Übergangsmetallkomplexe mit Schwefelliganden, LXX* Ein Modell für einen Schlüsselschritt der biologischen I N 0 3" —* N H 3]-Reduktion: Umwandlung von Nitrosyl- in Hydroxylaminyl-Liganden bei der [M o(NO )2('S4')] IM o(i^-NH20 )(N O )('S 4')]-Reduktion ('S4'2- = l,2-Bis(2-mercaptophenylthio)ethan(2-)) Transition Metal Complexes with Sulfur Ligands, LXX* A Model for a Key Step of the Biological [N 0 3~ —> N H 3]-Reduction: Conversion of Nitrosyl into Hydroxylaminyl Ligands in the [M o(NO)2('S4')] — [Mo(>72-N H 20)(N O )('S 4')]-Reduction ('S4'2- = 1.2-Bis(2-mercaptophenylthio)ethane(2-)) Dieter Sellmann+, Bernd Seubert, Falk Knoch und M atthias Moll Institut für Anorganische Chemie der Universität, Egerlandstraße 1, D -8520 Erlangen Z. Naturforsch. 46b, 1 4 4 9 - 1458 (1991); eingegangen am 8 . April 1991 M olybdenum , Sulfur Ligand, Reduction o f Nitrosyl, Nitrate Am m onia Conversion. X-Ray In order to study specific properties o f transition metal sulfur com plexes, reactions o f [M o(N O ),('S4')] (1) with nucleophiles were investigated. With sodium borohydride or hydra­ zine, 1 yields the hydroxylaminyl complex [M o(//2 -N H 2 0 )(N O )('S 4')] (2). 2 crystallizes from D M F as 2 D M F whose molecular structure was determined by X-ray structure analysis (P 2 ,/c, Z = 4, a = 1204.4(3), b = 1579.7(4), c = 1253.0(4) pm, ß = 117.44(2)°, R = 0,056, Rw = 0,040). The Mo centre is coordinated by two trans thiolato S, two cis thioether S atom s, the co-ligand NO and side-on N H 20 in a distorted pentagonal bipyramid; the D M F molecule is hydrogen bonded to the N H :Ö-ligand. N M R spectroscopy shows that in solution 2 exists in two configurational isomers differing in the orientation o f the side-on N H ,0 with respect to the [M o(NO )('S4')] core. The mechanism o f the reduction o f 1 is discussed in terms o f a 2e~-2 H +-transfer. 1. Einleitung Übergangsmetalle in schwefeldominierten K o­ ordinationssphären bilden zahlreichen Befunden zufolge die aktiven Zentren vieler Redoxenzyme [2], der molekulare Mechanismus der katalysierten Reaktionen ist aber in den meisten Fällen unbe­ kannt. Untersuchungen von Modellkomplexen lassen Aufschluß darüber erwarten, welche cha­ rakteristischen Eigenschaften solche MetallSchwefel-Zentren besitzen und wie sie den A blauf von Elem entarreaktionen beeinflussen, z.B. die Anlagerung und Abspaltung von Substraten oder den Transfer von Elektronen und Protonen. Über die Stabilisierung von freien Koordinationsstellen [3], die Isolierung instabiler Zwischenstufen [4] so­ wie über den Einfluß von Protonen auf die K oor­ dination harter oder weicher Liganden [5] in Me­ * LXIX. Mitteilung s. Ref. [1], + Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. D. Sellmann. Verlag der Zeitschrift für Naturforschung, D-7400 Tübingen 0932-0776/91 /1100-1449/$ 01.00/0 tall-Schwefelligand-Komplexen haben wir kürz­ lich berichtet. Oxidoreduktasen mit M etallzentren katalysie­ ren auch die biologische [N 0 3~ —*• N H 3]-Umwandlung. F ür N itrat-R eduktase ist dabei Schwefel in der K oordinationssphäre der M olybdänzentren nachgewiesen [6], die anderen ebenfalls beteiligten Reduktasen sind bislang weniger genau charakte­ risiert [7], Als wahrscheinlich wird jedoch ange­ nommen, daß die 8e-R eduktion von N 0 3~ zu N H 3 in 2 e-Schritten jeweils in der Koordinationssphäre von M etallen abläuft. Die Um wandlung von NO in N H 2OH ist dabei als Schlüsselschritt zu be­ trachten, weil die Bildung des energetisch begün­ stigten N 2-M oleküls vermieden werden muß. Trotz seines endotherm en C harakters ist NO im freien wie gebundenen Zustand schwierig zu redu­ zieren, und die Reduktion eines NO-Liganden zur Hydroxylaminyl-Stufe war unseres Wissens bisher überhaupt nicht bekannt. W ir haben in einer vor­ läufigen M itteilung [8] eine solche Reaktion kürz­ lich beschrieben und möchten an dieser Stelle um ­ fassend darüber berichten. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz. This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License. Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher Nutzungsformen zu ermöglichen. On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage. D. Sellm ann et al. • Ü bergangsm etallkom plexe m it Schw efelliganden 1450 2. Experimenteller Teil 2.1. Allgemeines Wenn nicht anders vermerkt, wurden alle R eak­ tionen bei R aum tem peratur unter N 2-Atm osphäre in absolutierten, N 2-gesättigten Lösungsmitteln durchgeführt und möglichst spektroskopisch ver­ folgt. Die Aufnahme der Spektren erfolgte mit den Geräten: Perkin-Elmer 983 IR, Perkin-Elmer 1620 FT IR (Lösungsspektren in C aF 2-Küvetten unter Kom pensation der Lösungsm ittelabsorptio­ nen, Festsubstanzen als KBr-Tabletten); JeolNM R-Spektrom eter F T-JN M -G X 270 und EX 270; Varian M assenspektrom eter M AT 212. Magnetische Messungen: Johnson-M atthey-Suszeptibilitätswaage. [M o(NO)2('S4')] (1) [9] wurde nach I.e. d ar­ gestellt, N 2H4 durch Trocknung von N 2H 4 H 20 über KOH und zweifache Destillation erhalten. 1,1-N(CH3)2N H 2 wurde in der handelsüblichen Form eingesetzt. 2.2. Synthesen 2 .2 .1 . [ M 0 ( N H 20 ) ( N 0 ) ( 'S 4')] (2) Eine orange Suspension von 595 mg (1,28 mmol) [M o(NO)2('S4')] (1) in 60 ml MeOH wurde portionsweise mit 1,20 g (31,72 mmol) N aB H 4 in fester Form versetzt. U nter Erw ärm ung und heftiger Gasentwicklung trat innerhalb von 0,5 h eine Farbänderung nach hellbraun ein. Nach Zugabe von 20 ml MeOH und 1 d R ühren bei R.T. wurde 2 in Form hellbrauner M ikrokristalle abflltriert, mit 35 ml MeOH und 15 ml Et20 gewaschen und 1 d im Vakuum getrocknet. Ausbeute: 250 mg (42%). Elementar analyse für C UH ldM oN -,0 7S4 (466.46) Gef. Ber. C 36,12 C 36,05 H 2,95 H 3,03 N 5,67, N 6,01. Molmasse: 468 (98Mo, FD-m assenspektrom etrisch). 'H -N M R -Spektrum , D 6-DM SO (ppm): 2 ,6 -3 ,7 (m, C ,H 4, 4); 7 ,0 -7 ,6 (m, C6H 4, 8); 8 ,5 -9 ,2 (m, N H „ 2). 13C {'H }-N M R -Spektrum , D 6-DM SO (ppm): 40,8, 41,4, 43,1, 44,1 (C2H 4); 123,0-135,0 (20 Signale), 153,1, 153,9, 154,0, 154,6 (C6H 4). 2 .2 .2 . [M ö ( N H , 0 ) ( N 0 ) ( 'S 4') ] - T H F (2) T H F U nter Argon wurde eine Suspension von 980 mg (2,11 mmol) [M o(NO)2('S4')] (1) in 70 ml T H F mit 0,1 ml (3,13 mmol) N 2H 4 versetzt. Inner­ halb von 2 h entwickelten sich ca. 22 ml Gas, es bildete sich eine orange-gelbe Lösung und eine ge­ ringe Menge brauner Feststoff fiel aus, der durch Filtration über Seesand und Filterflocken abge­ trennt wurde. Das Gas wurde gaschrom atogra­ phisch als N 2 identifiziert; N H 3, N 20 , NO, 0 2 und H 2 waren dabei nicht nachweisbar. Das Filtrat wurde auf 10 ml eingeengt und 2 d bei R .T . aufbe­ wahrt; dabei schieden sich bernsteinfarbene K ri­ stalle ab, die abgetrennt, mit 50 ml E t20 gewa­ schen und l d im Vakuum getrocknet wurden. Ausbeute: 627 mg (55%). Auch bei wiederholter Durchführung dieses Versuches ließen sich keine Kristalle mit befriedigenden Elementaranalysen erhalten. Elementaranalyse fü r (538,56) Gef. Ber. C 40,86 C 40,14 C ,4H I4M oN -,01S4 - C4H sO H 4,28 H 4,12 N 5,39 N 5,20 S 24,42, S 23,81. Molmasse (ohne THF): 468 (98Mo, FD -/EImassenspektrometrisch). 'H -N M R -Spektrum , D6-DM SO (ppm): 1,75, 3,6 (THF); 2 ,6 -3 ,7 (m, C7H 4, 4); 7 ,0 -7 ,6 (m, C6H 4, 8); 8 ,5 -9 ,2 (m, N H 2, 2). >3C {'H }-N M R Spektrum, D 6-DM SO (ppm): 25,0, 66,8 (THF); 40,7, 41,4, 43,1, 44,2 (C2H 4); 122,7-134,7 (20 Si­ gnale), 153,1, 153,8, 154,0, 154,6(C6H 4). Digerieren von 2 TH F (500 mg) in 30 ml MeOH ergab nach 60 h solvatfreies 2, das nach Abtrennung, Waschen mit 20 ml MeOH sowie 30 ml E t20 und Trocknen im Vakuum elementaranalysenrein war. 2 .2 .3 . [M o ( N H , 0 ) ( N O ) ( 'S 4') ] - D M F (2)-D M F 627 mg (1,16 mmol) 2 T H F wurden in 10 ml D M F gelöst, mit 40 ml Et20 überschichtet und auf -3 0 °C abgekühlt. Innerhalb von 3 d bildeten sich bernsteinfarbene Kristalle, die abgetrennt, mit 50m l Et20 gewaschen und ld im Vakuum ge­ trocknet wurden. Ausbeute: 440 mg (70%). Elementar analyse fü r (539,55) Gef. Ber. C 37,65 C 37,84 C l4H l4M oN 20 2S4 - C3H 7NO H 3,90 H 3,92 N 7,65 N 7,79 S 23,95, S 23,77. Molmasse (ohne DM F): 468 (98Mo, FD -/EImassenspektrometrisch). 'H -N M R -Spektrum , D 6-DM SO (ppm): 2,78, 2,94, 8,0 (DM F); 2 ,6-3,7 (m, C ,H 4, 4); 7 ,0 -7 ,6 (m, C6H 4, 8); 8 ,5-9,2 (m, N H 2, 2). ,3C {'H }-N M R Spektrum, D6-DM SO (ppm): 30,8, 35,7, (N (C H 3)2); 40,8, 41,5, 43,1, 44,2 (C ,H 4); 123,0135,0 (20 Signale), 153,1, 153,9, 154,0, 154,6 (C6H4); 162,3 (CHO). D. Seilm ann et al. ■ Ü bergangsm etallkom plexe mit Schw efelliganden 2 .2 .4 . U m s e tz u n g v o n [M o ( N O ) 2( 'S 4')] ( l ) m i t 1 ,1 - D i m e t h y l h y d r a z i n 1451 Einkristalle von 2 D M F wurden nach folgen­ dem Verfahren erhalten: Eine Suspension von 2 T H F in einem Gemisch von 50 ml TH F und 10 ml D M F wurde au f 70 °C erhitzt und heiß in ein Schlenkrohr filtriert. Das Schlenkrohr wurde anschließend in einem 2-1-Dewar-Gefäß aufbe­ wahrt, das mit W asser (60 °C) gefüllt worden war. Beim langsamen Abkühlen auf R.T. schieden sich im Verlauf von 4 d Kristalle in Form bernsteinfar­ bener Prismen ab. Ein geeigneter Einkristall wurde in eine G laska­ pillare eingeschmolzen und vermessen. Die Struk­ turlösung erfolgte mit direkten M ethoden [10]. Nach der anisotropen Verfeinerung der Nichtwasserstoffatome ergab eine Differenz-Fourier-Synthese die Positionen aller 21 W asserstoffatome (gemeinsamer isotroper Tem peraturfaktor). Die Lagen der CHO-Atom e von D M F und der arom a­ tischen W asserstoffatome wurden für eine ideale Geometrie berechnet und festgehalten, während die H-Atome der Methyl- und M ethylengruppen für ideale Tetraeder berechnet und im Laufe der Verfeinerung um ihr Zentral-C-Atom gedreht wurden. Die aus der Differenz-Fourier-Synthese übernommenen H-Atom e der N H 20 -G ru p p e w ur­ den als starre G ruppe verfeinert. In Tab. I sind kristallographische Angaben zur Strukturbestim ­ mung von 2 D M F zusammengefaßt, Tab. II ent­ hält die Atom koordinaten. Tab. I. Kristallographische Angaben zur Strukturbestimmung von 2 ■D M F . Tab. II. A tom koordinaten [xlO 4] und äquivalente isotrope Thermalparameter U (eq) [pm2x 10_l] von 2 • D M F. Verbindung Summenformel Atom X y Mo 1 N 1 Ol N2 1874(1) 1772(4) 2795(3) 808(3) 70(3) 3765(1) 1690(1) 3313(1) 243(1) 2750(4) 2683(4) 3498(5) 4365(5) 4449(4) 3640(4) 2499(5) 2288(4) 2823(5) 2045(6) 776(6) 234(5) 989(4) 3653(4) 2256(5) 2766(3) 2761(4) 2155(5) 4003(5) 10920(1) 9752(2) 1 0 2 1 2 (2 ) 11449(2) 11831(2) 11770(1) 12097(1) 10240(1) 10372(1) 12913(2) 13691(3) 14330(3) 14198(3) 13417(3) 12757(2) 11661(3) 9682(2) 9198(3) 8772(3) 8816(3) 9294(3) 9742(2) 11160(3) 7932(3) 8342(2) 7297(2) 6873(3) 7011(3) Eine Suspension von 315 mg (0,68 mmol) 1 in 30 ml T H F wurde mit 0,15 ml (1,97 mmol) 1,1 -Dimethylhydrazin versetzt, 1 h bei R.T. gerührt und anschließend 5 h zum Rückfluß erhitzt. IR-spektroskopisch ließ sich keine Reaktion beobachten und nur 1 wurde zurückerhalten. 2.3. Röntgenstruktur analyse von [ M o ( N H 20 ) ( N O ) ( 'S ; ) ] ■D M F (2) ■D M F 2 .3 .1 . E i n k r i s t a l l m e s s u n g Mr Raumgruppe Kristallsystem a [pm] b [pm] c [pm] ß[°] V [pm3] Z d ber [g Cm“3] H [cm '] Diffraktometer Strahlung [pm] Meßtemperatur [K] Krist. Dim ens. [mm] Scan-Technik 2 0- Bereich [°] Scan-Geschw. [°/min] Gem essene Reflexe Unabhängige Reflexe Beobachtete Reflexe er-Kriterium Absorptionskorrektur Rechenprogramm R; /?w[%] Wichtung Verfeinerte Parameter [M o(N H 2 OXNO)('S4')] • D M F C 1 4 H 1 4 MÖN-,0->S4 - C 3 H7NO 539,55 P 2 ,/c (N o. 14) monoklin 1204,4(3) 1579,7(4) 1253,0(4) 117,44(2) 2 1 1 4 (l)x 106 4 1,70 9,7 N icolet R 3m /V M o -K „ (71,073) 213 0 ,4 0 x 0 ,4 0 x 0 ,3 0 eo-scan 3 -6 0 3 ,0 -1 5 7246 5982 4246 F > 6 er(F) keine SHELXTL-PLUS 5,6; 4,0 1 /er2 296 0 2 SI S2 S3 S4 C 15 C 14 C 13 C 12 C ll CIO C 16 C25 C 24 C23 C22 C21 C2 0 C 26 Cl 03 N3 C2 C3 z 1787(1) 942(3) 1068(2) 476(3) - 381(3) 2186(1) 3075(1) 3850(1) 2277(1) 3172(3) 3652(3) 3731(4) 3326(3) 2863(3) 2769(3) 4603(4) 4265(3) 5326(3) 5681(4) 5012(5) 3959(4) 3578(3) 4834(3) 2905(4) 2418(3) 3642(3) 4254(5) 3930(4) U(eq,* 23(1) 33(2) 38(1) 32(2) 51(2) 30(1) 30(1) 30(1) 32(1) 29(2) 36(2) 43(2) 39(2) 34(2) 26(2) 37(2) 29(2) 41(2) 56(3) 55(3) 41(2) 30(2) 37(2) 39(2) 48(2) 35(2) 57(3) 49(2) * Ä quivalente iso tro p e U b erechnet als ein D rittel der S pur des o rth o g o n alen U —T ensors. 1452 D. Sellm ann et al. ■ Ü bergangsm etallkom plexe m it Schw efelliganden 2 .3 .2 . P u lv e r m e s s u n g Die N M R -spektroskopischen Untersuchungen machten es notwendig, sicherzustellen, daß der vermessene Einkristall repräsentativ für die ge­ samte auskristallisierte Substanz war. Zu diesem Zweck wurde das fein verriebene Kristallpulver auf einem Pulverdiffraktom eter (Fa. Huber) ver­ messen. Das mit den A tom koordinaten von 2 si­ mulierte und das experimentell ermittelte Pulver­ diagramm waren identisch. Dies beweist, daß 2 als einheitliche Substanz auskristallisiert. Abb. 1. IR-spektroskopische Verfolgung der Reaktion nach Gl. (2): a) 1 in TH F, b) 30 min und c) 2 h nach N 2 H4-Zugabe (x = 'S4 '-Ligand). 3. Ergebnisse und Diskussion Reduktion von [ M o (N O )2('S4' ) ] (1) Die Reduktion von [M o(NO)2('S4')] (1) mit N atrium borhydrid gemäß Gl. (1) ergibt [M ö(N H 20 )(N 0 )('S 4')] (2). Aus der THF-Lösung wurde 2 als das Solvat 2-T H F in bernsteinfarbenen Kristallen isoliert. Der Solvatcharakter des TH F ergab sich bei Um0) ^ kristallisationsversuchen. Etwa zweitägiges Dige­ _ I N® rieren von 2-T H F in MeOH führte zu solvensfrei­ +NaBH<« Tn ? (i> em 2. Um kristallisation aus D M F lieferte das NH, D M F-A ddukt, 2 ■DM F. * 2 unterscheidet sich IR-spektroskopisch von l + andere Produkte 2 •T H F bzw. 2 • D M F dadurch, daß es in KBr zwei 2 wird dabei in solvatfreier Form als hellbrau­ v(NH)-Banden aufweist, die Solvataddukte jedoch nur jeweils eine v(NH)-Absorption zeigen. Die ner, m ikrokristalliner Feststoff erhalten, der in v(NH)- ebenso wie die v(NO)-Frequenzen hängen DMSO und D M F sehr gut, in Aceton gut, jedoch vom jeweiligen Solvat ab und erscheinen in in Et20 sowie unpolaren Lösungsmitteln nahezu 2-T H F bei 3258 bzw. 1628 cm “1, in 2 -D M F bei unlöslich ist. 2 zeigt im FD- bzw. EI-Massenspek3237 bzw. 1634 cm “1. trum neben dem M olekülion bei m /e = 468 auch Bei dem Versuch durch Umsetzung von 1 mit die Fragm entionen [M o(N H 20 )('S 4')]+ und 1,1-Dimethylhydrazin gemäß Gl. (3) das zu 2 an a­ [Mo('S2')2]+ bei m /e = 438 bzw. 378, im KBr-IRloge Dimethylderivat [M o(N(CH3)20)(N O )('S 4')] Spektrum sind neben den charakteristischen 'S4'zu erhalten, wurde keine Reaktion beobachtet. Absorptionen eine intensive v(NO)-Bande bei THF 1650 cm -1 mit einem Oberton bei 3285 cm -1 sowie 1 + N (C H 3 ) 2 N H 2(exc) ------* zwei v(NH)-Banden bei 3043 bzw. 3160 cm “1 zu 2 0 -6 6 °C [M 0(N (C H 3 ) 2 0 )( N 0 )( 'S 4')1 (3) beobachten. 2 wird auch bei der Um setzung von 1 mit N 2H4 Dieser Befund ist von Interesse für den M echa­ nach Gl. (2) erhalten, wobei zusätzlich stöchiome­ nismus der Reaktion zwischen 1 und N 2H 4. Er läßt trisch molekularer Stickstoff entsteht. vermuten, daß beide N-Atome des Hydrazins ste­ risch unbehindert sein müssen. TH F/20 °C 1 + 0,5 N-,H4 2 h 0,5 N , (2 ) Die Reaktion gemäß Gl. (2) erfolgt in hom oge­ ner Phase und läßt sich IR-spektroskopisch verfol­ gen. Im IR-Lösungsspektrum verschwinden im Verlauf von 2 h die v(NO)-Banden von 1 (1675/ 1765 c m 1) und gleichzeitig entsteht die v(NO)Bande von 2-T H F (1645 cm ’) (Abb. 1). Röntgenstrukturanalyse von [ M o ( N H 20 ) (N O ) ( ’S4 ) ] •D M F (2) •D M F Die Struktur von 2 -D M F wurde röntgenstruk­ turanalytisch ermittelt. Abb. 2 zeigt die M olekül­ struktur, in Tab. III sind ausgewählte Abstände und Winkel zusammengefaßt [10]. 1453 D. Sellm ann et al. ■ Ü b ergangsm etallkom plexe mit Schw efelliganden Tab. III. Ausgewählte Abstände [pm] und Winkel [ ’] von 2 • D M F. M o l-S l M o 1- S 2 Mo 1 -S 3 M o 1- S 4 M o l- N 1 M o 1- N 2 Mo 1 -0 1 N l-O l N 2 -0 2 S 1 -C 1 0 S 2 -C 1 5 S 2 -C 1 6 S 3 -C 2 5 S 3 -C 2 6 S 4 -C 2 0 C 1 5 -C 1 0 C 1 1 -C 1 0 C 1 2 -C 1 1 C 13 —C 12 C 1 4 -C 1 3 C 15 —C 14 C 1 6 -C 2 6 248,7(1) 253,8(1) 258,8(1) 246,9(1) 210,3(3) 176,1(3) 205,3(3) 137,5(5) 119,3(4) 175,6(4) 178,0(4) 183,4(4) 177,9(4) 182,6(4) 176,2(4) 140,2(6) 139,4(5) 138,7(6) 137,1(6) 138,0(6) 138,6(5) 150,7(6) O l-M o l-N 1 S l- M o l-N l S 2 -M o l-N 1 S 2 - M o 1 —S 1 S 3 - M o 1- N 2 S 4 -M o l-N l S 4 - M o 1 —S 1 O l-N l-M o l N 2 - M o 1—N 1 S l-M o l-O l 0 2 -N 2 -M o l S 3 - M o 1- N 1 S 3 -M o l-S l S 4 -M o 1 - 0 1 S 4 - M o 1—S 2 N l-O l-M o l N 2 - M o 1- O 1 S 1 - M o 1- N 2 S 2 - M o 1- N 2 S 3 - M o 1- O 1 S 3 -M o l-S 2 S 4 - M o 1—S3 38,6(1) 114,2(1) 164,0(1) 79,5(1) 173,0(1) 87,1(1) 154,0(1) 68,7(2) 95,7(1) 75,7(1) 177,0(3) 89,7(1) 84,0(1) 124,8(1) 77,6(1) 72,7(2) 99,1(1) 97,8(1) 90,3(1) 87,9(1) 83,4(1) 81,3(1) Abb. 2. Molekülstruktur von 2 -D M F. Wie Abb. 2 zeigt, ist in [M o(N H 2C>)(NO)('S4')] das M o-Zentrum von je zwei Thiolat- und Thioether-S-Atomen des 'S4'-Liganden, einem N -A tom der Nitrosylgruppe sowie einem N- bzw. O-A tom des N H 20-Liganden umgeben. Der N H 20-L igand ist side-on an das [M o(NO)('S4')]-Gerüst gebun­ den. Die Koordinationsgeom etrie des [M oN 2OS4]Gerüstes läßt sich als verzerrt pentagonale Bipyramide beschreiben, in der die H auptachse von den S (3 )-M o (l)-N (2 )-A to m en gebildet wird. Das [Mo(NO)('S4')]-Fragm ent des Eduktes 1 bleibt er­ halten, der Ersatz des NO- durch den side-on ge­ bundenen N H 20-L iganden führt jedoch zu einer Verkleinerung des S (l)-M o (l)-S (4 )-W in k e ls von 160,1(3)° in 1 au f 154,0( 1)° in 2 a •D M F. D er m itt­ lere M o -S -A bstand im [Mo'S4']-Gerüst ändert sich bei der R eduktion von 1 (249 pm) zu 2 (252 pm) nur geringfügig; ein ähnlicher m ittlerer Mo - S-Abstand wird auch in [Mo(CO)2(PMe3)('S4')] [11] gefunden, das ebenfalls ein siebenfach koordi­ niertes M o-Zentrum enthält. Die M o (l)- N (l)- sowie M o ( l ) - 0(1)-Abstände der [M o(N H20)]-Einheit von 210,3(3) bzw. 205,3(3) pm beweisen eindeutig die ^-B indung des N H 20-Liganden und entsprechen dabei einer n o r­ malen M o-L -E infachbindung (L = N, O). Der N (l)-0 (1 )-A b sta n d von 137,5(5) pm ist dagegen im Vergleich zu freiem N H 2OH etwas verkürzt (dN_0 (N H 2OH): 147,3 pm" [12]), der N ( l ) M o (l)-0 (l)-W in k e l beträgt 38,6(1)°. Ähnliche [M o(NH20)]-Einheiten wurden auch in anderen Komplexen mit siebenfach koordinierten MoZentren gefunden und sind in Tab. IV zusam m en­ gefaßt. Ein Vergleich der Werte zeigt, daß die W in­ kel und Abstände in der [M o(N H 20)]-Einheit bei Berücksichtigung der Standardabweichung trotz unterschiedlicher Koliganden nahezu invariant sind. Tab. IV. Abstände [pm] und Winkel [°] der [M o(N H ,0)]-E inheit in [M o(N H 2 0 ) vLv]-Komplexen. Kom plex d M o -O d M o -N d N -O < O -M o -N [Lit.] [M 0(N H 2 0 )( N 0 )( 'S 4')] • D M F [M 0 (N H 7 0 )2 (N 0 )(bpy)]Cl 205,3(3) 201,9(4) 204,3(6) 2 0 0 (2 ) 204,8(5) 210,3(3) 210,3(5) 211,2(5) 206(2) 212,5(5) 137,5(5) 140,7(9) 141,2(7) 133(3) 140,4(7) 38,6(1) 39,8(3) 39,7(2) 38(1) 39,3(2) a [M o(N H 2 0)(N O )(p h en ) 2 ]I2 • H 20 • phen (PPh 4 ) 2 [M 0(N H 2 0 ) ( N 0 ) ( N 3)4] • H 20 a Diese Arbeit. 113| 1141 [15] 1454 D. Sellm ann et al. ■ Ü bergangsm etallkom plexe m it Schw efelliganden Die M o (l)-N (2 )- bzw. N (2)-0(2)-A bstände von 2 D M F sind gegenüber den entsprechenden Abständen in 1 verkürzt bzw. aufgeweitet (176,1 (3)/119,3(4) pm gegenüber 183,8/114,5 pm) und weisen d arau f hin, daß bei der Reduktion von 1 zu 2 die M o(N O )-R ückbindung zum verbleiben­ den NO-Liganden verstärkt wird. Das D M F-M olekül ist über eine NH ••• O-Brükke an 2 gebunden (dNH...0 = 184,5 pm und dN...0 = 278,7 pm). Die Orientierung zum N H 20-L iganden stützt die Ergebnisse der Fourier-Differenzsynthese und die daraus ermittelten Lagen der H-Atome am N H 20-Liganden. N M R -Spektren PP " 1 150 Die röntgenographischen U ntersuchungen von Einkristallen und Pulvern bewiesen, daß 2 D M F bei der K ristallisation als einheitliche Substanz, und nicht als Gemisch verschiedener Stereoisome­ re erhalten wird. Wie die N M R -Spektren von 2 D M F jedoch zweifelsfrei ergaben, m uß sich in Lösung ein zwei­ tes Stereoisomer von 2 bilden. Die nachstehend ge­ schilderten Ergebnisse lassen sich plausibel nur mit der Bildung des Stereoisomers 2 a vereinbaren. Die Gegenüberstellung beider Isomere (Abb. 3) zeigt, daß sie sich in der Stellung des side-on gebundenen N H 20-L iganden zum [M o(NO)('S4')]-Gerüst un­ terscheiden. s ¥ I \ ^ | nh2 & 2 auch 2a zugegen ist. Beobachten lassen sich bei R aum tem peratur (Abb. 4) zwei Sätze von jeweils 14 Signalen, wobei vier Signale den C2H 4-Brücken der 'S4'-Liganden und 24 Signale den entsprechen­ den aromatischen C-Atomen zuzuordnen sind. ° 2a Abb. 3. Stereoisomere von [M o(N H 2 0 )(N O )('S 4')]. Weil beide Isomere nur C,-Symmetrie besitzen, sind alle Atom e magnetisch nicht äquivalent. Weil außerdem beide Isomere zueinander diastereomer sind, lassen sich in den N M R -Spektren für Isomer 2 auch andere chemische Verschiebungen als für Isomer 2 a erwarten. Im 13C -N M R -Spektrum von 2 sind 14 Signale zu erwarten; die Zahl sollte sich verdoppeln, wenn 100 50 Abb. 4. 1 3 C-NM R-Spektrum von [M o(N H iO)(NO)('S4')]• D M F bei Raumtemperatur in D 8-THF (x = D M F , O = TH F). Ebenso deutlich ist das Auftreten von zwei Iso­ meren im 'H -N M R -Spektrum zu erkennen. Hier sind es die N H -Protonen (Abb. 7), die ein charak­ teristisches M uster ergeben. Bei Anwesenheit nur eines Stereoisomers sind für die beiden magnetisch nicht äquivalenten N H -Protonen zwei Signale zu erwarten, die durch K opplung untereinander auf­ gespalten sein können, bei Anwesenheit beider Ste­ reoisomere jedoch vier Signale. Beobachtet werden für 2 ebenso wie für 2 T H F und 2 D M F jeweils vier Dubletts im Bereich von 8,5 bis 9,2 ppm. Sie besitzen zunächst paarweise unterschiedliche, nach einigen Stunden jedoch gleiche Intensität und sind aufgrund des (H ,H )-CO SY 45-Spektrum s (Abb. 5) den beiden AB-Systemen der Isomere 2 und 2 a zuzuordnen. Wie Abb. 5 zeigt, koppeln ausschließlich die NH-Signale I und II bzw. III und IV paarweise m iteinander (2y(H j/H n) = 4,6 Hz; 2</(Hin/H IV) = 5,7 Hz); weiterhin belegen die ähnlich großen K opplungskonstanten der N H AH B-Systeme in 2 bzw. 2 a die jeweils ähnliche elektronische Um ge­ bung der N H -Protonen in beiden Isomeren. Im 14N -N M R-Spektrum ist nur ein Signal bei -354,0 ppm zu erkennen, das hochaufgelöste 2D -Invers(N ,H )-Spektrum (Abb. 6) zeigt jedoch zwei ,5N(NH)-Signale bei -355,0 und -356,5 ppm. Die zusätzlich beobachtete Kopplung der 'H(NH)-Signalpaare I/II bzw. III/IV mit je einem ,5N(NH)-Signal beweist, daß an die beiden ver- D. Seilm ann et al. ■ Ü bergangsm etallkom plexe m it Schwefelliganden Oo OCX Xd D DO Abb. 5. (H, H)-COSY45-Spektrum von [M o(N H 2 0)(N O )('S 4')] ■D M F bei Raumtemperatur in D 6 -D M SÖ . schiedenen N-A tom e jeweils zwei H-Atome ge­ bunden sind. Im 95M o-Spektrum (17,061 MHz) ist nur ein breites Signal bei -3 9 5 ppm zu beobachten. Die große Halbwertsbreite dieses Signals von 760 Hz dürfte einerseits eine Auflösung der erwarteten zwei Mo-Signale verhindern, zeigt aber andererI ZI III Abb. 6 . 2 D-Invers(N, H)-Spektrum von [M o(N H 2 0)(N O )('S 4')] • D M F bei Raumtemperatur in D -D M S Ö . 1455 seits wie das (H, H)-COSY45-Spektrum , daß beide M o-Zentren eine sehr ähnliche chemische Um ge­ bung aufweisen müssen und sich wahrscheinlich nur durch die Stellung des N H 20-L iganden in be­ zug auf das [Mo(NO)('S4')]-Fragment unterschei­ den. Folgende Beobachtungen sprechen dafür, daß die Bildung des Isomers 2 a aus 2 erst beim Auf­ lösen von 2 eintritt: 1) Die röntgenographischen Ergebnisse bewie­ sen die Existenz nur eines Stereoisomers im Fest­ zustand. 2) Wie oben erwähnt, weisen die NH-Signale im 'H -N M R -Spektrum bei R aum tem peratur zu­ nächst paarweise verschiedene Intensität auf, um nach einigen Stunden in vier Signale gleicher In­ tensität überzugehen. Wir haben deswegen 2 zwischen - 5 0 und + 85 °C in D 7-D M F 'H -N M R -spektroskopisch vermessen und die Veränderungen der Signale un­ tersucht. Um eine vorzeitige Isomerisierung zu verhindern, wurde festes 2 D M F bei —70 °C mit D 7-D M F überschichtet und das N M R -R öhrchen im Spektrom eter langsam erwärmt. Bei - 5 0 °C und beginnender Auflösung von 2 waren zunächst drei Signale zu beobachten. Wie Abb. 7 a zeigt, weisen zwei Signale gegenüber dem dritten Signal sehr geringe Intensität auf. Das Spektrum läßt sich dam it deuten, daß tatsächlich zunächst nur ein einziges Isom er vorhanden war, das das intensive Signal ergibt. Wie sich beim Er­ wärmen der Probe zeigte, besteht es aus zwei nicht­ aufgelösten Einzelsignalen. Das zweite Isomer er­ zeugt die Signale bei 9,25 und 9,50 ppm. Es kann sich erst nach dem Auflösen von 2 gebildet haben, wie das W achsen dieser Signale bei steigender Tem peratur und zunehmender Meßzeit zeigt. Abb. 7 b zeigt die Aufspaltung des intensiveren Signals bei 9,10 ppm. In Abb. 7c ist zu erkennen, daß sich beide Signalgruppen gegeneinander ver­ schieben. Dies ist ein weiterer Beweis, daß zwei Diastereomere vorliegen. Abb. 7d zeigt das Spek­ trum bei 22,5 °C. Nach weiterem Aufheizen bis 75 °C sind dann nur noch zwei breite Signale zu er­ kennen, beim W iederabkühlen auf 22,5 °C wird das ursprüngliche Spektrum zurückerhalten; es dauert jedoch etwa 2 h, bis die Signale wieder glei­ che Intensität aufweisen. Ein ebenfalls bei 75 °C aufgenommenes 13CN M R -Spektrum zeigt immer noch die zwei Sätze D. Sellm ann et al. • Ü bergangsm etallkom plexe m it Schw efelliganden 1456 Für die Um wandlung von 2 in 2 a in Lösung sind wahrscheinlich die in 2 -D M F röntgenogra­ phisch nachgewiesenen W asserstoffbrücken ent­ scheidend. Sie erklären auch, daß sich 2 nur in stark polaren Lösungsmitteln löst. In Lösung dürfte 2 nicht nur von einem Solvensmolekül wie im Festkörper, sondern von einem Lösungsm ittel­ käfig umgeben sein. Bei einer U m ordnung des N H 20-Liganden wären dann im Stereoisomer 2 a an der entsprechenden Stelle schon Solvensmoleküle vorhanden, um zu den N H 2-Protonen neue H-Brücken auszubilden. Dies könnte den Energie­ unterschied zwischen 2 und 2 a nivellieren, der möglicherweise für das Auskristallisieren von 2 als Solvat verantwortlich ist. Diskussion der Bildungsmechanismen 9 .5 9 .0 8 .5 ppm Abb. 7. 'H -N M R-Spektrum von [M o(N H 2 0 )(N O )('S 4')] D M F in D r D M F in A bhängig­ keit von der M eßzeit t [min] und Temperatur T [°C]. von jeweils 14 Signalen. ’H -N M R-Spektren bei Tem peraturen oberhalb von 85 °C weisen au f be­ ginnende Zersetzung hin. Wir deuten diese Beobachtungen folgenderm a­ ßen: 1) Bei der Kristallisation von 2-D M F kristalli­ siert nur das röntgenographisch charakterisierte Isomer aus. Seinen N H -Protonen kann das inten­ sive unaufgelöste Signal bei 9,2 ppm (- 5 0 °C) zu­ geordnet werden. 2) Beim Auflösen von 2 bildet sich langsam das Isomer 2 a durch U m ordnung des N H 20-L iganden. 3) 'H - und 13C -N M R-Spektren bei 75 °C bewei­ sen, daß bei dieser Tem peratur beide Isomere noch nebeneinander vorliegen und ihre Um wandlung ineinander gegenüber der N M R -Zeitskala immer noch langsam ist. Die jeweils verschiedenen NHProtonen beider Isomere werden durch entweder inter- oder intram olekularen Austausch äquiva­ lent. Eine Um wandlung von NO- in N H 20-Liganden durch reversible Protonierungsreaktionen war be­ reits früher an Vanadium-Komplexen beobachtet worden. Die für die N O -Reduktion benötigten Elektronen stammen dabei vom M etall [16], und die NO —> N H 20-U m w andlung ist als intram ole­ kulare Redoxreaktion zu betrachten, die durch Protonen induziert wird. U nbekannt w ar dagegen bisher die Reduktion von NO- zu N H 20-K om plexen, bei der die Reduktionselektronen von außen zugeführt werden müssen. Bei der elektrochemi­ schen Reduktion von [M (tby)(bpy)(N 02)]+ (M = Ru, Os) wurden zwar Zwischenstufen beobachtet, die mit der Bildung von [M (tby)(bpy)(NHxO)]2+ (X = 1,2) erklärt werden, bislang jedoch nicht iso­ lierbar waren [17]. Somit ist die Um setzung von 1 zu 2 unseres Wissens das erste Beispiel für die Re­ duktion eines Nitrosyl- in einen HydroxylaminylKomplex. Von grundsätzlicher Bedeutung für das Ver­ ständnis des Reduktionsmechanismus und für die Bezeichnung des N H 20-Liganden ist die Frage, ob bei der NO —> N H 20-U m w andlung auch M etall­ elektronen beteiligt sind. Den 95M o-NM R-V erschiebungen von 1 (-5 1 2 ppm) und 2 (-3 9 5 ppm) zufolge ändert sich bei der R eduktion gemäß Gl. (1) bzw. (2) die Oxidationsstufe des Mo-Zentrums praktisch nicht, das somit in beiden Fällen als M o(II) betrachtet werden kann. Die Differenz von 117 ppm in den 95M o-Spektren ist klein, wenn man bedenkt, daß die 95Mo-Verschiebungen von Mo(II)-Komplexen einen Bereich von ca. 2000 ppm überstreichen [18]. Ähnliche <5-Werte D. Seilm ann et al. - Ü bergangsm etallkom plexe mit Schwefelliganden wie bei 1 und 2 werden auch bei anderen [Mo(II)('S4')]-Komplexen, z. B. [Mo(CO)2(PMe3)('S4')] [11] beobachtet. Das 15e-Fragment [M o(NO)('S4')j wird somit in 1 durch den 3e-D onator |N ==0| und in 2 isoelek­ tronisch durch den 3e-D onor H 2N - Ö | unter Bil­ dung von 18e-Spezies stabilisiert (Schema 1). Der N H 20-L igand ist daher als Hydroxylaminyl-Ligand zu bezeichnen. n ^ V_^s 1 8e :m ,s ^ | \ ? V ^ s nh2 1 8e Schema 1. Stabilisierung des 15e-Fragments [M o(NO )('S4')] durch N O - bzw. N H 2 0-L iganden. Von Interesse für den Reaktionsmechanismus ist die Frage, an welcher Stelle von 1 die Nukleo­ phile N aB H 4 bzw. N 2H 4 angreifen, um die Reduk­ tion von 1 einzuleiten. Zwei Alternativen sind da­ bei zu diskutieren: 1) Ein nukleophiler Angriff an einem der beiden NO-Liganden oder 2) ein nukleophiler Angriff am M o-Zentrum. Weil hohe v(NO)-Frequenzen bzw. ein elektrophi­ ler C harakter der NO-Liganden als Voraussetzung für nukleophile Angriffe gelten [19] und das [M o(NO)('S4')]-Gerüst offensichtlich leicht seine K oordinationszahl von sechs in 1 au f sieben in 2 erhöhen kann, halten wir die zweite Alternative für wahrscheinlicher. D anach könnte bei der Reduktion von 1 mit überschüssigem N atrium borhydrid gemäß Gl. (4) ein H ydrid-Ion am M o-Zentrum angreifen, wobei sich gleichzeitig ein NO-Ligand abwinkelt und for­ mal nur noch als le-D onor fungiert. Protonierung des abgewinkelten NO durch das Lösungsmittel M eOH, 2e-Ü bertragung vom Hydrid-Ion auf das Metall bzw. den NHO -Liganden, W anderung des resultierenden H +-Ions und Besetzung der siebten Koordinationsstelle durch das O-Atom des N H 20-L iganden ergeben anschließend 2. X o^T h I HH (M eO H) N -0 (4) I ^N O I NHO Im Prinzip analog kann die Reaktion mit N 2H4 nach Gl. (5) ablaufen. 2f o * -NO v __ S1 2 2 + N, NO _NO -NO H * ;m \ ^ N H 20 r? o I ' 'Nn (N aB H 4) n 1 5 e -F r a g m e n t c~s £ > ! oC ’n0 I o r -NO U NO 1457 n ,h 4 I ^N ° Ns I IM o - n h j- n h ^ - M o * 1 N 0 Ö ^ I (5) Weil bei der Reaktion das Hydrazin stöchiome­ trisch in N 2 umgewandelt wird und 1,1-Dimethylhydrazin nicht mit 1 reagiert (vgl. Gl. (3)) bildet sich möglicherweise sogar interm ediär ein zweiker­ niger Hydrazin-Komplex. Nachfolgende gekop­ pelte Übertragungen von jeweils zwei Elektronen und zwei Protonen auf jeweils einen NO-Liganden an jedem M o-Zentrum liefern N 2, das abgespalten wird. Die dabei entstehenden freien K oordina­ tionsstellen an den M o-Zentren werden dann von den O-Atomen der N H 20-L iganden besetzt. Es ist bemerkenswert, daß im Gegensatz dazu bei NO-Komplexen mit Metallen, die nicht zur Er­ höhung der Koordinationszahl > 6 neigen, mit N 2H4 häufig nur le-R eduktion stattfindet, wie wir kürzlich z. B. für das [Fe(N O )('N HS4')]+’°-Paar und ähnliche Verbindungen gezeigt haben [20]. Zusammenfassung Die Ergebnisse zeigen, daß bei der Reaktion von [Mo(NO)2('S4')] (1) mit N aB H 4 oder N 2H 4 ein NOin einen side-on gebundenen N H 20-L iganden um ­ gewandelt und [Mo(//2-N H 20)(N O )('S 4')] (2) gebil­ det wird. 2 liegt im festen Zustand als einheitliches Stereoisomer vor, das in Lösung durch U m ord­ nung des N H 20-L iganden ein zweites Stereoiso­ mer 2 a bildet. 2 und 2 a stehen m iteinander im Gleichgewicht. Die R eduktion von 1 zu 2 ist ein gekoppelter 2 e“ - 2 H +-Prozeß und das erste Bei­ spiel für die Reduktion eines NO- zu einem N H 20 Komplex. Die R eduktion von Nitrosyl- zu Hydroxylaminyl-Liganden in isolierbaren Komplexen ist eine wichtige M odellreaktion für das Verständnis der 1458 D. Sellm ann et al. ■ Ü bergangsm etallkom plexe m it Schw efelliganden N itrat —> A m m oniak-Konversion im biologischen Stickstoffkreislauf. Die Um wandlung von 1 in 2 zeigt, daß die Reaktion von der NO- zur N H 2OHStufe in Metallenzymen unter milden Bedingun­ gen dann begünstigt sein sollte, wenn das M etall­ zentrum von Schwefelliganden umgeben ist und leicht seine Koordinationszahl wechseln kann. Diese Untersuchungen wurden von der D eut­ schen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemischen Industrie unterstützt, wofür wir auch an dieser Stelle herzlich danken möchten. [1] LXIX. Mitteilung: D. Sellmann, B. Seubert, W. Kern, F. K noch und M. M oll, Z. Naturforsch. 46b, 1435(1991). [2] a) E. I. Stiefel, Prog. Inorg. Chem. 22, 1 (1977); b) W. E. N ew ton, in A. Müller und B. 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