KLETTERN 1 of 3 http://www.medical-tribune.de/patienten/aktionen/der_richtige_sport/f... Monday, 01.12.2008, 14:35 Uhr Tools Eltern-Ecke Teenager Krankheiten Gesundheitstipps Im Blickpunkt Stellenmarkt Kliniksuche Sportklettern ist ein körperlich und mental anspruchsvolles und effektives Training. Zu kalt für Sport? Drinnen klettern! Beim Blick aus dem Fenster vergeht vielen Freizeitsportlern zu dieser Jahreszeit die Laune. Denn wer nicht gerade ein begeisterter Fitnessstudiogänger ist, hat in den kalten Monaten nur sehr eingeschränkte Trainigsmöglichkeiten. Bevor Sie aber gänzlich zum winterlichen Stillstand kommen, mache ich einen Vorschlag: Gehen Sie doch mal mit ein paar Freunden in die Kletterhalle! Das Klettern stellt für den Menschen einen natürlichen Bewegungsablauf dar. Aus Sicht der Evolution ist es noch gar nicht so lange her, dass wir „vom Baum gestiegen“ sind. Jedes normal entwickelte und gesunde Kind will unwillkürlich auf Bäume, Zäune und Klettergerüste krabbeln. Doch mit der Zeit geht beim modernen Menschen der Klettertrieb verloren – mit Ausnahmen. Zum Klettern bedarf es nicht viel: ein gewisses Maß an Sportlichkeit sowie einen Gurt, ein Seil und das Grundwissen der Sicherungstechnik – das allerdings ist sehr wichtig. Denn wer sich in die Höhe begibt, sollte dies nur mit Seil und Gurt gesichert tun, am Fels genauso wie in der Halle. Sie denken jetzt bestimmt: „In der Halle?“ Richtig: Das Schöne am Klettern ist eigentlich der Aufenthalt in der Natur, und keine Kletterhalle kann das ersetzen. Trotzdem gibt es Gründe, die für die Halle sprechen: Klettern in der Halle ist unabhängig von Wetterverhältnissen und Tageszeit möglich. Jeder findet hier den Schwierigkeitsgrad, der ihn im richtigen Maß fordert. Durch häufigeres Klettern, auch am eigenen Limit, können Erfahrungen gesammelt werden, die am Fels von Nutzen sind. Klettern in der Halle birgt ein sehr geringes Unfallrisiko. Beweglichkeit kommt automatisch Aktive Beweglichkeit gilt als Voraussetzung für kraftsparendes und elegantes Klettern. Der Witz dabei: Allein durch die Tätigkeit des Kletterns selbst passt sich der Körper schon in einem gewissen Grad an die im Sportklettern erforderliche Beweglichkeit an – ohne spezielles Training. Die aktive Beweglichkeit wird somit bereits über das Erlernen 01/12/2008 14:41 KLETTERN 2 of 3 http://www.medical-tribune.de/patienten/aktionen/der_richtige_sport/f... der Klettertechniken gesteigert und verbessert außerdem noch Ihre Motorik in Alltagssituationen. Muskelkraft wird gefordert Neben der Beweglichkeit erfordert das Klettern aber auch Kraft, und zwar quasi in allen Muskeln des Körpers. Bei den ersten Kletterversuchen zeigen sich schnell die persönlichen Schwachstellen. Häufig werden auch Verspannungen und Fehlbelastungen spürbar. Besonders intensiv gefordert sind die Finger- und Handmuskulatur, die Unterund Oberarmmuskulatur, die Schulter- und Rumpfmuskulatur sowie die Beinmuskulatur. Vertrauen in den Partner und in sich selbst Jeder Sportkletterer bildet zusammen mit einem Kletterpartner ein Team: Einer klettert, einer sichert. In einer Seilschaft muss zwischen den Partnern unbedingt Vertrauen bestehen, denn der Sichernde hält Leben und Gesundheit des Kletternden in seinen Händen: Wenn Fehler beim Sichern passieren, haben sie meistens fatale Folgen. Verantwortung ist hier direkt spür- und erfahrbar. Und anderseits lernt auch der Kletternde, seinem Kletterpartner zu vertrauen. Klettern erfordert also das Sich-Öffnen anderen Personen gegenüber: Jemandem Vertrauen auszusprechen bedeutet, seine Fähigkeit anzuerkennen. Und Verantwortung zu übernehmen heißt, sich der Aufgabe gewachsen zu fühlen. Therapie und Reha für Bewegungsapparat Klettern besteht vornehmlich aus zielgerichteten Bewegungen, die den gesamten Bewegungsapparat beanspruchen. Dadurch müssen auch jene Teile des Körpers eingesetzt werden, die sonst nur eingeschränkt benutzt werden. Bewegungsmuster, die dem Körper nicht mehr präsent waren, werden aktiviert, die Muskulatur wird aufgefordert, sich aus den bestehenden krankhaften Spannungen herauszuarbeiten. Deswegen ist Klettern auch eine ideale Ergänzung zu einer Rehabilitationstherapie. Dabei ist es nicht nur eine im Moment gesundheitsfördernde Maßnahme, sondern es führt über die Zeit der Rehabilitation hinaus zu langfristigen Verhaltensänderungen: Klettern ist ein ganzheitlich körperliches Training und dient deswegen zur Behandlung von Gelenken und Stützapparat (das aus Knochen, Knorpeln, Bändern, Sehnen und Muskeln bestehende feste Gerüst des Körpers). Nach Operationen oder Unfällen bzw. durch Bewegungsmangel verloren gegangene Bewegungsmuster werden neu aktiviert. Die Koordination der Muskelabläufe verbessert sich. Klettern als mentale Therapie Geschult werden beim Klettern ganz gezielt auch „Nerven“ und Koordination: Schließlich stellt Klettern letztlich so etwas wie einen Überlebenskampf dar. Durch den gleichzeitig anspruchsvollen Bewegungsablauf wird der „Bergsteiger“ mental gefordert. So kommt es automatisch zu einer Verbesserung der Körperwahrnehmung und positiven Konditionierung. Die Förderung des Konzentrationsvermögens und die Notwendigkeit eines strategischen Ansatzes macht man sich übrigens auch in der Therapie von hyperaktiven Kindern zu Nutze. Genauso wie die Stärkung des Selbstvertrauens und die Schulung des sozialen Verhaltens Grund für Klettereinsätze in der Erlebnispädagogik sind. Außerdem kann Klettern bei folgenden Störungen therapeutisch eingesetzt werden: Angstblockaden Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörungen Beziehungsprobleme in Partnerschaft oder Familie 01/12/2008 14:41 KLETTERN 3 of 3 http://www.medical-tribune.de/patienten/aktionen/der_richtige_sport/f... psychomotorische Entwicklungsstörungen Persönlichkeitsstörungen wie Zwangsverhalten oder Ess-Störungen emotionale Störungen Abhängigkeiten zu Suchtstoffen Übrigens: Auch wer sich völlig gesund fühlt, kann viel Spaß am Klettern haben! Wie anfangen? Wenn die grundlegenden Sicherungstechniken beherrscht werden, kommt es beim Klettern in der Halle relativ selten zu Unfällen. Dafür ist es aber unbedingt erforderlich, einen Sportkletter-Grundkurs zu besuchen. Hier werden die wichtigsten Sicherungstechniken vermittelt und geübt. Die meisten Kletterhallen bieten solche Kurse zu überschaubaren Preisen an. Die nötige Ausrüstung für den Anfängerkurs kann man sich übrigens meistens in der Halle ausleihen. Ob es in Ihrer Nähe eine Klettermöglichkeit gibt, können Sie leicht im Internet herausfinden. Von Juraj Gubi, Berater für Ernährung und Fitness aus Saulheim Unter fachlicher Mitwirkung von Detlef Gerhardt, Leiter der Kletterhalle in Nieder-Olm, Rheinhessen Foto: irisblende.de 01/12/2008 14:41