2.1.1 Kopf-Hals

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1.2.3 | 9
Neue Wege in der antibiotischen Therapie bei
Patienten mit Fieber in Neutropenie?
R. Berner, Abt. Allg. Kinderheilkunde mit Poliklinik, Universitäts-Kinderklinik Freiburg i.Br.
Infektiöse Komplikationen gehören zu den wichtigsten Ursachen von
Morbidität bei Patienten unter intensiver Chemotherapie oder nach Knochenmarktransplantation. Die Mehrzahl der Infektionsereignisse präsentiert sich klinisch als Fieber unklarer Ursache in Neutropenie. In den seltensten Fällen jedoch gelingt ein Keimnachweis in der Blutkultur, so dass
sich die antibiotische Behandlung auf ein empirisch ermitteltes Therapieregime stützen muss. Das mittlerweile 20 Jahre alte Konzept, eine antibiotische Behandlung neutropenischer Patienten bereits bei Fieberbeginn
einzuleiten, hat zu einem dramatischen Rückgang der infektionsbedingten Letalität geführt. Allerdings hat sich in den letzten Jahren durch eine
erhebliche Verschärfung der Therapieintensität bei bestimmten Erkrankungen als auch durch eine Zunahme von Resistenzen bei gramnegativen
und grampositiven Erregern die Situation wesentlich verändert. Zudem
steht das Gesundheitswesen unter einem enormen Kostendruck. Dies
zwingt zu einem kritischen Überdenken bisheriger Strategien. Einige
Aspekte sind hier von besonderer Bedeutung: in allererster Linie muss
sich die antibiotische Therapie nach der Gefährdung des Patienten ausrichten. Diese hängt sehr stark von der Therapieintensität der Grunderkrankung als auch von der Therapiephase ab. Die Dauer der Knochenmarksaplasie bestimmt wesentlich das Risiko für infektiöse Komplikationen. Weiterhin muss die lokale Resistenzsituation berücksichtigt werden.
Wähend der Einsatz hochwirksamer Antibiotika für besondere Risikogruppen notwendig bleibt, ist eine ambulante Therapie durch Einmalgabe
parenteraler Antibiotika oder die orale Applikation bei Patienten mit niedrigem Risiko möglich. Weitere Perspektiven zur Therapiesteuerung ergeben sich heute durch neue Parameter zur Beurteilung des Ausmaßes des
Entzündungsprozesses. Die Messung bestimmter Interleukine im Serum
erlaubt es möglicherweise in Zukunft Entscheidungen über notwendige
Modifikationen oder auch Beendigung der antibiotischen Therapie u.a.
auf dem Boden von Labormesswerten zu treffen. Darüberhinaus sind
Ansätze, das individuelle Risiko eines Patienten für schwere infektiöse
Komplikationen über Grunderkrankung und Chemotherapie hinaus durch
die Analyse von genetischen Polymorphismen zu bestimmen, in Erprobung. Sie könnten möglicherweise in Zukunft weitere wichtige Hinweise
zur Therapiesteuerung geben. Zusammengefasst erscheint es heute sinnvoll und möglich, durch eine Individualisierung der antiinfektiösen Therapie bei Patienten mit Fieber in Neutropenie die bisher geübte Praxis
schematisierter Behandlungsstrategien mehr und mehr abzulösen.
10
2.1.1 Kopf-Hals-Tumoren
2.1.1 | 1
Die Bedeutung des prätherapeutischen Stagings
beim Mundhöhlenkarzinom: Therapieentscheidende Diagnostik oder übertriebener
diagnostischer Aufwand?
C. Siegmund, S. Swaid, Abt. Klinik und Poliklinik für Mund-,
Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinik für Zahn-,
Mund- und Kieferheilkunde, Freiburg i.Br.
Das prätherapeutische Staging muss möglichst ausführlich durchgeführt
werden, da von den Ergebnissen dieser Maßnahmen die Festlegung des
Therapiekonzeptes abhängt.
Die Mundhöhlenkarzinome metastasieren selten hämatogen, trotzdem
sollte routinemäßig vor einer geplanten Therapie eine Fernmetastasierung ausgeschlossen werden. Bei den betreffenden Patienten werden deshalb regelmäßig Oberbauchsonographien, Röntgenthorax und eine Ganzkörperknochenszintigraphie durchgeführt. Da diese Patienten in ca. 30%
der Fälle einen Zweittumor vor allem im oberen Gastrointestinaltrakt und
Bronchialsystem haben, sollte eine Panendoskopie, eine Gastroskopie
und eventuell eine Bronchoskopie durchgeführt werden. Weiterführende
diagnostische Maßnahmen sind bei unauffälligen Befunden nicht notwendig. Eine Computertomographie vom Thorax, Kernspinaufnahmen,
PET- und SPECT-Untersuchungen sollten erst zum Einsatz kommen,
wenn weitere Abklärungen auffälliger Befunde notwendig sind.
Der Hauptmetastasierungsweg der Mundhöhlenkarzinome ist lymphogen. Unter den Halslymphknoten sind dabei die submandibulären
Abflussstationen am häufigsten befallen. Im Rahmen des Tumorstagings
müssen deshalb die Lymphknotenstationen sorgfältig untersucht werden.
Dies geschieht im Anschluss an die klinische Palpation routinemäßig
unter Anwendung der Sonographie zur Erstellung eines Halslymphknotenstatus und der Computertomographieuntersuchung des Halsbereiches.
Diese diagnostischen Maßnahmen sind meistens ausreichend, um den
Gesamtlymphknotenstatus zu beurteilen.
Neben dem klinischen Untersuchungs- und Palpationsbefund ist die
Computertomographie ein wichtiges diagnostisches Mittel, um die Größe
und lokale Ausbreitung des Tumors zu beurteilen. Um eine lokale Knocheninfiltration auszuschließen, werden konventionelle Röntgenaufnahmen und die Knochenszintigraphie regelmäßig eingesetzt. Neuere bildgebende Verfahren sind im Versuchsstadium.
2.1.1 | 2
N0-Hals-diagnostische Neck-dissection versus wait
and see
J. Schipper, N, Marangos, W. Maier, Abt. Hals-, Nasen- und
Ohrenheilkunde, Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und
Ohrenheilkunde und Poliklinik, Freiburg i.Br.
Abwarten und Beobachten bei Patienten mit Karzinomen des oberen
Aerodigestivtraktes und einem N0-Halslymphknotenstatus gilt als
umstritten. 121 Patienten mit pT1- oder pT2-Karzinomen des oberen
Aerodigestivtraktes und einem sonographisch klassifizierten N0-Lymphknotenstatus, bei denen ausschließlich eine transorale lasermikrochirurgische Sanierung des Primärtumors ohne Neck-dissection oder Strahlentherapie erfolgte, wurden hinsichtlich der lokoregionären Rezidivwahrscheinlichkeit und der Überlebenswahrscheinlichkeit in einem
Zeitraum von 18 bis 36 Monaten nachkontrolliert. Bei 30 Patienten fanden sich sekundär sonographisch Halslymphknoten. In diesen Fällen
erfolgte eine metachrone kurative Neck-dissection. Bei 8 dieser 30 Patienten wurden histologisch Lymphknotenmetastasen nachgewiesen – bei
6 Patienten in Verbindung mit einem Lokalrezidiv – mit einer Gesamtüberlebenswahrscheinlichkeit von 1 und einer Wahrscheinlichkeit für die
lokoregionäre Rezidivfreiheit von 0,95 bis 0,6 in Abhängigkeit von der
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onsmöglichkeit bieten. Influenzavirusinfektionen nehmen bei Immunsupprimierten häufig einen lebensbedrohlichen Verlauf. Die jährliche
Impfung ab dem 1. Jahr nach Transplantation sollte daher in jedem Fall
durchgeführt werden. Zu einem früheren Zeitpunkt ist die Impfung nicht
effektiv. Zum Schutz der Patienten sollten daher Familienangehörige und
Krankenhauspersonal immunisiert werden.
Die Impfungen gegen Hepatitis B, Tetanus, Diphtherie und Polio (inaktiviert) können ab dem 6. Monat nach Transplantation verabreicht werden.
Generell wird eine neue Grundimmunisierung für Stammzelltransplantierte empfohlen.
Lebendimpfstoffe (Masern, Mumps, Röteln, Varizellen) dürfen in den
ersten 24 Monaten nach Transplantation und bei GvHD nicht verabreicht
werden.
2.1.1 | 3
Freiburger Konzept zur Radiotherapie beim
Plattenepithel-Karzinom im Kopf-Hals-Bereich
R. Guttenberger, Abt. Strahlentherapie, Radiologische
Universitätsklinik Freiburg i.Br.
Retrospektive Daten aus Freiburg zeigen in Übereinstimmung mit Literaturberichten, dass neben dem TNM-Stadium der Haemoglobinwert vor
Radiotherapie (RT) der entscheidende prognostische Faktor ist. Dies gilt
sowohl für die lokoregionäre Tumorkontrolle als auch für das Gesamtüberleben. Eine weitere Arbeit aus Freiburg legt nahe, dass der Hb-Wert
nicht nur bei primärer RT sondern auch bei ausschließlicher Operation
von prognostischer Bedeutung ist. Es ist deshalb kaum überraschend,
dass bei postoperativer RT der Hb-Effekt besonders ausgeprägt ist.
Die Indikation zur primären RT besteht bei inoperablen Tumoren, Kontraindikationen gegen eine Operation bzw. Ablehnung der Operation
durch den Patienten. Ein besseres funktionelles Ergebnis lässt ebenfalls
an eine kurative RT denken. Dies gilt insbesondere bei großen Karzinomen der Lippe (>2 cm), bei Befall des Lippenwinkels, bei ZungengrundCa., bei Larynx- und Hypopharynx-Ca, sowie generell bei allen Nasopharynx-Ca. Bei fortgeschrittenen Tumoren ist individuell zu entscheiden, ob für den Funktionserhalt ein Kompromiss bei der kurativen
Chance eingegangen werden soll.
Bei primärer RT besteht eine klare Dosis-Effekt-Beziehung. Dabei verbessert eine Dosiserhöhung um ein Prozent die Heilungschance um 1 bis
2 Prozentpunkte. Deshalb gilt es, allen makroskopischen Tumormanifestationen die höchstmögliche Gesamtdosis zu verabreichen unter
gleichzeitiger Schonung kritischer Normalgewebe. Dies wird durch ständige Weiterentwicklung in der Bestrahlungsplanung immer besser
erreicht. Auch führt eine Verkürzung der Gesamtbehandlungszeit zu signifikant besseren Ergebnissen.
Risikoadaptierte Behandlung:
1. Anämische Patienten: Derzeit läuft eine von Freiburg ausgehende internationale Studie, in der doppelblind untersucht wird, ob Erythropoetin
die Ergebnisse der RT bei anämischen Patienten mit Karzinomen des
Kopf-Hals-Bereichs verbessern kann. Unter Studienmedikation kommt
eine konventionelle RT mit 5*2 Gy pro Woche bis zu einer Gesamtdosis
von 60 Gy (postoperativ) bzw 70 Gy (primäre RT) zum Einsatz.
2. Patienten mit normalem Hb erhalten derzeit als primäre RT 70,6 Gy
mit 5-FU (600mg/m2 als Dauerinfusion, Tag 1–5) und Mitomycin C
(10mg/m2 als i.v. Bolus, Tag 5 und 36) in 40 Tagen. Diese akzelerierte
simultane Radiochemotherapie hat sich in einer ARO-Studie bewährt, die
allerdings noch nicht endgültig ausgewertet ist.
Die Indikation zur postoperativen RT besteht bei fortgeschrittenen Tumoren (pT3/T4 oder pN+) auch nach R0-Resektion, bei pT1/T2 pN0 falls
nicht im Gesunden reseziert wurde, bzw. der Sicherheitsabstand als zu
knapp erscheint.
Das Zielvolumen enthält das gesamte Op-Gebiet sowie mögliche Ausbreitungswege. Die Dosis bestimmt sich aus der vermuteten Anzahl der
zu sterilisierenden Tumorzellen. Während Ausbreitungswege, die nach
sorgfältiger Diagnostik ohne Tumornachweis sind, mit 50 Gy ausreichend versorgt sind, sollten alle Op-Narben 60 Gy erhalten. Im Bereich
positiver Schnittränder oder kapselüberschreitenden Lymphknotenbefalls
wird die Dosis weiter erhöht. Dies geschieht mit einem kleinvolumigen
«Boost».
Eine Freiburger Besonderheit ist die intraoperative RT bei MundhöhlenCa mit einem Durchmesser zwischen 2 und 4 cm. Sie erfolgt am Ende
einer Radikaloperation, falls eine konventionelle Strahlentherapie nicht
indiziert ist (Schnellschnitt: pN0, R0). Die Wertigkeit dieser speziellen
Technik wird in einer randomisierten Studie weiter untersucht.
2.1.1 | 4
Funktionserhaltende transorale Tumorresektion
mit dem CO2-Laser
G. Pabst, B. Bosch, C. Daxer, J. Schipper, N. Marangos
Abt. Allgemeine Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde mit Poliklinik,
Freiburg i.Br.
In einer retrospektiven Studie wurden Patienten der HNO-Universitätsklinik untersucht, bei denen transorale Tumorresektionen mit dem Laser
im Bereich des Hypopharynx und Larynx von 1994 bis 1999 durchgeführt wurden.
Die Methodik, Vorteile, Gefahren und Komplikationsmöglichkeiten der
funktionserhaltenden Laserchirurgie sowie die klinischen Ergebnisse
werden diskutiert. Eingegangen wird hierbei insbesondere auf die Tumorgröße und Tumorlokalisation bei der sich eine laserchirurgische Resektion anbietet.
Ausgewertet wurden die Patientendaten nach Überlebensdauer, Histologie, dem Auftreten eines Rezidivs und zusätzlich erforderlicher Therapiemaßnahmen wie zum Beispiel einer Chemo- oder Strahlentherapie.
Diese Studie bestätigt den Wert der Laserchirurgie bei der Behandlung
von Tumoren des Hypopharynx und Larynx.
2.1.1 | 5
Funktionserhaltende operative Therapie bei
Tumoren der Lider und Orbita
H. Mittelviefhaus, Abt. Allg. Augenheilkunde mit Poliklinik,
Universitäts-Augenklinik Freiburg i.Br.
Tumoren der Lider und Orbita gefährden die Sehfähigkeit, das beidäugige Sehen und die Funktion der ableitenden Tränenwege. Bei der Tumorexzision müssen wir Rücksicht auf zahlreiche anatomisch dicht beieinander liegende wichtige Strukturen nehmen. Der Sicherheitsabstand zu
gesundem Gewebe beträgt deshalb oft nur wenige Millimeter und muss
von der histologischen Beurteilung des Tumors abhängig gemacht werden. Die histologische Beurteilung des Tumorgewebes erfordert eine
sorgfältige Parafinschnittdiagnostik und stellt wegen der anatomischen
Besonderheiten große Anforderungen an ein hochspezialisiertes Histologielabor. Nur durch zweizeitiges Vorgehen bei der Entfernung des
Tumors und der Defektdeckung und durch oft aufwendige mikrochirurgische Techniken können wir gewährleisten, dass einerseits der Tumor vollständig entfernt und andererseits die Funktion des Sehorgans und der
ableitenden Tränenwege erhalten werden. Bei ausgedehnten Tumoren ist
ein interdisziplinäres Vorgehen erforderlich.
2.1.1 | 6
Chancen und Risiken der computergestützten
Chirurgie für die onkologische Therapie im
Kopf-Halsbereich
A. Schramm1, J. Schipper2, N.-C. Gellrich1, N. Marangos2
1Abt. Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde;
2Abt. Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Universitätsklinik für
Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde mit Poliklinik, Freiburg i.Br.
Die operative Entfernung von Malignomen sowie die Anwendung adjuvanter Radio- oder Chemotherapie erfordert eine exakte dreidimensionale präoperative Bestimmung der Tumorausdehnung zur Festlegung der
Resektionsgrenzen unter Berücksichtigung der Radikalität und vitaler
Strukturen. Die komplexen anatomischen Verhältnisse machen eine exakte intraoperative Lokalisation erforderlich. Zusätzlich stellen die Rekonstruktionen insbesondere des Mittelgesichts, der Periorbita und der Schädelbasis eine chirurgische Herausforderung dar.
11
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Primärtumorlokalisation. Bei einer regelmäßigen sonographischen
Tumornachsorge muss sich die Prognose unter Berücksichtigung der
Primärtumorlokalisation durch eine abwartende und beobachtende Therapiehaltung nicht verändern.
2.1.1 | 6a
CAS (computer assisted surgery) im Hals-NasenOhren-Bereich
J. Schipper, N. Marangos, W. Maier, Abt. Hals-, Nasen- und
Ohrenheilkunde, Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und
Ohrenheilkunde und Poliklinik, Freiburg i.Br.
Durch Verwendung von CAS lässt sich bereits intraoperativ der zuvor
markierte Resektionsbereich (Tumor und Sicherheitsabstand) objektivieren. Dies ist insbesondere im Schädelbasisbereich sehr hilfreich. Durch
die unmittelbar angrenzenden Knochenstrukturen ist häufig eine Resektion mit einem Sicherheitsabstand von 1 cm schwer zu verifizieren. In
mehreren Fallbeispielen wird der Einsatz von CAS bei HNO-Operationen im Schädelbasisbereich demonstriert und die Vorteile und Grenzen
der Methode erläutert.
kaufunktionelle Wiederherstellung für den Patienten einen Funktionsrückgewinn, der auch für die alltägliche soziale Interaktion wichtig ist.
Neben dem operativen Vorgehen werden Auszüge aus einer multizentrischen Rehabilitationsstudie vorgestellt, die den Stellenwert der
primären und sekundären Rekonstruktion des Kausystems aufzeigen.
2.1.1 | 8
Primäre und sekundäre Rekonstruktion des
oberen Aerodigestivtraktes
W. Maier, J. Schipper, Abt. Allgemeine Hals-NasenOhrenheilkunde, Universitätsklinik für Hals-, Nasen und
Ohrenheilkunde mit Poliklinik, Freiburg i.Br.
Nach ausgedehnten Tumorresektionen im Kopf-Hals-Bereich ist ein einfacher Wundverschluss nicht immer durchführbar. Einerseits kann das
Ausmaß der Resektion den Verschluss unmöglich machen, andererseits
kann es aus funktionellen oder ästhetischen Gründen vorteilhaft sein,
primär oder sekundär plastisch-rekonstruktive Maßnahmen zu ergreifen.
Insbesondere nach Resektionen in der Mundhöhle oder im Pharynx stellen Erhalt oder Wiederherstellung von Sprache und Schluckfunktion eine
Indikation zur plastischen Rekonstruktion dar. Hierfür bieten sich verschiedene Techniken an, die von lokalen Verschiebe- oder Rotationslappen über gestielte bis hin zu mikrovaskulär anastomosierten Fernlappen
reichen. Zu den vaskulär gestielten Lappen zählen der M. Pectoralislappen und der M. Latissimus-dorsi-Lappen, die je nach individueller Erfordernis als reine Muskeltransplantate oder als myokutanes Transplantat
verwendet werden können. Als freie, mikrovaskulär anastomosierte Lappen werden insbesondere der über die A. radialis versorgte Unterarmlappen und der Oberarmlappen verwendet, aber auch der Latissimuslappen
kann mikrovaskulär anastomosiert werden. Das freie Jejunuminterponat
kann nach radikaler Pharyngektomie und Laryngektomie zur Rekonstruktion der Schluckstraße eingesetzt werden. Als apparative Maßnahme
nach Laryngektomie kommt die plastische Insertion einer Stimmprothese zum Einsatz.
Je nach Lokalisation der zu rekonstruierenden Defektregion oder Funktion und nach Allgemein- und Gefäßstatus des Patienten muss anhand der
Differentialindikationen individuell entschieden werden, welche Rekonstruktionsmaßnahme ergriffen wird.
2.1.1 | 7
Unter- und Oberkieferrekonstruktion zur Rehabilitation des Kausystems nach tumorchirurgischen
Eingriffen
2.1.1 | 9
Einsatz von Tissue-Engineering für die funktionserhaltende Rekonstruktion nach Tumorresektion
N.-C. Gellrich, R. Schimming, Abt. Klinik und Poliklinik für
Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinik für
Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Freiburg i.Br.
G. Lauer, Abt. Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und
Gesichtschirurgie, Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und
Kieferheilkunde, Freiburg i.Br.
In der onkologischen Therapie des Mundhöhlenkarzinoms gehören Verbesserungen in der Früherkennung des Tumorauftretens und der Lebensqualität der Patienten zu den ganz wichtigen Bestrebungen. Da bei vielen
Patienten mit der ablativen Tumorchirurgie essentielle Strukturen für den
Funktionserhalt der Mundhöhle entfernt werden, muss in einer modernen
mund-, kiefer- und gesichtschirurgischen Therapie die Primär- und
Sekundärrekonstruktion in die initiale Behandlung unbedingt eingeschlossen werden. Insbesondere bei Beteiligung von Ober- und Unterkiefer ist für die kurz- bis mittelfristige Wiederherstellung des Kausystems
die Primärrekonstruktion von Hart- und Weichgewebe zu berücksichtigen. Neben dem mikrochirurgischen Gewebetransfer fasziokutaner,
osteokutaner, myokutaner, osteomyokutaner Transplantate von Ober-/
Unterarm, Schulterblatt, Rücken, Wadenbein, Bauchmuskel, gehören
primär oder sekundär inserierte enossale Implantate in das Therapiespektrum. Durch die Osseointegration der Titanimplantate im ortsständigen bzw. im transplantierten und rekonstruierten Kieferabschnitt erlaubt
der darauf verankerte implantatgetragene Zahnersatz die Wiederherstellung der Kieferrelation, der intermaxillären Abstützung und der Okklusion. Neben der damit verbundenen Unterstützung des umgebenden
Weichgewebes wie z.B. der Wange, Ober- und Unterlippe bedeutet die
Die Resektion von Tumoren im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich kann
zu ausgedehnten Defekten und zur Verschlechterung bzw. zum Verlust
von spezifischen Funktionen wie Sprechen und Schlucken führen. Zur
Funktionserhaltung bzw. Wiederherstellung werden deshalb oft auch ausgedehnte rekonstruktive Eingriffe notwendig. Diese sind mit der Transplantation von verschiedenen Geweben verbunden und werden im Rahmen der Primäroperation oder bei sekundären Korrekturen notwendig.
Für die mikrovaskuläre Rekonstruktion knöcherner Defekte können Fibula- und Scapulatransplantate zur Anwendung kommen. Bei gleichzeitigen
Weichgewebsdefekten kann gleichzeitig eine Hautinsel zur Rekonstruktion transplantiert werden. Für isolierte Weichgewebsrekonstruktionen stehen in Abhängigkeit vom zu rekonstruierenden Defekt verschiedene
Möglichkeiten zur Verfügung. Für den Mundschleimhautersatz bieten
fasziokutane Lappen, wie der Radialis- oder der Oberarmlappen funktionell gute Ergebnisse. Bei gleichzeitiger Muskelresektion wie sie z.B bei
der teilweisen oder partiellen Glossektomie vorliegen kann, kann ein
muskuläresTransplantat (z.B. Rectus-abdominis-Lappen, M.-gracilisTransplantat) ggf. mit gleichzeitiger mikrochirurgischer Nervrekonstruktion das funktionelle Ergebnis deutlich verbessern. In Einzelfällen kann
auch mit lokalen Defektdeckungen oder Transplantation von Spalthaut
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Mit Hilfe des dreidimensionalen, optischen Navigationssystems STN
(Stryker-Leibinger/Zeiss) lassen sich präoperativ die Tumorausdehnung
und der intendierte Sicherheitsabstand definieren und sowohl Weichgewebe als auch Knochen intraoperativ kontrolliert abtragen. Die Tumorausdehnung vor präoperativer Chemotherapie kann dreidimensional
erfasst und in den neuen Datensatz nach erfolgter Therapie übertragen
werden. Dies ermöglicht eine radikale Tumorentfernung innerhalb der
ursprünglichen Begrenzung. Die Rekonstruktion nach ablativer
Tumorchirurgie wird präoperativ geplant und simuliert, das Ausmaß und
die Konfiguration der verwendeten Transplantate wird festgelegt und
intraoperativ die Position kontrolliert.
Basierend auf den Daten eines CT- oder NMR-Datensatzes erfolgt die
präoperative Planung und Simulation, die intraoperative Navigation mittels Infrarotortung und die postoperative Kontrolle. Die rahmenlose Stereotaxie ermöglicht eine erhöhte Radikalität bei gleichzeitig größerer
Sicherheit durch Lokalisation und Schonung vitaler Strukturen. Ein
nicht-invasives Referenzierungssystem ermöglicht außerdem gezielte
Probeexzisionen im Rahmen des präoperativen Stagings und ein exaktes
posttherapeutisches Restaging. Vorgestellt wird der Einsatz des Navigationssystems im Rahmen der invasiven und noninvasiven Diagnostik, der
Tumorresektion sowie der Primär- und Sekundärrekonstruktion.
2.1.1 | 10
Welche Chance hat die Gentherapie
bei der Behandlung von Patienten mit Kopf-/
Halskarzinomen?
J. Schipper, Abt. Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde,
Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde und
Poliklinik Freiburg i.Br.
Durch die wegweisende Arbeit von Knudson im Jahr 1985 konnte erstmals gezeigt werden, dass «Krebs» genetisch determiniert ist und eine
Prädisposition hierzu vererbt werden kann. Die genetische Determinierung erfolgt duch Mutationen in somatischen Zellen oder in der Keimbahn. Die phänotypische Penetranz unterliegt einem komplexen kybernetischen Wechselspiel aus Umwelteinflüssen und Genexpression. In den
80er und 90er Jahren konnten schließlich sog. Proto-Oncogene und
Tumorsuppressorgene für verschiedene Tumorentitäten charakterisert
werden. Somit lag der Schluss nahe, nicht nur das Symptom «Tumor» als
eine inadäquate Gewebsneubildung chirurgisch, chemo- oder radiotherapeutisch zu sanieren, sondern auch die Ursache, die genetische Determinierung, mit Hilfe der Gentherapie wieder zu korrigieren. Ergebnisse aus
über 300 kontrollierten klinischen Studien aus den USA und Europa zeigen jedoch, dass die euphorischen Erwartungen einer Gentherapie bislang nicht erfüllt werden konnten. Hierzu werden in Kurzfom die Möglichkeiten von Vektortyp und Gentransfer vorgestellt, Risiken und Grenzen der Gentherapie skizziert und anhand einer Gentherapie-Studie mit
dem p53-Tumorsuppressorgen an der Universitäts-HNO-Klinik Freiburg
bei Patienten mit Kopf-/Halskarzinomen erläutert.
2.1.2 Langzeitfolgen der
Tumortherapie
2.1.2 | 1
Spätfolgen der Tumortherapie «late effects»
unter besonderer Berücksichtigung der Haut
G. Witucki, S. Rippe, A. Oehlert, Abt. Strahlentherapie, Radiologische Universitätsklinik Freiburg i.Br.
Zur Quantifizierung der durch die Strahlentherapie hervorgerufenen Veränderungen im Kapillarbett der Haut wurde eine Untersuchung der
Mikrozirkulation durchgeführt. Mikrozirkulation ist definiert als: Perfusion in den Austauschgefäßen der kapillären Endstrombahn, in vorgeschalteten Arteriolen und in nachgeschalteten Venolen. Die Arteriolen
und Venolen der kutanen Mikrozirkulation bilden zwei Plexi in der Der-
mis. Der obere Plexus bildet ein horizontales Netzwerk, aus dem die
Kapillarschlingen der dermalen Papillen entspringen.
108 weibliche Patienten nahmen an dieser Untersuchung, die im Rahmen
der Nachsorge durchgeführt wurde, teil. Alle hatten nach brusterhaltender Operation wegen eines Mammakarzinoms 50 Gy GHD im Bereich
der Restbrust (6MeV Photonen) und einen Boost von 10 Gy im Bereich
des Tumorbetts (schnelle Elektronen) erhalten. 54 Patientinnen erhielten
eine zusätzliche adjuvante Chemotherapie (meist CMF, 6x, Sandwich).
Zur Messung benutzten wir ein Laser-Doppler-Flowmeter (Perimed,
PeriFlux 4001) in Kombination mit einem Tissue-Heater (Perimed ,
PeriTemp 4005, PF 450) und einer Sonde zur gleichzeitigen Messung
an 7 fluxsensitiven Punkten (Perimed, PF 413). Die Untersuchungen
wurden bei 34 °C und 44 °C in jedem Quadranten der bestrahlten Seite
durchgeführt und an jedem Quadranten der unbestrahlten Seite als Kontrolle.
Ein paarweiser Vergleich sich entsprechender Quadranten der bestrahlten
und unbestrahlten Brust ist zwar naheliegend, dennoch ist nicht apriori
von einer Gleichheit der Durchblutung entsprechender Quadranten im
unbestrahlten Fall auszugehen. Zur Untersuchung des Einflusses der
Bestrahlung auf die Durchblutungsmessung, unter Berücksichtigung der
Quadranten, wurde ein Regressionsmodell für korrelierte Daten verwendet. Die Zielgrößen waren die Durchblutung in PU (Perfusion-Units), die
Konzentration der sich bewegenden Blutzellen (CMBC, relative Einheiten) und die Geschwindigkeit der sich bewegenden Blutzellen (velocity)
pro Quadrant bei 34 °C bzw. 44 °C. Einflussgrößen waren die Quadranten (A–H) und die Bestrahlung (0 = keine Bestrahlung, 1 = Bestrahlung,
2 = Boost). Die Zielgröße Perfusion konnte als hinreichend normalverteilt angenommen werden. Für die CMBC und die Velocity war die Normalverteilungsannahme erst nach Logarithmierung erfüllt. Die Abhängigkeit zwischen den 8 Messungen an einer Patientin wurde berücksichtigt durch Anpassung eines Regressionsmodells für korrelierte Daten
(Generalized Estimating Equations (GEE); Liang & Zeger, 1986). Die
Berechnungen wurden mit SAS, Release 6.12, Unix-Sparc-Workstation,
mit der Prozedur PROC GENMOD (REPEATED) berechnet. (instructured correlation matrix). Alle Tests wurden zweiseitig zum 5%-Niveau
durchgeführt.
Wir fanden einen signifikanten Verlust an Kapillarkapazität (44 °C) von
13% (p<0,001) und ein Absinken der relativen Konzentration bewegter
Blutzellen (CMBC) von 17% (p<0,001).
Bei 34 °C sind keine Änderungen der CMBC nachweisbar. Die basale
Perfusion ist hochgeregelt (0 Gy vs. 50 Gy, p=0,049).
Das Laser-Doppler-Flowmeter zeigt signifikante Änderungen im Kapillarbett der Haut durchschnittlich 4 Jahre nach Strahlentherapie. Der Verlust vaskulärer Infrastruktur ist unter normalen Bedingungen (34 °C)
durch eine Erhöhung der Perfusion kompensiert (Geschwindigkeit der
sich bewegenden Blutzellen, 50 Gy vs. 0 Gy, p = 0,02).
2.1.2 | 2
Endokrinologische Spätfolgen nach onkologischer
Therapie von Kindern und Jugendlichen
U. Duffner, Abt. Allg. Kinderheilkunde und Poliklinik,
Universitäts-Kinderklinik Freiburg i.Br.
Als Folge einer onkologischen Therapie kann die normale endokrine
Funktion gestört sein. Das hieraus resultierende klinische Bild kann unter
anderem vermindertes Wachstum, Hypopituitarismus, Hypothyreose,
verzögerte oder vorzeitige Pubertät, Gynäkomastie und Infertilität sein.
Besonders im Kindes- und Jugendalter kann eine gestörte endokrine
Funktion die weitere individuelle Entwicklung nachhaltig beeinflussen.
Es ist daher wichtig, Risikofaktoren für die endokrine Funktion zu erfassen, um diese bei der Planung der Therapie, falls möglich, zu vermeiden
oder bei der Festlegung der onkologischen Nachsorge einzubeziehen.
Der häufigste Risikofaktor ist eine kraniale Bestrahlung. Ab einer Dosis
von 18 Gy können qualitative und quantitative Störungen der Sekretion
von Wachstumshormon gemessen werden. Für eine Dosis von 24 Gy ist
bei 30% der Patienten mit einem Wachstumshormonmangel zu rechnen
und ab 45 Gy sind es praktisch 100% der Patienten. Weiterhin ist im
Dosisbereich von 25–50 Gy kranialer Bestrahlung bei ca. 15% der Pati-
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gearbeitet werden. Nachteile dieser Techniken sind die zusätzliche Morbidität und mögliche Defekte an der Entnahmestelle (z.B. Fibula, Unterarm). Außerdem bietet die transplantierte Haut in der Mundhöhle häufig
nur ein unbefriedigendes ästhetisches Ergebnis. Zusätzlich können funktionelle Störungen die weitere prothetische Rehabilitation behindern.
Durch Methoden der Zellkultivierung werden größere Mengen von speziellem Gewebe aus kleinen Biopsien angezüchtet. Durch die Kombination des gezüchteten Gewebes mit Biomaterialien – dem sog. Tissue
Engineering – ist es möglich, Transplantate z.B. zum Ersatz von Mundschleimhaut herzustellen. Die labortechnische Herstellung dieser Transplantate, die bereits bestehenden Möglichkeiten des klinischen Einsatzes,
wie der Ersatz von Spalthauttransplantaten durch kultivierte Mundschleimhaut und die Prälaminierung des radialen Unterarmlappens durch
kultivierte Mundschleimhaut, werden erläutert. Anhand klinischer Beispeile werden die Vorteile dieser Technik und ihre Kombination mit bisherigen klinischen Verfahren dargestellt. Darüberhinaus werden zukünftige Anwendungsmöglichkeiten dieser Technik vorgestellt.
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