10. Funktionen auf lokal-kompakten Hausdorff

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GRUNDLAGEN DER ANALYSIS, TOPOLOGIE UND GEOMETRIE (WWU 2016)
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10. F UNKTIONEN AUF LOKAL - KOMPAKTEN H AUSDORFF -R ÄUMEN
Wir wenden nun die Ergebnisse des vorigen Abschnitts auf lokal-kompakte HausdorffRäume an. Für jeden solchen Raum X ist die Ein-Punkt-Kompaktifizierung X + kompakt
und damit auch normal. Somit können wir Urysohns Lemma 9.6 in X + anwenden.
Definition 10.1. Sei X ein topologischer Raum. Der Träger einer stetigen Funktion
f : X → C ist die Menge supp f := {x ∈ X : f (x) 6= 0} ⊆ X.
Satz 10.2. Sei X ein lokal-kompakter Hausdorff-Raum und K ⊆ V ⊆ X, wobei K kompakt und V offen seien. Dann gibt es eine stetige Funktion f : X → [0, 1] mit f |K = 1,
supp f kompakt und supp f ⊆ V .
Beweis. Aufgabe 3, Blatt 5.
Wir wollen nun Urysohns Metrisierbarkeitssatz 9.8 auf X bzw. genauer X + anwenden
und müssen dazu prüfen, wann X + zweit-abzählbar ist.
Definition 10.3. Ein Hausdorff-Raum X heißt σ-kompakt, falls es eine Folge kompakter
S
Teilmengen Kn ⊆ X mit n∈N Kn = X gibt.
Lemma 10.4. Sei (X, τ) ein lokal-kompakter Hausdorff-Raum und (X + , τ+ ) zweit-abzählbar.
Dann ist (X, τ) zweit-abzählbar und σ-kompakt.
Beweis. Sei B eine abzählbare Basis von τ+ . Dann ist B ∩ τ eine abzählbare Basis von
τ. Sei
B \ τ = {U1+ ,U2+ , . . .}.
S
Dann ist Un ⊆ X offen, Kn := X \ Un kompakt. Zeigen: n Kn = X. Sei x ∈ X. Wähle
eine kompakte Umgebung Q von x. Dann ist U := X + \ Q eine Umgebung von ∞, also
∞ ∈ Un+ ⊆ U für ein n und damit x 6∈ Un+ , also x ∈ Kn .
Es gilt auch folgende Umkehrung:
Satz 10.5. Sei X ein lokal-kompakter, σ-kompakter Hausdorff-Raum.
(1) Es gibt eine Folge offener Teilmengen Un ⊆ X so, dass Un für jedes n kompakt
und in Un+1 enthalten ist.
(2) Ist X zweit-abzählbar, so auch X + .
(3) Ist X zweit-abzählbar, so ist X metrisierbar (und normal).
Beweis. (1) Sei (Kn )n eine Folge wie in 10.3. Seien U1 , . . . ,Un bereits konstruiert. Dann
ist jedes An+1 := (K1 ∪ · · · ∪ Kn+1 ) ∪ Un kompakt und enthalten in einer offene Menge
Un+1 , deren Abschluss kompakt ist (Aufgabe 3, Blatt 5 oder Normalität von X + mit
An+1 und B := {∞} ausnutzen).
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PD DR. THOMAS TIMMERMANN
(2) Sei B eine abzählbare Basis von τ und Un wie in (1). Dann ist B ∪ {X + \ Un : n}
eine abzählbare Basis von τ+ : Ist U + eine offene Umgebung von ∞, so ist Q := X \U +
kompakt und {Un : n} eine offene Überdeckung von Q, also Q ⊆ Un ⊆ Un für ein n ∈ N
und somit ∞ ∈ (X + \Un ) ⊆ X + \ Q.
(3) Nach (2), 9.5 und 9.8 ist X+ metrisierbar, also auch X. Nach Beispiel 9.5 (2) ist X
normal.
Als letzte Anwendung des Urysohnschen Lemmas beweisen wir die Existenz von Zerlegungen der Eins, die in der Differentialgeometrie wichtig werden.
Definition 10.6. Sei X ein topologischer Raum. Eine Zerlegung/Partition der Eins ist
eine Familie ( fi )i∈I von Funktionen fi : X → [0, 1] so, dass für jedes x ∈ X gilt:
• x ∈ supp fi für höchstens endlich viele i ∈ I;
• ∑i∈I fi (x) = 1.
Ist V eine offene Überdeckung von X und ( fi )i∈I eine Zerlegung der Eins, so heißt letztere der ersteren untergeordnet, falls für jedes i ∈ I ein V ∈ V mit supp fi ⊆ V existiert.
Satz 10.7 (Zerlegung der Eins). Sei X ein lokal-kompakter, σ-kompakter, zweit-abzählbarer
Hausdorff-Raum mit einer offenen Überdeckung V . Dann gibt es eine untergeordnete
Zerlegung der Eins.
Beweis-Skizze. Schritt 1: Beh.: Es gibt eine offene Überdeckung U = {U1 ,U2 , . . .} von
X mit
(a) ∀U ∈ U ∃V ∈ V : U ∈ V,
S
(b) ∀x ∈ X : {U ∈ U : x ∈ U} ist endlich.
Schreibe X = n Wn mit Wn offen, Wn kompakt und Wn ⊆ Wn+1 für jedes n (Satz 10.5).
/ Für jedes n ∈ N ist dann
Setze W−1 = W0 = 0.
An := Wn \Wn−1 ⊆ X
kompakt, enthalten in Wn+1 \Wn−2 und überdeckt von endlich vielen Vn,1 , . . . ,Vn,kn ∈ V .
Setze
0
Vn,i
:= Vn,i ∩ (Wn+1 \Wn−2 ) und
S
S
0
U := {Vn,i
: n ∈ N, 1 ≤ i ≤ kn }.
Dann gilt (a) und X = n An ⊆ U∈U U. Ist x ∈ X, so folgt x ∈ Wm für ein m und somit
0 für n − 2 ≥ m und somit gilt (b).
x 6∈ Vn,i
Schritt 2: Beh.: Es gibt offene Teilmengen U10 ,U20 , . . . ⊆ X mit
(c) Un0 ⊆ Un ,
(d) X = (U10 ∪ · · · ∪Un0 ) ∪ (Un+1 ∪Un+2 ∪ · · · ).
Seien U10 , . . . ,Un0 so gewählt. Dann ist
Bn+1 := X \ ((U10 ∪ · · · ∪Un0 ) ∪ (Un+2 ∪ · · · )) ⊆ Un+1
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0
0
0
und Un+1
mit An+1 ⊆ Un+1
⊆ Un+1 .
abgeschlossen. Nach Lemma 9.3 finden wir Un+1
Schritt 3: Da X normal ist, existieren stetige Funktionen gn : X → [0, 1] mit gn |U 0 = 1
n
und gn |X\Un = 0. Wegen (b) ist g := ∑n gn endlich und stetig. Aus (b) und (d) folgt
S 0
n Un = X und somit gn (x) > 0 für jedes x ∈ X. Dann ist (gn /g)n eine U untergeordnete
Zerlegung der Eins.
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