Kognitive Umstrukturierung bei Patienten mit komorbider „Sucht“‐ und Persönlichkeitsstörung Prof. Dr. Dipl.‐Psych. Dieter Wälte Gliederung 1. Komorbidität von „Sucht“ und Persönlichkeitsstörung als Problem 2. Psychotherapeutische Rahmenbedingungen einer kognitiven Umstrukturierung 3. Kognitive Umstrukturierung 1 © D. Wälte 1. Komorbidität von „Sucht“ und Persönlichkeitsstörung als Problem Jimi Hendrix 1970 (Alkohol und Schlaftabletten) Jennis Joplin Psychotrope Substanzen und auffällige Persönlichkeiten 1970 Überdosis Heroin Jim Morrison In der Musikszene findet man nicht selten Personen mit auffälliger Persönlichkeit und gleichzeitigen Störungen durch psychotrope Substanzen, die mit deren Tod im Zusammenhang stehen. 1971 (Überdosis Heroin) Michael Jackson 2009 Narkosemittel Army Winehouse 2011 Alkohol © D. Wälte 2 1. Komorbidität von „Sucht“ und Persönlichkeitsstörung als Problem odds ratio Drogenmissbrauch bei Persönlichkeitsstörungen 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 9 4,1 3,5 2,7 NESARC= National Epidemiologic Survey of Alcohol an Related Conditions Störung In einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe haben Personen mit einer (nicht substanzgebundenen) psychischen Störungen ein 2,7 bis 4,1 Mal höheres Risiko komorbid von Drogenmissbrauch betroffen zu sein als Personen ohne psychische Störung. Es ist bei Personen mit einer Persönlichkeitsstörung besonders hoch und wird nur von Personen mit Alkoholmissbrauch übertroffen. __________________________________________________________________________________ Daten aus: Compton WM et al. (2007). Prevalence, Correlates, Disability, and Comorbidity of DSM‐IV Drug Abuse and Dependence in the United States. Arch Gen Psychiatry, 64, 566‐576. © D. Wälte 3 1. Komorbidität von „Sucht“ und Persönlichkeitsstörung als Problem Störung Fortdauer von Drogenmissbrauch bei Persönlichkeitsstörungen (nach 3 Jahren) Schizotypische Schizoide Paranoide Zwanghafte Narzißtische Histrionische Borderline Vermeidende und abhängige Antisoziale Angststörung Unipolare Depression 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 odds ratio (kontrolliert: demografische Variablen und Achse‐I‐Störung) Bei Personen mit einer Persönlichkeitsstörung ist im teilweise das Risiko eines chronischen Missbrauches von Drogen ungefähr doppelt so hoch wie bei Angststörungen oder Depressionen. Antisoziale, schizotypische, Borderline und narzißtische Persönlichkeitsstörungen sind besonders betroffen. © D. Wälte ___________________________________________________________________________________________ Daten aus: Fenton M C et al. (2012). Psychiatric comorbidity and the persistence of drug use disorders in the United States. Addiction, 107 (3), 599‐609. 4 1. Komorbidität von „Sucht“ und Persönlichkeitsstörung als Problem Remission von Störungen durch psychotrope Substanzen bei der Borderline Störung (Verlauf über 10 Jahre) 100 90 80 Prozent 70 60 50 40 30 20 10 0 Baseline 2 Jahre 4 Jahre 6 Jahre 8 Jahre 10 Jahre Verlauf Borderline Persönlichkeitsstörung Andere Persönlichkeitsstörung Es bestehen Unterschiede zwischen den Persönlichkeitsstörungen bei der Remission von Störungen durch psychotrope Substanzen. Auch nach 10 Jahren sind Störungen durch psychotrope Substanzen bei Borderline PS häufiger als bei anderen PS. © D. Wälte _____________________________________________________________________________________________ Zanarini M et al. (2011). New onsets of substance use disorders in borderline personality disorder over 7 years of follow‐ups: findings from the Collaborative Longitudinal Personality Disorders Study. Addiction, 106(2). 342‐348. 5 1. Komorbidität von „Sucht“ und Persönlichkeitsstörung als Problem Neuer Beginn von Störungen durch psychotrope Substanzen (über 10 Jahre) Time to new onsets of alcohol use disorder Time to new onsets of drug use disorder BPD=Borderline Persönlichkeitsstörung OPD=andere Persönlichkeitsstörung (schizotypische, ängstlich‐vermeidende, zwanghafte) Patienten mit einer Borderline Persönlichkeitsstörung neigen schneller als andere Persönlichkeitsstörungen dazu, (auch zusätzlich) auf andere psychotrope Substanzen (als zu Beginn) zurückzugreifen. © D. Wälte ________________________________________________________________________________________________ Walter M et al. (2009). New Onsets of Substance Use Disorders in Borderline Personality Disorder Over Seven Years of Follow‐ups: Findings from the Collaborative Longitudinal Personality Disorders Study. Addiction, 104 (1), 97‐103 6 1. Komorbidität von „Sucht“ und Persönlichkeitsstörung als Problem Die gemeinsame Struktur von Achse I- und Achse II-Störungen Persönlichkeitsstörungen (Achse II) sind nicht unabhängig von Störungen auf Achse I. _____________________________________________________________________________________________ Røysamb E, Kendler KS, Tambs K, Orstavik RE, Neale MC, Aggen SH, Torgersen S, Reichborn-Kjennerud T (2011). The joint structure of DSM-IV Axis I and Axis II disorders. Journal of abnormal psychology, 2011, Feb, 120(1). 198-209. 7 © D. Wälte _____________________________________________________________________________________________ Røysamb E, Kendler KS, Tambs K, Orstavik RE, Neale MC, Aggen SH, Torgersen S, Reichborn-Kjennerud T (2011). The joint structure of DSM-IV Axis I and Axis II disorders. Journal of abnormal psychology, 2011, Feb, 120(1). 198-209. 8 © D. Wälte Gliederung 1. Komorbidität von „Sucht“ und Persönlichkeitsstörung als Problem 2. Psychotherapeutische Rahmenbedingungen einer kognitiven Umstrukturierung 3. Kognitive Umstrukturierung 9 © D. Wälte 2. Psychotherapeutische Rahmenbedingungen einer kognitiven Umstrukturierung Nach Freud ist das Über-Ich in Alkohol löslich … Kognitive Umstrukturierung möchte aber das „Über-Ich“ verändern … geht das überhaupt bei „Sucht“? und dann noch bei komorbider Persönlichkeitsstörung? 10 © D. Wälte 2. Psychotherapeutische Rahmenbedingungen einer kognitiven Umstrukturierung Techniken der Verhaltenstherapie Um es vorweg zu sagen … mit kognitiver Umstrukturierung alleine nicht, sondern nur mit einer störungsspezifischen Integration verschiedener Wirkvariablen (der Verhaltenstherapie), insbesondere der Gestaltung einer professionellen Beziehung. Aber kognitive Umstrukturierung hat einen besonderen Stellenwert. 11 © D. Wälte 2.1 Gestaltung einer professionellen Beziehung Die Beziehung zwischen Therapeut und Patient ist eine der tragenden Säulen für jeden Therapieprozess, der im Regelfall durch die drei Basisvariablen (Kongruenz, Wertschätzung und Empathie) moduliert werden kann. © D. Wälte 12 2.1 Gestaltung einer professionellen Beziehung Bei Patienten mit Persönlichkeitsstörungen ist der Therapeut stark gefordert, mit schwierigen Interaktionsverhalten auf den Dimensionen Nähe und Dominanz umzugehen. 13 © D. Wälte 2.1 Gestaltung einer professionellen Beziehung Im Umgang mit Patienten, die unter einer Persönlichkeitsstörung leiden, ist darauf zu achten, wie der Therapeut selber reagiert („Gegenübertragung“). 14 © D. Wälte 2.1 Gestaltung einer professionellen Beziehung Bei Persönlichkeitsstörungen ist ein besonderes Augenmerk auf den Selbstschutz des Patienten zu legen. 15 © D. Wälte 2.1 Gestaltung einer professionellen Beziehung Auch wenn mit einer Persönlichkeitsstörung in der Regel erhebliche Beeinträchtigungen einhergehen, bieten Persönlichkeitsstile für Betroffenen auch Ressourcen. Kontinuum zwischen Persönlichkeitsstil und Persönlichkeitsstörung (nach Oldham & Morris) Persönlichkeitsstil Gewissenhaft Selbstbewusst Dramatisch Wachsam Sprunghaft Anhänglich Ungesellig Lässig Sensibel Exzentrisch Abenteuerlich Aufopfernd Aggressiv Persönlichkeitsstörung Zwanghaft Narzisstisch Histrionisch Paranoid Borderline Dependent Schizoid Passiv-aggressiv Selbstunsicher Schizotypisch Antisozial Selbstschädigend Sadistisch _____________________________________________________________ Oldham JB & Morris LB (1992). Ihr Persönlichkeitsportrait. Hamburg: Kabel. © D. Wälte 16 2.1 Gestaltung einer professionellen Beziehung In der Regel werden die Persönlichkeitsanteile von dem Betroffenen als ich-synton erlebt. 17 © D. Wälte 2.1 Gestaltung einer professionellen Beziehung Ich‐Syntonie Mangelnde Änderungsmotivation Manipulative Strategien Abwertung und Kritik Machtkämpfe Abbruch © D. Wälte Leidensdruck wegen der Konsequenzen Wunsch nach Beziehungen Wunsch nach Selbstwerterhöhung Wunsch nach Kontrolle Wunsch nach Unlustvermeidung 18 2.2 Motivation zur Veränderung Patienten mit der Doppeldiagnose „Sucht“ und Persönlichkeitsstörung zeigen oft wenig Motivation für Veränderung. Ungünstige soziale Ausgangsbedingungen oder die Eigendynamik der Probleme hindert sie daran, einen Vorsatz zur Veränderung in die Tat umzusetzen. In dieser Situation sind Methoden der motivierenden Gesprächsführung indiziert. 19 © D. Wälte 2.2 Motivation zur Veränderung Vierfelderschema: Veränderung des Problems (Beispiel: Cannabis und selbstunsichere PS) Beibehaltung Veränderung Vorteile Nachteile Vorteile der Beibehaltung des Problemverhaltens: Nachteile der Beibehaltung des Problemverhaltens: kann mich im Kontakt mit anderen Menschen besser entspannen verfolge meine beruflichen Ziele nicht konsequent Vorteile der Veränderung des Problemverhaltens: Nachteile der Veränderung des Problemverhaltens: werde von den Eltern besser akzeptiert gehöre nicht mehr zur Gruppe 20 © D. Wälte 2.3 Vereinbarung von Zielen Ohne die Vereinbarung von Therapiezielen bleibt unklar, was Patient und Therapeut erreichen möchten. Die wichtigsten Ziele: Kriterien für Ziele (SMART): ‐spezifisch ‐messbar ‐attraktiv ‐realistisch ‐terminbezogen 1.__________________________________________________________________ 2. __________________________________________________________________ 3.___________________________________________________________________ 4.___________________________________________________________________ 5.___________________________________________________________________ 21 © D. Wälte Gliederung 1. Komorbidität von „Sucht“ und Persönlichkeitsstörung als Problem 2. Psychotherapeutische Rahmenbedingungen einer kognitiven Umstrukturierung 3. Kognitive Umstrukturierung © D. Wälte 22 3.1 Theoretisches Konzept Ursache psychischer Störung nach … Ellis: Irrationale Bewertungen und dogmatische Forderungen (an sich, an andere, an die Umwelt) Beck: Eine verzerrte Wahrnehmung bzw. eine verzerrte Sicht der Realität (Schemata logische Fehler automatische Gedanken) Meichenbaum: Ungünstige Selbstverbalisierungen Schritte in der Therapie/Beratung I. Psychoedukation: Vermittlung des Ansatzes II. Exploration: Aufdecken dysfunktionaler Gedanken (in konkreten Problemsituationen) © D. Wälte III. Intervention: Veränderung der dysfunktionalen Gedanken 23 3.2 Definition von kognitiver Umstrukturierung Der Begriff der kognitiven Umstrukturierung bezeichnet hauptsächlich Techniken und Methoden, die explizit auf die Veränderung der Wahrnehmungs- und Denkprozesse sowie deren Produkte (Wahrnehmungsstile, Vorstellungen, Einstellungen, Überzeugungen, Schlussfolgerungen, Gedanken, Erwartungen) gerichtet sind, um Gefühle und Verhalten zu modifizieren. In einem weiteren Verständnis wird kognitive Umstrukturierung auch als Therapieziel aufgefasst. Technik und Methode (UV) Therapieziel (AV) 24 © D. Wälte 3.3 Prozess der kognitiven Umstrukturierung Die in diesem Schaubild dargestellten drei Schritte der kognitiven Umstrukturierung sind nur analytisch getrennt, in der Praxis jedoch dynamisch aufeinander bezogen. So kann z.B. das Aufdecken dysfunktionaler Kognitionen bereits ihre Veränderung einleiten. 25 © D. Wälte 3.3.1 Psychoedukation (Aufklärung über den Zusammenhang von Sucht und Persönlichkeitsstil) Wahrnehmung von Persönlichkeitsstilen bei sich und bei anderen. Relativität der Wahrnehmung •Kipp-Bilder •Optische Täuschungen Entstehung des eigenen Persönlichkeitsstils aus der Biographie (Würdigung!) Erklärung der Bedeutung der Kognitionen für das Verhalten („Sucht“) © D. Wälte (Beispielhafte Interventionen) 26 3.3.1 Psychoedukation (Aufklärung über den Zusammenhang von Sucht und Persönlichkeitsstil) Psychologisches Modell zur Entstehung und Aufrechterhaltung einer Persönlichkeitsstörung + Sucht Verletzung psychologischer Grundbedürfnisse (in Kindheit und Jugend, insbesondere das Bedürfnis nach Bindung und Selbstwerterhöhung) Entwicklung von dysfunktionalen kognitiven Schemata über sich und andere (mit Ich-Syntonie) Störungen durch psychotrope Substanzen (Ziele): -Sedierung (z.B. Bezodiazepine) -Stimulation (z.B. Kokain) -Psycholoyse“ (z.B. LSD) © D. Wälte überdauerndes Muster von innerem Erleben und Verhalten: • Kognitionen (wahrzunehmen und interpretieren) • Affektivität (Angemessenheit emotionaler Reaktionen) • Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen • Impulskontrolle Reaktion der Interaktionspartner • Nähe • Distanz Verhalten Schemata Ich bin einzigartig 27 Narzisst Demonstration von Überlegenheit Ich bin nicht gut genug Störungen durch psychotrope Substanzen (Ziele): ‐Sedierung (z.B. Bezodiazepine) ‐Stimulation (z.B. Kokain) ‐Psycholoyse“ (z.B. LSD) Unterordnung Kritik Verhalten anderer Personen © D. Wälte andere Person Bewunderung Ablehnung Reaktion anderer Personen 28 Antisoziale PS: Denkschemata - „Andere Menschen sind schwach und verdienen es, dass man sie ausbeutet.“ - „Wenn ich etwas haben möchte, sollte ich alles Erforderliche tun, um es zu bekommen,“ - „Wir leben in einer Welt, in dem der Stärkste überlebt.“ 29 © D. Wälte Histrionische PS: Denkschemata - „Gefühle und Intuition sind bei Weiterem wichtiger als rationales Denken und Planen.“ - „Wenn andere mich nicht mögen und bewundern, bin ich ein Nichts.“ 30 © D. Wälte Borderline PS: Denkschemata -„Ich bin nichts wert.“ -„Das schlimmste, was mir passieren kann, ist verlassen zu werden.“ 31 © D. Wälte 3.3.1 Psychoedukation (Aufklärung über den Zusammenhang von Sucht und Persönlichkeitsstil) Drei maladaptive Bewältigungsstile (nach Young 2005) • Sich-Fügen ( Erstarren) • Vermeiden ( Flucht) • Überkompensation (Kampf) © D. Wälte 32 3.3.1 Psychoedukation (Aufklärung über den Zusammenhang von Sucht und Persönlichkeitsstil) Fünf Domänen früher maladaptiver Schemata (nach Young) Domäne I: Abgetrenntheit und Ablehnung abgetrennt, abgelehnt Domäne II: Beeinträchtigung von Autonomie und Leistung unselbständig, lebensuntüchtig Domäne III: Beeinträchtigung im Umgang mit Begrenzungen schrankenlos, unbeherrscht Domäne IV: Fremdorientierung angepasst Domäne V: Übertriebene Wachsamkeit und Gehemmtheit gehemmt, wachsam 33 © D. Wälte 3.3.1 Psychoedukation (Aufklärung über den Zusammenhang von Sucht und Persönlichkeitsstil) Funktion des Suchtmittels bei Persönlichkeitsstörungen (Beispiele) © D. Wälte Persönlichkeitsstörung (Stil) Funktion des Suchtmittels (Beispiele) Erlernen psychosozialer Fertigkeiten (Beispiele) Narzisstische PS (selbstbewusster Stil) ‐Belohnung nach Leistung ‐Entspannung nach Leistungsexzessen ‐Leistungssteigerung ‐Verarbeitung von Kränkungen (Kritik) ‐Angstreduktion bei Versagensängsten (Gefühl der eigenen Bedeutung und Macht kann aufrecht erhalten werden) ‐Einfühlungsvermögen ‐Förderung von Kooperationsbereitschaft Borderline PS (sprunghafter Stil) ‐Bewältigung von Anspannung, innerer Leere, Langeweile (Affektregulation) ‐Mittel zur Selbstschädigung ‐Umgang mit starken Gefühlen ‐Achtsamkeit Selbstunsichere PS (sensibler Stil) ‐Erhöhung des Sicherheitsverhaltens („sich an der Flasche festhalten“) ‐Schüchternheit abbauen („nüchtern bin ich schüchtern“) ‐„Selbstmedikation“ nach Stress und Anspannung ‐Dazugehörigkeit in Gruppen ‐Selbstsicheres Verhalten ‐Durchsetzungsvermögen 34 3.3.1 Psychoedukation (Motivation für kognitive Umstrukturierung) Wir empfinden es oft so, dass bestimmte Situationen unsere Gefühle oder unser Verhalten hervorrufen. Gefühl, Verhalten Situation Allerdings können wir bei näherer Betrachtung oft feststellen, dass unsere Gedanken eine wichtige Rolle spielen, wie wir empfinden oder reagieren. Situation © D. Wälte Gedanken Gefühl, Verhalten Deshalb möchte ich mit Ihnen herausfinden, welche Bedeutung Ihre Gedanken bei Ihren Problemen haben. Vielleicht können andere Gedanken auch andere Gefühle oder ein anderes Verhalten hervorrufen. 35 3.3.2 Aufdecken dysfunktionaler Kognitionen © D. Wälte ABC-Verhaltensanalyse (Ellis) -->iBs Schemata (Beck) Grundlegende irrationale Imperative (Ellis) Selbstaussagen (Meichenbaum) Automatische Gedanken (Beck) Analyse der Erwartungen (Kanfer, Wälte) Logische Fehler (Beck) Schemata (Young) 36 3.3.2 Aufdecken dysfunktionaler Kognitionen Ellis (1979) A Activating event: B C Belief System Consequences Ereignisse, Situationen, Gedanken, Gefühle emotionale + verhaltensmäßige Reaktion Kognitionen: Bewertungen, Einstellungen usw. Das ABC-Modell von Ellis lässt sich für die Analyse von Kognitionen mit imperativem Charakter nutzen. __________________________________________________________________________________________ Ellis A (1979). Das ABC der Rational-Emotiven Therapie. In: Quekelberghe R (Hrsg.). Modelle kognitiver Therapie. Urban & Schwarzenberg. München. 38-48. © D. Wälte Stavemann, H H (2010). Einführung in die KVT: Die Therapie emotionaler Turbulenzen.Beltz: Weinheim. (4. Aufl.) 37 3.3.2 Aufdecken dysfunktionaler Kognitionen Grundlegende „irrationale“ Imperative nach Ellis 1. Absolute Forderungen (Muss-Gedanken) •„Ich muss perfekt sein !“ •„Andere Menschen müssen mich zuvorkommend behandeln!“ •„Die Umstände müssen solcher Art sein, wie ich das will!“ 2. Globale negative Selbst- und Fremdbewertungen •„Ich bin ein Versager.“ • „Die anderen sind schlecht.“ 3. Katastrophendenken • „Wenn ich durch die Klausur falle, kann ich mein Studium vergessen.“ 4. Niedrige Frustrationstoleranz •„Ich kann es nicht ertragen, wenn mein Chef meine Leistung nicht anerkennt.“ Ellis hat für die Diagnostik ein Konzept von grundlegenden Imperativen entwickelt. _______________________________________________________________________ Ellis A (1993). Grundlagen der Rational-Emotiven Verhaltenstherapie. München: Pfeiffer © D. Wälte 38 3.3.2 Aufdecken dysfunktionaler Kognitionen Kognitionstheoretisches Modell psychischer Störungen nach Beck (1974): Dysfunktionale Grundannahmen, rigide Schemata, negative kognitive Stile Ereignisse externe und interne Auslöser automatische Gedanken Psychische Störung „Das Modell der Kognitiven Therapie … fokussiert auf bewusste und halbbewusste Gedanken, die unmittelbar mit Gefühlen wie Trauer, Freude, Ärger oder Angst assoziiert sind.“ „Störungen der korrekten Informationsverarbeitung führen zu Stimmungsproblemen, dysfunktionalen Impulsen und maladaptivem Verhalten.“ (Beck 2007: Verhaltenstherapie 2007; 17: 195) 39 © D. Wälte 3.3.2 Aufdecken dysfunktionaler Kognitionen Kognitive Fehler (nach DeRubeis & Beck, 1988) 1. Willkürliches Schließen =Schlussfolgerung ohne Evidenz 2. Selektive Abstraktion =Bezug auf ein Detail ohne Berücksichtigung des Kontextes 3. Übergeneralisierung =Regel ohne Grundlage 4. Personalisierung =Attribution auf sich selbst 5. Dichotomes Denken =Denken in Alles- oder Nichts-Kategorien Nach dem kognitionstheortischen Modell ist die Diagnostik kognitiver Fehler ein wichtiger Interventionsschritt. 40 © D. Wälte 3.3.3 Veränderung dysfunktionaler Kognitionen Selbstverbalisation und Selbstinstruktion Sokratischer Dialog Standpunkt – Gegenstandpunkt Vergleich der Selbstbilder Selbstbeurteilung (3-Spalten-Technik) Positive Eigenschaften Vermutetes Fremdbild Disputation automatischer Gedanken Neubenennung der negativen Erwartungen © D. Wälte 41 3.3.3 Veränderung dysfunktionaler Kognitionen Das ABC der rational-emotiven Therapie Verhaltensanalyse: (A-B-C-Theorie psychischer Störungen) A Aktivitäten B Überzeugungen (beliefs) rB rationale Überzeugung (rational belief) iB irrationale Überzeugung (irrational belief) C Konsequenzen (consequences) rC rationale Folgen (rational consequences) iC irrationale Folgen (irrational consequences) (Ellis 1979) Therapie: (A-B-C-D-E-Interventionstechnik) D Dispute über iBs (Sokratischer Dialog) E Effekte (effects) cE kognitive Effekte (cognitive effect) bE Verhaltenseffekt (behavioral effect) Die ABC-Analyse mündet ein in den sokratischen Dialog. © D. Wälte 42