label tumor cell
surface and inhibit adhesion to fibronectin. In Vorbereitung
Ivo B. Rietveld, E. Y-L. Kim, S.A.Vinogradov
Dendrimers with tetrabenzoporphyrin cores: near infrared phosphors for in vivo
oxygen imaging. In press (Tetrahedron)
S.A.Vinogradov, E. Y-L. Kim, D. F. Wilson
Pd-tetrabenzoporhyrin-dendrimers-near
infrared
phosphors
for
oxygen
measurements by phosphorescent quenching, SPIE proceedings/Biomedical
Optics (BIOS 2002)
Vorträge
E. Y-L. Kim, L. Langbein, E. Frei, A. Chatterjee, C.-W. von der Lieth, M. Wiessler,
B. Schmauser, ”Carbohydrate mimics as diagnostic tools for the detection of
lectins on the membrane of tumor cells”.
American Association for Cancer
Research 93rd Annual Meeting, San Francisco, USA, April 2002, Proceedings of
the AACR, p. 139
E. Y-L. Kim, D. F. Wilson, S. A. Vinogradov, “Phosphorescent oxygen probes: new
developments”. International Society on Oxygen Transport to Tissue 27th Annual
Meeting, Hanover, NH, USA, August 1999
Poster
E. Y-L. Kim, B. Sauerbrei, R. Müller, M. Wiessler, B. Schmauser, “Simple
oligosaccharide mimics as specific drug carriers targeting tumor associated
lectins“.
20th International Carbohydrate Symposium, Hamburg, Germany, August 2000,
th
20 Abstract Book, p.309
Auszeichnung
„2002 AACR-Pfizer Scholar in Training Award“ erhalten auf der 93. Jahrestagung
der American Association for Cancer Research in San Francisco, USA, 6.-10 April
2002
137
Danksagung
9 Danksagung
Mein Dank gilt:
Ganz besonders Prof. Dr. Manfred Wießler für die interessante Themenstellung,
die ständige Hilfs- und Diskussionsbereitschaft, die guten Arbeitsbedingungen und
den großen Freiraum bei der Bearbeitung dieses Themas.
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Prof. Dr. Gert Fricker für die freundliche Übernahme des zweiten
Gutachtens.
Dr. Eva Frei für die Betreuung, ihre große Hilfsbereitschaft und der
Diskussionsbereitschaft-wo oft aus 10 min 1h wurden; und die kritische
Durchsicht dieser Arbeit.
Dr. Claus-Wilhelm von der Lieth für die Hilfe bei der Durchführung der
Molecular-Modeling Studien und den anregenden Diskussionen.
Dr. Lutz Langbein für die Unterstützung bei den Zellversuchen und
wissenschaftliche Diskussionen .
Dr. Amitava Chatterjee für die Hilfe bei der Durchführung der
zellbiologischen Untersuchungen und anregende Diskussionen.
Claas Gronewold für die Durchführung der Adhäsionsassays, interessanten
Diskussionen und den Gummibärchen.
Peter Lorenz und Ed Müller für ihre Unterstützung bei der Durchführung der
Synthesen und ihre hilfreichen praktischen Ratschläge.
Andrea Breuer für ihre Hilfe beim Western Blotting und den Goodies in ihrer
Schublade.
Dr. Hans-Christian Kliem für die äußerst lehrreichen Diskussionen und
zahlreichen Einführungen in die (Software-) technischen Hilfsmitteln.
Karl Albert Klokow für die freundliche Hilfe bei der Durchführung der HPLCAnalytik
PD Dr. Heinz Schmeiser für die anregenden Diskussionen und
Unterstützung.
Meinen ehemaligen Kollegen vom Labor H348: Dr. Birgit Schmauser, Dr.
Bernd Sauerbrei und Dr. Roland Müller für die tiefgreifenden Diskussionen,
Unterstützung, Humor und Freundschaft.
Dirk Stach für seine stete Hilfsbereitschaft und seinen Humor.
Ilse Schindler für das saubere Geschirr, den Pflanzen und für die persönliche
Fürsorge.
Dr. William Hull, Gabriele Schwebel-Schilling und Gerda Baumann für die
Aufnahme der NMR-Spektren und Gerhard Erben für die Durchführung der
massenspektroskopischen Untersuchungen.
allen ehemaligen und aktuellen Kollegen Christina, Hélène, Bernd, Oli,
Chris, Martina, Marie, Hartmut, Volker, Herbert, Ali, Jost, Erwin, Regine,
Nicole, Nadine, Sonja, Bettina, Christoph,Thomas und Michael für die
freundliche Arbeitsatmosphäre.
138
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