29/43 © 2002 Schattauer GmbH Hemmstoffe von Faktor XIIIa D. Prasa, J. Stürzebecher Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Zentrum für Vaskuläre Biologie und Medizin Erfurt (Leiter: Prof. Dr. med. Andreas Habenicht) Schlüsselwörter Keywords Faktor XIIIa, Hemmstoffe, kompetitive Substrate Factor XIIIa, inhibitors, competitive substrates Zusammenfassung Summary Der Gerinnungsfaktor XIIIa (FXIIIa) stabilisiert die bei der Blutgerinnung entstehenden Fibringerinnsel und erhöht deren Widerstandsfähigkeit gegenüber Fibrinolyse. Darüber hinaus ist FXIIIa an anderen (patho)physiologischen Vorgängen, z. B. Wundheilung und Arteriosklerose, beteiligt. Für die Aufklärung der verschiedenen FXIIIa-Funktionen einschließlich ihrer pharmakologischen Beeinflussung könnten selektive Hemmstoffe ein wertvolles Hilfsmittel sein. Diese Arbeit gibt einen Überblick über zurzeit bekannte Hemmstoffe von FXIIIa. Analoga der natürlichen FXIIIa-Substrate – dazu gehören glutaminhaltige Peptide und kleinmolekulare substituierte Alkylamine – werden als kompetitive Substrate in das Fibrinnetz eingebaut und verhindern die Quervernetzung. Natürliche, direkte Hemmstoffe von Faktor XIIIa wurden aus einer Blutegelspezies und verschiedenen Mikroorganismen isoliert. Der wirksamste bekannte Hemmstoff ist das Peptid Tridegin mit effektiven Konzentrationen im nanomolaren Bereich. Synthetische, kleinmolekulare Hemmstoffe binden meist kovalent an die SH-Gruppe von Cys314 im aktiven Zentrum von FXIIIa. Neben den relativ unspezifischen SH-Reagenzien wurden Azolderivate bzw. Azoliumsalze und verwandte Verbindungen als spezifische FXIIIaHemmstoffe beschrieben. Tierexperimentelle Untersuchungen zeigten, dass in Gegenwart eines FXIIIaHemmstoffs die Thrombolyse mit einem Plasminogenaktivator effektiver wird. Factor XIIIa (FXIIIa) catalyzes the covalent crosslinking of fibrin polymers and incorporation of proteins into the fibrin network and thus confers on the thrombus additional structural stability and relative resistance to plasmin-mediated degradation. Moreover, FXIIIa is involved in other physiological and pathophysiological processes such as wound healing and arteriosclerosis. Selective FXIIIa inhibitors may be a valuable tool for evaluation of the various functions of FXIIIa and their pharmacological control. This paper presents an overview of the inhibitors of FXIIIa. Analogues of natural FXIIIa substrates – including glutamine containing peptides and low molecular weight substituted alkylamines – are incorporated into the fibrin network and thus prevent crosslinking of fibrin. Naturally occurring, direct inhibitors of FXIIIa have been isolated from a leech species and microorganisms. With effective concentrations in the nanomolar range the peptide tridegin is the most potent FXIIIa inhibitor up to now. The majority of the synthetic, low molecular weight inhibitors bind covalently to Cys314 at the active site of FXIIIa. Besides the relatively nonspecific thiol reagents, azol derivatives, azolium salts and related substances are described as specific inhibitors of FXIIIa. They inhibit the activity of FXIIIa at nanomolar concentrations. Animal experiments have demonstrated improved thrombolysis by a plasminogen activator in combination with a FXIIIa inhibitor. Inhibitors of factor XIIIa Hämostaseologie 2002; 22: 29–33 D er Gerinnungsfaktor XIIIa (FXIIIa) ist als Transglutaminase das einzige nicht proteolytische Enzym im plasmatischen Gerinnungssystem. Das im Plasma zirkulierende inaktive Proenzym Faktor XIII (FXIII) wird im Verlauf der Gerinnung durch Thrombin in Gegenwart von Kalziumionen aktiviert. FXIIIa katalysiert die kovalente Vernetzung der Fibrin- polymere untereinander und mit anderen Proteinen (z. B. 2-Antiplasmin, Kollagen, Fibronektin) durch Bindung zwischen Glutamin- und Lysinresten. Die Ausbildung dieser Amidbindung – eine so genannte Pseudopeptidbindung – erfolgt in mehreren Schritten (Abb. 1): Die -Carboxylamidgruppe des Glutaminrestes (Aminakzeptor) bindet an die SH-Gruppe des Cys314 im aktiven Zentrum von FXIIIa. Das entstehende Thioesterintermediat reagiert dann mit der -Aminogruppe des Lysinrestes (Amindonor) unter Abspaltung von Ammoniak und Freisetzung von Faktor XIIIa (36). Durch die Quervernetzung der Fibrinmonomere und den Einbau von 2-Antiplasmin in das Fibrinnetz wird sowohl die mechanische Festigkeit als auch die Widerstandsfähigkeit des Fibringerinnsels gegenüber fibrinolytischem Abbau verstärkt. Außerhalb des Gerinnungsgeschehens spielt der aktivierte FXIII auch bei anderen physiologischen Vorgängen eine Rolle. Er ist bei der Adhäsion von Zellen beteiligt (45, 47), seine fördernde Wirkung auf die Wundheilung wird vor allem auf die Vernetzung von Fibrin mit Proteinen der extrazellulären Matrix sowie die Stabilisierung der endothelialen Barrierefunktion zurückgeführt (4, 31). Auch die Beteiligung von FXIIIa an der Pathogenese verschiedener Erkrankungen wird vermutet. Erhöhte FXIII-Konzentrationen wurden bei Patienten mit myeloproliferativer Erkrankung (17) bzw. progressiv entzündlicher Erkrankung der Lunge (18) gefunden. Auch bei der Entstehung der Arteriosklerose werden erhöhte FXIII-Konzentrationen im Blut mit der vermehrten intravaskulären Ablagerung von Fibrin in Verbindung gebracht (20, 21, 34).Yamada et al. (49) postulieren die Beteiligung von FXIIIa in der frühen Phase der Pathogenese der Alzheimer-Krankheit. Zur weiteren Aufklärung der (patho)physiologischen Funktionen von FXIIIa können selektive Hemmstoffe ein wertvolles Hilfsmittel sein. Für derartige Hemmstoffe wird auch die therapeutische Anwendung zur Prophylaxe thromboembolischer Erkrankungen diskutiert (26). Bereits 1977 wurde die Hemmung von FXIIIa zur Prophylaxe und Therapie der Arteriosklerose vorgeschlagen (35). Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-11-01 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Hämostaseologie 1/2002 30/44 Prasa, Stürzebecher Abb. 1 Reaktionsschema der FXIIIakatalysierten Vernetzung von Fibrin Während für Proteasen im Gerinnungssystem (z. B. Thrombin und Faktor Xa) zahlreiche, z. T. sehr wirksame Hemmstoffe entwickelt wurden, sind nur wenige spezifische FXIIIa-Hemmstoffe bekannt. Mit der Aufklärung der vielfältigen Funktionen von FXIIIa wächst das Interesse an der Entwicklung neuer wirksamer Hemmstoffe. Diese Arbeit gibt einen Überblick über zurzeit bekannte Hemmstoffe des Gerinnungsfaktors XIIIa. Kompetitive Substrate als Hemmstoffe der Vernetzungsreaktion Die Substratspezifität der Transglutaminasekatalysierten Vernetzungsreaktion gegenüber Glutamin und Lysin ist unterschiedlich. Während Glutamin essenzielles Substrat ist, kann Lysin durch verschiedene Substrate mit primärer Aminogruppe er- setzt werden. Als kompetitives Substrat reagieren sie wie Lysin mit dem intermediären Komplex aus FXIIIa und Glutamin und werden in das Fibrinnetz eingebaut. Damit wird die Quervernetzung der Fibrinmonomere unterbunden. Bereits in den 60er Jahren entdeckten Lorand et al., dass bestimmte Amine wie Glycinethylester und Dansylcadaverin wirksam die Vernetzungsreaktion hemmen (28, 30). Inzwischen wurden weitere Substrate vom Typ substituierter Alkylamine beschrieben, z. B. Putrescin, Histamin und Hydroxylamin (9, 32, 44). Nilsson et al. konnten für die Hemmung der Vernetzungsreaktion durch Diaminoalkanderivate Struktur-Wirkungs-Beziehungen ableiten (32). Generell hemmen kleinmolekulare primäre Amine die Vernetzungsreaktion sehr unspezifisch. Eine spezifischere Hemmwirkung wurde mit Verbindungen vom Typ Aryl-SO2-NH-(CH2)n-NH2 erreicht. Dabei soll die Bindung des Hemmstoffes in der Nähe des Cys314 im aktiven Zentrum über den aromatischen Rest erfolgen. Um die Abb. 2 Dansylcadaverin – ein kompetitives Substrat von FXIIIa Hämostaseologie 1/2002 Aminogruppe für die Reaktion mit dem Thioester-Acylenzym-Intermediat zu positionieren, muss die Alkylseitenkette eine optimale Länge (5 C-Atome) aufweisen. Hinsichtlich der Arylkomponente waren Substanzen mit einem Dansylrest wirksamer als Tosyl- und Naphthylderivate. Dementsprechend erwies sich Monodansylcadaverin (Abb. 2) als wirksamster Hemmstoff der Serie. Auch in einer Reihe von Phenylthioharnstoffderivaten von ,-Diaminoalkanen zeigte die entsprechende Aminopentylverbindung die beste Hemmwirkung (24). Neben der Entwicklung von Amindonoren als Hemmstoffe der Fibrinvernetzung wurden auch Aminakzeptoren mit Glutaminresten synthetisiert und deren Hemmwirkung auf die Vernetzungsreaktion untersucht (29, 33). Als Vorbild für die Synthese solcher Peptide dienten natürliche FXIIIa-Substrate, z. B. 2-Antiplasmin (19, 46) und Fibronectin (33), aber auch Aminosäuresequenzen aus Casein (13, 46). Peptide wie pGlu-Ala-GlnGln-Ile-Val und entsprechende biotinylierte Verbindungen hemmten die n-Polymerbildung in Fibrin in einer Konzentration von 10 mmol/l (29, 33). Da kompetitive Substrate mit natürlichen Substraten von FXIIIa konkurrieren, müssen sie, um die Vernetzungsreaktion effektiv hemmen zu können, in hohen d.h. millimolaren Konzentrationen eingesetzt werden. Ihre Anwendung zur Prophylaxe oder Therapie thromboembolischer Erkrankungen ist deshalb praktisch unmöglich. Einige der beschriebenen Substanzen werden jedoch als Substrate in so genannten Inkorporationstests zur Bestimmung der FXIIIa-Aktivität genutzt. Direkte Hemmstoffe von FXIIIa Natürliche Hemmstoffe Bisher wurden wenige natürlich vorkommende Hemmstoffe von FXIIIa gefunden. Tridegin, der wirksamste aller bisher beschriebenen FXIIIa-Hemmstoffe überhaupt, wurde aus den Speicheldrüsen des Blutegels Haementeria ghilianii isoliert (10, 41, 42). Das Peptid aus 66 Aminosäuren (Mole- Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-11-01 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 31/45 Hemmstoffe von Faktor XIIa kularmasse 7600) hemmt FXIIIa – sowohl in einem Inkorporationstest als auch einem NH3-Freisetzungstest – mit nanomolaren IC50-Werten. Die Lysezeit von Plasmagerinnseln, die in Gegenwart von Tridegin entstanden sind, ist gegenüber der Lysezeit von Kontrollgerinnseln deutlich verkürzt. Der Hemmmechanismus des Tridegins ist nicht vollständig geklärt. Tridegin wirkt nicht als kompetitives Substrat, eine unspezifische Blockierung der SH-Gruppen ist ebenfalls ausgeschlossen. Einige nichtpeptidische, kleinmolekulare Hemmstoffe von FXIIIa wurden aus Mikroorganismen isoliert. Bei einem Screening von mehr als 11000 Extrakten mikrobieller Kulturen fanden West et al. in Penicillium roseopurpureum eine als ZG-1400 bezeichnete Substanz, die FXIIIa in mikromolaren Konzentrationen hemmt (48). ZG-1400 ist das R(-)-Enantiomer von cis-Resorcylid (Abb. 3). Zwei weitere spezifische Hemmstoffe von FXIIIa, Alutacenonsäure A und B (Abb. 3), wurden aus Eupenicillium alutaceum isoliert (22). Beide Verbindungen enthalten einen Cyclopropenonring und eine Carboxylgruppe, die über eine aliphatische Brücke verbunden sind. In einem Inkorporationstest wurden für Alutacenonsäure A und B IC50Werte von 1,9 bzw. 0,61 mol/l für die Hemmung von FXIIIa bestimmt. Ausgehend von diesen Hemmstoffen wurden weitere Cyclopropenonderivate synthetisiert und Struktur-Wirkungs-Beziehungen für die Hemmung von FXIIIa aufgestellt. Während disubstituierte Cyclopropenonderivate keine Hemmwirkung gegenüber FXIIIa aufweisen, konnte durch eine Veränderung der terminalen funktionellen Gruppe eine Verbesserung der Hemmwirkung erreicht werden. Das Phenethylamid von Alutacenonsäure B hemmt FXIIIa mit einem IC50 von 26 nmol/l. Kinetische Analysen weisen auf eine irreversible Hemmung hin (k2/Ki = 305000 mol-1lmin-1). Der Ersatz des Cyclopropenonrings durch einen Epoxyring führt zu vollständigem Wirkungsverlust.Verbindungen dieses Typs ließen sich gut in ein aus der Röntgenstruktur von FXIII abgeleitetes Modell des aktiven Zentrums von FXIIIa einpassen. Dabei wurde gezeigt, dass Wechselwirkungen des Cyclopropenonringes mit Cys314 möglich (1) (2) Abb. 3 Natürliche FXIIIa-Hemmstoffe: cis-Resorcylid (1), Alutacenonsäure B (2), Cerulenin (3) sind, während der terminale Phenylring in der hydrophoben Region binden kann (16). Ikura et al. isolierten aus dem Bakterium Streptomyces lavendulae eine Substanz mit einer Molekularmasse zwischen 10000 und 100000, die neben verschiedenen anderen Transglutaminasen auch FXIIIa in mikromolarer Konzentration hemmt (15). Es handelt sich offenbar um einen kompetitiven Hemmstoff, der das natürliche Glutaminsubstrat verdrängt. Schwächer wirksam ist Cerulenin (Abb. 3), eine durch ihre antibiotische Wirkung bekannte Substanz aus Cephalosporium caerulens. Das Oxiranderivat mit einer aliphatischen Seitenkette hemmt die Vernetzung von Fibrin in Konzentrationen >10 mol/l (46). Millimolare Konzentrationen werden benötigt, um mit Cefuroxim, einem halbsynthetischen Cephalosporin, die Fibrinvernetzung zu hemmen (9). Dieses Antibiotikum hemmt kompetitiv die Bildung des Mercaptoaminintermediates. (3) Synthetische Hemmstoffe Da FXIIIa im aktiven Zentrum einen Cysteinrest (Cys314) besitzt, wird seine Aktivität durch SH-Reagenzien (z. B. Quecksilberverbindungen, Disulfide) irreversibel gehemmt. Hohe Reaktivität zeigen -Halogenacetylverbindungen, z. B. Chlor-, Brom- und Iodacetamid (38), die allerdings sehr unspezifisch mit FXIIIa reagieren. So werden u. a. auch Cysteinproteasen gehemmt. Relativ hohe Konzentrationen sind notwendig, um eine ausreichende Hemmung von FXIIIa zu erzielen. Anfang der 80er Jahre wurde versucht, die chemische Reaktivität der SH-Reagenzien mit der Selektivität kompetitiver Substrate zu kombinieren (38). Dazu wurde eine Halogenmethylcarbonylgruppe über einen Spacer mit einem Arylsulfonylrest verknüpft (Abb. 4).Analog den Diaminoalkanderivaten (32) bindet der Arylrest im aktiven Zentrum von FXIIIa und bringt die reaktive Halogenmethylcarbonylgruppe in (1) Abb. 4 Halogenmethylcarbonylverbindungen (1) mit Beispiel 1-Chlor-7-tosylamidoheptan-2-on (2) Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-11-01 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. (2) Hämostaseologie 1/2002 32/46 Prasa, Stürzebecher Nähe des Cys314, mit dem eine kovalente Bindung geknüpft wird. Neben der Kettenlänge des Spacers von 5 Atomen zwischen Arylsulfonyl- und Halogenmethylcarbonylgruppe erwies sich Brom als Substituent als optimal. In einem modifizierten Clot-Solubility-Test zeigte 1-Chlor-7-tosylamidoheptan-2-on (Abb. 4) die beste Hemmwirkung, eine Mindestkonzentration von 0,15 mol/l war erforderlich. Die Halogenmethylketone waren die ersten relativ spezifischen, irreversibel wirkenden FXIIIa-Hemmstoffe. Anfang der 90er Jahre wurden die Anstrengungen verstärkt, spezifische Hemmstoffe für Transglutaminasen – einschließlich FXIIIa – zu entwickeln. Die von Chen synthetisierten Isothiocyanatderivate bilden mit der Thiolgruppe des Cys314 ein Dithiocarbamat aus, wodurch die Aktivität von FXIIIa blockiert wird (6). Die Hemmwirkung von Isothiocyanatacetamid auf die Aktivität verschiedener Transglutaminasen wurde untersucht, Angaben zu wirksamen Konzentrationen und zur Selektivität fehlen allerdings. Eine größere Serie potenzieller Transglutaminasehemmer – besonders FXIIIaInhibitoren – ließ die Firma Merck Sharp & Dohme (USA) patentieren (3, 39, 40). Es handelt sich um Azolderivate und Azoliumsalze, also N-heterozyklische Verbindungen mit zwei bis vier Stickstoffatomen. Sie hemmen den Einbau von 14C-Putrescin in Casein, ihre IC50-Werte liegen <20 mol/l. Quartäre Azoliumsalze waren wirksamer als Azolderivate. Das 1,3,4,5-Tetramethyl2-[(2-oxopropyl)thio]imidazoliumchlorid (L-682777, Abb. 5) hemmt FXIIIa irreversibel (kobs 6,3 104 mol-1l s-1). Genaue Informationen zu Struktur-Wirkungs-Beziehungen der Azolderivate werden nicht gegeben. Das Azolderivaten strukturell verwandte 2-(1-Acetonylthio)-5-methyl-thiazolo[2,3b]1,3,4-thiadiazoliumperchlorat (L-722151, Abb. 5), ist ebenfalls ein wirksamer Hemmstoff von FXIIIa (kobs 2 104 mol-1l s-1) (12). Bei Konzentrationen >1 mol/l kann FXIIIa in einem Clot-Solubility-Test gehemmt werden (46). Wird die Alkylketonseitenkette durch einen Propylrest ersetzt, geht die Hemmwirkung völlig verloren, d. h., die Carbonylfunktion ist für die Wirksamkeit der Verbindungen essenziell. Durch Strukturanalysen mit 1,3-Dimethyl-2-[(oxopropyl)thio]imidazoliumiodid wurde gezeigt, dass Cys314 im aktiven Zentrum von FXIIIa unter Freisetzung des verbleibenden Thions alkyliert wird (11). Die Hemmung von FXIIIa durch Azol- bzw. Azoliumverbindungen ist spezifisch. Bei Hemmstoffkonzentrationen von maximal 1 mmol/l wird die Aktivität anderer SH-Enzyme nicht beeinflusst (11, 12). Imidazolderivate bzw. Imidazoliumsalze wurden zusätzlich mit einem Peptid aus 2-10 Aminosäureresten verknüpft (7, 8). Für diese Verbindungen sind ebenfalls IC50-Werte <20 mol/l angegeben. Eine Sonderstellung unter den Hemmstoffen von FXIIIa nehmen die so genann- (1) (2) (3) Hämostaseologie 1/2002 Abb. 5 Synthetische FXIIIa-Hemmstoffe 1,3,4,5-Tetramethyl-2-[(2oxopropyl)thio]imidazoliumchlorid (1), 2-(1-Acetonylthio)-5-methylthiazolo-[2,3]-1,3,4thiadiazoliumperchlorat (2), 1,3-Dimethyl-2-[(2-oxopropyl)thio]imidazoliumiodid (3) ten Greenberg-Peptide ein. Achyuthan et al. haben Peptide von verschiedenen Regionen des FXIIIa synthetisiert (1). Die Peptide Asn72-Asp97 (Peptid-4) und Asp190-Phe230 (Peptid-7) hemmen die Vernetzung von Fibrin bzw. den Einbau von 5’-(Biotinamido)pentylamin in N,N’Dimethylcasein oder Fibronectin mit IC50Werten zwischen 5 und 50 mol/l. Die Wirkungsweise dieser Hemmstoffe wird konträr diskutiert: Die Peptide sollen die Substraterkennungsstelle im FXIIIa repräsentieren und an glutaminhaltige Substrate binden. Die effektive Substratkonzentration wird somit herabgesetzt (1). Eine alternative Erklärung ist die Bindung dieser Peptide an die Sandwich- oder Core-Domäne von Faktor XIIIa und eine damit verbundene Destabilisierung, die zur Hemmung der enzymatischen Aktivität führt (23). Anwendungsmöglichkeiten für FXIIIa-Hemmstoffe Das Hauptinteresse bei der Entwicklung von FXIIIa-Hemmstoffen liegt in ihrer möglichen Anwendung zur Prophylaxe thromboembolischer Erkrankungen. Lorand et al. zeigten bereits in den 60er Jahren, dass durch eine teilweise Hemmung der Vernetzungsreaktion ein mechanisch instabiles Fibringerinnsel entsteht, das relativ leicht durch Plasmin hydrolysiert wird (5, 14). In-vitro-Versuche mit verschiedenen FXIIIa-Hemmstoffen bestätigen diese ersten Ergebnisse (2, 27, 42, 48). So beschleunigt L-722151 in einer Konzentration von 20 mol/l die tPA-induzierte Lyse von Plasma- und Vollblutgerinnseln um das 2- bis 10-fache (12). Auch in arteriellen Thrombosemodellen fördert die Gabe von L-722151 in Kombination mit tPA die Thrombolyse im Vergleich zu Kontrolltieren, die nur mit tPA behandelt wurden (26, 43). Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass wirksame FXIIIa-Hemmstoffe in vivo auch die endogene Fibrinolyse erleichtern. Tierexperimentelle Untersuchungen bestätigen dies. In einem Lungenemboliemodell konnte durch die Gabe eines Antikörpers, der die FXIIIa-Aktivität hemmt, Downloaded from www.haemostaseologie-online.com on 2017-11-01 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 33/47 Hemmstoffe von Faktor XIIa die Effektivität des endogenen Fibrinolysesystems um das 3-fache gesteigert werden (37). Nach Auslösen einer Sepsis in Kaninchen mit einem experimentell induzierten FXIII-Mangel kann das körpereigene Fibrinolysesystem die massive Ausbildung von Gerinnseln und damit Organschäden infolge Verbrauchskoagulopathie unterbinden (25). Ob allerdings FXIIIa-Hemmstoffe auch in vivo die Manifestation eines Thrombus effektiv verhindern, kann erst mit der Entwicklung wirksamer, wirklich selektiver FXIIIa-Hemmstoffe geprüft werden. Literatur 1. Achyuthan KE, Slaughter TF, Santiago MA et al. Factor XIIIa-derived peptides inhibit transglutaminase activity. 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