7. Konferenz der HBS für Arbeitnehmer-VertreterInnen im Aufsichtsrat börsennotierter Unternehmen CSR im Finanzmarktkapitalismus Frankfurt am Main, den 21. Januar 2011 Prof. Dr. Bernhard Emunds Nell-Breuning-Institut der Hochschule Sankt Georgen Überblick 1 CSR – nur ein Beitrag von Unternehmen zur gesellschaftlichen Wohlfahrt 2 Globalisierung – gestiegener Bedarf an CSR 3 Finanzmarktkapitalismus – sinkende Fähigkeit zu CSR 4 CSR – Handlungsperspektiven für ArbeitnehmerVertreterInnen 1 CSR – nur ein Beitrag von Unternehmen zur gesellschaftlichen Wohlfahrt CSR: Corporate Social Responsibility Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen = Management (oder Unternehmer) bezieht freiwillig soziale Belange und Umweltbelange in die Geschäftspolitik mit ein falscher Eindruck: mehr CSR º Umwelt und Soziales werden in der Geschäftspolitik großer Unternehmen wichtiger CSR im Finanzmarktkapitalismus 1 CSR – nur ein Beitrag von Unternehmen zur gesellschaftlichen Wohlfahrt Beiträge zur gesellschaftlichen Wohlfahrt (Selbstverwirklichungschancen der Bürgerinnen) # Wertschöpfung des Unternehmens # Einhalten der gesetzlichen Regeln # freiwilliger Einbezug von sozialen und ökologischen Belangen in die Geschäftspolitik < Rücksicht auf Nichts-Aktionärs-Interessen aufgrund der institutionell abgesicherten Kontrollmacht der entsprechenden Interessengruppen < Einbezug sozialer und ökologischer Belange aufgrund der Strategie oder Überzeugungen des Managements # „charity“ CSR im Finanzmarktkapitalismus 1 CSR – nur ein Beitrag von Unternehmen zur gesellschaftlichen Wohlfahrt Beiträge zur gesellschaftlichen Wohlfahrt # Wertschöpfung des Unternehmens # Einhalten der gesetzlichen Regeln # freiwilliger Einbezug von sozialen und ökologischen Belangen in die Geschäftspolitik < Rücksicht auf Nichts-Aktionärs-Interessen aufgrund der institutionell abgesicherten Kontrollmacht der entsprechenden Interessengruppen < Einbezug sozialer und ökologischer Belange aufgrund der explizite Strategie oder Überzeugungen des Managements CSRAktivitäten # „charity“ CSR im Finanzmarktkapitalismus 1 CSR – nur ein Beitrag von Unternehmen zur gesellschaftlichen Wohlfahrt Beiträge zur gesellschaftlichen Wohlfahrt # Wertschöpfung des Unternehmens # Einhalten der gesetzlichen Regeln Deregulierung # freiwilliger Einbezug von sozialen und ökologischen Belangen in die Geschäftspolitik < Rücksicht auf Nichts-Aktionärs-Interessen aufgrund der institutionell abgesicherten Kontrollmacht der z.B. weniger entsprechenden Interessengruppen Konsensorientierung ggü. Betriebsrat < Einbezug sozialer und ökologischer Belange aufgrund der explizite Strategie oder Überzeugungen des Managements CSRAktivitäten # „charity“ CSR im Finanzmarktkapitalismus 2 Globalisierung – gestiegener Bedarf an CSR Konzerne: grenzüberschreitende Wertschöpfungsketten º geringere Aussichten für staatliche Sozial- und Umweltpolitik # Auslagerung zum Teil in Entwicklungs- und Transformationsländer mit schwachen Regierungen # Mit dem Wettbewerb der Regierungen um Investitionen schwinden deren Möglichkeiten, den Unternehmen anspruchsvolle Umwelt- und Sozialgesetze aufzuerlegen CSR im Finanzmarktkapitalismus 2 Globalisierung – gestiegener Bedarf an CSR Konzerne: grenzüberschreitende Wertschöpfungsketten º geringere Aussichten für staatliche Sozial- und Umweltpolitik # Auslagerung zum Teil in Entwicklungs- und Transformationsländer mit schwachen Regierungen < tatsächlich neue soziale und ökologische Herausforderungen der Unternehmen (mehr “CSR-Bedarf”) # Mit dem Wettbewerb der Regierungen um Investitionen schwinden deren Möglichkeiten, den Unternehmen anspruchsvolle Umwelt- und Sozialgesetze aufzuerlegen < aber Vorsicht: kein allgemeiner “race to the bottom”! CSR im Finanzmarktkapitalismus 3 Finanzmarktkapitalismus – sinkende Fähigkeit zu CSR Finanzmarktkapitalismus # Wirtschaft geprägt vom Interesse der Aktionäre an hohen Renditen < mächtige Akteure: " Pensions- und Investmentfonds vertreten Aktionärsinteressen gebündelt " Koalition mit Spitzenmanagern (hohe Einkommen, vor allem Aktienoptionspläne) CSR im Finanzmarktkapitalismus 3 Finanzmarktkapitalismus – sinkende Fähigkeit zu CSR Finanzmarktkapitalismus # Wirtschaft geprägt vom Interesse der Aktionäre an hohen Renditen < mächtige Akteure < starke Bedeutung der Finanzmarkt-Rationalität in den Unternehmen: das Unternehmen als Anlageobjekt, alleiniges Ziel “shareholder value” " hohe Renditeansprüche an Unternehmen und Investitionen " Kurzatmigkeit: wenig Zeit, hoch gesteckte Renditeziele zu realisieren " Konzentration auf Kernkompetenzen CSR im Finanzmarktkapitalismus 3 Finanzmarktkapitalismus – sinkende Fähigkeit zu CSR Finanzmarktkapitalismus # Wirtschaft geprägt vom Interesse der Aktionäre an hohen Renditen # ... tritt an die Stelle des organisierten Kapitalismus < Clique der (sich allenfalls gegenseitig kontrollierenden) Manager < Ausgleich zwischen Interessen der Aktionäre, der Kreditgeber (Banken), der Arbeitnehmer und der Manager selbst: " Langfristorientierung: Bestand des Unternehmens sichern " mehrere Ziele, z.B. hohe Bedeutung des Unternehmenwachstums CSR im Finanzmarktkapitalismus 3 Finanzmarktkapitalismus – sinkende Fähigkeit zu CSR Finanzmarktkapitalismus # Wirtschaft geprägt vom Interesse der Aktionäre an hohen Renditen # ... tritt an die Stelle des organisierten Kapitalismus < in Deutschland besonders ausgeprägt: " langfristiger Planungshorizont " Mitbestimmung: sozialer Ausgleich auf Unternehmensebene dauerhafte Mitarbeiterbeziehungen: u.a. betriebsspezifische Qualifikation " Einfluss der Hausbanken Interesse an verlässlicher Rückzahlung der Kredite CSR im Finanzmarktkapitalismus 3 Finanzmarktkapitalismus – sinkende Fähigkeit zu CSR Finanzmarktkapitalismus # Wirtschaft geprägt vom Interesse der Aktionäre an hohen Renditen # ... tritt an die Stelle des organisierten Kapitalismus: in Kontinentaleuropa vor allem durch Bedeutungszuwachs der Wertpapiermärkte " z.T. Finanzierung der Unternehmen (Alternativen zum Bankkredit) " Aktienoptionspläne: Interesse der Manager an Kurssteigerungen " feindliche Übernahmen (bei Streubesitz): drohender Verlust der Magementposten, wenn Rendite zu gering " Übernahmen, Fusionen etc.: Unternehmen als Anlageobjekt CSR im Finanzmarktkapitalismus 3 Finanzmarktkapitalismus – sinkende Fähigkeit zu CSR Finanzmarktkapitalismus # Wirtschaft geprägt vom Interesse der Aktionäre an hohen Renditen # ... tritt an die Stelle des organisierten Kapitalismus: < in Kontinentaleuropa vor allem durch Bedeutungszuwachs der Wertpapiermärkte # in vielen Ländern: & Ansätze zu einer marktradikalen Politik < in Deutschland z.B. " Abbau der Sozialversicherungen (Bedarf an privater Absicherung!) " Privatisierungen (mehr Unternehmen als Anlageobjekte) " höherer Druck auf Arbeitslose < Mythos: Finanzmärkte als “fünfte Gewalt” (R. Breuer) zwingen Regierungen zu “vernünftiger” Politik CSR im Finanzmarktkapitalismus 3 Finanzmarktkapitalismus – sinkende Fähigkeit zu CSR CSR passt zur ideologischen Begleitmusik des Finanzmarktkapitalismus in der Öffentlichkeit # weniger verbindliche gesetzliche Regeln # Vertrauen auf “Selbstregulierung” der Unternehmen CSR im Finanzmarktkapitalismus 3 Finanzmarktkapitalismus – sinkende Fähigkeit zu CSR Sinkende Fähigkeit zu CSR im Finanzmarktkapitalismus # Management strikt auf hohe Renditeziele verpflichtet < weniger Spielraum, um eigene Interessen an sozial und ökologisch verträglicher Produktion umzusetzen # Kurzatmigkeit (hohe Renditeziele zügig erreichen, um feindliche Übernahme oder Verkauf abzuwenden) < “Investitionen” in Reputation des Unternehmens bei Kunden oder in Motivation der MitarbeiterInnen zahlen sich allenfalls langfristig aus º nur die aktuellen Kosten, nicht die in der Zukunft möglichen Vorteile werden als relevant wahrgenommen CSR im Finanzmarktkapitalismus 3 Finanzmarktkapitalismus – sinkende Fähigkeit zu CSR trotzdem CSR nicht nur heiße Luft # Handlungsspielräume des Managements zumeist sehr viel größer < z.B.: hoher Rendite- und Zeitdruck bei Konzernspitze eigentlich nur dann, wenn Aktien in Streubesitz CSR im Finanzmarktkapitalismus 3 Finanzmarktkapitalismus – sinkende Fähigkeit zu CSR trotzdem CSR nicht nur heiße Luft # Handlungsspielräume des Managements zumeist sehr viel größer # in den Unternehmen zumeist verschiedene “Lehren” guter Unternehmenspolitik < eine (heute besonders bedeutsame) ist Finanzmarkrationalität: das Unternehmen als Anlageobjekt, alleiniges Ziel “shareholder value” " hohe Renditeansprüche " Kurzatmigkeit: wenig Zeit, hoch gesteckte Renditeziele zu realisieren " Konzentration auf Kernkompetenzen CSR im Finanzmarktkapitalismus 3 Finanzmarktkapitalismus – sinkende Fähigkeit zu CSR trotzdem CSR nicht nur heiße Luft # Handlungsspielräume des Managements zumeist sehr viel größer # in den Unternehmen zumeist verschiedene “Lehren” guter Unternehmenspolitik < eine (heute besonders bedeutsame) ist Finanzmarkrationalität: das Unternehmen als Anlageobjekt, alleiniges Ziel “shareholder value” < eine andere zielt auf die Sicherung des dauerhaften Bestands bzw. der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens " hier CSR wichtig CSR im Finanzmarktkapitalismus 3 Finanzmarktkapitalismus – sinkende Fähigkeit zu CSR trotzdem CSR nicht nur heiße Luft # Handlungsspielräume des Managements zumeist sehr viel größer # in den Unternehmen zumeist verschiedene “Lehren” guter Unternehmenspolitik < eine (heute besonders bedeutsame) ist Finanzmarkrationalität: das Unternehmen als Anlageobjekt, alleiniges Ziel “shareholder value” < eine andere zielt auf die Sicherung des dauerhaften Bestands bzw. der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens " hier CSR wichtig < Bei Orientierung und Begründung wichtiger Entscheidungen liegen diese “Lehren” nicht selten in Konflikt miteinander. " ArbeitnehmervertreterInnen: Bezug auf langfristorientierte “Lehre” CSR im Finanzmarktkapitalismus 4 CSR – Handlungsperspektiven für Arbeitnehmer- VertreterInnen Gewerkschaften allgemein # Einsatz für Neuordnung der Finanzwirtschaft (z.B. feindliche Übernahmen erschweren) # gegen den Trend, verbindliche Vorschriften durch freiwillige Selbstverpflichtungen von Unternehmen zu ersetzen # sozialen Dialog als Schlüsselelement von CSR verankern # Einsatz für eine gesetzliche Regelung, Betriebsräte und Aufsichtsräte in die CSR-Prozesse mit einzubeziehen CSR im Finanzmarktkapitalismus 4 CSR – Handlungsperspektiven für Arbeitnehmer- VertreterInnen CSR als Teil einer relevanten „Lehre“ von der „richtigen“ Unternehmenspolitik für gewerkschaftliche Interessenvertretung nutzen # Langfristigkeit der Geschäftsstrategien < vgl. prospektives Risikomanagement in Aufsichtsratsarbeit # Motivation der MitarbeiterInnen als wichtiges „Kapital“ des Unternehmens < vgl. Human Ressource Management u.a. mit typischen Mitbestimmungsthemen CSR im Finanzmarktkapitalismus 4 CSR – Handlungsperspektiven für Arbeitnehmer- VertreterInnen # Beschäftigten-Interessen bei Tochterfirmen und Zulieferbetrieben in Entwicklungs- und Transformationsländern vertreten < gut für die Beschäftigten-Interessen dort < gegen Standortwettbewerb im Unternehmen als Unterbietungswelttlauf < besonders gutes Instrument: Rahmenabkommen zwischen Multis und Gewerkschaftsorganisationen # Einbezug auch von Umweltzielen: < diese vielfach auch im Interesse der ArbeitnehmerInnen und ihren Wertvorstellungen entsprechend CSR im Finanzmarktkapitalismus 4 CSR – Handlungsperspektiven für Arbeitnehmer- VertreterInnen zusammenfassend: CSR-Aktivitäten der Unternehmen # nicht zu viel erwarten, sicher kein dauerhafter Ersatz für fehlende Regulierung # aber zusätzliche Chancen, Beschäftigten-Interessen zu vertreten CSR im Finanzmarktkapitalismus Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!