Wechselwirkung zwischen Klimawandel, Flussmorphologie und Habitat: Fallstudie Gr. Mühl Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Christoph Hauer 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 1 Inhalte Gliederung Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt • Einleitung • Untersuchungsgebiet • Methodik • Ergebnisse • Prognose: Globale Erwärmung (- 2100) • Zusammenfassung/Schlussfolgerungen 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 2 Einleitung Klimawandel?! Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Klimaveränderung, die Veränderung des Klimas im Allgemeinen. globale Erwärmung, die aktuelle Veränderung des Klimas. CO2-Konzentration derzeit bei 385 ppV höchster Wert in den letzten 800.000 Jahren 300 ppV. Lüthi et al., (2008), Nature, Vol. 453: 379 – 382. 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 3 Einleitung Klimaforschung 1.600.100 veröffentlichte Studien, Fachpublikationen, etc.! Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Globale Erwärmung / Hydrologie (Abfluss) - Abnahme des durchschnittlichen jährlichen Abflusses (Arnell, 1999) - Zunahme der Hochwasserereignisse (Schumm, 2005) Globale Erwärmung / Feststoffhaushalt und Flussmorphologie - Zunahme der Gewässerbreiten (Feinkies, Kies) (Ashmore & Church, 2001) - Zunahme des Sedimenteintrages (Knox, 1983) Globale Erwärmung / Gewässerökologie (Fische) - Verschiebung der Fischregionen (Matulla, 2007) - Stress durch Hochwässer, Trockenperioden (Clark et al., 2001; Poff et al., 2002) 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 4 Einleitung bisher kaum untersuchte Wechselwirkungen zwischen Globaler Erwärmung, Flussmorphologie und Habitat. Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Fallstudie Gr. Mühl Montgomery & Buffington, 1997 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 5 Untersuchungsgebiet Pegel Vorderanger Gesamtlänge: 34.2 km Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt N Pegel Furtmühle Kollerschlag CORINE Klassifikation Pegel Teufelmühle 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer Siedlungsraum Ackerflächen Grünland Heterogene landw. Flächen Wälder (Misch- / Nadelwälder) 6 Untersuchungsgebiet Das Jahresmittel der Lufttemperatur liegt im Untersuchungsgebiet zwischen 5° und 6°C, das Jännermittel bei -3° und -4°C und das Julimittel bringt Werte um 15° bis 16°C. Wärmebegünstigt sind die Süd- und Südwesthänge des Böhmerwaldes. Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Die Jahresniederschlagssumme liegt bei ca. 1000 mm, wobei auf die Süd- bzw. Südwesthänge des Böhmerwaldes deutlich höhere Regenmengen bis zu 1250 mm niedergehen können. Die Niederschlagsmaxima liegen in den Monaten Juni und Juli. Die Anzahl der Frosttage beträgt ca. 120, jene der Eistage bis zu 60. Die mittlere Jahressumme der Neuschneehöhe liegt bei ca. 200 cm, die mittlere Anzahl der Tage mit einer Schneehöhe von mindestens 1cm beträgt ungefähr 100. Nordatlantik Oszillation (Luftdruckgradient zw. Azoren und Island) !!! NAO – Index hoch milde und niederschlagsreiche Luftmassen NAO – Index gering kontinentale Hochdruckgebiete (kalte und trockene Luft) 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 7 Untersuchungsgebiet …Kolk Furt-Kolk …Furt Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Plane-bed Hydromorphologie Gr. Mühl 6% 25 % 15 % 54 % 9.04.2010 Furt-Kolk Plane-bed Stau Restwasser FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 8 Methodik Vermessung von 6 Detailstrecken mit unterschiedlicher morphologischer Charakteristik. Statistische Analysen (Bruchpunkt- / Trendberechnung) von Lufttemperatur (Kollerschlag) und Abfluss (Vorderanger, Furtmühle, Teufelmühle). Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Hydrodynamisch-numerische Modellierung der einzelnen Untersuchungsstrecken (Analysen von Trockenperioden während der Sommermonate). Verschneidung mit Habitatansprüchen von subadulten/ adulten Äschen (historisch häufig, Zick (2003)). Messung von Fließgeschwindigkeit (Mittel / Aufenthaltstiefe) und Wassertiefe an beobachteten Äschenstandorten. 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 9 Methodik Bruckhäuser (Plane bed) Damreith (Furt - Kolk) Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Kolk Furt Statistische Analysen (Q / T) Numerische Modellierung Jahresmitteltemperatur (°C) 9.00 8.50 8.00 7.50 7.00 6.50 6.00 5.50 5.00 1940 9.04.2010 1960 1980 2000 2020 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 10 Methodik Habitatnutzung Äsche (Thymallus thymallus) subadult / adult Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt • Wassertiefe • Fließgeschwindigkeit (Mittel/ Aufenthaltstiefe) n=18 min. 0.36 m Wassertiefe (m) v40 (ms-1) Aufenthalt (ms-1) Äsche adult (männlich), Freibad Aigen, i.M. / O.Ö. 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 11 Ergebnisse Statistische Analysen (T / Q) Monat T_Kollerschlag * Jahr P (%) Q_Vorderanger ** Jahr P (%) Q_Furtmühle *** Jahr P (%) Q_Teufelmühle *** Jahr P (%) Jänner 1971 92.2 1974 85.6 1974 96.2 1974 96.4 Februar 1966 83.4 1994 73.4 1974 83.7 1974 87.0 März 1972 94.6 1988 98.5 1988 96.4 1999 87.8 April 1993 58.1 2005 53.57 Mai 1985 99.8 2005 Juni 1992 95.0 Juli 1982 August 1980 September --- --- --- --- 69.6 1989 69.06 1989 82.72 1989 96.1 1989 98.6 1981 97.8 98.3 1982 76.0 1982 89.7 1982 98.1 99.9 1988 85.2 1983 96.0 1981 97.5 --- --- --- --- --- --- --- --- 1976 84.33 1995 54.27 --- --- --- --- November --- --- --- --- 1970 55.65 1970 67.2 Dezember 1971 72.50 1977 --- --- 2003 41.0 Oktober 9.04.2010 45.0 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Zeitpunkt (Jahr) einer Trendänderung Signifikanz der Trendänderung > 95 % = hoch signifikant 12 Ergebnisse Statistische Analysen (T / Q) T_Kollerschlag * Jahr P (%) Q_Vorderanger ** Jahr P (%) Q_Furtmühle *** Jahr P (%) Q_Teufelmühle *** Jahr P (%) Frühling 1989 98.9 1999 89.8 1999 71.58 1999 59.1 Sommer 1990 99.9 1983 86.90 1982 98.8 1981 99.9 Herbst 1999 66.83 --- --- --- --- --- --- Winter 1971 98.3 1974 1980a 73.4 41.3 1974 97.32 1974 1996a 96.6 41.4a Jahr 1988 99.7 2006 65.42 --- --- 1982 44.24 Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt ebenfalls dokumentiert in Blässer, (2008) für 3 Lufttemperatur-Messstationen im Bayerischen Wald kein Zusammenhang zwischen Lufttemperatur und Abfluss bzgl. des Zeitpunkts einer Trendänderung 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 13 Ergebnisse Aber!! Zunahme der Trockenperioden Q_Vorderanger 380 (1) Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt 734 1 MNQT: 2 Das Mittel aller niedrigsten Tagesmittel (z.B. Juli) 3 (2) 9.04.2010 684 (3) 760 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 813 663 14 Ergebnisse ”Aprubt Climate Change”, R.B. Alley, et al. (2003), Science, 299. Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Globale Erwärmung Untersuchungsgebiet Warum seit 1990? 1950 – 1975 Verdoppelung des Ausstoßes an Sulfaten: 35 Mil.t/a Abnahme der Luftverschmutzung seit Ende der 1980er Jahre 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 70 Mil.t/a 55 Mil.t/a (2002) 15 Ergebnisse Untersuchungsgebiet Gr. Mühl Änderungen in der N/A Beziehung seit 1990 Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Niederschlag (Station Schlägl) Abfluss (Pegel Furtmühle) 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 16 Ergebnisse Auswirkung der globalen Erwärmung auf die Wassertemperatur Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 17 Ergebnisse Monitoring Wassertemperatur 18 Sonden (Messintervall: 2 h) Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt deutliche und weitreichende Abkühlung durch Einmündung des Klafferbachs Steinerne Mühl Sonden 15 – 18 nicht abgebildet 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 18 Ergebnisse Monitoring Wassertemperatur Abkühlung durch Einmündung des Klafferbachs Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Schneeschmelze 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 19 Ergebnisse Monitoring Wassertemperatur weitere ausgewählte Messstellen des Monitorings Klafferbach 9.04.2010 Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Urlsee FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 20 Ergebnisse Wechselwirkung Morphologie / Habitatverfügbarkeit 1. Vorderanger 2. Bruckhäuser 3. Bruckmühle Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt 4. Damreith 6. Teufelmühle 9.04.2010 5. Haslach FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 21 Ergebnisse plane bed Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt 1. Vorderanger 2. Bruckhäuser Abschnitt 2: Bruckhäuser plane bed 3. Bruckmühle 4. Damreith Wechselwirkung Morphologie / Habitatverfügbarkeit (MNQTJuli) plane bed geeignet ungeeignet 5. Haslach 9.04.2010 Wassertiefe limitierend! 6. Teufelmühle FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 22 Ergebnisse 1. Vorderanger 2. Bruckhäuser plane bed Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Abschnitt 2: Bruckhäuser 3. Bruckmühle plane bed 4. Damreith 5. Haslach plane bed 6. Teufelmühle 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Habitatverfügbarkeit Christoph Hauer 23 Ergebnisse Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Datenbasis: BAW „Carrying Capacity“ 9.04.2010 Rincón & Lobón-Cerviá (2002): Beispiel einer sich selbst ausdünnenden Bachforellenpopulation bei einer Limitierung des Habitattyps Kolk FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 24 Prognose Globale Erwärmung (- 2100) Als Basis für die Szenarienanalyse dienen Daten des regionalen Klimamodells ECHAM5/REMO welches vom Max Planck Institut für Meteorologie in Hamburg entwickelt wurde (JACOB et al. 2008) Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt CO2-Konzentration in der Atmosphäre: beobachtet und laut IPCC SRES-Szenarien 2010 A1B = realistisch A2 = pessimistisch B1 = optimistisch 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 25 Prognose Globale Erwärmung (- 2100) Modellkalibrierung Durchschnittlicher Jahresgang des Abflusses gemittelt von 1961 – 1990; beobachtete Abflüsse (Q OBS) und Abflussmodellierung mit korrigierten Kontrolllaufdaten für den Niederschlag und beobachteten Daten für die Temperatur. Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Haslinger, K. (2009). Klimaänderungsszenarien für den Oberlauf der Gr. Mühl – Fehlerevaluierung von ECHAM5/REMO-Inputdaten und hydrologische Analyse; Diplomarbeit – IWHW. 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 26 Prognose Globale Erwärmung (- 2100) Veränderung der durchschnittlichen Monatstemperatur von 2071 – 2100, bezogen auf die Klimanormalperiode 1961 – 1990; Szenario A1B, A2 und B1. Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt A1B = realistisch A2 = pessimistisch B1 = optimistisch (Haslinger, 2009) 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 27 Prognose Globale Erwärmung (- 2100) Veränderung der durchschnittlichen Monatsniederschläge von 2071 – 2100, bezogen auf die Klimanormalperiode 1961 – 1990; Szenario A1B, A2 und B1. Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt A1B = realistisch A2 = pessimistisch B1 = optimistisch (Haslinger, 2009) 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 28 Zusammenfassung / Schlussfolgerung Zunahme der Trockenperioden (Niederwasserphasen) seit 1990 im Einzugsgebiet der Gr. Mühl. Verlust an Lebensraum für die Äsche in den typischen Mühlstrecken (plane bed). Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt Bisherige wissenschaftliche Untersuchungen zeigten eine Verschiebung der Fischregionen flussauf durch eine Zunahme der Wassertemperatur. Im Falle der Gr. Mühl ist jedoch eine Abwanderung auf Grund des sich limitierenden Lebensraumes wahrscheinlich, diese wird jedoch wiederum durch die Wassertemperatur begrenzt. Einfluss des Klafferbachs auf die Wassertemperatur sehr deutlich (Abkühlung um ca. 2°C auch in den Sommermonaten). Prognosen zeigen eine Zunahme der Trockenperioden bis 2100 – daher gezieltes Fischökologisches Management notwendig!!! 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 29 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre Umwelt BOKU – Universität für Bodenkultur Department für Wasser, Atmosphäre und Umwelt Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiven Wasserbau Dipl.-Ing. Dr. Christoph Hauer Muthgasse 107, A-1190 Wien Tel.: +43 1 3189900-112, Fax: +43 1 3189900-143 [email protected] , www.boku.ac.at 9.04.2010 FR-Vollversammlung 2010 I Christoph Hauer 30