Heilpflanzen - Lexikon Buchstaben A bis D Andorn (Marrubium vulgare) Heilpflanzen Andorn Weißer Andorn W&B/Sertürner Der Andorn zählt zu den ältesten bekannten Heilpflanzen. Schon die alten Ägypter und Griechen benutzten ihn bei Erkrankungen der Atmungsorgane und Paracelsus bezeichnete ihn als Arznei der Lunge. Die Pflanze wirkt aber nicht nur leicht schleimlösend in den Atemwegen, sondern vor allem auch anregend auf den Magen-Darm-Trakt und die Verdauungssäfte. Sie kann daher bei Verdauungsstörungen, Appetitlosigkeit und Gallenstörungen eingesetzt werden. Merkmale Andorn wird bis zu 60 Zentimeter hoch. Der Stängel ist vierkantig, hohl und filzig behaart. Die Blätter sind an der Unterseite ebenfalls behaart und am Rand gezähnt. Sie werden mit zunehmender Höhe der Pflanze kleiner. Die weißen Blüten ordnen sich in kugeligen Scheinquirlen an. Die Pflanze gehört zu den Lippenblütlern (Lamiaceae) und blüht von Juni bis September. Standort und Verbreitung Die Pflanze wächst an Wegrändern und auf Schuttplätzen. Sie ist im Mittelmeerraum und in Mittelasien verbreitet. Wirksame Pflanzenteile & relevante Inhaltsstoffe Andornkraut enthält Diterpen-Bitterstoffe der Labdan-Reihe, hauptsächlich das Marrubiin. Daneben sind Lamiaceen-Gerbstoffe und in geringen Mengen ätherisches Öl enthalten. Heilwirkung & Anwendung Andornextrakte besitzen eine leicht schleimlösende bzw. auswurffördende Wirkung und werden daher traditionell bei Erkrankungen der Atemwege eingesetzt. Das Marrubiin führt zu einer vermehrten Ausschüttung der Gallensäfte und regt die Magensäureproduktion an. Hauptanwendungsgebiete sind daher vor allem Störungen der Gallenproduktion sowie Blähungen, Völlegefühl und Appetitlosigkeit. Marrubiin wird in neueren Untersuchungen auch eine gefäßerweiternde und schmerzstillende Wirkung zugeschrieben. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Anwendung in der Apotheke beraten. Wichtige Hinweise Verwechslungsgefahr besteht mit dem unangenehm riechenden Schwarzen Andorn, dessen Stängel aber meist braunviolett gefärbt sind. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Anwendung der Heilpflanze in der Apotheke beraten. Heilpflanzen Anis Anis Sertürner Arzneipflanzen Wer kennt ihn nicht, den charakteristischen Geschmack von Ouzo? Das weckt gleich Erinnerungen an den letzten Griechenland-Urlaub. Das aromatische Getränk ist ein Anisschnaps, der üblicherweise als Aperitif vor dem Essen gereicht wird. Aus Anis wird aber nicht nur Schnaps gebrannt, sondern er wird auch als Geschmacksträger in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Das ätherische Öl in den Früchten wirkt schleimlösend und hilft daher bei Husten und Schnupfen. Bei Blähungen und Völlegefühl wirkt es krampflösend. Merkmale Das Kraut wird bis zu 50 cm hoch, wird oben ästig und besitzt einen runden Stängel. Die Blüten sind weiß und haben sieben- bis fünfzehnstrahlige Blütendolden. Die unteren Blätter sind gestielt, gezähnt und ungeteilt, die mittleren und oberen Blätter dreilappig. Die Früchte sehen eiförmig aus, sind graugrün bis –braun gefärbt und fein behaart. Sie schmecken süßlich und riechen charakteristisch. Die Pflanze ist einjährig, gehört zu den Doldengewächsen (Apiaceae) und blüht von Juli bis August. Standort und Verbreitung Natürliches Vorkommen im Mittelmeergebiet. Anbau in subtropischen Gebieten wie Südostasien, Mexiko und Argentinien. Wirksame Pflanzenteile & relevante Inhaltsstoffe Verwendet werden die Anisfrüchte, in denen ätherisches Öl enthalten ist. Dieses wird aus den reifen Früchten gewonnen. Das Öl besteht zu 90 bis 95 Prozent aus trans-Anethol und zu 0,3 bis 0,4 Prozent aus cis-Anethol. Daneben ist Estragol zu 1 bis 4 Prozent enthalten. Heilwirkung & Anwendung Einmal werden Tee und Extrakt bei Erkältungen und Entzündungen der Nasennebenhöhlen eingesetzt. Die Zubereitungen wirken schleimlösend und fördern den Abtransport von Sekret aus den Atemwegen. Daneben besitzen sie krampflösende Ei gen s ch af ten und werden daher bei Verdauungsbeschwerden wie Blähungen und Völlegefühl verwendet. In Milchbildungs- und Babytees sind die getrockneten Früchte ebenfalls enthalten. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Auswahl der geeigneten Präparate und Tees in der Apotheke beraten! Wichtige Hinweise Anisfrüchte können mit den giftigen Schierlingsfrüchten verwechselt werden. Heutzutage wird Anis aber vor allem aus Kulturen gewonnen, deshalb ist eine Verwechslungsgefahr selten. Anis kann zu allergischen Reaktionen führen, die die Atemwege, den Magen-Darm-Trakt oder die Haut betreffen können. Anisöl darf nie unverdünnt angewendet werden, da schon kleine Mengen zu Erbrechen, Übelkeit oder einem Lungenödem führen können. Gewürze und Kräutertees, die Estragol oder Merthyleugenol enthalten, sollten nicht zu lange und nicht in größeren Mengen eingenommen werden. Das empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung. Bei Kindern, sowie während der Schwangerschaft und Stillzeit gilt besondere Vorsicht. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Auswahl der geeigneten Präparate und Tees in der Apotheke beraten! Arnika (Arnica montana) Heilpflanzen Arnika W&B/Winfried Fischer Arnika – das ist die Pflanze mit den leuchtend gelben Blüten. Doch wer sie sehen will muss hoch hinaus, denn Arnika wächst auf Gebirgswiesen. Leider nur noch recht selten, deshalb steht sie auch unter Schutz. Als Arzneipflanze wird sie noch gar nicht so lange verwendet. Erst seit dem 17. Jahrhundert setzten Heilkundige sie als Mittel bei Verletzungen ein. Goethe schätzte Arnika sehr und ließ sich nach seinem Herzinfarkt regelmäßig einen Tee aus der Pflanze zubereiten, der seine Beschwerden gebessert haben soll. Heute wird Arnika äußerlich in Form von Salben oder Einreibungen bei Schwellungen, Verstauchungen und Prellungen eingesetzt. Außerdem gehört sie zu den klassischen Mitteln der Homöopathie. Merkmale Arnika ist eine aromatisch duftende Pflanze, die bis zu 60 Zentimeter hoch wird. Der Stängel ist flaumig behaart. Die Grundblätter sehen eiförmig aus, während die Stängelblätter ungeteilt und lanzettförmig sind. Diese ordnen sich paarweise am Stängel an. Die Blüten leuchten dunkelgelb und ordnen sich sternförmig an. Arnika gehört zu den Korbblütlern (Asteraceae) und blüht von Juni bis August. Die Pflanze steht unter Naturschutz und darf deshalb nicht gepflückt werden. Arnika (Arnica montana) Standort und Verbreitung Arnika ist auf Gebirgswiesen in ganz Europa verbreitet. Im Flachland kommt sie selten vor. Sie wird als Arzneipflanze in Europa angebaut. Wirksame Pflanzenteile & relevante Inhaltsstoffe Die Arnikablüten enthalten zu 0,2 bis 1,5 Prozent Sesquiterpenlactone, vor allem die Helenaline. Daneben sind zu 0,4 bis 0,6 Prozent Flavonoide enthalten. Darüber hinaus Gerbstoffe, Cumarine und wenig ätherisches Öl mit Thymol und Fettsäuren. Heilwirkung & Anwendung Arnika-Extrakte wirken hemmend auf das Bakterienwachstum, antientzündlich, schmerzstillend und antirheumatisch. Daher wird Arnika in Form von Salben oder Tinkturen äußerlich bei Schwellungen, Verstauchungen und Prellungen aufgetragen. Und unterstützend bei rheumatischen Erkrankungen sowie Venenleiden. Als Wundheilungsmittel und bei Insektenstichen kommt sie ebenfalls zum Einsatz. Eine innerliche Anwendung empfiehlt sich wegen möglicher Herzrhythmusstörungen nicht. Neuere Untersuchungen haben ergeben, dass die Sesquiterpenlactone für die entzündungshemmende Wirkung verantwortlich sind. Das Helenalin unterdrückt die Bildung von entzündungsauslösenden Stoffen, sogenannten Zytokinen. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Auswahl der Präparate in der Apotheke beraten Wichtige Hinweise Die äußerliche Anwendung von Arnikatinktur kann allergische Reaktionen mit starken Hautreizungen, Schwellungen und Bläschenbildung hervorrufen. Bei versehentlicher Einnahme größerer Mengen Arnikatinktur treten Vergiftungserscheinungen mit Übelkeit, Magen- und Kopfschmerzen, Schwindel und Herzklopfen auf. Während der Schwangerschaft sollte auch auf die äußerliche Anwendung verzichtet werden. Die Einnahme von Arnika in homöopathischen Verdünnungen ist unbedenklich. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Auswahl der Präparate in der Apotheke beraten. Baldrian (Valeriana officinalis) Heilpflanzen Baldrian W&B/Sertürner Katzen mögen seinen Geruch, Menschen eher nicht. Der echte Baldrian ist schon eine ganze Weile bekannt und er wurde er über die Jahrhunderte bei ganz unterschiedlichen Leiden angewendet. Bei Griechen und Römern galt er als Allheilmittel. Ab dem 10. Jahrhundert wurde er bei Verdauungsstörungen eingesetzt, gut 500 Jahre später bei allen Arten von Augenkrankheiten. Erst seit Ende des 18. Jahrhunderts nutzten Mediziner Baldrian als Heilpflanze bei Unruhe und Schlafstörungen. Baldrian ist im Mittelalter aber nicht nur ein Heilmittel gewesen, sondern diente auch als "Schutzkraut gegen Hexen und Teufelszauber". Dabei wurde er als Talisman getragen oder an Haustüren gehängt. Heute gilt der echte Baldrian als mildes beruhigendes und schlafförderndes Mittel. Merkmale Baldrian wird bis zu 1,8 Meter hoch. Die Pflanze besitzt einen leicht behaarten Stängel und gegenständige Blätter. Die Grundblätter sind groß und werden am Stängel nach oben hin kleiner. Die zahlreichen Blüten bilden eine Dolde und sind weißlich bis rosa gefärbt. Die Pflanze gehört zu den Baldriangewächsen (Valerianaceae) und blüht von Mai bis September. Baldrian (Valeriana officinalis) Standort & Verbreitung Der Baldrian stammt aus Europa und Asien. Angebaut wird er auch in Nordamerika. Er wächst vornehmlich auf feuchten Waldböden. Wirksame Pflanzenteile & relevante Inhaltsstoffe Baldrian-Wurzeln bestehen zu 0,3 bis 0,8 Prozent aus ätherischem Öl. Das setzt sich aus Monoterpenen wie Borneol und Campher, sowie Sesquiterpenen wie ß-Bisabolen zusammen. Zu 0,5 bis 2 Prozent sind Valepotriate enthalten, vor allem Valtrat und dessen Abbauprodukt Baldrinal. Daneben in geringen Mengen Lignane. Isovaleriansäure, ebenfalls ein Abbauprodukt der Valepotriate, ist für den charakteristischen Geruch verantwortlich. Heilwirkung & Anwendung Die Inhaltsstoffe des Extrakts greifen hemmend auf Botenstoffe im Zentralnervensystem ein und wirken dadurch beruhigend sowie einschlaf- und durchschlaffördernd. Daher wird Baldrian einmal bei Angstzuständen wie Prüfungsangst und bei innerer Unruhe sowie Anspannung eingesetzt. Andererseits ist er ein mildes Mittel für Menschen mit Einschlafstörungen. Die Effekte von Extrakten der Baldrianwurzel sind wissenschaftlich gut belegt. Als wirksame Substanzen kommen Lignane und andere Verbindungen in Frage. Forscher haben kürzlich ein Lignan entdeckt, dass an sogenannten Adenosin-Rezeptoren angreift. Diese sind an der Entstehung von Müdigkeit im Körper beteiligt. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Anwendung der Präparate und Tees in der Apotheke beraten. Wichtige Hinweise Die Effekte von Baldrian treten mitunter erst nach zwei bis vier Wochen ein, die Heilpflanze wirkt also nicht sofort. Valepotriate wirken potentiell krebsauslösend. Sie sind allerdings sehr instabil und werden in wässrigen Auszügen schnell abgebaut. Außerdem werden Valepotriat-reiche Extrakte in Deutschland nicht mehr angeboten. Die Anwendung von Baldrian als Tee oder Fertigpräparat bleibt daher unbedenklich. Baldrian sollte nicht zusammen mit anderen Beruhigungs- oder Schlafmitteln und auch nicht mit Alkohol eingenommen werden. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Anwendung der Präparate und Tees in der Apotheke beraten. Bärentraube (Arctostaphylos uva-ursi) Heilpflanzen Bärentraube (Arctostaphylos uva-ursi) W&B/Sertürner Bären fressen sie gerne, die Bärentraube. Menschen essen sie nicht, sie schmeckt zu mehlig. Übrigens leitet sich auch der lateinische Name des Zwergstrauchs von den griechischen Wörtern arktos = Bär und staphyle = Traube ab. Die Pflanze wurde das erste Mal in einem englischen Kräuterbuch des 13. Jahrhunderts erwähnt und dort auch schon als Heilpflanze bei Erkrankungen der Harnwege beschrieben. Heute setzt man sie bei den ersten Anzeichen einer Blasenentzündung und auch unterstützend zur Antibiotika-Therapie bei Harnwegsinfekten ein. Merkmale Die Bärentraube ist ein immergrüner Zwergstrauch, dessen reich verzweigte Äste sich bodennah ausbreiten. Die ganzrandigen Blätter glänzen auf der Oberseite dunkelgrün, auf der Unterseite sehen sie blassgrün und matt aus. Die weißlich-rosaroten Blüten ordnen sich glockenförmig an. Die Früchte treten als rote Beeren hervor und schmecken mehlig. Die Bärentraube gehört zu den Heidekrautgewächsen (Ericaceae) und blüht von Mai bis Juni. Standort und Verbreitung Heimisch ist die Bärentraube in Mittel- und Nordeuropa. Dort wächst sie auf Moorböden und Heideland. Sie kommt weltweit in Ländern der nördlichen Hemisphäre vor. Da der Zwergstrauch immer seltener anzutreffen ist, gilt er in Deutschland und den meisten europäischen Ländern als „besonders geschützt.“ Wirksame Pflanzenteile & relevante Inhaltsstoffe Die getrockneten Blätter enthalten zu sieben bis zwölf Prozent Phenolglykoside, vor allem Arbutin. Daneben reichlich Gerbstoffe vom Gallotannin-Typ sowie Flavonoide. Heilwirkung & Anwendung Das Arbutin wird im Körper zu Hydrochinon gespalten, das für die antibakterielle Wirkung in den ableitenden Harnwegen und der Blase verantwortlich ist. Daher eignen sich Bärentraubenblätter bei den ersten Anzeichen einer Blasenentzündung – wie Schmerzen beim Wasserlassen, häufigem Harndrang und Krämpfen im Unterleib. Ferner können die Extrakte unterstützend zu einer Antibiotika-Behandlung eingenommen werden. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Auswahl der geeigneten Präparate und Tees in der Apotheke beraten! Wichtige Hinweise Die Inhaltsstoffe der Bärentraube entfalten ihre Wirkung besonders gut, wenn der Harn leicht alkalisch ist. Das erreichen Sie durch eine obst- und gemüsereiche Kost mit wenig Fleisch, Wurst und Käse. Tees mit Bärentraubenblättern werden am besten nicht aufgebrüht, sondern kalt angesetzt und eine Weile stehen gelassen. Dann sind sie besser verträglich. Der Urin kann sich nach Einnahme von Bärentraube grün bis blaugrün verfärben. Die Kommission E empfiehlt, arbutinhaltige Präparate nicht länger als eine Woche und nicht öfter als fünfmal im Jahr einzunehmen. Hydrochinon, der Abkömmling von Arbutin, steht im Verdacht in größeren Mengen das Erbgut zu verändern. Schwangere, Stillende und Kinder dürfen Bärentraube nicht anwenden. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Auswahl der geeigneten Präparate und Tees in der Apotheke beraten! Beinwell (Symphytum officinale) Heilpflanzen Beinwell (Symphytum officinale) W&B/Winfried Fischer Beinwell – zu Deutsch: der den Gebeinen gut tut. Beinwell dient schon seit über 2000 Jahren als hilfreiches Mittel bei Knochenbrüchen, Verrenkungen und anderen Gelenkbeschwerden. Der griechische Arzt Dioskurides (40 bis 90 n. Chr.) beschrieb die Arzneipflanze bereits in seinem Lehrbuch "Materia medica." Merkmale Beinwell ist eine rau behaarte Pflanze, die bis zu 1,5 Meter hoch wird. Die Blätter sehen länglich-lanzettförmig aus und sind an der Unterseite behaart. Die glockenförmigen Blüten färben sich in unterschiedlichen Farbvarianten: Rot-violett oder gelblich-weiß. Die Blüten ordnen sich in Trauben an. Der kräftige Wurzelstock sieht von außen schwarz aus, sein Inneres ist jedoch weißlich gefärbt. Beinwell gehört zu den Raublattgewächsen (Boraginaceae) und blüht von Mai bis Juli. Auch heute wird Beinwell äußerlich bei Verstauchungen, Prellungen und Zerrungen eingesetzt. Standort und Verbreitung Beheimatet ist der Beinwell in ganz Europa. Er wächst an Bachufern oder auf nassen Wiesen. Wirksame Pflanzenteile & relevante Inhaltsstoffe Beinwellwurzel enthält zu 0,6 bis 0,8 Prozent Allantoin, zu 0,04 bis 0,6 Prozent Pyrrolizidinalkaloide. Daneben Gerb- und Schleimstoffe sowie Rosmarinsäure. Heilwirkung & Anwendung Beinwellwurzelextrakte wirken äußerlich in Form von Salben und Umschlägen entzündungshemmend, schmerzlindernd sowie wundheilungsfördernd. Sie beschleunigen außerdem die Zellregeneration. Hierfür scheinen Allantoin, Schleim- und Gerbstoffe wichtig zu sein. Aufgrund dieser Effekte eignen sich die Extrakte bei Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen. Darüber hinaus soll Beinwell die Heilung von Knochenbrüchen unterstützen. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Auswahl der Präparate in der Apotheke beraten. Wichtige Hinweise Von einer innerlichen Anwendung wird wegen dem Gehalt an Pyrrolizidinalkaloiden abgeraten. Diese haben sich im Tierversuch als krebsauslösend und leberschädigend gezeigt. Auch selbst zubereitete Beinwell-Umschläge sind eher nicht empfehlenswert, da der Alkaloid-Gehalt teils sehr hoch sein kann. In Fertigpräparaten werden die Extrakte so aufbereitet, dass die Mengen an Alkaloiden bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten. Entsprechende Präparate bekommen Sie in der Apotheke. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Auswahl der Präparate in der Apotheke beraten. Birke; Hänge-, Moor- (Betula pendula, Betula pubescens) Heilpflanzen Birke (Betula pendula) Foto: W&B / Fischer Sie ist ein Sinnbild des Frühlings mit ihren hellgrün leuchtenden Blättern. Aber auch der goldene Herbst hat seinen Namen teils sicherlich den Birken zu verdanken, die dann in intensives Gelb getaucht sind. Die Birke sieht jedoch nicht nur schön aus, sie wurde schon bei den Kelten als Lebensbaum und Symbol der Fruchtbarkeit verehrt. Ein Birkenzweig am Fenster eines jungen Mädchens galt als Heiratsantrag. Bei den christlichen Fronleichnamsprozessionen werden die Straßen mit jungen Birkenzweigen geschmückt. Aber die Birke hat nicht nur Symbolcharakter, sie hilft auch bei bakteriellen und entzündlichen Harnwegserkrankungen aufgrund ihrer wassertreibenden Wirkung. Merkmale Die Hängebirke ist ein Baum von 25 Metern Höhe. Die jungen Stämme besitzen eine weiße Rinde, die später nachdunkelt. Die Zweige hängen herunter und haben glatte, hellgrüne Blätter. Die Blattränder sind scharf doppelt gesägt. Die Birke bildet männliche und weibliche Blütenkätzchen, erstere werden bis zehn Zentimeter, letztere nur zwei bis drei Zentimeter lang. Die Moorbirke unterscheidet sich durch aufrechte oder abstehende und flaumig behaarte Zweige. Beide Arten gehören zu den Birkengewächsen (Betulaceae) und blühen von April bis Mai. Standort und Verbreitung Der Baum ist in den gemäßigten Zonen Europas verbreitet. Die Hängebirke kommt in trockenen Laub- und Nadelwäldern vor, die Moorbirke dagegen in Mooren und feuchten Wäldern. Wirksame Pflanzenteile & relevante Inhaltsstoffe Beide Arten enthalten in den Blättern zu etwa drei Prozent Flavonoide, hier vor allem Hyperosid und Avicularin. Daneben Triterpene, Phenolcarbonsäuren und wenig Vitamin C sowie ätherisches Öl. Die Blätter der Hängebirke besitzen einen etwas höheren Gehalt an Flavonoiden als die der Moorbirke. Heilwirkung & Anwendung Die in den Extrakten enthaltenen Flavonoide wirken aquaretisch, also wassertreibend. Daher werden Birkenblätter unterstützend bei bakteriellen und entzündlichen Erkrankungen der Harnwege eingesetzt. Außerdem sind sie in Blutreinigungstees enthalten und werden bei Frühjahrskuren angewendet. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Auswahl der Präparate und Tees in der Apotheke beraten. Wichtige Hinweise Wenn die getrockneten Blätter zur Durchspülung verwendet werden, sollte auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden. Bei Wassereinlagerungen aufgrund einer Herz- oder Nierenfunktionsstörung sollten Birkenblätter nicht eingesetzt werden. Dies gilt ebenso bei einer Allergie auf Birkenpollen. Der aus der Rinde gewonnene Birkenteer sollte beim Menschen nicht angewendet werden. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Auswahl der Präparate und Tees in der Apotheke beraten. Bittersüßer Nachtschatten (Solanum dulcamara) Heilpflanzen Der bittersüße Nachtschatten sieht mit seinen violetten Blüten schön aus, ist aber mit Vorsicht zu genießen. Denn die Pflanze ist giftig und kann zu Rauschzuständen führen. Früher wurde diese Wirkung wohl zur Behandlung des "Nachtschadens" – eine mittelalterliche Bezeichnung für Albträume – ausgenutzt. Der berauschende Effekt sollte die nächtlichen Schrecken vertreiben. Andere Quellen behaupten, dass eher der Bittersüß selbst den "Nachtschaden" ausgelöst hat, und zwar durch den nächtlich auftretenden intensiven Duft der Blüten. Außerdem bekamen Babys den Bittersüß über die Wiege gehängt – als Schutz vor Zauberei. Die Pflanze wird heute in Form von Salben unterstützend bei Hauterkrankungen, wie dem chronischen Ekzem, angewendet. Merkmale Der bittersüße Nachtschatten ist ein Halbstrauch, der bis zu zwei Meter hoch wird. Der Stängel ist im unteren Teil holzig, oben krautig. Die wechselständigen Blätter sehen eiförmig bis lanzettlich aus. Die violetten Blüten besitzen goldgelbe Staubbeutel und hängen meist rispenartig von den Ästen herab. Die Früchte sind leuchtend rote, eiförmige Beeren. Der Bittersüß gehört zu den Nachtschattengewächsen (Solanaceae) und blüht von Juni bis September. Standort und Verbreitung Der Halbstrauch ist in Europa, Asien, Nordafrika und Nordamerika beheimatet. Er kommt vor allem an feuchten, schattigen Stellen vor. Wirksame Pflanzenteile & relevante Inhaltsstoffe Die Bittersüßstängel bestehen zu 0,07 bis 0,4 Prozent aus Steroidalkaloidglykosiden wie Solamarin, sowie Steroidsaponinen und Gerbstoffen. Heilwirkung & Anwendung Die Gerbstoffe wirken auf der Haut zusammenziehend (adstringierend), indem sie dort mit Eiweißen reagieren, und hemmen das Wachstum von Bakterien. Ferner wird ihnen ein entzündungshemmender und kortisonähnlicher Effekt zugesprochen. Daher werden die Auszüge in Form von Salben unterstützend bei chronischem Ekzem eingesetzt. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Anwendung in der Apotheke beraten. Wichtige Hinweise Die gesamte Pflanze ist giftig. Deshalb sollte sie weder innerlich als Tee noch äußerlich selbst zubereitet werden. Besonders giftig sind die unreifen Beeren. Bei versehentlichem Verschlucken können Vergiftungssymptome wie Schluckbeschwerden, Sehstörungen, Erbrechen und Erregungserscheinungen auftreten. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Anwendung in der Apotheke beraten. Blutwurz, Tormentill (Potentilla erecta) Heilpflanzen Blutwurz (Potentilla erecta) W&B/Winfried Fischer Was hat rote Tinte mit einem Rachenputzer gemeinsam? Eigentlich nichts. Doch im Mittelalter wurde die Blutwurz als Färbemittel und zur Herstellung von Tinte verwendet. Und in so manchem Kräuterschnaps befinden sich ebenfalls Auszüge aus der Blutwurz. Ihren Namen verdankt sie wohl der Tatsache, dass sich der Wurzelstock beim Anschneiden blutrot verfärbt. Als Heilpflanze war sie im Mittelalter fast bekannter als heute. Sie galt neben der Bibernelle als klassisches Pestmittel, daher auch der alte Heilspruch: "Ess Durmentill (Tormentill, Blutwurz) und Bibernell, dann stirbst nüt so schnell!" Ferner diente sie der Blutstillung und der Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen. Heute wird sie unterstützend bei Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut sowie bei Durchfall verwendet. Merkmale Die Blutwurz wird bis zu 30 Zentimeter hoch und besitzt einen knolligen, außen dunkelbraunen und innen blutroten Wurzelstock. Die Pflanze treibt mehrere Stängel aus, an denen sich längliche, deutlich gezähnte Blätter befinden. Die gelben Blüten bestehen aus vier Kronblättern und 15 bis 20 Staubblättern. Die Frucht ist klein und sieht nussartig aus. Die Staude gehört zu den Rosengewächsen (Rosaceae) und blüht von Juni bis August. Standort und Verbreitung Die Blutwurz ist in Mittel- und Nordeuropa sowie Westasien beheimatet. Sie kommt an sonnigen Plätzen auf Wiesen und in lichten Wäldern vor. Wirksame Pflanzenteile & relevante Inhaltsstoffe Der Wurzelstock enthält zu 15 bis 20 Prozent Gerbstoffe vom Catechintyp. Das Phlobaphen Tormentillrot entsteht beim Lagern und ist weniger wirksam. Des Weiteren sind Flavonoide enthalten. Heilwirkung & Anwendung Aufgrund der enthaltenen Gerbstoffe wirken die Extrakte adstringierend, also zusammenziehend. Die Gerbstoffe verändern hierbei die Struktur von Eiweißen in der Haut und Schleimhaut, dadurch verfestigen sich die oberen Gewebsschichten. Die Folge: Kleine Blutgefäße werden abgedichtet, Bakterien können schlechter eindringen und Nervenreize in der Haut werden abgeschwächt. Daraus ergeben sich die entzündungshemmenden, blutstillenden, Juckreiz mindernden und antibakteriellen Effekte. Deshalb dient die Blutwurz äußerlich als Gurgel- und Spülmittel bei leichten Entzündungen im Mund- und Rachenraum. Innerlich hilft sie bei akuten unspezifischen Durchfallerkrankungen. Also solche die nur einige Tage andauern und meist durch Bakterien oder Viren bedingt sind, wie zum Beispiel Reisedurchfall. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Anwendung der Tees in der Apotheke beraten. Wichtige Hinweise Empfindliche Menschen können wegen dem hohen Gerbstoffgehalt mit Magenbeschwerden wie Übelkeit reagieren. Da die Gerbstoffe einen zusammenziehenden Effekt auf die Magen-Darm-Schleimhaut haben und so die Aufnahme von Arzneimitteln behindern können, sollte Blutwurz nicht zusammen mit anderen Medikamenten eingenommen werden. Die getrockneten Wurzelstöcke sollten nicht länger als ein Jahr gelagert werden, da die Wirkung der Inhaltsstoffe mit der Zeit abnimmt. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Anwendung der Tees in der Apotheke beraten. Brennnessel (Urtica dioica) Heilpflanzen Brennnessel (Urtica dioica) W&B/Fischer Mit der Brennnessel hat sicherlich jeder schon unliebsame Erfahrungen gesammelt. Kommt man der Pflanze zu nah, sondert sie aus ihren Brennhaaren Stoffe wie Histamin und Ameisensäure ab, die zu Brennen auf der Haut und kleinen Quaddeln führen. Im heimischen Garten ist sie auch nicht sonderlich beliebt und wird als Unkraut auf den Komposthaufen verbannt. Dabei ist die Brennnessel eine seit alters her bekannte Heilpflanze. Von mittelalterlichen Methoden gegen Rheuma wie dem Kneippschen "Nesselpeitschen", bei dem sich der Patient mit dem frischen Kraut auspeitschen ließ, sollte man heute vielleicht eher absehen. Aber als Tee oder Fertigpräparat helfen ihre Wirkstoffe unterstützend bei rheumatischen Erkrankungen und Prostataleiden sowie zur Durchspülung bei einer Blasenentzündung. Merkmale Die große Brennnessel erreicht eine Höhe von bis zu 1,5 Metern. Die gegenständigen gestielten Blätter sehen eiförmig, am Grund herzförmig aus. Sie sind grob gezähnt und nach vorne lang zugespitzt. Die Brennnessel ist zweihäusig und trägt daher die männlichen und weiblichen Blüten auf getrennten Pflanzen. Die männlichen stehen ab und bilden kurze Seitenzweige, die weiblichen hängen herab und entwickeln lange Seitenzweige. Die Frucht ist ein einsamiges Nüsschen. An Stängel und Blättern besitzt die Brennnessel zahlreiche Brennhaare. Sie gehört zu den Brennnesselgewächsen (Urticaceae) und blüht zwischen Juli und Oktober. Standort und Verbreitung Die große Brennnessel ist eine sehr ausdauernde Pflanze und kommt auf der ganzen Welt in gemäßigten Zonen vor. Sie verbreitet sich sehr schnell und steht an Wegrändern, auf Schuttplätzen, an Zäunen und in Gärten. Wirksame Pflanzenteile & relevante Inhaltsstoffe Brennnesselblätter enthalten zu ein bis zwei Prozent Flavonoide wie Rutin, daneben organische Säuren wie Kaffeoyläpfelsäure, ätherisches Öl, die Vitamine C, B, und K und Steroide. Ferner Mineralien wie Kalium, Kalzium und Kieselsäure. In den Brennhaaren befinden sich Histamin, Serotonin, Acetylcholin und Scopoletin. Brennnesselwurzel besteht aus Steroiden wie ß-Sitosterol und dessen Glykosiden, Lignanen, Lectinen und Polysacchariden. Brennnesselfrüchte beinhalten fettes Öl, das einen hohen Anteil an Linolsäre hat, Vitamin E sowie Carotinoide. Heilwirkung & Anwendung Extrakte aus Brennnesselblättern wirken leicht wassetreibend, erhöhen also die Harnausscheidung. Hierfür könnten die Flavonoide und Kalium verantwortlich sein. Außerdem haben Forscher einen entzündungshemmenden Effekt beschrieben, da die Freisetzung bestimmter pro-entzündlicher Botenstoffe durch den Extrakt unterdrückt wird. Daher hilft Brennnessel zur Durchspülung bei leichten entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege, wirkt vorbeugend gegen Nierengrieß sowie unterstützend bei rheumatischen Beschwerden. Extrakte aus Brennnesselwurzel sollen in den Anfangsstadien einer benignen Prostatahyperplasie, also einer gutartigen Vergrößerung der Vorsteherdrüse, die Beschwerden beim Wasserlassen verbessern. Besonders bewährt hat sich die Kombination mit Sägepalme. Der Effekt macht sich aber erst nach einigen Wochen bemerkbar. Hierfür könnten die hormonähnliche Substanz ß-Sitosterol, Polysaccharide oder Lectine verantwortlich sein. Die Größe der Prostata wird jedoch nicht beeinflusst. Die Brennnesselfrüchte werden pharmazeutisch nicht genutzt. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Anwendung der Präparate und Tees in der Apotheke beraten. Wichtige Hinweise Achten Sie bei einer Durchspülungstherapie immer darauf, ausreichend zu trinken. Bei Wasseransammlungen im Körper, die durch eine eingeschränkte Herz- oder Nierenfunktion bedingt sind, darf Brennnessel nicht angewendet werden. Bei Prostatabeschwerden sowie entzündlichen rheumatischen Erkrankungen hilft Brennnessel nur bei leichteren Verlaufsformen. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Anwendung der Präparate und Tees in der Apotheke beraten. Cayennepfeffer (Capsicum frutescens): Heilpflanzen Cayenne Cayennepfeffer Sertürner Arzneipflanzen „Hui, ist das scharf!“ Chili, spanischer Pfeffer, Cayennepfeffer: Für die feurigen Schoten gibt es viele Bezeichnungen. Ebenso vielseitig ist die Anwendung: Ob als Gewürz, in Pfeffersprays oder in der Medizin bei Muskelverspannungen oder Rheuma. Diese Früchte haben es in sich. Die Azteken haben Cayennepfeffer schon vor tausenden von Jahren angebaut. Christoph Kolumbus hat ihn Ende des 15. Jahrhunderts mit nach Spanien gebracht. Heute sind die Chili-Schoten in der ganzen Welt beliebt. Merkmale Der Halbstrauch wächst 0,5 bis 1 Meter hoch. Die Blätter sehen oval bis lanzettartig aus und sind wechselständig. Die weißen Blüten ordnen sich gruppenweise an und sind fünf- bis siebenzählig. Die Staubblätter sind violett gefärbt. Die orangen bis roten Früchte sehen kegelförmig aus und sind leicht gebogen. Sie stehen stets aufrecht und unterscheiden sich damit gegen andere Capsicum-Arten. Die Pflanze gehört zu den Nachtschattengewächsen (Solanaceae) und blüht von Juni bis September. Standort und Verbreitung Beheimatet ist der Cayennepfeffer im tropischen Südamerika. Angebaut wird er weltweit in Gebieten mit tropischem bis subtropischem Klima. Wirksame Pflanzenteile & relevante Inhaltsstoffe Die getrockneten reifen Früchte enthalten als wirksamen Bestandteil die Capsaicinoide, allen voran das Capsaicin. Der Gemüse-Paprika im Supermarkt enthält übrigens keine Scharfstoffe mehr, die wurden herausgezüchtet. Heilwirkung & Anwendung Die Wirkungen von Capsaicin haben Wissenschaftler eingehend untersucht. Der Scharfstoff greift an Schmerz- und Wärmerezeptoren an und regt diese solange an, bis sie erschöpft sind und keine Schmerzsignale mehr weiterleiten. Der schmerzstillende und durchblutungsfördernde Effekt wirkt sich positiv bei Muskelverspannungen und rheumatischen Beschwerden aus. Einziger unangenehmer Nebeneffekt: Auf der Haut führen die Wirkungen von Capsaicin zu Brennen und geröteter Haut. Innerlich wird die Magensaftsekretion reflektorisch angeregt und die Verdauung gefördert. Auch bei Nervenschmerzen nach einer Gürtelrose oder diabetischer Neuropathie hilft der Scharfmacher. Ansonsten ist Cayennepfeffer ein beliebtes Gewürz. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Auswahl der geeigneten Präparate in der Apotheke beraten! Wichtige Hinweise Cayennepfeffer reizt die Schleimhäute schon in geringen Mengen sehr stark, deshalb sollte er nicht in die Nase oder die Augen geraten. Waren die Tortillas zu scharf, eignen sich Milch, Quark oder Joghurt als Feuerlöscher! Darin wird das Capsaicin gelöst und brennt so nicht mehr. Tipp: Lassen Sie sich zu Dosierung und Auswahl der geeigneten Präparate in der Apotheke beraten! Chili: Scharfe Waffe gegen Schmerzen Forscher der Harvard Medical School haben entdeckt, dass Capsaicin, der Scharfmacher aus Chilis, einem effektiven Betäubungsmittel die Tür zu den Nervenzellen öffnet Chili LiquidLibrary/ DynamicGraphics Die neu entwickelte Substanz bietet einige Vorteile gegenüber herkömmlichen Schmerzmitteln, da sie nur auf die Schmerzrezeptoren wirkt, nicht aber auf alle Nervenzellen. Das Forscherteam um Alexander Binshtok berichtet in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature über ihre Entdeckungen. Hoffnung auf ein neues Medikament Taubheit in den Gliedmaßen oder gar Muskellähmungen tauchen bei der Gabe der Substanz nicht auf, berichten die Forscher. Im Versuch mit Ratten zeigte sich deutlich, dass die Tiere nach der Injektion weiter laufen konnten und auf Berührungen reagierten. Herkömmliche Schmerzmittel legen oft alle Nervenzellen an der Stelle lahm, an der sie injiziert wurden - ganz egal ob es sich um Nervenzellen handelt, die Schmerzen weiterleiten oder die Muskelbewegung steuern. Daher kommt es zu unerwünschten Nebenwirkungen. Mit der neuen Substanz könnte etwa Menschen mit chronischen Schmerzen geholfen werden. Aber auch ein Einsatz bei der Zahnbehandlung oder bei der Geburt wäre vorstellbar. Mit zwei Komponenten gegen den Schmerz Das Forscherteam setzte bei der Entwicklung des neuen Mittels zwei Komponenten ein: Das Molekül QX314 schaltet die Zelle aus, so dass keine Informationen mehr weitergeleitet werden können. Zum Unterschied zu anderen Anästhetika kann QX314 aufgrund der Größe allerdings nicht in die Nervenzellen eindringen. Deshalb setzen die Forscher zusätzlich Capsaicin als "Türöffner" in die Nervenzelle ein, denn außerhalb bleibt QX314 wirkungslos. Der Scharfmacher der Chilischoten macht allerdings nur jene Nervenzellen auf, die für den Schmerz verantwortlich sind. In den ersten Versuchen mit Ratten erwies sich das Zwei-Komponenten-Präparat als zuverlässig und frei von Nebenwirkungen. Die Forscher sind der Meinung, dass die Substanz das Potenzial zur Revolution der Schmerz- und Betäubungsmedizin habe. Bis die Substanz als Medikament auf den Markt kommt, wird es allerdings noch dauern, denn zunächst muss geklärt werden, ob sie auch beim Menschen genauso wirkt wie bei den Ratten. Falls sich die Wirkstoffkombination als tauglich erweist, wäre der Vorteil für die Humanmedizin sehr groß. "Der heilige Gral in der Schmerzforschung ist die Eliminierung von pathologischen Schmerzen ohne die ganzen Nebenwirkungen auf das gesamte Nervensystem", meint Story Landis, Direktor des US National Institute of Neurological Disorders and Stroke. Tests am Menschen stehen noch aus Joan Hester, Präsidentin der British Pain Society kennt Capsaicin in Anwendung zur Reduktion von Hautsensitivität in Verbindung mit chronischen Schmerzen. Die Substanz könne starke Hautreizungen erzeugen, die einige Patienten nicht vertragen. Das könnte auch bei der Applikation des Medikaments unter die Haut problematisch sein. "Die Technik wurde bis dato noch nicht am Menschen untersucht, daher kann man natürlich nicht sagen, wie das Capsaicin tatsächlich unter der Haut wirkt", so die Expertin.